Annalen der
Physik und
Chemie
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AN NA L EN
DER
PHYSIK UND CHEMIE
NEUE FOLGE.
BAND XXX VI.
ANNALEN
DER
PHYSIK UND CHEMIE
BBöRCüDKT URD POKTOEPCHRT DUSCH
P. 4. f. GUU, l. Vi. GILBKRT, J. C. POGGKXWRFF.
NEUE FOLGE.
IIA Ml XXX VI.
DE« OANERH POLO F. ZWEUUIRDERT ZWKK' N DBIKBZIOBtTK
U NT E 11 }1 ITWIUKUNti
DEB PHYSIKALI8CI IEN OESELLSCHAFT IN HKHL1N
U1CD IH8BB8OMDEKK DES HERR 5
H. VON HELMHOLTZ
IIERAISOKOKBKR VOR
U. WIEDEMANN.
NEUST ZEHN PIÜUUKNTAFELN.
LEIPZIG, 1889.
VERJAG VON JOHANN AMBROSIUS BAKTII.
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Dwek tou Mett»«r A Witt»» lu Leipwic.
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Inhalt.
Neue Folge. Band XXXVI
Erste« Haft.
1. H.Hertz. Die Kräfte »'lectrischcr Schwingungen, behandelt
nach der Maxwellschcn Theorie 1
II. E. Dorn. Eine Bestimmung des Ohm
III. W. G. Hankel. Da» clectrodynaniische Gesetz ein Punkt-
geaet* 73
IV. A. Winkeltnann. Ueber den Einflusa der Temperatur auf
die Verdampfung und die Diffusion you Dämpfeu .... 93
V. A. Heritsch. Ueber das allgemeine Gesetz »ler hei dem I^oaeii
top Salzen im Waaser auftretenden Volumen Verminderung 115
VI. A, Koeh. Ueber die Dämpfung der Torsiousdchwingungen
von verschiedenen Metall Inihten 12'J
VII. H. Henueberg. Ueber das Wm melrirungdvermugen der
Mischungen von Aethylalkohcl und Waaser 146
VIII. W. Jaeger. Ueber die Schallgeschwindigkeit in Dampfen
and die Bestimmung der Dainpfdichte 165
IX. R.Emden. Ueber den Beginn der Lichtcmission glühender
Metalle 214
X. R.Ritter. Ueber die Reflexion des Lichtes an parallel zur
optischen Axe geschliffenem Quarz 236
XI. W. Hess. Ueber einige einfache Gesetze, welchen der durch
ein Prisma gehende Lichtstrahl gehorcht, und über das Mi»
uimum der Ablenkung 264
XII. F. Quincke. Electrolyse des Kupferchlmür» 270
Geschickten am 15. Decemher lütffs.
VI
Infinit.
Zweites Heft.
Sei*
I. A. Raps. Zur objectiven Darstellung der Schallintensität 273
II. J. v. Kowalski. Untersuchungen über die Festigkeit des
Glases 307
III. E. Riecke. Beitritte zur Hydrodynamik 322
IV. \'. Hohl. Das Gesetz der mdeeularen Attra< 'liott . . . X}A
V. A. Schleicrmacher. lieber die Wärmeleitung.«fahigkeit
des Cji.fv.'k- -ilherdampfes
VI. C. Bar us. Die Zähigkeit der Oase im Gebiete hoher
Temperaturen 35$
VII. E. Doru. Eine Bestimmung des Ohm 31>S
VIII. G. H. v. Wyss. Ueber den Einfluas der Starke der Mag-
net isirnng auf die Acnderung des dectrischen Widerstandes
drs Eisen« . . , , . . . . . , , , , . , . , . 447
IX. A. lüg hi. Ueber die elcctromotoriache Kraft des Selens 464
X. H. Ebert. Zur Anwendung des Doppler'schen Principe*
auf Vnditende Gasnm!* enle 4m;
XI. E. Lommcl. Die Photometrie der diffusen Zurück werfung 473
XII. 1). Wülfer. Dii; Aendci ungen di-s ) luorese«'nzv< i mmens
mit der Concentration . . . . 502
XIII. B. Walter. Ui her drn Xndmd* de> Zerfalles von Mole
L'u'.ir^i ii in L' >un^fn durch Fluoreseenz- und Ah
sorptionsersdie:nungen 513
XIV. V. Drude. Uehrr Obertiadu nsdiidifn I. Theil . . . 53i
XV. C. Putf'rich. Mirtheilung, das TotalrehVctometer betreffend 561
ga a'.o r m ige r \V . 1 1 k o r \ ; e r
566
XVII.
C. L. Weber. Ueber
dad galvanische LeitungsvermÖgen
des re-ti n Quecksilbei*
587
XVIII
F. Braun. Xaehtrag zu
nirim in AurVatz: ,. Untersuchungen
über die Loslichkeit ete.
591
XIX
II. Ebert. Bemerkung zu ihn. Langley's Aufsatz: Energy
and \ ibion"
592
(}r,ichlo*scn am 16. Januar Ihm.
Drittes Heft.
1. H. A. Lnrentz. Zur Theorif <l«-r Th* ■nnodectricitat . . 59:*
II. M. Planck. Zur Theorie dpr Tln»rinm »le Hridtfir in mofftl.
Ii sehen Leitern . . . , , , , <«4
III. E. Wiedemann und H. Ebert. ITeher dt»etriHc ho F.nt.
ladungen . 64?
Inhalt. VII
Sein
IV. W. H. Schul tze. Das electrolytischc Verhalten des Glim-
mer? bt'i hoher Temperatur iif>.>
V. K. Schreher lieber dip; elektromotorischen Kräfte dünner
Schichten von Supenm'dhydraten 662
VI. H. Lorberg. Zar Theorie der tnngnctelectrischen Induction 671
VII. G. Tammann. Ueber die Gesetze der Dampfspannungen
wässeriger Salzlösungen von Babo und Wüllner .... 692
VIII. K. Angstrom. Beobachtungen über die Durchstrahlung
von Wärme verschiedener Wellenlänge durch trübe Medien 715
IX. K. Wesendonck. Zur Elasticitätstheorie , , . , , , 12b.
X. E. Lümmel. »Subjektive Interfere!. /Greift n im uhj-etiven
Spectrum 729
XI. K. Lominel. Neue Methode zur Messung der Drehung der
Polarisationscbcne fiir die Frauuhofer'schen Linien . . . 731
XII. E. Loinmel. Interferenz durch circularc Doppelbrechung 78't
X11L, W. Voigt. Ueber adiabatische Elastieirat.^conBtanten . , 743
XIV. F. Himstedt. Ueber 'lie Kirehlmil '>< he Formel für die
Capa< itat eines Skhutzriiigcondcnsator.s . Tö.l
XV. J. .1. Bogiiski und L. Nat an Bon. Ein Harnmeter mit
Contactable.sü'ig 7G1
XVI. F. C. G. Müller. Ueber ein neues Barometer und Lnft-
thermoiucter ■ . . . . . . . . . . . . . . . . . Um
XVII. F. Lippich. Bemerkung zu der Abhandlung des Hrn. G. H.
von Wyss: Ueber eine neue Methude zur Bestimmung der
Rotationsdispersion einer activen Substanz und über einen
Fall von anomaler Dispersion 767
Geschlossen am 1. Februar
Viertes Heft.
1.
H. Hertz. Ueber Strahlen clectrische- Kraft
m
Ii.
J. Bergmann. Beobachtungen über Armierungen des elek-
trischen Lei fungs Vermögens nach starkem Erwärmen der
783
III.
S. Tereschin. Die Dielectricitätsconstanten einiger orga-
792
IV.
l). (i old ha in me r. Ueber den Einflus« der Magnetisirung
auf die clectrusche Leitungsfahigkeit der Metalle ....
804
V.
A. Kundt. Ueber die Aenderung der Lichtgeschwindigkeit
824
Vi.
vm Inhalt.
feto
VII. L. Qraetz. Uober das von Hrn. H. F. Weber aufgpstelltc
Strahlungsgcsetz SoT
VIII. P. Drude. Heber OherflfichenBcliichtcn. II. Theil . . . 865
IX. J. Milthalcr. Ueber die Veränderlichkeit der gpeeifischen
Wärme dea Quecksilbers mit der Temperatur 897
X. A. Blflincke. Ueber die Isothermen einiger Mischungen
von schwefliger Säure und Kohlensäure 911
XI. H. Krause. Ueber Adsorption und Condensation von Koh»
Ipnaftnrp an blanken ClttHriiiphen . . . , , . , , . .
Berichtigungen 93«?
Ge*chlo*»en am 15. Februar /A-sf.
Nachweis zu den Figurentafeln.
Taf. I. Hertz, Fig. 1-6. — Dorn, Fig. 7—13.— Winkelmann,
Fig. 14.
Taf. II. Heritsch, Fig. 1—2. — Koch, Fig. 3—4. - Henneberg,
Fig. 5. — Jäger, Fig. 6—8. — Emden, Fig. 9. — Hess,
Fig. 10—11.
Taf. III. R. Ritter. Fig. 1-t;.
Taf. IV, V. Raps.
Taf. VI. Riecke, Fig. 1 - 12. — von Wyss, Fig. 13-16.
Taf. VII. Barus, Fig. 1—11. — Walter, Fig. 12—20.
Taf. VIII. E. Wiedeinann u. Ebert, Fig. 1—2. - H. W. Schultie,
Fig. 3—4. — Schreber, Fig 5. — F. C. fj. Müller, Fig. 6.
Taf. IX. Hertz, Fig. 1—2. — Tereschin, Fig. 3—4. — Goldhain-
mer, Fig. 5—14.
Taf. X. Wien, Fig. 1—7. — Drude, Fig. 8 — 14. — Blümcke.
Fig. 15-19. — Krause, Fig. 20—22.
i
/T V " ■■ N
1889. ANS^rFE'N 1.
DER PHYSIK UND CHEMIE.
NEUE FOLGE. BAND XXXVI.
L I>ie Kräfte electrischer Schwingungen,
behandelt nach der Maxwell' sehen Theorie;
von JET. Hertz,
(HUrsa T»f. I Fl*. 1-6.)
Die Ergebnisse der Versuche, welche ich über schnelle
elektrische Schwingungen angestellt habe, scheinen mir der
Maxwell'schen Theorie ein Uebergewicht über die anderen
Theorien der Electrodynamik zu verleihen. Gleichwohl habe
ich der ersten Deutung jener Versuche ältere Anschauungen
zu Grunde gelegt, indem ich die Erscheinungen zum Theil zu
erklären suchte aus dem Zusammentreffen der electrostatischen
und der electrodynamischen Kraft Der Maxwell'schen Theorie
in reiner Entwickelung ist ein derartiger Unterschied fremd.
Ich wünsche deshalb gegenwärtig zu zeigen, dass auch auf
Grund der MaxwelFschen Theorie die Erscheinungen gedeutet
werden können, ohne jene Trennung einzuführen. Gelingt dieser
Versuch, so ist damit die Frage nach der besonderen Aus-
breitung der electrostatischen Kraft als bedeutungslos in Max-
well's Theorie von selbst erledigt.
Auch abgesehen von dem besonderen Zwecke ist ein
näherer Einblick in das Spiel der Kräfte um eine geradlinige
Schwingung nicht ohne Interesse.
Die Formeln •
Wir haben es im Folgenden fast allein mit den Kräften
im freien Aether zu thun. Es seien also in demselben X, !*, Z
die Componenten der electrischen Kraft nach den Coordinaten
der x, y, z !), es seien L, Af, N die entsprechenden Componenten
1) Geht die Richtung der positiven x nach vorn, der positiven z nach
oben, so möge die Richtung der positiven y nach rechts gehen. Ohne
Ann. d. Phy». o. Ch«m. N. P. XXXVI. 1
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I
2 H. Hertz.
der magnetischen Kraft, beide Kräfte gemessen in Gauss i-
schem Maasse1), es messe / die Zeit und A sei die reciproke
Lichtgeschwindigkeit. Dann ist nach Maxwell die zeitliche
Aenderung der Kräfte von ihrer räumlichen Vertheilung ab-
hängig nach folgenden Gleichungen:
AdL = dZ _ d Y
dt dy dz
A dN ^ d_Y dX ^
dt dx dy
A dX ^dM dNf
dt dz dy
A d-Y = dN — dL
dt dx dz
A dZ dL dM
dt dy dx
Von Anfang an soll sein, und zu jeder Zeit muss daher sein:
/Sl ^4.^4.^-0 dX dY dZ _
W dx + dy + dz - U' dx + dy + Tz ~ ü*
Die in einem Raumtheil r des Aethers enthaltene elec-
trische Energie ist gleich ll8n.f(X* + Vt + Z-)dT, die mag.
netische Energie gleich \ßn .f(L*+M 2+iV*)rfr, die Integrale
über den Raumr erstreckt. Die Gesammtenerge \<t die Summe
dieser beiden Theilenergien.
Diese Aussagen bilden, was den Aether anlangt, den
wesentlichen Bestandtheil der Maxwell'schen Theorie. Max-
well gelangte zu denselben, indem er von Fernkräften ausging
und dem Aether die Eigenschaften eines in hohem Grade
dielectrisch polarisirbaren Mittels beilegte. Man kann auch
auf anderen Wegen zu denselben gelangen. Auf keinem Wege
kann indessen bislang ein directer Beweis für jene Gleichungen
aus der Erfahrung erbracht werden. Es erscheint deshalb am
folgerichtigsten, dieselben unabhängig von dem Wege, auf wel-
chem man zu ihnen gelangt ist, als eine hypothetische Annahme
zu betrachten und ihre Wahrscheinlichkeit auf der sehr grossen
Zahl an Gesetzmässigkeiten beruhen zu lassen , welche sie
zusammenfassen. Stellt man sich auf diesen Standpunkt, so
kann man eine Beihe von Hülfsbegriffen entbehren, welche
das Verständniss der MaxwelTschen Theorie erschweren, zum
diese Festsetzung würde das Vorzeichen der electrischen und magne-
tischen Kräfte in den folgenden Gleichungen nicht die conventionelle
Bedeutung behalten.
Ii H. v. Helmholtz, Wied. Ann. 17. p. 48. 1882.
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Kräfte electrischer Schwingungen. 3
Theil aus keinem anderen Grunde, als weil sie in der That
keine Bedeutung besitzen1), sobald man endgültig die Vorstel-
lung unvermittelter Fernkräfte ausschliesst
Durch Multiplication der Gleichungen (1) mit L, M, N,
der Gleichungen (2) mit X, V, Z, Addition sämmtlicher Glei-
chungen und Integration über einen Raum, dessen Raum-
element dr, und dessen Oberflachenelement d ta ist, folgt:
= 4lnAf \(NY- MZ) cosw,x + (LZ- NX) cosn,y
+ (MX— L V) cos n, z J diu ,
worin nyx n,y «,z die Winkel bezeichnen, welche die Normale
von diu mit den Axen bildet.
Die Gleichung zeigt, dass man den Betrag, um welchen
die Energie des Raumes zugenommen hat, betrachten kann
ab eingetreten durch die Oberflächenelemente. Der durch
jedes einzelne Oberflächenelement eintretende Betrag ist gleich
dem Product aus den in die Oberfläche fallenden Componenten
der electrischen und der magnetischen Kraft, multiplicirt mit
dem Sinus des Winkels, welchen sie miteinander bilden, und
diTidirt durch 4nA. Auf dieses Resultat hat bekanntlich
Hr. Poynting2; eine höchst bemerkenswerthe Theorie über
die Bewegung der Energie im electromagnetischen Felde ge-
gründet.
Hinsichtlich der Lösung der Gleichungen beschränken wir
uns auf den besonderen, aber wichtigen Fall, dass die Ver-
keilung der electrischen Kraft symmetrisch um die z-Axe ist,
und zwar derart, dass diese Kraft in jedem Punkte in die
durch die z-Axe gelegte Meridianebene fallt und nur abhängig
ist von der z-Coordinate des Punktes und seinem Abstand
g = Y** + von der z-Axe. Wir bezeichnen die Componente
der electrischen Kraft in der Richtung von g, nämlich Xxjg
+ Yyjg mit Ä, ferner die Componente der magnetischen
Kraft, welche auf der Meridianebene senkrecht steht, nämlich
1) AU Beispiel erwähne ich den Begriff einer Dielectricitätsconstante
des Aethers.
21 J: ft. Poynting, Phil. Trans. 1884. II. p. 343.
1*
i
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4 H. Hertz.
Lyjo — Mx ,u mit P. Wir behaupten alsdann: Ist 11 eine
übrigens beliebige Function von o, z, /, welche der Gleichung: :
A%d*ll\dfl = AU
genügt, und setzen wir Q = od II jdn, so bezeichnet das System:
pZ= dQjdo, oP=AdQldt,
,,R= -dQjdz. N = 0
eine mögliche Lösung unserer Gleichungen.
Um die Behauptung zu beweisen, beachten wir, dass wir
haben :
dx dxdz dy dydf
r- r*' - - *.n . .«= _ j»'« = _ A *n .
dy dydz dx dxdt
Man hat nur nöthig, diese Ausdrücke in die Gleichungen (1).
(2), (3) einzusetzen, um die Gleichungen (2) und (3) identisch,
die Gleichungen (1) aber unter Berücksichtigung der Differen-
tialgleichung von 11 erfüllt zu finden.
Es sei erwähnt, dass auch umgekehrt, von gewissen prak-
tisch bedeutungslosen Beschränkungen abgesehen , sich jede
mögliche Vertheilung der electriscben Kraft, welche symmet-
risch um die z-Axe ist, in obiger Form darstellen lässt, doch
ist es für das Folgende nicht nöthig, auf diese Behauptung
einzugehen.
Von Wichtigkeit ist uns die Function Q. Die Linien
nämlich, in welchen die Rotationsflächen Q — constans ihre
Meridianebenen schneiden, sind die electrischen Kraftlinien;
die Construction derselben für eine Meridianebene vermag in
jedem Augenblicke ein anschauliches Bild der Kraftvertheilung
zu liefern. Schneiden wir den schalenförmigen Raum, welcher
zwischen der Fläche Q und der Flache Q + d Q liegt, an ver-
schiedenen Stellen durch Rotationsflächen um die z-Axe, so
ist für alle solche Querschnitte das Product aus electrischer
Kraft und Querschnitt, welches Maxwell die Induction durch
den Querschnitt nennt, das gleiche. Legen wir das System
der Flächen Q = constans so, dass von der einen zur anderen
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Kräfte electrischer Schwingungen.
Q um den gleichen Betrag dQ wächst, so gilt die gemachte
Aussage auch, wenn wir die Querschnitte der verschiedenen
entstehenden .Räume untereinander vergleichen. In der ebenen
Figur, welche durch den Schnitt der Meridianebenen mit den
äqmdistanten Flächen Q = constans entsteht, ist die electrische
Kraft dem senkrechten Abstand zweier Linien Q = constans
nur dann umgekehrt proportional, wenn die verglichenen Punkte
in gleichem Abstände von der r-Axe liegen; allgemein gilt die
Regel, dass die Kraft umgekehrt proportional ist dem Pro-
duct aus jenem Abstand und der Coordinate y des betrach-
teten Punktes.
Neben q und z fuhren wir in der Folge noch Polarcoor-
dinaten r und 6 ein, welche mit jenen verknüpft sind durch
die Gleichungen y^r sin 0, z — r cost). Es bezeichnet alsdann
r den Abstand vom Nullpunkt unseres Coordinatensystems,
Die Kräfte am eine geradlinige Schwingung.
Es sei verstanden unter E eine Electricitätsmenge, unter
/ eine Länge, unter m a njl eine reeiproke Länge und unter
7i \T eine reeiproke Zeit Wir setzen nun:
Dieser Werth genügt der Gleichung A*d*JIjdt2=JJl,
sobald wir festsetzen, dass mjn^TjX— l,'T also gleich
der Lichtgeschwindigkeit sein soll. Und zwar geschieht der
angeführten Gleichung Genüge tiberall, ausser im Nullpunkt
des Coordinatensystems.
Um zu erfahren, welche electrischen Vorgänge in diesem
Punkte der durch fl gegebenen Kräfteverteilung entsprechen,
untersuchen wir seine nächste Umgebung. Wir setzen daher
r verschwindend gegen X und vernachlässigen mr gegen nt Es
wird alsdann //= El sinnt jr. Da nun:
A'- - d%ll\dxdz, - d*Ujdydz, Z = - d*Ujdzdz.
Die electrischen Kräfte erscheinen also hier als die Ab-
leitungen eines Potentiates:
U = El
sin (mr — nt)
r
so haben wir:
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6
H. Hertz.
dll ~. . , d ( \ \
und dieses entspricht einem electrischen Doppelpunkt, dessen
Axe in die z-Axe fällt, und dessen Moment mit der Periode T
zwischen den extremen Werthen + El und — El hin und her
schwankt. Unsere Kraftvertheilung stellt also die Wirkung
einer geradlinigen Schwingung dar, welche die sehr kleine
Länge / hat, und an deren Polen im Maximum die Electricitäts-
mengen +E und —E frei werden. Die magnetische Kraft
senkrecht auf der Richtung der Schwingung in unmittelbarer
Sähe derselben ergibt sich zu:
P= - A Ein cos n t sin 0/ r-\
Entsprechend dem Biot-Savart'schen Gesetz ist dies
die Kraft eines in die Richtung der z-Axe fallenden Strom-
elementes von der Länge /, dessen Intensität, magnetisch ge-
messen, zwischen den extremen Werthen +aAE;T und
— nAE,T hin und her schwankt. In der That bedingt
die Bewegung der Electricitätsmengen E eine Strömung von
solcher Grösse.
Aus II ergibt sich:
Q - Elm {cos (mr - nt) - ^~-^>-\ sin««.
und hieraus folgen durch Differentiation die Kräfte Z, R, P.
Im allgemeinen fallen nun allerdings die Formeln zu verwickelt
aus, als dass es möglich wäre, aus denselben unmittelbar einen
Ueberblick über die Vertheilung der Kräfte zu gewinnen. Für
einige Specialfälle sind indess die Resultate verhältnismässig
einfach; wir heben dieselben hervor:
1) Die unmittelbare Nachbarschaft der Schwingung haben
wir bereits behandelt.
2) In der z-Axe, also in Richtung der Schwingung, haben
wir dg — rddy dz — rfr, 6 = 0, also wird hier:
Ä = 0, P=Q,
Z- 2A7m/r«{co8(ifir - nt) - — }•
Die electri8che Kraft fallt stets in die Richtung der Schwin-
gung, sie nimmt in kleinen Entfernungen ab wie die dritte
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Kräfte electrischer Schwingungen.
7
Potenz, in grösseren Entfernungen wie das Quadrat des umge-
kehrten Abstandes.
3) In der xy»Ebene, also fürr=*0, haben wir r/z« —rtit).
dQ - rfr, Q = 90°, also wird:
— jsin (wir - nt) + ~r - -j ,
Ä = 0,
~ Elm* \ • . - cos (*nr — »0 . Bin imr — »t)\
Z— — sm (wir — nt) — 4-
Die electrische Kraft ist in der durch die Schwingung
gelegten Aequatorialebene jmrallel der Schwingung, ihre Ampli-
tude ist gleich El/r^Vl — wiar* + wi4r*. Die Kraft nimmt bei
Entfernung von der Schwingung beständig ab, anfangs schnell
wie die dritte Potenz des reciproken Abstandes, später nur
sehr langsam, nämlich umgekehrt proportional dem Abstand
selbst In grösseren Entfernungen wird die Wirkung der
Schwingung nur in der Aequatorialebene. nicht in der Axe
derselben bemerkbar sein.
4) In sehr grossen Entfernungen können wir höhere Po-
tentiale von lfr gegen niedrige vernachlässigen. Wir haben
daher in solchen Entfernungen:
Q = Elm cos (wir — nt) sin'Ö.
woraus man ableitet:
P =s A. Elmn sin (wir — nt) sinö/ r,
Z= — Elm2 sin (wir — nt) sin*0/r.
R -ss Elm1 sin (wi r — n t) sin t) cos 0 / r .
Daraus folgt: Zcosß + R sinÖ = 0. Die Richtung der
Kraft steht also in grossen Entfernungen überall senkrecht auf
der Richtung vom Ausgangspunkte der Kraft, die Ausbreitung
erfolgt hier als reine Transversalwelle. Die Grösse der Kraft
ist gleich Elm% sin (wir — nt) sind /r, dieselbe nimmt bei con-
stanter Entfernung vom Nullpunkte gegen die Axe hin ab, wie
der Abstand von der letzteren.
Um nun auch für die übrigen Theile des Raumes die
Vertheilung der Kraft zu erkennen, bedienen wir uns der
graphischen Darstellung, indem wir für bestimmte Zeiten die
Linien der electrischen Kraft, nämlich die Curven Q ■=» constant
8
H. Hertz
für gleichabstehende Werthe von Q ziehen. Da Q sich dar-
stellt als das Product zweier Pactoren, von denen der eine nur
von r, der andere nur von 6 abhängt, bietet die Construction
dieser Curveu keine grossen Schwierigkeiten. Wir zerlegen
jeden "Werth von Q, für welchen wir die Curve zeichnen wollen,
auf verschiedene Weisen in zwei Factoren, bestimmen den
Winkel Ö, für welchen sin1 6 gleich dem einen Factor wird,
und mittelst einer Htilfscurve denjenigen Werth von r, für
welchen die in Q enthaltene Function von r dem anderen
Factor gleich wird, wir finden so beliebig viele Punkte der
Curve. Versucht man, die Construction auszuführen, so nimmt
man noch manche kleine Vortheile wahr, deren Aufführung
hier zu weitläufig sein würde. Begnügen wir uns, in den
Figuren 1, 2, 3, 4 das Resultat einer solchen Construction zu
betrachten. Diese Figuren stellen die Kraftvertheilung dar zu
den Zeiten / s= 0, j Ty j T, }T, aber bei passender Umkehr der
Pfeile auch für alle weiteren Zeiten, welche ganzzahlige Viel-
fache von J T sind. Im Nullpunkt ist in richtiger Lage und
ungefähr richtigem Grössenverhältuiss die Vorrichtung ange-
deutet, durch welche in unseren früheren Versuchen die Schwin-
gungen erregt wurden. Die Kraftlinien sind allerdings nicht
völlig bis zu diesem Bilde fortgeführt, da ja unsere Formeln
die Schwingung als unendlich kurz annehmen, daher in der
Nachbarschaft der endlichen Schwingung unzulänglich werden.
Beginnen wir eine Erläuterung der Figuren mit Fig. 1.
Hier ist t = 0, die Strömung ist im Zustande ihrer stärksten
Entwickelung, aber die Pole der geradlinigen Schwingung sind
nicht electrisch geladen, es führen keine Kraftlinien auf die-
selben zu. Solche Kraftlinien beginnen nun aber von der Zeit
t as 0 an aus den Polen hervorzuschiessen , sie sind einge-
schlossen in eine Kugel, welche einem Werth Q = 0 entspricht.
In Fig. 1 ist diese Kugel allerdings noch verschwindend klein,
aber sie vergrößert sich schnell und erfüllt zur Zeit / « \ 1
(Fig. 2) schon den Baum Rv Die Vertheilung der Kraftlinien
im Innern der Kugel ist nahezu der Art, wie sie einer ruhen-
den electrischen Ladung der Pole entspricht. Die Geschwin-
digkeit, mit welcher sich die Kugelfläche Q = 0 vom Null
punkt erntfernt, ist zunächst weit grosser als 1 jA. in der That
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Kräfte electritcher Schwingungen. 9
würde der letzteren Geschwindigkeit während der Zeit J T nur
der in der Figur angegebene Werth von J/. entsprechen. In
verschwindendem Abstand vom Nullpunkt ist die Geschwindig-
keit der Ausbreitung sogar unendlich. Biese Erscheinung ist
es, weiche wir in der alten Ausdrucksweise durch die Aussage
darstellten , dass sich der mit der Geschwindigkeit \jA fort-
schreitenden Inductions Wirkung eine mit unendlicher Geschwin-
digkeit fortschreitende electrostatische Kraft superponire. Rich-
tiger deuten wir wohl im Sinne unserer Theorie die Erscheinung,
indem wir bemerken, dass im Grunde die sich bildende Welle
nicht lediglich den Vorgängen im Nullpunkt ihre Entstehung
verdankt, sondern aus den Zuständen des ganzen umgebenden
Raumes hervorgeht, welch letzterer nach unserer Theorie der
eigentliche Sitz der Energie ist. Wie dem auch sei, die
Fläche Q=0 breitet sich weiter mit einer Geschwindigkeit aus,
welche mehr und mehr auf \/A herabsinkt, und erfüllt zur Zeit
f = \ T (Fig. 3) den Raum Rr Nunmehr ist die electrosta-
tische Ladung der Pole in ihrer grössten Entwickelung. die
Zahl der Kraftlinien, welche auf die Pole zuführen, erreicht
iüren Maximalwerth. Bei weiterem Fortschreiten der Zeit
treten keine weiteren Kraftlinien aus den Polen hervor, viel-
mehr beginnen die vorhandenen sich wieder in den schwingen-
den Leiter zurückzuziehen, um dort als electrische Kraftlinien
zu verschwinden, ihre Energie aber in magnetische Energie
umzuwandeln. Hierbei tritt ein eigenthümliches Verhalten ein,
welches aus Figur 4 (/ — \ T), wenigstens in seinen Anfängen
deutlich zu erkennen ist Die Kraftlinien nämlich, welche sich
am meisten vom Nullpunkt entfernt haben, erhalten bei dem
Bestreben, sich zusammenzuziehen, eiue seitliche Einbiegung,
und indem diese Einbiegung sich mehr und mehr gegen die
:-Axe zusammenzieht, schnürt sich von jeder der äusseren
Kraftlinien eine in sich geschlossene Kraftlinie ab, welche
selbständig in den Raum fortschreitet, während der Rest der
Kraftlinien in den schwingenden Leiter zurücksinkt.
Die Zahl der zurückkehrenden Kraftlinien ist also ebenso
gross, wie die Zahl der ausgegangenen, ihre Energie aber ist
nothwendig um die Energie der abgeschnürten Theile vermin-
dert. Dieser Energieveulast entspricht der Strahlung in den
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10
H. Hertz.
Raum. Infolge desselben mtisste die Schwingung bald zur Hube
kommen, wenn nicht fremde Kräfte im Nullpunkte die ver-
lorene Energie ersetzten. Indem wir die Schwingung als un-
gedämpft einführten, haben wir das Vorhandensein solcher
Kräfte stillschweigend unterstellt. In Figur 1, zu welcher wir
nunmehr zur Zeit t — T zurückehren, indem wir uns die Pfeile
umgekehrt denken, erfüllen die abgeschnürten Theile der Kraft-
linien den Kugelraum Rv während die von den Polen ausgehen-
den Kraftlinien vollständig verschwunden sind. Aber neue Kraft-
linien brechen aus den Polen hervor und drangen die Kraft-
linien, deren Entstehung wir verfolgten, in den Raum Ä, (Fig. 2)
zusammen. Es bedarf keiner weiteren Erläuterung, wie nun
weiter diese Kraftlinien in den Raum R(i (Fig. 3), B7 (Fig. 4),
Bs (Fig. 5) gelangen. Mehr und mehr gehen dieselben in eine
reine Transversalwelle über und verlieren sich als solche in
der Entfernung. Das beste Bild vom Spiel der Kräfte würde
man erhalten, wenn man die Zeichnungen für uoch kleinere
Zeitabstände herstellte und dieselben auf einer stroboskopi-
schen Scheibe befestigte.
Eine nähere Betrachtung der Figuren ergibt, dass für
solche Punkte, welche weder in der z-Axe, noch in der xy- Ebene
liegen, die Richtung der Kraft sich von Augenblick zu Augen-
blick ändert. Stellen wir daher die Kraft für einen Punkt in
üblicher Weise durch eine von dem betrachteten Punkt aus-
gehende Linie dar, so oscillirt der Endpunkt dieser Linie wäh-
rend der Schwingung nicht etwa in einer Geraden hin und her,
sondern beschreibt eine Ellipse. Um zu erfahren, ob es Punkte
gibt, für welche diese Ellipse nahezu in einen Kreis übergeht,
in welchen also die Kraft ohne wesentliche Aenderung ihrer
Grösse die Richtungen der Windrose durchläuft, superponiren
wir zwei der Zeichnungen, welche Zeiten entsprechen, die um \ T
voneinander entfernt sind, z. B. Figur 1 und 3 oder 2 und 4.
Für Punkte, wie wir sie suchen, muss offenbar das Linien-
system der einen senkrecht dasjenige der anderen schneiden,
und die Abstände der Linien der einen Figur denen der Linien
der anderen gleich werden. Die kleinen Vierecke, welche durch
den Schnitt der beiden Systeme entstehen, müssen also für
die gesuchten Punkte Quadrate werden. Es lassen sich nun
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Kräfte electrUcher Schwingungen.
11
in der That Gebiete der gesuchten Art bemerken; dieselben
sind in Figur 1 und 2 durch kreisförmige Pfeile angedeutet,
deren Richtung zugleich die Drehungsrichtung der Kraft an-
gibt Die punktirten Linien sind zur Erläuterung eingetragen,
dieselben gehören den Liniensystemen der Figuren 3 und 4 an.
Üebrigens findet man, dass die Kraft das hier geschilderte Ver-
halten nicht allein in den angegebenen Punkten zeigt, vielmehr
in dem ganzen streifenförmigen Gebiet, welches von jenen
Punkten ausgehend die Nachbarschaft der z-Axe bildet Doch
nimmt in dieser Richtung die Kraft so schnell an Grösse ab,
iass nur in den hervorgehobenen Punkten ihr eigentümliche*
Verhalten auffällig werden kann.
Das beschriebene, von der Theorie geforderte Kraftsystem
kann nun einer unvollkommenen und noch nicht durch die
Theorie geleiteten Beobachtung ganz wohl sich in der Weise
larstellen, welche ich in einer früheren Arbeit geschildert
habe.1) Zwar lassen jene Beobachtungen bei weitem nicht alle
verwickelten Einzelheiten erkennen, aber sie ergeben das We-
sentliche der Vertheilung richtig. Nach Beobachtung wie nach
Theorie ist die Vertheilung der Kraft in der Nähe der Schwin-
gung ähnlich der elektrostatischen Vertheilung; nach Beobach-
tung wie nach Theorie breitet sich die Kraft wesentlich in der
Aequatorialebene aus und nimmt hier anfangs schnell, dann
langsam ab, ohne in einer mittleren Entfernung Null zu wer-
den; nach Beobachtung wie nach Theorie ist die Kraft in der
Aequatorialebene, der Axe und in grossen Entfernungen von
bestandiger Richtung und wechselnder Grösse, während sie in
zwischenliegenden Punkten weniger ihre Grösse, als vielmehr
ihre Richtung ändert. Nur darin mangelt die Uebereinstim-
inung zwischen der Theorie und jenen Beobachtungen, dass in
grossen Entfernungen nach ersterer die Kraft stets senkrecht
auf der Geraden zum Ursprong steht während sie in der letz-
teren parallel der Schwingung erschien. Für die Nähe der
Aequatorialebene, wo die Kräfte am stärksten, kommt dies
'war auf das gleiche hinaus, nicht aber für Richtungen, welche
zwischen Aequatorialebene und Axe liegen. Ich glaube, dass
1» H. Hertr, Wied. Ann. S4. p. 155. 1888.
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12
Ä Hertz.
der Fehler auf Seiten der Beobachtung ist. In jenen Ver-
suchen war die Richtung der Schwingung parallel den beiden
Hauptwänden des Beobachtungsraumes, dadurch konnte die
Componente der Kraft, welche parallel der Schwingung war.
verstärkt erscheinen gegenüber der zur Schwingung senkrech-
ten Componenten.
Ich habe deshalb die Versuche wiederholt bei verschiedent-
lich abgeänderter Aufstellung der primären Schwingung und
fand bei gewissen Aufstellungen die Ergebnisse mit der Theorie
übereinstimmend. Zu einem eindeutigen Resultate gelangte ich
,s indessen nicht, sondern fand, dass bei grossen Abständen und
f in Gebieten von geringer Intensität der Kraft die Störungen
/ der Umgebung in dem zur Verfugung stehenden Raum schon
zu beträchtlich waren, um ein sicheres Urtheil zu verstatten.
Während die Schwingung arbeitet, schwankt die Energie
durch die Kugelflächen, welche den Nullpunkt umgeben, aus
und ein. Durch jede Kugeltiäche aber tritt während einer
Schwingungsdauer mehr Energie aus, als in die Kugelfläche
zurücktritt, und zwar für alle Kugelflächen der gleiche Betrag.
Dieser Betrag stellt den während der Schwingungsdauer durch
Strahlung erlittenen Energieverlust dar. Wir können ihn leicht
berechnen für Kugelflächen, deren Radius r schon so gross ist,
dass wir die vereinfachten Formeln anwenden dürfen. Es wird
nämlich während des Zeitelementes /// durch eine Kugelzone,
welche zwischen ft und 0 4- dß liegt, austreten die Energie:
dt.2nr sin ft.rdß. IjAnA . (Z sin ß - R cosd)P.
Setzen wir hierin für Z, R die für grosse r gültigen
Werthe und integriren nach 6 von ü bis n und nach t von 0
bis Tf so ergibt sich, dass durch die ganze Kugel während
jeder halben Schwingung austritt die Energie:
Suchen wir hieraus eine angenäherte Schätzung der Ver-
hältnisse zu gewinnen, welche bei unseren wirklichen Versuchen
vorlagen. In denselben luden wir zwei Kugeln von 15 cm Ra-
dius in entgegengesetztem Sinne zu einer Schlagweite von etwa
1 cm. Schätzen wir die electrostatische Potentialdifferenz zwi-
schen den beiden Kugeln hiernach zu 120 g v* cm '/» sec-1 . so
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Kräße electrücher Schwingungen.
13
war jede Kogel auf das Potential ± 60 gr lt* cm ' * sec-1 gela-
den, und es war also E ■» 15 x 00 900 g '/« cm ,y« sec-1. Der
Gesaramtvorrath von Energie, welchen die Schwingung bei
ihrem Beginne besass, betrug darnach 2 x l/2 X 900 x 60
= 540<X) g cm2 sec~2, entsprach daher etwa der Energie, welche
ein Grammgewicht nach dem Fall durch 55 cm erreicht hat.
Es war weiter die Länge der Schwingung /= 100 cm nähe-
rungsweise und die Wellenlange etwa gleich 480 cm. Daraus
ergibt sich der Energieverlust in der halben Schwingungsdauer
zu etwa 2400 g cm?/8ec~a. Es erhellt, dass schon nach elf hal-
ben Schwingungen die Hälfte der Energie auf Strahlung ver-
ausgabt sein musste. Die schnelle Dämpfung, welche die Er-
scheinungen an unseren Schwingungen erkennen Hessen, war
also schon durch die Strahlung noth wendig bedingt und konnte
nicht fehlen, selbst wenn der Widerstand der Leiter und des
Funkens zu vernachlässigen gewesen wäre.
Eine Energieabgabe von 2400 gem8 sec 2 in 1,5 Hundert-
millionteln Secunde entspricht einer Arbeitsleistung von 22
Pferdekräften. Mindestens in dieser Fülle müsste der primären
Schwingung Energie zugeführt werden, wollte man trotz der
Strahlung die erregten Schwingungen dauernd mit gleicher
Intensität erhalten. Während der ersten wenigen Schwingun-
gen entspricht die Intensität der Strahlung in etwa 1 2 m Ab-
stand vom primären Leiter der Intensität der Sonnenstrahlung
auf der festen Erdoberfläche.
Die Interferenzversache.
Um die Ausbreitungsgeschwindigkeit der electrischen Kraft
in der Aequatorialebene zu ermitteln, brachten wir die Wir-
kung derselben zur Interferenz mit der Wirkung einer mit
gleichbleibender Geschwindigkeit in einem Drahte fortschrei-
tenden electrischen Welle.1) Es zeigte sich, dass die auftre-
tenden Interferenzen nicht in gleichem Abstand folgten, son-
dern sich in der Nähe der Schwingung schneller veränderten,
als dies in grösseren Abständen der Fall war. Dies Verhalten
wurde durch die Annahme erklärt, dass sich die Gesammtkraft
1) H. Hertz, Wied. Ann. 84. p. 551. 188h.
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14
H. Hertz,
in zwei Theile zerspalten lasse, von welchen der eine, der eleo
trodynamische, sich mit Lichtgeschwindigkeit, der andere, der
electrostatische, sich mit grösserer, vielleicht unendlicher Ge-
schwindigkeit ausbreite. Nach unserer Theorie ist nun aber
die in Frage kommende Kraft in der Aequatorialebene :
\ mr »'r* m3r" )'
und dieser Ausdruck zerfällt auf keine Weise in zwei einfache,
mit verschiedener Geschwindigkeit fortschreitende Wellen. Ist
also die gegenwärtige Theorie richtig, so kann die frühere Er-
klärung nur eine Annäherung an die Wahrheit darbieten. Wir
wollen untersuchen, ob die gegenwärtige Theorie überhaupt zu
einer Erklärung der Erscheinungen führt
Zunächst können wir schreiben Z — B sin [nt — c),). wo
die Amplitude der Kraft B = El r3\/\ — mtri + ;«4r* und die
Phase öl der Kraft bestimmt ist durch die Gleichung:
. y sin m rm r + cos m r /mV* — sin m r ' m3ra
^ 1 cos mrlmr — ein mr m* r* — cos mr w3r8 '
welche nach Umformung ergibt:
v mr
0 = mr — arc tg , . , •
In Fig. 5 ist durch die Curve d} die Grösse als Func-
tion von mr anschaulich gemacht Die Länge ab entspricht
dabei in Abscissen und Ordinaten dem Werthe tt. Betrachtet
man nicht mr, sondern r als variable Abscisse, so entspricht
die Länge ab in den Abscissen der halben Wellenlänge.
Um unmittelbar an die Versuche anzuknüpfen, welche wir
darzustellen wünschen, ist unter der Zeichnung noch eine wei-
tere Theilung der Abscissenaxe nach Metern angebracht. Es
ist nämlich nach den Ergebnissen der directen Messung'1)
). = 4,8 m gesetzt und danach die Länge des Meters bestimmt;
der Anfangspunkt der Theilung ist aber nicht in die Schwin-
gung, sondern in einen Abstand von 0,45 m von derselben ver-
legt Die Eintheilung stellt auf diese Weise die Eintheilung
der Grundlinien dar, in welcher wir die Interferenzen bestimm-
ten. Man ersieht aus der Figur, dass die Phase überhaupt
1) H. Hertz, Wied. Ann. U. p. 609. 1888.
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Kräfte electrischer Schwingungen
15
nicht vom Ursprung an wächst, vielmehr ist der Verlauf der
Phase ein solcher, als entstände die Welle in einem Abstand
von etwa j Ä im Räume und liefe von dort theils gegen den
Leiter, theils in den Raum hinaus. In grossen Entfernungen
ist die Phase um den Werth n kleiner, als sie sein würde,
wenn die Welle mit constanter Geschwindigkeit vom Ursprung
ausgegangen wäre ; die Welle verhält sich also in grossen Ent-
fernungen so. als hätte sie die erste halbe Wellenlänge mit
unendlicher Geschwindigkeit durchlaufen.
Die Wirkung w der Drahtwellen auf eine bestimmte Stel-
lung des secundären Leiters kann nun jedenfalls dargestellt
werden in der Form: w = C sin (nt — #?), worin als Abkürzung
ö.2 = iWj r + d =s n r/Xl + Ö gesetzt ist bezeichnet die halbe
Wellenlänge der Drahtwellen, in unseren Versuchen 2,8 mt
b aber die Phase ihrer Wirkung im Punkte r — 0, welche wir
durch Verschattung von Draht! ängen willkürlich abänderten.
Ebenso konnten wir die Amplitude C abändern und gaben ihr
solche Grösse, dass die Wirkung der Drahtwellen der directen
Wirkung nahezu gleich war. Die Phase der Interferenz hängt
dann nur ab von dem Unterschied der Phasen <5, und S2. Bei
derjenigen Stellung des secundären Kreise-, auf welche sich
unser Ausdruck für w bezieht, verstärken sich beide Wirkungen
(die Interferenz hat das Zeichen + ), wenn t\ - 1\ gleich Null
oder einem ganzen Vielfachen von 2n ist; die Wirkungen ver-
nichten sich (die Interferenz hat das Zeichen — ), wenn dt
gleich n oder einem ganzen Vielfachen dieses Werthes ist;
eine Interferenz findet nicht statt (die Interferenz hat das Zei-
chen 0), wenn dl — dt gleich einem ganzen Vielfachen von
}* ist.
Wir wollen uns nun S so bestimmt denken, dass im An-
fangspunkt der Metertheilung die Phase der Interferenz einen
bestimmten Werth t habe, dass daselbst also dl = d2+f sei.
Die gerade Linie 1 unserer Figur soll uns alsdann den Werth
von 82 + « als Function der Entfernung darstellen. Die Linie
ist nämlich mit solcher Neigung gezogen, dass für ein Wachs-
thum der Abscisse um Xl = 2,8 m die Ordinate um den Werth
* wächst, und sie ist so gelegt, dass sie die Curve öl schnei-
det in einem Punkte, dessen Abscisse die des Anfangspunktes
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16
//. Hertz,
der Metertheilung ist. Die Linien 2, 3, 4 etc. stellen dann
weiter den Verlauf der Werthe von <) 2 -f * — J jr, t\ + « - n,
^2 + * — i 71 etc« vor- Diese Linien sind nämlich parallel der
Linie 1 und so gezogen, dass sie ein und dieselbe Ordinate in
Abständen von je J nr, ein und dieselbe Abscisse in Abständen
von je lt4 m schneiden. Projicirt man nun die Schnittpunkte
dieser Geraden mit der Curve öx auf die Abscissenaxe herunter,
so erhält man offenbar diejenigen Entfernungen, für welche
— ^2 + * + i nf d2 -f- e + «, ^2 + € + \n etc- w*rdr ^r welche
also die Phase der Interferenz gegen die des Ausgangspunktes
um |jr, 7j, Jjt etc. gewachsen ist. Man entnimmt so unmittel-
bar aus der Figur die Aussagen: Besitzt die Interferenz im An-
fangspunkt der Grundlinie das Zeichen + (-), so erlangt sie
das Zeichen 0 zum ersten mal bei ca. 1 m, das Zeichen — (+)
bei ca. 2,3 m, um wieder das Zeichen 0 zu erreichen bei ca.
4,8 m; die Interferenz kehrt zurück zum Zeichen -f (— ) bei
ca. 7,6 m, sie ist wiederum 0 bei ca. 14 m, um von nun an
die Reihe der Zeichen in nahezu gleichen Abständen zu durch-
laufen. Besitzt die Interferenz im Nullpunkt der Grundlinie
das Zeichen 0, so besitzt sie dies Zeichen ebenfalls bei ca. 2,3 in.
7,6 m, 14 m, sie hat ausgesprochen positiven oder negativen
Charakter in ca. 1 m, 4,8 m, 1 1 m Entfernung vom Nullpunkt.
Für mittlere Phasen gelten mittlere Werthe. Man vergleiche
mit diesem Ergebniss der Theorie das Ergebniss des Versuches,
insbesondere diejenigen Interferenzen, welche stattfanden bei
Vorschaltung von 100, 250, 400, 550 cm Draht1), und man
wird die Uebereinstimmung so vollkommen finden, als irgend
erwartet werden kann.
Nicht ganz so gut ist es mir gelungen, die Interferenzen
der zweiten Art wiederzugeben.1) Zur Herstellung dieser In-
terferenzen benutzten wir eine Lage des secundaren Kreises,
bei welcher hauptsächlich die Integralkraft der Induction um
den geschlossenen Kreis in Betracht kam. Sehen wir die Di-
mensionen des letzteren als verschwindend klein an, so ist die
Integralkraft proportional der Aenderungsgeschwindigkeit der
1) Hertz, 1. c. p. 563.
2) Herts, 1. c. p. 565.
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Kräfte elektrischer Schwingungen.
17
magnetischen Kraft, welche senkrecht auf der Ebene des Krei-
ses steht, also proportional dem Ausdruck:
= A Elm'«' [ - e-^Lmr --"'> + !iM»r^)J .
dl \ mr m*r* I
Hieraus erhält man für die Phase <)3 dieser Wirkung:
. ^ COS m rjm r — sin »irm'r'
^* 3 sin m rjmr + cos mrjm* r% '
oder nach Umformung:
— mr — arc tg m r .
Die Linie S3 unserer Figur 5 stellt den Verlauf dieser
Function dar. Man ersieht, dass für diese Wirkung die Phase
schon vom Ursprung an dauernd wächst. Es müssen daher
die Erscheinungen, welche auf eine endliche Ausbreitungs-
geschwindigkeit hinweisen, bei diesen Interferenzen allerdings
schon in der Nähe der Schwingung sich geltend machen. So
zeigte es sich auch in den Versuchen, und eben darin bestand
der Vortheil, welchen uns diese Art der Interferenz bot Aber
es ergibt sich die scheinbare Geschwindigkeit in der Nähe der
Schwingung doch grösser, als in der Ferne, und es ist nicht
zu leugnen, dass die Phase der Interferenz sich nach der
Theorie wenig, aber bemerkbar schneller ändern müsste, als
es in den Versuchen der Fall war. Es erscheint mir wahr-
scheinlich, dass eine vollkommenere Theorie, welche nicht die
beiden wirkenden Leiter als verschwindend klein betrachtet,
vielleicht auch eine andere Annahme des Werthes von hier
ein bessere Uebereinstimmung herstellen würde.
Von Wichtigkeit ist, dass auch unter Zugrundelegung der
Max we Irschen Theorie die Versuche nicht gedeutet werden
können, ohne einen merklichen Unterschied zwischen der Aus-
breitungsgeschwindigkeit der Wellen in Drähten und der Wellen
im freien Raum anzunehmen.
Wellen in drahtförmigen Leitern.
Die Function : K(pp)= f e-l<*p* <••+ •-"> du,
o
welche sich für grosse Werthe von (> der Function Ynj2pe.e-i>f,
für verschwindende Werthe von p der Function - log (p 0, 2) -0,577
anschmiegt, genügt der Differentialgleichung:
Aon. <L l'hyt. o. Cht«. N. f. XXXVI. 2
18
H. Hertz.
Setzen wir also:
//== 2JjAn.mi[mz — nt).K{pg),
so genügt U der Gleichung A2d* Jlj dt2 = A 11, sobald wir
machen />2=- m2 — ^liis. Dabei soll verstanden sein unter J
eine in magnetischem Maass gemessene Stromstärke, unter p
und m = nß reciproke Längen, unter n = n / T eine reciproke
Zeit. Die Function // genügt ihrer Gleichung im ganzen Raum,
ausser in der r-Axe, in welcher sie unstätig wird. Es ent-
sprechen also die aus obigem 7/ abzuleitenden Werthe von
R, Z, P, N einer electrischen Bewegung, welche in einem sehr
dünnen, längs der *-Axe ausgespannten Drahte stattfindet. In
unmittelbarer Nachbarschaft dieses Drahtes wird bis auf Grössen,
welche gerade Potenzen von q enthalten:
Qo -» — 2 JjA n . sin (m z — nt), also :
Ä0 = 2 JmjA n q . COS (m z — nt),
P0 = 2 JJq . cos (m z — nt),
wobei durch den Index n der Bezug auf verschwindende o fest-
gehalten ist. Aus dem Werthe von B0 folgt, dass die auf
der Längeneinheit des Drahtes sich befindende freie Electrici-
tät e ist:
e = l/4n ,2n().R0 = J miAn . cos (mz — nt).
Aehnlich folgt aus P0 die Stromstärke i:
i - lj47f.2n(), P0 — J cos {mz — nt).
Die Werthe von i und e gentigen von selber der not-
wendig zu erfüllenden Gleichung A deidt - dijdz. Dieselben
zeigen uns, dass die behandelte Bewegung eine electrische
Sinuswelle darstellt, welche sich in der r-Axe in Richtung der
wachsenden z fortpflanzt; deren halbe Wellenlänge X, und deren
halbe Schwingungsperiode T, deren Geschwindigkeit also
X/T = njm ist, und welche eine solche Intensität besitzt, dass
die grössten auftretenden Stromstärken ± J betragen.
Behalten wir uns vor, über fremde Kräfte im Drahte will-
kürlich zu verfügen, so können wir k und T als unabhängig
voneinander ansehen. Für jedes bestimmte Verhältniss dieser
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Kräfte eleciiischer Schwingungen,
19
Grossen, also für jede bestimmte Geschwindigkeit der Welle
haben die Linien der electrischen Kraft eine bestimmte Ge-
stalt, welche, unabhängig von der Zeit, am Drahte entlang
gleitet Wie früher stellen wir diese Gestalt dar, indem wir
die Linien Q = constans ziehen.
In Figur 6 ist eine solche Darstellung ausgeführt, und
zwar zunächst in Figur 6a für den Fall, dass die Geschwindig-
keit sehr klein, p also gleich m ist. Die Zeichnung entspricht
dann einer electrostatiachen Kraftvertheilung, nämlich der-
jenigen, welche wir erhalten, wenn wir auf dem Draht Elec-
tricitat so vertheilen, dass die Dichtigkeit eine Sinusfunction
der Drahtlänge ist. Figur 6b gibt die Kraftlinien für eine
Geschwindigkeit, welche etwa 28/48 der Lichtgeschwindigkeit
betragt Man sieht, dass die Kraftlinien einen grösseren Um-
weg als vorher machen, um, von dem Drahte ausgehend, zu
demselben zurückzugelangen. In der älteren Anschauungsweise
ist dies erläutert durch die Aussage: Die electrodynamische
Kraft, welche parallel dem Drahte gerichtet sei, schwäche die
gleichgerichtete Componente der electrostatischen Kraft, wäh-
rend sie di6 zum Drahte senkrechte Componente nicht beein-
flusse. Die Schwächung der dem Draht parallelen Compo-
nente kann bis zur Vernichtung derselben sich steigern. Neh-
men wir nämlich die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Draht-
wellen gleich der Lichtgeschwindigkeit, so wird p = 0, es artet
dann für jeden Werth von o K(p o) aus in — log o -f constant,
und es wird für jeden Werth von (>:
Q = — 2 JjA n . sin (m z — n t) , also:
R = 2 JmjAn () ,cos(mz — nt), Z = 0,
P=. 2 Jig cos(mz— nt), N—0.
Die Kraftvertheilung ist alsdann die denkbar einfachste,
die electrische Kraft steht überall senkrecht auf dem Drahte
und nimmt ab im umgekehrten Verhältniss der Entfernung
von diesem. Die für gleichabstehende Werthe von Q gezoge-
nen Linien Q = constans sind in Figur 60 angedeutet Für
Wellen, welche sich mit einer grösseren Geschwindigkeit als
\ A fortpflanzen, wird p imaginär. Für diesen Fall müssen
wir unsere Formeln umgestalten, doch gehen wir nicht auf
denselben ein. da ihm keine praktische Bedeutung zukommt.
2*
•JO
H. Hertz.
An der Oberfläche eines Leiters setzt sich diejenige Com-
ponente der electrischen Kraft, welche tangential zur Ober-
tiäche liegt, stetig in das Innere des Leiters fort. Unter einem
vollkommenen Leiter versteht man nach Maxwell einen solchen,
in dessen Inneren stets nur verschwindend kleine Kräfte auf-
treten können. Daraus folgt für die Oberfläche eines voll-
kommenen Leiters als Bedingung . dass die zur Oberfläche
tangentiale Componente der Kraft verschwinden muss. Enthält
diese Behauptung keinen Irrthum, so folgt, dass sich in gut
leitenden Drähten electrische Wellen mit Lichtgeschwindigkeit
und in derjenigen Gestalt ausbreiten müssen, welche durch
Fig. 6C gegeben ist. Denn nur für diese Kraftvertheilung steht
die Kraft überall senkrecht auf der Oberfläche des Drahtes.
In der That ist denn auch stets aus der Maxwell' sehen
Theorie, wie aus den älteren Theorien, der Schluss gezogen
worden, dass sich durch vollkommen leitende Drähte electrische
Wellen mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten.
Dürfen wir indessen unseren Versuchen nur ein weniges
trauen, so ist dies Resultat unrichtig, die Ausbreitung geschieht
mit einer viel geringeren Geschwindigkeit und etwa in der-
jenigen Gestalt, welche Fig. 6b anzeigt. Dies Ergebniss ist
um so auffallender, als die Geschwindigkeit in Drähten eben-
falls eine von der Natur des Drahtes gänzlich unabhängige
Geschwindigkeit zu sein scheint. Ich habe dieselbe als gleich
gefunden in Drähten der verschiedensten Metalle, der ver-
schiedensten Dicke, der verschiedensten Gestalt des Quer-
schnittes, auch in Säulen leitender Flüssigkeit. Die Ursachen,
welche diese Geschwindigkeit bestimmen, sind noch dunkel.
Der Widerstand spielt jedenfalls keine Rolle. Ich vermuthete
eine Zeit lang, dass sich ein Einfluss der Constauten k geltend
mache, durch deren Einführung Hr. H. v. Helmholtz die
Maxwell'sche Theorie erweitert hat.1) Eine nähere Ueber-
legung lässt diese Vermuthung indessen zurückweisen. Wäre
die Grenzbedingung nur richtig, so wäre eine Welle von der
Form der Fig. 6C immer noch möglich. Dieselbe würde stets
eine reine Transversalwelle sein und müsste sich als solche
1) H. v. Helmholtz, Gea. Abh. 1. p. 545.
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Kräfte e/ectrixcher Schwingungen.
21
mit derselben Geschwindigkeit fortpflanzen, wie ebene Trans-
versalwellen im Räume, ob nun gleichzeitig Longitudinalwellen
möglich sind oder nicht Bin endlicher Werth der Constanten k
würde, ohne die Verschiedenheit der beobachteten Geschwindig-
keiten zu erklären, fordern, dass zweierlei Arten von Wellen
verschiedener Geschwindigkeit im Draht möglich seien, wofür
bisher Andeutungen ans der Erfahrung noch nicht vorliegen.
Es dürfte die Richtigkeit der Grenzbedingung fur schnell ver-
änderliche Kräfte zu bezweifeln sein.
Erscheint es einerseits nicht möglich, den in der z-Axe
fortschreitenden Wellen eine beliebig grosse Geschwindigkeit
zu ertheilen, so hat es auf der anderen Seite keine Schwierig-
keit, die Geschwindigkeit von ihrem Maximalwerth beliebig
herabzudrücken und Kraftvertheilungen herzustellen, welche
zwischen den Formen 6« und 6D eingeschlossen sind. Man lässt
zu dem Ende die Welle durch regelmässig gezackte oder spiral-
förmig aufgerollte Drähte fortschreiten Indem ich z. ß. einen
Draht von 40 m Länge zu einer einfachen Spirale von 1 cm
Durchmesser in solcher Dichte aufrollte, dass die Länge der
Spirale 1,6 m wurde, konnte ich Knotenpunkte in Abständen
Ton ca. 0,31 m beobachten, während im gestreckten Draht die
Abstände der Knoten 2,8 m betrugen. Bei allmählichem Aus-
recken der Spirale ging der eine Werth auf den anderen über.
In der Richtung der r-Axe (der Axe der Spirale) gemessen,
bewegt sich also die Welle wesentlich langsamer in dem auf-
gerollten Drahte. In der Drahtlänge gemessen allerdings
bewegt sie sich schneller. Aehnlich ist das Verhalten in ge-
zackten Drahten. Irre ich nicht, so vermag auch hiervon die
Max well' sehe Theorie unter Annahme jener Grenzbedingung
rar gute Leiter keine Rechenschaft zu geben. Es müsste nach
dieser Theorie, wie mir scheint, die in der z-Axe gemessene
Ausbreitung durch jede Form des Leiters mit Lichtgeschwin-
digkeit erfolgen, sobald nur erstens der Widerstand des Leiters
nicht in Betracht kommt und zweitens die Dimensionen des
Leiters senkrecht zur Axe verschwindend klein gegen die Wel-
lenlänge sind. Beide Bedingungen aber sind in spiraligen
Metalldrähteu erfüllt, ohne dass die Folgerung zuträfe.
Indem wir versuchten, die Beobachtungen aus der Max-
22
& Dom.
weH'schen Theorie zu erklären, ist es uns nicht gelungen, alle
Schwierigkeiten zu beseitigen. Gleichwohl wird man die Voll-
ständigkeit, mit welcher jene Theorie den grössten Theil der
Erscheinungen wiedergibt, als eine nicht verächtliche Leistung
derselben betrachten dürfen. Denn wenn man versucht, auf
die Erscheinungen eine der älteren Theorien anzuwenden, so
geräth mau schon in den elementarsten Zügen auf Wider-
sprüche, es sei denn, dass man durch Einführung des ^Aethers
als Dielectricum jene Theorien mit der Maxwell'schen ver-
söhnt auf dem durch v. Helmholtz angegebenen Wege.
Karlsruhe, im November 18S8. *
II. Eine Bestimmung des Ohm;
von E. Dorn.
(Im Auszuge der Königlichen Academic der Wissenschaften zu Herli»
vorgelegt am 5. Juli 1888.)
(Hier» Tsf. I Fljr. 7-18.1
Inhaltsangabe: l. Vorbemerkungen. — 2. Ableitung der For-
meln. — 3. Ort der Beobachtungen. — Beschreibung der Apparate:
4. HersteUung unmagnetischen Kupfers. — 5. Hauptgalvanometer. —
6. Stativ dazu. - 7. Tangentenbussole. — 8. Differentialgalvanometer und
aperiodisches Galvanometer. — 9. Local variometer. — 10. Widerstände.
— 11. Uhr, Maasse und Gewichte, Scalen, Thermometer. — Vorberei-
tende Messungen und Hülf »Beobachtungen : 12. Calibrating der Wider-
stände; Temperaturcoöfficienten. — 1*. Widerstände in m'qmm Hg.O0.
14. Constanten des Galvanometers: Tcraperaturcoeffieient des Wider-
standes, Selbstinduction, Aenderung der Galvanomcf erfunetion , Magne-
tischer Localeinfluss, Torsionsverhältniss, Temperaturcoelficient und ln-
ductionscoöfficienten des Magnets, Trägheitsmoment. — 15. Constanten
der Tangentenbussole : Durchmesser, Polabstand, Torsionsverhältniss,
Magnetischer Localeinfluss. — 16. Zur Ermittelung von M'H: Magnet-
abstande, Hülfsmaguete, Polabstände. — 17. Local variometer: Tempera-
turcoöfficient, Reductionsfactor, Vergleichung mit dej* Schwingungsmethode,
Verhaltniss von H für verschiedene Stellen. — Anordnung und Aufhel-
lung der Apparate: — 18. Galvanometer. — 19. Tangentenbussole. —
20. Variometer. — 21. Leitungen und Verbindungen. — Die Hauptbeoh-
achtungen: 22. Allgemeines. — 23. Gegenseitige Beeinflussung der In-
atrumente. — 24. Scalenabstande. — 25. Magnetabstande. - 26. Verhült-
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Bestimmung de* Ohm.\^jC',' .(j
nisi von U für Galvanometer und Tangentenbussole,
meterwiderstand in m qmm Hg und Widerstand für die Dttmpfungsbeob-
achtungen. — 29. Galvanometerfunction. — 30. Schwingungsdauer. —
31. M H am Platze der Tangentenbussole. — 32. M H am Platze des
Galvanometers, Horizontalintensitftt und Momente. — 38. Schlussrechnung.
- 34. Bemerkungen.
1. Nachdem ich der Academic der Wissenschaften zu
Berlin eine kurze Uebersicht meiner Untersuchung über den
Werth des Ohm in m/qmm Quecksilber vorgelegt habe, will
ich hier eine etwas ausführlichere Darstellung folgen lassen.
Mit den ersten Vorbereitungen zu der in Rede stehen-
den Untersuchung begann ich zu Darmstadt im Juni 1883,
die Hauptbeobachtungen wurden ebenda im physikalischen
Institut der technischen Hochschule von Mai 1885 bis Januar
1886 ausgeführt Die sehr langwierige Berechnung habe ich,
durch verschiedene Umstände gehemmt, erst vor kurzem in
Halle vollenden können.
Die benutzte Methode beruht auf der gewöhnlich als
„dritte" bezeichneten des Hrn. W. Weber1) mit einer Ab-
änderung, welche ich bereits in meiner ersten Arbeit über
absolute Widerstandsmessung2) eingeführt habe.
Es wird die Dämpfung eines einzelnen kräftigen Mag-
nets durch die ihn eng umschliessenden Windungen eines
Multiplicators beobachtet und die Gaivanometerfunction durch
Vergleichung mit einer Tangentenbussole ermittelt.
Diesmal habe ich aber im Anschluss an Hrn. F. Kohl -
rausch3) und H. Wild4) die Formel so umgestaltet, dass
statt der Bestimmung des Erdmagnetismus und des Träg-*
heitsmoments nur die Beobachtung der .Ablenkung einer
Magnetnadel durch den Galvanometermagnet nöthig wird.
2. Ich beginne mit der Ableitung der Formeln und
nehme dabei zugleich auf die Aenderungen der Horizontal-
intensität und der Temperatur Rücksicht.
1) W. Weber. Abb. d. k. sftchs. Ges. d. Wiss. 1. p. 232. t852.
2) E. Dorn, Wied. Ann. 17. p. 778. 1882.
3) F. Kohlransch, Sitzungaber. der k. bayr. Acad. d. Wiss. zu
München. 13. p. 317. 1883.
4) H. Wild, Abb. der Petersburger Acad. 32. p. 4. 1884.
24
E. Dom.
Die Windungsebene des Galvanometers falle mit dem
magnetischen Meridian zusammen, und es sei:
ff der Ablenkungswinkel des Magnets,
K das Trägheitsmoment desselben,
M sein magnetisches Moment bei Abwesenheit äusserer
Einwirkung,
y und a das in dem Magnet durch die magnetisirende
Kraft 1 inducirte Längs- und Quermoment,
& das Torsionsverhältniss,
Hg die Horizontalintensität am Orte des Galvanometers.
G die Galvanometerfunction,
L der Coefficient der Selbstinduction,
9ft der absolute Widerstand des Galvanometerkreises,
— ein vom Luftwiderstande herrührender Term.
Wird einstweilen von der Veränderlichkeit der Galva-
nometerfunction G mit der Ablenkung abgesehen und y1
gegen 1 vernachlässigt, so gilt, wenn noch der Kürze wegen :
deren letzter Term den Einfluss der Selbstinduction darstellt.
Ist nun weiter X und ^ das log. Decr. für den ge-
schlossenen und geöffneten Multiplicator, T0 die Schwingungs-
dauer für den letzten Fall, so folgt1):
(3) *w=^y^-^-^'°y^\-
Weiter sei 1 Ohm = 1010 mm . sec-1 = m m/qmm Hg und
SR = W m/qmm Hg, also:
dt
(1) 9tt = M + (;--«) H9
gesetzt wird, die Differentialgleichung1):
und es werde zur Abkürzung gesetzt:
1) E. Dorn, Wied. Ann. 35. p. 192. 1888.
2) Vgl. E. Dorn, Wied. Ann. 22. p. 266. 1884.
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Bestimmung des Ohm.
25
(5) (Z.+ 10-10-//»).
so kann aus (3) gezogen werden:
2.10".AJ2
Um die Galvanometerfunction zu bestimmen, werde ein
mit Hülfe einer Tangentenbussole gemessener Strom 3 zwi-
schen dem Galvanometer (Widerstand wg) und einem Neben-
schluss tr„ verzweigt. Ist der das Galvanometer durchlaufende
Zweigstrom i und die Ablenkung desselben <p< so ist:
(8)
(10) 3= ^A(l +/9sin*^)tgf|i.
wo in (10) der Index T au H die Beziehung auf den Ort
der Tangentenbussole andeutet, während der obere Strich
wegen einer etwaigen zeitlichen Aenderung gegen den Zu-
stand während der Dämpfungsbeobachtungen hinzugefügt ist.
Die Bedeutung von A und ß ist:
wenn A den Kadi us der Tangentenbussole, / den Polabstand
ihres Magnets, & das Torsionsverhältniss , v die Zahl der
Windungen, b die Breite derselben bezeichnet.
Für den statischen ErapfindlichkeitscoSföcienten p'=q r /
ergibt sich wegen (9) und (10):
K ' WnT)~tg0 «cB A(t+^sin»<*>)'
ferner kann (8) geschrieben werden:
(13) G^^,(\ + e){p'HT').
1) ZT ist sonach der Coefficient der Sel1>stinduction (einschliesslich
der Röckwirkung des indacirten Quermomentes) in sec. X m'qmtn Hg.
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26
E. Dorn,
Wenn nun bei den zeitlichen Aenderungen der Horizon -
talintensität das Verhältniss ///, HT' constant bleibt — was
für die kurzen in Betracht kommenden Zeiträume hinreichend
nahe zutrifft — , so folgt aus (13) mit Rücksicht auf die Un-
veränderlichkeit von G, dass auch (p Ht) constant bleibt,
und die Formeln {12) und (13) auch ohne den Strich geschrieben
(Verden können.
Zur Elimination von K aus (7) dient die Beobachtung
der Schwingungsdauer T0" bei geöffnetem Multiplicator, für
welche die Gleichung gilt:
7» "2 _ (n* *
worin die Zufugung des Zeichens " wegen der Aenderungen
der Temperatur und Horizontalintensität nöthig war. End-
lich wirke der Galvanometermagnet (Polabstand 2ax) in der
ersten Hauptlage nach Gauss auf das an seinem Platze be-
lassene Magnetometer der Tangentenbussole1) (Polabstand 2 a)
aus der Entfernung r und erzeuge die Ablenkung u», so ist:
wo der Kürze wegen:
U6)
p2 = 2öj2— 3a2(l — 5 sin2tr")»
p% — 3er,4 — 15ö2aj2 (1 — 5 sin8 1/')
+ '>4(1 - Hsin2^ + 21 sin».
Aus den Formeln (7), (13) (ohne Index geschrieben), (14),
(15) folgt:
2.1010 HT SIT,' p
wenn:
r- A* TV* iJTTO " X,"
~ K T0 1k- ffg HT'"' '
Wird in F noch gesetzt:
1 1 Zur Con t role wurde eine entsprechende Beobachtung mit einem
anderen Hülfsmagnet am Orte des Galvanometers gemacht.
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Bestimmung des Ohm. 27
zy _ , [je- Sg «
r0 [/ a' "/// « "
so geht diese Grösse Uber in:
A"'v, W ^. J^S. ZTT" ♦
oder wenn wieder die zeitlichen Aenderuogen von // an den
verschiedenen Orten gleich angenommen werden und das Ver-
hältniss der ÜH durch das der M ersetzt wird:
(18, F-^F., F, - *',« ,
sodass also Fx den Correctionsfactor wegen der Aenderungen
der Temperatur end Fz den wegen des Erdmagnetismus
bedeutet.
Ist nun / die Temperatur des Magnets und:
ferner v der Stand, t die Temperatur des Intensitätsvario-
meters und die relative Aenderung von H gegen einen Nor-
malwerth H0 gegeben durch1):
so werden die beiden Correctionsfactoren:
'20)
Es ist schliesslich noch anzugeben, in welcher Weise
unter Benutzung der grundlegenden Untersuchung des Hrn.
K. Schering2) die Abhängigkeit der Galvanometei function
und des log. Decr. von der Amplitude in Rechnung gezogen
wurde.
In den Formeln (3), (ö), (7) ist zunächst das log. Decr,
auf unendlich kleine Amplituden zu reduciren und für G der
entsprechende Werth G0 zu schreiben.
Das Decrement für unendlich kleine Amplituden in brig-
gischen Logarithmen folgt aus zwei successiven Bogen nach:
1) Vgl. F. Koblrausch, Wied. Anu. 19. p. 140. 1883.
2) K. Schering, Wied. Ann. 0. p. 287. 1880.
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28
E. Dorn.
(21) ^'-logbriggj +^W'
wo -SV eine von dem log. Deer, abhängige Grösse ist.1)
Ferner gentigt zu setzen:
sodass (nach Weglassung des Striches) aus (12) sich ergibt
<23) (A «r)-^ +
tg 0 «. A (t + ,f »in »<J» (l-i, v»)
und nach (13):
(24) C„- + »)(/..»,).
Demnach geht die Formel (17), wenn A0* gegen ver-
nachlässigt wird, über in:
2.10»iTr SlT9FxFt
(25) ™ - "^i- — r-J-
^(/>0j?T)^-^ + r-«ja + ö)
und es sei daran erinnert, dass Si aus (6), {p0H^ aus (23),
M'" I Ht" aus (15) zu entnehmen ist, wahrend Fl und
durch (20) definirt sind.
HT und //, sind diejenigen Werthe der Horizontalinten-
sit&t, welchen die Magnete innerhalb der Apparate unter-
worfen sind.
3. Ort der Beobachtungen. Abgesehen von wenigen
Hülfsmessungen sind sämmtliche Beobachtungen im nord-
östlichen Saale der Technischen Hochschule zu Darmstadt
angestellt, dessen drei Fenster nach Nord (mit einer kleinen
Abweichung nach Ost) liegen. (Vgl. den Situationsplan
Fig. 7.)
Die unmittelbar angrenzenden Zimmer, sowie der darunter
liegende Keller gehören ebenfalls zum physikalischen Institute.
Vor Beginn der Beobachtungen wurde aus allen diesen Räu-
men das störende Eisenzeug, insbesondere die eisernen Oefen
herausgeschafft8)
\) Ueber die Bedeutung von X' vgl. Wied. Ann. 17. p. 781. 1882.
2) Wegen 17' 8. 1. c. p. 780.
8) Die Ingangsetzung der etwa 15m entfernten electrodynamischen
Maschine veränderte die Horusontalintensität auf dem östlichen Fenster
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Bestimmung des Ohm.
29
Zur sicheren Aufstellung der Apparate dienten fünf auf
das Kellergewölbe aufgemauerte Steinplatten (Fig. 7 Sx
Von der Festigkeit derselben habe ich mich wiederholt
überzeugt, indem ich auf den Apparaten eine Glasscala
anbrachte und mit einem stark vergrössernden Fernrohr
betrachtete, wahrend eine andere Person sich auf den Platt on
und in ihrer Nahe bewegte.
Störungen von aussen waren wahrend der Zeit der ent-
scheidenden Beobachtungen (Abends von 7 Uhr an und Sonn-
tag Nachmittags) äusserst selten und machten sich zudem
an den fortlaufend abgelesenen Variationsinstrumenten sofort
bemerklich, sodass eine verdächtige Beobachtung gleich wie-
derholt werden konnte.
4. Bei der Herstellung der Apparate richtete ich
mein Augenmerk auf die Vermeidung oder wenigstens mög-
lichste Herabsetzung magnetischer LocaleinflUsse.
Wenn man bei der Auswahl des Materials auch nur
eine massige Sorgfalt anwendet, gelingt es leicht, permanenten
Magnetismus auszuschliessen , schwieriger ist das fur indu-
cirten Magnetismus. Um diesen zu erkennen, genügt es nicht,
den zu untersuchenden Körper einer schwachen Magnetnadel
zu nähern, sondern man muss denselben so dicht wie möglich
an einen möglichst kräftigen Magnet heranbringen.
Ich bediente mich bei diesen Untersuchungen eines zu
einem Plath'schen Astasirungsapparate gehörigen Magnets
mit quadratischem Querschnitt, dessen Feld an der benutzten
Stelle (der Längsseite gegenüber nahe dem Ende) nach Mes-
sungen von Hrn. Sivert Rasmussen dicht an der OberHäche
und 8 mm von derselben entfernt etwa das Ü00-, resp. 800-fache
der Horizontalintensität betrug.
Der mit einem Spiegel versehene Magnet hing an einem
Drahte von der Decke herab und wurde mit dicken Platten
von Electrol) tkupfer so umstellt, dass seine Bewegung aperio-
disch wurde, während die zu prüfenden Gegenstände dem
uoch nicht um 0,0, l ihres Werthes, also waren von der ruhenden Ma-
schine Störungen nicht su besorgen.
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Hi)
K. Dorn,
einen auf einer Seite frei gelassenen Ende bis auf 2 mm und
weniger genähert werden konnten. Die Vorrichtung war
ausserordentlich bequem und auch hinreichend empfindlich,
da ich z. B. durch Electrolytkupfer mehrfach eine Abstossung
von 2 Scalenth. und darüber bei etwa 2,5 m Scalenabstand
erhielt x)
Da alle Kupferdrähte, welche ich käuflich mir verschaffen
konnte, sich magnetisch erwiesen, war ich genöthigt, eigene
Versuche zur Erzitlung eines unmagnetischen Drahtes zu unter-
nehmen.
Die Herren F. A. Hesse Söhne in Heddernheim und
W. G. Otto in Darmstadt, denen ich auch an dieser Stelle
meinen Dank ausspreche, stellten mir die nöthigen Hülfsmittel
und Arbeitskräfte zur Verfügung, und nach längeren Be-
mühungen, während deren wohl 300 kg Kupfer durch meine
Hände gegangen sein mögen, gelang es mir, unmagnetischen
Kupferguss und Draht zu erhalten.
5. Galvanometer. Die für das Galvanometer erfor-
derliche Drahtmasse, etwa 20kg, wurde von Hrn. Obermaier
in Nürnberg mit weisser Seide besponnen, und es zeigte sich
der Draht vor dem Aufwickeln wie auch das fertige Instru-
ment schwach diamagnetisch (0,4—2,0 mm Abstossung).
Der aus Mahagoniholz gefertigte Rahmen Hess für den
Magnet einen Raum von 246 mm Länge und 55,5 mm Höhe
frei, die Holzdicke war nahe 10 mm, die entsprechenden
Dimensionen aussen waren 266 mm und 76,3 mm, während
die Breite des Wickelungsraumes 115 mm betrug.
Hierauf wurden zunächst 18 Lagen von je 50 Windun-
gen (eine Lage besass nur 49) aufgewickelt und darüber
noch eine abgesonderte Lage von 48 Windungen, welche spä-
ter dazu diente, den Magnet in Bewegung zu setzen oder zu
beruhigen.
Der Widerstand der inneren 899 Windungen und des
Drahtrestes zusammen war 3,908 S.-E., während (auf gleiche
1) Ein noch empfindlichere*), technisch brauchbaren Apparat mit
astatiachem Doppelmagnet hat nach meinen Angaben ilr. E. Hart-
mann in Bockenheim für Hrn. W. G. Otto in Darmstadt conatruirt.
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Bestimmung des Ohm.
31
Temperatur reducirt) der Draht vor dem Aufwinden 3,883 8.E.
besessen hatte. Ein Isolationsfehler war also jedenfalls nicht
vorhanden; der geringe Mehrbetrag von 0,025 S.-E. erklärt
sich ungezwungen aus der Dehnung und Härtung des sehr
weichen Drahtes beim Wickeln.
Der Isolationswiderstand zwischen Haupt- und Neben-
draht war etwa 5. 106 S.-E.
Die Spiegelfassung, welche mit einer Schraube den Stein -
heil' sehen Planparallelspiegel genau vertical zu stellen er-
laubte, und der Magnetträger waren aus Electrolytkupfer ge-
fertigt und magnetisch indifferent
Die Fussschrauben und Klemmen für die Drahtenden,
obwohl aus demselben Material, zeigten, ganz nahe an den
Untersuchungsmagnet gebracht, einen geringen Magnetismus
(bis 2 mm Anziehung), erwiesen sich aber auf 4 — 5 cm Ent-
fernung — und so nahe kommen sie an den Galvanometer-
magnet nicht einmal heran — ganz wirkungslos. Die Zu-
satzgewichte zur Bestimmung des Trägheitsmomentes bestan-
den aus diamagnetischem Messing.
Der Magnet1) (hohl, mit „4" bezeichnet) war aus meh-
reren ausgewählt; seine Länge war 209,97 mm, der innere
und äussere Durchmesse* im Mittel 8,82, resp. 17.65 mm,
die Masse 298,53 g.
Zur Aufhängung des Magnets diente ein Draht, welcher
*on einem an der Decke befestigten Torsionskreise herab-
hing.
Das Galvanometer war von einem Glaskasten mit Bo-
den von Mahagoni umgeben, wozu vom Herbst 1885 an noch
eine zum Theil doppelte Holzumhüllung kam. Unter dem
Glaskasten stand ein Thermometer innerhalb einer Draht-
rolle aus demselben Drahte, wie das Galvanometer, deren
Durchmesser mit der Dicke der Galvanometerwindungen
Ubereinstimmte. Uebrigens war diese Rolle magnetisch in-
different und ohne Einfluss auf die Dämpfung bei geöffnetem
Multiplicator.
1) Die Magnete 2, 3, 4 waren glashart geliefert, 58 Stunden gekocht,
in einer Magnetisirungsspirale durch den Strom einer dynainoelectrischeu
Maschine magnetUirt and darauf noch 5 Stunden gekocht.
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32
E. Dorn.
Die von der Bespinnung entblossten Enden des Haupt-
drahtes and die Klemmschrauben waren gegen das Holz des
Rahmens und Fußsbrettes durch Elfenbein isolirt.
6. Das Stativ für das Galvanometer (Fig. 8), dessen
sämintliche Holztheile doppelt oder dreifach verleimt waren,
trug auf einem cylindrischen, durch Pressschrauben pp fest-
stellbaren Stiel von 65 mm Dicke die obere rechteckige Tisch-
platte (t), doch wurde letztere so tief gestellt, dass sie auf
den drei kleinen festgeleimten Klötzchen (k) ruhte. Das auf
den Tisch gestellte Galvanometergehäuse sammt Multipli-
cator konnte also leicht um eine Verticalaxe gedreht
werden.
Der untere feststehende Theil des Stativs war noch mit
den seitlichen, durch schräge Stützen versteiften Ansätzen a a
(77 mm hoch, 64 mm breit) versehen, welche einschliesslich
des runden Stückes m eine Länge von 3 m hatten.
Auf m war (zwischen den Klötzchen k durchgehend und
dünner als diese) eine viereckige Glasplatte mit einem Loche
in der Mitte festgekittet, auf den Ansätzen lagen Spiegel-
glasstreifen, mit der mittleren Glasplatte durch übergeleimte
Glasstücke verbunden und gegen seitliche Verschiebung durch
Stifte von Kupfer geschützt.
In dieser Weise war eine zusammenhängende Glas-
belegung hergestellt, welche, in der Mitte befestigt, sich nach
beiden Seiten bei Temperaturänderungen frei ausdehnen
konnte.
Auf die Glasstreifen wurden die Lager für den Magnet
zum Zweck der Ablenkungsbeobachtungen aufgekittet Die-
selben bestanden aus einem Brettchen mit eingehobelter drei-
eckiger Rinne und einer quer über dieselbe festgeleimten
Glasplatte, an welche der in der Rinne ruhende Magnet von
beiden Seiten her angeschoben wurde. Diese metallfreien
Magnetlager schlössen jeden Verdacht einer Störung durch
inducirten Magnetismus aus. Die Höhe der Brettchen war
so bemessen, dass der ablenkende Magnet mit dem jedes-
maligen Hülfsmagnet genau in einer Horizontalen lag.
7. Tangentenbussole. — Die Tangentenbussole hatte
5 Windungen eines blanken Kupferdrahtes von etwa 1 mm
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Bestimmung des Ohm.
33
Durchmesser, der auf eine sorgfältig abgedrehte Scheibe ton
weissem Marmor (Durchmesser rund 497 mm) aufgewickelt
war. Die einzelnen Windungen waren durch einen mit auf-
gewickelten, etwas dünneren Kupferdraht mit Bespinnung
aus weisser Seide voneinander isolirt. Die Enden des eigent-
lichen Drahtes waren durch Löcher im Marmor in einer
Weise hin durchgeführt, welche wohl ohne weitere Erläute-
rung aus Fig. 9 deutlich ist, darin mit Guttapercha fiiirt
und schliesslich nach Umwindung mit weissem Seidenband
lose umeinander geschlungen.
Die dem Prüfungsmagnet in verschiedenen Lagen gegen-
übergestellte Marmerpktte stiess denselben ein wenig ab
(etwa 0 5 mm), war also schwach diamagnetisch.
Eine besondere Erörterung verlangt die Frage, ob nicht
etwa ein merklicher Theil des Stromes von einer Windung
zur anderen durch den Marmor einen Weg findet.
Auf die horizontal gelegte Marmorscheibe wurden zwei
mehrfach gefaltete Stanniolstreifen von 10 cm Lange in 2 mm
Abstand fest aufgepresst. Unter Awendung von 4 Chrom-
säureelementen wurde eine Ablenkung von 4,4 Scalentheilen
bei einem Galvanometer beobachtet, welches für dieselben
Elemente und eirien Widerstand von etwa 108 S.-E. einen
Sealentheil Ausschlag ergeben haben würde, also betrug der
Widerstand des Marmors mehr als 26 Millionen S.-E. Zwei
Windungen des Kupferdrahtes stehen sieh nun auf eine Länge
Ton etwa 150 cm in weniger als 2 mm gegenüber, doch be-
trägt mit Rücksicht auf den schlechteren Contact der Mar-
roorwiderstand zwischen ihnen sicher mehr als 1 Million S.-E.
gegenüber etwa l/25 S.-E. einer Drahtwindung, sodass die
Isolation vollkommen ausreichend ist. Zu dem gleichen Er-
gebniss führte ein anderer Versuch, bei welchem die Leitung
durch den Marmor zwischen den Windungen der Tangenten-
busäole und einer auf dem Rande der Scheibe angebrachten
Drahtwindung sich ganz unmerklich ergab.
Auch zwischen den beiden Drähten auf der Marmor-
scheibe bestand eine gute Isolation.
Für die meisten Beobachtungen fand ein Magnetometer
Verwendung, welches nach einem Modelle von Hrn. F. Kohl-
Ann. d. Phy». n. Chem. X. F. XXXVI. 3
34
E. Dorn,
rausch gebaut und, abgesehen von den Fussschrauben aus
Electrolytkupfer, ganz metallfrei war.
Der Magnet, ein Stahlstäbchen von 24,1 mm Länge,
5,7 mm Breite und 0,5 mm Dicke, war auf einen runden Plan-
parallelspiegel von 25,2 mm Durchmesser aufgeklebt, welcher
zugleich als Töpler'scher LuftHügel1) diente. Das flache,
mit Silbernitrat und Schwefelammonium geschwärzte Gehäuse
aus Elfenbein war vorn und hinten mit Plan parallelgläsern
geschlossen und hatte beiderseits bis nahe an den Spiegel
reichende verticale Scheidewände. Dasselbe wurde schwach
diamagnetisch gefunden (etwa 1,2 mm Abstossung).
Wäre der Magnet einfach auf den Spiegel geklebt, so
wäre das Instrument für Ablenkungsbeobachtungen aus der
ersten Hauptlage nach Gauss nicht brauchbar gewesen, da
der Magnet den Spiegel verdeckt hätte. Ich änderte daher
die Construction in der Weise ab, dass ich zwischen Magnet
und Spiegel einen ganz flachen Keil aus Schellack brachte.
Das andere Magnetometer hatte die von Hrn. F. Kohl-
rausch2) angegebene Einrichtung. Der ziemlich dicke Mag-
net war 21,4 mm lang und trug einen besonderen mit Seiden-
papier bespannten Luftflügel. Auf den Gebrauch des dem
Instrumente beigegebenen Kupferdämpfers ist verzichtet.
Die Tangentenbussole stand auf einem ähnlichen drei-
füssigen Stativ mit 8%itlichen Fortsätzen und zusammenhän-
gender Glasbelegung, wie das Galvanometer, nur war die
Tangentenbussole unmittelbar auf die mittlere, etwas grösser
gewählte Platte gesetzt, da ihr geringeres Gewicht dieselbe
nicht gefährdete. Die Spiegelglasstreifen trugen Lager für
den Galvanometermagnet von ähnlicher Einrichtung wie beim
Galvanometerstativ.
Da die zuerst benutzten Magnetlager sich im Sommer
nicht genügend constant erwiesen, wurden für die späteren
Beobachtungen neue angefertigt.
S. Für viele Widerstandsmessungen, insbesondere für die
Vergleichungen kleinerer Widerstände nach der Methode des
I i Beruhigungszeit etwa 20 See.
2) F. Kohlrausch, Wied. Ann. 15. p. 550. 18S2.
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Bestimmung des Ohm
35
übergreifenden Nebenschlusses1) bediente ich mich eines von
mir selbst gewickelten Differentialgalvanometers {DG)
der von Hrn. F. Kohl rausch angegebenen Form, welches
2 x 3285 Windungen besass. Jede Hälfte hatte bei 20° den Wider-
stand 664 S.-E.; bei entgegengesetzter Hintereinanderschaltung
zeigte sich eine Differenz im Betrage von etwa l!9U0 der
Wirkung einer Hälfte, bei entgegengesetzter Parallelschal-
tung war gleich nach dem Wickeln die Differenz fast un-
merklich — etwa V40000 — nahm indessen mit der Zeit stetig
zu und hatte im December 1885 ll9o00 erreicht.5)
Da die Beruhigungsdauer etwas lang war — H bis 7
Secunden — , so erwarb ich später noch ein aperiodisches
Galvanometer (PG) mit Glockenmagnet und Dämpfer aus
Electrolytkupfer, das in längstens 8 See. zur Ruhe kam.
Das gewöhnlich für die Widerstandsmessungen benutzte
Rollensystem hatte etwa 30000 Windungen von 13800 S.-E.
Widerstand.
Uebrigens diente das Galvanometer PG gleichzeitig als
Variationsinstrument fur die Declination.
Für Widerstandsmessungen wurden beide Galvanometer
astasiit, DG zur drei- bis siebenfachen, PG zur doppelten
Empfindlichkeit.
9. Die örtlichen und zeitlichen Aenderungen der Horizon-
talintensität wurden vermittelst eines Localvariometers V
mit vier Ablenkungsmagneten nach Hrn. F. Kohl rausch3)
verfolgt. Das von Hrn. Hartmann in Bockenheim trefflich
ausgeführte Instrument hatte einen Dämpfer aus Electrolyte
kupfer. Ein zweites gleiches Instrument V\ welches Hr.
Prof. Kitt ler zur Verfügung zu stellen die Güte hatte,
erlaubte, bei Vergleichung der Intensität für verschiedene
Orte, die zeitlichen Variationen zu eliminiren.
10. Widerstände. Um bei den Dämpfungsbeobach-
tungen zum Galvanometer bekannte Widerstände hinzufügen
1) P. Kohlrausch, Wied.- Ann. 20. p. 76. 1883.
2) Gegenwärtig (Jnli 1888) etwa ' 1400.
3) S. F. Koblrauscb, Wied. Ann. 1». p. 132 fi. lbS3.
3+
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36
E. Dum.
zu können, habe ich durch Hrn. Mechaniker L. Waibler einen
besonderen Widerstandssatz (fVQ) von 2x0,5 + 9x1 S.-E.
(in Neusilber bifilar gewickelt) anfertigen lassen, bei dem
die Verbindungen nicht durch Stöpsel, sondern durch Queck-
silbernäpfe in Kupferblöcken und Kupferbügel hergestellt
waren, welche einen sicheren Contact von weit geringerem
Widerstande als Stöpsel ergaben. Die Enden der Draht-
rollen waren mit den Kupferblöcken so verbunden, dass
beim Herausnehmen mehrerer aneinander grenzender Bügel
wirklich die Summe derjenigen Widerstände eingeschaltet
wurde, welche durch Entfernen der einzelnen Bügel der
Reihe nach hinzugefügt worden wären.1)
Verwendung fanden noch zwei Siemens'sche Dosen
einheiten, Nr. 2674 vom Nov. 1884, und eine ältere, Nr. 1195.
mit einer besonderen Zuleitungsvorrichtung, bestehend aus
zwei Kupferblöcken mit je zwei Quecksilbernäpfen und je
zwei Klemmschrauben auf Ebonitunterlage.
Zur Vermittelung der Widerstandsvergleichungen mit
übergreifendem Nebenschluss dienten zwei Neusilberwider-
stände {DI und DU s. Fig. 10) aus der gleichen Drahtsorte
wie W Q*-) von etwas mehr als 1 8. E., und ein entsprechen-
der mit etwas mehr als 0,5 S.E. Der bifilar aufgerollte
Draht befand sich unten in einer zugeschmolzenen Glasröhre
von 30 cm Länge und 3,5 cm Durchmesser, seine Enden
waren an 4 mm starke Kupferdrähte angelöthet, welche durch
den Verschlusskork isolirt hindurchgeführt und mit je drei
angelötheten Klemmschrauben aus Kupfer versehen waren.
Absteigende Luftströme in der Röhre wurden durch einen
oberhalb der Löthstellen des Neusilberdrahtes befindlichen
Wattepfropf aufgehalten.
Die Temperatur im Innern der Röhre an der Stelle des
Neusilberdrahtes zeigte sich bis auf höchstens 0,02° tiber-
einstimmend mit der eines umgebenden Wasserbades, auch
wenn dieses 10° wärmer als das Zimmer war. Die von
Ii Vgl. E. Dom, Wied. Ann. 22. p. 566. 1SS4.
2) Von Siemens & Halske bezogen. Na^h Angabe die für Dosen-
einheiten verwendete Diabtsorte
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Bestimmung des Ohm.
37
Hrn. K. Strecker1) hervorgehobenen Uebelstände waren
also durch obige Anordnung beseitigt.
Als Nebenschlussdraht bei der Bestimmung der Gal-
vanometerfunction benutzte ich, wie früher, einen blanken auf
vier Glasstäbe aufgewundenen Neusilberdraht, der, um einer
Erwärmung durch den Strom vorzubeugen, in chemisch
reines Benzol tauchte. Die kupfernen Zuführungsdrähte,
deren Löthstellen ebenfalls in der Flüssigkeit sich befanden,
gingen durch den Ebonitdeckel des Gefasses zu Kupfer-
würfeln von 2 cm Seite mit je zwei senkrecht zu einander
stehenden Bohrungen, in welche schwach conische Kupfer-
stifte eingeschliffen waren. Alle Stifte passten in alle Löcher;
Schraubenmuttern auf dem dünnen Ende erlaubten, die Stifte
fest einzupressen. Die Klemmschrauben für die Drähte
sassen an den dicken Enden der Stifte. Diese Vorrichtung
war gleich vortheilhaft für die Stromverzweigung wie für
eine sichere Bestimmung des Zuleitungswiderstandes bei
Widerstandsvergleichungen.
Durch eine Oeffnung im Deckel war ein Thermometer
eingeführt, durch eine andere ein zum Boden reichendes
Glasrohr, um vermittelst eingeblasener trockener Luft das
Benzol umzurühren. Der zuerst benutzte Neusilberdraht
(Durchmesser 0,5 mm) zeigte eine Zunahme des Widerstandes
mit der Zeit, daher ersetzte ich denselben im Dec. 1885
durch einen anderen stärkeren (Durchmesser 0,7 mm), den ich
zuvor durch den Strom der electrodynamischen Maschine
ausgeglüht und dann noch längere Zeit der Wirkung eines
schwächeren Stromes ausgesetzt hatte. Indessen war diese
Behandlung nur von vorübergehendem Erfolg, und nach
kurzer Zeit begann auch dieser Widerstand zu wachsen.
Endlich standen mir zwei Stöpselrheostaten ( WKX und
WX) und ein Universal widerstand UIVP2) von Siemens &
Halske zur Verfügung, wozu zeitweise noch ein Instrument
1) K. Strecker, Abh. der k. bayr. Acad. der Wim». 16. p. 388. 1885.
2) Dies Instrument lasst eine Verwendung als Wheatstone'sche
Brücke su, wobei man in zwei Zweigen B und C 10, 100, 1000 S.-E. im
dritten A dagegen 1 bis 10000 S.-E. einschalten kann. Der gesuchte
Widerstand ist r r= AC B.
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3S
E. Dorn.
UWE der zweiten Art aus dem electrotechnischen Institute
hinzutrat.
UIVPy WKV WK., und WQ wurden zum Schutz gegen
Temperaturschwankungen in Pappkasten mit einer Watten-
lage von mehreren Centimetern gesetzt und Thermometer
mit ihrem Gefässe bis in den die Rollen enthaltenden Raum
eingeführt.
11. Die Uhr, welche ein Holzpendel besass, wurde mit
einem Chronographen (aus einem Morse'schen Telegraphen-
apparat hergestellt) versehen, dessen Taster nahe dem Platze
des Beobachters sich befand.
Das an der Pendelstange befestigte Platinmesser durch-
schnitt die Quecksilberkuppe fortwährend, auch wenn der
Chronograph nicht gebraucht wurde; die Elemente (zwei
Le clan che) wurden aber nur so lange eingeschaltet, als
für die Zeitbeobachtungen unumgänglich erforderlich war.
Der Gang der Uhr wurde mit Hülfe einer von Hrn.
Prof. Neil construirten Sonnenuhr controlirt, welche den
wahren Mittag, von einem hier gleichgültigen constanten
Fehler abgesehen, mit einer Genauigkeit von ein bis zwei
Secunden zu beobachten erlaubte. Die Extreme des täglichen
Ganges während der Benutzung der Uhr waren -f 1,8 und
— 2,2 Secunden.
Sämmtliche Längenmessungen sind auf ein in meinem
Privatbesitz befindliches, von Hrn. Dr. Pernet in Sevres
berichtigtes Meter bezogen, die wenigen .Wägungen auf zwei
ebenfalls in Sevres berichtigte Quarzgewichte.
Für die Längenvergleichungen wurde ein Comparator
benutzt, auf dessen sehr kräftigem Eisenprisma sich zwei
Mikroskope verschieben Hessen. Entweder wurde ein Sub-
stitutionsverfahren angewendet, nachdem die Mikroskope mit
Ocularscalenmikrometern und mehr oder weniger starken
Objectiven versehen waren, oder auf den zu messenden Gegen-
stand wurde eine berichtigte Glasscala aufgelegt und die
Abstände bis zu den nächsten Strichen mit einem Ocular-
schraubenmikrometer von Zeiss ausgemessen.
Für die Spiegelablesungen wurden ausschliesslich auf
Glas getheilte Scalen von Hart mann in Bockenheim ver-
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Bestimmung des Ohm.
39
wendet; die Scala für das Galvanometer war von Centimeter
zu Centimeter, die fur die Tangentenbussole für jedes zweite
Centimeter berichtigt.
Sämmtliche Thermometer sind mehrfach (Dec. 1883.
April 1885, Dec. 1885) mit einem Thermometer von Fuess
verglichen, welches ich selbst calibrirt hatte.
Schliesslich sei noch erwähnt, dass alle Unterlegschei-
ben fur die Fussschrauben aus Electrolytkupfer bestanden.
Vorbereitende Messungen und Hülfsbeobtichtungen.
12. Widerstände. Zunächst wurden UWP, WKV WK2
unter Berücksichtigung der von mir an anderer Stelle erör-
terten Verhältnisse1) calibrirt, wobei UWE oder UWP als
Wheatstone'sche Brücke diente. Ein Doppelschlüssel mit
Quecksilbercontacten schloss beim einfachen Niederdrücken
zuerst den Zweig mit dem Element, dann die Leitung zum
Galvanometer.
Das angewendete Substitutionsverfahren erhellt wohl am
kürzesten aus einem Beispiel.2)
Zu vergleichen sei WK% 100 mit 100'. In UWP: B= 1000.
T=100, in WKt gezogen 100, Galvanometer
Ruhelage A von UWP 1000 1001
ll 500,0 2) 498,8 3)' 509,25
5) 500,0 4» 498,3
500,0 " 498,3 509,25
1,7/10,95 »0,155, somit AC B = 100,0155.
Ebenso für 100': 100,0858; und nach Commutiren des
Elementes für 100': 100,0862, 100:100,0168. Hieraus im Mittel:
100 + Zuleitung = 100,0162 S. E.
100 -f- Zuleitung = 100,0858 S.-E.
100 = 100 + 0,0696 S.-E.
Wie man leicht übersieht, gehen die Fehler von UWP
in die kleine Differenz nur mit ihrem procentischen Be-
trage ein.
Ein gegen dieses Verfahren geltend zu machendes Be-
1) Vgl. E. Dorn, Wied. Ann. 22. p. 558. 1884.
2\ Vgl. E. Dorn. Wied. Ann. 17. p. 797. 1882.
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4Ü
E. Dom.
denken muss noch erledigt werden. Bei Untersuchung der
kleineren Widerstünde muss 10 gemacht werden, und
obwohl nur 1 Daniell benutzt wurde, könnte die Stromwärme
den Werth von C«= 10 wie die zu untersuchenden Wider-
stände beeinflussen und somit das Resultat fälschen. Zu-
nächst würde sich dieser Einüuss infolge der ganzen Anord-
nung fast vollständig herausheben, wovon ich mich durch
vergleichende Beobachtungen mit 2 nnd 7 Secunden dauern-
dem Stromschlusse überzeugt habe. Ferner ist die Wider-
Standsänderung durch die Stromwärme unter den obwalten-
den Verhältnissen sehr gering, wie aus folgender Beobachtung
sich ergab. UWP wurde als Wheatstone'sche Brücke
geschaltet und B = 1000, 10, A » 1006 gemacht Den
vierten Seitenzweig bildete ein blanker Neusilberdrabt im
Benzol von etwas mehr als 10 S.-E. mit einem Stöpseirheo-
staten im Nebenschluss. Mit Hülle dieses letzteren wurde
der Strom in dem Galvanometer der Brücke für momentanen
Schluss zum Verschwinden gebracht; wenn nun bei längerem
Stromschluss eine Ablenkung eintrat, so konnte diese ledig-
lich von der Erwärmung von 10 C herrühren. Die ent-
sprechende Widerstandsänderung Hess sich leicht aus der
Ablenkung (22,5 Scalentheile) berechnen, welche bei Ver-
mehrung von ^ um 1 S.-E. erfolgte.
Ich erhielt so unter Benutzung von 1 Daniell:
Stromschluss Ablenkung Aenderung von 10 C
10 unmerklich —
20 0,3 Scaleuth. > rju00
40 0,5 1 44O00
60 0,5 „ \iü00
Für ein frisches Chromsäureelement (etwa = 2 Daniell)
war in 40" die Widerstandsänderung Vioooo» woyon m 2 Minu-
ten 2/3 verschwanden, ferner nachdem der Strom viermal je
5" geschlossen und ebenso lange unterbrochen gewesen war,
lj26OO0. Nach dem Joule'schen Gesetz wäre in diesem Falle,
welcher etwa der Sachlage bei den Beobachtungen entspricht,
für 1 Daniell Viooooo zu erwarten.
Schon im Winter 1883/84 erkannte ich die Nothwendig-
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Bestimmung ties Ohm.
41
keit, die Temperaturcoöfficienten der einzelnen Rollen,
— wenigstens der für die Beobachtungen wesentlichen — zu
bestimmen. Zu dem Ende wurde der zu untersuchende
Widerstandssatz in ein anderes Zimmer gebracht, welches
mit dem Beobachtungssaal durch eine Leitung von 0,2 S.-E.
Widerstand verbunden war, und mit einem zweiten, im Be-
obachtungsraume befindlichen Widerstandssatz zusammen in
den vierten Zweig der Brücke geschaltet Die Temperatur
des Beobachtungsraumes wurde möglichst constant erhalten,
wahrend im anderen Zimmer durch Oeffnen der Fenster
niedrige Temperaturen, durch Heizen hohe hergestellt wurden1),
und beidemal immer dieselbe Rolle des einen mit der ent-
sprechenden des anderen Satzes verglichen.
Auf die Temperaturen im Inneren der Kasten wurde
grosse Sorgfalt verwendet Wenn das eingeführte Thermo-
meter nahe die gewünschte Temperatur erreicht hatte, erhielt
der Kasten ausser der gewöhnlichen Umhüllung (Pappkasten
mit Watte) noch eine weitere und wurde mit Schirmen all-
seitig umstellt. Besonders bewahrte es sich, die Apparate
in eine mit trockenen Sägespahnen gefüllte Kiste zu setzen
und oben mehrfach zuzudecken. Mit den Messungen der
Widerstände wurde immer erst begonnen, wenn die Tempe-
ratur im Inneren mehrere Stunden nur um wenige Zehntel-
grade geschwankt hatte. Als Beispiel möge der Gang der
Temperatur bei einer Beobachtung von U W P angeführt
werden:
Zeit: öh20 a. m. v»' 0 10h 10 12h 7' p. m.
Temp.: 27,14° 26,87° 26,57° 26,40°
Beobachtungen 12h30' - lh 37 bei 26,46 bis 26,51.
Zeit: 41' 0' 4h 30" 5h 0'
Temp.: 26,77° 26,81° 26,86°
Beobac htungen 5tl 5' bis 8h 0 bei 26,93 bis 27,04°.
Ueber meine Bestimmungen des Widerstandes der Stöpsel
habe ich schon berichtet; für UWP war der Mittelwert h
1> Im letzteren Falle Hess sich eine sehr gute Teuiperaturregulirung
mit Hülfe der Gasflammen erreichen.
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42
E. Dorn
0,0315>) S.-E. (Extreme 0,0,05 — 0,0327), für #7^0,0^. Den
Widerstand eines der Kupferdrähte, welche die Verbindung
der Messingklötze mit den Drahtrollen vermitteln, habe ich
seitdem genauer zu 0,0350 S.-E. für WKX und UWP über-
einstimmend erhalten. Das Verfahren war folgendes. Seien
z. B. die Widerstände der Drahtrollen 1, 2, 2' allein bezeich-
net mit i0j, wt, w2', die der zugehörigen Stöpsel mit av <r2, <r2'T
endlich die der vier in Betracht kommenden Kupferdrähte
a, b. c, d, so führt eine Vergleichung (nach der Methode
des übergreifenden Nebenschlusses) von 2 und 2' mit einem
Hülfswiderstand auf eine Gleichung der Form:
ir., + b + c + ax + fi2'= w2' + c + (l + fr1 + <r., + e,
während man ähnlich mit 1+2 und 1 -f 2' erhält:
m'j + «*2 + « + <* + tt'i -r w2'+ " + b + c + d + <r2 4-
Durch Vereinigung beider Gleichungen kommt:
2b = ? -
wo « und gemessene Grössen sind. In dieser Weise habe
ich aus jedem der Kästen zwei Drähte untersucht.
Zu nachstehender Zusammenstellung der Angaben über
UWP ist noch zu bemerken, dass die Correctionen g für
10" gelten und die Reduction der Neusilberdrahtrolle allein
auf Vielfache von * = Vicooo a^er *n A enthaltenen Rollen
geben (nach Beobachtungen vom 16. und 17. Dec. 1883). Für
eine andere Temperatur t ist der Widerstand einer Draht-
rolle vom Nominalwiderstande N zu berechnen nach:
wt = m'10 -f ß(t — 10), reap.
ir, = ir10 + U - 10) [ß-y(t +{())].
Von den aufgeführten ßlN und yjN sind die für die
kleineren Widerstände von 1 bis 500 S.-E. nach Beobach-
tungen vom 20. und 22. Febr. 1884 bei etwa 4,6 und 23,3°
berechnet, während die anderen auf Beobachtungen vom
1.. 5., 8. März 1884 bei etwa 4,0, 10,0, 26;8ft beruhen.
1; E. Dorn. Wied. Ann. 22. p. 565. 1884. Zeile 17 u. 18 v. o.
muss es heissen 0,0315; O,o46 ; 0,0,18.
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Bestimmung des Ohm.
43
UWP.
t
ß *
y X
■- -.
^-20ri,
.
1
1
ft nfti £Q
0 ft 3R4
»>
•
ft fWK»m
9
— 0 001 SM
K
in
«
IV»
-0.0069
on
j_ft ftl r,0
50
+ 0,0242
1 ftft
J-ft ft^T
■ 1» ftoq
ft ft H*»fi
1 ( u t
i
200
+ 0.021
0,0.348
500
+ 0|061
0,0,348
0,0S3»0
1000
-0,07
0,0,695
0,0^6
1000
-0,00
2000
-0,01»
0,0,374
0.0,693
0,0,360
5000
-0,11
+ 0,046
0,0,388
0,0498;>
0,0336>
100 5
0.0,352
1000 if
-0,13
+ 0,0037
0.0,382
0,0,613
0,0,370
10 c
0,0,376
100 C
+ 0,050
0,0,353
0.0,384
1000 c
-0,05
0.0,908
0.0336s>
1 Stöpsel <r = 0,üa15: 2 Kupferdrähte 2A « 0,0M0O.
Der thatsächlich vorhandene Widerstand setzt sich zu-
sammen aus demjenigen der Drahtrollen, der durchlaufenen
Kupferdrähte und der steckenden Stöpsel.
Nach dem ursprünglichen Plane der Berechnung der
Hauptbeobachtungen wäre eine Kenntniss der Caliberfehler
von U WP für diese nicht erforderlich gewesen , und daher
habe ich auch die Feststellung derselben in den Jahren°1885
und 1886 nicht wiederholt. Bei der schliesslich durchgeführ-
ten Berechnung stellte sich dies Bedürfniss aber heraus, und
ich habe daher am 30/4. und 1/5. 1887 eine Vergleichung
der in Betracht kommenden Widerstände in Halle vorge-
nommen, deren Ergebniss ich mit den älteren Beobachtungen
zusammenstelle.
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44
E. Dorn.
10
10
20
50
100
100
200
500
i ^Darmstadt) (Halle)
-0,0075
— 0,0069
+ 0,0152
+ 0,0242
+ 0,047
+ 0,039
+ 0,021
+ 0,061
-0,005.'.
-0,0073
+ 0,0214
+0,0236
+ 0,049
+ 0,033
+ 0,010
+ 0,068
D-H
-0,0020
+ 0,0004
-0,0062
+ 0,0006
-0,002
+ 0,006
+ 0,011
-0,007
In Theilen
; des Ganzen
r
-0,00020
+ 0,00004
-0,00031
+ 0,00001
-0,00002
+ 0,00006
+ 0,00005
-0,00001
Abgesehen von den wenig wesentlichen Widerständen
10 und 20 tibersteigen die Differenzen kaum Vsoooo» und dem
entsprechend erhielt ich unter drei der Hauptbeobachtungen,
welche ich auch nach der neuen CalibriruDg berechnete, das
Endresultat zweimal um 1l2000n, einmal um Visooo grösser.
Für WKX sind die Temperaturcoefficienten aus Beob-
achtungen am 2/12. und 3/12. 1883 bei 6,4° und 16,7° be-
stimmt worden. Die CalibriruDg wurde sehr häufig wieder-
holt; angegeben sind hier die Correctionen auf Vielfache von
^«Vio^io De* der Temperatur von 10°. Die Temperatur,
bei welcher die Calibrirung ausgeführt wurde, ist beigesetzt.
Es gelten dieselben Bezeichnungen wie oben.
Dec. 18. Juni 27. Sept. 16. Nov. 20. Dec. 22. Jan. 28. Jan.
1888 1885 1885 ! 18*5 1885 1886 1886 ßjN
10,0° 19,6» 15,3° 8,9° 8,5° 6,9° 9,1°
10 • - - - - - - , -
10 -0,0046 -0,0054 -0,0048 -0,0046 -0,0046 -0,0055 -0,0057 0,0,389
20 +0,0455 +0,0458! +0,0425' + 0,0441 +0,0449 +0,0441 +0,0448
50 + 0,0805 + 0,0721 +0,0755 + 0,0779 + 0,0760 + 0,0698 + 0,0699:
100 -0,035 -0,045 —0,042 -0,044 -0,045 -0,057 -0,057 0,0,407
100 + 0,084 + 0,039 + 0,038 +0,027 + 0,024 + 0,011 +0,012 '
200 - 0,048 - 0,066 - 0,(61 -0,065 - 0,066 —0,088 - 0,087 ,
500 + 0,015 - 0,020 -0,010 [-0,015 -0,018 -0,078 -0,078 0,0,407
1000 + 0,09 + 0,02 + 0,06 '+0,06 +0,06 -0,07 -0,07 0,0,410
1000' -0,34 -0,42 -0,39 —0,39 -0,39 -0,51 -0,53 ,0,0,432
2000 -0,26 -0,38 -0,31 -0,HI -0,31 -0,57 -0,58 0,0,411
5000 + 3,14 + 2,90 +3,20 +3,35 +3,34 +2,66 +2,65 0,0,395
1 Stöpsel es = 0,049, 2 Kupferdrähte 2k = 0,00100.
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Bestimmung des Ohm.
45
Da ^«j-0,0,2 (Dec. 1883) gefunden wurde, so sind
die zu Grunde liegenden Einheiten in dieser und der vorigen
Tabelle fast identisch.
Uebrigen8 war sl = 0,9939 m/qmm Hg 0°.
Vielfache Ausmessungen einzelner Theile von WKX mit
Hülfe des als Wh eats tone 'sehe Brücke benutzten UWP
bei verschiedenen Temperaturen bestätigten die Zuverlässig-
keit der Calibrirung und der Temperatur coöfticienten.
Nebenschlussdrähte. Erster Draht wv
Der Temperaturcoefticient wurde vermittelt, indem der
Widerstand des in Benzol tauchenden Drahtes für Tempe-
raturen von 4,0 bis 29,6° mit Hülfe von UWP ausgemessen
wurde. Die Aenderung des Widerstandes für 1° ergab sich
zu 0,00359 (gemessen in sx = Viorpio» wo lf?io der Widerstand
der DrahtrollelO in WKX). Da es später bei den Hauptbeob-
achtungen auf das Verhältniss von wn zu den Widerständen
in WKX ankam, wurde xcn mit der Rolle 10 von WKX durch
Substitution im 4 ten Brückenzweige von U W P verglichen.
In sx ausgedrückt wurde nach Reduction auf die Tempe-
ratur 10° erhalteu wn =
10. Febr. 1884 9,9634, 3. Aug. 1885 9,9692, 10. Nov. 1885 9.1)727.
27. Mai 1885 9,9659, 3. Oct. 1885 9,9698, 16. Nov. 1885 9,9740,
13. Juni 1885 9.9672, 24. Oct. 1886 9,9691 (?), 19. Nov. 1885 9,9740,
1. Aug. 1885 9,969t, 2. Nov 1885 9,9715, 30. Nov. 1885 9,9757.
Zweiter Drnht u\. Aenderung lür 1° (aus Tempera-
turen zwischen T;3° und 22,2° abgeleitet) 0,00296. Widerstand
von «V fur 10° ebenso wie oben bestimmt:
5. Dec 1885 9,9965, 30. Dec. 1885 9,9976, 13. Jan. 1886 10,0000,
8. Dec. 1885 9,9967, 7. Jan 1886 9,9989. 17. Jan. 1886 10,0010,
10. Dec. 1885 9,9966, 10. Jan. 1886 9,9994, 21. Jan. 1886 10,0006,
27. Dec. 1885 9,9975, 11. Jan. 1886 9,9999, 22. Jan. 1886 10,0008.
Der für die Hauptbeobachtungen geltende Werth von
»rM und tcn' wurde durch Interpolation aus obigen Tabellen
gewonnen.
Uebrigens war der auf Quecksilber bezogene speeifische
Widerstand des Benzols >1.4.1013, und ich habe mich über
zeugt, dass der Draht in Benzol und in Lnft den gleichen
Widerstand zeigte.
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E. Dorn
13. Widerstände in m/qmra Hg (Oc). Wie später noch
ausführlich auseinandergesetzt werden wird, wurde in letzter
Linie der Widerstandssatz HTQ benutzt, um bei den Haupt-
beobachtungen den Widerstand des Galvano meterkreises in
m/qmm Hg auszudrücken. Die beiden Doseneinheiten und
die Drähte DI und DU vermittelten die Beziehung von fVQl
auf (^uecksilberröhren.
Diese habe ich nicht selbst hergestellt, vielmehr hatte
Hr. Prof. F. Kohl rausch die Güte, im April 1884, sowie
im September und November 1885 die Doseneinheit Nr. 2674
und den Draht DI (das erste mal auch DU) durch Hrn.
Dr. Strecker und Hrn. Dr. Kreichgauer mit den in
Würzburg construirten Normalquecksilberröhren vergleichen
zu lassen.
Die zur Reduction der Messungen erforderlichen Tem-
peraturcoefficienten mögen zuerst angegeben werden.
Von der Drahtrolle, welcher ich später das Material fur
WQ, DI und DU entnahm, wurde ein Stück von etwa
5 S.-E. abgeschnitten, bitilar aufgewickelt und, nachdem die
Enden an starke Kupferdrähte angelöthet waren, in eine
unten zu geschmolzene Glasröhre gesteckt. Indem ich letz-
tere in Eis und Wasser von 15,20° und 30,07° einsenkte und
den Widerstand mit UWP mass, erhielt ich den Temperatur-
coefficienten1) zwischen 0° und 15,20° 0f03378, zwischen 15,20°
und 30° 0,03381, im Mittel 0,03379.
Den Temperaturcoefficienten von DI und DU unter-
suchte ich aber unter Benutzung der Methode des übergrei-
fenden Nebenschlusses3) noch besonders, indem der eine
Draht (in der zugehörigen Glasröhre) in einem Wasserbade
von ungefähr 30 1 blieb, während der andere (aus seiner
Röhre herausgenommen) in Benzol tauchte, dessen Tempe-
ratur von 5.7° bis 23.8°, resp. von 8,5° bis 24,2° durch meh-
rere Zwischenstufen erhöht wurde.
So ergab sich der Temperaturcoefficient für Dl 0,03377,
für DU O;03380 in guter Uebereinstimmung mit dem oben
! Die Grösse $ der Formel irt = tr0 (l + $t).
2) F. Kohl rausch, Wied. Ann. 20. p. 76. 1883.
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Bestimmung des Ohm.
47
für das gleiche Material erhaltenen Werthe. Die Zunahme
des Widerstandes in m/qmm Hg für 1° war bei Dl 0,033748,
bei Dil 0,033809; übrigens wurden die Beobachtungen hier-
durch bis auf Vi oo ooo dargestellt.
Nunmehr Hess sich die entsprechende Messung auch für
die Doseneinheiten ausführen. Dieselben wurden (mit über-
greifendem Nebenschluss) mit dem im Wasserbade befind-
lichen DU verglichen und die Temperatur des Zimmers
durch Heizen gesteigert (13,6° bis 24,8°). Für 1° wuchs der
Widerstand von Nr. 1195 um 0,033128, von Nr. 2674 um
0,033822. Auch hier stimmen die hiermit berechneten Werthe
bis auf etwa Viooooo mit den Beobachtungen.
Bezüglich der Zuverlässigkeit der Methode des über-
greifenden Nebenschlusses will ich noch hinzufügen, dass ich
sehr häufig das Verhältniss zweier Widerstände direct und
dann durch Vergieichung mit einem dritten ermittelte, wobei
die Abweichung im Mittel ebenfalls Viooooo betrug.
Die Art der Contactanlegung an die Doseneinheiten
bedarf noch einer kurzen Erörterung. Bekanntlich sind die
Enden des Neusilberdrahtes an kräftige, vierkantige Messing-
stäbe angelöthet, welche an einer Seite Klemmschrauben, an
der anderen amalgamirte Kupferstifte tragen. Beim über-
greifenden Nebenschluss sind nun zwei Drähte zur Strom-
zuleitung erforderlich, zwei andere führen zum Galvanometer,
und gemessen wird der Widerstand zwischen denjenigen
Stellen, an welchen sich die Leitung zum Galvanometer ab-
zweigt Es sind nun drei wesentlich verschiedene Schaltungen
möglich, welche schematisch (Fig. 11 I, II, III) dargestellt
sind. Bei I misst man den Widerstand des Drahtes allein,
bei II kommen noch die Stücke bc b'c\ bei III ab ab'
hinzu. Ich selbst bediente mich fast ausschliesslich der
Schaltung II; da aber Hr. Dr. Strecker und Kreichgauer
zum Theil nach I und III gemessen haben, musste der Unter-
schied festgestellt werden.
Indem ich von den betreffenden Stellen einen Zweig-
strom nach einem empfindlichen graduirten Galvanometer
ableitete, fand ich (in S.-E.) bei Nr. 2674:
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48 E. Dom.
a 6 = 0,0,086, h c ~ 0,03066, a c * 0.0,149, (a /> + A c * 0,0,152).
a b = 0,0^060 , A c * 0,0, 1 12, a r = 0.0,171, I a b' + b c = 0,0,172).
0,03146 "0.0,178
andererseits als Differenz einer Vergleicbung mit DU für
die Anordnungen I und II aui 7. Dec 1885: Ö,03173. am
25. und 26. Jan. 1880: 0,0,180, mit dem obigen bc + b'c fast
identisch.
Vor und nach der Uebersendung nach Würzburg wurden
die betreffenden Stücke mit der alten Doseneinheit Kr. 1195
▼erglichen, welche in Darmstadt blieb. Um die Ueberein-
stimmung der Temperaturangaben zu sichern, schickte ich
ein in Zehntelgrade getheiltes Thermometer mit, dessen
Correctionen ich bestimmt hatte.
Als Ergebnis8 seiner im April 1884 vorgenommenen
Vntersuchung theilte Hr. Dr. Strecker Folgendes mit:
1. Doseneinheit Nr. 2674 (für ll^0)1) verglichen mit
Normaleinheit
Nr. 7: 0,9971 m qmm Hg (0°).
Nr. 26: 0,9971 „ „ „ ;
2. Nr. 2674: (1 1,38°) « D 7(11,15°) - 00020,
Nr. 2674: (11,41°) « Dll{\ 1,27°) - 0,0100;
3. Dl und Dil verglichen mit Quecksilberrohr Nr. 2:
D 7(11,13°) 0,9992 m, qmm Hg (0°),
#7/(11.06°) = 1.0072 m /qmm Hg (0").
Mit Benutzung der mitgetheilten Temperaturcoefhcienten
entstehen hieraus die Gleichungen für 10°:
1. Nr. 2674: (10°) = 0,99657 m/ qmm Hg (0°),
2. Nr. 2674: (10°) = D 7(10°) - 0,00210.
Nr. 2674: (10°) = D 7/(10°) - 0,01005:
3. D 7(10°) = 0.99878 m/qmm Hg (0°).
D 77(10") = 1. 00680 m/ qmm Hg (0°).
Durch Combination von 2. und 3. folgt:
Nr. 2674: (10°) = 0,99669 m/qmm HgfO*;
Nr. 2674: (10°) = 0,99675 ra qmm Hg (0°j
und im Mittel von 1. und dieseu Werthen:
Nr. 2674: (10°) = 0,99667 ± 6 m qmm Hg(Ü°;.
n Die Temperaturen siiui bereits c<>rrigirt.
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Bestimmung des Ohm.
49
Da aber Hr. Strecker nach der Schaltung III mass, so
ist zur Reduction auf Schaltung II noch hinzuzufügen 0,0432,
sodass endlich:
Nr. 2674: (10°) 0,99670 m /qmm Hß (0°) .
Ferner war von mir beobachtet:
23. März 1874: Nr. 1195 1 10°) = Nr. 2674(10°) + 0,001 825
7. Mai + 0,001 79t»
1. Juni + 0,001 803
Mittel + 0,001 8<W
± 11
Hieraus geht hervor, dass eine die Grenzen der Beob-
achtungsfehler überschreitende relative Aenderung der beiden
Doseneinheiten nicht erfolgt war, und der Widerstand der
Nr. 1195 (10°) : 0,99851 m /qmm Hg (0°) betrug.
Hingegen waren DI und Dil nicht unverändert ge-
blieben, vielmehr wurde für 10° erhalten:
DI — Nr. 1195 Dil - Nr. 1195
23. März 1884 + 0,00001 + 0,00802
7. Mai + 0,00023 + 0,00824
l. Juni + 0,00035 + 0,00844.
Im Sept. und Nov. 1885 ist dann Nr. 2674 und DI
von Hrn. Dr. Kreich gauer sehr sorgfältig mit dem Normal-
quecksilberrohr Nr. 2 verglichen worden.
Der Widerstand des letzteren bei der Temperatur T
des Luftthermometers wurde berechnet nach1):
WT=<sTCL£ \L+a(ri +r2)].
Hierin bedeutet <rr den specifischen Widerstand des
Quecksilbers für T°, C eine vom Caliber der Röhre
abhängige Constante, L die Röhrenlänge, M die von ihr
gefasste Quecksilbermasse, D die Dichtigkeit des Queck-
silbers, rl und r2 die Radien der Endquerschnitte (L, M1 D,
rv r2 für die Temperatur T geltend), a =* 0,80 die Ausbrei-
tungsconstante.
C bestimmte Hr. Kreichgauer nach den Beobachtungen
von Hrn. Strecker vermittelst der Constanten der beiden
besten Röhren 3 und 5 zu 1.00716, während eine zweimalige
1) K. Strecker, Wied. Ann. 25. p. 269. 1885.
Ann. <L Phy». u. Chem. N. P. XXXVI. 4
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50
E. Dorn.
Calibrirung 1,00714 lieferte. Der erstere Werth ist weiter
benutzt.
Werden noch die Dimensionen durch die für 12° gelten-
den Werthe ausgedrückt und Lvl = 1,20675, D12 = 13,5665
eingeführt, so ergibt sich:
WT = 10,9137 (1 - 0,05H [T - 12)),
worin für die erste und dritte der vorgenommenen Rohr-
füllungen der Mittelwerth Mv, — 20.10575 g der gemessenen
Werthe 20,1058 und 20,1057* für die zweite, wo die Ent-
leerung des Rohres misslang, der Strecker'sche Mittel werth
20,1053 einzusetzen ist.
Muss bei Vergleichung des Quecksilberrohres mit einem
Widerstande y dem ersteren ein Nebenschluss vom Be-
trage N gegeben werden, so ist:
wT+y~~ 1 nrT+ y
Etwas ausführlicher will ich nur die wichtigsten Ver-
gleichungen, die von Nr. 2ü74 im Nov. (3 — 13; , mittheilen.
Nr. 2674.
Beul.
T 7i- 1 ' „ ! ^«rlO° Für 10°
i /L "T ~\if~ 1 V Qu««k- Für/0 !?on Kommen ^
Luftth. 1 *r T + .\ 17,hwth_ ab Draht allein
1 12,64 1,001 785 0,003 030 11,89 0,997 841 0,997 1 19 i 0,996 973
2 11,56,1,000 810 31*3,11,31 0,997 612 0,997 111 I 0,996 965
3 11,62,1,000 862 3277 11,20 0,997 5H0 0,997 121 , 0,996 975
4 11,75 1,001 011 3097 12,18 0,997 908 0,997 075 0,996 929
5 11,79 1 1,001 046 8 295 11,73 0,997 744 0,997 083 0,996 987
6 ' 11,85 1,001 100 3 120 12,69 0,997 974, 0,996 94«
7 U,8y 1,001 136 3 269 12.48 0,997 860 ' — 0,996 931
8 12, 03 1,001 261 3 383 12,42 0,997 869 0,996 944
9 11,56 1 1,000 832 3 423 11,24 ,0,997 404^ — 0.996 930
10 11,24 1,000 533 . 3 117 11,18 0.997 41JT — 0,996 962
11 11,25 1,000542 3094 11,21 0,997 444 - 0,996 982
12 11,19 1, 000 488 3 084 11,00 0.997 401 0.997 019
13 ; 11,19 l,0uü488 3 107 11,03 0,997 378 — 0,996 984
Unter 1 \{WT + N) ist der Mittelwerth für die vier Com-
mutator Stellungen l) angegeben; Beob. 1—3 ist mit Füllung 1
1) Vgl. F. Kohlrausch, Wie«!. Ann. 20. p. 76. 1883.
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Bestimmung des Ohm.
51
— bereits benutztes Quecksilber, — ßeob. 4 — 9 mit Füllung 2,
Beob. 10 — 13 mit Füllung 3 — beidemal frisch destillirtes
Quecksilber — angestellt. Bei 1 — 5 wurde von den Klem-
men aus (Schaltung III) 6—13 der Draht allein (Schaltung I).
Der Widerstand des Drahtes allein folgt:
aus 1 —3 0,996 97 1 ± 4 m / qmm Hg (0°)
4-9 0,996 936 ±6 - -
10—13 0.996 987 ±8 v v „
Hauptmittel 0,996 965 ± 19 m/qmm Hg (0°)
und nach Anbringung der. Reduction auf die von mir be-
nutzte Schaltung II :
Nr. 2674 (10°) = 0,997148 m/qmm Hg (0°).
Die beiden am 5. bis 7. September mit schon benutztem
Quecksilber ausgeführten Messungen ergeben auf die Schal-
tung II reducirt:
Nr. 2674 [10°) = 0 997 054 m/qmm Hg (0°),
also etwa Vioooo weniger.
Für DI(\0°) lieferten acht mit den Füllungen 2 und 3
der Normalröhre im November angestellte Beobachtungen
im Mittel 1,0,20 m/qmm Hg (0°), ferner eine directe Ver-
gleichung am 13. November:
Dl (11,13°) - Nr. 2674 (11,13°) x 1,00323,
woraus mit Benutzung der Temperaturcoefficieuten folgt
Schaltung I):
Nr. 2674 (10°) = 0.996 965 m/qmm Hg (0°),
zufällig identisch mit dem Mittelwerthe, den die unmittelbare
Beziehung auf die Normalquecksilberröhre ergeben hatte.
Jedenfalls geht aus dem Ganzen die grosse Genauigkeit
and Zuverlässigkeit der Messungen von Hrn. Dr. Kreich-
sjauer hervor.
Nun hatte ich beobachtet:
Nr. 1195 (10°j - Nr. 2674 (10°)
6. Juli 18S-, 0,001 52
0,001 509 1 0Ü0M99
0,001 489 | U'ÜUI 4yJ
4*
21. November 1885
22. November 1885
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52
E. Dorn.
Wird für die Zeit der Würzburger Beobachtungen im
November 1885 die Differenz 0,001 500 angenommen, so folgt
für diese Zeit:
Nr. 1195 (10°) - 0,998 643 ni/qnim Hg (0°).
Dieser Werth weicht von dem im April 1884 erhaltenen
(0,99851) nur um etwa Vaooo aD> kaum mehr, als der mögliche
Fehler der Streck er' sehen Beobachtungen beträgt.
Da nun die Hauptbeobachtungen, welche allein die Kennt -
niss von Widerständen in m qmm Hg erfordern, in die Zeit
vom 31. Mai 1885 bis 19. Jan. 1S86 fallen, so sehe ich die
alte Doseneinheil Nr. 1195 als unverändert an und berechne die
übrigen Widerstände unter dieser Voraussetzung.1)
Um das Verhalten der anderen Drähte übersichtlich zu
zeigen, stelle ich in folgendem Täfelchen für 10° die zu
verschiedenen Zeiten beobachtete Differenz der beiden Dosen-
einheiten, sowie die Werthe von DI und DU in m/qmm Hg
1) Die Doseneinheit Nr. 2674 ist auch im Laboratorium der
Herren Siemens und Halske in Berlin untersucht worden. Dieselbe
trägt die Aufschrift „Richtig bei 19,5° C, Februar 1884, n = 0,0,37".
Als Resultat einer am 11. März 1886 vorgenommenen Vergleichung wurde
angegeben: „Nach dorn der früheren Messung zu Grunde gelegten Werth
unserer Nonnalwiderstände i^t jetzt Dose 2rt74 richtig bei 19,l°C. « = 0,0,37.
Nach dem jetzigen Werth der Normalen, bei welchem der Ausbreituug?.-
widerstand nach Lord Rayleigh in Rechnung gezogen ist, ist die rich-
tige Temperatur 19,7° C."
Berechne ich hieraus unter Benutzung des von mir erhaltenen Tem
peraturcoöfficienten 0,0,382 den Widerstand für 10°, so folgt dieser Febr.
1884: 0,99637, März 1886: 0,99652, resp. 0,99629 „Siemens'sche Einheiten"
und weiter durch Vergleichung mit den eben angegebenen Resultaten der
Herren Strecker und Kreichgauer:
Febr. 1884. 1 „S.-E." = 0.99670 0,99637 = 1,0,33 m/qmm Hg (Strecker)
März 1886. 1 „S.-E." = 0,99714/0,99652 ^ 1,0,62 „ „ (Kreichgauen
resp. = 0,99714 0,99629 = 1,0385 » » »•
Der erste Werth stimmt sehr nahe mit der Angabe von Hrn. Strecker
(Wied. Aun. 25. p. 485. 1885) ,,1 S.-E. (gegenwärtig im Gebrauch l
= 1,0,27 m qmm Hg 0° (Strecker l"; die beiden anderen finden ihre Er-
klärung in einer Mittheilung vou Hrn. Dr. O. Frölich vom 23. Sept
1886, wonach sich die Normalrulle, mit welcher die Doseneinheiten
bestimmt werden, seit 1884 bedeutend geändert hat und etwa \i9„
höher ist.
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Bestimmun ff des Ohm.
53
zusammen, indem ich bei letzteren für das Jahr 1884 die
Strecker'sche, für 1885/1886 die Kreichgauer'sche Mes-
sung zu Grunde lege.
Datum
Nr
* ~ • ,
m/qmm Hg
1 1 QS. OCT A
DI
DU
23. März 1884
+ 0,001 825
0,99852
1,0065 <
7. Mni
0,001 799
J ,UUü 1 0
1,00676
8. Mai
0,99873
31. Mai
_
0,99883
1,00688
1. Juni
0,001 803
0,99886
1,00694
3. Juni
0,001 750
1, Of '691
19. Juni
0,001 777
1,00704
4. Juli
1885
0,001 55
0,99998
1,00811
6. Juli
0,001 52
1,00811
").— 7. Sept.
1,00008
? Nov.
1,00020
21. Xov.
0,001 509
1.00025
1,00841
22. Nov.
0,001 489
0,001 499
7. Dec.
1,00024
1,00839
'25.— 26. Jan.
1886
0,00t 510
0,001 510
1 ,00024
14.— 15. März
1,00027
Eigentümlich ist es, dass trotz des grossen absoluten
Werthes der Aenderungen von DI und DU (0,00175 und
0,00182) dieselben fast parallel verlaufen, sodass die Differenz
Dil -DI, welche am 23. März 1884 0,00805 betrug, am
«. December 1885 0,00815 geworden ist. Allerdings waren
beide Drähte derselben Rolle entnommen.
Um den Widerstand der einzelnen Rollen von fVQ in
m qmm Hg zu erhalten, wurden dieselben nach der Methode
des übergreifenden Nebenschlusses auf die Doseneinheit
Xr. 1*95 bezogen. Hierbei wurde ein Substitutionsverfahren
in der Weise angewendet, dass die Dose wie die Stücke von
fVQ mit DI oder DU verglichen wurden.
Den Temperaturcoefficienten setze ich gleich dem Mittel
der für drei Stücke aus derselben Drahtrolle gefundenen
Werthe:
Stück von 5 S.-E. 0,038794
DI 0,0,3767
DU 0,0,3798
Mittel 0jÖ93786
±13
Nachstehende Zusammenstellung enthält für 10° den
Widerstand der einzelnen Rollen von fVQ in m/qmm Hg,
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54
E. Dom.
und zwar gemessen zwischen den Quecksilbernäpfen in den-
jenigen Kupferblöcken, mit welchen die betreffende Rolle
verbunden war. Unter A ist die Differenz gegen den zehn-
ten Theil der Summe der Widerstande angegeben.
24,'2?8847iFCb*j 20- jM,i 1884
m/qmmHg J i m/qmmHg
0.5, +0,5, I 0,98974 - 250
lu
Ii
1,
1»
1<
h
's
0,99263
0,98928
0.99286
0,99244
0,99648
0,99253
0,99199 j -
0,99206 1 —
0,99239 +
0,99224
+ 39
-296
+ 62
+ 20
+ 424
29
25
18
15
0,99080 —248
0,99361 + 33
0.99028 -300
0,99391 + 63
0,99345
0,99749
0,99359
0,99303
0,99816 j
0,99347
0,99328
+ 17
+ 421
+ 31
- 25
- 12
19
+
* Messung mit Benutzung von
Brücke.
UWP
I.
als
5. Juni
1885*
0,99424
0,99098
0,99471
W heat s tone 'sehr
4. u. 6. Juli 21. u. 22. Nov.
1885
mqmm Hg
1885
m/qmm Hg
0,5, +0,5, 0,99147 -24«
0,99427 + 34
J
7
0.99097 1—296
0,99456 ! +
0,99408
0.99814
0,99424
63
+ 15
+ 421
+ 31
0.9936(5 - 27
0,99380
0,99411
0,99393
0,99174 -247
0,99446 + "J6
0,991221-299
0,994*5 j+ 64
0,99438,+ 17
0,99844 !+423
0,99458 + 38
0,99395 - 26
0,99409 - 12
0,99437 + 16
0,99421 '
Dec. 1885
mqmmHg J
0,99171 -249
0,99453 + 33
0.99121 -299
0,99484 + 65
0,99438 + 19
0,99841 +421
0,99453 + 33
0,99392 -- 27
- 12
+ 15
27. Jan. 188ti
mqmm Hg J
— ~'~ 1 — "
0,99171 -250
0,99453 + 32
0.99121 -30o
0,99484 + 63
0,99438 + 17
0,99843 +42*-'
0,99457 + 36
0,99395 - 26
10
15
0,99411
0,99436
0,99421
den Sommer
- 13 0,99409 - 12 0,99407
+ 18 0,99437 + 16 0.99435
0,99420 |
Zur weiteren Rechnung verwendet sind für
die Werthe vom 4. und 6. Juli 1885, für den Herbst und
Winter das Mittel der Werthe vom November, December
und Januar.
Schliesslich wird derjenige Widerstand gebraucht, wel-
cher durch Herausheben eines Bügels hinzugefügt wird.
Indem ich neben den beiden Enden eines Bügels amalga-
mate Drähte in die Quecksilbernäpfe tauchte und mit einem
graduirten Galvanometer verband, erhielt ich den Wider-
stand eines Bügels 0.0,28 S.-E.
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Bestimmung des Ohm.
55
Ich vereinige noch die durch Herausnehmen der ein-
zelnen Bügel in den Stromkreis eingeschalteten Widerstände
für 10° und ihre Aenderung für 1° Temperaturerhöhung.
0.5, + 0,5,
I
Sommer
m qmm Hg
0,99141
0,99424
0,99094
0,99453
0,99405
0,99811
0.99421
0,99363
0,99377
0,9940?
Herbst u. Winter
m,'i|mm Hg
j r.
I
0,99 1 67
0,99448
0,99118
0,99482
0,99435
0,99840
0,99453
0,99391
0,99406
0,99433
I
0,000
374 0
375 1
373 9
875 2
375 1
376 4
375 1
374 9
375 0
375 0
Eine Vergleichung der zu verschiedenen Zeiten erhalte-
nen Werthe von ljl0 2 zeigt, dass im Mittel der Widerstand
einer Rolle von etwa 1 S.-E. zugenommen hat um 0,00197,
also etwa um ebensoviel wie DI und Dil. Dagegen sind
die relativen Werthe bis auf wenige Hunderttausendtheile
unverändert geblieben, wie aus einem Blick auf die Columne
J sofort hervorgeht.
14. Galvanometer. Um den für einige unbedeutende
Reductionen erforderlichen Temperaturcoefficienten des
Widerstandes zu erhalten, wurde das Galvanometer in einem
Nebenzimmer aufgestellt, dessen Temperatur durch Heizen
verändert wurde, und der Widerstand mit Hülfe des im Be-
obachtungssaal befindlichen UWP gemessen. Als Temperatur
des Galvanometerdrahtes wurde diejenige genommen, welche
ein in die oben erwähnte Drahtrolle (vgl. p. 31) unter dem
Galvanometergehäuse eingeführtes, in Zehntelgrade getheiltes
Thermometer zeigte, und mit den Messungen erst begonnen,
wenn dasselbe mehrere Stunden nur geringe Schwankungen
gezeigt hatte.
Es ergab sich so:
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56 E. Dorn,
Widerstand m/qram Hg.
Zeit t
12. April 1885 6h — p.m. 10,42
13. - m 9 — a.m. 9,81
10 12 p. ni. 19,30*)
14. m » 12 50 p. m. 15,71
> 36 p.m. 16,09
beob.
ber.
!
Diff.
3,5843
3,5851
-0,0008
3,5762
3,5763
-0,0001
3,7114
3,7122
-0,0008
3,6628
3,6608
+ 0,0020
3,6668
3,6663
-r- 0,0005
±0,0008
•) Temperaturen vorher: 3h 45' : 19,16°; 6" 15 : 19,27°; 7h 15 : 19,38°;
8" 0 : 151,38°; 8h30" : 19,34°.
Die berechneten Widerstände sind erhalten nach:
W% = 3,4359 + 0 014 317 t = 3.4359 (1 + 0.004 167 /),
da zur Aufstellung einer quadratischen Formel die Beob-
achtungen nicht ausreichten.1)
Die Bestimmung des Coöfficienten der Selbstinduc-
tion habe ich zweimal nach derselben Methode, aber mit
ganz verschiedenen Hülfsmitteln ausgeführt.
Zunächst wurde ein Ablenkungsversuch nach der Fig. 12
dargestellten Schaltung angestellt. T bedeutet eine Tan-
gentenbussole, G ein Htilfsgalvanometer, JTn einen Neben-
schlussdraht.
Ist A der Reductionsfactor der Tangentenbussole, 0,
ihre Ablenkung, C und <px dieselben Grössen für das Hülfs-
galvanometer, so ist:
Für den Inductionsversuch wurde das Schema der
Wheatstone'schen Brücke (Fig. 13) in der Weise benutzt,
dass das Hauptgalvanometer in einem Seitenzweige rr, sich
befand, während die drei anderen Seitenzweige wv wv w4 von
Selbstinduction merklich frei waren. Der eine Diagonalzweig
1 1 An einer späteren Stelle (vgl. >? 27) sind die gelegentlich der
Hauptbeobachtungen erhaltenen Widerstände von Galvanometer + Zulei-
tung als Function der Temperatur durch eine quadratische Formel dar-
gestellt worden. Berechnet man aus derselben IJ'I0 und 7F20 und hier-
aus wieder eine lineare Formel, so findet man den TeniperaturcoeTfieien-
ten 0,004 202 mit dem obigen (0,004 167 1 bis auf weniger als 1 Proc.
übereinstimmend.
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Bestimmung des Ohm. 57
«rc enthielt das Hülfsgalvanometer, der andere W0 die Bat-
terie, die Tangentenbussole und einen Unterbrecher. Uebri-
gens war die Batterie wie die Tangentenbussole mit einem
besonderen Commutator versehen.
Sind die Seitenzweige so abgeglichen, dass w0 stromlos
ist, so läuft durch das Hauptgalvanometer der Strom:
f27} ;- _ JoiVi+v*) = A tg0.1(u>s + >r4)
1 »r, -f tc, + trs + »r4 ir, + tr , + trs + ir4 '
wo 4>* die Ablenkung der Tangentenbussole ist.
Durch Unterbrechung von J0 tritt infolge der Selbst-
induction in wl eine electromotorische Kraft Hi^ auf, und
darch das Hülfsgalvanometer geht die Electricitätsmenge:
(28)
27 1, (fc4 + tc4l
0 (ic, + cr,)(fra + irj + tr0itr, + «•_. + tr, +• tr4)
Erzeugt dieselbe den ersten Ausschlag <f 2 und bezeich-
nen Ty x, k Schwingungsdauer, log. Decr. und Dämpfungs-
verhältniss, so ist:
(29) V^-qp.A"
Aus den Gleichungen (26) bis (29) folgt:
•J(\ //- I V* tg 01 Wn iU>l+U>*+U'*+V>*) >'l + tfs) (fr-- + «•«) + "'O K + f0* + + «Ol
* V, tg <J>, " ( 'IF; + 1^)1-»,"+ ir4)(ira + tr;)""
■rctg
und zwar in m/qmm Hg x sec. ausgedrückt, wenn die Wider-
stände in Quecksilbereinheiten gegeben sind. Uebrigens kann
9ii<Pi ^urcn das Verhältniss Mj/hj der den Bogen proportional
gemachten Scalentheile, und tg «J^/tg <J>2 durch iVj/iV2 ersetzt
werden, wenn diese auf Tangenten reducirt sind.
Bei der ersten in Darmstadt am 31. August und 5. Sep-
tember 1884 ausgeführten Versuchsreihe war der Magnet aus
dem Hauptgalvanometer entfernt1), die Seitenzweige t<?2 und
«f4 waren Theile eines ausgespannten Platindrahtes, tr3 ent-
hielt den Stöpselrheostaten WKX oder WK%% und das Hülfs-
galvanometer war ein zu einem Erdinductor gehöriges In-
strument von Meyerstein mit astatischem Magnetpaar.
1) Vgl. hierzu p. 2-% Arnn.
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58
E. Dom.
Nachstehende Zusammenstellung enthält die Resultate.
31. August 1884. 5. September 1884.
5
4,0012
4991,3
I 73,52
221,9
-Y« 6,645.10-5
6985,7
129,57
278,7
6,662.10-5
4991,3
74,19
223,0
1,0011
S979.6
129.91
215,05
«985,9
130,69
27^,50
I
Mittel 6,660 . 10 <•
tc, = 3,7150; «?, = 1,4628;
w8 = 3,0452; fr4 = 1,1991 ;
y= 26.903.
6,672.10-5 6,734.10-5 6.724. 10-*
6,729. 10-5
tr, =3,7098; tc„ = 1,3271 :
jru = 3,7440: tcA = 1.3394:
7'= 26,775.
Xfbriqn,
II
0,8137 1,8150 0,8122
515,0 397,0 596,85
66.0«.» 66,18 64,99
0.431*9 0,3647 0,2463
0,1427 0,1421 0,1420
Mittel // - 0,1424
Hauptmittel 7/2)= 0,1421 m qmm Hg x sec
i 2,8020
382,45
«5,14
0,143*
0,1415
0,141 h
Um die Möglichkeit eines groben Irrthums auszu-
schliessen, verglich ich noch den Selbstinductionscoöfficienten
des Hauptgalvanometers mit dem von Hrn. Sivert Ras-
müssen bestimmten Inductionscoefficienten eines kleinen
Inductionsapparates und erhielt so 0,141 m/qmmHg. x sec.
Die Messungen in Halle (Sept. 1887) wurden theils ohne,
theiis mit dem festgelegten Magnet des Hauptgalvanometers
ausgeführt. Hier waren die Seitenzweige w.,} m?s, tc, mit
Hülfe eines Universalwiderstandes hergestellt; zur Abgleichung
diente ein im Nebenschluss von v3 befindlicher Stöpselrheostat.
Als Hülfsgalvanometer wurde ein Wied e man n'sches Gal-
vanometer mit beschwertem Magnet benutzt.8)
1) Mittel aus vier Wcrthen für die vier möglichen Stellungen der
Commutatoren.
2) Hier fehlt noch die Rückwirkung des Galvanometermagnets.
3) Bei dieser Gelegenheit wendete* ich ein Hülfsmittel an, welches
die Messungen, deren Schwierigkeit bekanntlich in der langsamen Be-
ruhigung des Hülfsgalvanometers liegt, ausserordentlich erleichterte. Ein
zweites Hülfsgalvanometer mit rasch schwingendem, stark gedämpftem
Magnet wurde so aufgestellt, das« es durch Umlegen eines Umschalters
statt des ersten in den Brückenzweig eingeschaltet werden konnte.
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Bestimmung des Ohm.
59
Es wurde erhalten ohne den Magnet:
15. September 18S7 0,1421.
17. September 1B87 0,1425 und 0.1422. Mittel 0,142X
Hauptmittel 0,1422 in qmm Hg x .see.
Vergleichende Beobachtungen mit und ohne Magnet am
16.. 17., 18. September 1887 ergaben für die durch Anwesen-
heit des Magnets bedingte Differenz 0.00240. 0,00259, 0,00295
im Mittel 0,00265.1) Diese Grösse zu 0,14215, dem Mittel
der in Darmstadt und Halle ohne Magnet gefundenen "Werthe,
addirt liefert endlich den Coefficient™ der Selbstindnctiun ein-
schliesslich der Rückwirkung des Magnets:
11 = 0 1448 m qmm Hg x sec. = L363. 10* mm.
Die Aenderung der Galvanometerfunction habe
ich zunächst durch Beobachtung der Dämpfung für verschie-
dene Winkel zwischen der Ruhelage des Magnets und der
Windungsebene des Multiplicators bestimmt.
Die oben p. 32 beschriebene Einrichtung des Stativs für
das Galvanometer erlaubte, den Multiplicator gegen den von
der Zimmerdecke herabhängenden Magnet um beliebige Win-
kel zu drehen.
Auf das Gehäuse war ein Spiegel geklebt, welcher mit
Fernrohr und Scala (Doppelmillimeter) beobachtet wurde.
Das log. Decr. wurde nach der Zurückwerfungsmethode
mit Hülfe eines Magnetinductors ermittelt; die Schwingungs-
dauer wurde für jeden Satz aus dem Stand des Intensitäts-
variometers und der Temperatur des Magnets unter Zugrunde-
legung eines Normalwerthes berechnet, was hier einer directen
Beobachtung weit vorzuziehen ist. Der Scalenabstand des
Galvanometerspiegels betrug 3021 Scalentheile.
Da die Galvanometerfunction mit der in meiner früheren
Arbeit eingeführten Grösse q durch die Beziehung q=GM
Die Abgleichung der Widerstände wurde mit Benutzung des zweiten
Galvanometers ausgeführt, der Umschalter umgelegt und sofort der
ctammstrom unterbrochen.
1) Wie schon Wied. Ann. Sö. p. 191 augegeben, berechnet man
diese Grosse aus der Galvanometerfunction und dem Coefficienten der
Qaermagnetisirung zu a*G = 0,00295 . m qmm Hg.
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60
E. Dorn,
zusammenhängt, so kann die dort unter (15) angeführte For-
mel1) geschrieben werden:
(3D F(x) = 2*; c« w = .;, \x | £> - 4
(wo % den Winkel zwischen der Windungsebene des Multip-
licators und der Axe des Magnets bedeutet), und mit
Vernachlässigung höherer Potenzen gesetzt werden:
(32) F{X) = ^oU - SV), Oix) = C0(l - lk£x%
Dem mittleren Sealentheil der Doppelmillimeterscala
entspreche der Winkel / = d, und f/ werde von dieser Lage
aus gezählt.
Für <jp = qp,, (p2, (fs seien die Grössen A, A0, T0 ermittelt
und die zugehörigen Werthe Fiy F2, Fs von F aus (31) be-
rechnet, so folgt aus den Gleichungen:
Fi = ^Oy i + = ^H- f ' ('fi + *)SJ.
33) fs = F[<pt + <y) = F0[\- f >s + <?)2] ,
/:{ = + ö) = /;,[! — £' (<p:, + <?)*] zunächst:
(34)
(35)
2 < A' —
- ivj \<f3 - ifx) - (Fl - [<f2 - 7i) '
(F, - /'J (?,, - q,) _- [Fx - Ft) (if, - Vl) ^
CVi — V,) («rs - Vi) (</3 - 73 1
Indem man mit (35) in eine der Gleichungen (33) hinein-
geht, erhält man F0 und damit endlich aus (35)
Es wurde nun beobachtet (25. Mai 1885):
Ablesung
Doppelmillim.
Gr. Bogen . .
Kl. Bogen . .
/^br1(fgi ....
1. 2.
3. | 4.
5. j 6.
245,3 372,8
190,48 188,18
93,42 l 93,86
0,30941 0,30209
12 0323 12,0324
124,1
188,53
93,74
0,30346
12,0323
124,1
188,54
93,64
0,30394
12,0328
373.6 243,7
188.07 190,14
93,79 93,31
0,30216 0,30914
12,0317 12,0310
7. • s.
9.
10.
11.
Ablesung
Doppelmilfim. 489,2 I 7,4 7,4 483,4 |239,1
<ir. Bogen . . 182,96 ,183,12 Ü83,17 183,00 190,05
Kl. Bogen . . 94,64 94,53 94,53 94,74 , 93,18
kbrigg) .... 0,28629 0,28717 0,28728 0,28592 0,30955'
T0 12,0307 12,0299 i 12,0295 12,0292 12,0287 |
_ V'brin) ~ °.00146
1) E. Dorn, Wied. Ann. 17. p. 779 1882.
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Bestimmung des Ohm. 61
Hieraus wurden für die weitere Rechnung Mittelwerthe
gebildet und zur Berechnung der cp und F verwerthet:
Ablesung in mm
1. 6.
489,0
— 11,0
Vl = -0,190°
0,309 28
12,031 7
0,057 446
I.
2. 5.
746,4
+ 246,4
9>3= +4,187°
0,802 13
12,032 1
0,056 171
— F..
8. 4.
248,2
-251,8
<r,= -4,314°
0,303 70
12,032 3
0,05« 452
= F>
6. 11.
II.
7. 10.
Ablesung in mm
i (Mm
482,8
-17,2
<r, =0,296°
0,309 35
12,029 9
0,057 465
= F,
972,6
+ 472,6
<f, = 7,85«°
0,286 11
12,030 0
0,053 316
8. y.
14,8
-485,2
<r,= — 8,170°
0,287 23
12,029 7
0,053 519
= F,
1) Ablenkung vom mittleren Scalentheil aus.
2) Der aufgeklebte Spiegel hatte zur Drehungsaxe eine seitliche
Lage, und die in Rechnung zu setzenden Scalenabstände waren der
ßeihe nach 1667,0; 1673.8; 1660,1; 1666,5; 1679,8; 1653,9.
Hieraus folgt schliesslich:
I. 8 = 0,328° = 9,53 Doppelmillimeter |'= 3,578,
IL d = 0,258° = 7,49 „ „ £«3,601,
wo die Werthe von £' bereits so umgerechnet sind, wie eine
Angabe der Winkel in absolutem Maasse es erfordert.
Der Mittelwerth der d ist 8,5 Doppelmillimeter;
demnach war, um die Windungsebene mit der Vertical -
ebene durch die Magnetaxe zusammenfallen zu lassen, auf
250 — 8,5 = 241,5 einzustellen. Thatsächlich erreicht wurde
241,8 (26. Mai 1885).
Wird der ersten Serie das doppelte Gewicht beigelegt,
weil die bei der zweiten benutzten Winkel schon viel grösser
sind, als die bei den eigentlichen Beobachtungen vorkommen-
den, so wird: |'= 3,580.
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62
E. Dorn.
Die angeführten Beobachtungen können noch in einer
anderen Art zur Berechnung von 8 und £' benutzt werden.
Nach bekannten Formeln l) kann man nämlich aus der
Schwingungsdauer, dem grossen und dem kleinen Bogen die
Winkelgeschwindigkeit ableiten, welche ein Inductionsstoss
dem Magnet ertheilt. Die so erhaltenen Winkelgeschwindig-
keiten aber sind der Galvanometerfunction proportional, also
auch mit: 1 — 1 -f- <?)2, sodass eine ganz ähnliche Be-
handlung wie oben möglich ist.
Ich gebe nur die (auf Scalentheile bezogenen) Winkel-
geschwindigkeiten und die Werthe von Ö und
I. . II.
1. 41,87«; 2. 41,392 3. 41,4«4 6. 41,807 7. 40,313 8. 40,347
6. 41,807 5. 41,370 4. 41,464 11. 41,794 10. 40,329 9. 40,359
Mittel 41,S4l | 41,3*1 [ 41,4fI4 41,801 j 40,321 | 40,353
i) = 0,275°, £ = 3,627. = 0,201 » = 3,582.
Die Uebereinstimmung ist befriedigend.
Der zur Reduction des „statischen Emptindlichkeitscoef-
ticienten"/? auf unendlich kleine Amplituden (vgl. Formel (22))
gebrauchte Factor // folgt aus £' und dem Torsionsverhält-
niss & nach8):
Da nun für die Hauptbeobachtungen im Sommer und
im Herbst 6/=0,00581, im Winter 0,00167, so wird >/= 1,027
in beiden Fällen.
Die Grösse >/ kann unmittelbar erhalten werden aus
Ablenkungsbeobachtungen, indem ein durch eine Tangenten-
bussole gemessener Strom zwischen dem Galvanometer und
einem Nebenschlusswiderstande verzweigt wird. Ohne auf
Einzelheiten einzugehen, will ich nur anführen, dass zwei
1) Ist a und h der grosse und kleine bei der Zurückwerfungsmethode
erhaltene Bogen, so ist die Winkelgeschwindigkeit:
d <( •*» «s + *" k " - »
dt 2T0 \ab
21 E Dorn, Wied. Ann. 17. p. 780. 1882.
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Bestimmung des Ohm. 63
Beobachtungsreihen am 27. Mai 1885 auf i/ = 1,594 und
1,610 führten, und ähnliche Werthe aus den gelegentlich der
Hauptbeobachtungen gewonnenen Daten abgeleitet wurden
z. B. 21. Juni 1885: r/ = 1,622; 28. Juni 1885: ?/«= 1,666.
Endlich habe ich noch nach Beendigung der Haupt«
beobachtungen eine Bestimmung von £' nach der Methode
von Hrn. F. Kohlrausch1) vorgenommen. Eine Beobach-
tungsreihe vom 9. März 18ö6, bei welcher der Multiplicator
um + 4.687 und - 4,623° gedreht wurde, ergab |' = 3,651,
woraus rf =» 1,659. Indessen halte ich die zuerst angestellten
Beobachtungen für die sichersten und behalte daher die
Werthe 3,586, »/» 1,627 bei.2)
Für den Coöfticienten zur Reduction der lüg. Decr.
auf unendlich kleine Amplituden wurden nach den
Formeln3):
(36,
0,43429 (i + ^-:U) 4ml|7;.i + ,iil «,123^+lln1)
4^1* 'Ä (l + e-4)51 ' r+4na
Tafeln entworfen. Hierin bedeutet ^4 den Scalenabstand des
Hauptgalvanometers (bei allen Beobachtungen hinreichend
nahe = 3037,5), 0 wurde =0,00581 3) A0 = 0,00366 (natürl.
Log.) angenommen. Es war z. B.:
i,br1(W, = 0,20 0,25 0,80 0,35 0,40 0,45 0,50
Zt =10-9 X 1,918 0,205 1,54« 1,956 2,443 3,016 ; 3,681
A,bH(fjr = 0,55 1 0,60 | 0,65 ; 0,70 j 0,75 0,80 '
Jf, =1U-9X 4f44o 5,800 | 6,266 I 7.323 , x,476 9,725
1) F. Kohl rausch, Wied. Ann. 2«. p. 430. 1885.
2) Man findet mitunter Galvanomctcrbeobachtungen so berechnet, dass
die Stromstärke einfach der Tangente des Ablenkungswinkels proportional
gesetzt wird. Dies kommt darauf hinaus, die GaJvanometcrfunction mit
cor; / = l — 0,5/* + • proportional zu nehmen, während dieselbe trotz der
ziemlich grossen Breite de* Multiplicatorrahmen* hi«>r mit 1 —
= 1 — 1,793 <f * proportional ist, also sehr viel schneller abnimmt. Der
Unterschied würde für 0,05 abs. = 2,86° etwa 0,0032, für 0,1 abs. = 5,73°
euva 0,01 21*. also bereit« 1,3 Proe. betragen.
3» Vgl. K. Schering, Wied. Ann. N. p. 287. 1*80 u. E. Dom. 1. c. p.7Sl
4) Eine Neuberechnung mit & = 0,00167 für den Winter wäre iiber-
rlü>big gewesen.
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64
£, Dorn.
Ich habe es nicht für überflüssig gehalten, durch be-
sondere Beobachtungen festzustellen, dass hiernach reducirte
Dämpfungsbeobachtungen mit grossen und kleinen Amplitu-
den auf denselben Werth führen.
Nachstehendes Tafelchen vereinigt die Ergebnisse dieser
Beobachtungen. Unter öl steht der runde Mittelwerth des
grossen Bogens, unter A(brigg.) das auf unendlich kleine Bogen
reducirte log. Decr., endlich unter A die Differenz der
Werthe für grosse und kleine Amplituden.
Widerstand Datum 6,
'•(bris*.)
<•
| 1886
Galv. allein 14. Febr. 330 0,76799 530 ,0,76803 +0,0,04
25. jj 365 0,77017 530 0,77017 ± 0
27. « 295 0,76922 400 0,76895 - 27
Galv. rlj 25. Febr. 400 0,56747 570 0,56758 + Ii
27. „ 270 0,5(i6l7 450 0,56638; + 21
I 6. März 290 '0,56706 470 0,5669b -_ *s _
Galv. +15 + 18 14. Febr. 230 0,45292 650 0,45265 — 27
25. v 225(a) 0,45349 660(e) 0,45345 — 13 (6-a,
480(6)0,45336 , - 4 (c-ai
I + 9 (f-ft.
6. März 330 0,45301 490 (0,45330 1 + 29
Galv. +lÄ + le+l7 22. FebrT 280 0,38006 660 0,38006 ~± 0
23. v 1265 0,37967,640 0,37956 - II
25. v 270 0,37909 660 0,37394 — 15
6. März [345 |0,37884 540 0,37900' + 16
In den Differenzen ist eine Tendenz nach der positiven
oder negativen Seite nicht zu erkennen.
Ebenso zeigen in den Hauptbeobachtungen vom 13. und
17. Nov. 1885 mit belastetem Magnet, wo immer drei auf-
einanderfolgende Bogen beobachtet werden konnten, die fur
grosse und kleine Amplituden erhaltenen Werthe von /.
eine gute Uebereinstimmung.
Durch den Localeinfluss des diamagnetischen
Multiplicator s wird ein Drehungsmoment entstehen, wel-
ches merklich dem Winkel zwischen der Windungsebene und
der Magnetaxe proportional ist und im Sinne einer Ver-
grösserung dieses Winkels wirkt. Es wird sich daher ebenso
verhalten, als wenn die Horizontalintensität um einen ge-
wissen Bruchtheil verkleinert wäre.
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Bestimmung des Ohm.
65
Um diesen Betrag zu ermitteln, wurde zunächst der
Multiplicator um gemessene Winkel gedreht und die Ablen-
kung des Magnets unter Berücksichtigung der Declinations-
änderung bestimmt Der Quotient der beiden Winkel gibt
hinreichend nahe die relative Aenderung von H.
Es wurde so erhalten (Scalenabstand 3021 Scalentheile).
Datum Mcato,rh i
14.
1S85
16. Mai 1885
22. Mai 1S85
I
+ 16,8°
-21,1°
+20,7°
250,8 ')
478,5
2,8
253,9
878,5
124,4
498,17
498,75
498,03
600,09
500,00
500.17
498,74
498,70
498,81
Drehung
Multipl. Magnet
+ 39,85°
+ 15,94
+ 8,67
-dHilf
—0,65 Seth.
= -0,00616°
-0,17 Seth.
= -0,00161°
0,00016
0,00010
-0,11 Seth. 0,00012
-0,00104° !
Mittel 0,00013
1) Spiegel am Galvanometergehäuse ; Abstand der Doppelmillimeter-
1666
Ferner wurden Schwingungsbeobachtungen mit und ohne
Multiplicator angestellt und mit Hülfe der gleichzeitigen
Ablesungen des Intensitätsvariometers auf gleiche Werthe
der Horizontalintensität, wie auch auf gleiche Temperatur
des Magnets reducirt. Messungen dieser Art, welche ich
übrigens für weniger zuverlässig halte, vom 17. und 24. Mai
1885 führten auf -AHjH= 0,0817 und 0,0810; also im Mittel
zufallig mit dem obigen Werthe übereinstimmend.
Das Torsion s verhält niss für den bei den Haupt-
beobachtungen benutzten Hohlmagnet (4) wurde gefunden:
Messingdraht
Dat.
e
Dat
e
Dat. S
5. Juni 1885 ;0f805 812|20. Oct. 1885') 0,005 86012. Nov. 1885»)
2. Juli 1885 ;o,005 837 ; 9. Nov. 1885 0,005 846^6. Nov. 1885»)
0,005 773
0,005 781
Mittel 0,005 825 9,005 853 0,005 777
1) Inzwischen waren die magnetischen Verhältnisse geändert s. u.
2i Magnet mit 200 g belastet.
Ann. «J. Phj». u. Cbtm. N. P. XXXVI. j
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66 E. Dorn.
Eisendraht (0,1 mm Durchmesser).
' ~ 7
Dat. S Dat S
80. Nov. 1885 0,001 660 ! 18. Jan. 1886') 0,001 638
12. Dec. 1885 0,001 664 22. Jan. 1886 0,001 633
1) Am 16. Januar 1886 brach der Draht dicht über der unteren
Befestigung, doch konnte er noch benutzt werden. Da bei dem neuen
Einklemmen seine Länge von 2224 mm auf 2213 mm herabgesetzt war,
hätte das Torsionsverbältnias vor dem Abreißen 0,001630 betragen. Die
Verringerung rührt her von einer Oxydation des Drahtes, die unten
unmerklich, oben bedeutender war.
Ueber die Bestimmung des Temperaturcoefficienten
des zum Galvanometer gehörigen Hohlmagnetes 4, sowie über
das durch die magnetisirende Kraft 1 in ihm inducirte
Längs« und Quermoment habe ich bereits an einer an-
deren Stelle berichtet.1)
Die Werthe dieser Grössen sind folgende:
Temperaturcoefficient p — 0,03281,
Coefficient der Längsmagnetisirung y = 0,00555. 107,
„ „ Quermagnetisirung a = 0,03767. 10 7.
DasTrägheitsmoment ermittelte ich nach demGauss'-
schen Verfahren. Die auf die Belastungsgewichte (welche
auf Stifte des Magnetträgers aufgesteckt wurden) bezüglichen
Angaben sind folgende:
M Durchmesser Trägheitsmoment um Axe
aussen innen durch Schwerpunkt
100 99998,4 28,10 3,26 0,9989. 10 1
1Ö0 99999,8 27,89 3,28 0,9858. 10 7
1,9S47 .10 7 mg. qmin
Abstand der Schwerpunkte bei 0° 230.417 mm.8)
Durch Aufsetzen der Gewichte zugefügtes Trägheits-
moment bei 0° k0 = 2,67442. 10° mg. mm2 Aenderung für
1°:0,0490. 10».
Am 19. Nov. 1885 wurden folgende auf gleichen Stand
1) E. Dorn, Wied. Ann. 35. p. 275. 1888.
2) Ueber die Bestimmung s. E. Dorn, Wied. Ann. 17. p. 789. 18^2.
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Bestimmung des Ohm.
l>7
des Intensitätsvariometers reducirten Schwingungsdauern
beobachtet (Temperatur 7,34°):
Gewichte, Unbplaatot Gewichte,
Marken imien u ' Marken aussen (180° gedreht)
18.7527 11,9680 18,7485
18,7530 11,9666 18,7494
_ | 11,9673 I _
18.7528 11,9678 18,7490
Hauptmittel mit Gewichten 18,7509.
Torsionsverhältniss unbelastet 0,005 846, belastet 0,005 70S.
Trägheitsmoment K7fii: 1,83877. 10°.
Da hiervon 1.104. 109 auf den stählernen Magnet kommt,
so folgt die Aenderung des ganzen Trägheitsmomentes für
1°:0,04512. 10» und KX(fi = 1,83880. 10* mg. mm2.
Aehnlich waren am 25. Nov. 1885 die Hauptmittel der
reducirten Schwingungsdauern 11,9725 und 18,7590 bei 8,00°,
woraus Kw = 1,83883 und im Mittol aus beiden Versuchen:
AT10o = 1,83882 mg. qinm.
15. Tangentenbussole. — Die Bestimmung des mitt-
leren Durchmessers wurde nach einigen vergeblichen Ver-
suchen mit anderen Methoden in folgender Weise ausgeführt.
Das Ocular eineB Meyerstein'schen Kathetometers
wurde mit einem Scalenmikrometer versehen und vor das
Objectiv noch eine achromatische Linse geklebt, um eine
kurze Sehweite zu erhalten.
Die Marmorplatte (ohne Draht) wurde auf einem um
eine horizontale Axe drehbaren Brettchen befestigt und so
aufgestellt, dass ihre Ebene in die Absehrichtung fiel.
Durch Uebertragung auf einen daneben befindlichen verti-
calen Glasmaassstab wurden vier genau äquidistante Durch-
messer gemessen. Zur Reduction wurde der Ausdehnung*-
coefficient des Marmors 0,06545 angenommen.1)
Unter Benutzung zweier berichtigter Glasmaassstäbe er-
gab sich:
1) Bouniceau, Anu. des ponta et chau»sees. 4. Ser. 1863. l. Sem.
p. 178.
5'
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(iS
E. Dorn.
Durchmesser 1 2 3 4 Mittel
2. Febr. 1885 496,974 497,003 496,94 b 496,915 496,959
4. „ 496,«56 496,987 496,939 496,909 496,948
496,954
Zur Controle wurde die Scheibe auf einen ebenen Milch-
glasstreifen gelegt, kleine Schneiden aus Ebonit an die En-
den eines Durchmessers angedrückt und mit Klebwachs auf
den Glasstreifen festgekittet. Nach Erhärtung des Wachses
wurde die Scheibe vorsichtig entfernt und der Abstand der
Schneiden unter einem Comparator, dessen beide Mikroskope
Ocularmikrometer hatten, durch Substitution mit dem Nor-
malmeter verglichen.
Dieselben vier Durchmesser wurden so gefunden:
Durchmesser 1 2 3 4 Mittel
s. Febr. 1885 496,989 496,978 496,939 496,970 496,969
9. v -i 496,997 496,998 496,958 496.935 496,972
496,970
Die erste Messung ist weniger gelungen, gibt aber fast
denselben Mittelwerth.
Endlich wurde nach Aufwinden des Drahtes eine kathe-
tometrische Messung ähnlich wie oben ausgeführt, wobei auf
alle fünf Drahtwindungen eingestellt wurde. Der äussere Durch-
messer war:
Durchmesser 1 2 3 4 Mittel
14. März 1885 498,903 498,863 498,848 498,883 498,873
17. März 1885 a. m. 498,872 498,895 498,878 498,849 498,873
p. m. 498,858 498,888 498,831 498,828 498,851
498,865
Uebrigens ist hier, wie später mit Rücksicht darauf, dass
der Draht beim Aufwinden scharf angezogen war, auch für
die Windungen der Ausdehnungscoefficient des Marmors be-
nutzt worden.
Mit Hülfe eines Schraubendickenmessers war der Durch-
messer des Drahtes im Mittel aus sechs Stellen gefunden
0,950 ± 0,008 mm; demnach folgt aus den Resultaten der 3
Methoden für den mittleren Durchmesser der Windungen
bei 0° in guter Uebereinstimmung:
497,920, 497,904, 497,915.
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Bestimmung des Ohm.
80
Zur weiteren Rechnung ist der letzte, yom Mittel 497,913
nur wenig abweichende Werth:
R - 497,915 mm
benutzt
Die fünf Windungen nahmen die Breite 4=1,9 mm ein.
Ich habe mich mehrfach bemüht, den Polabetand des
auf den Spiegel geklebten Magnets direct zu bestimmen.
Versuche, bei denen ah Hülfsmagnet ein Stabchen von 10 mm
Länge diente, führten auf / = 19,1 und 18,6 mm. Indessen
zeigte eine Kritik dieser Versuche, dass einem Irrthum um
0,01 mm in der kleineren Entfernung der Magnete schon ein
Fehler von etwa 0,8 mm im Polabstande entsprechen würde.
Ich habe es daher vorgezogen, den Polabstand nach Hrn.
F. Kohlrausch1) gleich 6/s der Magnetlänge zu setzen:
/ = 5/6 24 1 = 20,08 mm, und ähnlich für das zweite Magneto-
meter / = 8/6 . 21,4 = 17,83 mm.
Es bleibt noch der Einfluss zu untersuchen, welchen
die Durchführung des Drahtes der Tangentenbussole durch
die Marmorplatte auf den Reductionsfactor der Tangenten-
bussole ausübt Die ganze Bewickelung kann angesehen
werden als fünf vollständige Umgänge + einer Fläche, deren
Projection auf die Windungsebene (und diese allein kommt
in Betracht) ein Rechteck von 4,3 mm Höhe und 6,8 mm
Breite ist, und zwar ist dies Rechteck in gleichem Sinne
vom Strom umflossen zu denken wie die Windungen.
Die Wirkung des Rechteckes auf einen Magnetpol + 1
im Centrum wird nahe genug sein:
if Flache « 29,2 qmm, a Abstand = 246,8 mm).
während diejenige der fünf Windungen wesentlich durch
+ 10*3 /Ä dargestellt ist. Hiernach genügt es, in der
Parenthese der Formel (11) noch +/Ä/10«o* hinzuzufügen.
Uebrigens ist diese Correction so klein, dass sie hätte fort-
gelassen werden können.
Bei der Bestimmung des Torsionsverhältnisses
machte sich die elastische Nachwirkung des Cocons hemerk-
1) F. Kohlrausch, Gött. Nachr. Dec. 1883. p. 396.
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70
£, Dorn.
lieh, welche eine Unsicherheit von etwa 0,042 herbeiführte,
auch war die Feuchtigkeit der Luft von grossem Ein flu ss.
Beobachtet wurde tr =
20. April 1885 0,000 2M
31. Juni 1885 262
20. October 1885 260
10. November 1885 280
13. December 1885 0,000265
20. „ 1885 212
31. „ 1885 200
7. Februar 1886 218
Zur Rechnung benutzt ist für den Sommer 0,0,237.
Herbst 0,03267, Winter 0,03226. Für das zweite Magneto-
meter war & m* 0,0349 im Mittel aus fünf Beobachtungen.
Aus obigen Angaben folgen die Coefficienten der For-
mel (10):
Magnetometer I:
Sommer Herbst Winter
A (für 10°) 7,91823 7,91847 7,91814
ß - 0,00610
Magnetometer II:
A (für 10°) 7,92230
ß ~ 0,00480.
Für eine Temperatursteigerung um 1° beträgt der Zuwachs
von A: 0,0442.
Die ersten im Juli und August 1885 unternommenen
Versuche, den Localeinfluss des Magnetometers I zu
bestimmen, ergaben denselben von der Grössenordnung
0,082 — 3 im Sinne einer Verstärkung der Horizontalinten-
sität.
Die Wirkung war nicht symmetrisch, vielmehr war die-
selbe stärker, wenn von der Ausgangsstellung gegen den
Uhrzeiger gedreht wurde.
Hieraus ging die Notwendigkeit hervor, bei diesen
Messungen als Ausgangsstellung diejenige zu wählen, in wei-
cher die Lage des Gehäuses gegen den Spiegel genau die
nämliche war, wie in der Ruhelage beim Gebrauch auf der
Tangentenbussole.
Für die endgültigen Beobachtungen wurde daher folgen-
dermas8en verfahren.
Während das Magnetometer in der Tangentenbussole
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Bestimmung des Ohm.
71
stand, wurde auf dem Fussbrett desselben ein Spiegel be-
festigt und ein Hülfsfernrobr mit Scala so auf denselben
gerichtet) dass der Scalenabstand dem des Beobachtungs-
fernrohrs vom Magnetometerspiegel gleich war, und der mitt-
lere Sealentheil auf dem Fadenkreuz des Hülfsfernrohres
erschien. Die Tangentenbussole wurde nun entfernt und das
Magnetometer auf ein Tischchen mit nivellirter Glasplatte
so gesetzt, dass es genau an der früheren Stelle sich befand.
Um das Magnetometer bequem drehen zu können, wurden
drei Glasstückchen so auf die Tischplatte gekittet, dass ihre
etwas abgerundeten Flächen gegen drei Punkte des Umfanges
des runden Fussbrettes drückten.
Jetzt war es leicht, die richtige Ausgangsstellung wieder
zu finden und durch Drehen des Rahmens denselben gegen
den Spiegel in dieselben Stellungen zu bringen, welche bei
den Hauptbeobachtungen vorkamen.
Da hier der Aufhängungspunkt des Magnets an der
Drehung theilnimmt, so müssen die beobachteten Ablen-
kungen noch vom Einflüsse der Torsion befreit werden. Es
wurde daher das Torsionsverhältniss unmittelbar nach jeder
Beobachtungsreihe bestimmt.
Aus symmetrisch angeordneten Beobachtungen wurden
die (schon von der Torsion befreiten) Ablenkungen erhalten:-
Hülfsfernrobr
5
65
205
280
720
795
935
995
13.Dee.1885
16. n »
17. n n
-0,26
-0,29
-0,20
-0,19 |
-0,28
-0,2t
-0,06
-0,10
-0,14
-0,17
-0,09
-0,09
-0,06
-0,11
-0,04
-0,02
-0,01
+ 0,0*
+ 0,04
+ 0,03
+ 0,02
+ 0,03
-0,10
+ 0,11
-0,07
-0,08
+ 0,12
+ 0.08
-0,03
-0,24 |
-0,16
-0,12
-0,06
+ 0,04
: +o,o3
-0,01
+ 0.n3
Hier zeigt sich wieder deutlich die schon oben erwähnte
Unsymmetrie; da indessen alle Beobachtungen mit beider-
seitiger Ablenkung angestellt sind, so kann man aus den
symmetrisch gelegenen Zahlen den „mittleren" Localeinfluss
(in Theilen der Horizontalintensitat) berechnen. Derselbe
wird l):
\) Die Rechnung ist mit 1 Decimale mehr geführt.
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72
E. Dorn.
0,27 , 990 « 0,00027
0,15/870 = 17
0,15/690= 25
0,10 ,440 = 21
Mittel 0,00023.
Eine Messung vom 7. Febr. 1886 ergab:
doch babe ich für die weiteren Reducüonen den Werth
0,0,23 verwendet.
Dass der Localeinfluss im Sinne einer Verstärkung der
Horizontalintensität sich geltend macht, erscheint auffallig.
da das fertige Gehäuse den Prüfungsmagnet in jeder Lage
abstiess. Indessen rührt das paradoxe Verhalten wohl von
dem Diamagnetismus der Vorsatzglaser her, welche den
Magnet bei seiner Annäherung abstossen. Mit dieser Er-
klärung steht die Unsymmetrie der Wirkung im Einklang,
denn infolge der gegen den Spiegel geneigten Stellung des
Magnets kommt derselbe dem Glase bei einer Drehung des
Gehäuses gegen den Uhrzeiger näher als bei der entgegen-
gesetzten.
Das Magnetometer II übte einen magnetischen Local-
einfluss ohne merkliche Unsymmetrie aus. Es wurde beob-
achtet :
28. Jan. 1886 29. Jan. 30. Jan. 31. Jan.
Drehung Scalentbcilc . . . 970 980 498 50ti
Ablenkung (von Tors, befreit) 0,27 0,24 0,13 o,lO
Loi-aleinfltiBS 0.0..28 0,0,24 0.0/27 0,0a21
Mittel 0,0,25.
(Fortsetzung im nächsten Heft.)
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Electr odynamisches Gesetz,
73
III. 2>oä electrodynamische Gesetz ein Punkt-
gesetz; von W. G. Hankel.
(Ana den Berichten der math.-phys. CUaae der Königl. S&chi. Ges. der
Wiaa., vom 23. April 1888; mitgetheilt vom Hrn. Verf.)
Es ist bis jetzt das electrodynamische Gesetz als in
seinem Wesen gänzlich verschieden von den Gesetzen der
Schwere und der ruhenden Eiectricität aufgefasst worden.
Man hat bei der Bestimmung der Einwirkung eines Strom-
elements auf ein anderes von Anfang an beide Elemente in
die Rechnung aufgenommen. Im Folgenden werde ich nun
zeigen, dass das electrodynamische Gesetz in gleicher Weise
wie das Gesetz der Schwere und der ruhenden Eiectricität
als ein sogenanntes Punktgesetz dargestellt werden kann.
Ein materieller Körper ändert den Zustand des ihn
umgebenden physikalischen Raumes oder räumlichen Mittels
in der Weise, dass ein zweiter an einen bestimmten Ort
gebrachter Körper eine Anziehung zum ersteren, in deren
Betrag dann der zweite Körper mit seiner Masse als Factor
eingeht, erfährt Bezeichnet m die Masse des ersten Kör-
pers und r den Abstand des betrachteten Punktes, so wird
die Aenderung des Zustandes in diesem Punkte durch mjr-
ausgedrückt. In gleicher Weise kann man bei der Wir-
kung des Elementes ds' eines geschlossenen Stromes auf ein
anderes Stromclement ds zunächst die Aenderung in dem
Zustande des um ds' liegenden Raumes berechnen, und dann
erst das Element ds an den betreffenden Ort legen. Ist ds
die Länge des Elementes, i" die Intensität des in ihm fliessen-
den Stromes, r der Abstand des betrachteten Punktes von
ds', und S' der Winkel, welchen r mit dem Element ds bildet,
so tritt in jenem Punkte eine mit i' ds sm&'jr* proportio-
nale Aenderung ein. Wird nun das Element ds, dessen
Intensität i ist, und welches mit der durch r und ds geleg-
ten Ebene einen Winkel \p bilden möge, in den betreffenden
Punkt gebracht, so tritt es mit dem Betrage von ids cos xp
als Factor zu dem vorstehenden Ausdrucke hinzu. Es bleibt
dann nur noch die Richtung zu bestimmen, nach welcher
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74
W. G. Hankel.
der Antrieb zur Bewegung des Elementes ds erfolgt. Ich
werde im Speciellen die physikalischen Vorgänge bei dieser
Einwirkung nachweisen und aus denselben die Richtung der
auftretenden Kraft herleiten.
Um eine klare Einsicht in die electrodynamischen Vor-
gänge zu erleichtern, halte ich es für zweckmässig, von
der gewöhnlichen Form des Ampere'schen Gesetzes aus-
zugehen.
§ 1. Geleitet von dem Bestreben, dem für die Wirkung
in die Ferne aufgestellten Grundsatze, dass Wirkung und
Gegenwirkung stets einander gleich und nur entgegengesetzt
gerichtet sein sollen, zu genügen, gelangt Ampere1) in
Betreff der Wirkung zweier Stromelemente ds und ds mit
den Stromintensitäten i und i zu dem bekannten Gesetze:
- li'dJtdt' (cos 6 - % cos O cos 0')>
worin r den Abstand der beiden Elemente, t den Winkel
zwischen den Richtungen von ds und dsy 0 den Winkel
zwischen r und ds und schliesslich B' den Winkel zwischen
r und ds bedeutet. Die Wirkung erfolgt in der Richtung
der Verbindungslinie r, d. h. von ds nach ds.
Als Ampere nach diesem Gesetze die Componenten
der Wirkung eines geschlossenen Stromes auf ein Element
berechnete*) erschienen in den Integralen zwei Glieder, von
denen bei Ausdehnung der Integration über den geschlosse-
nen Stromlauf das eine wegfiel und also nur das andere
übrig blieb.
§ 2. Im weiteren Verlaufe seiner Abhandlung kommt
Ampere nochmals auf dieses Integral zurück 8) und berech-
net aus dem nicht wegfallenden Theile die Wirkung zweier
Elemente. Er findet für dieselbe den Werth
»#" ds ds' sin &' cos ip
2r*
1) Ampere, Theorie des phenomönes electrodynamiques. Paris 1826.
2) Ampere, 1. c. p. 41 f.
3t Ampere, 1. c. p. 185.
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Electrodynamisches Gesetz. 75
wo ip den Winkel bedeutet, welchen das Element ds mit der
durch r und das Element ds' gelegten Ebene bildet.
Auf kürzerem Wege erhält man dieses Gesetz, wenn
man von dem durch Ampere1) aufgestellten Ausdruck
. . dsds
Vr dsds
ausgeht.
Es wird die Herleituug wesentlich erleichtern, wenn ich
zuvor die im Folgenden gebrauchten Bezeichnungen, soweit
sie nicht schon zuvor erläutert sind, und eine Reihe von
auftretenden Ausdrücken zusammenstelle.
Es seien x, y, z die Coordinaten des Elementes ds,
x', y, z die Coordinaten des Elementes ds\
also: r* « (x - + (y - y? + (z - /)2,
« , b , c die Winkel, welche r mit den drei Coordinatenaxen,
a, y die Winkel, die das Elemente mit denselben Axen und
a', fi, y die Winkel, welche das Element ds' mit ihnen bildet
Ferner wird:
^ = cos 0, dd*\ - - cos 0',
dr di' , dr
— =» COSA, j- = C09Ö, - = COS o,
<ty 7 dz
d*r dr dr Idxdx , du du' , dzdz\
<fr<fr ^rf* </* V^* <** dsds dsds)
d*r dr dr dx ,
r . . . 4- .- • -J-. = — -T-. = — cos u , u. s. w.,
<£rrf* ' dx ds ds
/ = - , , = - -cosW,
<*Vr 1 1
/ = -— . = _C08a, U. 9. w.,
dx 2yrdx 2Vr
rf' Vr 1 (rd[r id_i;dr)
dsds ~2rVr\ d*d* *<f'^7
= COS« -i JCOS 0CO8&).
2 r Vr
1) Ampere, 1. c. p. 130.
76 W. G. Hankel.
dxdt 2rVr V <**rf* % dxds J
= V i— Cosa'+ 2 cos a cosÖ '|.
2rVr 2 1
Da die durch das Gesetz (2u/V7). (d*V7jdsds) dsds
ausgedrückte Kraft in der Richtung von r liegt, so erhält
man die Componenten nach den Coordinatenaxen durch Mul-
tiplication mit cos a, cosä und cose. Es wird also
A'^- .*tV/, dsds cos a
oder X-AUMi'd^-^-i--
dx dsds
Man hat aber identisch
dx dsds ds' \ dx ds ) ds dxds
Addirt man auf beiden Seiten nochmals den Ausdruck:
dVr d'Vr . A
,- ' so wird:
dx dsds
0dVr d'Vr d (dVr d\' r\ dVr rf'VV d\r d*\ r
1 dx ' dsds ~ ds' \ dx ' d* ) + dx ' dsds ' ds 'dxds '
Hiernach erhält man
A-2" dSfh[ds[ dx - ds) + dx 'dsds' -ST,- dxds 'I
Wird über den geschlossenen Kreis, zu welchem das
Element ds' gehört, integrirt, so fällt der erste Ausdruck
weg, und es bleibt dann nur
Y- 2 «r dsds' ( d 1 r • d ' V r - ^ • d* V r V
oder nach Einsetzung der oben angegebenen Werthe:
A = ~'~^9- jcos « (- cos « + i cos S cos 9') -
- cos 9 (— cos «'+ | cos a cos .
X » ' 1 2rV^ |— cos € cos * + cos 0 cos a'| »).
1) Die Componente X geht, wie oben gezeigt, direct über in
dVr d*\ r A
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EUctrodynamisches Gesetz. 77
und de oi entsprechend:
J = " 2r»rf* 1 ~ COS € COS b + COS 0 COS ^' j,
Z — 11 g'f* i— COS 8 cos c + cos ©cosy' j.
Vereinigen wir die ersten und die zweiten Glieder ge-
ändert zn einer Resultirenden, so erhalten wir zwei Kräfte,
X = Aid* i di
' d_ UV r .IV r \ _ dVr d*Vr
di \ .Ix ds ) da drdi
Bei der Integration über den geschlossenen Umlauf, zu welchem das Ele-
ment dt gehört, fallt das erste Glied des letzten Auadruckes weg, und
es bleibt übrig:
X = '* a'ls (- l cos & cos & cos a + cos e> cos «'), nebst
und
Y = " ^r-'-iC<>8^C«»^'C<>8* + C08 6'C08^)
... iid*di , ... _
Z = i — | cos e> cos e? cos e + cob 6> cos y ) ,
wenn zur Unterscheidung die Componenten mit Accenten versehen werden.
Aus den obigen Gleichungen fiir X, Y, Z und X\ Y' , Z ergeben
»ich sofort die Potentiale zwt-ier geschlossener Ströme. Da nämlich
<i(l/r)/dx=- l/r*.cosa und d{\]r)\d» = - 1 fr*, cos 9y so lassen sich die
Gleichungen für die Componenten auch schreiben:
idL dT i
X = Iii' did* , r cos« — - r cos « i
\dx <i* I
di }
id± d±
Z m \iididi cos« - fr cosr
\ rf« di '
und ebenso : JT « *i didi \ \ -JL cos £ cos *
(I X
— ,r cos rt ' I >
iididi\l JL cos^cos^' - cos/?'
Z =ii'didi\\ /costfcos^ - /cos
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78
W. G. HankeL
von denen die eine proportional cose in der entgegengesetz-
ten Richtung von r, und die zweite proportional cos ß in der
Richtung des Elementes ds' wirkt1)
Es ist nun
cose -a cos aco%u + cos/? cos ß' + cosy cos/ und
cos 0 = cosa cos a + cos b cos ß + cos c cos y .
Die diesen beiden Ausdrücken proportionalen Kräfte sind
Bei der Integration über den geschlossenen Kreis, zu welchem das Ele-
ment ds gehört, fallen die Glieder d(l;r)jds . cos a , rf(l/r)/rf* . cos ß \
<f(l/r)/</«.cosf' weg, und es ergibt sich dann, wenn die Vorreichen ent-
gegengesetzt genommen werden, für den ersten Fall das Potential
und für den zweiten Fall:
D , . ., r r cos Öcos S ' .
JJ — d'd* •
1) Mein verehrter College, Hr. Prof. C. Neumann, sagt in der Vorrede
p. VIII zu seinem Werke über die electrischen Kräfte I. Thl., 1873:
»Diese Voraussetzungen führen, weil in ihnen die von Ampere selber
gemachten Voraussetzungen mit enthalten sind, nothwendig zum Am-
pere'scheu Gesetz-, andererseits aber führen sie auch zu einer be-
stimmten Form des noch fehlenden Gesetzes, nämlich zu folgendem Er-
gebniss:
Die resultirende Form des elect romotorischen Elementargesetzes. —
Die elcctromotori8che Kraft Edt, welche ein Stromelement i' ds' in irgend
einem Punkte m eines gegebenen Conductors während der Zeit dt her-
vorbringt, ist zerlegbar in zwei Kräfte:
— Ä*d* 9 - - und + A*ds — ^ ,
erstere in der Richtung r(ds > m), letztere gerechnet in der Rich-
tung »'."
Die Differentiation in diesen Ausdrücken bezieht sieb auf die Zeit,
von welcher die Lage der Elemente abhängt Nimmt man % constant
und die Lage von ds' fest, sodass allein das in m befindliche Elemeut
ds mit / veränderlich ist, so erhält man für die vorstehenden Ausdrücke
die Werthe:
A*dsi d*' cost , A%d s i' ds cos6>
— „ und — -
r , r
Setzt man die Constante A* = ±i, so sind dies dieselben Ausdrücke,
wie sie oben für die ponderumo'orische Wirkung angegeben wurden, und
die durch sie dargestellten Kräfte haben auch dieselbe Richtuug wie oben.
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Elect rodynamüches Gesetz.
79
zu einer Gesammtresultirenden zu vereinigen. Beide liegen
in der Ebene (r. ds') und bilden miteinander den Winkel
(180°— By Ihre Resultirende liegt daher ebenfalls in der
Ebene (r, ds).
§ 3. Wenn wir die Resultirende aus den drei Compo-
nenten X, Y, Z berechnen wollen, so geschieht dies am ein-
fachsten auf folgendem Wege. Ohne die Allgemeinheit zu
beeinträchtigen, kann man den Anfang der Coordinaten in
das Element ds und die Ebene XY so legen, dass das Ele-
ment ds' in dieselbe fällt und die Axe X durch die Mitte des
Elementes ds geht.
Dann wird a = 0, h = c = 90°; ß' = 90° - a . y = 90".
Man erhalt also
X = - 2-, sin a cos/?
oder, da r mit der A*-Axe zusammenfallt und also a = 0':
Ail d xd * , a x if dxd* ,w rr ,x
= — „ , sin 0 cos 8 , 1 = . , sin f-> cos a , Z = 0.
Hieraus folgt für den Werth der Resultirenden, abge-
sehen vom Vorzeichen:
R = sin & V cos2 a + cos2^
ii'dxdi
2r»
sin # — cos*/
ii'd*di cv Ä.
= 2r, - sin 0 sin y •
Es ist aber y der Winkel zwischen rf* und der Z-Axe; be-
zeichnet i/? den Winkel, welchen ds mit der Ebene X Y oder
(r. <*Y) macht, sodass t// = 90°— so wird
Ä = "-'^*'sin0'cosw.
Da (X/Ä) cos a -f ( F/Ä) cos /? = 0, so steht die Resulti-
rende senkrecht auf dem Element ds, und da sie in der Ebene
(r, ds) liegt, auch senkrecht auf der Projection des Elementes
ds auf diese Ebene.
§ 4. Auch für eine beliebige Lage der Elemente ds
und ds lässt sich das vorstehende Gesetz in ähnlicher Weise
herleiten.
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80
W, G. Hmikei
Es ist in diesem Falle
cos i = cos a cos a + cos ß cosß' + cos y cos y ,
cos 0 = cos a cos a + cos b cos /? + cos e cos y ,
cos@' =* cos a cos a' + cos £ cos /?' + cos c cos y' .
Setzt man nun in die Gleichungen
it dsds i , r\
X — -g j- j— cos a cos e + cos 0 cos a j ,
1" s 41 J — cos £ cos < + cos 0 cos ß'\ ,
= i— cose cos« + cos 6>cosy J
die vorstehenden Werthe ein, so erhalt man:
X — *2^r^ {cos/?(— cos a cos ^ ' + cos b cos a)
+ cosy( — cos a cosy ' + cose cos a')},
}*=* jcosy( — cos b cosy' + cose cos/?') -f-
+ C03«( — C08*C08a'+ C08aC08jff')(,
Z= **2 *t * tC03a(~ cose cos «' + cos a cosy') +
+ cos ß {— cos c cos ß' + cos 6 cos y ')) .
Schreibt man hier1)
cos c cos ß'— cos A cos y' = Fcos A,
cos a cosy' — cose cosa'= Fcos/w,
cos b cos a — cos a cos £' = Fcos v ,
so sind A, p, v die Winkel, welche eine auf der EbeDe (r, di)
errichtete Normale mit den drei Axen macht. Werden
nämlich die drei Gleichungen der Reihe nach mit cos a,
cos b, cos e und ebenso mit cos a\ cos ß\ cos y' multiple
cirt und addirt, so werden beide Summen = 0. Quadrirt
man die drei Gleichungen und addirt sie, so findet man den
Werth /,8 = sin20\
Durch Einsetzung der Werthe von cos A, cos p, cos v
und des Werthes ziiiß'=F erhält man die drei Compo-
nenten:
■= 2 r» (cos ß cos v — cos y cos p) ,
l) Vgl. Ampere p. 137.
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Elektrodynamisches Gesetz.
81
sin
<t*d* sin*
(cos y cos A — cos a cos r) ,
Z = 2 ^, (cos a cos — cos ß cos Ä) .
Werden diese drei Gleichungen der Reihe nach mit cos «,
cos /?, cos y und ebenso mit cos X, cos /* und cos v multi-
plicirt und addirt, so sind beide Summen = 0. Die Resui-
tirende steht also senkrecht auf dem Element ds und auf
der auf der Ebene (r, ds) errichteten Normale, folglich auch
senkrecht auf der Projection von ds auf die genannte Ebene.
Ist »/> der Winkel zwischen ds und der Ebene (r, ds),
so erhält man ebenso wie in § 3 die Resultirende
n = "a
ii dsd* Biu H' cos v,
2r*
& 5.
S xß. Anstatt die drei Componenten A', Jr, Z zu der
Kesultirenden zu vereinigen, kann man dieselbe auch durch
Zusammensetzung der beiden Kräfte cos e und cos 0, welche
miteinander den Winkel (180° - 0') bilden, erhalten. Es
wird dann die Resultirende:
R — " ft |cos3« -f- cos2 0 — 2cos€ cos 0 cos 0'j .
Es mögen in Fig. 1 die durch O, B, C gelegte Ebene
die Ebene (r, ds'); OD, OE
und OF die Richtungen von
resp. ds , r und ds bezeichnen.
Errichtet man nun auf der
Ebene (r, ds") in O die Nor-
male OA und legt durch OA
und ds eine Ebene, so ist die-
selbe senkrecht auf (r, ds'), und
FG misst die Neigung yj von
'/* gegen jene Ebene. Die Bogen
DF, ED und EF messen resp.
die Winkel e, 0' und 0.
Der Quadrant AE steht ebenso wie AG senkrecht auf
der Ebene (r, ds')\ der Bogen GE misst also den Winkel,
welchen die Projection des Elementes ds auf die Ebene
[r. ds) mit der Richtung von r macht.
A«. d. Phjx u. Cbem. N. F. XXXVI. 6
Fig. 1.
82
W. G. Hankd.
Aus dem bei G rechtwinkligen Dreiecke FGE erhält man
sin FEG\ 1 = sin v : sin 0 ,
also cos FL G = . , _ .
din* W
Aus dem Dreiecke DFL folgt:
cos e = cos 0 cos 0'— sin 0 sin 0' cos FLG,
cos £ — cos 0 cos 0 — — sin 0' ]/sin2 0 — sin2 iy,
cos2« — 2 cos « cos0 cos0' + cos*^ cos2 & = sin2 0' (sin20— sin1 w).
Es wird also
"*"?*' |/{cöP"0^cbs"*Ö co7- 0 + sin*0' (sln'0- sin2
»T duds'
= .vT S1U0 COS«/».
In Figur 2 sei die Richtung von r, ÖZ> die Rich-
tung von ds', so stellt in dem Parallelogramm OL' HD, OL'
die Kraft cos« und OD die Kraft
cos 0, sowie OH die Resultirende dar.
Da der Winkel DOE=&\ so ist
DOE'^ 180°- 0'. Aus dem Dreieck
E'OH erhält man
OH: L H = sin 0' : sin E'OH. oder
/ /' dx dx
2r
sin 0' cos iy :
= sin 0' : sin EOH,
sinEOH=™«.
COS (fr
C08 0
Fig. 2.
folglich
Der Bogen AG in Pig. 1 misst
den Winkel zwischen OG [der Pro-
jection des Elementes ds auf die Ebene
(r, ds')] und OE\_r\ Für denselben ergibt sich aus dem
Dreiecke GFL in Fig. 1 cos LOG = cos 0/ cos v, also der-
selbe Werth wie für sin L OH. Es ist daher L'OH^W"
+ E OG', oder E'OH — E OG — 90°. Die Resultirende B
liegt also, da beide Kräfte cose und cos 0 in der Ebene
(r, ds) wirken, ebenfalls in dieser Ebene und steht auf der
Projection von ds auf diese Ebene, mithin auch auf ds selbst
senkrecht.
Die »Seite des Elementes ds, nach welcher die Resulti-
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Electrodynamisches Gesetz.
rende gerichtet ist, lässt sich, ohne die Ooraponenten zu be-
rechnen, durch folgende Regel finden:
Man denke sich in die beiden Elemente zwei mensch-
liche Figuren so gelegt, class bei jeder derselben der elec-
trische Strom am Fusse ein und am Kopfe austritt, und
wende beide Figuren so, dass jede derselben mit ihrer rech-
ten Hand nach der anderen hingewandt ist, so wirkt die
Re9ultirende nach der linken Seite der Figur, wenn beide
das Gesicht nach derselben Seite gewandt haben, dagegen
nach der rechten , wenn die Gesichter beider Figuren nach
entgegengesetzten Seiten gerichtet sind.
§ 6. Betrachten wir zunächst die Wirkung eines ge-
schlossenen Stromlaufes in dem Fig. 3 gezeichneten Kreise.
Die Ebene dieses Kreisstromes liege in der AK-Ebene, und
der Anfang des Coordinatensystems sei in O. Es liege ferner
das Element ds mit seiner Mitte in der Axe X. Dann wird
Fig. 3.
c = 90° und ; 90°. In der Fig. 3 gezeichneten Anordnung
sind die Winkel a und a negativ. Man erhält dann:
A = — — sin (u — a) cos ß = H — — sin & cos ß.
1 r-'
<• r
T - , // d Jtd.i . . , . ii" dsd* • f.,
y = H sin (« — a) cos a = — tt , sin h cos «,
Z=Ü.
Da bei der Integration nach ds die Grössen cos« und
cos/? constant sind, so handelt es sich nur um das Integral
Q = li'f(ds/r*) sin©'.
Ist der Halbmesser des Kreises q und y> der Winkel,
welchen der nach da gezogene Halbmesser mit der Axe A*
6»
84
W. G. HanktL
macht, so wird, wenn der Abstand OA des Elementes ds
vom Mittelpunkte des Kreises « c gesetzt wird:
r«- = c- + Qn--2cQCos<f, und s\nQ'=ecOB*^ ?,
folglich
./ ir* + o2 — 2<r« cos <jp)* ■
Für die beiden Elemente welche in den von A an
den Kreis gezogenen Tangenten liegen, wird der Zähler des
vorstehenden Bruches = 0 ; in dem zwischen diesen beiden
Elementen dem A zunächst liegenden Theile des Kreises ist
derselbe positiv, in dem anderen Theile dagegen negativ.
Setzt man cos y = u , so wird
Iq dieser Form treten in dem Integral noch zwei Un-
stetigkeiten für /t = -f 1 und u = — 1 auf, da für diese
Stellen der Werth des Bruches unendlich wird. Es ist die
Integration also von ^ — + 1 bis /*= — 1 , und dann wieder
von ju = — 1 bis u = -f 1 auszuführen; dabei ist aber für
die Integration auf der zweiten Hälfte des Kreises die Wurzel
Vi — /t2, da dieselbe einen Sinus darstellt, welcher beim
Uebergange aus dem zweiten in den dritten Quadranten sein
Zeichen wechselt, negativ zu nehmen.
Hiernach wird dann
-V = -f ids cos ß . Q, Y— — ids cos«. Q, Z=0.
und die Resultirende
R = idx V fos = « + coss(j . Q ids cos it> . Q.
Da in dem vorliegenden Falle die Wirkung aller Ele-
mente ds in derselben Ebene, senkrecht auf ds, theils nach
der einen, theils nach der anderen Seite hin erfolgt, so hätte
man auch sofort die Resultirende aus der Wirkung aller
Elemente ds' berechnen können. Dieselbe wird
R = ids COS if J = i ds COS \p . Q,
also der zuvor berechnete Werth. Ihre Richtung bestimmt
sich nach der früher aufgestellten Regel, wenn man beachtet,
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Electrodynamisches Gesetz.
85
dass die zunächst an ds liegenden Elemente wegen ihrer
grösseren Nähe die stärkere Wirkung ausüben.
$ 7. Es ist ein eigenthümlicher Vorgang, dass, während
anfangs die Beziehungen der Elemente ds zu dem Element ds
namentlich durch das Eintreten des cos e eng verflochten
scheinen, sich im Fortgange der Rechnung diese enge Be-
ziehung wieder löst, und die Elemente ds und das Element ds
mit ihren Eigenschaften einfach als Factoren nebeneinander
treten.
Man braucht bei der Berechnung der Wirkung des Kreis-
stromes auf das Element ds zunächst gar nicht auf das letz-
tere Rücksicht zu nehmen, sondern nur den Ort desselben in
Betracht zu ziehen. Man berechnet den Werth des Integrals Q,
dieser gibt für alle Punkte in der Ebene, welche sich im
Abstände c (Fig. 3) vom Mittelpunkte des Kreises befinden,
die daselbst durch den Strom hervorgebrachte Veränderung
an. Legen wir dann das Element ds an den betreffenden
Ort. so entwickelt sich aus dem Einflüsse jener Veränderung
auf den in ihm vorhandenen Strom ein Antrieb zur Be-
wegung, welcher in der Ebene des Kreises und senkrecht
gegen das Element ds auftritt. Die Grösse desselben erhält
man, wenn man das Integral Q mit ids cos i/» multiplicirt.
Nach der früher angegebenen Regel bestimmt sich die Seite,
nach welcher die Resultirende hingewandt ist.
§ 8. Es fragt sich nun, welches die physikalischen Ver-
änderungen sind, welche der Kreisstrom in seiner Umgebung
herTorbringt, und wie aus dieser Veränderung und den in
dem Elemente vorhandenen Strome die zuletzt erwähnte Kraft
entspringt.
In den Berichten der math.-pbys. Classe der Sächs. ties,
vom Jahre 1865, p. 7 und 1866, p. 219 l) habe ich eine
Theorie der electrischen Erscheinungen aufgestellt, in welcher
dieselben auf Schwingungen zurückgeführt werden, und ge-
zeigt, wie die verschiedenen Vorgänge der Electrostatik,
der Electrodynamik und der Induction sich auf diesem Wege
1) Vgl. auch W. G. Hankel, Fogg. Ann. 126. p. 440. i860 u. 131.
p- 607, 1SST.
86
IV. G. Haiikel.
erklären lassen. Nach dieser Theorie bestehen die electri-
schen Ströme in kreisförmigen Schwingungen des Aethers,
unter Betheiligung der materiellen Molecule des Drahtes.
Die kreisförmigen Schwingungen stehen senkrecht auf der
Axe des Drahtes, und der Umschwung erfolgt je nach
der Richtung des Stromes in dem einen oder dem anderen
Sinne.
V on den Elementen ds' pflanzen sich dann die Schwing-
ungen kugelförmig in den umgebenden Aether fort. Die
Tangentialgeschwindigkeit auf den verschiedenen Punkten der
Kugelobertläche hängt ausser von der Stärke des Stromes
und der Länge des Radius auch noch von seiner Lage gegen
die Axe des Umschwunges ab, sodass dieselbe vom Aequator
bis zu den Polen (Enden der Axe) hin mit dem Cosinus der
Breite oder dem Sinus der Poidistanz abnimmt.
Bezeichnet i" die als Maass für die Stromstärke dienende
Tangentialgeschwindigkeit im Aequator im
Abstände 1, so ist die Tangentialgeschwin-
digkeit im Punkte D (Fig. 4)
i sin A fi D i 8iu#'
r2 - ri
Wird nun in den Punkt D das Ele-
ment ds mit der Stromstärke / gelegt, und
zwar zunächst so, dass es in die durch ds
und BD — r gelegte Ebene fällt, so haben
auf der einen Seite von ds die von ihm und von ds aus-
gehenden Schwingungen dieselbe, auf der anderen aber ent-
gegengesetzte Richtung. Die Geschwindigkeit der das Ele-
ment ds umgebenden Aethertheilchen wird daher auf der
ersten Seite vergrössert, auf der anderen vermindert. Da-
durch entsteht, wie ich in der oben angeführten Abhandlung
gezeigt habe, eine Kraft, welche in der Ebene (r, ds') liegt,
senkrecht auf dem Element ds steht, und nach der Seite
hin gerichtet ist, auf welcher durch das Zusammentreffen
entgegengesetzter Bewegungen die Geschwindigkeit der Aether-
theilchen vermindert ist. Die Grösse dieser Kraft ist
sin
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ElectrodyiUQnisches Gesetz.
87
Fällt das Element ds nicht in die Ebene (r, ds), sondern
oildet mit ihr den Winkel y, so haben wir die um ds als
Axe erfolgenden Schwingungen in zwei zu zerlegen; die Axe
des einen bildet die Projection von ds auf die Ebene (r, ds),
die Axe des anderen die auf dieser Ebene errichtete Normale.
Die Starke der um die Projection erfolgenden Schwingungen
ist dann ids cos u>, und durch die Einwirkung des Stromes t"
entsteht eine Kraft ids cos 1^(1" ds sin 0')jr2, welche in der
Ebene (r, ds') liegt, senkrecht auf der Richtung der Projection
oder auf dem Element ds steht, und nach der Seite hin
gerichtet ist, auf welcher die von ds' und von der Projec-
tion ds ausgehenden Schwingungen entgegengesetzte Rich-
tungen haben.
Gegen die um die Normale auf der Ebene (r, ds') erfol-
genden Schwingungen verhalten sich die von ds ausgehenden
Schwingungen ringsum gleich, bringen also keine Ungleich-
heiten in den das Elemente umgebenden Aetherschwingungen
hervor, und geben daher auch zum Auftreten einer dieses
Element treibenden Kraft keine Veranlassung.
Die von einem Element ds mit der Stromstärke V auf
ein anderes Element ds mit der Stromstärke i ausgeübte
Kraft ist also
ids cos y .i dx sin H'
>•*
Da die Kraft stets auf dem Elemente senkrecht steht,
so hat die von ds auf ds ausgeübte Wirkung im Allgemeinen
eine andere Richtung, als die von ds auf ds ausgeübte. Für
diese beiden Wirkungen gilt also nicht der Satz von der
Gleichheit der Wirkung und Gegenwirkung. Dieses Princip
selbst aber wird durch die Vorgänge zwischen den electri-
schen Elementen nicht verletzt. Die Wirkungen der Ele-
mente aufeinander sind keine directen, sondern erst durch
die Schwingungen vermittelt; in Betreff der Wirkungen
der Aethertheilchen aufeinander behält jenes Princip seine
Geltung.
§ 9. Wenden wir uns jetzt wieder zu der oben in § 6
berechneten Einwirkung eines ebenen Kreisstromes auf ein
mit seiner Mitte in der Stromebene liegendes Element ds
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W. G. Hankel.
zurück, so zeigt die Betrachtung der Entwicklung, dass das
Integral Q die Resultirende aus den Geschwindigkeiten dar-
stellt, welche von allen Elementen ds an den Ort von d$
übertragen werden. Diese Geschwindigkeiten sind senkrecht
gegen die Ebene des Stromes gerichtet; die auf B D E (Fig. 3;
gelegenen Theile des Kreises bringen nach dem Orte des
Elementes dg die Geschwindigkeiten in der einen, die von
dem anderen Theile BFE ausgehenden in entgegengesetzter
Richtung. Das Integral Q stellt also die Resultirende aus
allen diesen Geschwindigkeiten dar, welche nach der von
BDE ausgehenden Drehungsrichtung senkrecht auf der
Stromebene steht.
§ 10. Betrachten wir jetzt den allgemeinen in § 4 be-
handelten Fall der Wirkung eines beliebig gelegenen Ele-
mentes dg auf ein Element dg, so wird sich auch hier zeigen,
dass sich die Beziehungen der beiden Elemente so weit lösen,
dass sie mit ihren Eigenschaften nur als Factoren zusammen-
treten.
Die Gleichungen für die drei Coraponenten waren:
X = " .f*?*- {cos ß ( — cos a cos ß ' + cos b cos u) -r
+ cos ;' ( — cos a cos ; + cos c cos a) j .
y== jcos; (- cosÄ cos / -f cosccos£') +
+ cos a (— cos b cos u -f cos a cos .
Z= *f " {cos « ( - cos c cos u + cos a cos y) +
-r cos ß (— cos c cos ß' + cos h co* y ) \ .
Wir setzen nun
Q cos a — + '-f* (cos c cos ß' — cos b cos y) .
Q cos m = -f- *■ (cos u cos y — cos c cos «') ,
Q cos v = 4- (cos £ cos «/ — cos a cos .
Die Werthe sind nur abhängig von dg und der Lage
des Ortes, an welchen spater das Element dg hingesetzt wer-
den soll. Q bedeutet also eine Resultirende, deren Richtung
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Electrodynamisches Gesetz.
8'.)
durch die Winkel A, (i* v bestimmt wird, und deren Grösse
sich ergibt Q = (*"</*' sin 0')/r*. Dieser Ausdruck ist die von
d$ an den betreffenden Ort übertragene Geschwindigkeit, da
Q auf der Ebene (r, ds') senkrecht steht. Die obigen Aus-
drücke QcosA, Qcosu, Qcosr bedeuten also die Üompo-
nenten der Geschwindigkeit Q nach den drei Axen
Legen wir nun das Element ds, welches mit den drei
Axen die Winkel a, ft, y bildet, an den betreffenden Ort, so
erhalten wir die Componenten
Hieraus folgt, wenn i/» den Winkel zwischen ds und der
Ebene (r, ds) bedeutet, die Resultirende
Diese Resultirende liegt in der Ebene (r, ds) und steht
senkrecht auf ds oder seiner Projection auf die Ebene (r, ds).
Dies ist aber genau die Resultirende, welche entsteht, wenn
das Element ids an den Ort gelegt wird, wo die resultirende
Geschwindigkeit Q war. Es entsteht durch das Zusammen-
treffen der Schwingungen eine Kraft ü/*cos \V {i'ds sin ;2r,
welche das Element ds in der auf Q senkrechten Ebene, in
der auf ds senkrechten Richtung, nach der Seite hin treibt,
wo die von ds und ds ausgehenden Schwingungen einander
entgegengesetzt sind.
§ 11. Genau ebenso lässt sich die Aufgabe behandeln.'
die Wirkung eines beliebigen geschlossenen Stromes auf ein
Element ds zu bestimmen. Auch hier lassen sich wieder in
den Componenten A", Y\ Z die auf ds und auf ds bezüglichen
Grössen trennen.
Setzen wir
Ql = J j" ^* (cos c cos ft ' — cos b cos y) — Q cos /. ,
A' = ids Q (cos ß cos v — cos ;' cos u) .
) ' = idsQ (cos y cos /L — cos u cos v) ,
Z = ids Q (cos u cos u — cos ft cos X) .
R = ids cos v>. Q =
i ff * ot.t* W . /'</.* sin H
•
} f 1 (cos a cos — cos c cos u)
Q cos u .
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90
IV. G. Hunkel.
so ist Q die Resultirende , welche mit den drei Axen die
Winkel A, v macht. Dieselbe stellt die Resultirende der
von allen Elementen ds an den Ort von ds übertragenen Ge-
schwindigkeiten dar, und Qx , Q21 Qs sind die drei Compo-
nenten dieser Resultirenden.
Bilden wir nun die Componenten A", i\ Zy so erhal-
ten wir
A = /«.v Q (cos p cos v — cos y cos m),
K = ids Q {cosy cos A — cos «cos v),
Z = Q (cos a cos M — cos ß cos /.).
Bezeichnet y den Winkel, welchen das Element ds mit
einer auf Q senkrechten Ebene i» macht, so wird die Re-
sultirende
R — ids cos w» .
und zwar liegt dieselbe in der Ebene P und steht senk-
recht auf der Projection von ds auf P und ebenso auf ds
selbst.
Dies ist aber genau wieder der Vorgang, wie ihn die
Schwingungstheorie fordert. Q ist die Resultirende aus den
von 8ämmtlichen Elementen ds an den Ort des Elementes
ds übertragenen Schwingungen. Legen wir nun das Element
ids an den betreffenden Ort, so haben wir dasselbe auf eine
gegen Q senkrechte Ebene Pzu projiciren.1) In dieser Ebene
11 Die oben mit P bezeichnete Ebene hat schon Grassmunn in
seiner Abhandlung »Zur Eleetrodynamik" (Journal für reine und ange-
wandte Mathematik 83, 1SS7) bemerkt. Kr sagt daselbst p. V>3:
»Wenn ein beliebiger geschlossener Strom im Räume gegeben ist. so
gibt es zu jedem Punkte A eine bestimmte Ebene, die man durch A
gehend annehmen und die Wirkungsebeue des .Stromes in Bezug auf den
Punkt A nennen kann, und welche die Eigenschaft hat, dass jede* von
A ausgehende Stromelement (b) erstens, wenn es auf dieser Ebene senk-
recht steht, keine Einwirkung durch den Strom erfährt, zweitens, wenn
es schräg darauf steht, dieselbe Wirkung erleidet, wie seine (senkrechte)
Projection (/>,) auf diese Ebene erleiden würde, drittens, dass die Kraft,
die es erführt, in dieser Ebene liegt und auf der Projection (bx l des Strom-
elementes und also auch auf diesem selbst senkrecht steht, und viertens,
dass wenn g die Kraft ist, welche jenes von A ausgehende Stromelement
lb) in irgend einer Lage erf&hrt, und sich die Projection des Strom-
elementes auf die Wirkungsebene um irgend einen Winkel in dieser Ebene
dreht, dann auch die Kraft a, ohne ihren Werth zu verändern, sich um
denselben Winkel dreht."
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Electrodynamisches Gesetz.
91
entsteht dann durch das Zusammentreffen der von dem ge-
schlossenen Strome und dem Elemente ds ausgehenden
Schwingungen eine Kraft ids cos w. Q, welche auf ds und
seiner Projection auf die Ebene P senkrecht steht und nach
der Seite gerichtet ist, wo die von dem geschlossenen Strome
und von ds ausgehenden Schwingungen entgegengesetzte Rich-
tungen besitzen.
§ 12. Zum Schluss will ich noch den Fall behandeln,
wo ein ebener kreisförmiger Strom auf ein Element, welches
in seiner Axe in einem gegebenen Abstände liegt, einwirkt.
Wollte man diese Wirkung berechnen, indem man von
der Formel
ii dg ds sin H cos */'
2r
ausgeht, so würde, obwohl
sinf-r= 1, selbst bei der An-
nahme, dass ds mit der Axe A"
parallel liegt, doch die Rech-
nung sehr umständlich werden,
da die von jedem einzelnen
Elemente ds auf ds ausgeübte
Kraft von Element zu Element
ihre Grösse und Richtung
ändert, wobei sie doch immer
senkrecht gegen ds bleibt.
Einfacher gestaltet sich die Rechnung, wenn man zuerst
die Componenten X, V, Z berechnet. Ziehen wir zuerst
von allen Punkten des Kreises (Fig. 5) vom Halbmesser o
Linien nach dem Orte C des Elementes ds, so bilden die-
selben einen Kegel. Es sei e der Abstand OC, und c der
Winkel, welchen eine Seite des Kegels mit der Axe macht,
SP ist der Winkel, welchen r bei allen Elementen ds mit
der Z-Axe bildet, = c. Ist der Winkel zwischen OB und A"
gleich <p, so ist der Winkel «'=9<)0 + y, ft'=f/, 90",
es wird also:
Cosa — — sin qr, cos ft' = cosy, cos;'= 0.
Weiter ergibt sich
cos a = sin c cos y , cos b = sin c sin <p .
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02 W. G. Hankel.
Das Integral Q; wird dann -f * \C™Cf cos rpdrf.
Q. " -f 2^ J Sin <jf <f .
,4 / (> sin ^ C .
Die beiden ersten Integrale geben zwischen 0 und 2 :r
genommen den Werth =0. Q3 wird = -f /'rrpsinc/ r2. Die
Resultirende Q = liegt in der Axe Z.
Wird nun das Element an den Ort C gelegt, und sind
die von den drei Axen gebildeten Winkel a, ß. ;% so werden
die drei Componenten
also
7?
i<ijr t" n y sin r cos u>
Gehen wir von der Theorie der Schwingungen aus. so
lässt sich das vorstehende Resultat fast aus der blossen
Anschauung entnehmen.
Alle von den Kiementen ds an den Ort von ds über-
tragenen Geschwindigkeiten von der Grösse i'dsjr- stehen
senkrecht auf der durch C und ds gelegten Ebene und sind
einander gleich. Sie bilden mit der Axe Z einen Winkel
= 90° — c. Zerlegen wir jede Geschwindigkeit i'ds r2 in
eine nach Z gerichtete und in eine mit der Ebene X)
parallele Componente, so heben sich die letzteren Compo-
nenten auf, und es bleiben nur die nach Z hin gerich-
teten übrig, deren Summe mit Hinzufügung des Factors l
gleich i" 7i q sin c / r~ ist. Wird nun das Element ds an den
Ort C gelegt, so entsteht eine in der auf Z senkrechten
Ebene liegende und auf ds senkrecht stehende Kraft
ids cos n> . i n g sin c / r2, und zwar gerichtet nach der Seite
von ds, auf welcher die von dem kreisförmigen Strome und
die von ds ausgehenden Schwingungen entgegengesetzt ge-
richtet sind.
Elektrodynamische* Gesetz. 93
Die vorstehenden Erörterungen dürften es wohl recht-
fertigen, wenn ich der Ansicht Ausdruck gebe, dass die von
mir aufgestellte Theorie den wirklichen Vorgängen entspricht.
Die Rechnung stellt in allen Beziehungen vollständig und genau
die aus den Schwingungen sich ergebenden Vorgänge dar.
IV. Veber den Ein flu hh der Temperatur auf die
Verdampfung und auf die Diffusion von Dämpfen1);
von A. Winkelmann.
(Hierin T»f. I Klf. 14.)
Ueber die Diffusion der Gase in ihrer Abhängigkeit
von der Temperatur liegen Versuche von Lohschmidt und
in sehr ausführlicher Art von v. Obermayer vor. Aus
den Loschmidt'schen Beobachtungen2) ergeben sich für
den Exponenten m der Gleichung:
in welcher D* den Diffusionscoefficienten bei #° und a
den Ausdehnungscoefficienten der GaBe bezeichnet, folgende
Werthe:
Combination m Temperatunliff., aus welcher
m abgeleitet wurde
Kohlensäure- Luft lf»8 38,0°
» Wasserstort' 2,10 13,2
Sauerstoff - „ 1,71 82,4
Die Versuche von v. Oberraayer3) umfassen das Tem-
peraturintervall von 8 bis 61,5°. Die gefundenen Resultate,
welche genauer als die Loschmidt'schen sind, enthält die
fugende Tabelle.
1) Auszugsweise am 1. Juni 1888 in der med.-naturw. Gesellschaft
in Jena mitgetheilt.
2i Loschmidt, Wien. Ber. 61. 2. Abth. p. 367. 1870.
3.1 v. Obermaver, Wien. Her. Sl. 2. Abth. p. 1102. 1880.
94 A. Winkelmann.
Kohlensäure -Luft 1.%*
« - Stickoxydul 2,050
» -Wasaerstoti" 1,742
Sauerstoff - „ 1,755
„ -Stickstoff 1,792
Ich habe für eine grössere Reihe von Dämpfen, deren
Diffusion in Wasserstoff, Luft und Kohlensäure früher unter-
sucht wurde1), aus Mangel einer näheren Kenntniss voraus-
gesetzt, dass m unabhängig von der Natur des Gases sei,
in welches die Diffusion stattfindet, und dass dasselbe gleich
2 sei. Eine Prüfung dieser Annahme war bei der damaligen
Versuchsanordnung nicht möglich, weil die Genauigkeit der
Versuche hierfür nicht ausreichte. Die Beobachtungen,
welche am Wasserdampf angestellt waren, enthielten indess
eine Andeutung dafür, dass die Abhängigkeit der Diffu-
sionscoefficienten von der Temperatur mit der Natur des
Gases, in welches die Diffusion stattfindet, sich ändert Ver-
gleicht man nämlich das Verhältniss der Diffusionscoefficien-
ten bei verschiedenen Temperaturen miteinander, so finden
sich keine constanten Zahlen. Es wurde gefunden:
p v • . Verhältniss der DiJTuaion^coefficieutcn
,uncn bei der Temperatur
49,5° 92,4°
l**°-ß* 5 5- 4 95
ILO — Luft ...
H.O-CU, ^ l'4"
Das Verhältniss der Diffusionscoefficienten nimmt nach
diesen Zahlen mit wachsender Temperatur ab. Diese Ab-
nahme wird erklärt, wenn man annimmt, dass der Diffu-
sionscoefficient H20— IL, schwächer mit der Temperatur
wächst, als jener von H2 — C02, und dass die Aenderung der
Diffusionscoefficienten H20-Luft zwischen den Aenderungen
der beiden anderen (Kombinationen gelegen ist.
In der folgenden Arbeit ist diese Annahme einer ge
naueren Prüfung unterzogen, und es hat sich in der That
die Berechtigung derselben herausgestellt. Setzt man, wie
oben, den Diffusionscoefficienten bei der Temperatur
Ii Winkel mann, Wied. Ann. 2*2. p. 152. 1884.
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Verdampfung und Diffusion.
95
so wurde erhalten für die:
Combination
HaO-H4
H40-Luft
H,0-CO.
1,712
1.774
1,972
hl
§ I-
Die Versuche über die Diffusion des Wasserdampfes
zeigten bei der früheren Untersuchung in der höheren Tem-
peratur eine Schwierigkeit, welche darin bestand, dass mit
der Aenderung des Abstandes des Flüssigkeitsniveaus vom
Ende der Röhre der Diffusionscoefncient selbst sich änderte.
Es wurde damals constatirt, dass der Diffusionscoefncient
mit wachsendem Abstände einem Grenzwerthe zustrebt, und
dass letzterer sich aus den Versuchen berechnen lässt.1) Für
die jetzt auszuführende Bestimmung der Abhängigkeit des
Difrasionscoefficienten von der Temperatur war es wünschens-
wert!^ eine Anordnung zu treffen, bei welcher von vornherein
der Grenzwerth erreicht wird, bei welcher also die genannte
Abhängigkeit des Diffusionscoefficienten nicht mehr vorhan-
den oder auf ein Minimum reducirt ist. Es war dies durch
eine starke äussere Druckvermehrung, durch welche die
Verdampfung sehr abgeschwächt wird, zu erzielen. Der Ein-
fiuss einer solchen Druckvermehrung ist durch eine vor-
bereitende Arbeit2) festgestellt. Ein stärkerer äusserer Druck
bietet gleichzeitig den Vortheil, dass höhere Temperaturen
anwendbar werden, resp. dass die constante Temperatur der
siedenden Dämpfe benutzt werden kann.
Die Anordnung der Versuche war folgende. Bei der
tieferen Temperatur, welche wenig über der Temperatur des
Zimmers lag, wurden die Apparate — deren Einrichtung
vollständig mit jenen, die bei der Arbeit über den Eintluss
des äusseren Druckes beschrieben sind, übereinstimmt — in
ein Wasserbad gesetzt, dessen Temperatur durch einen
Thermostaten bis auf 0,05° constant gehalten wurde. Die
1) Winkelrnann, VVie-1. Ann. 22. p. 152. IHM.
2) Winkelrnann, Wied. Ann. 33. p. 445. 188^.
90
A. Winktlmann.
Ablesung des Flüssigkeitsniveaus geschah mit Hülfe von
Mikroskopen.
Zu den Versuchen, welche bei der höheren Temperatur
ausgeführt wurden, diente ein viereckiger Kasten AB (Fig. 14)
von 50 cm Höhe mit quadratischem Querschnitt von 9 cm
Seite; die vordere und hintere Wand desselben war von
Spiegelglasscheiben gebildet Dieser Kasten wurde auf einen
Wasserkessel gesetzt, um die Dampfe durch den ersteren
hindurchzuleiten. Da die Versuche längere Zeit beanspruchten,
als dass der Wasserinhalt zur Dampfbildung ausgereicht
hätte, war an dem Boden des Wasserkessels ein seitlich
nach oben gebogenes Rohr herausgeführt, in welches aus
einer Mariotto'schen Flasche C Wasser nachtropfte. In
den Kasten AB wurden die Apparate a, b, deren Gesammt-
länge 50 cm betrug, durch einen Kork bei B eingeführt.
Die Verbindung der Apparate mit der Quecksilberluftpumpe
geschah durch lange doppelt gebogene Glasröhren / /, welche
nach Art der Kundt'schen Glasfedern eine starke Biegung
vertrugen und die Verbindung mit der Pumpe sehr erleich-
terten; mit der letzteren war endlich einerseits ein Queck-
silbermanometer M und andererseits eine Druckpumpe P
verbunden. Der Druck, unter welchem die Verdampfung in
den Apparaten erfolgte, lag zwischen 1500 und 1600 mm.
Zunächst wurde durch ein in den Kasten AB einge-
führtes Thermometer, welches in 0.2° getheilt war, eonstatirt,
dass das Innere des Kastens trotz seiner beträchtlichen
Höhe die Temperatur der siedenden Dämpfe, wie sie sich aus
dem jeweiligen Barometerstand berechnet, in der That be-
sass. Einige Schwierigkeit bot die mikroskopische Ablesung
des Flüssigkeitsniveaus in den engen Röhren, weil häufig ein
Beschlag an der inneren Wandung der Spiegelglasscheiben
eintrat, welcher die scharfe Einstellung unmöglich machte.
Es wurde in diesen Fällen durch ein Stückchen Wollenzeug,
welches an einem Draht befestigt durch den Kork in den
Kasten eingeführt war, der Beschlag unmittelbar vor der
Ablesung abgewischt.
Die Absorption des dift'udirendeu Wasserdampfes wurde
durch Schwefelsäure bewirkt, welche bis nahe an den Rand
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Verdampfung und Diffusion.
97
des inneren Verdampfungsrohres reichte. Es war für die
höhere Temperatur die Bestimmung nothwendig, ob etwa
der Druck der Schwefelsäuredämpfe einen bemerkbaren Ein-
fluss ausübte. Zu dem Ende wurde ein unten geschlossenes
Glas theil weise mit Schwefelsäure gefüllt, dasselbe in einen
gläsernen Siedeapparat eingeführt und mit der Quecksilber-
pumpe verbunden. Bei einem Luftdrucke von 1,5 mm war
noch kein Sieden der Schwefelsäure bemerkbar; erst als der
Druck 0,6 mm war, traten Blasen auf, welche als ein Sieden
in der Nähe der Flüssigkeitsoberfläche gedeutet werden
konnten, vielleicht aber auch blos Luft enthielten. Jeden-
falls hat, wie aus diesen Versuchen hervorgeht, die von mir
benutzte Schwefelsäure bei 100° einen Dampfdruck, welcher
kleiner als 1,5 mm ist. Da aber die Versuche über die
Verdampfung des Wassers unter einem Druck von 1500 bis
1600 mm angestellt wurden, hat der genannte kleine Druck
keinen bemerkbaren Einfluss. Um aber in dieser Hinsicht
noch eine weitere Controle zu haben, wurden auch Versuche
ausgeführt, bei welchen die Schwefelsäure durch Phosphor-
säureanhydrid ersetzt war; es zeigte sich hier das gleiche
Resultat, wie früher unter Benutzung der Schwefelsäure.
Der Diffusionscoefficient ist dem folgenden Ausdruck,
abgesehen von einem Temperaturcoefficienten, proportional:
Es bedeutet in demselben {tx — 10) die Zeit, welche noth-
wendig ist, damit das Flüssigkeitsniveau von dem Abstände
Äö auf ^ sinkt; P stellt den äusseren Druck und p den
Dampfdruck dar.
In der folgenden Tabelle sind die Grössen, welche zur
Berechnung des obigen Ausdrucks B nothwendig sind, gleich-
zeitig mit dem Ausdruck selbst angegeben.
Aon. d. Phy». u. Cbtm. N. F. XXXVI. 7
§ 2. Verauchsresultatc mit Luft.
1
'1 - '0 .
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98 A. mnkelmann.
Tabelle I. Wasserdampf-Luft.
Abstand des
1 ■
FlüasipkeitH-
niveaus vom ('i ~ fo)
Ende d. Röhre jn Sec.
in mm
/,
1 Aeii68erer
Druck
in mm
P
! Teillpe-
rii fur
rmur
1
1_
Dampf-
druck
in mm
P
it
/»
1
25,038
26,006
27,079
83 220
85 140
t 737.7
15,06
12,723
0,04179
2
20.205
21,452
22,645
83 340
84 540
•
<
0,04120
3
1 9,090
20,422
21,696
83 520
84 MO
t
%
: - 1
1
0,04170
0,04190
4
21,201
23,951
169 800
743,8
: i7,5i
1
14,865
0,04169
5
17,165
20,508
169 560
»>
I n
•»
i
" 1
0.04 23?t
<;
15,413
19,000
169 140
n
0,04162
7
13,806
17 755
169 560
n
•
L - J
1
•>
0,04191
35,34tT
38,529
319 740
751 °
17 41
j
14 77*2
0 04*>fi,>
45,546
48,052
319 860
i
'»
0,04251
10
oo« 4m 3 «3
55,807
57,459
86 580
253 680 |
744,0
17.43
14,791
0,04228
0,04230
11
41.127
41,925
44,102
89 5*0
253 260
•>
1
0,<i4240
0,04239
12
50.117
50,774
52.591
89 280
253 800
" 1
•»
0.04255
0,04240
Die Versuche, welche gleichzeitig mit verschiedenen
Röhren in demselben Wasserbade angestellt wurden, sind
durch horizontale Doppelstriche eingeschlossen; sie sind da-
durch charakterisirt, dass ihnen gleiche Drucke und gleiche
Temperaturen angehören. Die Differenzen, welche diese Ver-
suche in dem Ausdrucke B zeigen, sind grösser, als erwartet
wurde; dieselben sind darin begründet, dass die Theilung auf
der Glasröhre nicht gleichzeitig mit der Flüssigkeitskuppe
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Verdampfung und Diffusion.
99
in dem Mikroskop deutlich sichtbar war. Um daher den
Abstand der Kuppe von einem Theilstrich der Röhre durch
das Ocularmikrometer des Mikroskops zu bestimmen, waren
zwei Einstellungen nöthig, welche, wenn eine kleine Neigung
der horizontalen Axe des Mikroskops infolge einer Schwer-
punktsverschiebung des letzteren eintrat, von einem Fehler
begleitet sind, der die Genauigkeit der mikroskopischen Ab-
lesung nicht vollständig auszunutzen gestattet. Die beiden
ersten Gruppen der obigen Tabelle zeigen Unterschiede, die
fast 2 Proc. erreichen, wahrend bei den letzten Gruppen, wo
man durch häufigere Einstellungen die gedachten Fehler
möglichst zu vermeiden bestrebt war, die Differenzen beträcht-
lich kleiner sind.
Die Verdampfungsröhren, welche zu den obigen Ver-
suchen benutzt wurden, hatten einen lichten Durchmesser
von 1,1 mm; um zu untersuchen, ob durch die Wasserauf-
nahme der absorbirenden Schwefelsäure die Wirksamkeit der
letzteren bei den Versuchen beeinträchtigt wird, wurde ein
Doppelversuch (Nr. 10 der Tab. I) ausgeführt, bei welchem
das Verdampfungsrohr einen Durchmesser von 3,6 mm hatte.
Obwohl hier etwa zehnmal so viel Wasser verdampft, als
bei dem engen Rohr in gleicher Zeit, sind die Werthe von
B sehr nahe einander gleich (vgl. die Nrn. 10, 11, 12), ein
Beweis , dass die Schwefelsäure durch die geringe Wasser-
Hufnahme, um welche es sich bei den obigen Versuchen han-
delt, auch nach längerer Zeit von ihrer Wirksamkeit noch
nichts verloren hat.
Berechnet man aus den einzelnen Gruppen das Mittel,
und fasst hierbei die beiden letzten Gruppen, welche nur
einen Temperaturunterschied von 0,02° zeigen, zusammen,
so erhält man:
Temperatur B
15,06 0,04164
17,51 0,04190
17.42 0,04232
.Mittel 16,6(5 0,04199
In der folgenden Tabelle sind die Versuche bei der
höheren Temperatur zusammengestellt. Es wurden zwei
Apparate gleichzeitig benutzt; dieselben sind durch die Buch-
7*
100
A, WinkHmann,
staben a und b unterschieden; in dem Apparate a hatte das
Verdampfungsrohr einen lichten Durchmesser von 1.11 mm.
in dem Apparate b einen solchen von 0,88 mm.
Tabelle IL Wasserdampf-Luft.
Nr.
■<
l
3/
4,
Abstand des
V\ii s*?i (»its.
niveau* vom
Ende d. Röhre
•
in mm
h
f.-'.)
in See.
!
i
Aeus.serer
Druck
in mm
P
DumriT.
druck
in mm
I
P
1
Tempe-
ratur .
B
54.107
1
21240 1577,1
.,
750,90
99,66
0,05485
AU QÜW
52,686
20460
1
_" 1
0,05473
54,944
63,296
32220
1569,5
747,75
99.55
0,05452
03,43 i
61,072
32580
*
0,05380
e* a Toi
64.724
70.380
_
24630
1570,2
742,05
99,33
0.05562
63,535
68,253
20250
!
._" J
i
•
0.0552 1
143,135
146,141
•
27990
1576,0
•
743,5
99.39
0,05603
146,794
149,775
28950
•i
>»
1
1
i
0,055 t 5
146,687
149,268
24600
i
1573,7
742,9
t
99,37 ,
0,05598
150.276
152,718
24540
»»
i
t
0,05435
In den Versuchen der vorstehenden Tabelle variirt der
Abstand der Flüssigkeitsoberfläche vom Ende der Röhre von
47 bis 152 mm; trotzdem sind die Werthe von B, wie zu
erwarten stand, nur wenig voneinander verschieden. Bildet
man für beide Apparate das Mittel aus den Versuchen 1
bis 3 einerseits, und 4 bis 5 andererseits entsprechend den
kleineren und grösseren Werthen von h, so findet man:
Mittel werthe von b',
Versuch 1—3; 4—5
Apparat a 0,05510 0,05600
b 0,05458 0,05475
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Verdampfung und Diffusion.
101
Bei dem Apparate a betragt die Zunahme 1,6 Proc, bei
dem Apparate b nur 0,3 Proc. Da es nicht wahrscheinlich
ist, dass die Differenz in dem Verhalten beider Apparate
nur in Ablesungsfehlern begründet sei, so liegt die Ver-
muthung nahe, dass eine der beiden Verdampfungsröhren
nicht vollkommen cylindrisch ist. Wenn ein Rohr nach
unten hin sich conisch verjüngt, so muss die Verdampfung
mit wachsendem Abstände der Fltissigkeitsoberfläche grösser
werden, als in einem cylindrischen Rohre, d. h. es muss B
mit wachsendem Abstände wachsen. Um den Einfluss einer
etwaigen Ungleichmassigkeit zu erkennen und aus dem Mittel-
werthe zu beseitigen, wurden beide Rohre unten abgeschnitten
und oben zugeschmolzen und dann die Verdampfung von
neuem untersucht. Die folgende Tabelle enthält die Resultate.
Tabelle III. Wasserdampf-Luft.
(Beide Rohre sind umgekehrt.)
Xr.
*«
6,
, Abstand des
Flüssigkeita-
nive&us vom
Ende d. Röhre
in mm
h
65,662
70,042
r Aeusserer
Ci ~ 'o) ! Druck
in See. in mm
Dampf-
druck
in mm
10,
67,141
71,123
72,352
77,946
73,61)6
79,310
136,194
139,194
129,549
132,854
140,113
1 42,924
133,803
136,b90
r
20220
19650 '
27340
* i '
1562,5 780,4
1560,4 732,8
I
Tempe- ,
ratur
98,90 0,05449
ii ! 0,05515
28320
27720
29220
.1.
1568,7 735,7
25860 • 1568,6
\
27030
744,5
98,99 0,05553
n 0,05506
99,10 0,05420
» 0,05396
99,43 0,05504
0,05530
89,733
94,215
64.295
70,312
27270
2709»
1575,3 742,9
99
,37 0,05452
„ 0,05392
Digitized by Google
102
A. h'inkelmann.
Bildet man hier ebenfalls das Mittel aus den Versuchen
mit kleinem Abstand und jenen mit grösserem Abstand, so
ergibt sich:
Mittelwerthe von b
aus den Versuchen
Nr. 6. 7, 10; h. 9
Apparat a 0,0548."> 0,05462
» h 0,05471 0,05463
Nach diesen Versuchen findet sich also (fine kleine Ab-
nahme von B mit wachsendem Abstände h\ es würde dies
der Annahme einer schwachen Verjüngung des Rohres nach
oben hin entsprechen und in Uebereinstimmung mit der ge-
ringen Zunahme in umgekehrter Stellung sein. Nach diesen
letzteren Versuchen ist die Aenderung aber so klein, dass
sie auch durch Versuchsfehler vollständig erklärt werden
kann. Man darf daher aus der Gesammtheit der Versuche
der Tabellen II und III den Schluss ziehen, dass die Aen-
derung des Diffusionscoefficienten mit wachsendem Abstände
der Flüssigkeitsoberfläche vom Ende der Verdampfungsröhre
bei den vorliegenden Versuchen sehr gering und nicht sicher
nachweisbar ist. Infolge dessen sind die Grenzwerthe, welche
bei schwächerem äusseren Druck nach einer früheren Unter-
suchung erst durch Rechnung gefunden werden mussten, hier
unmittelbar experimentell bestimmbar.
Das Mittel aus sämmtlichen Versuchen ist:
5 = 0,05487 für # = 99,31°.
Aus diesen Werthen erhält man den Diffusionscoefficienten
bei der Temperatur & des Versuches, bezogen auf cm und
See, nach der Formel:
fl*-;,-";Tr-f.iog..io->.
Es bezeichnet hier s die Dichtigkeit des Wassers bei
bezogen auf Luft von 0° und 76 cm Druck als Einheit;
</j die normale Dichte des Dampfes, ebenfalls bezogen auf
Luft von 0° und 76 cm Druck als Einheit. Es wurde ge-
setzt:
bei 99.3° * = ,,^,64»'
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Verdampfung und Diffusion
103
Hiermit findet man für die Dißusionscoefficienten Wasser-
dampf-Luft:
bei 16,ob° Ae*« 0,2402,
bei 09,31° A»,3i = 0,3749,
und hieraus für den Exponenten m der Gleichung:
m = 1,774; 2>0 = 0,2102 •
Eine Vergleichung mit den drei Mittelwerthen der Ta-
belle I zeigt folgende Zusammenstellung :
Mittlerer Difrusionecotfffici'Miten
Temp. Abstand /; beob. berechn. Differenz
15,06 22,7 0,2381 0,7378 +0,000*
17,51 18,6 0,2397 0.2413 -0,0016
17,42 47,4 0,2425 0,2412 +0,0013
Reducirt man die beobachteten Werthe auf die gleiche
Temperatur 17,42°, so erhält man:
Mittlerer Zunahme pro nun
Abstand h Diffusiouscoi'fticient in Prot*.
1. 22,7 0,2415
2. 18,6 0,23!»6
3. 47,4 0,2425 Ü'U41
Der Diffusionscoefficient wächst nach diesen Zahlen
mit wachsendem Abstände; indessen ist diese Zunahme sehr
gering. Berechnet man dieselbe aus der ersten und dritten,
dann aus der zweiten und dritten Gruppe, 80 findet man die
in der letzten Reihe angegebenen Werthe. Schon der grosse
Unterschied von 0,017 und 0,041 Proc. zeigt, dass die Ge-
nauigkeit der Beobachtungen nicht ausreicht, um die Ab-
Engigkeit des Diffusionscoefticienten von dem Abstände ge-
nau zu bestimmen. Es bietet eine solche Bestimmung aber
auch wegen der sehr geringen Grösse kein besonderes In-
teresse; man darf annehmen, dass der schliessliche Grenz-
werth in den obigen Resultaten schon sehr nahe er-
reicht ist.
§ 3. Versuchnresultate mit Wasserstoff.
Da die Apparate, welche mit der Quecksilber- und
Druckpumpe verbunden waren, das der Verdampfung zu un-
terwerfende Wasser enthielten, konnten die ersteren nicht
Digitized by Google
104
A. Winkelmaun.
vollständig leer gepumpt werden; der Druck durfte, wen
ein Sieden des Wassers vermieden werden sollte, nur bis
nahe an den Druck der Wasserdämpfe für die jeweilige Zim-
mertemperatur heruutergefuhrt werden. Es war daher eine
oftmalige Wiederholung der theilweisen Entleerung (bis etwa
20 mm Druck) erforderlich, um die Apparate mit möglichst
reinem Gase zu füllen. Der Wasserstoff wurde aus Zink und
verdünnter Schwefelsäure dargestellt und durch eine Flasche
mit doppeltchromsaurem Kali gewaschen.
In der folgenden Tabelle sind die Versuche, welche bei
der niedrigen Temperatur ausgeführt wurden, wieder-
gegeben.
Tabelle IV. Wasserdampf- Wasserstoff.
Nr.
2*
3«
Abstand dee
Flüsaigkeits-
1 niveaua vom !
Ended. Röhre:
in mm
h
l A - '* >
in See.
a
37,736
40,301
43,760
37,543
40,710
43,572
39,507
42,534
45,296
38,405
41,531
44,352
44,786
47,355
50,074
44,598
47,126
49,780
46,293
48,760
51.381
45,375
47,912
50,543
81900
80100
81900
hOlOO
j
81900
80100
i
81900
80100
• T" ' *
76860
85680
76860
85680
76860
85680
l
■
76860
856 SO
Aeuseerer
Druck
in mm
735,3
786,0
735,3
736,0
735,3
736,0
735,3
736,0
731,2
732,3
731,2
732,3
781,2
732,3
731,2
732,3
l
Tempe-
ratur
:>
19,90
19,94
19,90
19,94
19,90
19,94
19,90
19,94
19,96
20,00
19,96
20,00
19,96
20,00
19,96
20,00
l
Dampf-
druck
in
17,258
17,300
17,321
17,363
Ji
0,1473
17,800 0.1463
17,256 0,1468
0,1471
17,256 | 0,1470
17,300 0,1466
17,256 i 0,1480
17,300 0,1464
- . L.
r • — -
17,321 , 0,1465
17,363 I 0,1483
I
17,321 0,1450
17,363 0,1440
17,321 0,1465
17,363 0.1468
0,1482
0,1451
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Verdampfung und Diffusion.
105
Wie aus der vorstehenden Tabelle ersichtlich, geht der
Abstand des Flüssigkeitsniveaus vom Ende der Röhre nicht
unter 37 mm; es geschah dies deshalb, weil nach den frühe-
ren Versuchen1) der Wasserstoff auch bei der Temperatur
49.5° eine schwache Aenderung des Diffusionscoefficienten
mit wachsendem Abstände der Flüssigkeitsoberfläche vom
Ende der Röhre gezeigt hatte.
Die Versuche der Tabelle IV, welche sich auf dieselbe
Temperatur und denselben Druck beziehen, wurden gleich-
zeitig angestellt Fasst man die erste und die letzte Gruppe
der Versuche zusammen, so erhalt man für B folgende
Mittelwerthe :
Temperatur H
19,92 0,1469
19,98 0,1463
das Gesammtmittel ist daher:
19,95 0,1466.
Die Versuche bei der höheren Temperatur in der Nähe von
100° sind in der folgenden Tabelle dargestellt
Tabelle V. Wasserdampf -Wasserstoff.
Abstand dee
Nr.
_ _ _j
Flüsaigkeita-
niveaua vom
Ende d. Röhre
in mm
in See.
Aeuaserer
Druck
in mm
P
Dampf-
druck
in mm
1.
Tempera-
tur
_ * __
B
S
K
52,634
54,903
2310
1525,2
739,5
99,24
0,1833
K
56,370
58,472
2250
n
»i
1
0,1862
56,956
61,076
4270
1453,4
739,5
99,24
0,1844
i
60,267
64,208
4250
»»
rt
i
0,1870
\
67,414
71,692
5900
1616,9
741,5
?)9,31
1
0,18«J2
h
70,590
74,722
5910
* n
1 „
■
0,1906
i
1) Winkelmann, Wied. Ann. 22. p. 157. 1884.
Digitized by Google
106 A. Winkelwann.
(Fortsetzung von Tab. V.)
I Abstand dea
Flüssigkeits- Aeusserer Dampf- T_mt._ra 1
Nr Iniveauavom lf\ ~ f») Druck druck ß
4 * Ende d. Rühre [Q in mm in mm
in ™m H p it \
4a 80 120 11400 1622*1 ' 741'7 ' 99,32 °',S51
83*150 11350 " ; " " 0,1
92 5*9 12000 lü0fi'2 743'7 0!l'40 f.l>74
9M28 1,950 » ! * J "
6« 12S243 16430 ,fil5*4 74M 99,57 0flS63
6, JäJJS
*6
O.l-.iJ
Die Versuchsnummern mit dem Index a beziehen sich
ebenso, wie bei den Versuchen mit Luft, auf die weitere
Röhre. Vergleicht man die obigen Werthe von B für die
verschiedenen Abstände h, so ist eine Abhängigkeit hiervon
nicht zu erkennen; der im § 1 besprochene Grenzwerth ist
also auch bei der Combination Wasserdampf -Wasserstoff
bereits erreicht. — Das Mittel sämmtlicher Versuche ist:
Temperatur 99,34 B = 0,1870.
Die beiden Werthe von B liefern für den Diffusionscoeffi-
cienten :
A».m = 0.8482; DWM = 1 ,277.
Aus diesen Versuchen erhält man nach der Formel:
Z>0 = 0,7310 und m= 1,712.
§ 4. Versuchsresultate mit Kohlensäure.
Die Versuchsresultate bei der niedrigen Temperatur gibt
die folgende Tabelle.
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Verdampfung und Diffusion.
107
Tabelle VI. Wasserdampf-Kohlensäure.
• Abstand des
Flüssigkoits-
niveaus vom
Nr
Ende d. Röhre
in mm
h
in See.
19,352
20.548
29,915
20,176
22,575
23,730
20.414
21,560
23,853
25,648
26,592
29,98*
25,35:»
26,314
29,722
26,507
27,4151
30.719
81 060
173 160
173 160
89 340
80 880
173 160
M2 380
318 660
82 3K>
318 660
82 380
318 660
Aeusscrer
Druck
in mm
P
743,9
739,9
739,9
735,8
743,9
739,9
741,1
737,0
741,1
737,0
741,1
737.0
Tempe-
ratur
Dampf-
druck
in mm
20,73
n
"
20,73
20,75
20,73
20,75
20,73
20,75
18,162
V
0,02741
0,02754
0,02745
0,0275»
0,02770
0,02792
18,162
18,175
18.162
18,175
18,162
18,175
(».02782
0.02780
0,02795
0.02764
0,02772
0.02776
Das Mittel säinnitlicher Versuche liefert für B:
Temperatur 20,74 B = 0,02767.
Die Versuche, welche unter derselben Nummer stehen,
sind mit der gleichen Kohlensäurefüllung vorgenommen.
Wurden mehr als zwei Versuche mit der gleichen Füllung
ausgeführt, so lieferten die letzten Versuche grössere Werthe
für B. Es ist möglich, dass durch Diffusion der Kohlen-
säure durch die Fettschichten der Hähne und Gummipfropfen
ein theilweiser Ersatz der Kohlensäure durch Luft eintritt
und hierdurch das Wachsen der Werthe von B bedingt ist;
lies8 man den Apparat im übrigen unverändert, füllte den-
selben aber mit neuer Kohlensäure, so traten auch die
früheren Werthe wieder auf. Eine Vergleichung der Werthe
Ton B in der obigen Tabelle zeigt auch, dass häutig der
zweite Werth der grössere ist. Da der aus den obigen Ver-
suchen abgeleitete Werth eine grössere Differenz gegen
altere Beobachtungen zeigt (vgl. § 5), so wurden nochmals
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ms
A. W inkelmann.
einige Versuchsreihen ausgeführt und hierbei nach jedem
Versuche eine neue Füllung mit Kohlensäure vorgenommen.
Im Folgenden sind die Resultate in abgekürzter Form
wiedergegeben.
Tabelle VII. Wasserdampf-Kohlensäure.
Nr.
7
8
9
10
11
12
13
14
Mittlerer Abstand
in min
i
:tf),90
28,70
25,23
32,24
28,66
26,87
34.41
31,10
0,02756
808
7»3
794
S14
800
sl7
S32
Nr.
15
16
17
ls
Iii
20
21
22
Mittlerer Abstand
in mm
29,42
3!S,48
36,79
35,54
34,06
16,10
14,04
20,06
0,02803
818
809
762
765
810
740
791
Die Temperatur bei den Versuchen Nr. 7 bis 19 incl.
war 24,74, bei den drei letzten Versuchen resp. 24,56; 24,74;
24,80.
Das Mittel dieser Versuche ist:
Temperatur 24,73 B 0,02795.
Das Mittel aus sämmtlichen 28 Versuchen ist:
Temperatur 22,95 B 0,02783.
Die folgende Zusammenstellung enthält die Versuche
bei der höheren Temperatur.
Tabelle VIII. Wasserdampf-Kohlensäure.
Nr.
Abstand de«
■ Flüssigkeits- i
niveaus vom ! <Vi — 'o)
jEnde d. Röhre, in 8ec.
in mm
43,208
45,638
35,106
38,267
47,590
52,223
41,062
46,0! 8
11010
11880
23340
21840
Druck
druck
in mm
I in mm
P
P
1637,6
744,5
1 .
;ra-
tur
99,43 0,03718
\
1641.4 743,8 99,40
0,03708
!
0,03780
I
0,03770
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Verdampfung und Diffusion.
(Fortsetzung von Tab. VIII.)
109
Xr.
Abstand des
Flüe^ igkeite-
niveaus vom
Ende d. Röhre
in mm
h
4,
53,255
56,125
47,42s
50,560
39,305
43,686
37,42*
42,150
43,696
45,7fi:>
42,150
44,20s
16050
16050
18440
18990
9420
8SH0
P
1656,7
1627,5
Dampf-
druck
in mm
Tempera-
\ tur
B
P
it
738,7
99,21
0,03813
(
»>
1
1
0,03729
744,7
99.43
0,03714
••
744,3
i "'
9H.42
•
0,03727
0,037 IG
i
0.03777
Der Mittelwerth ist:
Temperatur 99,38 B 0,03745.
Mit Hülfe dieser Werthe findet man die Diftusionscoeffi-
cienten:
Z?22tl5 = 0,1626; Dm,m = 0,2559
und damit:
2>0 = 0,1387 m = 1,972.
Vergleicht man die Beobachtungen bei den Temperaturen
20,74 und 24,73 mit den durch Rechnung gefundenen Werthen.
so erhält man:
Diffuaionscocfficient.
Temp. bcob. berech. Diflf.
20,74 0,1605 0,1602 — 0,033
24,73 0,1645 0,1643 + 0,0,2
§ 5. Vergieicbung der Versucharesultato mit älteren
Beobachtungen. Scblussbe merkungen.
Im Jahre 1884 wurden die Beobachtungen über die
Verdampfung von Wasser in Luft, Wasserstoff und Kohlen-
saure bei den Temperaturen 49,5° und 92,4° angestellt.1) Eine
Vergleichung dieser Werthe mit den jetzt für die gleiche
1) Winkelmann, Wied. An». 22. p. 158. 1884.
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110 A. rVinkelmann.
Temperatur zu berechnenden gibt folgende Zusammen-
stellung:
DiffusionscoSfficient.
Wo&»erdanipf-Luft Wawerdampf-Wauerstuft Wanerdanpf-Kohlanaftar«
Temp. , Ütflereur | Different Diff.
1 i 18*4 1888 lnProe. 1884 ! 1888 : |D Proo. 1884 1888 In 1
49,5 0.2S27 0,2905 2,7 1.000 0,999 0,1 0,1811 0,1926 6,0
92.4 0,3451 0,3627 4,9 1,179 1,237 4,7 0,2384 0,2465 3,3
Vergleicht man zuerst die Werthe bei der niedrigen
Temperatur (49,5°), so findet man. dass bei Luft und Kohlen-
säure die jetzt bestimmten Diffusionscoefficienten grösser, als
die früheren sind; beim Wasserstoff ist der Unterschied
(0,1 Proc.) fast Null. Für dieses letzte Gas wurde die
damalige Bestimmung, weil es sich darum handelte, den
Einfluss des Abstandes der Flüssigkeitsoberflache vom Ende
der Röhre zu untersuchen, am genauesten durchgeführt. —
Die Differenz für Luft, weiche 2,7 Proc. beträgt, kann durch
Beobachtungsfehler erklärt werden; denn die älteren Versuche
(1884) enthalten nur zwei Bestimmungen für die Temperatur
49,5°, die sich um 2,1 Proc. unterscheiden. — Die Differenz
für Kohlensäure, welche 6 Proc. ausmacht, ist nicht voll-
ständig unmittelbar aus Beobachtungsfehlern zu erklären;
die älteren Versuche (1884) enthalten vier Bestimmungen,
welche um 3,7 Proc. voneinander abweichen, und deren
grösster Werth noch 4 Proc. kleiner ist, als der jetzt be-
stimmte. Es lag der Gedanke nahe, dass die Apparate bei
den jetzigen Versuchen ausser Kohlensäure auch noch Luft
enthielten, wodurch dann der Diffusionscoefhcient zu gross
ausfallen musste. Eine sehr vorsichtige Wiederholung, bei
welcher auf die Füllung der Apparate die grösste Sorgfalt
verwendet wurde, Hess aber nur eine sehr geringe Vermin-
derung der Werthe (vgl. § 4) erkennen.
Bei der höheren Temperatur (92,4) sind sämmtliche
Werthe aus dem Jahre 1884 kleiner, als die jetzt gefundenen.
Da auch beim Wasserstoff die Differenz in gleichem Sinne
auftritt, so ist der Verdacht ausgeschlossen, dass eine Un-
dichtigkeit der Apparate dieses Resultat herbeigeführt habe.
Es ist schon bemerkt, dass die älteren Beobachtungen, welche
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Verdampßing und Diffusion,
111
unter dem Gesammtdruck einer Atmosphäre angestellt wurden,
für die DiffusionscoeTficienten eine Abhängigkeit von dem
Abstände der Flüssigkeitsoberlläche am Ende der Röhre
zeigten, und dass die älteren Werthe aus den Beobachtun-
gen als Grenzwerthe berechnet wurden. Die damals an-
gewandte Formel hatte die Gestalt:
D = a — b ,ch ,
wo h den Abstand der Flüssigkeitsobertlache vom Ende der
Röhre darstellt; da c kleiner als 1 ist, so gibt a den Grenz-
werth von D für Ä = 00. Unter den obigen Bestimmungen
zeigt Wasserdampf - Luft die grösste Differenz (4,9 Proc).
Ich habe deshalb versucht, mit Hülfe der angegebenen For-
mel, indem für a der jetzt direct beobachtete Werth ein-
geführt wurde, die älteren Beobachtungen darzustellen. Gibt
man den Constanten die folgenden Werthe:
a = 0,3027; log b = 0.85930-2; log c = 0,09377 - 1 .
so findet man:
Difllieionscoeffieient. Differenz in Pr<>e.
h
beob.
berech.
be« ib. — berech.
23
0,3086
0,3107
- 0,7
44.5
0,3285
0,3245
+ 1.2
48,"»
71
0,3324
0,3266
0,3366
+ 1J
0,3360
-0,2
S2
0,3434
0,3404
+ 0,9
*5
0,3394
0,3411
- 0,5
Die Differenzen der letzten Reihe beweisen, dass auch
mit dem jetzt beobachteten Grenzwerthe die älteren Beob-
achtungen sich genügend darstellen lassen.
Die vorliegenden Versuche haben lür die untersuchten
Combinationen die folgenden Werthe für die Exponenten m
geliefert :
Combination m
\Va«**erdampf-VVas8eretoff 1,712
-Luft 1,774
„ -KohlensÄure 1,972.
Nach der kinetischen Gastheorie ergibt sich die Ab-
hängigkeit der Diffusionscoefficienten der Gase von der
Temperatur unmittelbar aus der Abhängigkeit des Reibungs-
coefficienten. Wird der Reibungscoefficient durch der
Diffusionscoefficient durch D ausgedrückt, so ist, wenn:
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112
A. Winkelmann,
gesetzt wird x)i D* = D0{1 + a.
Wendet man diese Relation auf die obigen Versuche an,
so folgt: m = n -f 1.
Die Grösse n ist für WasBerdampf, soviel mir bekannt,
noch nicht bestimmt, dagegen für eine grosse Anzahl anderer
Dämpfe und für viele Gase; je nach der angewandten
Methode zeigen die Ergebnisse beträchtliche Unterschiede.
Die Transpirationsmethode lieferte für Luft Werthe von
n, welche bei den verschiedenen Beobachtern zwischen 0,56
und 0,77 liegen; hiernach wird das Verhältniss von *]l00ir/0
— 1,19 bis 1,30. Als das Resultat der genauem Versuche nach
der genannten Methode wird man:
',0B = 1,27 oder n = 0,76
hinstellen können.
Die Maxwell'sche Schwingungsmethode lieferte für n
grössere Werthe; Maxwell selbst fand n nahezu gleich Eins.
Dagegen bestimmte O. E. Meyer2) nach derselben Methode
n es 0,77 oder ?;100/»;0 = 1,30. In neuerer Zeit sind die Ver-
suche nach der Maxwell'schen Methode von O. Schumann [<)
wiederholt; er fand:
im = /,flV(l + «.*)( 1 +0,0,82.//)?.
Hieraus folgt: 17,00 = 1.364
'/o
und deshalb in Uebereinstimmung mit Maxwell n sehr nahe
gleich Eins.
Nach Schumann ist die Transpirationsmethode zur
Bestimmung des Temperaturcoöfficienten der Reibung nicht
anwendbar, weil Gründe vorhanden sind, welche bei höherer
Temperatur den Reibungscoefficienten verkleinern müssen.
Der Hauptgrund besteht in der Condensation der Luft auf
der inneren Oberfläche der Glasröhre; diese Condensation
wird bei höherer Temperatur abnehmen, hierdurch der Radius
1) O. E. Meyer, Kinetische Theorie der Gase p. 17<;. 1877.
2) 0. E. Meyer, Pogg. Ann. 14H. p. 226. 187a.
3) 0. Schumann, Wied. Ann. 23. p. 384. 18S4.
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Verdampfung und Diffusion.
113
der Röhre scheinbar grösser werden und deshalb der Rei-
bungscoöfficient zu klein ausfallen.
Für Kohlensäure sind die Differenzen nach beiden Me-
thoden nicht so gross, wie für Luft. Aus der Transpiration !)
ergibt sich n = 0,94; *7lo0/'/0 — 1,34; aus der Schwingungs-
methode2) n — 1,046; i?100/tf0 = 1,39.
0. Schumann hat ferner die Abhängigkeit der Rei-
bungscoefficienten von der Temperatur für eine Anzahl von
Dämpfen ermittelt. Er findet:
tu* = /;0 V(fTo:oo4'7i>) (1 + 0,001«i4 . tf)2.
Hieraus ergibt sich: '/,0° =1,60,
und wenn man: = >/0(l + 0,004. ir)n
setzt: n = 1,4.
Die Abhängigkeit der Diffusionscoefticienten der Gase
von der Temperatur, welche durch Loschmidt und v. Ober-
mayer bestimmt .wurde, ist in der Einleitung schon mit-
getheilt. Um eine Uebersicht für den Zusammenhang von
m und n zu geben, dient folgende Zusammenstellung:
1,85
1,93
1,H2
1,75
1,77
Vergleicht man die Werthe von m mit denen von (n + 1 )
(letzte Verticalreihe), so sieht man, dass die ersteren, mit
Ausnahme der Combination Kohlensäure- Wasserstoff, grösser
sind. Die S ch um an n 'sehen Beobachtungen nach der Max-
well'sehen Methode lassen nur eine Vergleichung mit der
ersten Combination Kohlensäure - Luft zu; diese ergibt
(r + 1) = 2,02.
Wenn man die Schumann'schen Resultate über die
Abhängigkeit der Reibung der Dämpfe von der Temperatur
verallgemeinern darf, so würden für die Diffusion von Dämpfen
in Gasen für m Werthe zu erwarten sein, die grösser als 2
1) v. Obermayer, Carl's Rep. 13. p. 156. 1877.
2) 0. Schumann, 1. c. p. 385.
Ana. 4 Pbj*. n. Chem. N. F. XXXVI. S
Combination
m
»I
n.
Kohlensäure- Luft
1,968
0,94
0,76
-Stickoxydul
2,050
0,93
r, -Wasserstoff
1,742
0,70
Sauerstoff - »
1,755
o,so
« - Stickstoff
1,792
0,74
Digitized by Googlei
114
A. IVinkelmann.
sind. Für die Combination Kohlensäure-Dampf würde man
erhalten J («, + n2) + 1 = 2,15, und wenn man den Schu-
mann'sehen Werth für Kohlensäure einführt 2,22. Die in
vorliegender Arbeit mitgetheilten Versuche über Wasser-
dampf liefern kleinere Werthe; die Abhängigkeit der Diffu-
sion von der Temperatur ist nach diesen Versuchen beim
Wasserdampf nicht viel von derjenigen der Luft, resp. des
Sauerstoffes und des Stickstoffes verschieden; man hat:
Combination m Combination m
Luft-Koblensäure .... 1,968 Wasserdampf-Kohlensaure . 1,972
Sauerstoff- Wasserstoff . . . 1,755 Wasserdampf-Wasserstoff . 1,712
Sauerstoff-Stickstoff. . . . 1,792 Wasserdampf-Luft .... 1,774
Die Werthe in derselben Horizontalreihe zeigen keine
grossen Unterschiede.
Nach der kinetischen Theorie der Gase soll (wenn man
von der zuletzt durch Maxwell aufgestellten Hypothese
absieht) der Reibungscoeflicient der Quadratwurzel aus der
absoluten Temperatur proportional sein,- also n den Werth
0,5 haben. Der grössere Werth von w, wie ihn die Beob-
achtungen liefern, lässt sich durch die Annahme erklären»
dass die moleculare Weglänge mit wachsender Temperatur
grösser wird. Diese Vergrößerung der Weglänge wurde von
Stefan und später von O. E. Meyer in ähnlicher Weise
darauf zurückgeführt, dass bei erhöhter Temperatur die
Schwerpunkte der Molecüle im Moment des Stosses einander
näher kommen, als bei tieferer Temperatur. Wenn man
daher die eben angeführten Werthe von m für genügend
gesichert halten darf, so wird man schliessen, dass das Mo-
lecül H20 sich ähnlich wie das Molecül N2 und 02 verhält,
und dass mit wachsender Temperatur die Wirkungssphäre
von H20 sich relativ weniger verkleinert, als dies unter glei-
chen Umständen bei C02 geschieht Von dem betrachteten
Gesichtspunkte würde es von Interesse sein, Dämpfe mit
complicirterem Molecülbau zu untersuchen, da bei diesen
grössere Werthe von m erwartet werden dürfen.
Jena, im October 1888.
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Volumenänderungen von Salzlösungen, 115
V. Veber das allgemeine Gesetz der bei dem Lösen
ton Salzen im Wasser auftretenden Volumenver-
minderung; von A. He ritsch.
(Vorgelebt in der Sitzung der Neurussiachen Gesellschaft der Natur-
forscher am 25. April 1888.)
(Hieria Taf. II Nf. 1-2.)
Bezeichnet man mit d die bei der Bildung von 100 g
einer Lösung auftretende Volumverminderung, mit p die Ge-
wichtsprocente des Salzes, so lässt sich nachweisen, dass:
fl) ö=C{100-P)p
ist, wo C bei gegebener Temperatur als constant voraus-
gesetzt ist. Diese durch eine Parabel auszudrückende
Function hat ein Maximum bei /? = 50; auch die Volum-
contraction erreicht ihren grössten Werth bei einem Pro-
centgehalt an Salz von ungefähr 50, was eine schon
längst beobachtete Thatsache ist Die symmetrisch zusam-
mengesetzten Lösungen, für welche das Product (100 — p)p
gleich gross ist, sollten nach dieser Hypothese auch eine
gleiche Volumcontraction haben (siehe unten unsere Tabellen).
Da ferner (100-/>)/>>(100-2/>). 2/?/2, weil 100-/>/100-2/7>l,
so ergibt sich, dass bei der Mischung jeder Lösung von be-
liebiger Concentration mit Wasser eine Volumverminderung
auftreten muss. Das ist auch wirklich der Fall, wie es
durch die Untersuchungen von Kremers1) bestätigt wor-
den ist.
Ich habe den Quotienten C für eine Reihe von wässe-
rigen Salzlösungen berechnet und die dabei erhaltenen Re-
sultate in den weiter angeführten Tabellen zusammengestellt.
Die Grösse d wurde für jede einzelne Lösung nach der fol-
genden Formel berechnet:
wo <j die Dichte des Wassers, 8 das specitische Gewicht des
\) Kremera, Pogg. Ann. 95. p. 110. 1855.
8*
Digitized by Google
116
A. Heritsch
gelösten1) Salzes und s das specifische Gewicht der Lösung
bedeutet (alle drei bei derselben Temperatur). Wenn wir
annehmen, dass die Gleichung (1) für irgend zwei Lösungen
des gegebenen Satzes gültig sei, so haben wir:
100 - p p _ 100 \00-Pl + Px__ 10(i
(T ö xt rr t> .«, ?
"üoo~>)7 " ~ " "ooo -pt)pt~
woraus d leicht zu bestimmen ist. Die zwei hierzu benutz-
ten Lösungen haben denselben Quotienten <*/ (100 — />)/>.
(Diese zwei Lösungen habe ich durch einen verticalen Pfeil
verbunden.) Die interpolirten Zahlen gaben mir weniger be-
friedigende Resultate, als die durch directe Wägung bestimm-
ten Dichtigkeiten. Infolge dessen habe ich bei meinen Be-
stimmungen, wo es nur möglich war, blos diese letzteren
benutzt.
Die in den Tabellen unter dem Zeichen «15°/4W ange-
gebenen specifischen Gewichte sind verschiedenen Beobach-
tern entnommen. Es bedeutet dabei GL: Gerlach; KL:
Kohlrausch; Kr.: Kremers; Fr.: Franz; Sch.: Schiff:
Ed.: Eder; Os.: Ostwald.«)
1) Im flüssigen Zustande, aber ohne Verdichtung infolge der wechsel-
seitigen Anziehung zwischen den Salz- und Wassermolecülen.
2) Ger lach, Specifische Gewichte der gebräuchlichsten Salzlösungen.
Freiberg, 1859. p. 8—27; Gerlach, Zeitechr. f. Analyt. Chemie. 8. p. 245.
1869; Gerlach, Die chemische Industrie. 1866. p. 241. — F. Kohl-
rausch und Grotrian, Pogg. Ann. 154. p. 215. 1875. — F. Kohl-
rausch, Wied. Ann. 6. p. 1—51. 1879; F. Kohlrausch, Münchener
Acad. Ber. 1875. 5. Mathem. phys. Cl. p. 284. — Kremers. I'ogg. Ann.
96. p. 39. 1855. - Hugo Schiff, Liebig's Ann. 113. p. .183. 1860. -
Benno Franz, Journ. f. prakt. Chemie. 5. p. 274. 1872. — Ost wähl.
Jouru. f. prakt. Chemie. 22. p. 305. 1880. — Eder, Der. der Wien. Acad.
82. Abth.II. p. 1284. 1881.— Graham-Otto's Chemie Bd. II. Abth. III.
p. 871. 1884. — Landolt und Börnsteiii, Phys. Chem. Tabellen. 18S3.
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Volumenänderungen von Salzlösungen. 117
l. Xatriumchlorid. NaCl. (GL)
Fest 2,15. Gelöst 1,787.
p
*15°/4°
•
5
1,0353
1,288
0,002 710
10 A
1,0724
2,427
0,002 697
15 Y
1,1105
3,415
20
1.1501
4,282
0,002 677
25
1,1908
5,07
0,002 704
2. Kaliumchloiid. KCL (GL)
Fest 1,977. Gelöst 1,817.
p
*15°/4°
1
C
5
10 A
15
20 y
25
1,0314
1,0647
1,0992
1,1351
1,1715
0.877
1,664
2.852
2,953
3,46
0,001 847
0,001 849
0,001 845
0,001 845
3. Ammoniumchlorid.
NH4CL (GL)
Fest 1.52. Gelöst 1,174.
5 1,0149 0,898 0,001 893
10 A 1,0299 1,701 0,001 890
15 1,0443 2,386 0.001 871
20 y 1,0584 — —
25 1,0721 3,572 0,001 905
4. Aluminiumchlorid.
AIC1,. (GL)
Fest ? Gelöst 2,208.
3,83
7,66
15,32A
22,98 y
30,64
38,3
1,0263
1,0544
1,1143
1,1788
1,2479
1,3230
0,545
1,049
1,948
3,162
3,510
0,001 4*0
0,001 483
0,001 501
0,001 488
0,001 485
5. Stroutiumchlorid. SrClt.(GL)
Fest $054. Gelöst 2,9905.
5 1,0444 t 1,002 0,002 104
10 A 1,0920 | 1,844 0,002 049
lb 1,1429 I 2,602 , 0,002 042
20 v 1,1978 I - 1 -
25 1,2570 j 3,870 0,002 064
30 1,3209 I 4,382 0,002 086
6. Bariuincblorid. BaCl,. (GL)
Fest 3,85. Gelöst 3,824.
5
1,0450
0,697
0,001 467
10 A
1,0942
1,305
0,001 450
1,1475
1,837
0,001 441
20 y
1,2051
25
1,2685
2,758
0,001 471
7. Calciumchlorid.
CaClf. (Gl.)
Feet 2,216
1
5 1,0417 1,411
10 A , 1,0860 2,653
15 1,1326 3,760
20 y 1,1812 -
1,2325 5,561
1,2868 I 6,309
25
30
35
Gelöst 2,149.
0,002 971
0,002 948
0,002 949
0,002 966
0,003 004
1,3412 I 6,787 0,002 983
8. Magnesiumchlorid.
MgCl*. (GL)
Fest 2,177. Gelöst 1,8925.
o
10 A
15 ,
20 y
25
30
1,0413 1,692
1,0850 3,194
1,1301 4,521
1,1770 5,678
1,2264 6,730
1,2783 7,682
0,003 562
0,003 549
0,003 546
0,003 589
0,003 692
9. Zinnchlorür. SnCI,. (Gl.)
Fest (wasserfrei) ? Gelöst 3,404.
1,1482 0,750 I 0,035370
16.73
29.36
H3,56A
46.14y
58,72
«7,11
1,2768
1,3286
1,5093
1,7437
1,9438
1,010
1,085
1,210
1,220
1,180
0,0,4870
0,0,4866
0,0,5033
0,0,5346
10. Natriumnitrat. xNaNO,. (Kr.)
Fest 2,24. Gelöst 2,0623.
5 f 1,0836 0,745 0,001 56s
10 1,0692 ! 1,399 0,001 554
15 A [ 1,1449 2,524 0,001 577
20 ! 1,2281 3,221 0,001 542
25 y I 1,3191 — -
30 | 1,3690 3,83 0,001 548
Digitized by Google
118
A. Heritsch.
11. Kaliumnitrat.
KNO,. (Gl.)
12. Kaliumsulfat.
K2S04. (Gl.)
Fest 2,092.
Gelöst 1,906. Fest 2,647.
Gelöst 1,795.
V
*15°/4°|
ö
C
5
10 A
15 y
20
1,0312
1,0643
1,0989 1
1,1350 |
0,733
1,866
2,462
0,001 543
0,001 518
0,001 538
*15°/4°
1 | 1,0073 I 0,367 0,003 707
3 A I 1,0236 1,059 : 0,003 639
5 1,0402 j 1,733 0,003 642
7 y ! 1,0570 | — —
9 j 1,0741 i 2,993 0,003 654
13. Xatriumsulfat.
Na,S04. (0.s.)
Fest 2,629.
2
4 A
6 I
10 y
15
1,0176
1,0359
1,0545
1,0924
1,1417
Gelöst 1,5432.
1,106 1 0,005 643
2,142 I 0,005 578
3,140 0,005 567
14. Ammoniumsulfat.
(XH4)4S04. (Kl.)
Fest 1,762.
7,200 0,005 647 ;
10 A
15» 1
20 y
25*
30
Gelöst 1,324.
3,132 0,003 479
4,396 0,003 448
6,562 | 0,003 500
1,0582
1,0869
1,1160
1,1444
1,1733 i 7,476 0,003 560
15. Magnesiumsulfat.
MgS04. (Gl.)
Fest 2,65. Gelöst 2,2435.
5 1,0506 2,128 , 0,004 478 I
10 A 1,1043 3,987 0,004 430
15 | 1,1612 5,636 0,004 424
20 y 1,2210 —
25 1,2837 i 8,308 0,004 428 '
16. Zinksulfat.
ZnS04. (Gl.)
Fest 3,68. Gelöst 3,6«.
5,61 1,0584 ) 1,523 1 0.002 876
11,22 ! 1,1226 2,849 1 0,002 860
16,83A 1,1923 j 3,960 i 0.002 829
22,44 1,2698 5,00 | 0.002 872
28,05 y 1,3520 — —
33,66 J 1,4440 i 6,325 0,002 833
17. Ammoniumbromid.
NH4Br. (Ed.»
Fest 2,327
5
10 A
15
20 y
30
1,0326
1.0652
1.0960
1,1285
1,1921
Gelöst 1,291. Fest 2,69.
2,029
3,87
5,375
9,15
0,004 271
0,004 300
0,004 216
0,004 352
10 A
20 y
30
35
18. Kaliiimbroniid.
KBr. (Kl.)
Gelöst 2,447.
0,001 276
1,0750
1,1602
1,146
1,2569 , 2,575
1,3076 1 2,867
0,001 226
0,001 261
19. Natriumcnrbonat.
NVCO,. (Gl.)
Fest 2,476. Gelöst 1,225.
2 1,02014 1,692 0,008 633
4 A 1,0411 3,296 | 0,008 583
6 1,0622 4,833 0,008 569
8 1,0834 I 6,312 | 0,008 576
10 y 1,1048 ' — —
12 1.1264 , 9,097 I 0,008 598
14 1,1485 ! 10,48 0,008 662
20. Kaliutncarbonat.
KtC03. (Gl.)
Fest 2,21». Gelöst 2.095S.
5 1,0448 ! 1,756 0,003 697
10 1,0919 3,268 0,003 631
20 A 1,1919 5,714 0^003 571
30 ( 1,3002 7,466 , 0,003 ort
40 y 1.4175 — | -
50 1,5429 9,087 0,008 635
zed by Googl
Volumenänderungen von Salzlösungen.
119
21. Kaliuraacetat
C,H,KOt. (Gl.)
Fest V Gelöst 1,581.
#17°/4
10
20
30
40 A
50
60
A
1,0475 0,995
1,0992 1,764
1,1531 2,335
1,2082 2,64
1,2670 2,755
1,3270 2,637
0,001 106
0.001 103
0,001 112
0,001 100
0,001 102
22. Mg. Kaliumsulfat.
MgK/SO/),. (Seh.)
Fest (wasserfrei) ? Gelöst 1,319.
p
* 15° 4°
«5
C
3,43
5.14A
6,86
10,28 y
15,43
1,0303
1,0464
1,0620
1,0954
1,1467
2,19
4,26
6,21
9,12
0,006 611
0,006 667
0,006 765
0.006 990
23. Kaliumhydroxyd. KOH. (Kl.)
Fest 2,04. Gelöst 1,678.
4,19
8,42A
16,7t*
25,11 y
33.33
41,7
* 15°; 4»
1,0381
1,0777
1,1588
1,2431
2,057 0,005 124
7,494 ; 0,005 334
9,481 0,005 042
1,3303 11,423 0,005 141
, 1,4263 j 13,09 0,005 262
24. Kaliuinoxalat. C,K,0,. (Fr.)
Fest (wasserfrei) ? Gelöst 1,253.
0,005 728
0,005 434
0,005 375»
*17,50/40
4,5
1,0337
1,0656
2,462
9,0 A
4,45
13,5
1,0977
6,2*
18,0 v
1,1306
22,5
1,1638
9,58
0,005 494
25.
Weinsäure. C^O,. (Gl.) 26. Citronensäure. C,H8G7. (Gl.)
Fest 1,739.
* 15°/ 4°
Gelöst 1,65.
10
20 A
30
40 y
50
1,0460
1,0960
1,1495
1,2068
1,2685
0,0,6000
0.0,5938
0,0,5952
0,54
0,95
1,25
1,425
1,507 0,0,6028
Fest (wasserfrei) V
s 15° 4°
9,10
18,2 A
27,3
36,4 y
45,5
54,6
1,0383
1,0796
1,1234
1,1699
1,2193
1,2724 !
0,40
0,94
1,09
1,18
1,22
Gelöst 1,588.
0,034835
0,0,4736
0,0,4708
0,0,4 74 :>
0,0,4922
27. Phosphors&ure. H,P04. (Kl.)
Fest 1,884.
10
20
30
50
70
80
1,0548
1,1151
1,1808
1,3328
1,5155
1,6196
Gelöst 1,873.')
0,614 I 0,0,6822
1,068 I 0,0,6706
1,387 0,0,6605
1,705 0,0,6820
1,417 j 0,0,6748
1,000 ! 0,0,6250
28. Kupfersulfat
Fest 3,58.
8,2 1,0326
6,4 A 1,0680
9,6 1,1050
12,8 y 1,1433
16 1,1838 | 4,388 0,003265
CuS04. (Gl.)
Gelöst 3,337.
1,003 I 0,003201
1,954 | 0,003262
2,863 i 0,003291
1) Da ich für d (Dichte der gelösten Substanz) ziemlich verschieden»
Werthe erhielt, je nachdem ich diese Grösse aus zwei verschiedenen
Lösungen berechnete, so musste ich den Mittelwerth nehmen, und zwar:
80% und 20% gaben für d 1,869
70°
50'
50%
50%
30%
20%
85 %
10%
»> 1,876
1,879
n i» 1,866
» 1^874
Mittel 1.873
120 A. Heritsch.
Auf Grundlage meiner Hypothese habe ich eine allge-
meine Formel für den Zusammenhang zwischen der Dichtig-
keit 9 der Lösung und dem Procentgehalte p des Salzes auf-
gesucht. Aus Formel (1) und (2) folgt:
w .{<>+(* -:->+'"{-»«>■
oder auch:
(.>) p*-+ap + ß=l,
wo gesetzt ist:
IM 1 100\ a 100 100
U= C[J~ a C)% ''"Ca' '' = C
Für ein gegebenes Salz sind a, ß, y vollkommen be-
stimmte Grössen, welche man nach der oben angeführten
Methode berechnet.
Die Gleichung für p enspricht einer Parabel. Die Wur-
zeln p sind imaginär (conjugirte complexe Grössen von der
Art cp ± V V — 1) °der reell, je nachdem die Constante C
relativ gross oder klein ist. Wir können daher die Gleichung
(5) in die folgende Form bringen:
(6) (/»-y)l± V1- l>
woraus, je nachdem die Wurzeln reell oder imaginär sind:
So erhalten wir z. B. für:
Natriumchlorid s = ^-J^L^ (ö = 1,767. C= 0.0027),
Bariumchlorid * (/ -- J*9™ -oT {S = 3,624, C= 0,00145).
Taf. II Fig. 1 gibt die entsprechenden Curven, Fig. 2
eine ähnliche Curve, bei der aber p als Abscisse, d als
Ordinate verzeichnet ist.
Die hiernach berechneten specifischen Gewichte von
NaCl und BaCla Lösungen bei 15° sind in der folgenden
Tabelle mit den Bestimmungen von Gerlach1) und den nach
1) Gerlach, Spezifische Gewichte der gebräuchlichsten Salzlösungen.
Freiberg, 1859. p. 9 u. 14.
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Volumenänderungen von Salzlösungen.
121
der Interpolationsformel von M endelejeff *) berechneten
spezifischen Gewichten für BaCl2 zusammengestellt.
Prozente *15°4°
von nach
NaCl Gerlach
Procente *15ft4°
nach von nach , nach
Heritsch BaCl» Gerlach Heritsch
nach
Mendelejeff
3 1,0207 1,0207 4
s 1,0576 1,0574 5
13 1,0953 1 1,0953 10
22 1,1665 1,1663 20
26 1,2000 1,19SH 25
1,0357
1,0450
1,0942
1,2051
1,2691
1,0355
1,0450
1,09425
1,20515
1,2667
1,0351
1,0445
1,0939
1,2048
1,2604
Die Gleichung (1) gibt uns auch das Gesetz der Volum-
venninderung einer Lösung von beliebigen Salz- und Wasser-
mengen. Es sei m die Gewichtsmenge des Wassers und mx
die des Salzes, so leuchtet ein, dass p = 100. ml (m -f /«,) und
100 -p = 100 . m l(m + ro^, folglich:
6) ö = C(l()0)f~M«_
x ' im + wij i
Die Volum Verminderung der ganzen Mischung (m +
-rhalten wir, indem wir den Ausdruck (8) mit (m + mjj 100
mnltipliciren:
9) tf. = C. 100 — m' = A- '"!*>- •
Eine Abweichung von der Formel <?=C(100 — p)p
gaben mir die Lösungen von LiCl und (NH4)N03. Dem-
gemäss hat sich die Grösse d (d. h. die Dichtigkeit des ge-
lösten Salzes) als veränderlich erwiesen, und zwar ist sie bei
den schwächeren Lösungen kleiner, als bei den stärkeren. Ich
vermuthe, dass hierbei bis zu einer gewissen Concentration
eine Dissociation der Salzmol ecüle eintritt. Danach habe
ich die Lösungen der soeben erwähnten Salze in zwei Grup-
pen getheilt und für jede derselben ö und C berechnet.
In beiden Gruppen ist die Constante C verschieden, aber
in jeder einzelnen Gruppe von Lösungen ist sie ziemlich un-
veränderlich.
I) Mendelejeff in seinem russischen Buche »Untersuchung der
wässerigen Lösungen nach ihrem specifischcn Gewichte*4 (St. Petersburg,
1857) p. 411 gibt die folgende Formel an:
BaCL - 15° 4°. * = 9992 + 86,56 /> + 0,318 p\
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122
A. Koch.
Erste Gruppe.
Lösung von LiCl
Ö = 1,446. Zweite Gruppe.
ö = 1,94.
p
* 15°/4°
Ö
C
p |*15°/4°
&
C
5
10 A
15 y
20
25
1,0280»)
1,0571
1,0864
1,1163
1,1481
1,257
2,398
3,397
4,314
5,248
0,002 65
0,002 66
0,002 696
0,002 79
30 A 1 1,1809
35 1,2169
40 V | 1,2546
0,848
0,925
0,968
0,000 404
0.000 406
Lösungen von (NH4)N03.
Erste Gruppe.
ö = 1,429.
Zweite Gruppe.
p *17,5°/17,5°
d
C
p *17,5V7,5°
10 A ! 1,0425
20 i 1,0860
30 | 1,1301
1,068
1.900
2,483
0,001 187
0,001 188
1 0,001 183
40 1,1790
50 A 1.2300
60 y 1,2835 ,
«) = 1,526.
_L_
1,369 I 0,001 571
1,434 0,001 574
Die speeifischen Gewichte der Lösungen von (NH4)N03
sind nach den Bestimmungen von Gerlach1) angegeben.
Physik. Lab. der Univ. Odessa.
VI. Veber die Dämpfung der Tors ionssch Win-
dungen row verschiedenen Metalldrähten ;
van Arthur Koch,
(Inauguraldissertation.)
(Hierin Taf. II Fl*. 3-4.»
Die erste eingehendere Untersuchung über die Elasticit&t
fester Körper rührt her von Gauss und W. Weber. Letz-
terer beschäftigte sich speciell mit den Beziehungen, welche
zwischen der Ausdehnung und der Spannung eines Cocon-
1) Ger lack's: Specifische Gewichte der gebräuchlichen Salzlösungen.
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Tortionsschicinyungen.
123
fadens während einer bestimmten Zeit obwalten.1) Damit
war ein neues Gebiet der Experimentalphysik eröffnet.
Weber selbst wusste direct anzuregen, indem er als not-
wendiges Bedürfniss hinstellte, die Elasticität vieler und
zwar recht verschiedenartiger fester Körper zu untersuchen,
um das Wesen der Elasticität näher zu erforschen.
Seit jener Zeit ist eine Reihe interessanter Entdeckungen
auf diesem Gebiete zu Tage gefordert worden. Natürlich
blieb die Forschung nicht auf Ausdehnung und Deformation
beschränkt Man richtete sein Augenmerk auch auf die
Torsion, und gerade in unserer Zeit haben mehrfache Unter-
suchungen über Torsionsschwingungen stattgefunden. Dass
derartige Forschungen manche Entdeckungen im Gefolge
haben mussten, liegt auf der Hand.
So zeigte G. Wiedemann in einer Abhandlung: „Ueber
die Torsion und die Beziehung derselben zum Magnetismus4'2),
dass ein tordirter Draht theilweise detordirt werde, wenn
man ihn magnetisire. Ferner51), dass ein Eisendraht, der
während oder nach dem Durchleiten eines galvanischen
Stromes tordirt wird, magnetisch wird.
Die Erscheinung der elastischen Nachwirkung, die
Weber für die Ausdehnung eines elastischen festen Körpers
definirt und erwiesen, wurde von F. Kohlrausch auch bei
der Torsion von Metalldrähten nachgewiesen.4)
In der folgenden Zeit wandten sich H. Streintz6),
P. M. Schmidt6), F. Neesen7) und O. E. Meyer8) zu
umfängreichen experimentellen Untersuchungen über die
elastische Nachwirkung und die Dämpfung der Torsions-
schwingungen von Metalldrähten.
Bei allen Versuchen, die den angeführten Abhandlungen
zu Grunde lagen , wurde die Torsion hervorgerufen durch
\) W. Weber, Pogg. Ami. 84. p. 247-, 54. p, 1.
2) 6. Wiedemann, Pogg. Ann. 106. p. 161. 1859
3) G. Wiedemann, Pogg. Ann. 117. p. 193. 1862.
4) F. Kohlrausch, Pogg. Ann. 119. p. 337. 1863.
5) H. Streintz, Wien. Ber. «». p. 337. 1874.
6) P. M. Schmidt, Wied. Ann. 2. p. 48. 1877.
7) F. Neesen, Pogg. Ann. 157. p. 579. 1876.
8) 0. E. Meyer, Pogg. Ann. 151. p. 108. 1874.
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124
A. Koch.
sehr sinnreiche Apparate, die aber alle durch Uebertragung
mit dem Drahte direct in Verbindung standen1), wodurch
ein störender Einfluss bei Torsionsschwingungen kaum ver-
mieden werden kann. Ferner scheint mir die Luftreibung
bei allen Versuchen nicht genügend berücksichtigt; endlich
steht einer Vergleichung der Metalle in Beziehung auf die
Dämpfungsstärke eine nicht vollkommen gleichmässige Be-
handlung der Drähte entgegen.
Aus diesen Gründen schien es mir von Interesse zu
sein, Torsionsschwingungen durch einen Magnetstab hervor-
zurufen und zu beobachten; die Luftreibung durch ent-
sprechende Versuche zu eliminiren und endlich eine grössere
Anzahl von verschiedenen Metalldrähten bei gleicher Länge,
gleichem Durchmesser, gleicher Belastung und gleicher Be-
handlung zu prüfen, und zwar im ungeglühten und aus-
geglühten Zustande.
Der Apparat, den ich zu diesen Untersuchungen con-
struiren Hess, war im wesentlichen folgender (Fig. 3): An
der Wand war eine 157 cm lange Stange {ab) sicher be-
festigt, die auf der oberen Seite mit einem Querholz (bc)
fest verbunden war. An der unteren Seite trug dieselbe
einen durch starke Messingschrauben befestigten Holzkasten.
Von demselben nach dem Querholz lief vertical eine Glas-
röhre (de) von 3,1 cm Durchmesser. Dieselbe passte genau
in eine conische Oeffnung (d) auf den Deckel des Kastens.
Ebenso konnte sie oben (bei e) durch einen ringförmigen
Kork sicher abgeschlossen werden, um gegen äussere Luft-
strömungen zu schützen. In die Glasröhre hinein ragte
von oben eine Messingstange (von f bis e)} die mit einem
Schraubengewinde versehen bis zu 50 cm in die Glasröhre
hineingeschraubt werden konnte, und die in der gehörigen
Weise oben befestigt war. Das Schraubengewinde selbst
lief am unteren Ende conisch zu, war der Länge nach durch
einen feinen Schnitt aufgesägt und trug eine conische
Schraube. In jenen Schnitt wurde der zu untersuchende
Draht hineingesteckt und durch die Schraube angezogen.
1) z B Pogg. Ann. 106. p. 161. 1x5'.». Apparat von G. Wiedeinann.
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Torsiomschwingungen.
125
An der unteren Seite wurde der Draht durch eine ähnliche
Vorrichtung in ein Messingstück, welches gleichzeitig das
Gewicht (g) trug, eingeklemmt. Das Gewicht selbst bestand
aus Messing und Blei und hatte die Form eines Cylinders.
Derselbe steckte in einer Messinghülse und konnte durch
Verschieben dieser Hülse auf das Doppelte verlängert wer-
den. Auf dem Gewichte befand sich ein kleiner Spiegel
und eine Magnetnadel in Richtung des magnetischen Meri-
dians befestigt. Zu erwähnen wäre noch, dass der Kasten
seitlich zu öffnen war, dass der Deckel oben einen Ein-
schnitt {hi) trug, durch den der Draht beim Einspannen
geführt werden musste, und dass dieser Einschnitt bei jedem
Versuche durch einen Streifen Papier zugeklebt wurde.
Beobachtet wurde mittelst Fernrohr und Scala. Die Ent-
fernung derselben vom Spiegel betrug 180 cm.
Die zu den Untersuchungen benutzten Drähte waren
alle, wie schon oben erwähnt, auf ganz gleichmässige Weise
behandelt. Durch ein Zugeisen auf genau gleichen Durch-
messer gebracht, hingen sie zwei Monate hindurch, belastet
durch gleiche Gewichte. Unmittelbar vor dem Gebrauche
wurden sie durch einen mit Oel befeuchteten Lederlappen
sorgfältig von der etwaigen Oxydschicht befreit. Dann erst
wurde der betreffende Draht in den Apparat eingespannt
und das Fernrohr eingestellt. Es bedarf wohl kaum der
Erwähnung, dass von den durch das Hängen an beiden
Enden conisch gewordenen Drähten stets nur der mittlere
Theil in Anwendung kam. Die erste Beobachtung wurde
jedesmal erst am folgenden Tage ausgeführt, nachdem der
Draht vollkommen zur Ruhe gekommen war, und zwar
folgendermassen.
Durch den Magnet wurde der Draht in Torsions-
schwingungen versetzt. Die erste Beobachtungsreihe wurde
ausgeführt bei einer anfanglichen Scalendifferenz von circa
500 mm, alle übrigen bei einer solchen von circa 300 mm.
Beobachtet und notirt wurde von 20 zu 20 Schwingungen
im ganzen fünfmal, und zwar wurde stets aus je fünf auf-
einander folgenden Umkehrpunkten rp1 bis y5 der mittlere
Ausschlag auf der linken Seite (fi = (<y , 4- 2 (p3 + 9?5) / 4 , der
126
A. Koch.
auf der rechten cfr = {y3 + yJ/2 gesetzt. Während der
ersten beiden Beobachtungsreihen wurde der Magnetstab
entfernt. Erst bei den folgenden Versuchen wurde der Erd-
magnetismus durch einen in der Richtung des magnetischen
Meridians aufgestellten Magnetstab verstärkt oder abge-
schwächt und damit die Schwingungsdauer verkleinert oder
vergrössert. Zum Schlüsse wurde wieder eine Versuchs-
reihe nach Entfernung des Magnetstabes aufgestellt.
Nun wurde die Metallhülse, in welcher das Gewicht
steckte, abgezogen, mit Watte lose ausgefüllt und wieder so
aufgesteckt, dass der Cylinder um das Doppelte verlängert
wurde. Dadurch wurde die Luftreibung ungefähr um das
Doppelte vermehrt. Die Watte im Cylinder hatte den Zweck,
dass die in der Hülse befindliche Luftsäule nicht ihrerseits
durch Reibung an den Innenwänden die gesammte Luft-
reibung beträchtlich beeinflusste. Im übrigen konnte das
Gewicht der Watte (0,615 g) gegenüber dem des ganzen
Cylinders (546,7 g) ohne grösseren Fehler vernachlässigt
werden.
War dies geschehen, so liess ich den Draht drei bis
vier Stunden hindurch zur Ruhe kommen, um dann noch
einmal ähnliche Reihen wie vorhin aufzustellen. Die Tem-
peratur wurde jedesmal vor Beginn und nach Schluss einer
Versuchsreihe notirt. Das Thermometer (Celsius) war auf
einem Stative unmittelbar neben der Glasröhre aufgestellt.
Die Schwingungsdauer T wurde mit Hülfe eines Chro-
noskops während einer Versuchsreihe zehn- bis zwölfmal
bestimmt und daraus der Mittel werth genommen; im übrigen
von einem Umkehrpunkte bis wieder zu eben demselben in
Anrechnung gebracht.
Das logarithnri8che Decrement L ist berechnet nach
der Gleichung:
Die Mittelwerthe sind stets bestimmt aus Lx , L3 und LS1
weil diese Grössen die Form haben:
= log a — log b, £s = log£ — logc, /*,= logc — logrf u.8.w.
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Torsionsscfacingungen.
127
Eine Hauptachwierigkeit bei diesen Untersuchungen bot
die Elimination der Luftreibung. Um diesen Zweck zu
erreichen, verglich ich bei gleicher Schwingungsdauer je
zwei zugehörige Werthe L'm und Lmi wobei L'm das loga-
rithmische Decrement bei grösserer, das bei geringerer
Luftreibung, in der Weise, wie oben erwähnt, bezeichnet.
Für eine Reihe yon Beobachtungen der verschiedenen Metall-
drähte ergab sich nach ansteigendem T geordnet, folgende
Tabelle:
Tabelle I.
Tm I £„'.10»
6,S05
7.058
7,701
7,84
7,921
8,09
9,503
9,628
10,07
10,085
10,548
10,71
10,808
11,209
11,943
11,959
12,86
13,38
13,73
16,19
11,62
10,77
9,51
11,04
19,24
15,64
13,47
25,57
10,07
10,0S
12,99
94,26
21,74
51,43
17,03
15,60
45,85
26,63
Lm.\V (Lm-Lm). 10*
14,04
9,58
8,33
7,53
9,73
17,19
14,39
10,72
23,55
8,15
8,62
10,91
91,78
19,86
48,64
14,74
13,45
43,25
25,14
2,15
2,04
2,44
1,98
1,31
2,05
1,25
2,75
2,02
1,92
1,46
2,08
2,48
1,88
2,79
2,29
2,15
2,fi0
1,49
Aus der letzten Columne dieser Tabelle ist einerseits
ersichtlich, dass der Einfluss der Luftreibung durchaus nicht
ganz vernachlässigt werden darf; andererseits, dass derselbe
als nahezu constant erscheint. Da nun durch die getroffenen
Vorrichtungen die Luftreibung durch das Herunterziehen
des Hohlcy linders nahezu verdoppelt wurde, so werden die
logarithmischen Decremente mit grosser Annäherung unab-
hängig von der Luftreibung sein, wenn man das Mittel der
Werthe — d. h. 2,059 von den jedesmaligen logarith-
mischen Decrementen in Abzug bringt. In allen folgenden
Tabellen sind daher die logarithmischen Decremente gleich
durch Subtraction von 2,059 corrigirt.
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128
A. Koch.
Vergleichen wir jetzt bei veränderlicher Schwingungs-
dauer T, wie es auch dem Gange der experimentellen Unter-
suchung entspricht, T selbst mit dem logarithmischen Decre-
ment und dem Maass der Dämpfung L : Ts.
Für einen Silber- und einen Neusilberdraht ergeben sich
folgende zusammengehörige Werthe:
Tabelle II.
J -
L.W • Z.10«: 2"
7,97
10,05
U,y03
16,066
21,6
Silber
21,141
32,276
45,321
78,751
141,751
0,3326
0,3196
0,3198
0,3051
0.3038
L.10* z.io«:r
7,84
10,77
12,86
15,653
23,663
Neusilber
5,471 I
8,851
11,391
16,041
31,961 1
0,08901
0,07631
0,0688S
0,06547
0,05708
Aus dieser Tabelle geht hervor, dass L mit wachsendem T
zunimmt , während L : T* mit wachsendem T abnimmt. 1 ;
Das Gesetz, welches das Abhängigkeitsverhältniss zwischen
L und T angibt, lässt sich aus jener Eigenschaft der Func-
tion leicht ermitteln. Es sei:
wo f{T) der ausgesprochenen Bedingung genügen muss.
Eine derartige Function wäre z. B.:
/(T) = A-C. T*.
woraus: L = AT2-C.T\
folgen würde, oder: f(T)=A + *.
woraus: L = AT2 + BT.
sich ergäbe. Um diese Frage allgemeiner zu entscheiden,
setzte ich: f{T) = A + a Tn,
Hiernach wäre:
Für den ersten, dritten und letzten Werth von L und T
ergeben sich hiernach für die eben besprochenen Drähte die
beiden Gleichungssysteme :
1) Vgl. auch Tab. 5.
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Torsionsschwingungen.
129
21,141 = b. 7,972 +a. 7,97»+*
45,321 = A . 1 1,903s + a . 1 1,903»+*
141,751 = b. 21,6* + a.21,6»+2
und: 5,471 =£. 7,84* + a. 7,84"+2
11,391 = b . 12,86* + a. 12,86"+*
3L961 =s ft . 23,663* + «.23,666«+*.
Bestimmt man hieraus die Constanten a, b und n, so ergibt
das erste System:
a = 0,61225 b = 0,27856 n = - 1,09785,
das zweite:
a = 0,23120 b = 0,04581 n = - 0,8907.
Aus diesen Lösungen lässt sich wohl annehmen, dass n = — 1
gesetzt eine befriedigende Annäherung liefern wird. Hierfür
geht aber die allgemeine Gleichung:
L = b T* + a 7*»+*
aber in: L=aT+bTK
Berechnet man nach dieser Gleichung für gegebene Werthe
von T die logarithmischen Decremente der verschiedenen
Metalldrähte und stellt sie den beobachten Werthen gegen-
über, so ergibt sich folgende Tabelle:
Tabelle III.
T
Z.104beob. ; Z.104ber.
Kupfer.
Silber.
Silber.
Ani. d. Phj«.
Länge:
Durchmesser :
10,793
15,540
Länge:
Durchmesser:
10,03
13,275
15,73
Länge:
Durchmesser:
7,97
10,05
11,903
16,066
21,6
Chem. N. P.
100 cm
0,027 cm
89,221
159,971
100 cm
0,027 cm
24,401
41,191
55,281
75 cm
0,027 cm
21,141
32,276
45,321
78,751
141,751
L . 10* = 3,656 T + 0,4271 T\
f 89,220
159,963
104 = 0,61965 r+O,t8705rs.
25,035
41,186
56,027
L . 104= 0,3121 T + 0,2909 T*.
20,967
32,517
44,935
80,104
142,441
9
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130
A. Koch.
Z.104beob. Z.lO'ber
Eisen.
Platin.
Länge :
Durchmesser :
«,805
8,027
10,07
Länge:
Durchmesser :
7,058
9,455
16,07
\r Länge:
Messing. Dui4meMer:
8,903
12,019
15,610
N.u.ilber. Ö«„
7,84
10,77
12,86
15,653
23,663
100 cm
0,027 cm
11,981
15,126
21,491
100 cm
0,027 cm
7,524
12,331
31,541
100 cm
0,027 cm
7,481
12,676
20,861
100 cm
0,027 cm
5,471
8,851
11,391
16,041
3 1 ,96 1
L. 10*= 0,9875 T + 0.1118
11,8*7
15,129
21,284
L .10«= 0,3639 7'+ 0.09968 T\
7,534
12,352
31,588
h . 10* = 0,16975 7'+ 0,0736 Y'\
7,347
12,670
20,590
h .10« -= 0,395 T+ 0,04 085 T !.
5,608
8,992
11,836
16,193
32,217
Zur Uebersicht habe ich die beobachteten Werthe von
L.10* und T graphisch dargestellt, wobei T zur Abscisse
L . 10 * zur Ordinate gewählt ist (Fig. 4). Aus dieser Darstellung
drängt sich sofort die Eintheilung der Metalle nach ihrer
Dämpfungsstärke auf. Hiernach steht Kupier mit der gross -
ten Dämpfung oben an. Dann folgen Silber, Eisen, Platin.
Messing und endlich Neusilber. Werden die Drähte ausge-
glüht, so ändert sich der Charakter dieser Curven nicht,
wohl aber die Dämpfung und damit L. Ist daher die Be-
ziehung zwischen L und T bei einem ungeglühten Drahte:
L = aT -\- b T2,
so liegt es nahe, für denselben Draht im ausgeglühten Zu-
stande die Gleichung:
L = n(aT+br°)
anzusetzen. Für die Drähte der vorigen Tabelle, mit Aus-
nahme des dritten und letzten, die beim Glühen an einer
Stelle schmolzen, ergibt sich dann die folgende Zusammen-
stellung:
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Torsionsschirinyutif/eu.
131
L. 10* L . 10«
beob. berechn.
Tabelle IV.
■ '
£.10« £.104
beob. berechn. i
Kupfer L. 10*= 0,18108(3,656 T Platin
0,4271 Tr)
8,813
11,208
13,73
13,75
22.605
Silber
7,516
10.54
13.815
15,42
21,09
Eisen
7,857
10.52
16,29
11,251
1 6,639
23,081
31,571
60.571
13,182
17,136
23.670
'.'0,612
54,485
0.15456
0,17990
0,17060
0,19305
0,2013(1
,701
0,595
15,05
23,195
L . 10*= 0,61462 (0,61965 T
+ 0.18705 Ts)
9,191 9,357 0,60370
16,551 16.785 0,60605
27.576 27,203 0,62305
32,851 33,208 , 0,60801
, 60,871 50,168 0,63230
L . 10*= 0.5^915 [ 0,0875 T
+ 0,1118 T-)
7.676 8,638 0,52354
11.951 13,410 0,52505
32.801 26,956 i 0,71885
8.083
10,123
13,485
15,053
L. 10«= 0,68S44 (0,8639 T
+ 0,00968 T*)
6,271 6,0000 0,71955
8,276 8,7210 0,65380
22,831 21,455 0,73260
40,241 42,732 0,64830
/. . 10* =0,63534 (0,16975 T
+ 0,07363 Tl)
4,531 3,928 J 0,73200
6,091 5,886 0,65752
8.851 9,061 i 0,56454
11,281 12,224 I 0,58638
Versucht man hier, die Werthe von L und T graphisch dar-
zustellen, so erhält man nicht mehr so gleichmässige Cur-
ven, wie bei den ungeglühten Drähten. Doch liegt dies in
der Natur der Sache. Das Ausglühen der dünnen Drähte
konnte unmöglich ganz regelmässig vor sich gehen, denn es
wurde dieser Act dadurch bewerkstelligt, dass die Drahte
vorsichtig durch eine Spiritus-, beziehungsweise Gasflamme
gefuhrt wurden. Daher ist es leicht erklärlich, dass der Draht
an einigen Stellen etwas mehr ausgeglüht war, wie an ande-
ren, und damit ist eine mehr oder minder grosse Unregel-
mässigkeit im Verlaufe der Curven, die durch L und T
repräsentirt werden, gegeben. Immerhin ist aber noch die
frühere Reihenfolge der Metalle zu erkennen. Allerdings
liegen die Curven für Kupfer und Silber sehr nahe, wechseln
sogar für eine Strecke ihre Reihenfolge.
Interessant war mir, dass die bis jetzt zu Grunde gelegt l*
Gleichung mit der Boltzmann'schen Theorie1) in Einklang
steht, ja sich aus derselben herleiten lässt, wenn man gewisse
1) Bol tzmann, Wien. Ber. 70. 1874. Pogg. Ann. Ergbd. 7« p. 627.
Vgl. auch: Ricke, Wied. Ann. 20. p. 484. 1883.
0*
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132
A, Koch.
Specialisirungen vornimmt, die den vorliegenden Unter-
suchungen entsprechen.
Bezeichnet man mit:
6 a /» 6 v die
die Dehnungen der Längeneinheit in Richtung der ?/•,
r-Axen ;
so gelten für die elastischen Kräfte bei vollkommen elasti-
schen festen Körpern die Gleichungen1):
ai-a«+«„':. : T.-Mar+S;)-
*.«!?• ! ^=.«a+a-
Vorausgesetzt wird dabei, dass auch bei ungleichförmiger
Dehnung sehr kleine Parallelepipeda als gleichförmig gedehnt
betrachtet werden.2) Von diesen Gleichungen geht Boitz-
en an n aus. Dabei nimmt er aber an, dass die Kräfte, die
auf die Begrenzungsflächen des Parallelepipeds zu einer be-
stimmten Zeit wirken, nicht blos abhängen von der Dehnung
des Parallelepipeds zu einer bestimmten Zeit, sondern auch
von den vorhergegangenen Dehnungen desselben, wobei jedoch
eine Dehnung einen um so geringeren Einfluss hat, vor je
längerer Zeit sie stattfand, und zwar ist die Kraft, welche
zur Erzeugung einer bestimmten Dehnung erforderlich ist.
geringer, wenn schon früher eine Deformation im gleichen
Sinne statt hatte. Boltzmann nennt diese Thatsache, dass
eine früher vorhandene Dehnung die Kraft, welche zur Er-
zeugung einer Dehnung im gleichen Sinne nothwendig ist,
vermindert, „die durch jene frühere Dehnung erzeugte Kraft-
verminderung*'. Ferner, wenn zu irgend einer Zeit r wäh-
rend des Zeitdifferentials dt der Körper die Dehnung a(r)
1) Lame, Leejons sur la theorie matbemati<iue de l'elasticite des
corps solides.
2) Clebsch, Elasticitatstheorie.
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Torsiansschwingu ngen .
hatte, dass die Kraftverminderung, welche diese Dehnung auf
die zur Zeit t wirkende Kraft ausübt, proportional dr\ k(t)
und einer Function der Zeit:
(/ - T) = CO
ist, vor welcher die Dehnung statt hatte. Endlich, dass sich
der Einfluss der zu verschiedenen Zeiten vorhandenen Defor-
mationen superponirt, d. h., dass die Kraftverminderung,
welche eine bestimmte vor einer bestimmten Zeit stattgefun-
dene Dehnung erzeugt, nicht abhängt von den Zuständen,
welche der Körper inzwischen durchlaufen hat. Unter diesen
Voraussetzungen gehen die ersten Gleichungen bei Einführung
zweier Functionen der Zeit rp{t) und welche angeben,
in welcher Weise die Kräfte vermindernde Eigenschaft voran-
gegangener Deformationen von der Zeit abhängen, über in:
N] = k{c<(t)+ß(t) + y(t)\ + 2u«(t)
r ce
-fdb)<f{fo)\u{t-(ü)+p(t-(o) + y{t-a))\ -2 fdcu i," (©)«(/ - (»),
0 I»
oder zusammengefasst:
iV, = !(,) + 2« -/ d<o [rf {u>) Ö(<- «,) + 2 y(«) au<'a-~] •
Analog N2 und N9.
Analog 5T, und T3.
Ist / die Länge des Drahtes, R der Radius, und die
Cylinderaxe die x-Axe; ferner für den obersten Querschnitt
-r = 0; ist das Trägheitsmoment des Gewichtes sehr gross,
und nimmt man an, dass der Draht in jedem Augenblicke
gleichförmig tordirt sei, so ist:
w = 0; v = -->- ; w; = --^ •
Damit ist die Bewegungsgleichung:
OD
(I) D- K*-fW -*£[*&(/>- fdm»{*,)»«-m))-
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134
A. Koch.
Dabei ist K das Trägheitsmoment, der Winkel, um
den infolge der Torsion der unterste Querschnitt des Drahtes
zur Zeit t gedreht ist, D das auf denselben zu derselben
Zeit von aussen wirkende Drehungsmoment. Aus dieser
Gleichung stellt Boltzmaun durch Specialisirung Formeln
für D, & und \p{t) auf. In dem folgenden Theile der Ab-
handlung setzt er dann:
OB
'•=J «■ ; fH-
at.
• ; vi«)--«-'
o
wo /(w) eine Function sein soll, die für massige oj nahezu
constant, für sehr grosse bis unendlich grosse ro gegen Null
convergirt. Im weiteren Verlaufe wird dann D = 0 gesetzt.
Bei meinen Versuchen ist D von Null verschieden,
da äussere Kräfte durch die Einwirkung des Erdmagnetismus
vorlagen. Die Resultante derselben sei proportional dem
Ablenkungswinkel, also:
D=p.&(t),
wobei p einen constanten Werth bezeichnet. Dann geht
Gl. (1) bei gleichzeitiger Einführung von:
a—I da) und »," = * über in:
o
(2) p . » (t) - K d'f^ = »*J'j » W - * (/ - «„; j/^ d,a .
Der Draht schwinge von der Zeit t = 0 an. Damit ist für
negative t: fr(t) = 0,
für positive : t7 -(*) - C. e— 1 . sin •
Bildet man hiernach d-,'J(t) jdt2, sowie:
1» 0
00 OD
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Torsionsschwingungen, 13Ö
und setzt man diese Werthe in Gl. (2) ein, so wird nach
Porthebung des gemeinsamen Factors Ce**1 dieselbe über-
gehen in:
. 2nt , ..(An* A • 2 i / , „ 4/r<? 2n/
sin r + A [ r, - «-J sin T + K y - cos r
nÄ4 . 2ntf ff(a) . C ähi 2 i «» /'(tu). \
, nÄ* 2nt {' „ . 2nrr> ... x rfri
+ 2TC0S rJ< 8in r -"'"J "TT
Setzt man die Coöfficienten von sin.2;z//T und cos. 2a// 7*
auf beiden Seiten gleich, so resultiren aus Gl. (3) die Glei-
chungen:
.4)/» + A^--€»J- 2/ [J^ </r„-J<-cos y-^rf«],
r
3> A y --»rj* 8,11 r ' ■« ,/,u-
0
Für die rechte Seite der Gl. (4) lässt sich der con9tante
Werth:
nR*A
einfuhren, desgleichen, wenn nur eine Annäherung angestrebt
werden soll, in Gl. (5) für /(a>) die Constante B, wobei dann
'i nur massige Werthe haben soll. Wird endlich e"* = 1
gesetzt, da « sehr klein ist, so gehen die Gleichungen (4)
und (5) über in:
X
0 A -r = jsin r - .
<>
Aus (6) folgt für 6 = 0:
i
T
21 p
/> + K- 4^ — a , und daraus:
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136 A. Koch.
Kehren wir zurück zu Gleichung (7). Es sei:
. TT Ä4 B
da ferner 2nlT stets >0 ist, so ist:
CD
2 rt w d t,) n
Sm T T/= 2
0
Demnach geht (7) über in:
(10)
also. € _ 8J5r_ |/ 4/4- ^K,{nRlA 2[p) , odei .
v ' * ~ K MK.l.{nRcA-2lp)'
Aus (0) und (11) folgt das logarithmische Decrement:
Hieraus folgt zunächst, dass L mit / und p wächst. Aus
Gleichung (9) folgt ferner, dass:
rs = J£¥*r, i8t- oder: - 2 'r =
Setzen wir diesen Werth in (12) ein, so wird daraus:
<13> L = 2.8 . ». . = "I. JT/ ' W0DaCh WCh:
(14) 5 = ^
leicht berechnen lässt.
Für die vorliegenden Untersuchungen war nun B, l und
K constant. Führen wir deshalb zur Abkürzung die Grösse:
nR'B
C - 16 Kl
ein, so folgt aus der Boltzmaun'schen Theorie zunächst,
dass für einen bestimmten Draht:
(15) L = cT2
sein muss. Von dieser Gleichung kommt man leicht auf die-
jenige, welche der Tabelle III zu Grunde liegt, wenn man
sich die Grösse B oder auch, da K. I und B constant sind,
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Torsionsschwingungen.
137
den Werth Lj T* bildet Dieser sollte nach der Theorie
constant sein. Es ergibt sich aber thatsächlich ein abstei-
gender Werth bei aufsteigendem T, wie aus folgender Tabelle
ersichtlich ist (Vergleiche auch Tabelle II).
Tabelle V.
L . 10*
(X.10«):r»
Kupfer.
89,221
159,971
Silber.
24,401
41,191
55,281
Eisen.
11,981
15,126
21.491
Platin.
7,524
12,331
31,541
Messing.
7,481
12,676
20,861
Neusilber.
5,471
8,851
11,391
16,041
31,961
Länge: 100 cm Durchmesser: o,02? cm
10,793 0,765 90
15,54 0,662 43
Länge: 100 cm Durchmesser: 0,027 cm
10,03 0,242 56
13,275 0.233 73
15,73 0,223 42
Länge: 100 cm Durchmesser: 0.027 cm
6,805 0.258 79
8,027 0,234 76
10,07 0,211 93
Länge: 100cm Durchmesser: 0,027 cm
7,058 0.151 04
9,455 0^137 94
16,07 0,122 13
Länge: 100 cm Durchmesser: 0,027 cm
8,903 0,094 380
12,019 0,087 752
15,61 0,085 612
Länge: 100 cm Durchmesser: 0,027 cm
4,84 0,089 008
10,77
12,86
15,653
23,663
0,076 305
0,068 879
0,065 472
0,057 080
Schreibt man Gleichung (13) in der Form:
wo
a ~ 16 Ä7
L — a. BT1,
ware, und führt man entsprechend dieser Tabelle für />' den
mit T variablen Werth:
b= ßT + r
ein. so geht die Gleichung über in:
L = u[^+r)Tt=aßT+ uyT*,
oder wenn man:
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138
A. Koch.
a.ß = a\ a.y = b einführt:
i'i) L = aT+bT\
Die Constante A, welche zuerst in Gl. (6) auftritt, lässt sich
nach der Gleichung:
2{nKKÄ- 21 p)
bestimmen. Setzen wir den Werth B ein, so geht nach eini-
gen Reductionen diese Gleichung über in:
j Su-Kf + 2Ti.f.p
Endlich sei noch im Anschluss an diese Theorie eine Tabelle
aufgestellt, in der 10* berechnet nach den Gleichungen (15)
und (16) einander gegenüber gestellt werden, neben dem beob-
achteten Werthe von L, um den Grad der Annäherung, wie
er aus den Boltzmann'schen Formeln hervorgeht, schätzen
zu können.
Die Schwingungsdauer ist dieselbe bei den entsprechen-
den L wie in der vorigen Tabelle. Die Länge bei allen
Drähten 100 cm, der Durchmesser 0.027 cm.
*
Tabelle VI.
L. 10» her. nach /. .10« ber.
L.\0*=,'T+hT-s LAO* beob. nach c
cf. Tab. III. Z.10'=r 7"
Kupfer. />. 10*= 0,71417 T\
89,220
159,963
■
89,221
159,971
83,204
172,49
0,7659
0,6624
Silber.
L
. 10*
= 0,2332
25,035
41,186
56,027
24,401
41,191
55,281
i
•
i
23,460
41,100
57,700
0,2426
0,2337
0,2234
Eisen.
L
= 0,2351
11,897
15,129
21,284
11,981
15,126
21,491
1
I
1
10,8S7
15,148
23,840
0.2587
0,2348
i 0,2119
Platin.
L
.10'
= 0,1370
T\
7,534
12,352
31,588
7,524
12,331
31,541
•
1
6,8247
12,247
35,380
0,1510
0,1379
0,1222
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Torsiomschwinyunyen.
139
Z.10* ber. nach' L . 10* ber.
A. 10'= fiT+hT* L. 10* beob. nach
cf. Tab. III. L.\0*=cT*
r
Messing.
L . 10» « 0,08925 Ta.
7,347
12,670
20.5%
7,481
12,676
20,861
7,074 0,09438
12,892 0,08775
21,748 0,08561
Neusilber.
L. 10« = 0,07135 T1.
5,608
8,992
11,836
16,193
5,471
8,851
11,391
16,041
4,386 0,08901
8,276 0,07631
11,800 0,06888
17,481 0,06547
32,217 31,961 39,950 0,05708
Man ersieht hieraus, dass die Annäherung, welche die
Boltzmann'sche Theorie für die Beobachtung liefert, eine
ziemlich grosse ist. Jedenfalls ist es deshalb wohl berechtigt,
darauf hinzuweisen, dass das Boltzmann'sche Unternehmen
nicht den „hohen Grad von Unbestimmtheit, welche zu Be-
denken Anlass gibt," verdient, wie Hr. O. E. Meyer meinte.1)
Wenden wir uns jetzt zurück von der Theorie zu den
experimentellen Versuchen. Eine grössere Reihe von Beob-
achtungen über die Dämpfung der Torsionsschwingungen von
verschiedenen Metalldrähten finden wir in der schon oben
erwähnten Abhandlung von H. Streintz.2) Da aber bei
allen seinen Versuchen äussere Kräfte durch Einwirkung
eines Magnetstabes nicht in Anwendung kamen, so liegt die
Frage nahe: Wie weit stimmen jene Untersuchungen mit
diesen überein?
Streintz findet aus seinen Versuchen, dass das logarith-
mische Decrement unabhängig sei
1) von der Schwingungsweite;
2) von der Spannung des Drahtes;
3) von der Schwingungsdauer, wenn die Aenderung der-
selben durch Aenderung des Trägheitsmomentes bewirkt wird;
4) von der Länge, dann vielleicht auch
5) vom Durchmesser des Drahtes, wenn man das Dreh-
moment entsprechend der Längenänderung sich verändern lässt;
1) 0. E. Meyer, Wied. Ann. 4. p. 257. 1878.
2j H. Streintz, Pogg. Ann. 153. p. 397. 1874; Wien. Ber. 69.
!■• 337. 1874.
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140 A. Koch.
6) dass L verschieden sei für verschiedene Metalle und
für dasselbe Metall im ungeglühten und ausgeglühten Zu-
stande. Im ersteren grösser, im letzteren kleiner;
7) dass L um so kleiner sei, je mehr Schwingungen der
Draht bereits ausgeführt hat, und sich bei dieser Abnahme
einer gewissen Grenze nähere (Accomodation);
8) dass L grösser bei höherer Temperatur sei, sodass
man versucht sei, die Temperatur als einzige Ursache anzu-
nehmen.
Diese Sätze erleiden zum Theil eine mehr oder weniger
grosse Modification, wenn äussere Kräfte durch einen Magnet
eingeführt werden.
Das erste Gesetz bleibt auch hier bestehen. Wenigstens
glaube ich dies aus nachstehender Tabelle schliessen zu
können. In dieser Tabelle gibt n die Anzahl der Schwin-
gungen an, welche zwischen den einzelnen Beobachtungen
verliefen. Ln bezeichnet, wie oben erwähnt, den Mittelwerth
aus Z3 und L&. tp bedeutet den Ausschlagswinkel in
Scalentheilen. Die Länge ist bei allen Drähten 100 cm, der
Durchmesser 0,027 cm. Für Eisen, Platin, Messing und Neu-
silber habe ich nur Lm und die anfängliche Scalendifferenz
angegeben. Im übrigen sind die Grössen Lm auch für diese
Metalle genau in derselben Weise entstanden, wie beim Kupfer
und Silberdraht.
Tabelle VII.
20
10
742,20
657,90
604,10
570,40
548,70
535,00
669,00
641,25
618,10
600,10
585,30
573,00
<Pr~ <Ti |
L . 104
Kupfer.
269,55
856,78
412,00
447,00
469,75
484,00
372,35
400,75
423,15
441,98
456,88
469,60
472,65
301,12
192,10
123,40
78,95
51,00
296,65
240,50
194,95
158,12
128,42
104,00
97,90
97,61
96,11
96,99
94,89
91.13
j 91,23
90,93
I 90,36
91,60
96,30
91,22
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Tursionssclacinguiigen.
141
Silber.
10 i 726,00 286,00 , 440,00
i 704,90 306,95 397.95
685,75 325,63 360,12
668,60 342,80 i 325,80
652.85 358,00 294,85
638,90 372,05 266,85
10 , 654,25 355 299,25
640.00 369,M5 270,65
627,20 382,18 245,02
615,60 , 394,00 221,60
605,20 404,23 200,97
595,50 I 413,95 181,55
Eisen.
20 705,50 314,60 I 390,90
20 659,75 360 | 299,75
Platin.
20 756,25 257,00 499,25
20 655,55 356,65 298,90
Messing.
20 771,15 226,48 I 544,67
20 647,60 , 348 299,60
Neusilber.
20 768,40 268,50 \ 499,90
20 666,00 366,55 299,45
Z.10*
43,62
43,38
43,50
43,35
43,33
- I
43,62
43,21
43,63
42,44
44,13
Z_ . 10*
43,48
43,79
17,03
17,13
1 4,3 i
14,41
14.!>7
14,73
11,01
10,94
Was übrigens die relativ grosse Differenz der beiden
Mittel werthe von L für den Kupferdraht betrifft, so muss
ich dazu bemerken, dass die erste Gruppe der Werthe tp%
denen Z.. 10* = 96,30 entspricht, in der Zeit von 12h30 bis
I2h50 beobachtet wurde. Der Draht kam dann vollständig
zar Ruhe, und erst am Nachmittage von 3h bis 3h 10 wurde
lie zweite Gruppe y beobachtet. Ihnen entspricht der Werth
£«. 10* = 91,22.
Bei allen anderen Drähten wurden beide Gruppen un-
mittelbar hinter einander beobachtet, ohne dass der Draht
erst zur Ruhe kam. Es lässt sich daher das grössere Her-
absinken des logarithmischen Decrementes für den ersten
Draht aus der Erscheinung der Accomodation1) erklären,
eine Erscheinung, die auch bei den übrigen in geringem
Maasse zu constatiren war. Der Magnetismus kann hierbei
1) H. Streints, Pogg. Aiin. 153. p. 390. 1874.
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142
A. Koch.
von gar keinem EinHuss sein, denn nachdem die Drähte bei
verschiedener Schwingungsweite untersucht waren, wurde die
Schwingungsdauer durch Annäherung des Magnetstabes ver-
ändert; zum Schlüsse aber jedesmal nocli ein Versuch ange-
stellt n*ch Entfernung des Mugnetstabes. Stellen wir diese
beiden Versuchsreihen gegenüber, so ergibt sich nachstehende
Tabelle, in der m die ungefähre Anzahl der Schwingungen
bedeutet, welche der Draht zwischen diesen beiden Gruppen
ausgeführt hatte. Für Eisen, Platin. Messing und Neusilber
sind analoge Abkürzungen vorgenommen, wie in der vorigen
Tabelle.
Tabelle VIII.
m
60
170
250
220
-30U
20
20
20
20
'fr
10 669,00
• • • •
573,00
667,00
10 638,2
10 I 615
10 590,15
1 1 579,85
10 : 567,00
10 654,25 '
587,25
10 730,3
716,8
703,0
691,2
680
671,5
20 659,75
30 , 658,6
210 20 647,6
20 ; 647,75
666
558,95
655,55
657,75
Kupfer.
372,35 296,65
*469',00 iö-^oo
366,5 1 300,5
395,25 242,95
417,5 197,5
436,05 160,1
452,43 127,42
464,18 , 103,62
Silber.
355 299,25
• . • • • . • •
4->2,08 165,17
431 299,3
445,65 270,65
458,7 244,8
470,33 220,87
430,78 i 199,22
490,95 , 180,55
Eisen.
360 299,75
359,45 299,15
Platin.
356,65 298,9
358 299,75
Messing.
348 29<J,6
347,58 j 300,17
Neusilber.
366,55 299,45
358,65 , 300,3
/. . 10<
Lm . 10*
eouf.Tab.VH 91,22
1
92,32
89,95
91,1h
90,14
*9,80
43,70
44,49
43,78
44,81
42,73
91,10
conf.Tab.VH, 43,79
43,40
17,13
17,< s
14,41
14,3;-
14,7 x
14>2
10,94
10,**
Digitized by Google
TorsionsschwiiUfunyeti
Mit Ausnahme des Alessingdrahtes hat das logarithinischc
Decrement bei allen anderen abgenommen. Beim Messing-
draht scheint aber eine Störung eingetreten zu sein bei der
Beobachtung der Werthe, aus denen Lm. 10* = 14.73 hervor-
ging, sodass diese Zahl zu klein angesetzt ist. Bei einem
anderen Messingdrahte habe ich wenigstens die Abnahme
des logarithmischen Decrementes mit der Anzahl der
Schwingungen beobachten können.
Bei verschiedener Spannung habe ich diese Drähte
nicht untersucht.
Was den dritten, vierten und fünften Gesichtspunkt
betrifft, so ist schon erwähnt, dass unter der Einwirkung
magnetischer Kräfte die Unabhängigkeit des logarithmischen
Decrementes von /, R und besonders von der Schwingungs-
dauer T nicht zutrifft. Desgleichen ist schon der folgende
Satz berührt worden, dass nämlich L verschieden für ver-
schiedene Metalle und verschieden für dasselbe Metall im
ungeglühten und ausgeglühten Zustande ist. Zur Uebersicht
habe ich für sechs gleiche Drähte entsprechende Werthe
vod L und T zusammengestellt. <pr — tpi ist für alle sechs
Drähte gleich 300. Endlich bedeutet d die Differenz zweier
Werthe von £.10' im ungeglühten und ausgeglühten Zu-
stande.
Tabelle IX.
Metall
L.10*
d
T
Kit pfer
imgeelüht
geglüht
91,10
ls?67
72,43
10,005
11,203
Silber
ungefüllt
geglüht
43,40
3ü,5.r»
12.X5
13,26
13,6>
Eisen
uugeglüht
geglüht
17,0M
9,7 Ö
7,32
7,993
8,01
Platin
uugeglüht
geglüht
17,23
10,14
7,00
0,445
0.4 26
Messing
uugeglüht
geglüht
14,82
K/27
6,55
12,02
10,148
Neusilber
uugeglüht
geglüht
10,88
8,04
2,24
10,73
; 10,45
144 A. Koch.
•
Hervorzuheben ist an dieser Stelle wohl, dass diese Grössen d
genau dieselbe Reihenfolge einschlagen, wie die logarith-
mischen Decremente der Drähte im ungeglühten Zustande.
Somit komme ich zur letzten These, da 7) schon bei 1)
Erledigung gefunden hat. Von der Einwirkung der Tem-
peratur kann bei diesen Untersuchungen ganz abgesehen
werden. Denn das Zimmer, in dem beobachtet wurde, lag
nach Norden, ferner wurden die letzten Drähte, die ich
untersuchte, und die in dieser Arbeit nur behandelt sind,
alle in der Zeit vom 6. bis 29. October vorigen Jahres
untersucht. Während dieser Zeit schwankte das Thermo-
meter in dem Beobachtungszimmer zwischen 9,4 und 14,5°
Celsius. Die grösste Temperaturdifferenz, die bei der Unter-
suchung ein und desselben Drahtes zu verzeichnen war.
betrug 2.5°. Bei der Untersuchung der meisten Drähte war
diese Differenz aber kleiner als 0,8°, sodass von einer
grösseren Einwirkung der Temperatur wohl abgesehen wer-
den kann.
Interessant wäre es allerdings, eine Anzahl verschiedener
Metalldrähte, die alle auf ebendieselbe Weise wie die vor-
geführten präparirt sein mtissten, bei verschiedener Tem-
peratur zu prüfen, während die Torsion durch einen Magnet-
stab bewirkt wird. Doch liegt die Beantwortung dieser
Frage ganz ausserhalb des Rahmens dieser Arbeit.
Stellen wir die gewonnenen Resultate zum Schlüsse noch
einmal kurz zusammen. Es ergab sich, dass das logarith-
mische Decrement, wenn die Torsion des Drahtes durch
einen Magnetstab herbeigeführt wird,
1) abhängig ist von der Schwingungsdauer, wenn die
Aenderung derselben bei constantem Trägheitsmoment durch
einen aufgestellten Magnetstab bewirkt wird, und zwar ist
das Abhängigkeitsverhältniss bestimmt durch die Gleichung:
L = aT+bT\
Die Boltzmann'sche Theorie ergab für einen bestimmten
Draht die Gleichung:
L = cT\ wo: c = 1KAV
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Torswnsschichif/UTif/en. 1 45
ist, R den Radius des Drahtes, K das Trägheitsmoment,
und / die Länge bedeutet.
2) im ungeglühten Zustande grösser ist, wie im aus-
geglühten. Ist L für einen Draht im ungeglühten Zustande
nach der Formel:
berechnet, so ergibt sich für diesen Draht im ausgeglühten
Zustande die Relation:
L = n{ai r + hx T*);
3) verschieden ist, für verschiedene Metalle, sodass sich
die untersuchten Metalle nach ihrer Dämpfung9stärke in die
Reihe ordnen:
Kupfer, Silber, Eisen, Platin, Messing, Neusilber;
4) unabhängig ist von der Schwingungsweite;
5) um so kleiner ist, je mehr Schwingungen der Draht
bereits ausgeführt hat und sich bei dieser Abnahme einer
bestimmten Grenze nähert.
Der experimentelle Theil dieser Arbeit wurde im physi-
kalischen Institute der Universität Greifswald unter der
Leitung des Hrn. Prof. Dr. A. Oberbeck ausgeführt. Für
die mannigfachen Rathschläge, die mir während der Unter-
suchungen von dem Herrn Professor zu Theil wurden, spreche
ich demselben an dieser Stelle meinen wärmsten Dank aus.
Auch dem Assistenten des Institutes, Hm. Dr. Bergmann,
sage ich für sein freundliches Entgegenkommen bei der
Anfertigung des Apparates meinen besten Dank.
Greifswald, Physikal. Inst. d. Univ., d. 11. Mai 1888.
Abu. ii. Ibst. u. Chem. N. P. XXXVI. l(j
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146
H. Hennebery.
VII. lieber das Wärmeleitungs vermögen
der Mischungen von Aethylalkohol und Wasser v;
von Hugo Henneberg.
(Hierin T»f. I! H*. 6.)
Im Jahre 1880 hat Hr. H. F. Weber die Wärme-
leitung der Flüssigkeiten nach einer Methode untersucht, bei
welcher die Strömungen innerhalb der Flüssigkeit gänzlich
vermieden sind. Als das Resultat dieser Untersuchung stellte
Weber folgendes einfache Gesetz auf:
Der Quotient aus der Wärmeleitung und der speeifischen
Wärme der Volumeneinheit hat für alle Flüssigkeiten den-
selben Werth.
In einer späteren Arbeit hat Hr. Weber eine Modifi-
cation dieses Gesetzes eintreten lassen, auf welche später
eingegangen wird. Nach Weber sind von Christiansen
und Grätz Untersuchungen über die Wärmeleitung der
Flüssigkeiten angestellt worden. Durch diese Untersuchungen
ist der von Hrn. WTeber entdeckte Zusammenhang zwischen
Wärmeleitung und speeifischer Wärme der Volumeneinheit
bestätigt worden, wenn auch die Resultate der einzelnen Be-
obachter für die gleiche Substanz noch Differenzen aufweisen.
Infolge dieses genannten Zusammenhanges zwischen der
Wärmecapacität und der Wärmeleitung schien es nicht un-
interessant, die Mischungen von Aethylalkohol und Wasser
auf ihre Wärmeleitungsfähigkeit hin zu untersuchen; denn
diese Mischungen zeigen in Bezug auf die speeifische Wärme
ein anomales Verhalten, indem sich für die alkoholärmeren
Mischungen bis zu einem Alkoholgehalte von 35 Gewichts-
procenten für die Wärmecapacität Werthe ergeben, die
grösser als Eins sind, während absoluter Alkohol eine viel
geringere speeifische Wärme als Wasser besitzt.
Es stellte sich also die Aufgabe dar, zu untersuchen:
erstens: ob dieses anomale Verhalten der Mischungen von
Alkohol und Wasser auch in den Werthen für die Leitungs-
fähigkeit für Wärme zum Ausdruck komme, und
1) Auszug aus einer in Jena eingereichten Diasertation.
Digitized by Google
WdrmeUitungsverm'öyen von Aethylalkohol und Wasser. 147
zweitens: ob für die so gefundenen Werthe die von
Weber gefundene Relation in derselben Weise Geltung habe,
§1. Metbode.
Die Methode war im wesentlichen dieselbe, wie die von
Hrn. Christiansen1) angewendete, nur wurde dem Apparat
dieselbe Einrichtung gegeben, welche Hr. Winkelmann8)
zur Untersuchung der Abhängigkeit der Wärmeleitung der
Gase Ton der Temperatur benutzt hat. Zur Aufnahme der
Kupferplatten diente ein Kasten aus Eisenblech von 65 cm
Seitenlänge und mit Glasscheiben versehenen Seitenwänden
von 25 cm Höhe. Derselbe wurde oben durch einen Deckel
aus Eisenblech geschlossen, der in der Mitte eine kreisrunde
Oeffnung von 17 cm Durchmesser besass. Im Centrum der
Bodenfläche war eine sorgfaltig eben geschliffene Messing-
platte von 15,8 cm Durchmesser eingelöthet. Auf diese wurden
die noch näher zu beschreibenden Kupferphitten mit den
dazwischen liegenden Glasplättchen aufgeschichtet und auf
die oberste Platte ein cylindrisches Siedegefäss von 15,8 cm
Dnrchmesser und 24 cm Höhe durch die kreisrunde Oeffnung
im Deckel aufgesetzt Dieses Gefass war aus Messing, an
seiner Bodenfläche ebenfalls möglichst glatt abgeschliffen
und ragte ungefähr 8 cm über den Deckel des Apparates
heraus. Es trug einen streng passenden Deckel mit zwei
Löchern. Durch das eine Loch war ein kupfernes Rohr,
welches im Inneren mehrere schraubenförmige Windungen
machte und bis auf den Boden reichte, zur Einleitung des
Dampfes eingeführt; die Oeffnung war etwas weiter als das
Rohr, sodass dieses nur ganz lose darin steckte, eine Ein-
richtung, die den Zweck hatte, die Uetjertragung etwaiger
Erschütterungen auf das Siedegefäss und damit auf die Kupfer-
platten zu verhindern. Durch das andere Loch konnte der
Dampf entweichen. Das Kupferrohr war durch einen Kaut-
schukschlauch mit einem etwas oberhalb neben dem ganzen
Apparate stehenden Dampfentwickelungsgefässe verbunden.
n Christiansen, Wied. Ann. 14. p. 23. 1881.
2) Winkelmann, Wied. Ann 29. p. 68. 18h6.
10*
148
H. Henneberg.
Die drei zur Verwendung gekommenen Kupferplatten I.
II, III hatten folgende Dimensionen:
Die Platten waren sorgfaltig glatt geschliffen und stark
vergoldet und hatten seitlich 5 cm tiefe und 0,6 cm weite
Bohrungen zur Einführung der Thermometer.
Die Beobachtung der Temperatur an den drei Thermo-
metern, die alle drei übereinander in der Richtung einer
Diagonale des Rastens angeordnet waren, geschah aus eini-
ger Entfernung vermittelst eines Fernrohres.
Zur Beobachtung der Temperatur der Umgebung der
Platten befanden sich im Inneren des Kastens drei Thermo-
meter, wovon eines in 0,1 Grade, die beiden anderen in ganze
Grade getheilt waren. Sie waren so vertheilt, dass sich das
eine mit seinem Quecksilbergefäss nahe an der äusseren Glas-
wand des Kastens, das zweite ungefähr in der Mitte zwischen
dieser und den Kupferplatten und das dritte mit seinem
Gefass ganz nahe an den Kupferplatten befand. Alle drei
waren horizontal und genau in der Höhe der mittleren
Kupferplatte (II) aufgestellt.
Es wurde natürlich auch dafür Sorge getragen, den
Apparat in möglichst derselben Temperatur zu erhalten und
vor Erwärmung von aussen durch Strahlung zu schützen.
Die Versuche wurden daher in einem Souterrainiocale des
physikalischen Instituts angestellt und für möglichst con-
stante Temperatur der Umgebung Sorge getragen. Gegen
etwaige Strahlung von dem Dampfentwickelungsgefass aus
wurde der Apparat durch einen Pappschirm geschützt, und
überdies befand sich dasselbe viel höher als der Apparat.
Bei denjenigen Versuchen, bei welchen die Thermometer
künstlich beleuchtet wurden, wurde zwischen die zur Beleuch-
tung dienende Lampe und den Apparat ein Schirm einge-
führt, der aus zwei ungefähr 8 cm voneinander entfernten
Glastafeln bestand, die so aufgestellt waren, dass zwischen
ihnen die Luft frei nach allen Seiten circuliren konnte.
Die zur Verwendung kommenden Glasplättchen waren
I.
Durchmesser 15,80
Dicke ... 1,40
II.
15,80
1,40
III.
15,80 cm
1,39 „ .
Wärmeleitungsvermbgen von Aethylalhohol und Wasser. 149
in vier verschiedenen Dicken hergestellt von im Mittel 0,2014,
0,1051. 0.0495 und 0,0243 cm. Die Abweichungen von diesen
Mitteiwerthen betrugen nicht mehr als 0;001 cm.
Die Mischungen wurden aus destillirtem Wasser und
absolutem Alkohol von 99,5 Proc. hergestellt, und zwar mit
einem von zehn zu zehn Gewichtsprocenten fortschreitenden
Alkoholgehalt. Das specitische Gewicht der so erhaltenen
nenn Mischungen wurde mit der Mohr' sehen Flüssigkeits-
wage und zur zur Controle bei einigen mit dem Pykno-
meter bestimmt und ündet sich in folgender Tabelle zusam-
mengestellt. Die unter der Rubrik p stehenden Zahlen
bedeuten fortan immer den Alkoholgehalt der Mischung in
Gewichtsprocenten.
mit der Mohr echen mJt d p 'knometer
TeÄo» 1 Temp. 17,5»
10
20
30
40
50
60
70
80
90
0,983?>
0,9710
0,9575
0,9405
(»,9193
0,8965
0,8742
0,8580
0,8245
0,9840
0,9396
0,8734
0,8235
§ 2. Berechnung der Versuche.
Die drei Thermometer, welche zur Einführung in die
drei Kupferplatten bestimmt waren, hatten an ihrem unteren
zylindrischen Ende einen Durchmesser von etwa 0,5 cm auf
eine Länge von 5 cm ; dann erweiterte sich das äussere Rohr,
und von diesem Punkte an begann die Scala. Die ganze
Länge der Thermometer betrug zwischen 36 und 40 cm, die
Länge der Quecksilbergefasse 2,0 bis 2,5 cm. Das für die
oberste Platte bestimmte reichte von 35 bis 75° und war in
0,2 Grade getheilt, das zweite von 10 bis 40° in 0,1 Grade
getheilt und das dritte von -5° bis +25° in 0,2 Grade
getheilt. Die cylindrischen Gefässe der Thermometer waren
bis auf eine Länge von 5 cm mit feinem Kupferdraht umwickelt,
damit sie streng in die Löcher der Plattenpassten.
Digitized by Google
I
150
H. Henneberff.
Diese drei Thermometer wurden sorgfältig vor und nach
den damit angestellten Versuchen mit einem im hiesigen
physikalischen Institute vorhandenen Normalthermometer,
dessen Angaben von der kaiserlichen Normalaichungscom-
mission in Berlin geprüft sind und überdies auf das Luft-
thermometer reducirt wurden, verglichen.
Bezeichnet man die Platten mit I, II und III, und
nimmt man an, dass der Zwischenraum zwischen Platte I und
II mit Luft, deren Wärmeleitungsvermögen als bekannt vor-
ausgesetzt wird, und auf welche die Leitungsfähigkeit der
zu untersuchenden Flüssigkeit bezogen wird, der Zwischen-
raum zwischen Platte II und III mit der betreffenden Flüs-
sigkeit gefüllt sei, so wird, nachdem durch längere Zeit hin-
durch der obersten Platte Wärme zugeführt und die unterste
von der Wasserleitung gekühlt wird, ein stationärer Zustand
eintreten, d. h. es wird, wenn man zunächst von der Wärme-
abgabe der mittleren Platte nach aussen absieht, dieselbe
Wärmemenge, die von Platte I nach Platte II fliesst , auch
von dieser letzteren nach Platte III ttiessen, und daher so-
wohl die Temperatur der mittleren Platte, als auch die der
oberen und unteren constant bleiben. Es seien dann Tv T,
und die respectiven Temperaturen der Kupferplatten
I, II und III, die Entfernung zwischen Platte I und II sei
die zwischen II und III <?2. kx die Wärmeleitungsfähig-
keit der Luft, A2 die Leitungsfähigkeit der zu untersuchen-
den Flüssigkeit im unteren Zwischenräume, S endlich der
kreisförmige Querschnitt einer Kupferplatte, so erhält man,
wie Hr. Christiansen1) gezeigt hat, folgende Gleichung:
Hier bedeutet a, den Temperaturcoefncienten der Luft
a2 den Temperaturcoefncienten der Flüssigkeit.
Hieraus folgt:
1) Christiansen, Wied. Ann. 14. p. 26. 1881.
(1)
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IVärnirltitnngsvermöyen von Aethylalkokol und Wasser. 151
(2)
Durch die Formel:
i T 4- f \
st, (i + -'«,)< r,-2,)|
ist das Verh<niss der Leitungsfähigkeit der Flüssigkeit für
die betreffende Temperatur, bei der sie untersucht wurde,
zur Leitungsfähigkeit der Luft gegeben. Nach dieser Glei-
chung (2) wurden die relativen, auf Luft = 1 bezogenen
Werthe K der untersuchten Mischungen berechnet und an-
genommen, dass für den Fall, der ziemlich oft eintrat, dass
die Temperatur der Umgebung T0 grösser war als die Tem-
peratur T2 der mittleren Platte, wodurch der Ausdruck in
der Klammer grösser als 1 wird, die äussere Wärmeleitungs-
fahigkeit h dieselbe bleibt, und von der mittleren Platte eine
ebenso grosse Wärmemenge aufgenommen wird, als im ent-
gegengesetzten Falle, wo T2 > T0 . abgegeben. Für u wurde
der von Hrn. Winkelmann1) gefundene Werth «,=0,00206,
für h der von ihm in derselben Abhandlung ermittelte Werth
h = 0,0,145 und für der Werth A, = 0,04525 eingesetzt.
Für die anderen vorkommenden Grössen ergibt sich aus
den früher erwähnten Dimensionen A = 69,48 qcm und
£= 196,03 qcm, und daher ist der für alle Versuche gleich
bleibende Quotient:
s2; - °>978-
§ 3. Beschreibung der VerBuche.
Die einzelnen Versuche verliefen in folgender Weise:
Nachdem der Apparat zusammengestellt und die Flüssigkeit
eingefüllt war, wurde in das Siedegefäss Dampf einströmen
gelassen und von unten durch Wasser gekühlt. Das untere
Thermometer in Platte III nahm dann nach sehr kurzer
l) Winkelmann, Wied. Ann. 29. p. 101. 1886.
152
H. Henneberg.
Zeit einen constanten Stand an und blieb auch, da das
Zuströmen des Wassers sehr gleichmässig erfolgte, während
fast des ganzen Versuchs sehr constant. Im oberen Gefass,
welches, wie schon erwähnt, durch eine Luftschicht von je
nach Bedarf 0,1 oder 0 05 cm von der obersten Platte I ge-
trennt war, condensirte sich zuerst der einströmende Dampf,
der weiter folgende durchströmte dieses Condensationswasser
und erhielt es auf constanter Siedetemperatur. Darauf nahm
auch die Platte I eine constante Temperatur an. Am läng-
sten stieg die Temperatur der Platte II, und erst wenn
diese nur geringe oder gar keine Schwankungen zeigte, war
der stationäre Zustand eingetreten. Es wurden nun mit
Hülfe des Fernrohrs Ablesungen der drei Temperaturen
7\; T21 Ts von zwei zu zwei Minuten gemacht und auch
ungefähr alle acht bis zehn Minuten die Temperatur der
Umgebung an den drei Thermometern im Inneren des Kastens
abgelesen. Um den Eintritt des stationären Zustandes genau
zu präcisiren, wurden die Differenzen — gebildet, wenn
J, = Tx - r2 , zf2 = T., - T3 ist. Waren die Differenzen
z/j — A2 und die Temperatur 5T, und T3 möglichst constant,
so wurden diese Ablesungen zur Berechnung verwendet.
Dieser stationäre Zustand dauerte durchschnittlich sechs bis
zehn Minuten, bei den alkoholreicheren Mischungen kürzer
als bei den alkoholarmeren. Hierauf nahmen nicht, wie zu
erwarten war, die drei Temperaturen wieder ab, sondern die
Temperatur der mittleren Platte stieg noch weiter, was da-
durch zu erklären ist, dass eine theilweise, nach längeren
Versuchen auch deutlic h sichtbare Verdampfung der Flüssig-
keit eintrat. Diese bedingte eine Abnahme der Leitungs-
fähigkeit der Zwischenschicht, weil der Querschnitt der
Flüssigkeit kleiner wurde, und hierdurch wurde eine Tem-
peraturerhöhung der mittleren Platte veranlasst. Manchmal
trat auch nach kurzem Steigen des mittleren und auch theil-
weise der beiden anderen Thermometer ein zweites mal ein
stationärer Zustand ein, und es wurden dann aus beiden
Gruppen von Ablesungen wenig difterirende Werthe gewon-
nenen und aus beiden das Mittel genommen.
Zunächst will ich eine fortlaufende Versuchsreihe mit-
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Wärmcleitunysvtrmögen von Attliylalkohol und Wasser. 153
theilen. Bei dieser Versuchsreihe war oberhalb der Platte I
noch eine Luftschicht von 0,05 cm. Die Entfernung zwischen
I and II, d. h. die Dicke der Glasplättchen war e, — 0,0496 cm.
Für den Zwischenraum zwischen II und III betrug sie
?2 = 0.1050 cm.
In den folgenden zwei Tabellen, von denen sich die erste
auf reines Wasser, die zweite sich auf eine zehnprocentige
Mischung bezieht, enthält die erste Columne die Zeit in
Minuten, dann folgen die drei Ablesungen der Umgebungs-
temperatur, ferner die Temperaturen jT, , T2, der Platten
r, II, III, die Differenzen Jx - Tx - T2, J3 = T2 ~ T3 und
die Differenz — Av Am Fusse sind die Mittelwerthe an-
gegeben, und unter diesen dieselben Werthe mit Rücksicht auf
die Thermometer corrigirt Unterhalb sind dann noch die mitt
leren Temperaturen der Luft und der Flüssigkeit KT^ + T,)
und J(jT2 + T9) angegeben, sowie der für K gewonnene Werth.
Wo ein Versuch zwei Berechnungen ermöglichte, sind beide
angegeben.
Versuch 70.
Wasser. 7. December 1887.
T
T,
4
J, — J,
m
0
2
4
18,0
i
18,0
18,4
54,76
54,76
54,76
54,77
54,76
14,01
14,01
14,01
14,01
14,01
9,40
9,40
9,40
9,40
9,40
40.75
40,75
40.75
40,76
40,7:>
4,61
4,G1
4,61
4,61
4,61
36,14
36,14
36,14
36,15
86,14
Mittel
corrig.
'. • ■ ■
18,13
54,76
54,61
14,01
13,71
9,40
9,33
40,75
40,90
4, Hl
4,3«
1(7^ + 1\) = 34 16. \(T2 + r3) = 1 1,52,
AT« 22,19.
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154 H. Nenneberg.
Versuch 75.
p = 10. 7. December ISST.
t
'ft ii n
A zt ^;
m
0
2
4
6
8
Mittel
corrig.
18,8 18,9 19,0
18,9
55,20 14.69 9.60
55,20 14,69 9,60
55.20 14,» 9 9,60
55.21 14.70 9,60
55,21 14,70 9,60
40,51 5,09
40,51 5,09
40.51 5,0i»
40,51 5,10
40,51 5,10
35,42
35,42
35,42
35,41
35,41
55,2-i 14,69 9,60
55,05 1 4,39 9.52
40,51 5,09
-10,66 4,87
KT, + 71) =34.72. J ( 7\ + T,) = 1 1 .95.
A* = 20,01.
Die Resultate dieser Versuchsreihe sind in der folgen-
den Tabelle enthalten, / bedeutet die Temperatur der Flüs-
sigkeit J(T2 + T,).
Tabelle 1.
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
J«
18,13
19,00
1^,9(1
19,35
20,00
20,28
18,13
18,36
18,93
18,40
18,77
19,60
18,00
18,43
54,61
54,85
55,05
55.05
54, H5
55,25
55,44
55.15
55, s7
56.05
57,10
57,70
58,30
57,28
13,71
14,34
14,39
15.02
15,20
15,3S
16,09
16,17
16,69
17,51
18,68
19,72
20,86
20.41
9,33
9,50
9,52
9,66
9,33
9.46
9,66
9,68
9,17
9,17
9,55
9.26
9,21
8.10
7; - 7;
K
1 40,90
4,38 .
11,52
22,19
40,51
4,84
:i,9->
19,96|
40/-.6
4,s7
11,95
20,01 1
40,03 1
5,36
1 2.34
17,si
39,65
D,S<
12,26
16,171
39.S7
5,92
12,42
16,15|
14,23)
39,35
6.43 1
1 2.s7
38,98
6,49
12,92
13,98f
■ 39,18
7,52
12,93
12,17
1 38,54
8,34
13,34
10,63
38,42
9,13
14,11
9,60
! 37,98
10,46
14,49
8,29
37,44
11,65
15,03
7.11
36,87
12.31
14,25
6,68
Die Werthe K stellen das Wärmeleitungsvermögen der
Flüssigkeit bei der Temperatur t (obige Tabelle, vorletzte
Columne) bezogen auf Luft von 0° als Einheit dar.
In sämmtlichen Versuchen sind die Temperaturen Tx
und T3 der obersten und untersten Platte ziemlich unver-
änderlich, auch die Temperatur der mittleren Platte schwankt
bei allen Versuchen (mit Ausnahme eines einzigen, wo die
Schwankung 0,09° beträgt) um nicht mehr als 0,06°. Die
Digitized by Goog
H'ärmeUitungsverm'öyen von Aethylalkohol und Wasser. 155
Temperatur der Umgebung variirt sehr wenig, nur zwischen
18 und 20°, und auch die Temperaturen der Mischungen.
Huf welche sich die Werthe der Wärmeleitungsfahigkeit be*
ziehen, liegen in einem Intervalle von vier Grad, nämlich
11 bis 15°.
Die Dauer des stationären Zustandes ist im Durch-
schnitt sechs bis zehn Minuten, bei den alkoholreicheren
Mischungen ist sie etwas kürzer, weil hier der Einfiuss der
Verdampfung sich früher geltend macht, immerhin aber lang
genug, um eine sichere Berechnung zu ermöglichen. Um
hierin ganz sicher zu gehen, wurde beispielsweise beim ab-
soluten Alkohol, bei welchem der Einfluss der Verdampfung
am grössten ist, und dessen Untersuchung überhaupt die
meisten Schwierigkeiten bietet, der Versuch in doppelter
Weise angestellt. Zuerst wurde ein Versuch wie gewöhn-
lich angestellt, indem man Wasserkühlung und Dampfzu-
leitung zu gleicher Zeit in Gang setzte, sodass die Tem-
peraturen aller drei Platten bis zum Eintritt des stationären
Zustandes continuirlich stiegen. Das zweite mal wurde die
Wasserkühlung noch vor dem Eintritt des stationären Zu-
standes abgestellt, sodass nun alle drei Thermometer über
ihren gewöhnlichen Stand hinausstiegen. Dann wurde die
Wasserkühlung wieder in Gang gesetzt, und die Tempera
turen sanken bis auf einen constanten Stand. Auf diese
Weise wurde der Werth in zwei Grenzen eingeschlossen,
und beide Versuche lieferten ziemlich gut übereinstimmende
Resultate, nämlich für K 6,58, resp. 6,45.
Ausser dieser bereits angeführten Versuchsreihe habe
ich noch weitere vier Versuchsreihen angestellt, einestheils
um noch weiteres Beobachtungsmaterial zu gewinnen, anderen-
teils um die Methode daraufhin zu prüfen, ob die Resultate
unabhängig seien:
1. von der absoluten Entfernung <?2, d. h. von der Dicke
der Flüssigkeitsschicht,
2. von dem Verhältniss der Entfernungen el:e.1.
Aus der folgenden Zusammenstellung erkennt man, dass
die Dicke der Flüssigkeitsschicht keinen wesentlichen Ein-
tiuas hat auf die Bestimmung von K. Bei der ersten Ver-
156 H. Hennebery.
suchsreihe ist die Dicke der Flüssigkeit e., = 0,1050 cm. bei
der zweiten nur etwa halb so gross, nämlich 0,0496. Trotz-
dem geben beide Beobachtungen gut übereinstimmende Werthe;
die Unterschiede sind nicht grösser, als sie auch bei zwei
Versuchsreihen , die unter gleichen Umständen angestellt
sind, vorkommen.
1> 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
?.=0,?050 22'19 17'81 I6'1'' l4'lf) 12'17 10'63 9'60 8,29 ~'U
r,-o!o49G 22>18 20'17 18'01 l6*31 13'97 12'06 10'36 9'13 8'34 6'86-
Ebenso habe ich auch nachgewiesen, dass die Methode
von dem Verhältnisse der Abstände el und e2 unabhängig
ist. Zu diesem Zweck wurde eine Versuchsreihe angestellt,
bei der sich el : et ungefähr wie 1:4 verhalten. Eine Ver-
gleichung dieser Reihe mit einer anderen, bei der das Ver-
hältniss der Entfernungen 1:2 ist, ergibt im Mittel eine
Differenz von 1,3 Proc.
Das Mittel säramtlicher Beobachtungen enthält die
folgende
Tabelle TT.
p 0 10 20 30 40 50 60 70 SO 90 100
K 21,97 19,99 17,88 16,07 13,97 11,99 10,45 9,16 8.J4 7,04 6,61.
Es erübrigt noch, die von mir erhaltenen Resultate mit
anderen bereits gefundenen Werthen zu vergleichen, und da
es sich um relative, auf Luft bezogene Werthe handelt, so
sind in erster Linie die Resultate des Hrn. Christiansen1)
in Betracht zu ziehen. Derselbe erhält aus zwei verschiede-
nen Versuchen für Wasser die beiden Werthe k — 21,09
und k = 20,87. Diese Werthe sind, wie er ausdrücklich
erwähnt, nicht mit dem remperatureoefticienten der Luft
corrigirt. Corrigirt man sie daraufhin, so erhält man k = 22,06
und k = 22,30, im Mittel: A = 22,18, ein Werth, der mit dem
von mir gefundenen Mittelwerth Ä= 21,97 bis auf weniger
als 1 Proc. übereinstimmt. Für absoluten Alkohol erhält
jedoch Hr. Christiansen einen erheblich grösseren Werth
als ich, nämlich h = 7,82.
1) Christiansen . Wied. Ann. 14. p. 23. 1881.
Digitized by GoogL
fVärmeleitungsver mögen von Aethylulkolwl und IVasser. 167
Die von Hrn. F. Weber1) in seiner letzten diesbezüg-
lichen Arbeit gefundenen absoluten Werthe für die Wärme-
leitungsfähigkeit Ton Wasser und Alkohol sind in folgende)
Tabelle mit den von mir gefundenen relativen Werthen zu
sammengestellt:
Unter K sind die von Hrn. Weber gefundenen, unter
K die von mir gefundenen Werthe angeführt; der Quotient
K \K zeigt eine ziemlich gute Uebereinstimmung.
§ 4. Folgerungen. Das Gesetz von Weber.
Aus dem Verlaufe der für die Wärmeleitungsfähigkeit
der von mir untersuchten Mischungen von Wasser und
Alkohol gefundenen Werthe geht hervor, dass dieselben
keine Analogie mit den für die Wärmecapacität derselben
Mischungen gefundenen zeigen. Sämmtliche Werthe sind
kleiner, als der für Wasser gefundene Werth K =21,97,
und nehmen regelmässig mit steigendem Alkoholgehalt ab.
Dieser Verlauf ist aus der in Fig. 5 dargestellten Curve des
Wärmeleitungsvermögens zu ersehen. Hier sind als Ab-
8cissen die Alkoholgehalte in 100 Theilen der Mischung auf-
getragen, während die Ordinaten die entsprechenden rela-
tiven Werthe der Leitungsfähigkeit darstellen. Zum Ver-
gleiche ist in derselben Figur auch die Curve der specitischen
Wärmen derselben Mischungen angegeben. Dieselbe zeigt
ein Maximum bei ungefähr 20 Proc, und sämmtliche Werthe
bis zu einem Alkoholgehalt von 35 Proc. sind grösser als
Eins.
Aus diesem ersten Vergleiche läast sich schon ver-
muthen, dass das Weber' sehe Gesetz in seiner einfachsten
Form auf diese Mischungen keine Geltung haben dürfte.
Es soll jetzt näher auf dasselbe eingegangen werden.
Hr. F. Weber hat für eine grosse Anzahl von Flüs-
1) F. Weber, Berl. Monatsber. ISSö. p. «09.
Wasser 0,0816
Alkohol 0,0254
21,97
6,61
K
K
A
275
260
Digitized by Google
158
//. Ilennebery.
sigkeiten, die er auf ihre Wärmeleitungsfahigkeit untersuchte,
nachgewiesen, dass das Wärmeleitungsvermögen in einer
nahen Beziehung stehe zur specitischen Wärme der Volu-
meneinheit, sowie zur Grösse des relativen Abstandes benach-
barter Flüssigkeitsmolectile.
Er hat gezeigt, dass der Ausdruck:
h l
für alle Flüssigkeiten von ähnlicher chemischer Beschaffen-
heit einen constanten Werth hat, der auch für verschieden-
artige Flüssigkeiten sehr wenig voneinander abweicht In diesem
Ausdruck bedeutet k das Wärmeleitungsvermögen, c die speci-
tische Wärme, g die Dichte dor Flüssigkeit, p die Anzahl der
Molecule des dampfförmigen Zustandes, aus der je ein Molecül
der Flüssigkeit besteht, und Xs die Grösse des Raumes, in dem
durchschnittlich ein Molecül der Flüssigkeit anzutreffen ist.
3,--
Der Ausdruck A/y'/i, die Grösse des relativen Werthes des
mittleren Abstandes benachbarter Flüssigkeitsmolecüle, ist
3
gleich dem Ausdruck V mig, worin m die Masse eines Mole-
cüls der flüssigen Substanz, also das Moleculargewicht, be-
deutet. Dies ergibt sich leicht aus folgender Ueberlegung:
Ist N die Anzahl der Molecule des flüssigen Aggregat-
zustandes im Volumen Eins, so ist die Dichte:
g — N.p. m\
ebenso ist: 1 = N).3,
und daraus folgt: g = ^3 p . m,
Ich habe nun untersucht, ob dieses Gesetz auch für die
untersuchten Mischungen gilt. Die von mir für Wasser und
Alkohol gefundenen Werthe sind kv = 21,97 und ka = 6,61.
3
Setzt man diese in den Ausdruck kjcg.ymjg ein, so erhält
man, wenn man die Dichte des absoluten Alkohols p = 0,798,
und seine specifische Wärme c = 0,584 setzt, die Zahlen :
für Wasser — -lV- - 57,57, für Alkohol * -{f™ « 54,79,
Digitized by Google
h ärmdzitungsuei mögen von Acthylulkohol und Wasser. 159
die keine sehr grosse, aber immerhin eine gewisse Ueberein-
stimmung zeigen. Sehr auffallend aber gestaltet sich das
Verhalten der Mischungen in dieser Beziehung. Um den
Werth des oben erwähnten Ausdrucks auch für die Mischungen
zu ermitteln, mussten für diese Werthe des Molecularge«
wichts m berechnet werden, welche auf folgende Weise
erhalten wurden.
Es seien in der Volumeneinheit der Mischung Nl Mole-
cule Wasser und N2 Molecüle Alkohol enthalten, so besteht
die Gleichung:
1 = (iV, + N2 )AS und <j = u (iV, m, + N2 m2),
worin ml das Moleculargewicht dos Wassers, im, das des
Alkohols, und p wieder die Anzahl der Molecüle des dampf-
förmigen Zustandes, die in einem Molecül der Flüssigkeit
enthalten sind, bedeutet, und angenommen wird, dass diese
für Wasser und Alkohol dieselbe ?>ei, eine Annahme, die
nach den Resultaten der schon erwähnten Versuche Hrn.
Weber's wahrscheinlich ist.
Daraus ergibt sich:
(4)
/ 1 1
1/ W|* N * \
worin der Ausdruck unter dem Wurzelzeichen im Zahler
an Stelle von m steht, und man daher zur Berechnung des m
für die Mischungen die Gleichung erhält:
(5) im = mx —ls + m2
V ^ "*2 \T
Enthält nun 1 g Wasser Nx' Molecüle Wasser, so ist:
und ebenso, wenn 1 g Alkohol N2 Molecüle Alkohol enthält:
1-4G./A.2VV,
und es ist: J- , ^
Hat man eine Mischung nach Gewichtsprocenten und
sind in 100 Theilen der Mischung p Theile Alkohol und
100 -j> Theile Wasser, so ist:
Digitized by Google
//. Hvnncbery.
AV 46 000-,»)
Nt ~~ 18/>
wobei aber iVy/iVy das Verhältniss der Anzahl Molecüle
Wasser und Alkohol in der Gewichtseinheit der Mischung
bezeichnet, während die Gleichung (5) N^jN^ das Verhält-
niss der Anzahl Molecüle Wasser und Alkohol in der Volu-
meneinheit bedeutet. Da aber nur das Verhältniss in der
3
obigen Gleichung für Ijy^ yorkommt, und dasselbe offenbar
in der Volumeneinheit dasselbe ist, wie in der Gewichtsein-
heit, so kann man auch setzen:
2VT, 461100 -p)
und damit die Werthe von m für sämmtliche Mischungen
berechnen.
In der folgenden Tabelle sind die mit Hülfe dieser
m berechneten Werthe des Ausdrucks kjcQ.i/mjQ zusammen-
gestellt. Die erste Columne enthält die Werthe für die
specifische Wärme <?, die zweite die Dichte die dritte das
Product c.q. Ferner die Werthe von A, von m und in der
3
letzten Columne die Werthe des Ausdrucks kjcgym/f). Die
Zahlen für die specifische Wärme sind Mittel werthe aus den
Resultaten von Hrn. Winkelmann1) einerseits und den
Herren Du pro und Page2) andererseits.
Tabelle III.
V
c
9
i
*
m
: * 7-
0
1,0000
1,0000
1,'MIOO
2 1 ,97
18,00
57,57
10
1,0330
0,9837
1,0162
19,99
19,16
20,48
52,93
20
1,0455
0,9710
1,0147
17,88
4H,69
HO
1 ,0298
0.9575
0,9844
16,07
22,01
46,42
40
0,977«
0,^400
0,9189
13,97
23,78
44,»;a
50
0,9153
0,8547
0,9li»3
0,8414
0,7662
11,99
10,45
25,86
28,35
43,34
60
0,H965
43,18
70
0,7952
0,8738
0,6949
9,16
31,36
43,48
80
0,7279
0,8580
0,0245 I
8,24
35,08
1 45,45
90
0,6661
0,8240
i 0,5489
7,04
39,81
46,71
100
0,5840
0,7980
0,4660 ,
6,61
46,00
, 54,79
1) Winkel mann, l'ogg. Auu. 150. 1873.
2) Dupr6 u. Page, Phil. Mag. 1869.
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Wärmeleitungsver mögen von Aethylalkohol und Wasser. 161
Die Werthe der letzten Columne liegen nicht, wie man
erwarten könnte, innerhalb der für Wasser und Alkohol ge-
3,-
fundenen Grössen des Ausdrucks kjcgym/Q, sondern sie
zeigen eine bedeutende Abweichung von denselben, indem
sie alle kleiner sind als diese. Die grösste Abweichung
dndet ungefähr bei 60 Proc. statt. Dass diese Abweichung
nicht nur infolge der anomalen Werthe für die Wärme-
capacität, sondern infolge des Verlaufes der Werthe des
Wärmeleitungsvermögens eintritt, kann man ersehen, wenn
man statt der beobachteten Werthe für c nach der Gleichung:
c Ä P*e\±P*h ,
Pi + Pi
worin c, die specifische Wärme des Wassers, c2 die des
Alkohols und pl und p2 die entsprechenden Gewichtsmengen
Wasser und Alkohol in der Mischung bedeuten, berechnete
Mittelwerthe für c in den Ausdruck A/cp.yro/p einsetzt.
In folgender Tabelle sind die so berechneten Mittel-
werthe und die dazu gehörigen Werthe des Ausdrucks
k co.ymlg zusammengestellt.
V
\c berechn.)
*•{/"
e9 V 9
P
'(<■ berechn. j
i
k JVm
e9 V 9
10
20
30
40
50
0,9604 56,93
0,9209 55,25
0,8813 54,15
0,8417 1 51,83
0,8022 , 49,44
60
70
80
90
0,7626
0,7230
0,6834
0,6439
i
48,34
47,83
48,41
48,33
Die Werthe zeigen zwar absolut eine etwas geringere
Abweichung, aber der Verlauf ist analog wie früher.
Nach diesem Verhalten ist auch schon vorauszusehen,
<las8, wenn man umgekehrt die Werthe der Wärmeleitungs-
tähigkeit aus der Dichte, der specifischen Wärme und dem
Molecularge wicht nach Weber berechnet, indem man das
Wärmeleitungsvermögen :
setzt, diese berechneten Werthe von den beobachteten ziem-
lich starke Abweichungen zeigen werden. Für die Constants
Ana.*. Phyfc o. Cb«m. N. F. XX XVI. \\
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162
H. Hmneberg
C wurde das Mittel aus den Wertben derselben für Alkohol
und Wasser, nämlich C— 56,18 gesetzt
Tabelle IX.
p
K K
beobachtet berechnet
Differenz
1 A l\nv/ki AltitnM
in Proc.
0
21,97
21,46
-0,51
2,8
10
19,99
21,22
1,23
6,1
20
17,88
20,63
2,75
15,4
21,0
30
16,07
19,45
3,38
40
13,97
17,59
3,62
25,9
50
11,99
15,59
3,55
29,6
60
10,45
13,61
3,16
30,2
70
9,16
11,84
2,68
29,2
80
8,24
7,04
6,61 ,
10,18
1,94
23,5
90
8,47
1,43
0,17
20,3
100
6,78
2,6
Die Abweichung zwischen beobachteten und berechneten
Werthen geht bis zu 30 Proc In Fig. 5 ist auch die Curve
der berechneten Werthe punktirt verzeichnet. Die grösste
absolute Abweichung ist zwischen 40 und 43 Proc. Alkohol-
gehalt
Für die Ursache dieses auffalligen Verhaltens der
Mischungen des Aethylalkohols mit Wasser fehlt bis jetzt
noch jede Vermuthung und wird wohl erst gefunden werden
können, wenn wir mehr Klarheit über das Wesen dieser
Mischungen, die in allen ibren physikalischen Eigenschaften
merkwürdige Abweichungen zeigen, besitzen, und die Frage
gelöst sein wird, ob wir es hier mit Mischungen oder viel-
leicht doch mit chemischen Verbindungen zu thun haben.
Es ist vielleicht nicht uninteressant, hier auf eine Zu-
sammenstellung sämintlicher physikalischer Eigenschaften der
Mischungen von Alkohol und Wasser von Daurer1) zu ver-
weisen, in welcher er zeigt, dass durchwegs auf jedem Ge-
biete (Dichtigkeit, spec. Wärme etc.) eine Differenz zwischen
den beobachteten Grössen und den aus den Eigenschaften
der beiden Bestandteile berechneten Mittelwerthen sich
zeigt Besonders bemerkenswerth ist es aber, dass diese
1) Daurer, XXVI. Jahresber. der Wiener Comniunal-Oberreal-
schule. Wien 1881.
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Wärmeleilunysvermöyen von Aethylalkohol und Waster, 163
Abweichung bei fast allen Eigenschaften bei einem Alkohol-
gehalt von 30 bis 40 Proc. ein Maximum erreicht So findet'
er, dass die Differenz zwischen den beobachteten und berech-
neten Werthen für die Capillarität, die Siedepunkte und die
Warmecapacität bei ungefähr 30 Proc. ein Maximum er-
reicht, während dieses Maximum bei der thermischen Aus-
dehnung bei 44 Proc. und bei der Compressibilität bei
40 Proc eintritt. Die Contraction, welche beim Mischen
von Aethylalkohol und Wasser eintritt, ist am grössten bei
ungefähr 46 Proc. Alkoholgehalt.
Unter diese Eigenschaften l&sst sich nun nach den Resul-
taten der von mir angestellten Versuche auch die Wärme-
leitungsfähigkeit einreihen, welche auch, wie aus Tab. IX,
p. 162 ersichtlich, in der Nähe von 40 Proc. ein Maximum
der Abweichung zwischen beobachteten und berechneten
Werthen zeigt. Ich will schliesslich auch noch erwähnen,
dass Hr. Pfeiffer1) in neuerer Zeit Untersuchungen über
das electrische Leitungsvermögen der Alkohol-Wassermisch-
ungen ausgeführt hat, die bei einem Alkoholgehalt von
30 Proc. ein Minimum und bei einem Alkoholgehalt von
83 Proc. ein Maximum zeigen, und dass das Minimum bei
30 Proc. tiefer liegt als die Werthe der Leitungsfahigkeit
sowohl des Wassers als auch des Alkohols.
Eh zeigt Bich also, dass in der Reihe der von reinem
Wasser zu reinem Alkohol regelmässig fortschreitenden
Mischungen gewisse Punkte in der Nähe von 30 und 40 Proc.
Alkoholgehalt besonders ausgezeichnet sind, wofür auch die
von mir bestimmten Werthe des Wärmeleitungsvermögens
einen neuen Beweis liefern, und es gewinnt daher die schon
mehrfach ausgesprochene Vermuthung an Berechtigung, dass
in diesem Intervall eine oder auch mehrere noch nicht näher
bekannte chemische Verbindungen von Alkohol und Wasser
nach einfachen Verhältnissen mit den von den Eigenschaften
der Bestandteile verschiedenen charakteristischen Eigen-
schaften sich bilden, während in den andersprocentigen
Mischungen diese Verbindungen sich nur aus einem Theile
Ii Pfeiffer, Wied. Ann. 25. p. 244. 1885.
11*
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164
H. Hermebert/.
der Bestandtheile bilden können, und in dem Ueberschuss
dea einen oder anderen Bestandteiles gelöst sind.
Es ist wenigstens leicht, für die einzelnen Mischungen
einfache Verbindungsverhältnisse theoretisch aufzustellen,
wenn auch kein zwingender Grund vorhanden ist, dass in
Wirklichkeit dieselben Mischungsverhältnisse eintreten. So
will ich nur erwähnen, dass beispielsweise einem Alkohol-
gehalte von 29,9 Proc. die chemische Formel CaH60 + 6HaO.
einem Procentgehalte von 38,9 die Verbindung C2HÄ0-f4H3O.
einem von 46,0 Proc. die Verbindung CaH^O+SH^O, einem
von 42.2 Proc, an welcher Stelle ungefähr für die Wärme-
leitungsfähigkeiten das oben erwähnte Maximum liegt, die
Verbindung 2CaH60 + 7H,0 entspricht, lauter einfache und
ganz gut denkbare Verbindungen.
Die vorliegende Untersuchung über das Wärmeleitungs-
vermögen der nach Gewichtsprocenten hergestellten Mischun-
gen von Aethylalkohol und Wasser ergibt:
1. dass die Werthe des Wärmeleitungsvermögens der
Mischungen sämmtlich innerhalb der Grenzen der für Wasser
und Alkohol gefundenen Werthe liegen und regelmässig mit
zunehmendem Alkoholgehalte abnehmen;
2. dass diese Mischungen das von Weber aufgestellte
Gesetz in der vorliegenden Form nicht vollständig befolgen.
Bs hängt daher das Wärmeleitungsvermögen dieser
Mischungen entweder noch von anderen im Weber'schen
Gesetze nicht berücksichtigten Eigenschaften derselben ab,
oder man hat es hier nicht mit Mischungen, sondern einer
oder auch mehreren chemischen Verbindungen mit etwas
veränderten Eigenschaften zu thun, die sich, wenn sie einmal
näher bekannt sind, ohne Zweifel in die Reihe aller übrigen
Flüssigkeiten, die das Weber 'sehe Gesetz ohne Ausnahme
befolgen, einreihen werden.
Jena, Februar 1888.
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ScltaUgetchwindigkeit in Dämpfet».
105
VII L Veber die Schallgeschwindigkeit in Dämpfen
und die Bestimmung der Dampf dichte;
von Wilhelm Jaeger.
<Hl«ri« Taf. II Flg. 0-8.)
Die Schallgeschwindigkeit eines vollkommenen Gases ist
bekanntlich nach der für dasselhe geltenden Formel:
nur mit seiner Temperatur veränderlich, indem man die re-
lative Dichte (d) desselben, sowie das Verhältniss seiner spe-
cifischen Wärmen (k) als constant annimmt.
Während somit der Werth u für Gase (nach Reduction
auf gleiche Temperatur) eine constante Grösse ist, hat man
dies bei Dämpfen im allgemeinen nicht mehr zu erwarten.
Doch wird sich u einer solchen um so mehr nähern, je wei-
ter der Dampf vom Sättigungspunkt entfernt ist, dagegen in
der Nähe desselben bei verschiedenen Temperaturen und je
nach dem Sättigungsgrad verschiedene Werthe erhalten.
Denn sowohl die relative Dichte des Dampfes, als auch
das Verhältniss der specih'schen Wärmen ist von der Tem-
peratur und dem Sättigungsgrad abhängig, und es ist von
Interesse, gerade die letztere Grösse aus der Schallgeschwin-
digkeit zu berechnen. Dies soll im Folgenden für einige
Dampfe geschehen.
Um aber diese Berechnung ausführen zu können, muss
die veränderliche Dichte für diese verschiedenen Zustände
bekannt sein. Es hat sich aber gezeigt, dass dies leider nicht
in dem Maasse der Fall ist, als es zur Berechnung von k
erwünscht wäre, worauf ich später noch näher eingehen
werde.
— — — -
Ehe ich zur Besprechung meiner eigenen Versuche tiber-
gehe, will ich noch einen kurzen Ueberblick über mir be-
1) In obeustehender Formel bedeutet R' die für Luft geltende Gas-
constaiite, T die absolute Temperatur.
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166 H\ Jaeger,
kannt gewordene Bestimmungen der Schallgeschwindigkeit
in Dämpfen geben.
Die älteste Arbeit hierüber stammt meines Wissens von
Mas son1), der, wie es scheint, mit grosser Sorgfalt die
Schallgeschwindigkeit einer Anzahl von Gasen und Dämpfen
bestimmt hat. Er benutzte dazu die bereits von Du long -
zu demselben Zweck angewandte Methode, die Tonhöhe einer
und derselben Orgelpfeife in verschiedenen Gasen und Dämpfen
mit einer constanten Tocquelle (Monochord) zu vergleichen
und dadurch die relative Fortpflanzungsgeschwindigkeit des
Schalles im Verhältniss zu der in Luft festzusetzen.
Aus den von Mass on für die untersuchten Dämpfe an-
gegebenen Schallgeschwindigkeiten (m)3) (für Luft t/'=333 m
gesetzt) ergeben sich folgende Verhältnisszahlen:
Wasserdainpf «> = 1,204 bei t = 95,0 °C.
Schwefelkohlenstoff ,» = 0,5676
Alkoholdampf •> = 0,6925
Aetherdampf » - 0,5382 » i> = 35,5 »»
Aethylehlorid » = 0,5976 » m = 12,0 „
Die Zahlen beziehen sich auf den Sättigungszustand der
Dämpfe in der Nähe der Siedetemperatur, und Mas son
bemerkt ausdrücklich, dass der Ton in den gesättigten
Dämpfen ebenso gut wie in Gasen erzeugt wird, was nicht
der Fall sein könnte, wenn Condensation des Dampfes ein-
träte. Dasselbe fand auch schon früher Biot4) und knüpfte
daran den Beweis für die Wärmeentwickelung bei adiabati-
scher Compression eines gasförmigen Körpers.
Es ist auch nicht wahrscheinlich, dass bei den schnell
aufeinander folgenden Conipressionen und Dilatationen eine
Condensation des Dampfes stattfinden sollte, da derselbe, wie
Hr. R, v. Helmholtz in seiner Dissertation über „Dämpfe
und Nebel145) nachgewiesen hat, recht gut in sogar sehr über-
sättigtem Zustand bestehen kann.
Eine andere des öfteren angewandte Methode ist das
1) Masson, Ann. de chim. et de phys. (3) 53« p. 257. 1858.
2) Dulong, Ann. de chim. et de phys. (2) 41, p. 113. 1829.
3) Mass on, 1. c. p. 283.
4) Biot, Traite de physique T. II. p. 22. 1816.
5) R. v. Helm hu Hz, Wied. Ann. 30. p. 401. 1S87.
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Schallgeschwindigkeit in Dämpfen. 167
von Hrn. Kundt1) ausgebildete Verfahren der Staubfiguren-
messung, das er selbst zur Bestimmung des Verhältnisses der
specifischen Wärmen des Quecksilberdampfes anwandte, wie
auch spater Hr. Strecker*) zur Bestimmung der Schall-
geschwindigkeit im Chlor-, Brom- und Joddampf. (Auch
Hr. Wüllner benutzte die Kundt' sehe Methode zur Be-
stimmung der Schallgeschwindigkeit in einigen (rasen.)9)
Hr. Beyme hat endlich in seiner Dissertation4) im
wesentlichen die auch hier berücksichtigten Dämpfe in Be-
tracht gezogen. Er benutzte zur Messung der Wellenlänge
des in stehende Schwingungen v ersetzten Dampfes die auch
*chon von Rayleigh6) zu Intensitätsbestimmungen ver-
wandten Scheibchen, welche sich in den Bäuchen des Wellen-
rohres quer zur Axe stellen, an den Knotenpunkten dagegen
in Ruhe bleiben.
Durch Anwendung magnetisirter Stahlscheibchen konnte
eine bestimmte Ruhelage derselben fixirt werden. Die Un-
tersuchungen erstrecken sich auf die Dämpfe von Aethyl-
äther, Schwefelkohlenstoff, Chloroform, Benzol und Wasser
und sind alle im Sättigungszustand derselben angestellt.
Beim Wasserdampf wurden überhaupt nur drei Wellen ge-
messen und scheint auch die Genauigkeit der Einstellung
gering gewesen zu sein.
Auf Anrathen des Hrn. Geheimrath v. Helmholtz un-
ternahm ich es nun vor einiger Zeit, die Fortpflanzungs-
geschwindigkeit des Schalles in einigen bekannteren Dämpfen
sowohl im Sättigungszustand bei verschiedenen Temperaturen,
als auch in verschiedenen Graden der Annäherung an den-
selben experimentell zu bestimmen.
Hierbei entschied ich mich für die Kundt'sche Methode,
da sie die genauesten Messungen und auch eine directe Ver-
gleichung mit der Luft zulässt.
1) Kundt, Pogg. Ann. 127. p. 497. 1866; 136. p. 337. 1868; ferner
Kundt und Warburg, Pogg. Ann. 167. p. 353. 1876.
2) Strecker, Wied. Ann. 13. p. 20. 1881.
3) Wällner, Wied. Ann. 4. p. 321. 1878.
4) Beyme, Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Schalles in gesättigten
Dämpfen. Inaugnraldiss. Zürich, 1884 u. Beibl. 9. p. 503. 1885.
5) Rayleigh, Beibl. 8. p. 96. 1879.
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168 IV. Jaeger.
Am meisten Interesse bot die Untersuchung des Wasser-
dampfes; da derselbe aber wegen seiner geringen Dichte und
der durch ihn bedingten, sonst immer bei Staubfiguren ver-
suchen sehr störenden Feuchtigkeit voraussichtlich grosse
Schwierigkeiten bereiten musste, so wurde zunächst Aether -
dampf in Angriff genommen, der seines niedrigen Siedepunk-
tes wegen ein bequemeres Experimentiren gestattete.
Versuche mit A ether da inpf.
Es handelte sich hierbei zunächst darum, festzustellen,
ob der gesättigte Dampf die Bildung der Staubfiguren nicht
beeinträchtigt und überhaupt den Schall leitet, worüber man
noch im Zweifel sein konnte. Daher verschob ich die Con-
struction eines allen Anforderungen entsprechenden Appara-
tes bis später und bediente mich hier des von Wüllner für
Gase benutzten, in der Einleitung erwähnten Apparates, an
dem für unsere Zwecke nur kleine Modifikationen anzubrin-
gen waren.
Der Aether war in einer seitlich angebrachten Kugel
enthalten, die durch einen Hahn von dem übrigen Räume
abgeschlossen werden konnte. Durch Oeffnen dieses Hah-
nes, nachdem der Apparat luftleer gemacht worden war,
wurde derselbe mit dem Dampfe gefüllt. Eine nähere Be-
schreibung aller Einzelheiten kann ich hier umso mehr über-
gehen, als dieser Apparat nur vorläufigen Versuchen gedient
hat. Im wesentlichen stimmt er mit dem von Kundt1) be-
schriebenen sogenannten „Einfachen Longitudinalapparat"
überein.
Ich konnte nicht bemerken, dass es schwerer gehalten
hätte, im Sättigungszustand Staubfiguren zu erhalten, als im
überhitzten Dampf.
Durch Abkühlen der Kugel konnte man ausserdem jeden
Sättigungsgrad herstellen, und es zeigte sich, dass auch bei
einer Abkühlung der Kugel in Eis (180 mm Druck) noch
recht gute Figuren zu erhalten waren.
Bei den mit diesem Apparat (Sommer 1885) angestellten
1) Kundt, Pogg. Am». 127. p. 497. 1866.
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Schallgeschwindigkeit in Dämpfen.
109
Versuchen war die Temperatur des Dampfes immer diejenige
des Zimmers (circa 20° C), da die Untersuchungen für andere
Temperaturen besser mit dem später beschriebenen Apparat
anzustellen waren.
Die Messung der Staubfiguren1) geschah, wie auch spä-
terhin, mit einem im hiesigen Iustitut hergestellten Glas-
maassstab, an dem ein Visir angebracht war.
Es wurde immer eine Anzahl hintereinander liegender
Knoten, resp. Bäuche der Staubfiguren hiermit eingestellt und
die einzelnen Zahlen nach der von Kundt in der erwähnten
Abhandlung entwickelten Wahrscheinlichkeitsformel8):
.(»-i)(y„ -y,)-f (»-3)(y„_i +
y = D ■ — — 4 — tt
verwerthet.
In dieser Formel bedeuten yvy% etc. die einzelnen Ein-
stellungen, n ihre Anzahl und y den wahrscheinlichsten Werth
der Figurenlänge.
Meistens wurden sowohl die Knoten als die Bäuche ge-
messen und aus den beiden so berechneten Zahlen, die sich
gewöhnlich nur sehr wenig unterschieden, das Mittel genom-
men. Eine grössere Genauigkeit, als Bruchtheile von Zehn-
telmillimetern , darf man selbst bei recht guten Messungen
nicht annehmen, da auch noch systematische Ablesungs-
fehler3) vorkommen, und nur das Mittel aus einer grösseren
Anzahl von Versuchen kann einen noch genaueren Werth
liefern.
Bei den hier angeführten Versuchen hatte meistens der
ganze Apparat dieselbe Temperatur und blieb letztere auch
während des Tages ziemlich constant, sodass bedeutende Feh-
ler durch die Temperaturbestimmung nicht möglich waren.
Für unseren Fall wurde übrigens ein Irrthum von 1 0 C. bei
1) £s diente für dieselben gesiebte Korkfeile oder Kieselsäurepulver.
2) Kundt, 1. c. p. 357.
3! Die Figuren weiden nämlich, je nach der Stärke des Reibens,
nach dem einen Ende der Röhre hingedrängt, sodass sich die ganze Figur
schbesslich auf einen Punkt zusammenzieht, der etwas seitlich vom
Knotenpunkt liegt. Es ist klar, dass hierdurch Ablesungsfehler entstehen
170
W. Jaeger.
den Aetherhguren (ca. 25,5 mm) etwa 0,04 mm, bei den Luft-
figuren ungefähr das Doppelte betragen.
In den folgenden Tabellen sind k und X die Figuren-
längen in Aetherdampf und Luft in Millimetern, auf 20°
reducirt. Durch Multiplication des Verhältnisses der Schall-
geschwindigkeit kjk' mit 332,5 (Schallgeschwindigkeit in Luft
bei 0°) erhält man u0. A ist die Abweichung der Einzel-
resultate vom Mittel, die Schreibweise 0°/20° in Tab. II
bedeutet, dass der Dampf die Temperatur 20° hatte, während
die kälteste Stelle auf 0° erhalten war; es ist hierdurch der
Grad der Ueberhitzung gegeben.
Tabelle I. Gesättigter Aetherdampf von 20,4°C.
Nr. ( X
Temp.
kjl'
Juni 1885
15 25,90
47,04
23° C.
0,5378
178,83 m
26 25,14
27 25,13
28 1 25,26
29 25,19
30 25,13
! 31 25,20
46,62
46,78
46,73
46,72
46,73
46,62
20,1
20,1
20,8
20,2
20,5
20,5
0,5393
0,5371
0,5407
0,5391
0,5378
0,5405
+ 02
-20
+ 16
0
-13
+ 14
Mittel
aus Nr. 26—31
20,4
0,539 P)| ±14
179,24 m
Beyme 'j
20,5
0,5393
1
Die aus Beyme's Angaben sich ergebende Zahl 0,5393
bei 20,5° stimmt, wie man sieht, zufällig sehr genau mit
dem Mittelwerthe obiger Tabelle.
Bei 35,5°, für welche Temperatur ich noch keine Ver-
suche angestellt habe, ergibt sich
nach Masson kjk' = 0.5382, dagegen
„ Beyme X / V = 0,5309 bei 35°.
Diese Zahlen werde ich bei der Berechnung mit be-
rücksichtigen.
Die folgende Tabelle giebt die Werte von kjk' für
ungesättigten Aetherdampf; bei diesen Versuchen wurde die
Kugel in Eis gesteckt.
1) Siehe Einleitung.
2) Der wahrscheinliche Fehler des Mittels ist 0,07%.
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Schallgeschwindigkeit in Dämpfen, 171
Tabelle II. Ungesättigter Aetherdampf Ton 0°/20°C.
Nr. 1
Iß' ä
22. Juni 1885
20 25,56
21 : 25,51
22 25,56
23 25,52
24 25,58
25 25,50
46,78
46,63
4 6,73
46,88
46,89
46,75
0,5463 +03
0,5470 +10
0,5470 +10
0,5444 —16
0,5457 -03
0,5455 -05
Mittel aas Nr. 20-25
0,54598l) ±10 181,54 ra
Die Berechnung der hier erhaltenen Zahlen wird in
einem spateren Abschnitt stattfinden.
Apparat für höher siedende Flüssigkeiten.
Für höher siedende Flüssigkeiten hätte ich auf den von
Kundt und Warburg für Quecksilberdampf benutzten
Apparat (Einleitung) zurückzugreifen können, doch schien
mir derselbe gar zu zerbrechlich, da er ganz Glasbläserarbeit
ist und wie ein einziges Glasrohr von der nämlichen Länge
an drei Stellen eingeklemmt und durch Reiben zum Tönen
gebracht wird.
Deshalb benutzte ich den von Kundt ebenfalls ange-
gebenen und früher erwähnten ,.Doppelapparat", mit einigen
kleinen Veränderungen. Doch nahm ich die Dimensionen
etwas kleiner; die tönende Röhre statt 1,50 m nur 1,15 m und
die übrigen Theile im selben Verhältniss.
Der Einfachheit halber gab ich dem Apparat eine lang-
gestreckte Gestalt, während er dort durch ümbiegung einiger
Röhren in seiner Länge wesentlich reducirt wird.2)
Einige Schwierigkeit bereitete das Auffinden eines ge-
eigneten Kittes, um die verschiedenen Schraubenverschlüsse
auf den Glasröhren zu befestigen. Da die Temperatur bis
etwa 100° gesteigert werden sollte, so war natürlich Siegel-
lack, der sonst hierfür bei Luftpumpen etc. verwendet wird,
ausgeschlossen. Mennigekitt hingegen hat eine zu geringe
im
1) Der wahrscheinliche Fehler des Mittels ist hiernach ±0,05°'o.
2) Siehe die Beschreibung des Apparates Pogg. Ann. 135. p. 353.
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1
172 H\ Jaeger.
Festigkeit, da die Schrauben mit ziemlicher Gewalt angedreht
werden mussten, um luftdicht zu schliessen. Ich fand zuletzt,
nachdem auch noch verschiedene andere in der Technik
benutzte Kitte sich als unbrauchbar hierfür herausgestellt
hatten, in dem Schwefel eine geeignete Substanz. Derselbe
schmilzt erst bei 111° und wird vorher nicht weich. Man
trägt ihn geschmolzen auf die heiss gemachte Glasröhre auf
und schiebt die ebenfalls erwärmten Messingtheile, die streng
anpassen müssen, dann über dieselbe. Diese Methode hat
sich gut bewährt.
Eine weitere Schwierigkeit bestand darin, ein geeignetes
Pulver für die Staubfiguren ausfindig zu machen, welches
auch im Wasserdampf brauchbar war, und ich suchte lange
vergeblich nach einem solchen.
Die geglühte Kieselsäure hat ein zu grosses specinsches
Gewicht (ca. 2,68 . .), und es kam besonders für Wa6serdampf
seiner geringen Dichte wegen darauf an, ein möglichst
leichtes Pulver zur Verfügung zu haben.
Die übrigen Substanzen, wie Korkfeile und Lycopodium
sind selbstverständlich, ebensowenig anwendbar.
Der Gedanke indes, die früher angewandten Korkfeile zu
verkohlen, lieferte ein sehr brauchbares Pulver. Nachdem
dieselben zu diesem Zwecke gesiebt und zur Befreiung von
Salzen ausgekocht sind, werden sie bei Luftabschluss erhitzt, bis
alle verbrennlichen Producte abdestillirt sind. Die zurück-
gebliebene Kohle wird zum Schluss mit Aether ausgewaschen,
um etwa noch anhaftenden Theer etc. zu beseitigen.
Dieselbe stellt so ein ungemein leichtes Pulver von der
Porosität des Korkes dar, welches sehr schöne scharfe
Figuren gibt und nur, wenn direct sich Flüssigkeit daraui
niederschlägt, oder die Wände nass sind, unbeweglich wird.
Mit diesem verkohlten Korkpulver sind alle weiteren
Versuche ausgeführt Die Figuren werden besonders deut-
lich sichtbar, wenn man unter das Rohr einen Streifen
Milchglas anbringt.
Um die Füllung des Apparates mit Dampf zu bewerk-
stelligen, musste ich ein von dem übrigen Räume abschliess-
bares Reservoir anbringen, welches die betreffende Flüssig-
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Scltali/eschicindiykeil in Dämpfen.
173
keit enthielt und erst nach dem Luftleerpumpen des für
den Dampf bestimmten Raumes mit diesem in Verbindung
zu setzen war. Doch musste ich hierbei von der Verwendung
eines Hahnes absehen , da das zum Dichten desselben be-
natzte Fett durch die Erwärmung Hüssig geworden wäre.
Nach einigen vergeblichen Versuchen benutzte ich später
als Flüssigkeitsreservoir einfach eine Kugel mit ausgezogener
Spitze, die, zum Theil mit Flüssigkeit gefüllt, im übrigen
luftfrei war.
Diese Kugel (siehe Taf. II Fig. 6) wurde durch ein Stück
Luftpumpenschlauch (L) mit dem Theil b verbunden, welcher
mittelst eines Schraubenverschlusses (s) an einer Seitenröhre
des Apparates zu befestigen war. Nach dem Auspumpen
des letzteren wurde dann die Spitze der Kugel, welche vor-
her bei u mit einem Feilstrich versehen worden war, unter
dem Schlauch abgebrochen, worauf die Verdampfung be-
ginnen konnte.
Die luftfreie Füllung der Kugel, welche ursprünglich
eine lang ausgezogene Spitze besitzt, kann auf verschiedene
Weise stattfinden.
Bei Wasser verfuhr ich meistens so, dass ich die mit
der destillirten Flüssigkeit angefüllte Kugel bis zum Sieden
derselben erwärmte und während desselben einen vorläufigen
Verschluss mit weich gemachtem Siegellack bewerkstelligte.
Sodann wurde an der gewünschten Stelle vor der Glasbläser-
lampe abgeschmolzen. Man kann dadurch die Kugel leicht
so luftfrei machen, dass nachher das Wasser beim Schütteln
metallisch an die Wände klopft.
Bei Alkohol, Aether und ähnlichen Flüssigkeiten hin-
gegen ist diese Methode der Feuergefabrlichkeit wegen nicht
i,'ut anwendbar. Deshalb Hess ich bei diesen die Flüssig-
keit nach Herstellung eines Vacuums aus einem grösseren
Gefass in die Kugel überdestilliren, indem ich letztere in
Bis kühlte. Man verbindet damit noch den Vortheil, eine
frisch destillirte Flüssigkeit zur Verfügung zu haben.
Dieser durch die Fltissigkeitokugel etc. gebildete Theil
des Apparates sollte zugleich die Herstellung eines über-
hitzten Dampfe9 ermöglichen und war zu diesem Zwecke
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174
H\ Jaeger.
mit einem doppel wand igen Blechgefäss umgeben, welches in
dem grösseren Wasserbade stand, und dem man leicht die
gewünschte Temperatur ert heilen konnte. Man muss dafür
sorgen, dass dieser Theil, den ich im Folgenden mit „Re-
servoir" bezeichnen werde, wirklich die kälteste Stelle ist.
Deshalb ist noch die Kugel b angebracht, die auch durch ihr
grösseres Volumen einen ausgedehnteren kalten Raum reprä-
sentirt. In gleicher Höhe mit ihr befindet sich auch die
Kugel des Reservoirthermometers (r) , durch dessen Angabe
man den Druck des auf die Temperatur des Wasserbades
überhitzten Dampfes erfahrt
Zum Auspumpen des Apparates diente eine Töpler-
Hagen'sche Quecksilberpumpe (ohne Hähne), die mit einer
Seitenröhre des Dampfraumes verbunden war. .Nach Errei-
chung des Vacuums wurde diese Verbindung durch Ab-
schmelzen unterbrochen und das abgeschmolzene Ende eben-
falls unter Wasser gebracht, um es auf gleiche Temperatur
wie die übrigen Theile zu erwarmen.
Dann konnte die Spitze der Kugel abgebrochen werden
und der Versuch nach einiger Zeit beginnen, wenn man an-
nehmen durfte, dass der richtige Dampfdruck erreicht war.
Ursprünglich waren alle Theile, wie auch bei dem
Kun dt' sehen Apparate, von Glas, und führte ich eine An-
zahl Versuche in Wasserdampf mit diesem Apparate aus, die
jedoch wegen Undichtigkeit desselben ungenau waren und
hier deshalb nicht mitgetheilt sind.
Ausserdem glückten auch während langer Zeit nur sehr
wenige Versuche, da häufig durch die gleichzeitigen Drack-
und Temperaturänderungen die angewandten Glastheile wäh-
rend oder nach dem Versuche sprangen, sodass durch die
fortwährenden Reparaturen an ein Vorwärtskommen nicht
zu denken war.
Daher liess ich an Stelle des Glases, soweit es anging,
Messingtheile treten, hatte aber auch hierbei eigentümliche
Schwierigkeiten zu überwinden, deren Eintritt nicht voraus-
zusehen war.
Die beigefügte Zeichnung (Taf. II Fig. 7) stellt den Apparat
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Schallgeschwindigkeit in Dämpfen.
175
m seiner endgültigen Gestalt dar; der Maassstab derselben
ist '/so natürlicher Grösse.
Die tönende Röhre AA', die nun auch von Messing ist,
ist an beiden finden durch aufgelöthete Messingplatten l)
geschlossen und gibt, an den Stellen B und B' eingeklemmt
and mit einem nassen, wollenen Lappen gerieben, einen sehr
kräftigen Ton von ca. 3100 Schwingungen (gj bei der früher
angegebenen Länge der Röhre (1,15 m). Die Länge der
Staubfiguren in Luft beträgt bei diesem Ton ungefähr 56,5 mm
bei mittlerer Temperatur.
Die über die Enden des Tonrohres übergeschobenen
weiteren Röhren, die ebenfalls aus Messing bestehen, sind
mit AC und B'C bezeichnet. (Die gestrichelten Buchstaben
beziehen sich auf die Luftseite. Vergleichsrohr.)
Die Dampfseite befindet sich vollständig, wie Fig. 7 zeigt,
in einem grossen Wasserbade ( W W) , das mit etwa 50 1
Wasser gefüllt und durch einige darunter gestellte Vier-
brenner auf die gewünschte Temperatur gebracht wurde.
An den Knotenpunkten B und B' sassen durchbohrte
Kautschukpfropfen, welche möglichst fest in die Röhren BC etc.
bineingedreht und durch Kautschukleim (Auflösung von un-
vulkanisirtem Kautschuk in Benzin) oder Guttaperchakitt
noch ganz luftdicht gemacht wurden.
Damit durch den Luftdruck nicht die Tonröhre in BC
hineingetrieben werden konnte, wurden bei b und b' noch
kleine Ringe aufgelöthet, an welche sich die Pfropfen fest
andrücken konnten.
Der zur Tonerzeugung dienende Theil war in den Punk-
ten B und B', wie in der Zeichnung angedeutet, auf ein
festes Gestell aufgeschraubt.
CD und CD' sind die ca. 20 mm weiten und 1 m langen
Staubfigurenröhren. Die Ueberführung zu denselben geschah
durch einen Schraubenverschlnss (bei c), resp. durch einen
ijummipfropf (c).
1) Eß war nöthig, die Meesingplatten an den Enden hart aufzulösen
(mit SUberloth), da bei Anwendung von gewöhnlichem Schnellloth dieses
'lurch den kräftigen Ton bald Risse bekam und dadurch die Tonentstehung
verhinderte wnrde.
176
W. Jaeger,
Das Ende D des Darapfrohres stand mit dem früher
beschriebenen Reservoir R ebenfalls durch einen Gummi-
pfropfen in Verbindung. Bei T befindet sich das Reservoir-
Thermometer; ausserdem sind an den Enden des Dampf-
rohres bei Tx und T3 noch zwei Thermometer angedeutet.
Ebenso war das Vergleichsrohr mit einem Thermometer ver-
sehen.
Die seitlichen Röhren £ und E' dienen zum Auspumpen
und Trocknen der beiden Räume. Sie sind möglichst an
das Ende B verlegt, damit nach Wegnahme des Verschlusses D
die trockene Luft den ganzen Apparat durchstreichen kann.
Bei P ist die ausgezogene Stelle, die nach dem Aus-
pumpen abgeschmolzen wird. Durch eine Siegellackkittung
bei H ist eine luftdichte Verbindung des Dampfraumes mit
der Quecksilberpumpe hergestellt.
Durch MM' ist ferner der Maassstab angedeutet, welcher
parallel dem Dampfrohr ausserhalb des Wasserbades auf-
gestellt wurde, wobei das Visir V die Figurenlänge zu messen
gestattete.
Auch ein Manometer hatte ich anfanglich an dem Appa-
rate angebracht, doch verzichtete ich später auf dasselbe
wegen seiner bedeutenden Complicirtheit und der damit ver-
bundenen häufigen Störungen.1)
In dieser Form war der hier beschriebene Apparat auch
leicht auseinander zu nehmen, während dies früher, so lange
noch alles von Grlas war, oft grosse Unzuträglichkeiten mit
sich brachte.
Ehe ich zu den mit diesem Apparate angestellten Ver-
suchen übergehe, muss ich noch einige Eigentümlichkeiten
berühren, die sich beim Zusammenstellen desselben gezeigt
haben.
Es fiel nämlich auf, dass im Vergleich zu dem kräftigen
Ton des Rohres unverhältnissmässig schwache Staubfiguren
erhalten wurden, und es war dann auch nicht möglich, in
1) Es beruhte dasselbe, wie das von Magnus benutzte (Pog£. Ann.
61. p. 225. 1844), darauf, dass man aussen und innen denselben Druck
herstellt und denselben an dem Äusseren Manometer abliest.
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Schallgeschwindigkeit in Dämpfen.
177
Wasser- oder Alkoholdampf eine Bewegung des Staubes zu
bewirken.
Selbst im Aetherdampf, der doch früher keine Schwierig-
keiten bereitet hatte, konnte ich nur unter bestimmten Be-
dingungen Figuren hervorrufen, und sind diese Umstände
interessant genug, um nicht ubergangen zu werden.
Es zeigte sich nämlich, dass es bei diesem schwachen
Ton, auf dessen Ursache ich noch später zurückkomme,
nicht möglich war, über einen bestimmten Sättigungsgrad
hinaus zu gehen, ohne dass die Bewegung des Staubes völlig
aufhörte.
Bei Abkühlung des Reservoirs (stärker überhitzter Dampf)
zeigte sich dann wieder Bewegung, bis man wieder zu dem
betreffenden Punkt kam.
Ich gebe im Folgenden eine Zusammenstellung einer
darauf bezüglichen Versuchsreihe, worin t die Temperatur
des Bades, s den Sättigungsgrad (d. h. wirklich vorhandener
Druck nach Angabe des Reservoirs dividirt durch den Druck
bei f°) bezeichnet. Das Zeichen + deutet an, dass Bewegung
erhalten war, — Bewegungslosigkeit.
Tabelle III. Grenze der Beweglichkeit.
I
II
III
IV
V
VI
VII
1°
30
36,1
38
38
39
39
39
I
0,7404
0,9533
0,6200
0,3975
0,6738
0,7521
0,8098
Zeichen
+
+
+
Nr.
vm
IX
x
XI
XII
xin
xiv
39
38,5
38,5
39
39
39
31,5
* Zeichen
I
0,8674
0,8234
0,8760
0,766f»
0,80H8
0.^241
0,(5957
Grenze
+
Die Versuche sind in der oben angegebenen Reihenfolge
ausgeführt und bewegen sich, wie man sieht, um die Grenze
0,8241 entsprechend einer Reservoirtemperatur 33,5° bei 39°
Badtemperatur. Eine geringe Erniedrigung, wie z. B. in
Nr. IX auf den Sättigungsgrad 0,8234, ruft bereits wieder
Bewegung hervor. Dies Verhalten habe ich durch wieder-
holte Versuche bestätigt gefunden.
Da bei diesem schwachen Ton für eine gewisse Sättigung
Ann. d. Phj«. o. Chem. N. P. XXXVI. 12
178
W. Jaeger.
die Bewegung ganz aufhört, so wird sie auch bei starkem
Ton wesentlich geschwächt werden.
Wenn aber, wie bei dem Wasserdampf seiner geringen
Dichte wegen, die lebendige Kraft der Bewegung schon an
und für sich klein ist, so kann selbst bei starkem Ton die-
selbe durch die eben festgestellte Erscheinung so vermindert
werden, dass gar keine Figuren entstehen. Daraus erklären
sich auch wohl yiele vergebliche Versuche mit Wasserdampf,
als der Apparat noch ganz aus Glas war.
Wie diese Thatsache zu erklären ist, muss ich noch
dahingestellt lassen. Vermuthen kann man vielleicht, dass
bei einem gewissen Sättigungsgrade die Wärmeleitung und
Reibung einen bedeutenderen Einfluss gewinnt, indem dann
die grosse Absorptionskraft der Dämpfe den Wärmeaus-
tausch merklich werden lässt oder auch vielleicht durch
die Attraction des Pulvers und der Glaswände eine Nebel-
bildung in der Nähe derselben hervorgerufen wird. Beides
würde eine bedeutende Verminderung der Schallintensität
bewirken können.
Später konnte ich übrigens dieselbe Thatsache beim
Alkohol und Wasserdampf constatiren.
Einige Zeit nachher angestellte Versuche haben ge-
zeigt, dass Gemische von Luft und Dämpfen (Aether oder
Alkohol) mitunter eine stärkere Schallleitung zeigen als Luft
allein, jedoch auch nur bis zu einem bestimmten Sättigungs-
grad, von welchem aufwärts die Bewegung wieder schwächer
wird. Das Ergebniss ist also ein ähnliches, wie für Dämpfe
allein.
Ich habe gefunden, dass Hr. Neyreneuf1) mit Hülfe
seiner empfindlichen Flammen ebenfalls constatirt hat, dass
durch Beimischung gewisser Dämpfe zu Luft ihre Leitungs-
fähigkeit für den Schall erhöht wird; derselbe erwähnt aber
nichts darüber, dass die Schallleitung erst zu-, dann ab-
nähme.
Als Ursache der erwähnten Schallschwächung in dem
Apparate stellte sich ferner die Einwirkung scharfer metal-
1) Neyreneuf, Compt. rend. 96. p. 1312. 1883. u. Beibl. 7. p. 581
1883.
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Schallgeschwindigkeit in Dämpfen. 179
lischer Kanten heraus. Ursprünglich hatte ich nämlich das
Rohr BC in Fig. 7 durch eine Messingplatte geschlossen,
welche eine circa 20 mm weite Oeffnung hatte, sodass hier-
durch, wie aus Taf. II Fig. 8 zu ersehen, eine scharfe Kante
entstand.
Es genügte schon, einen etwas abgerundeten Kork inner-
halb des Rohres vor die Messiugplatte anzubringen, um die
volle Starke der Bewegung in dem Staubtigurenrohr wieder
zu erhalten. Es gelang mir nicht, einen klareren Einblick
in die zur Schallverminderung beitragenden Umstände zu ge-
winnen, und konnte ich mich auch nicht länger bei diesen
Erscheinungen aufhalten.
Dass Hr. Kundt bei seinen Untersuchungen, wobei ähn-
liche Verhältnisse durch plötzliche Verengung der Röhren
auftreten, keine Schallschwächung erwähnt, wird wohl daran
liegen, dass er zu den Ueberführungen vom weiten zum engen
Rohre Kork verwandte, dessen Kanten, wie ich gefunden
habe, diesen EinÜuss nur sehr wenig zeigen, ebenso wie auch
die der Gummipfropfen.
Ich gab später der Messingröhre die trichterförmig ab-
gerundete Form, wie sie in Figur 7 bei C angedeutet ist,
und verstärkte den Ton ausserdem noch dadurch, dass ich
das tönende Rohr durch eine grössere Platte verschloss, welche
von der Wandung von BC rings nur etwa 1 mm abstand.
Auf diese Weise erhielt ich dann eine recht starke Bewegung
des Staubes.
Aehnliche Erscheinungen der Schallschwächung, wie die
hier beschriebenen, beobachtete ich auch, wenn das Dampf-
rohr CD beim Rundschmelzen desselben an den Enden
etwas eingezogen war. Ich hatte so häufig Gelegenheit,
diese Thatsachen zu beobachten, dass eine Täuschung durch
andere Zufälligkeiten wohl ausgeschlossen ist.
Man könnte diese Erscheinungen vielleicht durch An-
nahme von Wirbeln erklären, welche durch die scharfen
Metallkanten hervorgerufen werden und einen Theil der leben-
digen Kraft der Schallbewegung verschlucken.
Die Verdünnungsgrenze, bei welcher noch Bewegung des
verkohlten Korkpulvers erhalten wurde, betrug für atmosphä-
12»
180
Hr. Jaer/ei:
Tische Luft bei diesem Apparat 60 mm = 0,08 Atm., während
die Figuren bei 90 mm = 0,12 Atm. bereits recht kräftig
waren. Für Kieselsäure beginnt die Bewegung dagegen erst
bei 250 mm, für gut ausgesprochene Figuren waren beinahe
400 mm erforderlich. *) Für andere Gase und Dämpfe wird
die Verdünnungsgrenze bedingt durch ihre Dichte und den
• Sättigungsgrad, da, wie wir früher gesehen haben, die Schall-
bewegung bei Annäherung an die Sättigung bedeutend ge-
schwächt wird. Abgesehen von letzterem Umstand würde
man mit gesättigtem Alkoholdampf bei 28° Figuren erhalten
müssen, mit Wasserdampf bei 65°, während der Aetherdampf
bereits bei 0° eine Dichte besitzt, die weit über das verlangte
Maass hinausgeht. Aus diesem Grunde ist auch letzterer
Dampf am günstigsten für unsere Versuche, während Wasser-
dampf die ungünstigsten Verhältnisse darbietet.
Ich bemerke noch, dass die mit diesem Apparat ange-
stellten Versuche anfänglich sehr schwankende Resultate lie-
ferten, bis das Reservoir von R' nach R verlegt wurde
(Fig. 7). Auf diese Weise musste nach dem Abbrechen der
Kugel der Dampf die ganze Röhre durchstreichen und spülte
so gewissermassen die darin noch enthaltene Luit hinweg,
während man bei der früheren Anordnung eventuell ein un-
bekanntes Gemisch von Luft und Dampf erhielt. Um ganz
sicher zu gehen, lie^s ich den Apparat immer so lange mit
der Quecksilberpumpe in Verbindung, bis deutlich Flüssigkeit
in dieselbe tiberdestiilirte; dann wurde erst die Verbindungs-
röhre bei F abgeschmolzen.
■
Versuche mit Alkoholdampf.
Das specifische Gewicht des vorhandenen absoluten Al-
kohols war mittelst Pyknometer zu 0,7937 bei 20° gefunden,
während dasselbe nach Mendelejeff2) für denselben gleich
0,78945 ist. Daher Hess ich diesen 98 — 99 Proc. haltigen
Alkohol eine Zeit lang über geschmolzenem Chlorcalcium
1) Kundt (Pogg. Ana. 135, p. 550. 186s) konnte bei seinem Appa-
rat auf 380 m Druck heruntergehen.
2) Mendelejeff. Pogg. Ann. 138. p. 270. I860.
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Schallgeschwindigkeit in Dämpfen. 181
stehen und dann direct in die Flüssigkeitskugel überdestil-
liren. (Nach dem früher beschriebenen Verfahren.)
Von den Thermometern war das eine genau calibrirt
und in Bezug auf Eis- und Siedepunkt untersucht, die übri-
gen Thermometer waren mit diesem verglichen.
Die Versuche gelangen im allgemeinen ziemlich leicht,
abgesehen von einigen unliebsamen Vorkommnissen bei den
zuerst augestellten Versuchen, durch welche die Richtigkeit
der Resultate zum Theii fraglich wurde.
So kann z. B. der Fall eintreten, dass nach dem Ab-
brechen der Kugelspitze eine schnelle Verdampfung der Flüs-
sigkeit beginnt, welche das Pulver am Ende des Rohres weg-
bläst und dadurch die Messungen ungenau werden lässt Um
dies zu verhindern, hielt ich später beim Abbrechen der
Spitze die Temperatur des Reservoirs möglichst niedrig.
Auf der anderen Seite konnte man mitunter auch be-
deutenden Siedeverzug constatiren und wurde dann gewartet,
bis Flüssigkeit in der Pumpe sich niederschlug.
Es würde indess zu weit führen, alle Vorsichtsmaass-
regeln anzuführen, die man bei der Anstellung eines Ver-
suches zu berücksichtigen hat
In der folgenden Tabelle sind die Versuchsresultate mit
Alkoholdampf, soweit sie brauchbar sind, zusammengestellt.
Alle Berechnungen sind, wie früher angegeben, mittelst der
Wahrscheinlichkeitsformel .angestellt, und sind bei der Luft
meistens 12 Knoten und ebensoviel Bäuche gemessen, bei dem
Dampf in der Regel noch mehr.
V ist die Figurenlänge in Luft auf 20° reducirt, X die-
jenige in Dampf bei /&° (Temperatur des Bades.) U gibt die
Temperatur der kältesten Stelle (Reservoir) an. Reducirt
man X und X' auf gleiche Temperatur und bildet ihr Ver-
haltniss, so erhält man die für m/m' angegebene Zahl.
Die Versuche vom 5. März zeigen eine ganz gute lieber-
einstimmung, und erst bei dem hier nicht angeführten Nr. 111
macht sich eindringende Luft geltend, und ich bin wohl be-
rechtigt, die Zahlen, nur soweit zu benutzen, als sie constant
Ueiben.
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182 W. Jaeger,
Tabelle IV. Versuche mit Alkoholdampf.
. Nr. j
25. Febr. 1887.
77
40.1
47,7
78
45,1
47,9
48,5
79
48,6
3. März 1887.
102
62,2
68,2
103
63,7
64,0
5. März 1887.
104
21,0
51,0
105
37,0
50,9
106
50,8
50,9
i
107
51,2
51,4
i
109
£0,3
49,9
110
5<»,9 ,
50,6
Mass on ')
78,5 "
78,5
41,73
41,85
41,46
42,49
41,93
42,19
42,25
41,93
42,01
41,83
41,95
X'
56,48
56,44
56,29
56,48
56,41
56,21
56,39
56,34
56,40
56,42
56,48
11 u
0,7062
0,7078
0,7032
0,7023
0,6931
0,7138
0,7126
0,7078
0,7087
0,7062
0,7067
— 0,6925
X
8:
Zwischen 107 und 109 ist zum zweiten mal ausgepumpt,
und gewähren diese Versuche die gewünschte Controle. da
die Zahlen vor und nach dem Auspumpen fast gleich sind.
Eine Erscheinung will ich noch erwähnen, welche die
beim Aetherdampf gemachte Erfahrung bezüglich der An-
näherung an eine gewisse Sättigungsgrenze bestätigt. Wurde
nämlich eine bei F(¥ig. 7) angebrachte Kugel zunächst sehr
stark (auf etwa 10° C.) abgekühlt, so erhielt man wegen zu
geringer Dichte des Dampfes gar keine Bewegung des Pul-
vers; bei einiger Erwärmung der Kugel entstand dann aber
eine sehr starke (springende) Bewegung der Figuren, die bei
weiter gehender Temperatursteigerung wieder viel schwächer
wurden, sodass sich die Rippen nur eben etwas hoben. Dies
konnte beliebig oft wiederholt werden.
Leider war die Zeit schon so vorgerückt, dass ich die
Versuche mit Alkohol verlassen musste, nachdem festgestellt
war, dass man ihn in ziemlich weiten Grenzen untersuchen
kann, und auch der Sättigungszustand weiter keine Schwierig-
keiten zu machen scheint.
Es schien aber erwünscht, sich noch darüber zu verge-
wissern, dass auch der Wasserdampf mit Hülfe dieses Appa-
rates untersucht werden kann, und innerhalb welcher Grenzen
dies möglich ist.
1) Siehe p. 166.
Digitized by
Schallgeschwindigkeit in Dämpfen
183
Versuche mit Wasserdampf.
Diese Grenzen zeigten sich, wie vorauszusehen war, als
ziemlich enge, da man, um eine genügende Dichte zu er-
reichen, eine ziemlich hohe Temperatur als untere Grenze
hatte, während man mit diesem Apparat nicht gut über 100°
gehen konnte.
Mit gesättigtem Wasserdampf gelang es mir bis jetzt
noch nicht, Figuren zu erhalten, und steht es noch dahin, ob
dies vielleicht durch Verstärkung des Tons möglich ist.
Sonst wäre wohl eine höhere Temperatur, wie sie bei dieser
Einrichtung nicht herzustellen war, die nächste Bedingung zur
Erreichung dieses Zwecks.
Bei manchen Glasröhren war ihre Attraction für den
Wasserdampf sehr störend, sodass das Pulver nach kurzer
Zeit an den Wänden klebte, und der Versuch abgebrochen
werden musste. Bei anderen zeigte sich dieser Uebelstand
gar nicht. Ich schob aus diesem Grunde eine halbkreisför-
mige, innen versilberte Messingrinne in das Dampfrohr ein,
in welcher sich dann das Pulver befand. Hierin waren auch
Hie Figuren sehr gut zu messen. Mitunter konnte man be-
merken, dass die Glaswände bereits ganz mit Feuchtigkeit
beschlagen waren, während das Pulver in der Rinne noch
beweglich blieb.1)
Die wenigen bei diesen Untersuchungen gewonnenen Zahlen
sind, soweit sie zuverlässig sind, in folgender Tabelle zu-
sammengestellt; die Bedeutung der Buchstaben ist dieselbe,
wie in Tab. VIII.
Tabelle V. Versuche mit Wasserdampf.
Nr.
<r
X' i
u u
8. Min 1887
124
125
76,1
79,9
92,3
93,9
75,39
75,48
56,45
56,55
1,196
1,193
26. Man 1887
168
87,1
96,6
76,59
56,28
1,212
Masson
95
95
1,204
1) Vielleicht ist auch das von lim Warburg zur Beseitigung der
Hygroskopie der Röhren vorgeschlagene Verfahren, dieselben längere Zeit
in kochendes Wasser au legen, zu diesem Zwecke brauchbar.
184
W. Jaeger.
Viele Versuchsreihen musste ich als ungültig ansehen,
da die erhaltenen Zahlen stets abnahmen, was auf eindrin-
gende Luft deutete. Das früher über die Annäherung an
eine bestimmte Sättigungsgrenze Gesagte konnte ich auch
beim Wasserdampf bestätigen.
In allen hier angestellten Versuchen blieb die statt des
Kohlepulvers in einem kurzen Stück des Dampfrohres be-
findliche Kieselsäure unbewegt, und es würde also mit dieser
kein einziger Versuch in Wasserdampf zu Stande gekommen
sein.
Meine Zeit erlaubte es mir einstweilen nicht, diese Experi-
mente weiter fortzuführen, da ich so lange durch die grossen
Schwierigkeiten, die sich der Ausführung der Versuche ent-
gegenstellten, aufgehalten worden war.
II. Ueber die Dampfdichte.
Um die Resultate der vorstehenden Beobachtungen zu
verwerthen, müssen wir zunächst die Dichte des gesättigten
wie des überhitzten Dampfes kennen. Während die erstere
aus der mechanischen Wärmetheorie berechnet werden kann,
hat man für den überhitzten Dampf noch keine Beziehungen
aus derselben ableiten können.1)
Gesättigter Dampf .... Aber auch bei der Berech-
nung der Dichte im Sättigungszustand stösst man auf eigen-
tümliche Schwierigkeiten. Berechnet man nämlich mit den
von Regnault aufgestellten empirischen Formeln für die
Verdampfungswärme und die Tension des Dampfes nach der
bekannten Formel:
1 dl
das specifische Volumen des Dampfes und hieraus seine
relative Dichte bezogen auf Luft unter denselben Verhält-
1) Die Versuche von Zeuner iu seiner Mechan. Wärmetheorie p. 426
1866 gründen sich auf das nur angenähert richtige Gesetz von Hirn,
dasa die isodynamische Carve des Dampfes eine gleichseitige Hyperbel sei.
2) Die Berechnung wird durch die von Zeuner l. c aufgestellten
Tabellen für u sehr vereinfacht.
Digitized by Goog
Schallgeschwindigkeit in Dämpfen. 185
Dissen, so findet man, dass dieselbe bei manchen Dämpfen
unter den Werth sinkt, welchen man aus dem Molecular-
gewicht berechnen kann.1)
Von den Dämpfen, welche Kegnault untersucht hat,
sind für sieben derselben alle zur Berechnung der Dichte
Qöthigen Daten vorhanden. Diese sind: die Dämpfe yon
Wasser, Alkohol, Aether, Aceton, Chloroform, Chlorkohlen-
stoff und Schwefelkohlenstoff.2)
Ich fand bei allen diesen anomale Abweichungen und
gebe zunächst eine Tabelle für die relative Dichte derselben
nach obiger Formel bei verschiedenen Temperaturen (MD
bedeutet darin die aus dem Moleculargewicht berechnete Dichte).
Tabelle VI. Relative Dampfdichte (bei Sättigung)
nach der mechanischen Wärmetheorie.
L ""
t
H,0
aHs(OH) C,H,0O CaH,0
CHCI3
C(\
CS,
0,6065
1,442
2,503
2.179
4,158
5,473
2,611
10
0,6126
1.451
2,f>27
2,063
4,125
5,147
2,618
20
0,6176
1.448
2,548
1,999
4,109
5,422
2,633
3U
0,6215
M49
2,570
1,969
4,109
5,409
2,653
40
0,6247
1,460
2,592
1,960
4,117
5,400
2,672
50
0,0273
1,482
2,616
1,966
4,135
.\405
2,700
60 1
0,6295
1,512
• • ■
1,983
4.158
5,416
2,730
70
0,6317
1,54 s.
* • •
2,005
4,184
5,442
■ • •
80
0,6340
1.585
2,034
5,480
90
0,6369
1,619
5,535
100
0,6401
1,652
1
MD
0,6233
1,593
' 2,562 j
2,009
4,139
5,333
2,632
Man sieht, dass einige von ihnen Minima zeigen, von
denen an erst die Dichte wieder aufwärts geht; für den
Alkoholdampf bleibt die Dichte besonders lang unter der
aus dem Moleculargewicht (MD) berechneten.
1) Gleiches hat, wie ich sehe, Hr. R. v. Helmholtz (Wied. Ann.
30. p. 401. 1887 ) für den Wasserdatnpf bei seiuen Untersuchungen Aber
die Dampfspannung des Eise» constatirt und deshalb für die Verdampfungs-
wäxme desselben eine neue Formel aufgestellt. Ferner auch Herwig
<Pogg. Ann. 134. p. 48. 1869) und Hr. Winkelmann, auf desssen
Arbeit ich gleich zurückkommen werde.
2) Von Benzin ist nur die speeifische Wärme der Flüssigkeit nicht
bestimmt.
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ib6
IK Jaeger.
Die Figuren 1 und 2 geben die graphische Darstellung
dieser Werthe für Alkohol und Acetondampf; für [die übri-
gen Dämpfe erhalt man ähnliche Curven. (Die Gerade d0
entspricht MD vor. Tab.)
1,00 - -
1,50 ..
Fig. 1.
Alkoholdampf.
to
40
80
100« c.
Fig. 2.
Acetondampf.
Da die Formel aus der Wärmetheorie doch jedenfalls
keinem Zweifel unterliegt, und wohl auch die Spannkrafts-
bestimmungen von Regnault ziemlich zuverlässig sind, so
kann der Grund dieser Widersprüche nur in der von Reg-
nault bestimmten Verdampfungswärme liegen.
Ich war daher erfreut, eine Arbeit von Hrn. Winkel-
mann1) vorzufinden, in der bereits die Re gna ulf sehen
Zahlen und Formeln bei Gelegenheit seiner Untersuchungen
über die Abhängigkeit der Temperatur vom Druck einer
eingehenden Kritik unterworfen sind.
Nur den Alkoholdampf zieht er nicht mit in Betracht
und erwähnt ihn auch nicht unter den Substanzen, für die
alle nöthigen Daten zur Berechnung vorliegen; vielleicht des-
1) Winkelmann, Wied. Add. 9. p. 208 u. 358. 1881.
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Schallgeschwindigkeit in Dämpfen. 187
halb, weil Regnault fur die Gesammt wärme der Verdam-
pfung bei ihm wegen des unregelmässigen Verlaufs der Curve
keine empirische Formel aufstellte.
Hr. Winkelmann spricht sich folgendermassen über
die Ergebnisse seiner Untersuchungen aus1): „Ich habe zu
meinem Erstaunen gefunden, wie wenig genügend Regnault
seine zahlreichen experimenteilen Daten durch empirische
Formeln darzustellen gewusst hat. Ich bin überzeugt, dass
in dieser Beziehung die Resultate Regnault' s vielfach über-
schätzt sind, weil die Genauigkeitsgrenzen seiner Versuche
nicht bestimmt sind".
Er sieht sich deshalb veranlasst, neue Formeln für die
Verdampfungswärme aufzustellen und daraus die Dichte zu
berechnen. Dies hat ihn besonders bei Wasserdampf, für
den ja die genauesten Bestimmungen vorliegen, zu einem
guten Resultat geführt, sodass der frühere Widerspruch, der
in den aus der Theorie berechneten Dichten lag, aufgeho-
ben ist.
Freilich musste Hr. Winkelmann dabei die Versuche
Regnault's, die sich auf die Temperatur von —2 bis +16°
erstrecken und nach einer ungenaueren Methode a) ausge-
führt sind, als die übrigen, verwerfen und statt dessen die
erste Constante der aufgestellten Gleichung so bestimmen,
dass er bei 0° die gewünschte theoretische Dichte bekam.
Durch wirkliche Versuche in den Temperaturen unter 63°
ist also diese Formel auch nicht gestützt, was doch hervor-
gehoben werden muss.
Statt der bekannten linearen Gleichung von Regnault
für die Gesammtverdampfungs wärme ?. = 606,5 — 0,305 1 stellt
Hr. Winkel mann eine solche mit vier Constanten auf,
woraus indess für die Verdampfungswärme r keine weitere
Complication entsteht, da die Flüssigkeitswärme bereits vier
t
Constanten besitzt, und r aus dieser und l durch r = \—fcdt
o
zu berechnen ist. Diese Formel für ?. lautet3):
1) Winkelmann, 1. c. p. 208.
2) Verdampfenlassen aus dem Calorimeter, besehricbm Rcl. des
oxper. 1. p. 712. 1862.
3; Winkelmann, 1. c. p. 231.
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188 W. Jaeger.
X = 589,5 + 0,7028 / - 0,003 194 7 + 0 0,8447 t:i
und hieraus die Verdampfungswärme:
r « 589,5 - 0,2972 * - 0,003 214 7 <2 + 0,0,8147 P. »)
Hr. Winkelmann weist nach, dass sich die nach seiner
Formel für X berechneten Werthe den beobachteten durch-
gängig viel besser als die Regnault'schen anschliessen,
sodass es sich sehr empfehlen wird, diese neuen Formeln für
r und X bei allen weiteren Berechnungen zu benutzen.
Im Folgenden sind einige Zahlen aus der von Winkel-
mann gegebenen Tabelle2) für die Dichte nach der alten
und neuen Formel für r angeführt.
Tabelle VII. Relative Dichte des Wasserdamp fes
nach Winkelmann.
Atm. Temp.
Dichte nach
Regnault Winkelmann
V„4 13,95 0,61077 0,62314
V3. 25,14 0,61427 0,62370
V,6 37,31 0,61836 0,K25(J6
50.64 0,62283 0.62717
\'4 65,36 I 0,62780 0,63024
V, 81,71 0,63357 0,68501
1 100 0,64016 0,64103
2 133,91 0,64836 0,64926
Die Dichte im Gaszustund ist zu 0,02344 angenommen.
Die Tabelle ist nach Atraosphärendruck geordnet, doch
lassen die beigeschriebenen Temperaturen auch leicht die
Vergleichung mit anderen Anordnungen zu.
Eine Bestätigung für die Richtigkeit dieser von ihm be-
rechneten Zahlen findet Winkelmann in der aus ihnen
und dem Druck nach seiner Formel abgeleiteten Temperatur,
die nirgends mehr als 0,5° von der beobachteten abweicht.
Für die anderen Dämpfe ist das Ergebniss indess kein
so günstiges. Trotz besser stimmender Formel für X erhält
er z. B. beim Aetherdampf Werthe für die Dichte, welche
1) Die von Hrn. R. v. Helm hol tz für r aufgestellte, unterhalb des
Gefrierpunktes geltende Gleichung ist: r = 597 — 0,65 1. (Siehe Anm. I
p. 185.)
2) Winkelmann, 1. c. p. 237.
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Schallgeschwindigkeit in Dumpfen.
189
selbst bei einem Atmosphärendruck noch unter der theore-
tischen liegen.
Nach Hrn. Winkelmann kann dies verschiedene Ur-
sachen haben. Zunächst liegen die Spannkraftsbestimmungen
und die der Verdampfungswärme um mehrere Jahre ausein-
ander, sodann ist die Bestimmung der specifischen Flüssig-
keitswärme ziemlich unsicher, sodass selbst in niederen Tem-
perataren die Fehler 1 Proc. betragen können. Ferner wäre
es auch möglich, dass die Dämpfe in den betreffenden Tem-
peraturen gar nicht die chemische Zusammensetzung haben,
die man bei Berechnung ihres Moleculargewichts voraussetzt.
Es wäre daher sehr wünschenswerth , die Dichte des
Dampfes im Gaszustande aus experimentellen Bestimmungen
zu kennen. Eine genauere Besprechung aller dieser Um-
stände findet man in der citirten Arbeit des Hrn. VVinkel-
mann.
Nicht behandelt ist in diesen Untersuchungen der Al-
koholdampf, für den ich daher auf die directen Beobachtungen
von Regnaul t zurückgehen will. Ich möchte gleich daran
erinnern, dass der Alkohol ein sehr exceptioneller Körper
ist; so sagt z. B. einmal Regnault von ihm1):
,,Uebrigens ist es schwierig, den Alkohol im Zustand
der Reinheit zu erhalten, und hat mir diese Flüssigkeit in
allen physikalischen Experimenten, denen ich sie unterwarf,
Anomalien gezeigt."
Sehr grosse Unregelmässigkeiten zeigt, wie schon erwähnt,
der Alkohol in Bezug auf die Gesammtwärme der Verdampfung,
sodass Regnault annimmt, es könnten moleculare Verände-
rungen während des Siedens stattfinden. Die directen Ver-
suchsergebnisse für die Gesammtverdampfungswärme finden
sich in der Tabelle 1. c. p. 818, während die von 10 zu 10°,
wie bei den übrigen Dämpfen, angeführten Werthe, welche
Zeuner in seiner Wärmetheorie als die directen Angaben
Regnault' s bezeichnet, einer graphischen Darstellung ent-
nommen sind. Die danach gezeichnete Curve hat nicht, wie
die der anderen Dämpfe, einen angenähert geradlinigen Verlauf,
sondern besitzt einen Wendepunkt, indem sie eine Zeit lang
1) Regnault, 1. c. p. 819.
19()
W. Jaet/er.
(etwa von 55 — 85°) der Abscissenuxe (t) parallel läuft und
dann erst wieder ansteigt.
Aus diesen direct beobachteten Werthen von /. wurde
r berechnet mit Hülfe der von Regnault (p. 270) fur die
Flüssigkeitswärme q aufgestellten empirischen Gleichung.
Zur Ermittelung von u wurde der Factor AT.dpjdT
nach der von Zeuner1) aufgestellten empirischen Formel:
und unter Annahme des Werthes 424 kgra für das Wärme-
äquivalent2) berechnet.
Das specitische Volumen s = n + a ergibt sich dann ver-
mittelst der für das Flüssigkeitsvolumen von Hirn3) aufge-
stellten Gleichung:
<T=rr0(l + ar+A*2 + +
In folgender Tabelle sind die so gewonnenen Zahlen
zusammengestellt. Es bedeutet D und D' die absolute
Dichte des Dampfes, resp. der Luft (bezogen auf Wasser
von 4° C); d=DjD' die relative Dichte des Dampfes auf
Luft bezogen.
Tabelle VIII. Dichte des Alkoholdampfes
nach Regnault's Zahlen.
r
u
er D
D'
d Datum
-2,10
4-1,00
38,10
62,68
77,95
104,5
124,8
137,55
153,45
233,65
234,82
289,87
225,26
214,98
197,88
184,20
178,00
167,62
36,5883
29,4633
4,5676
1,1925
0,63920
0,25610
0,13301
0,09514
0,06411
0,0012 0,027 331
12 0,033 940
13 | 0,218 87
13 j 0,837 66
13 1 1,561 3
182 | 3,884 7
136 7,442 2
139 10,359 5
152 15,237 0
0,01858
0,02331
0,15068
0,54956
0,99230
2,3531
4,3523
6,0131
8,6642
1,4471 April 1 853
1,4561 „ „
1,4526 Mai 1S56
1,5243 | „ „
1,5626 „ v
1,6509 , „ „
1,7099 „ „
1,7228 Juni 1856
1,7586 , „ „
Dichte im Gaszustand i 1,5930 ~
1) Zeuner, 1. c. p. 259.
2) Diese Zahl ist wahrscheinlich noch zu klein, sodass die Dichte
mit dem richtigeren Werth noch kleiner wird (vgl. hierzu die Bestim-
mungen des Wärmeaquivalentes von Rowland: Proc. of the Amer. Acad.
New Ser. 7. p. 196. 1880). Doch wird sonst meistens mit -dieser Zahl
gerechnet (Clausius, Zeuner), sodass ich sie auch hier benutzt habe.
3) Hirn, Ann. de chim et de phys. (4) 10. p. 32. 1867.
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Schallgeschwindigkeit in Dämpfen. 191
Die beiden Bestimmungen der Gesammtverdampfungs-
wärme bei niedriger Temperatur wurden nach dem p. 779
der Relat des exp. beschriebenen Verfahren durch Ver-
dampfenlassen der Flüssigkeit aus dem Calorimeter angestellt.
Sie liegen, wie man sieht, mehr als drei Jahre von den
anderen Versuchen entfernt. Die Spannkraftsbestimmungen
sind bereits in den Jahren 1844 und 1847 ausgeführt, sodass
wohl verschiedene Präparate benutzt sind.
Man erkennt aus vorstehender Tabelle, dass die Ver-
dampfungswärme r erst zu-, dann abnimmt und dementspre-
chend die relative Dichte ein erstes Maximum aufweist. Die
letztere bleibt bis zum Siedepunkt (78,3°) unterhalb der
theoretischen Dichte 1,593, sodass wir auch mit Weglassung
der beiden Versuche in niedriger Temperatur — analog
dem Verfahren von Winkelmann bei Wasserdampf —
keine Formel fur r aufstellen können, die für d bessere
Werthe liefert.
Hier wäre es somit besonders erwünscht, die Dichte des
Dampfes im Gaszustande auch unterhalb des Siedepunktes
aus experimentellen Bestimmungen zu kennen. Die ange-
führten Versuche von Regnault sind jedenfalls nicht aus-
reichend, um die Dichte des Alkoholdampfes aus ihnen mit
Sicherheit zu berechnen.
Ich will daher diese Betrachtungen, die uns nur bei
Wasserdampf zu einem befriedigenden Resultat geführt haben,
verlassen, um zu untersuchen, welche Ergebnisse für die
Dichte eines Dampfes aus rein theoretischen Betrachtungen
über den Zusammenhang zwischen Druck, Volumen und Tem-
peratur desselben abzuleiten sind.
i
Dichte der Dämpfe, aus der Zustandsgieichung von
Glausius abgeleitet
Auf Grund der kinetischen Gastheorie hat Clausius1)
die von van der Waals aufgestellte Zustandsgieichung zwi-
schen Druck, Volumen und Temperatur erweitert und ver-
bessert, um sie dem Verhalten der Dämpfe besser anzupassen,
1) Clausius, Wied. Ann. 14. p. 273 u. 692. 1881.
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192
W, Jaeyer.
und gelangte nach einigen Umformungen schliesslich zu der
Gleichung:
W BT v-a 8 +
■
worin die Temperaturfunction & zu setzen ist:
(II) &~ l = aT-»-b.
In diesen Gleichungen sind et, ß, y — u + $ a, b und »
Constanten, die von der Natur des Gases abhängen, R ist
die Gasconstante, T die absolute Temperatur, p und v Druck
und Volumen.
Da diese Gleichung sich im allgemeinen den Beobach-
tungen gut anschliesst und jedenfalls dem wirklichen Ver-
halten der Dämpfe sich mehr nähert, als die anderen, so
habe ich sie als Grundlage aller weiteren Berechnungen ge-
nommen.
Um den Druck des gesättigten Dampfes aus der an-
geführten Relation zwischen p und v zu berechnen, weist
Clausiu8 nach, dass die beim Durchlaufen der Curve/* =/(t'j
geleistete Arbeit J'pdv gleich sein muss der dem wirklichen
a
Condensationsvorgang entsprechenden JP(ä— 0), worin s und rr
die Volumina des Dampfes und der Flüssigkeit, P den Sät-
tigungsdruck bezeichnen.
Sowohl Clausius1) selbst, als auch Hr. Planck2) haben
mit Hülfe dieser Bedingung unter Einführung transscen-
denter Variablen die ursprüngliche Gleichung weiter behan-
delt und für die Berechnung des Druckes und Volumens
des gesättigten Dampfes Tabellen aufgestellt. Doch kann
ich hier aus Mangel an Raum nicht näher auf diese Berech-
nungen eingeben; eine kurze Zusammenfassung derselben
habe ich in meiner Dissertation3) gegeben, auf die ich auch
hinsichtlich einer ausführlicheren Darlegung des Folgenden
in mehreren Punkten hinweisen muss.
Für den Aether- und Wasserdampf bat Clausius
1) Clausius, 1. c. p. 284.
2) Planck, Wied. Ann. 13. p. 585. 1881.
\i) W. Jaeger, Ueber die Schallgeschwindigkeit in Dämpfen etc.
Inauguraldiss. Berlin, 6. Aug. 1887.
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Schallgeschwindigkeit in Dämpfen
193
die Constanten a, ß> y etc. berechnet und die Werthe von P
(in Atmosphären), verglichen mit den beobachteten, sowie die
von s und a angegeben.
Bei dem Aetherdauipf benutzte er dazu die Daten von
Sajotschewsky J) für den kritischen Zustand, beim Wasser-
dampf liegen Beobachtungen über denselben nicht vor, und
berechnete Clausius den wahrscheinlichsten Werth der Con-
stanten a, bf n aus den Regnaul t 'sehen Spannkraftsbestim-
mungen in den höchsten Temperaturen (220°).
Mit Hülfe der von Clausius angegebenen Zahlen für
P (berechnet) und s habe ich die relative Dichte des Aether-
und Wasserdampfes berechnet und fand, dass die so erhaltene
Curve sich, wie gewünscht, bei niederen Temperaturen der
theoretischen Dichte nähert; doch auch hierbei gelangen die
niedrigsten Werthe der so berechneten Dichte unter die des
Gaszustandes, welche der Berechnung zu Grunde gelegt ist.
Wegen der grossen Complicirtheit der angewandten For-
meln bedarf es einer näheren Untersuchung, um zu ent-
scheiden, ob die nach denselben berechneten Werthe von d,
(relative Dichte im Sättigungszustand) unter den theoretischen
Werth sinken können oder nicht, um dann womöglich eine
schärfere Berechnungsweise anzuwenden.
Die zur Berechnung benutzten Grössen ll\Ut und W\ Wc\
fiir welche Clausius Tabellen aufgestellt hat, hängen näm-
lich noch durch den Werth von y zusammen, indem /7C = }/
und fVc=2y ist, und durch diesen ist H\ also auch die
Dichte bestimmt.
Es ergibt sich die Relation:
.[TT. I U\(W\ P(f-n)
Die gesuchte Grösse s hängt somit von dem Product
' U il]t)( W\ Afrc) ab, welches wir kurz mit Z bezeichnen wollen.
Da ferner P/RT gleich der absoluten Dichte im
Gaszustand, oder gleich dem reeiproken speeifischen Gas-
li Sajotschcwsky, Beibl. 3. p. 741. 1879.
2) Der Imlf.x c bedeutet den Werth der betreffenden Grösse für den
kritischen Zustand, es ist // = p( R T, W - » — a, analog w » a - n.
Ana d. l-hji. u. Chero. N. F. XXXV 1. 13
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W. Jaefjtr.
volumen ist, das wir mit «0 bezeichnen wollen, so haben wir
die einfache Relation:
und da .t — a = W ist, folgt für letzteres:
Z
(Illb) W -
Da für niedere Temperaturen, in denen * gross ist,
a gegen dasselbe vernachlässigt werden kann so muss, wenn
die Dichte des Dampfes nicht unter die theoretische sinken
soll, die ßedingung gelten:
(IV) s=ks0 °der auch:
(IVa) Z^4.
Wir haben zu untersuchen, ob der Werth yon Z dieser
Bedingung genügt, oder ob daraus weitere Folgerungen ent-
springen.
Aus der von Clausius angegebenen Formel:
folgt, unter Beachtung, dass fVjto = eingeführt war, und
mit Berücksichtigung der Werthe von J7e und Wc\
(V) Z=4
worin ich IF/ nut x bezeichnet habe.
Für die kritische Temperatur ist, da2) hier A = 0, *=1.
& = 1 sind: Z= 1.
1) Z. B. ist fttr Aether a = 0,0011 . . und ftir —20° C. » = 3,18 cbm,
bei Wasser ist das Verhältnis» noch viel günstiger.
2) Dass für die kritische Temperatur # = 1 etc. ist, lässt sich kurz
so zeigen: Aus Gleichung I. p. 192 wird durch Einfuhrung der anderen
Buchstaben für die kritische Temperatur:
1 27r
da aber Üc - l/8y, Wc = 2r ist, folgt & = 1.
Ebenso wegen trf = Wc = 2r aus Jf = itw*, dass i. = 0 ist, r =* 1
ist selbstverständlich wegen TF*» JPC für den kritischen Zustand.
d by Googl
Schallyeschwindiykeit in Dämpfen. 195
Für kleine Werthe von & dagegen nähert sich er1 und
1/x, da a und x unendlich werden, der Null; ebenso auch
die Grösse **/x8, wie folgende Werthe derselben zeigen:
#«0,25 . . . *\x* « 0,0S78
» - 0,20 . . . v = 0,044.
Daher nähert sich in der That Z für immer kleiner
werdende & der Grenze 4, während es bei & = 1 den
Werth 1 hat.
Somit ist obige Bedingung Z^4 immer erfüllt, und die
aus dieser Gleichung von Clausius berechnete Dichte kann
oie kleiner werden als die theoretische.
Es muss also in den Angaben oder Berechnungen von
Clausius für s irgendwo ein Fehler stecken, den ich auch
durch Nachrechnen gefunden zu haben glaube.
Bilden wir nämlich aus den von Clausius fur den
Aetherdampf von — 20° angeführten Grössen * 3,182 und
P= 0,0881 den Werth von Z, so finden wir ihn zu 4,003,
also grösser als 4, was nach der Beschaffenheit von Z, wie
wir gesehen haben, nicht möglich ist
Es ergibt sich weiter der Werth von & für diese Tem-
peratur aus den angegebenen Constanten a, b, n zu & =s 0,34890
und, wie sich herausgestellt hat, liefert derselbe bei gerad-
liniger Interpolation aus der Tabelle von Clausius den
oben angegebenen Werth s. Die Werthe von (77/77c) und
[Wj fVe) ändern sich aber, besonders für kleine viel zu
rasch, um für unsere Zwecke eine geradlinige Interpolation
zu gestatten, daher sind beide fehlerhaft und ihr in Frage
kommendes Produkt erst recht.
Schärfere Berechnungsweise der Dichte.
Aus den vorhergehenden Betrachtungen ergibt sich ein
einfacher Weg, um mit Hülfe der Grösse Z die Dichte
direct zu erhalten.
Aus der Relation (III.) (* — = Z/4 erhalten wir
für die relative Dichte des gesättigten Dampfes (d,):
13*
Digitized by Google
1015
fV. Jaeyer.
worin da wieder die relative Dichte im vollkommenen Gas-
zustand bezeichnet.
Wegen: s0 = 1/77 = 8; /(77/ /7C)
können wir dies auch schreiben:
Das zweite Glied der Klammer ist ein Maximum fur
£ = 1 (kritische Temperatur), und wir erhalten dann:
Für Aether ist der Klammerwerth 0,32835 und daher
für die kritische Temperatur:
d, = 3,046 d0.
Für niedrige Temperaturen (kleine ft) ist dagegen das
zweite Glied verschwindend klein und Z=4, somit:
d9 — dg»
Um nach obenstehender Formel d, leicht berechnen zu
können, muss man aber für Z = (77/ //«.)( IV j fVc) ebensolche
Tabelle besitzen, wie sie Clausius für (/7 7/c) und (fV! Wc)
aufgestellt hat.
Eine solche Tabelle habe ich nach der früher für Z
aufgestellten Formel (V) berechnet, wobei ich die Werthe
r = ( JK/ f J«) der Tabelle von Clausius entnahm.1)
Die Tabelle für Z (man findet sie am Ende dieser Ab-
handlung) ist ebenso wie die Tabelle von Clausius ganz
allgemein giltig und gestattet eine bequeme Berechnung
von dt. Man findet noch die Differenzen ä in derselben
angegeben und kann erkennen, dass die zweiten Differenzen
eine Zeit lang constant bleiben.
Mit Hülfe dieser Tabelle habe ich im folgenden zunächst
für Aetherdampf d9 und s nach den Formeln III» und VIft
bis zur kritischen Temperatur (190°) berechnet.*)
i
1) Nur für i> = 0,8 bis & = 1 habe ich die als Produkt JljUc) ( W( Wc)
berechneten Werthe beibehalten, da sie regelmässige Differenzen liefertet).
2) Die hier für die Dichte des Aetherdampfes erhaltenen Zahlen
sind durchweg bedeutend grösser, als die von Winkelmann nach seiner
neuen Formel für die Verdampfung* warme brechneten (siehe p. 186).
ized by Googl
Schallgeschwindigkeit in Dämpfen. 197
Tabelle IX. * und d, für Aetherdampf.
Nach neuer Berechnung.
1 <! J
t°
<*.
-20
0
20
40
60
80
3,161
1,2305
0,5542
0,2784
0,1523
0,08869
2,5732
2,5895
2,6182
2,6644
2,7336
i 2,8341
100
120
140
160
180
190
0,05412
0,03405
0,02174
0,01373
0,008008
0,004558
2,9771
8,1839
3,4928
4,0018
5,1016
7,7974
Dichte im Gaszustand d0 « 2,5604.
Figur 3 zeigt die Curve für d, nach Tabelle IX und
deren Anwachsen mit der Temperatur bis zum kritischen
Punkt.
Fig. 3.
Krlt. Temp.
i— ^ 1 1 1 -.
O 40 90 120 1«» 200« C.
RelAtlT« nicht« dw Atiherdampfw.
Für den Wasserdampf ist unter Annahme des kritischen
Zustandes, den Clausius als den wahrscheinlichsten berech-
net hat, ajSy = 0,003 668, und für die grösste erreichte Dichte,
nämlich die im kritischen Zustand, ist dann:
£ = 3,4882.
o
Die Berechnung von s und d, nach den angeführten
Formeln liefert Werthe, die nur wenig von den von Clau-
sius angegebenen sich unterscheiden, und führe ich sie daher
hier nicht an. Gegen die von Winkelmann berechneten
Werthe d, sind jedoch die hier erhaltenen zu klein, und da
sich diese Berechnung auf einen nur hypothetischen kriti-
schen Zustand stützt, so werden wir beim Wasserdampf den
19S
IV. Jaeger.
nach Winkelmann's neuer Formel berechneten Zahlen
den Vorzug geben dürfen.
Alkoholdampf; Berechnung der Constanten.
Der Alkoholdampi, iür den Clausius die Constanten
der Zustandsgieichung nicht bestimmt hat, ist in Bezug auf
seinen kritischen Zustand von Saj otsche wsky l) und Han-
nay*) untersucht.
Ersterer fand:
Unter Zugrundelegung der bekannten Drucke (Reg-
naul t) fur die Temperaturen 0°, 78,3° (Siedepunkt) und
234,3° (kritische Temperatur) berechnete ich nach beiden An-
gaben für den kritischen Zustand die Constanten a, b, n der
Temperaturfunction, erhielt aber, auch bei strenger Inter-
polation aller Werthe, für die Spannungen keine Curve, die
sich der beobachteten genügend anschloss.9)
Es scheint, dass sich die von Clausius gewählte Tem-
peraturfunction (Gleichung II) nicht genügend den Beobach-
tungen anpassen lasst, und wäre es eigentlich nöthig, eine
andere Function aufzusuchen, die unsere Forderung in besse-
rer Weise erfüllt.
Da wir aber damit nur erreichen würden, dass sich die
berechneten P den beobachteten möglichst nähern, so können
wir einstweilen die beobachteten Werthe P selbst zur Be-
rechnung der Dichte mit Zuhülfenahme der kritischen Tem-
peratur verwenden.
Wir müssen noch die übrigen Constanten af ß1 y der
Gleichung (I0) berechnen, da sie in der Formel für d, vor-
kommen. Die für den Gaszustand angenommene Dichte ist
J0= 1,5930, sodass wir haben:
1) Sajotachewsky, Beibl. 3. p. 742. 1879.
2) Hannay, Proc. Roy. Soc. 30. p. 478. 1880.
3) Die genaueren Angaben hierüber in meiner Diasertation.
Pc = 62,1 Atm,
Pc = 64.5 Atm.
Digitized by Google
Schallgeschwindigkeit in Dämpfen.
19^
Hieraus folgt weiter:
IL
29^273 »)
1,593
= 18,378.
RT,
«8,834
und wegen //c= 1/8 y:^ = 0,001 8160.
Die Constante a ergebt sich aus u = a — w, und für rr
sind die Angaben von Mendelej eff*) über das specitiacbe
Gewicht des Alkohols benutzt; man erhält hieraus:
für O0..^ 0,001 240 32,
20°.. (7 = 0,001267 00.
Aus diesen beiden Zahlen und den zu 0° und 20° ge-
hörigen w findet sich a im Mittel zu:
« = 0,001057 9,
und daher wegen a -f ß = /:
/? = 0,000 7581.
Die in VI, für d, vorkommende Grösse a Hy beträgt
0,07282, sodass für die kritische Temperatur (/Z//7t = 1) das
Verhältniss der Dichten ist:
do
3.0977.
Mit Hülfe dieser Constanten habe ich die Dichte d, für
einige Temperaturen berechnet, und findet man in folgender
Zusammenstellung die aus den beobachteten Werthen von P
berechneten neben den aus der Temperaturfunction abgelei-
teten aufgeführt
Tabelle X. Relative Dichte des Alkoholdampfes (d,)
nach verschiedenen Berechnungsweisen.
1
40 60 80 100
120
140
155 ! 234,3
■
Aus 1,59421,5964 1,6016 1,6117
m Beob. P 1,5942 1,5963 1,6014| 1,61 14
1,6296 1,6588 1,7042 1,7728
1,6296 1,0594 1,70501,7719
1,8400
4,9347
4,9347
0 0,000l!0,0002;0,0003 0 1-0,00061-0,0008,0,0009 — !
(Dichte im Gaszustand rf0 = 1,5930 angenommen.
1) Berechnet aus der absoluten Dichte 1,2930 der Luft bei 0°
und 760 mm.
2) Mendelejeff, Pogg. Ann. 188. p. 250. 1869.
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200
h\ Jaeger.
Man erkennt hieraus, dass die Wahl der Temperatur -
function & für die Bestimmung von d, fast ohne Einfluss ist,
und dass man berechtigt ist, letzteres aus den beobachteten
P direct ohne Ermittelung der Constanten a, b und n zu
berechnen.
Dichte der gesättigten Dämpfe nach experimentellen
Bestimmungen. v
Einige experimentelle Bestimmungen der Dampfdichte
und darauf basirende empirische Formeln möchte ich noch
mit den vorangehenden Berechnungen vergleichen.
Die schönen Untersuchungen von Fair b aim und Tate
über die Dichte des gesättigten Wasserdampfes 1), auf Grund
deren jene auch eine empirische Formel für das Volumen
desselben als Function des Druckes aufgestellt haben, stim-
men, wie Clausius*) bereits nachgewiesen hat, in recht be-
friedigender Weise mit den aus der mechanischen W&rme-
theorie berechneten Werthen und sind eine gute Bestätigung
derselben. Es sei mir daher erspart, hier eine nochmalige
Vergleichung mit den aus der Verdampfungswärme für d,
berechneten Zahlen anzustellen, und ziehe ich es vor, die
letzteren nach dieser strengen, aus der Wärmetheorie
folgenden Relation zu berechnen, als nach einer empirischen
Formel.
Doch will ich noch die von Hrn. Herwig8) für die re-
lative Dichte aufgestellte, sehr bequeme Formel anführen,
die sehr bedeutend von allen übrigen abweicht, und die er
aus seinen Untersuchungen über das Verhalten der Dämpfe
von Alkohol, Chloroform, Schwefelkohlenstoff, Aether und
Wasser ableitet.
Für alle diese Dämpfe soll nach seinen Untersuchungen
die relative Dichte proportional der Wurzel aus der abso-
luten Temperatur anwachsen. In unserer Schreibweise lautet
die von ihm aufgestellte Formel:
1) Fairbairn u. Täte, Phü. Mag. 21. (4). p. 231. 1861.
2) ClausiiiB, Mech. Wärmetheorie I. 159.
3) Herwig, Pogg. Ann. 187. p. 19 u. 592. 1869.
zed by Googl
/ v nr :^J,i ^
Schallgeschwindigkeit in Dampfvul - ^ ' *
^ a 0,0595 /Y\ (71 = absol. Temp?),
und gilt diese Gleichung bis 100°. Da ferner die rechte Seite
for T<(273 + 9)° kleiner als 1 wird (also auch d,<d0), so
kann sie nur bis 9° abwärts gelten. Die Gleichung wäre
wirklich recht bequem zur Berechnung von d„ und hat auch
Hr. Beyme in seiner Dissertation diese Formel angewandt,
doch ist sie mir gerade ihrer so grossen Einfachheit wegen
unwahrscheinlich.
Denn es ist doch jedenfalls sehr auffallend, dass die
Natur des Dampfes ohne Einfluss auf d,Jd0 sein soll, und
letzteres Verhältniss vielmehr nur eine Temperaturfunction
darstellt Auch sind die nach obiger Formel erhaltenen Zah-
len meistens viel grösser, als die nach anderen Berechnungen
erhaltenen. Es könnte dies vielleicht daher kommen, dass
Hr. Herwig seine Versuche in zu kleinem Maassstabe aus-
geführt hat, und das Volumen durch die Attraction der Wände
zu klein ausgefallen ist Hr. Herwig scheint von der Rich-
tigkeit und Zuverlässigkeit seiner Beobachtungen aber ziem-
lich überzeugt zu sein, da er p. 610 ausspricht: »Der allge-
mein angenommene Werth fur die Dichte des reinen gesät-
tigten Wasserdampfes bei 100°, nämlich 0,645, scheint auf
alle Fälle, selbst wenn man an der Relation PVjp^
= 0,0595]/ a + t für Wasserdampf zwischen 40 und 95° Zwei-
fel liegen sollte, zu klein gegriffen."
Auch bezeichnet er die Methode von Fairbairn und
Täte wegen ungenauer Temperaturbestimmung etc. als un-
correct. Doch konnte ich mich von der Richtigkeit aller sei-
ner Behauptungen nicht in dem Maasse überzeugen, dass
ich mich für berechtigt gehalten hätte, jene so einfache
Formel zur Berechnung von d9 anzuwenden. Anderenfalls
wären hierdurch viele umständliche Berechnungen erspart ge-
blieben.
In folgender Zusammenstellung habe ich die aus Her-
wig's Relation berechneten Werth« d,jd0 mit den Zahlen
verglichen, wie sie aus den früheren Betrachtungen abzuleiten
sind, und kann man besonders bei einer graphischen Dar-
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202 H . Joeger.
Stellung erkennen, wie sehr der Charakter dieser Curve nach
Herwig von allen übrigen abweicht.
Tabelle XI. dJda nach verschiedenen Berechnungsweisen.
r ~ ; o
20
40
60 80
100
Herwig für alle Dämpfe •'(0,9831)
Aus der Zustande- (Aether 1,011
gleichung | Alkohol 1,001
von Clausius (Walser 1,000
Wasserdampf nach Win- „
kelmann —
1,018 ! 1,053 1,086 1,118 1,149
1,023 1,041 1,068 1,107 1 1,163
1,002 l,d06 1,012 1,023 1 1,042
1,000 1,001 1,003 1,007 1 1,013
1 1
- 1,020 1,029
Nach diesen Untersuchungen habe ich mich nun ent-
schlossen, für Aether- und Alkoholdampf als das relativ
sicherste die im Vorhergehenden entwickelte Methode der i
Berechnung auf Grund der Gleichung von Clausius anzu- I
wenden, dagegen beim Wasserdampf, wie erwähnt, die von
Winkelmann verbesserte Formel für die Verdampfungs- I
wärme in der Gleichung * - a = rjAT.ißpjdT) zu benutzen.
Ueherhitzte Dämpfe.
Alle bisherigen Betrachtungen beziehen sich auf gesät-
tigten Dampt, und es ist noting, nun auch den überhitzten
Zustand zu betrachten, für den die Bestimmung der Dichte
fast noch unsicherer erscheint, als bei dem gesättigten
Dampf. Die anfangs dieses Abschnitts erwähnte Berech-
nungsweise von Zeuner, die sich auf das Gesetz von Hirn
stützt, ist wie dieses selbst nur angenähert richtig. Da
ausserdem noch die Berechnung ziemlich umständlich ist, so
habe ich auch hier die von Clausius gegebene Zustands-
gieichung benutzt Durch Kenntniss der Function & kann
man bis zum kritischen Punkt jede Isotherme* nach der
Gleichung (I0) berechnen.
Wird mit Clausius zur Abkürzung gesetzt Q =» 8fr/21y,
so liefert die danach umgeformte Gleichung:
für v eine Curve dritten Grades. Doch kommt man für
unsere Zwecke mit einer Gleichung zweiten Grades, in den
meisten Fällen sogar mit einer linearen aus.
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Schallgeschwindigkeit in Dämpfen. 203
Es sei, wie. früher, das specifische Volumen des Dampfes
(Volumen von 1 kg) im gesättigten, überhitzten und Gaszu-
stand bezeichnet mit v$f v und vQ. Dem analog die relativen
Dichten mit dty d, d„, und eine Grösse « für dieselben drei
Zustande mit e und t0. Die letztere soll definirt sein
durch:
| v, = v0(\ — **) und v « t?0(l — «)t
| resp. d = j [l-t.) » ~d~ ^ — «)•
(Vergleiche hierzu Gleichung VI».)
Durch Kenntniss der Grössen e, und «, die sich zwischen
den Grenzen 0 und ungefähr 2/3 bewegen1), ist auch das
specifische Volumen und die Dichte bekannt.
Da wir nach unserer Bezeichnung zu setzen haben:
(viii) fr-*-,
so lässt sich die Gleichung (Ib) auch so schreiben:
(i.) i= 1 „ - 1 - rv-
Hierin sind ajv0 und ßjv01 wie auch €, klein für nicht
zu grosse Dichten.
Berücksichtigen wir nur die erste Potenz von «, so er-
halten wir, wenn wir diesen Werth «' nennen:
(IX)
Dagegen mit Berücksichtigung der zweiten Potenz:
2
oder abgekürzt:
1) Siebe die Wertbe d,jd<, im kritischen Zustand bei Aether-, Was-
ser- und Alkoholdampf, p. 196 etc.
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204
In den später zu berechnenden Fallen kann man fast
immer e = t setzen.
Bezeichnen wir v0 und ;> für den Sättigungszustand des
Dampfes mit vot und p,, so ist zu setzen:
>
Vo = f
worin dann der wirklich vorhandene Druck, und p, der
Sättigungsdruck für die betreffende Temperatur ist.
Daher ist e für kleine pjp, — also starke Ueberhitzung
— angenähert:
(IX.)
nach Gl. (IX), weil dann v0 sehr gross und e an und für
sich schon klein wird. Ebenso wäre für starke Ueberhitzung:
™ W{'-*£}'
worin dann t, durch die früher berechneten Werthe d, be-
kannt ist.
Formel für die Schallgeschwindigkeit der Dämpfe.
Man könnte sich versucht fühlen, die nach dem Vorigen
berechnete Dichte d, resp. d, in die Formel für die Schall-
geschwindigkeit:
(X) "-l/**;*
einzuführen, indem man statt der constanten Grösse <4 die
jedem Zustand entsprechende d setzt. Dies wäre nach dem
Vorhergehenden gleichbedeutend mit einer Veränderung der
Formel in:
(x.) ■f-j/^^-yr- «.
Da die Formel (X) aber unter der Voraussetzung
pv sa ÄT aus der allgemeineren:
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Scliallgeschwindiyketi in Dämpfen. 205
abgeleitet ist, so wird man hierzu nicht berechtigt sein.1)
Vielmehr werden wir suchen müssen, auch dpjdg aus einer
der Wirklichkeit mehr sich nähernden Gleichung zwischen j>
und v abzuleiten. Als eine solche haben wir aber die von
Clausius angegebene kennen gelernt
Der Differentialquotient dpjdg gilt bei den Schallbewe-
gungen für adiabatische Aenderungen und wird nach der von
Clausius eingeführten Schreibweise bezeichnet mit d,p!d(),
wobei der Index s die Constanz der Entropie ausdrücken soll;
analog ist der für die isothermische Aenderung geltende*
Differentialquotient dxpjdg.
Nach den allgemeinen, für jeden homogeneu Körper gel-
tenden Differentialgleichungen zwischen Wärmezufuhr, Druck
und Volumen folgt bei Nullsetzung der ersteren:
(XII) ^ = *^ oder auch V -*'/'•
' ÖQ Oü do
Für Gase ergibt sich hieraus wegen po = RT bekannt-
lich örpfdg = pjo = BT; bei Dämpfen aber, bei denen die
Isotherme keine gleichseitige Hyperbel ist, kann man aus
der Zustandsgieichung (Ib) ebenfalls dTpjdQ bilden, indem
man in derselben T — somit auch & — constant setzt.
Man erhält dann, unter Beachtung, dass v=ljQ ist:
t'-V"
und ferner die Schallgeschwindigkeit:
(Xiii) ^ = flr
RT, I 1 2
Die zweite Wurzel steht also statt Vi — « in (Xa),
and wir wollen diese Grösse den Reductionsfactor auf gleiche
Dichte nennen, da er die durch die Dichte bewirkte Aen-
derung der Schallgeschwindigkeit fortschafft und nur noch
den Einfluss von k übrig läset. Er soll mit N bezeichnet
werden. '
1) Hr Beyme hat in semer öfter erwähnten Schrift seine Resultate
auf diese Weise berechnet, indem er in (X) statt d0 das au.« Herwig' s
Relation abgeleitete da einführt.
206
W. Jaeger.
Man kann dann denselben, da ajv und ßjv kleine
Grössen sind, auch schreiben:
(XV) A^j/V-fg-^^gj,
worin fast immer 6 ß / 0 v* zu vernachlässigen ist. Da
v = vc (1 — e) ist, haben wir dann:
(xv.) A=|/i-ro7_-7(X-^j.
Vergleicht man das zweite Glied unter dem Wurzel-
zeichen mit dem früher (IX) für e aufgestellten Ausdruck,
so findet man, dass, unter Vernachlässigung von 2ßjt>01
2j0vo und € gegen 1, dasselbe gleich 2«' wird, oder ange-
nähert auch gleich 2«; sodass wir N angenähert setzen
können:
N=Y\ - 2e.
Nennen wir deshalb zur Abkürzung:
(XVI, „^-j^-.j,
so ist N genauer:
(XVb) N-V\~-2'v
und also die Schallgeschwindigkeit, wenn wir Vg(R' T)jdc
mit u0 bezeichnen:
(Xiv.) u.vi'-~2,t.
Die Rechnung hat ergeben, dass meistens tj fast genau
gleich g ist, sodass wir mit ziemlich grosser Annäherung
iV—Vl --2« setzen können und ebenso:
(XIVb) ii = M0l/r-2e,
während wir bei blosser Vertauschung von d mit d. in der
Schallgeschwindigkeitsformel u = u0 ]/l — « hatten.
Dies einigermassen auffallende Ergebniss wird durch
folgende allgemeine Betrachtung bestätigt.
Setzen wir in der Mario tte'schen Gleichung statt des
für den Gaszustand geltenden Volumens v0 dasjenige des
Dampfes v v0 (1 — «), so erhalten wir:
(XVII) pv= RT(\ - «)
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Schallgeschwindigkeit in Dämpfen. 207
statt der gewöhnlichen für Gase geltenden Formel. Es ist
hierbei einerlei, durch welche Theorie oder empirische
Formel e gewonnen ist; dasselbe ist bekannt, wenn die
Dichte des Dampfes ermittelt war.
Bei der Differentiation dieser Gleichung XVII nach v.
resp. o (bei constanter Temperatur) müssen wir aber be-
achten, dass auch « von diesen Grössen abhängt.
Wir erhalten so ganz allgemein:
(xvn.) £-*:r(i -. + .£),
»ähreod wir für ein constantes e bekommen:
(xvnb) jr' = 5r(i-«).
Nun ist aber « so beschaffen, dass es bei immer grösser
werdender Ueberhitzung — also wachsendem w — oder ebenso
im Sättigungszustand bei abnehmender Temperatur selbst
kleiner wird und sich schliesslich der Null nähert. Wir
können daher annehmen: t « A/v, wo A eine Constante ist.1)
Wir erhalten dann:
sodass unsere Gleichung XVII» nun lautet:
(XVII«) 6^ = RT{\ -2«),
wahrend man, wie gesagt, bei Annahme eines constanten c
die Gleichung (XVHb) dp /dg - RT (1 - e) erhalt.
Das Verfahren der einfachen Substitution der
Dichte des Dampfes in die Schallgeschwindigkeits-
formel statt derjenigen im Gaszustand ist also
entschieden unrichtig. Viel richtiger ist es schon,
statt Vi — e, wie es hierbei geschieht, YT— 2« als Reduc-
tionsfactor anzuwenden.
Weiterhin erhalten wir bei Bezeichnung der für Luft
geltenden Grössen mit gestrichelten Buchstaben:
1) Nach der Gleichung ron CI au sins iat angenähert « =
(TgL IX ».
208
W . Jaet/er
(XVIII) A = 4 = | |.£.JV=|/*.^Vl-2,.
Durch Division mit AT fällt der Einfluss der ver-
änderlichen Dichte auf u/u heraus, und wenn wir dann
1 / N.uju — u0ju schreiben, so ist endlich:
Mit Hülle der in diesem Abschnitt und in dem über
die Dichte der Dämpfe entwickelten Gleichungen habe ich
nun im Folgenden die Berechnung der vorliegenden Beob-
achtungen ausgeführt.
III. Berechnung der Beobachtungen.
Ausser meinen eigenen Versuchen habe ich noch die be-
reits angeführten, von Hrn. Beyme für gesättigten Dampf
von 35° und von Mas son für 35,5° gefundenen Zahlen be-
rechnet. Die für 20,5° von Hrn. Beyme angegebene Schall-
geschwindigkeit stimmt mit unserem Resultat bei derselben
Temperatur so vollständig tiberein, dass eine gesonderte Be-
rechnung derselben unnöthig ist.
Wie ich in meiner Dissertation ausführlicher nachge-
wiesen habe, liefern die nach den verschiedenen Formeln IX,
IXb und IX« berechneten « so übereinstimmende Werthe für
die relative Dichte (nur bis circa 2/10°/00 unterschieden), dass
man bei den benutzten Temperaturen die Dichte des unge-
sättigten Dampfes nach der angenäherten Formel 1 jd
— l/</0(l — e,plp,) berechnen darf. Die Benutzung der Grösse
« statt // in der Formel (XVb) für den Reductionsfactor A"
bringt dagegen eine Ungenauigkeit bis etwa V3 Proc. mit
sich, weshalb ich hier den genaueren Werth benutzt habe.
In der folgenden Tabelle ist t die Temperatur des
Dampfes, pjp, sein Sättigungsgrad, d seine relative Dichte,
uju die relativen Schallgeschwindigkeiten, («/«'). 1/A7 die auf
gleiche Dichte reducirte Schallgeschwindigkeit und k das
daraus berechnete Verhältniss der specifischen Wärmen.
Dabei ist d(l zu 2,5604 und l< (für Luft) zu 1,410 angenom-
(XIX)
d by Google
Schallgeschwindigkeit in Dämpfen. 2<)9
men.1) Die mit bezeichneten Wertbe erhält man, wenn
bei der Berechnung die Dichte des Dampfes in die gewöhn-
liche, für den Gaszustand geltende Formel eingesetzt wird.
Wie man sieht, sind die aus unseren Versuchen berechneten
Wertbe von k für die verschiedenen Zustande des Dampfes
füst ganz gleich, während die (A,) noch über 1 Proc. Unter-
schiede zeigen.
Tabelle XII.
Aetherdampf, Wer the von r/0'«' und h.
15 23 1 2,6240 0,5378 : 0,5514 1,097 1.070
2i— 31 20,4, 1 2,6189 ;* 0,5391 0,5516 1,098 1,073
•J0-25 20 0,4261 2,5847 0»PJ^_ 0,5511 1,<>96 1,08«
BiTvme 35 1 2.6523 0,5309 0,5504 1,094 1,054
Ma'^on 35,5 1 2,<5523 0,5382 0,557» 1,124 1,083
Die fur 35° nach Beyme's und Masson's Angaben
berechneten k sind sehr voneinander verschieden, und dass
dennoch in der Dissertation des ersteren das von ihm aus
seinem Versuch abgeleitete k 2) mit dem von Mass on als
Endresultat angegebenen übereinstimmt, liegt daran, dass
letzterer zur Berechnung die für den Gaszustand geltende
Dichte d0. Beyme hingegen die nach Her wig's Relation
(vor. Abschn.) gefundene angewandt hat.
Wie man sieht, stimmt der aus Beyme 's Versuch für
35° berechnete Werth k ebenfalls mit dem bei ca. 20° bei-
nahe vollständig überein, während der nacli Mas son bedeu*
tend grösser ist.
Die aus unseren Versuchen erhaltene Zahl für k ist das
Mittel der drei ersten Grössen io voriger Tabelle.
Nr. 15 Gesättigt bei 23° C. k = 1,097,
26-31 v r. 20,4 v C. it- = 1,098,
„ 20-25 Ueberhitzt „ 0»,20»_a_* =» 1,097
" Mittel = 1,U'.»73.
1) Die-cr Werth ffir V ist aus der Schallgeschwindigkeit in Luft
= 332,5 m abgeleitet.
2) Beyine'e Dissertation p. 39 Tabelle.
Ana. d Fhy». a. Clicm. X. F. XXXVl. 14
Digitized by Google
210
W. Jaeger.
Somit wire für Aetherdampf sowohl im gesättigten wie
im überhitzten Zustand bei ungefähr 20° C:
k = 1,097.
Ob dieser Werth auch noch bei 35° gilt, bleibt bei den
widersprechenden Versuchen von Mass on und Beyme noch
dahingestellt.
Alkoholdampf.
Es möge zunächst eine Zusammenstellung für die Dichte
des Dampfes bei zunehmender Abkühlung des Reservoirs fol-
gen. In diesem Beispiel ist die Temperatur des Dampfes
constant 50,9°; die beigefügten Temperaturen des Reservoirs
verschaffen die Kenntnis des Druckes p, unter welchem der
Dampf steht, während p, den Druck im Sättigungszustand
bei 50,0° C. bedeutet. Ausserdem ist noch der Sättigungsgrad
p/p, angegeben.
Tabelle XIII.
Relative Dichte des überhitzten Alkoholdampfes
in verschiedenen Sättigungsgraden.
Temperatur des Bades = 50,9° C.
Res.
Temp.
P
plp.
d
6
50,9°
229,52
1,6504
0,00808
37
114,30
0,4980
1,5968
402
30
78,52
0,3422
1,5968
276
20
44,46
0,1937
1,5949
157
10
0,1437
1,5942
116
0
12,70
0,0553
1,5931
045
-10
6,47
0,0282
1,5928
023
-20
3,34
0,0145
1,5926
012
•
1,5924
0
Sättigung
Ueber-
hitzter
Zustand
Gaszustand
Wie man sieht, ist bei 37 und 20° der Gaszustand bei-
nahe schon erreicht (Versuche Nr. 104 und 105); doch ist
die Berechnung für die genaue Dichte durchgefühlt.
Aus den Versuchen Nr. 106 — 110 mit gesättigtem Al-
koholdampf können wir noch vor der Berechnung das Mittel
nehmen, da die Temperatur bei diesen fast gleich ist.
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Schallgeschwindigkeit in Dämpfen. 211
Tab. XIV. Gesättigter Alkoholdampf bei 50,7° C.
Nr.
lub
107
109
110
Temp.
50,9*
51,4°
49,9°
50,6*
K/V
0,707»
0,7087
0,7062
0,7067
+ 04,
+ 18,
-06,
Mittel 50,7° j 0,7078, ±11,2
Wahrscheinlicher Fehler des Mittels 0,05 Proc, einer Beobachtung = 1°00.
Die folgende Tabelle gibt die Resultate der Rechnimg
für die früher mitgetheilten Versuche. Die Bedeutung der
Bachstaben ist dieselbe wie in Tab. XII.
Tabelle XV. Alkoholdampf. Werthe von ufu und k.
Nr.
PIP.
d
uju
u 1
u' N
k
77 47,7
78 48,5
79 48,6
0,6833 1,6038
0,8464 > 1,6042
0,9664 I 1,6043
1,6002
1,6024
1,6089
0,70H2
0,7078
0,7032
0,7097
0,7122
0,7083
Mittel
0,7101
1,132
1,125
104
105
51,0
| 50,9
0,2070
0,4980
1,6055
1,6054
1,5951
1,5988
0,7138
0,7126
0,7150
0,7155
•
»/ f
Mittel
0,7152
1,148
1,144
106-110
50,9
1
1,6054
1,6054
0,7074
0,7132
1,142
1,132
102
103
63,2
64,0
0,9567
0,9S69
1,6131
1,6137
1.6124
1,6136
0,7028
0,6931
0,7111
0,7023
»'
Msison 78,5 1
1,6282 1,6282
Mittel ; 0,7067
0,6925 ; 0,7090
1,121 1,106
1,125 i 1,101
"Mittelwerth . 7'| 1,133 f
Zunächst erkennt man aus dieser Tabelle jedenfalls, das»
die nach Formel (XIX) p. 208 berechneten Werthe k (vor-
letzte Spalte) viel weniger weit auseinander gehen, als die
dorch Einsetzen der Dichte in die gewöhnliche Schallge-
schwindigkeitsformel erhaltenen (ÄJ; die noch übrig bleibenden
Abweichungen können zum Theil in der Natur des Dampfes
begründet sein, zum grösseren Theil rühren sie aber wohl
von der mangelhaft bekannten Dichte des Alkoholdampfes her.
Man kann daher aus diesen Beobachtungen vorläufig
keinen weiteren Schluss auf die Veränderlichkeit von k mit
dem Zustand des Dampfes ziehen*, sondern man erhält nur
14*
212 W. Jaeger.
einen Mittelwerth A — 1,13, der in den Grenzen der Beob-
achtungen gültig ist.
Dasselbe gilt auch für den Wasserdampf, fur den die
Ergebnisse der Berechnung im Folgenden zusammengestellt
sind. Hierbei konnte nach den Erörterungen beim Aether-
dampf i als e,plp, berechnet werden. Die Dichte d0 ist zu
0,6231 angenommen, k' wie früher zu 1,410.
Tabelle XVI. Wasserdampf. Werthe von u0ju und h.
Nr.
plr. 1
ä 1
d
uju'
• . - .
124
125
168
Masaon
»2,8\;/
96,9 1 1
95
0,5275
0,5809
0,6995 !
1?
0,6386
0,6391
0,6399
0,6395
0,6312
0,6823
0,6848
0,6395? ,
1,196
1,193
1,212
1,204
\ 1,212
1,211
1,235
1,235
l,29i«
1,340
1,340
Mittel . . 1,33
Bei der grossen Schwierigkeit dieser Versuche, über-
haupt Staubfiguren zu erhalten, und der häufig eintretenden
Undichtigkeit des Apparates sind diese Zahlen nur als vor-
läufige zu betrachten.
Ebenso bleibt es vorbehalten, eine systematische Unter-
suchung dieser Dämpfe vorzunehmen, geordnet nach Tem-
peratur und Sättigungsgrad derselben, um so Curven für die
Werthe von k zu erhalten.
Es würde sich zunächst empfehlen, diese Untersuchung
mit Aetherdampf vorzunehmen, da hier die Versuche am
leichtesten gelingen, und auch die Grenzen, innerhalb deren
dieselben können vorgenommen werden, viel weitere sind, als
bei den anderen Dämpfen; man wird dann auch von diesem
Dampf auf das Verhalten der übrigen schliessen dürfen.
In diesem Sinne hoffe ich, die Arbeit demnächst weiter
führen zu können, doch wird es dazu nöthig sein, auch die
Dichte der Dampfe in den verschiedenen Zuständen experi-
mentell zu bestimmen.
Die für die drei untersuchten Dämpfe gefundenen Mittel-
werthe für das Verhältniss der specifischen Wärmen sind
also nach dem Vorhergehenden für:
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Schallgeschwindigkeit in Dämpfen.
213
| Aetherdampf (20*)
v Alkoholriampf . .
\ Wastterdampf . .
. . . . 1c = 1,097
....*« 1,133
■ . k ~ 1 ,33 •
Die nach anderen Methoden ermittelten Werthe von k
sind sehr verschieden angegeben. So ist z. B. für Aether-
dampf nach E. Wiedemann1) k = 1,078, nach Müller1)
1,029.
Doch will ich auf diese Bestimmungen hier nicht näher
eingehen.
Zum Schlüsse meiner Arbeit sei es mir gestattet, mei-
nem hochverehrten Lehrer, Hrn. Geheimrath Prof. v. Helm-
holtz, für seine vielseitige Unterstützung durch Rath und
That im Verlaufe dieser Arbeit, sowie fiir sein reges Inter-
esse an derselben meinen ehrerbietigen Dank auszusprechen.
Tabelle für Z = (/////<) (J#7 JP,).
Tabelle XVU zu p. 196.
0.20 4,0000
U,2l 3,9999
0,22 3,9998
0,23 3,9997
0,24, 3,9994
0r25 3,9991
0,26 3,9986
0.27 3,9979
u,28 3,9969
0,29 , 3,9956
0,30 3,9940
0,31 3,9920
0,32 3,9894!
0,33 3,9863
0,34 , 3,9827
0.35 : 8,9783'
0.36 3,97 32
0.37 3.9674
0,38 i 3,9608
0,39 3,9533
0.40 3,9449
1
1
1
3
3
5
7
10
13
16
20
26
81
36
44
51
58
66
75
84
.7
0,40
0,41
0,42
0,43
0,44
0,45
0,46
0,47
0,48
0,49
0,50
0,51
0,52
0,53
0,54
0,55
0,56
0,57
0,58
0,59
0,60 i
Z
3,9449
3,9355
3,9252
3,9138
3,9015
3,8882
3,8738
3,8583
3,8418
3,8243
3,8057
3,7860
3,7652
3,7433
3,7204
3,6964
3,6714
3,6453
3,6182
^,5899
3,5607
i
Z
\
93
103
114
123
133
144
155
165
175
186
197
208
, 219
229
240
250
261
271
288
292
0,60 ,
0,61 ,
0,62
0,63 I
0,64
0,65
0,66
<),67
0,68
0,69
0,70
0,71
0,72 '
0,73'
0,74
0,75
0,76
0,77
0,78
0,79
0,80
3,5607
3,5303
3,4990
3,4«. 66
3,4333
3,3989
3.3636
3,8272
3,2899
3,2515
3,2121
3,1717
3,1303
3,0878 ; ^
3,0443 '
2,9996
2,9539
2,9070
2,8591
2,8100
2,7596
304
313
324
383
344
353
364
373
384
394
404
415
42f>
447
i 457
1 469
479
491
504
0,80
0,81 i
0,82 i
0,83
0,84
0,85
0,86
0,87
0,88 '
0,89
0,90 i
0,91 ;
0,92
0,93
0,94
0,95
0,96
0,97
0,98 ;
0,99
1,00 I
Z
2,7596
2,7079
2,6550
2,6008
2,5450
2,4877
2 4288
2,3681
2,3054
2,2406
2,1733
2,1035
2,0304
1,9589
1,8730
1,7866
1,6931 i
1,5895 |
1,4708
1,3221
1,0000
517
529
542
558
573
589
607
627
648
673
698
731
765
809
864
935
1036
1178
1487
3221
Berlin, Physikal. Inst, Juni 1887.
1) E. Wiedemann, Wied. Anu. 2. p. 215. 1877.
2) Müller, Wied. Ann. 18. p. 94. 1883.
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214
R. Rmden.
IX. Ueber den Beginn der IAch tern ission-
gluliender Metalle; von II» Emden,
(Hiorgii Taf. II Flf. 9.)
Die Ansichten, welche man, gestützt auf eine Arbeit
von Draper1), über den Beginn der Lichtentwickelung glühen-
der Körper hegte, mussten sich infolge der Untersuchungen
der Herren Prof. Dr. H. F. Weber1) und Dr. Stenger»)
vollständig ändern. Der Grund dafür, dass sich die Resul-
tate der Arbeit von Draper so fest einbürgern konnten,
ohne dass die Versuche wiederholt wurden, ist wohl darin
zu suchen, dass sie sich den Anschauungen über Molecular-
und Aetherbewegung gut anzupassen schienen. Die neu-
erlangten Resultate gestatten keine Schlüsse in dieser Rich-
tung, denn sie beweisen vor allem, dass wir aus dem Gange
der beginnenden Lichtentwickelung weder schliessen können
auf das erste Auftreten einer Aetherschwingung von be-
stimmter Wellenlänge, noch auf die Vertheilung der Energie
im Emissionsspectrum, da man als Reagens für die auftreten-
den Lichtstrahlen das Auge benutzt, das erst beeinflusst wird,
nachdem die Energie einer bestimmten Strahlengattung einen
gewissen Schwellenwerth überschritten hat, der nach Unter-
suchungen von Ebert4) für Strahlen verschiedener Wellen-
länge sehr verschieden ist.
Nach Drap er beginnen alle festen Körper in dem
Augenblicke Licht auszusenden, wo sie die Temperatur von
525° erreichen. Es hat aber Hr, Prof. Weber gezeigt, dass
die Metalle schon bei einer Temperatur von ca. 400° (also
etwa 30 °/0 niedriger) auf unser Auge wirken, und dass schon
bei diesen sich optisch so ähnlich verhaltenden Körpern diese
Temperatur verschieden hoch liegt.
Nach Drap er erscheint ein Körper, der eben zu glühen
beginnt, dunkelroth, und sein Emissionsspectrum reicht von
der Linie B bis zur Linie b, um sich bei steigender
1) Draper, Phil. Mag. 30. 345. 1847.
2) Weber, Berl. Ber. 28. p. 491. 1887; Wied. Ann. 32, p. 256. 1887.
3) Stenger, Wied. Ann. 32. p. 271. 1887.
4) Ebert, Wied. Ann. 33. p. 13«. 1888.
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Lichtemission glühender Metalle.
215
Temperatur in wesentlich einseitiger Richtung zu ent-
wickeln, sodass der glühende Körper allmählich alle die
Farben zeigt, wie man sie noch in allen Lehrbüchern der
Physik und Spectralanalyse beschrieben findet. Die neue-
ren Untersuchungen zeigen aber, dass diese Erscheinung
bei exacter Beobachtung ganz anders verläuft. Das Glühen
der Körper beginnt mit der Aussendung eines eigentüm-
lichen Lichts, dessen Charakter nach Farbe und Hellig-
keit von Hrn. Prof. Weber sehr treffend durch „gespenster-
graues" oder „düsternebelgraues" Licht bezeichnet wird.
Bei steigender Temperatur wird dies erste, düsterste Grau
immer heller, wird hellgrau, dann leicht gelblichgrau, bis die
eigentliche Rothgluth, beginnend mit dem lichtesten Feuer-
roth, eintritt. Die weitere Farbenfjlge ist hellroth, orange,
gelb und weiss. Das erste Grau erweist sich als Licht von
der Wellenlänge der grüngelben Strahlen des Spectrums. Das
Spectrum der eben zu glühen beginnenden Körper besteht
aus einem grauen Streifen an der Stelle, wo bei steigender
Temperatur die grüngelben Strahlen zum Vorschein kommen;
und mit steigender Temperatur entwickelt sich das Spectrum
nach beiden Seiten. Das Auftreten dieses düstersten Graues,
durch welches bei steigender Temperatur eines Körpers unser
Auge zuerst beeinflusst wird, muss deshalb als der Beginn der
Lichtentwickelung, des Glühens eines heissen Körpers be-
zeichnet werden. Ich bin Hrn. Prof. Weber sehr dankbar
dafür, dass er mich veranlasste, die Temperatur der eben
eintretenden Graugluth für eine Reihe von Metallen mit
möglichster Genauigkeit zu bestimmen, da die Kenntniss
dieser Daten für eine Theorie der Strahlung von Wichtig-
keit sein kann.
Ich benutzte den sehr zweckmässigen, schon von Hrn. Prof.
Weber angewandten und wie folgt beschriebenen Apparat:
Ueber die Flamme eines Bunsenbrenners wird ein Trichter
aus Kupferblech gestülpt, dessen obere, etwa 4 cm weite Oeff-
nung mit einer in einen Messingring gespannten dünnen Lamelle
aus Platin, Gold u. 8. w. verschlossen ist Kurz unter der
aufgesetzten Lamelle trägt der Trichter ein seitlich ange-
setztes, senkrecht zur Trichteraxe verlaufendes Rohr, das die
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216
R. Emden.
Yerbrennungsgase nach aussen zu führen hat Der Trichter
wird so gestellt, dass die Flamme des Brenners in der Axe
des Trichters aufsteigt; seine Höhe ist so bemessen, dass
sein Mantel das schwache Licht des Brenners vollständig
nach aussen absperrt. Auf diesen ersten Trichter ist ein
zweiter, gleich grosser, inwendig geschwärzter Trichter aus
Kupferblech in umgekehrter Stellung so aufgesetzt, dass die
Axen der beiden Trichter in dieselbe Gerade fallen und die
Lamelle aus Platin, Gold u. 8. w. den Bodenverschluss des
oberen Trichters bildet. Beugt sich das Gesicht des Be-
obachters in die Oeftnung des oberen Trichters, so sieht es,
solange die Lamelle nicht glüht, im Dunkelzimmer und bei
Nacht ein absolut dunkies Gesichtsfeld vor sich. Wird durch
langsame Regulirung des Gas- und Luftzuflusses zum Brenner
die Lamellentemperatur allmählich gesteigert, so tritt ein
Moment ein, wo das in die Tiefe des Trichters blickende
Auge in der Mitte der Lamelle einen kleinen kreisförmig
begrenzten Lichtfleck gewahrt, der ein äusserst schwaches,
düsternebelgraues oder fahlaschgraues Licht aussendet, das
in der Mitte des Fleckes etwas heller leuchtet, als in der
Nähe des verwachsenen Randes. Dieser düsternebelgraue
Fleck auf schwarzem Untergrunde macht dem Beobachter
vollständig den Eindruck eines äusserst schwach leuchtenden
Nebelfleckes auf dunkelstem Nachthimmel. Meist erscheint
diese erste Spur von Licht etwas hin und her bewegt und
bald aus der Lamelle hervorbrechend, bald im Dunkel des
Gesichtsfeldes verschwindend, eine Erscheinung, die offenbar
durch die kleinen unvermeidlichen örtlichen und zeitlichen
Schwankungen der Temperatur der Lamellenmitte bedingt
ist. Die Metalle wurden in dünnen Lamellen von ungefähr
0,05 bis 0,1 mm Dicke angewandt.
Die Temperaturen dieser Lamellen wurden mittelst Ther-
moelementen gemessen, die bei sorgfältiger Handhabung ein
ebenso bequemes, als genaues Messinstrument sind. Die
Temperaturen, die hier zu messen waren, lagen bei ungefähr
400°, und es war deshalb, wollte man eine Genauigkeit von
ca. 1 °/o erlangen, aus gleich anzuführenden Gründen eine
längere Voruntersuchung über Thermoelemente nöthig.
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Lichte mission ylükender Mef/ille.
217
Es ist bekannt, dass man a priori weder über electro-
motorische Kraft eines Thermoelements, noch über ihren
Verlauf mit der Temperatur etwas bestimmtes aussagen kann ;
die Constanten eines jeden Elements müssen empirisch durch
Calibrirung gefunden werden. Hat man es mit der Bestim-
mung nur niederer Temperaturen zu thun, bis zu welchen,
oder über welche hinaus man noch calibriren kann, so stehen
ihrer Messung keine weiteren Schwierigkeiten im Wege. Bis
zn Temperaturen von etwa 250° können mit Hülfe von heissen
Leinölbädern und Quecksilberthermoraetern, die vorher mit
dem Luftthermometer verglichen wurden, Thermoelemente
verhältnissmässig einfach auf ihren Gang geprüft werden.
Noch höhere Temperaturen zu diesem Zwecke mit genügen-
der Genauigkeit herzustellen, ist aber schon sehr schwierig,
und hat man es, wie es hier der Fall war, mit Temperaturen
in der Nähe von 400° zu thun, so ist man wohl oder übel
auf eine Extrapolation angewiesen. Soll eine solche aber
mit genügender Sicherheit ausgeführt werden, so wird man
sich möglichst genaue Kenntniss von dem Verlaufe der
electromotorischen Kraft der Thermoelemente im allgemeinen
verschaffen müssen. Eine ganze Reihe von Aibeiten, haupt-
sächlich diejenigen von Avenarius, Gaugain1), Draper
und Tait haben gezeigt, dass die Curven, welche die electro-
motorische Kraft der Elemente als Function der Temperatur
darstellen, Parabeln sind, und Theorien von Clausius und
Thomson sind hiermit in Uebereinstimmung. Es sind
ferner im hiesigen Laboratorium früher zahlreiche Versuche
angestellt worden an Elementen, bei denen diese Curve
möglichst stark gekrümmt war, der Wendepunkt also bei
verhältnissmässig niederen Temperaturen liegt; und es hatte
sich auch hier herausgestellt, dass sowohl der aufsteigende
wie der absteigende Ast der Curve sich analytisch durch
die nämliche Parabelgleichung ausdrücken liessen. Stellen
wir allgemein die Abhängigkeit der thermoelectrischen Kraft
1) Gaugain hat diese Curven als Hyperbeln mit verde« ler Axe
dargestellt; sie lassen sich jedoch ebenso genau durch die ParabH-
gleichung ausdrücken.
Digitized by Google
218
R. Emden.
von der Temperatur durch eine Gleichung dar, von der
Form:
E=at + bt2 + ct:i + dti + ,
so wird es dadurch äusserst wahrscheinlich, dass nicht nur
in dem Beobachtungsintervall, sondern darüber hinaus die
Glieder mit den Constanten c und d . . . nur verschwindend
kleinen oder überhaupt keinen Einfluss haben werden. Um
aber bei dieser Extrapolation möglichst sicher zu gehen,
stellte ich mir die Aufgabe, aus den mir zur Verfügung
stehenden Drahtsorten diejenige Combination auszusuchen,
bei welcher die Constante b den kleinsten Werth hat, von
der Ueberlegung ausgehend, dass die jedenfalls für das
Beobachtungsintervall von 0° bis 250° sich nicht bemerkbar
machenden Constanten c, d u. s. w. auch später, wenn sie,
was nicht wahrscheinlich, überhaupt vorhanden, um so weniger
zur Geltung kommen würden, je kleiner b ist. Es hat nun
bereits Becquerel1) gezeigt, dass b 3i der Metallcombination
Platin-Palladium die tbermoelectrische Kraft der Temperatur
bis 350° direct proportional ist, was nach Drap er2) für
Eisen- Palladium bis 280° der Fall ist Allein die verschie-
dene Stellung, welche bei verschiedenen Beobachtern die
Metalle in der thermoelectrischen Reihe einnehmen, ebenso
die ganz verschiedenen Zahlenwerthe, die für ihre thermo-
electrischen Eigenschaften angegeben werden, zeigen allein
schon zur Genüge, dass das ganze thermoelectrische Ver-
halten eines Metalles in höchstem Grade durch Spuren
fremder Beimengungen oder Verschiedenheit der Structur
beeinflus8t wird, wie dies in Bezug auf Electricitäts- und
Wärmeleitungsvermögen der Fall ist. Ich werde weiter unten
zeigen, wie sehr selbst in ein und demselben Stücke Metall
die thermoelectrischen Eigenschaften von Stelle zu Stelle
wechseln. Man kann sich deshalb nie auf die Angaben
anderer Beobachter stützen, die mit anderen Metallsorten
arbeiteten, sondern wird jedesmal die Metalle, die einem
zur Verfügung stehen, speciell untersuchen müssen. Meine
Untersuchung dehnte sich aus auf eine Reihe von Thermo-
1) Becquerel, Ann. de chim. et de phys. (4) 8. p. 426. 1866.
2) Draper, Phil. Mig. 16. p. 451. 1840.
Digitized by LiOOQle
Lichtemission glühender Metalle,
219
elementen, wobei die Metalle Kupfer, Neusilber, Platin,
Palladium, Messing, hartes Eisen, weiches Eisen und Stahl
zur Verwendung kamen. Hierbei zeigte es sich, dass die
Metallcombination Platin -Palladium meinen Anforderungen
nicht entsprachen. In sehr hohem Grade war dies jedoch
bei den Thermoelementen aus Eisen -Neusilber der Fall,
besonders bei Anwendung von hartem Eisen. Sowohl weiches
Eisen wie Stahl erwiesen sich weniger vorteilhaft. Wahrend
die electromotori8che Kraft als Function der Temperatur
ausgedrückt wurde durch, bei:
Kupfer-Eisen (hart) E = prop. \t — 0,00230 t*)
Palladium-Eisen (weich) E = prop, {t — 0,00115 (*)
Palladium-Platin E = prop. (/ — 0,00163 t*)
Kupfer- Neusilber E = prop, it + 0,00146 /Ä)
Eisen-Messing E = prop, {t + 0,00190 19)
Palladium-Messing E = prop. (/ - 0,00292 /*)
Neusilber-Stahl E = prop. (/ + 0,00043 0\
Neusilber-Eisen (weich) £ = prop. (/ + 0,000 199 t*)
ergab sich für das ungünstigste der später benutzten Elemente
Neusilber-Eisen (hart) (später als Thermoelement Nr. 7 be-
zeichnet):
£=prop. (/- 0,000171 /*).
Bei diesem Elemente betrug die von dem Gliede bt* her-
rührende Veränderung des Galvanometerausschlages bei einer
Temperatur von 250°, bis zu welcher stets calibrirt wurde,
nur 10,2, bei der Extrapolation auf 400° nur 27,4 Scalen-
theile, wenn das Galvanometer so gestellt war, dass einem
Grad Temperaturdifferenz der Löthstellen ein Sealentheil
Ausschlag entsprach. Würde der Verlauf der electromoto-
rischen Kraft dieses Elementes in Wirklichkeit nicht streng
durch diese parabolische Gleichung, sondern durch die voll-
ständigere Potenzreihe ausgedrückt werden, so würden die
Glieder et9 u. s. w., die bei der Calibrirung bis 250° sich
nicht bemerkbar machten, auch bei 400° nur einen ver-
schwindend kleinen Einfluss ausüben, ausgenommen die
thennoelectrischen Constanten dieser Combination würden
sich zwischen 250 und 400° vollständig ändern. Zu den vor-
kommenden Temperaturmessungen wurden deshalb diese
220
R. Emden
Elemente aus hartem Eisen-Neusilber benutzt. Ehe ich mich
jedoch hierfür definitiv entschied, mussten dieselben noch
nach anderer Richtung hin untersucht werden.
Die Quecksilberthermometer zeigen bekanntlich nach
ihrer Erwärmung auf höhere Temperaturen öfter beträcht-
liche thermische Nachwirkungen. Es fragte sich, ob solche
auch bei diesen Thermoelementen auftreten würden, was
sich a priori nicht entscheiden liess.1) Die Untersuchung
ergab ein negatives Resultat. Ein Thermoelement, Eisen-
Neusilber, gab bei 13,88° einen Ausschlag von 58,15 Scalen-
theilen; das Verhältniss beider ist 4,190. Unmittelbar nach-
dem die eine Löthstelle des Thermoelementes längere Zeit
in den Dampf siedenden Wassers gehängt wurde, ergab sich
bei 14,24° Temperaturdifterenz ein Ausschlag von 59,7 Scalen-
theilen: Verhältniss unverändert 4,192. Bei einem zweiten
Thermoelemente war dies Verhältniss bei 13,15° gleich 2,161,
und nachdem die eine Löthstelle desselben längere Zeit in
einem Leinölbade einer Temperatur von 200° ausgesetzt
war, bei 13.46° wiederum 2,162. Ein drittes Thermoelement,
das bei 14,37° Temperaturdifferenz einen Ausschlag von
33,3 Scalentheilen (Verhältniss beider 2,314) bewirkte, ver-
anlasste, nachdem seine eine Löthstelle längere Zeit auf
Rothgluth erhalten wurde, bei 14,42° Temperaturdifferenz
einen Ausschlag von 33,4 Scalentheilen; Verhältniss wiederum
2,316. Eine thermische Nachwirkung konnte also nicht
constatirt werden.
Sehr vortheilhaft war es ferner, dass sich bei eingehen-
der Untersuchung die beiden Löthstellen als vollständig
gleichwerthig erwiesen. Die thermoelectrische Kraft des
Elementes hing nur ab von der Temperaturdifferenz der
beiden Löthstellen, gleichgültig welche von beiden sich auf
der höheren Temperatur befand. Dies hatte die Annehm-
lichkeit, dass an jeder der beiden Löthstellen eines Elementes
eine zu untersuchende Metallplatte angebracht werden konnte,
ein geaichtes Thermoelement also fur zwei Metallplatten
ausreichte.
1) Hr. Prof. Weber konnte (1. c.) bei dem vorher benutzten
Thermoelemente Kupfer- Neusilber solche Aenderungen constatiren.
Digitized by Google
Lichtemission glühender Metalle. 221
Sehr unangenehm erwies sich aber der Umstand, dass
das thermoelectrische Verhalten eines Metalles in höchstem
Maasse durch Spuren fremder Beimengungen und Aenderungen
der Structur beeinflusst wird. Schon in ein und demselben
Stücke Draht ändern sich die therm oelectrischen Constanten
von Stelle zu Stelle. An einem geaichlen Elemente Kupfer-
Neusilber wurde eine Löthstelle gelöst, die Drahte jeder
um ein Centimeter verkürzt, wieder gelöthet, das Element
wiederum calibrirt und dann diese ganze Operation wieder-
holt In diesen drei Fällen zeigte die electroraotorische
Kraft folgenden verschiedenen Verlauf:
1) E = prop, (t + 0.00195/*)
2) E = prop, (/ + 0,00146 /**
8) M - prop, (/ + 0,00181 /*).
Das gleiche war bei den Elementen Eisen- Neusilber der
Fall. Dadurch konnten die thermoelectrischen Constanten
einer bestimmten Drahtsorte nicht ein- für allemal bestimmt
werden, sondern man war gezwungen, ein jedes Thermoele-
ment einzeln zu calibriren, selbst dann, wenn nur eine Löth-
stelle gebrochen und dann frisch gelöthet worden war. Wie
nothwendig dies war, zeigte folgende kleine Tabelle. Ich
gebe in derselben den Zusammenhang zwischen dem redu-
cirten Scalenausschlag des Galvanometers (bei grösstem äus-
seren Widerstände das Maass der electromotorischen Kraft)
und der Temperatur bei den elf Thermoelementen Eisen-
Neusilber, mit denen die definitiven Messungen an 22 Metall-
platten gemacht wurden.
Nr. 1. A = 0,93986 t + 0,0,12»/-. Xr. 7. A = 1,0757 / - 0,0,1*5/-.
„ 2. = 0,99354 / -r 0,0,55 /*. „ H. = 1.0725 /- 0,0,179 /*,
» 3. = 0,9902t / + 0,04 52 /*. „ 9. = 1.0424 /- 0,0,172 /2 *,
„ 4. - 1,0502 / + 0,0,124/**, „ 10. - 1,0399 / 0,03105 /»,
v 5. = 1,0425 /- 0,0,103/*, „ 11. = 1.07 09 /- 0.03 145 /3 *.
., 6. » 1,0458 / - 0,0,100 /»,
(• bedeutet, dass kleine Veränderungen am Galvanometer vorgenom-
men wurden.)
Der angewandte Neusilberdraht hatte einen Durchmesser
von 0,1 mm, der Eisendraht von 0,2 mm. In die durchschnitt-
lich 0.05 bis 0,1 mm dicke zu untersuchende Metalllamelle
wurde in die Mitte mit einer feinen Nadel ein kleines Loch
Digitized by Google
222
R. Emden.
gebohrt, die beiden Drähte in dasselbe mit Silber, wo dies
nicht anging, mit Silberloth eingelöthet und sorgfältig darauf
geachtet, dass die ganze Löthstella nur ein Volumelement der
Platte ausmachte. Die beiden Enden der Neusilberdrähte
waren an die dicken Kupferdrähte der Galvanometerleitung
angelöthet; die Löthstellen, in dünnen Kautschukröhrchen
steckend, waren gemeinsam mit Watte umwickelt und so
beide auf möglichst gleicher Temperatur erhalten. Eine
electromotori8che Kraft, von diesen Löthstellen herrührend,
machte sich nicht bemerkbar. Die Calibrirung der Elemente
geschah in der Weise, dass ein Zusammenhang gesucht wurde
zwischen dem reducirten Scalenausschlag des Galvanometers
und der Temperaturdifferenz der Löthstellen, natürlich bei
den gleichen Verhältnissen der Leitung und des Galvano-
meters, wie sie bei der Verwendung der Thermoelemente vor-
handen waren. Die eine Löthstelle des Elementes befand
sich stets in Eis, die andere wurde auf fünf verschiedene
Temperaturen, von 40, 100, 150, 200 und 250° erwärmt
Die niedrigste Temperatur wurde in einem grossen Wasser-
bade hergestellt und mittelst eines Thermometers von Tonne-
lot in Paris gemessen, bei 100° hing die Löthstelle in dem
Dampfe des bei bekanntem Barometerstande siedenden Was-
sers oder befand sich in dem 7—8 1 haltenden Leinölbade,
das zur Erzeugung der höheren Temperaturen von 150 bis
250° diente, zu deren Messung zwei Thermometer von Ger-
hardt benutzt wurden. Die Löthstelle war unmittelbar an
die Kugel des Quecksilberthermometers festgebunden, und
um Thermoelement und Thermometer möglichst synchron
gehen zu lassen, wurden Thermometer mit möglichst kleinen
Quecksilbergefässen ausgewählt. Bei einiger Debung konnte
durch passende Regulirung der Brenner und tüchtiges Rüh-
ren selbst die Temperatur von 250° während einer Viertel-
stunde auf 0,5 bis 0,75° constant erhalten werden. Die
Thermometer wurden nicht calibrirt, sondern sie wurden ge-
rade bei den Temperaturen, bei denen sie gebraucht wurden
(also bei 40, rcsp. 150, 200 und 250°) direct mit einem von
Fuess in Berlin verfertigten Luftthermometer verglichen. Bei
dem Thermometer von Tonne lot betrug diese Correction,
Digitized by Goog
Lichtemission glühender Metalle,
223
nachdem die Nullpunkts-, Siedepunkts- und Fadencorrection
angebracht waren, — 0,09°. Für die beiden Thermometer
Nr. 467 — 468 von Gerhardt gebe ich in der kleinen Ta-
belle ihre zeitigen Nullpunkte, ihre Siedepunkte und ferner
die Correctionen, die ich bei 150°, 200°, 250° an ihren An-
gaben anbringen musste, um sie mit dem Luftthermometer
in UebereinBtimmung zu bringen. In diese Correctionen sind
die Nullpunkts-, Siedepunkts- und Calibercorrectionen mit ein-
geschlossen.
Nullpunkt Siedepunkt Anzubringende Correction
bei bei 150» 200« 250°
Thermometer Nr. 467. +0,^5« 100,80° +0,70° +1,15° + 0,06°,
„ 468. +0,50» 100,85° +0,47° +0,87° +0,17°.
Fadencorrection musste nicht angebracht werden, da die
Thermometer stets sich bis zu dem betreffenden Theilstrich
in dem Leinölbade befanden.
Bei der Messung der höheren Temperaturen wurde stets
nur ein Thermometer auf einmal benutzt, um den anderen
Gelegenheit zu geben, sich in der Zwischenzeit von der
vorausgegangenen starken Erwärmung zu erholen. Aus den
fünf erhaltenen Mittel werthen der Temperatur und des Galva-
nometerausschlages wurden dann die beiden constanten a und
b berechnet. Bei dieser Calibrirung wurden zwar auch die
Drahte des Thermoelementes etwa 2 dem weit erwärmt, aber
die dadurch bedingte Widerstandsänderung wurde durch den
450 Ohm betragenden Widerstand des äusseren Stromkreises
zum Verschwinden gebracht Erst wurde versucht, die Ele-
mente sowohl vor als nach ihrem Gebrauche zu calibriren,
doch musste dies bald aufgegeben werden, da bei der staiken
Bewegung des Leinöls sich die Löthstellen in den Platten
lockerten und nachher fast immer herausbrachen. Die Ca-
librirung der Elemente wurde immer erst am folgenden Tage
vorgenommen (die Elemente wurden am Abend gebraucht),
doch hatte sich, wie ich nachher zeigen werde, die Empfind-
lichkeit des Galvanometers in so kurzer Zeit nicht ge-
ändert.
Ein jedes Thermoelement trug zwei zu untersuchende
Metallplatten; die eine befand sich in Eis, die andere in
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224
R. Kmden.
dem oben erwähnten Trichter, und beide konnten leicht gegen-
einander vertauscht werden. — Diese Eisen-Neusilberelemente
waren, was ihr thermoelectrisches Verhalten anbetrifft, vor-
züglich; bei ihrer praktischen Anwendung hatten sie aber
zwei Nachtheile. Einmal war der harte Eisendraht stark
federnd, sodass die Elemente sehr sorgfältig behandelt werden
musston; trotzdem konnte es nicht vermieden werden, dass
die Drähte sehr oft aus der dünnen Metallplatte heraus-
brachen, was einen grossen Zeitverlust nach sich zog, da
die Elemente dann 6tets wieder frisch calibrirt werden
mussten. Dann wurde der Eisendraht da, wo er der Löth-
rohrflamme ausgesetzt war, beinahe immer von Rost ange-
griffen, sodass er meistens nach einigen Tagen aus der
Löthstelle heraus oder kurz tibar derselben abrostete. Durch
Vergolden und Versilbern der Enden des Eisendrahtes
wurde dem vorzubeugen gesucht, aber ohne Erfolg.
Die durch die Thermoelemente gelieferten Ströme wurden
durch ein astatisches, vollständig aperiodisch schwingendes
Galvanometer gemessen. Bei diesen aperiodisch schwingen-
den Galvanometern macht sich die elastische Nachwirkung
der Aufhängevorrichtung, die bei astatischen Galvanometern
überhaupt einen beträchtlichen Theil der Richtkraft beträgt,
ganz besonders stark und störend geltend. Diese störende
Einwirkung hätte so der Rechnung zugänglich gemacht
werden können, wie es durch Kirchhof! und Hansemann1)
geschah, indem diese in die Differentialgleichung der Be-
wegung der Galvanoraeternadel eine neue, von der elastischen
Nachwirkung abhängige und durch Versuche ermittelnde Con-
stante einführten. Ich zog es vor, durch die Versuchsanordnung
selbst die elastische Nachwirkung unschädlich zu machen;
dazu war es vor allem nöthig, dass dieselbe möglichst klein,
und dio anderen die Galvanometernadel richtenden Kräfte
möglichst gross gemacht wurden. Das astatische Nadelpaar
wurde deshalb an dem feinsten Platindraht, der mir zugäng-
lich war (sogenannter Wo 11 as ton 'scher Draht), aufgehängt.
Die elastische Nachwirkung dieser Drähte ist ausserordent-
1) Kirchhoff und Hsmsomann, Wied. Ann. 9. p. 1. 1879.
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Lichte mission glühender Metalle.
225
lieh viel geringer als diejenige der Coconfäden; ihres grösseren
Torsionsmoduls wegen müssen sie entsprechend länger ge-
wählt werden. (Der von mir benutzte Draht hatte eine
Länge von 50 cm.) Die ablenkende Kraft des Stromes ist
proportional dem magnetischen Moment der Nadeln. Statt
Nadeln wurden deshalb Flachmagnete gewählt, 5 cm lang,
1 cm breit 0,6 mm dick, die mittelst eines grossen Ruhm-
kor ff sehen Electromagnets möglichst stark und gleich
inugaetisirt wurden. Die Schwingungsdauer des astatischen
Systems betrug dann zehn Secunden. Jede Spule hatte
1000 Windungen dünnen Kupferdiahtes. und das von den
Thermoströmen auf das System der Flachmagnete ausgeübte
Drehmoment war so gross, dass ein kleiner Richtmagnet
sehr nahe an das Galvanometer gelegt werden konnte, wenn
dasselbe bei einem Widerstande des Stromkreises von
450 Ohm für einen Grad Temperaturdifferenz der Löthstellen
einen Sealentheil Ausschlag geben sollte. (Entfernung, Fern-
rohr, Galvanometer gleich zwei Metern.) Dies hatte den Vor-
theil, dass die Ruhelage der Galvanometermagnete äusserst
constant blieb. Von einem Tage zum anderen wechselte
sie selten mehr als fünf Scalentheile, und während einer
Versuchsreihe war meistens gar keine Veränderung wahr-
zunehmen. Die elastische Nachwirkung des Aufhängedrahtes
machte sich dann so wenig geltend, dass trotz der vollständig
aperiodischen Schwingungen der Magnete sich selbst an einem
Aufschlag über 400 Scalentheile nach zwei Minuten keine
Veränderungen mehr nachweisen Hessen. Ausschläge von
20 bis 30 Scalentheilen von irgend einer Stellung aus waren
in wenigen Secunden vollendet, und eben diese Zeit war
auch nöthig, um durch Regulirung des Gaszutlusses die erste
Gluherscheinung der Metallplatte zum Vorschein kommen
oder verschwinden zu lassen. Um aber nicht allzu häufig
abwechselnd Ausschläge nach beiden Seiten der Scala ab-
lesen zu müssen, was einen grossen Zeitverlust nach sich
gezogen hätte, wurde das Galvanometer äusserst sorgfältig
so aufgestellt, dass selbst die grössten Ausschläge nach
beiden Seiten bis auf 0,1 Sealentheil einander gleich waren.
Üeim Calibriren der Elemente wurde dann so verfahren,
AM. d. Phyt. xl. Chem. N\ F. XXXVI. If,
I
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22 J
B. Emden.
dass erst drei Minuten nach Schluss des Stromes zehn Ab-
lesungen auf der einen Seite der Scala gemacht wurden,
drei Minuten nach Umkehrung des Stromes zehn Ablesungen
nach der anderen Seite, und nach drei Minuten nach der
zweiten Umkehrung des Stromes wieder zehn Ablesungen
na'ch der ersten Seite. Aus diesen dreissig Ablesungen
wurde dann das Mittel genommen. Bei der Beobachtung
der Glühtemperatur der Metalle wurde die Platte möglichst
nahe an die betreffende Temperatur erhitzt und dann ebenso
verfahren. Da immerhin einige Secunden nöthig waren, um
das erste Grau erscheinen oder verschwinden zu lassen, so
hatte bei den kleinen Temperaturschwankungen das Galvano-
meter vollständig Zeit zu folgen. Auch wurde abwechselnd
Erscheinen und Verschwinden des Grau beobachtet, sodass
das Galvanometer sich abwechselnd bei wachsendem und
abnehmenden Ausschlage einstellte, und deshalb die letzten
Spuren von Fehlern im Mittel sich wegheben mussten.
Ich habe bereits den Grund erwähnt, der es unmöglich
machte, die Elemente sowohl vor als nach der Bestimmung
der Graugluth zu calibriren. Die Calibrirung geschah immer
erst am folgenden Tage. Ich musste mich deshalb ver-
gewissern, ob sich möglicherweise die Empfindlichkeit des
Galvanometer* in der kurzen Zwischenzeit änderte. Ich
bestimmte deshalb die Empfindlichkeit des Galvanometers
an einer "Reihe von Tagen. Ein Normaldaniell gab bei
ca. 50000 Ohm Widerstand einen Ausschlag:
am 3. Decern bor 18S7 von 32'),7 Scalcntheilen
v 5. ?» j? 325,4 j»
v 8 n . » 'i 3*25,7 m
n 9. »i »> »> 325,7 ;»
. 12. „ » » 325.7 n
t" 13. » ' > n 325,6 v
I Ii konnte deshalb sicher sein, dass eine merkliche Aen-
derung der Empfindlichkeit von einem Tag zum anderen nicht
eintrat.
Die grösste Rolle spielt bei diesen Messungen das Auge
des Beobachters. Es ist hinlänglich bekannt, wie sehr die
Empfindlichkeit des Auges durch absolute Dunkelheit gestei-
gert wird Dies liess sich auch hier sehr schön nachweisen.
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Lichtemusion glühender Metalle.
227
Begab ich mich an einem hellen Tage ins Dunkelzimmer und
begann sofort zu beobachten, so fand ich die Temperatur der
ersten Lichtemission oft 50 bis 60° zu hoch liegend. Beim
Verweilen im Dunkelzimmer steigerte sich die Empfindlich-
keit des Auges, um allmählich einen constanten Werth anzu-
nehmen. Oft war dazu eine halbe Stunde nöthig; natürlich
wurden die Galvanometerablesungen zur weiteren Berechnung
erst dann benutzt, wenn sie nicht mehr stetig abnahmen,
sondern um einen constant bleibenden Mittelwerth schwankten.
So fand ich am 9. Juni 1888 für die Temperatur der be-
ginnenden Graugluth bei Platin gleich nach Betreten des
Dunkelzimmers 485,5° nach Verlauf von fünf bis zehn Minuten
446.5°, nach weiteren fünf bis zehn Minuten 408,2°, dann con-
stant im Mittel 404,0°. Diese äusserste Empfindlichkeit des
Auges bleibt nicht nur mehrere Stunden constant, bis endlich
zu grosse Ermüdung und Abspannung des Beobachters ein-
tritt, sondern sie ist eine jedem Beobachter eigenthümliche
Coostante. Während meines monatelangen Beobachtens konnte
ich keine Veränderung dieser äussersten Empfindlichkeit
meiner Augen constatiren.
Von der jeweiligen Empfindlichkeit meines Auges war
auch die Art und Weise abhängig, wie ich die Parbenände-
rung der Metallplatte bei steigender Temperatur wahrnahm.
Hatte mein Auge noch sehr ungenügende Empfindlichkeit,
so nahm ich erst ein dunkles Grau wahr, das, ohne viel heller
zu werden, in dunkles Roth überging. Bei genügender Em-
pfindlichkeit des Auges wurde dies Grau bei steigender Tem-
peratur immer heller und heller, beinahe ganz weiss, um
dann in das hellste, lichteste Peuerroth überzugehen.
Um das Auftreten dieses ersten, düstersten Graues mit
genügender Sicherheit wahrzunehmen, ist absolute Dunkelheit
erforderlich. Die Versuche wurden deshalb im Dunkelzimmer
bei Nacht ausgeführt. Selbst in dem vorzüglichen Dunkel-
zimmer des hiesigen physikalischen Laboratoriums konnte
ich nach zehn bis fünfzehn Minuten bei Tage an einzelnen
Stellen Licht entdecken, obwohl zu gleicher Zeit die empfind-
lichsten photographischen Platten vollständig schleierfei ent-
wickelt werden konnten. Schon diese geringsten Spuren Licht
228
R. Emden.
wirkten äusserst störend, namentlich lösten sie auch die viel-
fach beschriebenen entoptischen Erscheinungen aus, bestehend
in dem Auftreten heller Wolken und Nebel in dem Gesichts-
felde. Bei absoluter Dunkelheit und möglichst ruhiger Hal-
tung des Kopfes und der Augen konnte ich mich aber für
die zu einer Beobachtungsreihe nöthigen Zeit von diesen
entoptischen Erscheinungen, die ein genaues Beobachten un-
möglich machten, vollständig befreien. Das äusserst geringe,
gleich massige Eigenlicht, von dem das Auge selbst dann noch
erfüllt war, störte die Genauigkeit der Beobachtungen nicht
Beugte ich zur Beobachtung mein Gesicht in die Oeff-
nung des oberen Trichters, so befand sich mein Auge unge-
fähr 20 cm von der glühenden Platte entfernt. Grössere
Annäherung ging nicht wohl an, da schon die in dem Trichter
aufsteigende heisse Luft das Beobachten sehr unangenehm
erschwerte. So lange die Platte nicht glühte, hatte ich ein
absolut dunkles Gesichtsfeld vor mir. Hatte ich durch Re-
gulirung des Gaszuflusees erreicht, dass die erste Spur dieses
düstersten Graues eben erschien, resp. verschwand, so wurde
einem zweiten Beobachter, der das in einem Nebenzimmer
aufgestellte Galvanometer unablässig verfolgte, ein Glocken-
signal gegeben, um den augenblicklichen Galvanometeraus-
schlag zu notiren. Um das allererste Auftreten des Graues
wahrzunehmen, ist es nöthig, nicht die Lamellenmitte zu
fixiren, sondern dem Auge eine solche Stellung zu geben,
dass das Bild derselben auf die empfindlichste Stelle der
Netzhaut fallt, was durch Probiren leicht erreicht wird. Es
wurde regelmässig abwechselnd auf Erscheinen und Ver-
schwinden des ersten Graues eingestellt. In seiner Abhand-
lung über die Schwellenwerthe der Lichtempfindung schreibt
Ebert1): „Auf diese Weise (auf welche Weise siehe 1. c)
wurde die eben untermerkliche und die eben übermerkliche
Reizschwelle zugleich bestimmt. Durchweg wurde, wie zu
erwarten, der erstgenannte Sch wellen werth kleiner als der
zweite gefunden, d. h. das Auge ist im Stande, einen sich in
seiner Intensität stetig vermindernden Lichtreiz bis zu einer
minimalen Grösse herab zu verfolgen, die unter derjenigen
11 Ebert, Wied. Ann. 33. p. 136. 1888.
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Lichtem ission glühender Metalle.
liegt, bei welcher ein neu im Blickfelde des Bewusstseins
auftauchender Reiz die Aufmerksamkeit erweckt und percipirt
wird, ein Resultat, welches seit Fechner von zahlreichen
Forschern auch auf anderen Sinnesgebieten bestätigt worden
ist" Im Gegensatze hierzu ergeben sowohl die Beobach-
tungen des Hrn. Prof. Weber, wie die meinigen, dass die
Temperaturen, die zum Erscheinen und Verschwinden des
ersten Grau nöthig sind, einander vollständig gleich waren.
Es wurden immer zehn Einstellungen nacheinander ge-
macht, dann die Stromrichtung im Galvanometer umgekehrt,
und die zwei bis drei Minuten, welche für die Schwingung des
Galvanometers erforderlich waren, brauchte das äusserst ange-
strengte Auge zu seiner Erholung. Nach je 30 Ablesungen
wurde die Ruhelage bestimmt. Nachdem bei einer Platte
60 bis 120 Ablesungen gemacht waren, wurden die Platten
im Trichter und Eise miteinander vertauscht und die zweite
Platte auf gleiche Weise untersucht; am Schlüsse wurden
nochmals 30 Controleinstellungen an den ersten Platten
gemacht. So lange die Platten von dem zweiten Beobachter
umgeschaltet wurden, verhüllte ich meine Augen mit einem
Tuche, um jeden Lichteindruck von denselben abzuhalten.
Die Genauigkeit, mit der die einzelnen Galvanometer-
ausschläge unter sich übereinstimmten, ist je nach Umständen
verschieden. Die jeweilige körperliche und geistige Disposi-
tion des Beobachters spielt dabei eine Hauptrolle. Im all-
gemeinen konnte auf fünf bis zehn Scalen theile (ebensoviel
Temperaturgraden entsprechend) eingestellt werden, doch
erhielt ich durch fortwährende Hebung einstmals eine Reihe
von zehn Ablesungen, in welcher der Unterschied der höch-
sten und niedersten beobachteten Temperatur nur 2° betrug.
Einige vollständige Beobachtungsprotocolle geben darüber
nähere Auskunft.
Ich erlaube mir, an dieser Stelle den Herren K. Sulz-
berger und Seminarlehrer V. Morger, die mir in liebens-
würdigster Weise ihre Abende zur Verfügung stellten, um
die Galvanometerablesungen und das Umschalten der Platten
zu besorgen, meinen herzlichsten Dank auszusprechen.
Ich gebe im Folgenden die an 25 Metallplatten beob-
230 B. Emden.
achteten Temperaturen der eben beginnenden Grauglutb an.
Bei jeder Platte ist die Nummer des Thermoelementes ange-
geben, das zu ihrer Untersuchung diente, sodass leicht ersicht-
lich ist, welche zwei Platten gemeinsam untersucht wurden.
Für die beiden ersten Untersuchungen gebe ich die Beob-
achtungsprotocolle vollständig an als Kriterium für die Ge-
nauigkeit der Methode.
1) Platin.
A B
Platte 1 (Thcrmoel. Nr. 1) 403,9° Platte 1 (Thermoel. Nr. 3) 406,9°
2 i t? » 2| 403,2 „ 2 ( i. » 4> 408,3
» 3 ( i, „ 3) 404,8 „ 3 ( „ „5) 409,2
» 4 ( » » 4) 404>l Mittel = 408,1»
Mittel = 404,0°
A und 5 waren zwei verschiedene Sorten Platinblech;
B reineres Platin. Es ist daraus ersichtlich, dass auch
der Beginn der Glühtemperatur in hohem Maasse abhän-
gig ist von fremden Verunreinigungen der Metalle. Die
Platten A A und 2? 2 Bassen an dein gleichen Thermoele-
mente (wobei etwaige Fehler der Kalibrirung des Elementes
wegfallen), und zeigten eine Temperaturdifferenz von 4.2Ü,
während die Temperaturdifferenz der Mittel von A und B
4,1° beträgt. Ich gebe hier das Beobachtungsprotocoll der
Platten AI und 2 vom Abend des 9. Februar 1888.
Die Ablesungen am Galvanometer betrugen:
Ruhelage 500. Platte A 1 .
GU.35 6U.47 6U.51 Rubel. 500
«30,5 82,0 910,0 91,5 912,5 896,5 112,5 «17,5
925,0 80,5 908,5 88,5 «00,0 888,5 84,5 915,0
«25,0 83,5 «05,0 «5,5 «00,5 8*3,5 84.5 908,0
918,0 86,0 904,0 98,5 896,*» «15,0 «2,0 911,5
917,0 86,0 901,5 100,5 912,5 908.5 102,5 911,0
915,0 88,0 896.0 111,5 907,5 «07,0 103,0 901,5
926,0 85,0 893,0 106,5 907,5 920,5 103,0 904.5
929,0 81,5 892,0 86,0 «12,5 «13,5 93,0 903,5
925,0 81,0 915,0 90,5 «09.5 911,5 99,5 898.0
926,0 83,0 916^5 «0,5 908,0 908,0 90,0 895^0
Mittl. Ruhel. Ruhel.
Ausschuß,? 416,4 404,1* 403,7 406,6 50 J 405,2_ 403,0 406,5 500
Mittel 404,8 "Mittel 405,1
Hauptmittel 405,0
* Bis hierher hatte die Empfindlichkeit des Auges zugenommen.
Hierbei wurde stets regelmässig abwechselnd auf Er-
scheinen und Versehwinden des ersten Graues eingestellt.
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Lichtem ission glühender Metalle.
231
7U.30
»uheL 95,0 900,0
500 97,5 903,5
91,5 903,5
91 0 907,5
95,5 905,0
90,5 909,0
94,0 905,5
86,0 904,5
94,0 898,0
88,5 901,5
Platte A2.
7 U.40
91,5
100,0
98,0
98,5
88,0
90,0
105,5
92,5
95,5Ruhel.
94,5 500
7U.47
Kübel. 93,0 904,0
500 97,5 901,5
82,5 895,0
S8,5 903,0
97,5 905,0
84,5 900,5
85,5 898,0
y7,5 898,5
100,0 901,0
97,0 910,5
8Ü.10
97,5
103,0
106,5
110,5
87,5
106,5
109,5
87,5
93,5 Ruhel.
102,0 500
Mittl.
Ansschl.
407,7 103,2 404,6
Mittel 4Ö5~2~
4» -rt,4 101,7 400,0
Mittel 403,4
Hauptm Uttel 404,3
Daraus berechnete man die oben angeführten Temperaturen.
2) Palladium.
1. Platte.
2. „
(Thermoelement Nr. 2)
( n » 3)
Mittel
407,39
408,8
408,0°
Beobachtungsprotocoli vom 16. Februar 1SS8 für Platin-
platte A3 und Palladiumplatte Nr. 1.
« U.20
Ruhel. 944,5
500
959,5
945,0
945,0
947,5
945,0
951,0
948,5
6?,0
b3,0
67,5
«7,0
69,0
56,5
56,0
56,0
61,0
59,5
Platiaplatte ^3.
6Ü.54
932,0
92fl,5
924,0
922,5
915,5
920,5
917,5
918,0
914,0 KuheL
926,5 500
Rubel. 907,5
500 907,0
907,0
928,0
92*,0
91K,0
920,0
919,0
918,5
918,5
Mittl.
449,3 438,3 421,7
85,0 921,0
89,5 925,0
90,0 9i:«,0
90,0 910,0
84,0 »09,0
83,5 910,0
83,5 912,5
81,0 911,5
70,0 910,5 Ruhel.
79,0 918,5 500
414,2
417,0* 416,5
Mittel 415,9
• Bis hierher hatte die Empfindlichkeit des Auge;» zugenommeu.
7U.09
Ruhel. 896,5
500
895,0
390,0
8 »7,0
812,0
917,5
9^1,0
919,5
919,5
917,0
86,0
86,0
86,0
88,0
80,0
88,5
80,0
85,0
80,0
81,5
84,0
85,0
85,0
90,0
82,0
83,0
93,0
79,0
76,5 Ruhel.
79,0 500
7U.24
Ruhel. 9 10,5
500 908,5
911,0
904,0
918,5
Mittl.
924,5
922,0
923,0
922,5
922,5
82,0 918,0
77,0 917,5
83,5 912,5
80,0 9lft,0
81,5 912,5
83,0 910,0
78,0 914,0
83,0 921,5
88,0 92 1,5 Ruhel.
84,0 920,5 502
410,5 J}W 416,3
"MittöT'TlV»
416,7 418,0 41^,3
Mitfei 41«,7
Digitized by Google
282
R. Knit /en
Palladiumplatte Nr. 1.
Rubel. 500
Ruhel. 500
7U.45
8U.05
83,5
922,5
85,0
82,5
929,5
78,0
78,5
919,0
85,5
88,0
927,5
83,0
81,0
917,0
86,0
85,0
924,0
83,5
80,0
912,0
84,5
84,0
918,5
79,5
83,0
922,0
84,0
80,0
914,0
916,0
si, 5
83,0
928,0
4 0,0
81,0
iS,0
s5,0
926,0
80,0
83,0
915.5
86.0
84,0
82,5
920,0
83,0
84,5
916,5
79,0
924,0
82,0Ruhel.
87,5
915,5
920,0
79,0RubeL
83,5
81,5500
86,0
81,5 500
Mittl.
Auaschl. 417,6
419,8
416,6
415,9
419,7
419,1
Mittel 418,0
Mittel 418,2
Palladiumplatte Nr. 1.
Ruhel. 500
8U.15
81,5
78,0
83,5
82,0
85,0
76,0
80,0
79,5
84,5
83,5
920,5
924,5
923,5
928,0
919,5
925,5
921,5
922,5
921,5
920,5
H7,0
85.5
83,5
83,5
85,5
79,5
86,0
85,0
86,0 Ruhel.
83,5 500
Platinplatte A3.
Ruhel. 500
sü.40
912,5 90,0
915,0 79,0
912,0 84,0
926,*» 82,0
911,5 91,0
922,5 79,0
920,0 83,0
923,5 90,0
918,5 80,0
924,5 82,0
913,0
914,5
900,0
918,0
912,0
911,0
919,5
927,5
904,0 RuheL
918,5 500
Mittl.
Ausschl.
41M,7 422,2 415,5
418,6 416,0 413,7
Mittef416,l
Mittel 418,8
Platin 415,9 414,2 416,7 416,1 Hauptmittel 415,7
Palladium 418,0 418,2 418,8 Hauptmittel 418,3
Daraus berechnete sich die Glühtemperatur für Platin
404,8°, Palladium 407,3°.
3) Silber, chemisch rein.
1. Platte. (Thermoelement Nr. 5) 414,7°
( » 6) 413,1
( » » 7) 416,4
Mittel 414,7°.
2.
3.
4) Kupfer.
1. Platte.
2.
3.
(Thermoelement Nr. 6) 412,8°
( » » 7) 416,2
( „ m 8) 415,8.
Die Kupferplatten hatten sich während der Untersuchung
oxydirt, sodass sich diese Zahlen auf oxydirtes Kupfer be-
ziehen.
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Lichtemission glühender Metalle.
233
5) Messing.
1. Platt«. (Thermoelement Nr. 8» 405,3»
2. „ ( jj •> 9) 406,5
3- » ( n 10) 403/Z_
Mittel 405.2°
Die Messingplatten waren während der Untersuchung
leicht angelaufen.
6) Neusilber.
1. Platte. (Thermoelement Nr. 9> 404,*"
2. „ ( „ „ 10) 402.3
3. ( n » 11) 400,7
Mittel 402.6°.
Die Platten Nr. 1 und 2 hatten sich während der Unter-
suchung leicht oxydirt. während Platte Nr. 3 ihre metalli-
sche Fläche unverändert beibehielt.
7) Eisen.
1. Platte. (Thermoelement Nr. 11) 403,9°
2. „ _ 405,3_
Mittel 404,6°.
Dieser Werth für Platte Nr. 2 wurde durch Differen-
tialbeobachtungen gegen ein Platinblättchen A bestimmt, für
welches früher die Temperatur von 404° ermittelt worden
war. Hr. Prof. Weber hatte für Eisen eine Temperatur
bedeutend unter derjenigen des Platins gefunden. Dies
erklärt sich dadurch, dass derselbe eine andere Sorte Eisen
mit schwarzer, rauher Oberfläche untersuchte, während mei-
nen Eisenplättchen durch wiederholtes Auswalzen eine voll-
kommen spiegelnde Oberfläche gegeben war. Auch diese
Plättchen oxydirten sich während der Untersuchung.
8) Gold. (Chemisch rein.)
1. Platte 422,8° 2. Platte 423,9° Mittel 422,3°.
Der Werth der Platte Nr. 1 war durch Differentialbe-
stimmungen gegen eine Platinplatte A, der Werth für Platte
Nr. 2 durch Differentialbestimmung gegen die Eisenplatte Nr. 1
gefunden worden. Die Differenz der Mittel der für Gold und
Eisen gefundenen Temperaturen beträgt 18,7°, während durch
sie eine weitere directe Bestimmung zu 20.0° gefunden wurde.
Die Temperaturen, bei welchen die Metalle zu glühen
beginnen, liegen also über 100° tiefer als nach der Angabc
*on Drap er. Auch lassen sich bei optisch sich so ähnlich
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231
/?. Emden.
verhaltenden Körpern wie die Metalle, wenn auch geringe, so
doch bestimmt nachweisbare Differenzen dieser Temperaturen
constatiren. In Bezug auf die Temperatur ihrer beginnenden
Lichtemission ordnen sich die Metalle in folgender Reihe:
1. Neusilber. . . 403° 6. Platin .... 408"
2. Platin (unroin). 404 7. Silber .... 415
3. Eisen .... 405 8. Kupfer . . . 415
4. Messing . . . 405 9. Gold .... 423
5. Palladium . . 408 ,
Dies Resultat scheint im Widerspruch zu stehen mit
dem von Kirchhoff abgeleiteten und seither in alle Lehr-
bücher der Physik übergegangenen Satze, dass alle Körper
bei derselben Temperatur zu glühen beginnen. Dieser Satz
ist nicht richtig. Der Fehler , der in seiner Ableitung be-
gangen wurde, besteht in einer Gleichsetzung der Begriffe
„Beginn des Glühens" und „Beginn der Aussendung einer
Strahlengattung von der Wellenlänge der sichtbaren Strah-
len". Nun ist unser Auge aber nicht befähigt, diese Strah-
len schon wahrzunehmen, wenn sie nur mit kleinster Energie
auftreten. Die Zahlen, welche für den Beginn des Glühens
gegeben werden, zeigen uns also nur, in welchem Momente
die Energie der sichtbaren Strahlen einen gewissen Schwel-
len werth überschritten hat; über die Temperatur, bei wel-
cher sich diese Strahlen zu entwickeln beginnen, geben sie
uns nicht den geringsten Aufschluss.
Hr. Prof. Weber hatte für Kohle gefunden, dass das
erste auftretende Grau durch Strahlen von der Wellenlänge
der grüngelben Strahlen hervorgerufen wird. Es ist nun äusserst
wahrscheinlich, dass dies erste Grau, welches jede Farbe bei
möglichst schwachem Auftreten im Auge bewirkt, auch bei den
Metallen durch dieselbe Strahlengattung hervorgebracht wird.
Es geht dies daraus hervor, dass unser Auge für diese
grüngelbe Strahlengattung ungleich empfindlicher ist, wie
für die übrigen Strahlen. Zeichnen wir uns (Fig. 9 Taf. II),
gestützt auf die Zahlen von Ebert,1) für die Schwellen-
werthe des Auges eine Curve derart, dass wir für die Strah-
len jeder Wellenlänge Ordinaten auftragen, umgekehrt pro-
1) Ebert, 1. c.
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Lichtemission glühender Metalle.
235
portional der Reizemptindlicbkeit des Auges, so sehen wir,
dass diese Curve aus anderen Curven, welche die Energie
der Strahlen eines Spectrums angeben, stets zuerst die Par-
tien herausschneidet, welche der grüngelben Strahlung ent-
sprechen. Dabei können diese zweiten Curven sehr beliebig
gelegen sein, falls sie nur keine starken Maxima und Minima
besitzen. Auf diesen Punkt hat bereits Ebert1) aufmerk-
sam gemacht. Dass dies erste Grau auch bei den Metallen
durch die grüngelbe Strahlung hervorgebracht wird . konnte
ich sehr leicht nachweisen, indem ich die einer Veisuchs-
anordnung von von Bezold *) zu Grunde liegende Idee
benutzte. Ein dünner Metalldraht wurde zwischen starken
Metallklemmen eingespannt und durch den electrischen Strom
zum Glühen gebracht. Dabei glüht nicht der ganze Draht
gleichmässig, sondern seine Enden bleiben dunkel, da ihnen
durch Leitung sehr viel Wärme entzogen wird. Durch ein
Prisma mit gerader Durchsicht, dessen brechende Kante dem
gespannten Drahte parallel gestellt war, wurde dann eine
solche Partie der Drahtenden beobachtet, dass ein hellglühen-
der und ein dunkler Theil des Drahtes zu gleicher Zeit sicht-
bar war. Das Spectrum hatte dann nicht die Form eines
Parallelogramms, wie es der Fall gewesen wäre, wenn der
ganze Draht gleichmässig geglüht hätte, sondern hatte die
Form eines Dreiecks. Die Basis desselben, ein vollständiges
Spectrum, entsprach dem hellglühenden Theile des Drahtes,
seinen immer dunkler werdenden Partien entsprachen Spec-
tren, deren Enden immer vollständiger verschwanden. Die
Spitze des Dreiecks lief in einen grauen Zipfel aus. Proji-
cirte man denselben auf die Basis des Dreiecks, so traf man
bei Drähten jeglicher Metallsorte stets auf die Partie der
grüngelben Strahlung.
Die in dieser Arbeit ermittelten Temperaturen der begin-
nenden Graugluth zeigen demnach, bei welchen Temperaturen
die Energie der von einem erwärmten Metalle ausgesandten
grüngelben Strahlung ein und denselben Werth erreichte.
Physik. Laborat. des eidg. Polytechn. Zürich, Juli 1888.
1) Eberl 1. c.
2) von Bezold. Wied. Anu. 21. p. 175. 18*4.
236 R. Ritter.
»
X. I eher die Reflexion des Li elites an parallel
zur optischen Axe geschliffenem Quarz;
von Robert Ritter,
(Hierzu T»f. III Fly. 1-6.)
Auf Anrathen des Hrn. Geheimrath v. H elmhol tz
habe ich mit Hülfe der Wernicke'schen Methode1) die
Reflexion des Lichtes an parallel der optischen Axe ge-
schliffenem Quarz untersucht und gefunden, dass auch bei
der Reflexion an diesem doppeltbrechenden Medium nur die
senkrecht zur Einfallsebene polarisirte Componente eine
Phasenänderung erleidet; ferner war die Wernicke'sche
Methode genau genug, um trotz der schwachen Doppel-
brechung des Quarzes eine Verschiedenheit des Hauptein-
fallswinkels je nach der Lage der optischen Axe zur Ein-
fallsebene nachzuweisen. Ich will hier gleich bemerken, dass
die Quarzplatte noch mit der vom Polirmittel herrührenden
Oberflächenschicht behaftet war; diese fremdartige Ober-
flächenschicht übt indessen nur eine modificirende Wirkung
aus, wie aus den letzten von Hrn. Wernicke veröffentlich-
ten Versuchen8) hervorgeht.
Bevor ich zur Beschreibung meiner im hiesigen physi-
kalischen Institute angestellten Versuche übergehe, drängt
es mich, meinem hochverehrten Lehrer, Hrn. Goheimrath
v. Helmholtz, für die Anregung zu dieser Arbeit, sowie
für die Unterstützung und das Interesse, welches er meiner
Arbeit stets zu Theil werden Hess, meinen ehrerbietigsten
Dank zu sagen.
Auch kann ich es nicht unterlassen, an dieser Stelle
Hrn. Dr. Wernicke für seine gefälligen Auskünfte und
Rathschläge zu danken, welche mir in manchen Einzelheiten
von grossem Werth waren.
A. Vorversuch au Glas.
Um mich mit der Methode des Hrn. Wernicke bekannt
zu machen, wiederholte ich zunächst seine Versuche an Glas.
\\ W. Wernicke, Wied. Ann. 25. p. 203. 1885; 30. p. 452. 1S87.
2) W. Wernicke. Wied. Ann. 30. p. 452. 1887.
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Lichtreflexion an Quarz.
161
Die Luftschicht zwischen zwei zusammengekitteten plan-
parallelen Crownglasplatten zeigte ein Ringsystem, mit einer
gleichmässig gefärbten dicksten Stelle in der Mitte) deren Aus-
dehnung etwa Vi qcm betrug, sodass also diese gleichmässig ge-
färbte Mitte zu den Versuchen verwendet werden konnte. l) Die
zusammengekitteten Platten befestigte ich vertical über der
Mitte des Tischchens eines Spectrometers, durch dessen Coi-
limatorrohr von einem Heliostaten reflectirte Sonnenstrahlen
auf die Platten fielen; am Spectrometer wurden die Einfalls-
winkel gemessen, während zur Bestimmung der Lage der
Interferenzstreifen im Spectrum ein selbständiges, schwach
vergrößerndes Fernrohr (F, s. Fig. 1 oder Fig. 6) diente,
dem ein Prismensystem a vision directe (G) vorgesetzt wurde.
Das Fernrohr war mit einem Ocularschraubenmikrometer
M versehen, und hinter dem Ocular befand sich ein dreh-
bares Nicol'sches Prisma N. — Da es mir anfangs nicht
gelang, bei directem Einstellen des Beobachtungsfernrohres
F auf den schmalen, im Unendlichen befindlichen Spalt tx
die Interferenzstreifen in einem einheitlichen Spectrum mit
deutlichen Fraunhofer* sehen Linien zu erhalten, so ver-
zichtete ich zunächst auf den Vortheil der Wernicke'schen
Methode, den Einfallswinkel ganz genau zu bestimmen, und
ordnete beim Versuch mit den Crownglasplatten die Beob-
achtungsapparate so an, wie es in Fig. 1 abgebildet ist.
Diese Anordnung unterscheidet sich von der des Hrn. Wer-
nicke daxin, dass ich das von der Luftschicht reflectirte
Licht zunächst durch ein zweites Collimator rohr C\, gehen
Hess, auf dessen schmalen Spalt s2 das selbständige Beob-
achtungsfernrohr F eingestellt wurde. Dieser schmale Spalt
st ersetzte zugleich den Schirm, welcher das von der ersten
Fläche der vorderen und das von der zweiten Fläche der
hinteren Glasplatte reflectirte Licht abblenden muss. Um
aber bei dieser Anordnung genügende Intensität für die Be-
obachtung des senkrecht zur Einfallsebene polarisirten Lichtes
zu erhalten, musste ich den ersten Collimatorspalt sl breit
machen. Bei dem Versuch mit den Crownglasplatten betrug
l! W. Wernicke, Wied. Ann. 2ö. p. 208. 1885.
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23S
R. Bitter.
die Spaltbreite desselben 7'. Auf die Platten fiel somit
nicht vollständig paralleles Liebt, sondern Strahlen, welche
untereinander Winkel bildeten, die ^7' waren. Die in der
Tabelle I angegebenen Einfallswinkel sind somit Mittelwerthe,
indem bei Gegenüberstehen von Collimator Cx und Fern-
rohr S das Mittel aus den Einstellungen auf die beiden
Kanten des Colliraatorspaltes al genommen wurde, während
die zweite Ablesung durch Fadenkreuzspiegelung an den
planparallelen Platten erhalten wurde. Da indessen die in
der Tabelle angegebenen Wellenlängen durch Einstellen des
Ocularmikrometers auf die Mitte der Interferenzstreifen ge-
funden wurden, so kann man die angegebenen Einfallswinkel
und Wellenlängen als zusammengehörend betrachten. Man
sieht übrigens die Berechtigung meiner Anordnung — so lange
es sich nur darum handelt, nachzuweisen, dass das parallel
der Einfailsebene polarisirte Licht keine Phasenänderung
erleidet — leicht ein, wenn man bedenkt, dass bei Einfalls-
winkeln zwischen 55 und 60° einem Fehler von ± in
der Bestimmung des Einfallswinkels eine Aenderung der
nach der Formel:
2 . cos o
berechneten Dicke der Luftschicht um 0,0016 — 0,0018 des
erhaltenen Werthes d entspricht, dass also selbst der grösste
überhaupt mögliche Fehler in der Bestimmung des Einfalls-
winkels die Zahlen d in der Tabelle I nur um Grössen ver-
ändern würde, welche innerhalb der übrigen Beobachtungs-
fehler liegen und daher keinen Einfluss haben auf die erreich-
bare Genauigkeit in der Uebereinstimmung der aus ver-
schiedenen Einfallswinkeln berechneten Zahlen d. Dement-
sprechend zeigte sich trotz der grossen Spaltbreite des ersten
Collimators keine störende Verbreiterung der Interferenz-
streifen.
Die Tabelle I enthält in der ersten Columne die Ein-
fallswinkel u, in der zweiten die Ordnungszahl m der Inter-
ferenzstreifen, in Columne 3 — 6: die interferirenden Wellen-
längen im parallel und im senkrecht zur Einfallsebene
polarisirten Licht, und die aus ihnen nach der Formel:
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Lichtreflexion an Quarz
239
2 . C08 «
berechneten Dicken der Luftschicht in 0,061 mm — während
die letzte Columne das Datum der Messung angibt.
Tabelle I.
Luftschicht zwischen Crownglaa.
,4 ■ f
«
m
in
dl
d ^- Datum für d i
55° 20'
3
561.6
574,1
1481
1514
19. Juli 1S86
4
422,2
14H4
56 -
3
550,7
581,5
1477
1560
26. it •»
4
413,6
1479
30. » t»
56 15
3
549,7
590,2
1484
1593
6. Aug. »
4
411,7
1482
56 30
3
543,7
639,5
1478
1738
9. it i>
4
409,5
1484
7. ?? »i
56 45
3
540,2
1478
9. ,i „
4
405,9
535,6
1481
57 -
3
1475
10. „ „
4
505,4
1856
3
534,1
1471
12. ?» )»
57 30
3
4
527,1
50S,3
1471
1892
58 30
:
513,2
1473
13. >i »>
503,9
1929
Die Interferenzstreifen waren wegen der Form der Luft-
schicht nach dem rothen Ende des Spectrums hin convex,
und wurde immer auf die äusserst zum rothen Ende hin
gelegene, den Fraunhofer'schen Linien parallele Stolle
derselben eingestellt. Die Platten waren noch mit der vom
Polirmittel herrührenden Oberflächenschicht behaftet. Die Wel-
lenlängen der Streifen im senkrecht zur Einfallsebene pola-
risirten Licht sind zum Theil nur geschätzt; sie dürfen daher
nicht zu Messungen der Phasendifferenzen verwendet werden.
Die in Tabelle I angegebenen Zahlen sind — ungünstiger
Witterung wegen, und weil ich zum schnellen Beobachten
noch nicht geübt genug war — im Laufe von etwa drei
Wochen (Ende Juli und Anfang August 1886) gemessen
worden; trotzdem stimmen die im parallel zur Einfallsebene
polarisirten Licht erhaltenen Zahlen dl für die Dicke der
Luftschicht gut überein — ein Zeichen für die grosse Un-
empfindlichkeit der Kittbefestigung gegen Temperatureinflüsse.
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240
Ii. Kitttr.
B. Versuche an parallel zur optischen Axe geschliffenem
Quarz.
1. Schraubenapparat. — Um die Reflexion des Lichtes
an parallel zur optischen Axe geschliffen em Quarz mit Hülfe
der Wem icke' sehen Methode zu untersuchen, musste die
hintere Glasplatte durch eine Quarzplatte ersetzt werden,
d. h. die Versuche mussten an einer Luftschicht zwischen
Glas und Quarz angestellt werden. Um diese Luftschicht
möglichst gleichmässig machen zu können und zugleich im
Stande zu sein, dieselbe ie nach dem Zwecke des betreffenden
Versuchs nach Wunsch bald dicker, bald dünner zu erhal-
ten, wurde nach der Idee des Hrn. Geheimraths v. Helm-
holtz in der mechanischen Werkstatt von Franz Schmidt
und Hä nsch ein Schraubenapparat hergestellt, dessen Total-
ansicht Fig. 2 zeigt, während in Fig. 3 sein verticaler
Durchschnitt, in Fig. 4 und 5 seine beiden Haupttheile ab-
gebildet sind. Zunächst wurde eine parallel zur Axe ge-
schliffene, quadratische (4.4 cm)2 = 19,36 qcm grosse Berg-
kr) stallplatte speciell gegen eine ebenso grosse und ebenso
geformte planparallele Crownglasplatte so abgeschliffen, dass
man beim Aufeinanderlegen der beiden Platten mit Leich-
tigkeit eine in ihrer ganzen Ausdehnung gleichmässig ge-
färbte Luftschicht erhielt. Hierauf wurde jede Platte in
eine Messingfassung M (s. Fig. 2, 4 und 5) gekittet, und
zwar so, dass die etwa 8 mm dicken Platten auf beiden
Seiten der etwas dünneren Fassung ein wenig hervorragen,
sodass auch jetzt noch die beiden gegen einander abgeschlif-
fenen Flächen in Berührung gebracht werden können —
wenn die acht in der Fassung der Glasplatte angebrachten
Schraubenfedern, deren Köpfe / in Fig. 2, 3 und 4 sichtbar
sind, ausser Thätigkeit gesetzt sind. — Fig. 2 und 4 zeigen
uns die äussere Seite der Fassung der Glasplatte. Die Köpfe
der Federn sind durch einen Kähmen R hindurchgeführt,
welcher vermittelst der gegen die Fassung drückenden
Schraube F schlittenartig gegen dieselbe verschoben werden
kann. Hat der Rahmen R die Stellung der Fig. 2, so ragen
die Enden der Federn auf der inneren Seite der Fassung
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Lichtreflexion an Quarz.
241
über die Glasplatte hervor, wie man es in Fig. 3 angedeutet
sieht, wird er dagegen vermittelst der Schraube F nach oben
verschoben, sodass er die Lage der Fig. 4 erhält, so fassen
die auf dem Rahmen befindlichen keilförmigen Erhöhungen
k die benachbarten Köpfe der Federn /, heben dieselben in
die Höhe und setzen auf diese Weise die Federn ausser
Tbätigkeit, indem dann die Enden derselben auf der inneren
Seite der Fassung nicht mehr über die Glasplatte hervorragen,
sodass man jetzt die Quarzplatte mit der Glasplatte in Berührung
bringen kann. Nachdem man die Federn f auf diese Weise
ausser Tbätigkeit gesetzt hat, legt man die eingefasste Quarz-
platte auf die „innere", in Fig. 4 nicht sichtbare Seite der
Glasplatte, sodass die beiden Platten mit ihren ähnlichen
Fassungen in übereinstimmender Stellung übereinander liegen.
Waren beide vorher sorgfältig gereinigt, so erhält man auch
jetzt mit Leichtigkeit eine vollkommen gleichmässig gefärbte
Luftschicht, da die Platten trotz des Einkittens in die Mes-
singfassungen ihre vorzüglich ebenen Flächen behalten hatten.
Hierauf werden die an den vier Ecken der Glasplattenfas-
sung angebrachten Scbarnire n (s. Fig. 4), welche die
Schrauben * tragen, in die Höhe gehoben und durch die
vier Schrauben s die beiden Platten mit schwachem Druck
zusammengehalten. Wird hierauf der Rahmen R wieder in
seine in der Fig. 2 angegebene Stellung gebracht, so sind
die Federn / in Thätigkeit und haben das Bestreben, die
beiden Platten möglichst voneinander zu entfernen, während
dieselben von den vier Schrauben s zusammengehalten wer-
den. Hierdurch ist es ermöglicht, der Luftschicht auch bei
verticaler Stellung der Platten durch Verstellen der vier
Schrauben s jede gewünschte Dicke zu ertheilen, indem die
Luftschicht wegen der Federn f jedesmal die grösste von
den Schrauben * gestattete Dicke annimmt. Die Symmetrie
der Lage der Federn f trägt wohl dazu bei, dass zugleich
auf diese Weise die Dicke der Luftschicht, wie wir sehen
werden, sehr gleichmässig gemacht werden kann.
Die Totalansicht des Schraubenapparates (Fig. 2) und
der verticale Durchschnitt (Fig. 3) zeigen, wie die beiden in
der beschriebenen Weise zusammengehaltenen Platten über
Ano. d. Phyt. o. Ch»m. N. F. XXX VL 16
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242
R. Ritter.
dem 8pectrometerti8chchen angebracht werden. Die Kreis-
scheibe T wird auf das Tischchen gesetzt und vermittelst
der beiden Schrauben t an demselben befestigt. Sie trägt
ein Ansatzstück A, in welchem eine Schraubenspindel P sich
drehen lässt. In der Fassung der Quarzplatte befanden sich
zwei Oeffnungen (o, b Fig. 5) mit Gewinden; diente die eine
als Schraubenmutter, so war die optische Axe des Krystalls
horizontal; diente die andere Oeffnung als Schraubenmutter,
so war sie vertical, stand also senkrecht zur Einfallsebene.
Das Ansatzstück A war so angebracht, dass die Luftschicht
zwischen den beiden Platten über der Axe des Spectro-
meters zu stehen kam.
Das von mir benutzte Spectrometer — ein alter, sehr
schöner Apparat von Pis tor und Martins — gestattete
eine horizontale Verschiebung des Tischchens von je 1 cm
in zwei zu einander senkrechten Richtungen, deren eine der
Ebene der Platten parallel war; dies war ein grosser Vor-
theil für meine Versuche, indem ich auf solche Weise die
Möglichkeit hatte, auch bei dickeren Luftschichten, wo die
Newton'schen Farben nicht mehr zu erkennen sind, und
überhaupt viel genauer, als es vermittelst der Newton'schen
Farben möglich ist, die Gleichmässigkeit der Luftschicht zu
prüfen, resp. durch Verstellen der Schrauben s zu verbessern.
Betrachte ich nämlich die von der Luftschicht herrührenden
Interferenzstreifen im parallel der Einfallsebene polarisirten
Licht und verschiebe dabei die Luftschicht in ihrer eigenen
Ebene, so werden die Interferenzstreifen nur in dem Fall
ihre Lage im Spectrum unverändert beibehalten, dass die
Luftschicht an allen bei der Verschiebung nach und nach
beobachteten Stellen die gleiche Dicke hat, dagegen bewirkt
auch die kleinste Ungleichmässigkeit der Dicke der Luft-
schicht eine Verschiebung der Interferenzstreifen; sie bleiben
dabei parallel den Fraunhofer'schen Linien, wenn die
Luftschicht nur in horizontaler Richtung ungleichmässig dick
ist, während eine Ungleichmässigkeit in verticaler Richtung
eine Neigung oder Krümmung der Streifen hervorruft. So
kann man sofort die Gestalt der Luftschicht beurtheilen und
weiss, welche der vier Schrauben *, und wie man sie zu ver-
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Lichlreßtxion an Quarz.
243
stellen bat, um die Dicke der Luftschicht gleichmassiger zu
machen. Auf diese Weise kann man die Luftschicht viel
gleich massiger machen, als mit Hülfe des Kriteriums der
überall gleichen Newton' sehen Farbe; sehr häufig erschien
die Luftschicht in ihrer ganzen Ausdehnung — mit freiem
Auge subjectiv betrachtet — gleichmässig gefärbt, während
die Interferenzstreifen bei einer Verschiebung der Platten
merklich wanderten. Bei einiger Ausdauer gelingt es in-
dessen, durch Verstellen der vier Schrauben s dies Wandern
zu vermeiden oder auf ein Minimum zu beschränken und
auf diese Weise die Luftschicht in einer Ausdehnung von
etwa 1 qcm vollkommen gleichmässig dick zu machen.
Die Möglichkeit der Verschiebung des Spectrometertisch-
chens war ein Ersatz für einen empfindlichen Mangel, der
leider einem solchen Schraubenapparat im Gegensatz zur
einfachen Kittbefestigung anhaftet, und der in der grossen
Empfindlichkeit für Temperatureinflüsse besteht. Wir sahen
aus Tabelle I, wie bei einer solchen Kittbefestigung die
Luftschicht während mehrerer Wochen eine nahezu con-
stante Dicke behielt, trotzdem bei jenen Versuchen keine
irgendwie bedeutenden Schutzmaassregeln gegen Temperatur-
einflüsse getroffen worden waren. Beim Schraubenapparat
kann sich die Dicke der Luftschicht schon während weniger
Minuten sehr bedeutend ändern, wenn nicht sorgfältige Vor-
kehrungen gegen Temperatureinflüsse getroffen sind, wenn vor
allem nicht jede Spur von strahlender Wärme abgehalten
wird. Aber selbst bei grösster Vorsicht ist es nicht immer
möglich, Temperaturschwankungen völlig zu vermeiden; so
zeigt sich z. B. an heissen, wolkenlosen Sommertagen, die
andererseits gerade am günstigsten für diese Versuche sind,
fast immer mit dem Ansteigen der Temperatur während des
Tages ein Dickerwerden der Luftschicht.
Ich werde bei Besprechung der Resultate der einzelnen
Versuche auf diese Temperatureinflüsse zurückkommen. Es
wird sich zeigen, dass der beschriebene Schraubenapparat be-
sonders gut zu Messungen der Phasendifferenzen sich eignet,
wobei die Temperaturänderungen nur wenig in Betracht kom-
men und auf einfache Weise eliminirt werden können.
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244
R. Ritter.
2. Bestimmung der Richtung der optischen Axe.
— Da ich die Quarzplatte eingefasst und ohne Angabe der
Richtung der optischen Axe in der geschliffenen Fläche aus
der mechanischen Werkstatt erhalten hatte, so musste ich
diese Richtung auf optischem Wege bestimmen.
Hierzu brachte ich die Platte zunächst zwischen zwei
gekreuzte Nicol'sche Prismen und erhielt aus der Lage der
Platte, bei welcher keine Depolarisation eintritt, die beiden
aufeinander senkrechten Richtungen, von denen die eine die
Richtung der optischen Axe ist. Eine dieser Richtungen
wurde auf der Fassung der Quarzplatte markirt. Um zu
entscheiden, welche der zwei zu einander senkrechten Rich-
tungen die Richtung der Axe ist, bestimmte ich am Spectro-
meter den Winkel, welchen die beiden Ebenen der schwach
prismatischen Quarzplatte bilden, und die Lage der Kante
des Prismas und wusste somit, an welcher Seite die Platte
dicker, und an welcher Seite sie dünner war. Die Richtung
senkrecht zur Prismenkante wurde auf der Fassung markirt,
und zwar als Pfeil, welcher nach der dünnen Seite der Quarz-
platte hinweist (s. Fig. 5). Hierauf untersuchte ich die
Quarzplatte in einem mikroskopischen Polarisationsapparat,
welcher das auf die Platte fallende Licht sehr convergent
machte. Bei Anwendung von homogenem NaLicht zeigte
die etwa 8 mm dicke Platte zwei Hyperbelsysteme, deren
aufeinander senkrechte Axen der Richtung der optischen
Axe und der ihr senkrechten Richtung entsprachen. Der
von den beiden Ebenen der Quarzplatte eingeschlossene
Winkel betrug 10' 20", die Ausdehnung der Platte in der
Richtung senkrecht zur Prismenkante 55 mm, somit der
Unterschied der Dicke an den beiden Enden der Platte in
dieser Richtung: 55 . sin . 10' 20" = 55 . 0.003 = 0,165 mm.
Einem Gangunterschied der zwei den Quarz in normaler
Richtung durchsetzenden Strahlen von einer halben Wellen-
länge entspricht eine Dicke von 0,03237 mm; bei Verschie-
bung der Platte im Polarisationsapparat in Richtung senk-
recht zur Prismenkante musste somit die Mitte des Gesichts-
feldes die Intensität wechseln; war die Mitte anfangs gelb,
so wurde sie allmählich schwarz, dann wieder gelb u. 8. £,
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Lichtreflexion an Quarz.
-45
d. h. sie wechselte fünfmal die Intensität, weil der Dicken-
unterschied von 0,165 mm einer Aenderung der Phasendiffe-
renz der beiden Strahlen von ungefähr fünf halben Wellen-
längen entspricht.
Dabei näherten sich die Hyperbeln des einen Systems
der Mitte des Gesichtsfeldes und den Asymptoten, in wel-
chen sie schliesslich verschwanden, während die Hyperbeln
des anderen Systems sich von der Mitte und den Asympto-
ten entfernten, und von den Asymptoten her immer neue
Hyberbeln dieses Systems auftraten.
Wenn ich die Platte so verschiebe, dass zuerst die
dicken, dann die dünnen Stellen untersucht werden, so ist
die optische Axe der Axe jenes Systems parallel, dessen
Hyperbeln sich der Mitte nähern; denn in ihrer Richtung
nimmt der Gangunterschied der interferirenden Strahlen bei
wachsender Entfernung von der Mitte des Gesichtsfeldes ab.
— Auf diese Weise ergab sich, dass die auf der Fassung
markirte Richtung die Richtung senkrecht zur optischen
Axe ist.
3. Beobachtungen unter beliebigen Einfalls-
winkeln. — Zunächst habe ich zwei Versuche (Tabelle II
und III) bei parallel zur Einfallsebene polar isirtcm Licht gemacht,
um nachzuweisen, dass bei der Reflexion an Quarz unter
beliebigen Einfallswinkeln, ebenso wie bei der Reflexion an
isotropen durchsichtigen Medien, die parallel zur Einfalls-
ebene polarisirte Componente keine Phasenänderung erleidet.
Bei dem einen Versuch stand die optische Axe des Quarzes
senkrecht, beim anderen parallel zur Einfallsebene. Ich
konnte hierbei wieder die Anordnung der Apparate, wie sie
in der Fig. 1 dargestellt ist, anwenden. Die Spaltbreite des
ersten Collimators Cx betrug 4', resp. 5'. Aber selbst ein
Fehler von ±2V2' in der Bestimmung des Einfallswinkels
würde die nach der Formel:
d = 2 mA
2 . COB . a
berechnete Dicke der Luftschicht bei Einfallswinkeln von
40 — 65° nur um 0,086 — ü,0216 des Gesammtbetrages verän-
dern — Grössen, welche nicht in Betracht kommen.
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246
Ii. Hitter
Zur Bestimmung der Einfallswinkel wurde zunächst ohne
dazwischenstehende Platten die Gegenüberstellung von Colli-
mator- und Fernrohr abgelesen, alsdann der Schraubenappa-
rat an das Ansatzstück über dem Spectrometertischchen
angeschraubt, die senkrecht zur optischen Axe der Quarz-
platte stehende Marke an der Fassung derselben horizontal,
resp. vertical gestellt und hierauf die planparallele Glasplatte
und mit ihr die vordere Fläche der schwach prismatischen
Quarzplatte durch Fadenkreuzspiegelung und durch Ver-
stellen der unter dem Spectrometertischchen dazu vorhan-
denen Schrauben parallel zur Umdrehungsaxe des Spectro-
meters, also vertical gestellt. Die zweite Einstellung zur
Bestimmung des Einfallswinkels geschah durch Einstellen
des Spectrometerfernrohres S auf die Mitte des von der
planparallelen Glasplatte gespiegelten Spaltes, weil dies die
schnellste Einstellung ist. Hierauf wurde das Spectrometer-
fornrohr S zur Seite gedreht, das zweite Collimatorrohr Ct
und das Beobachtungsfemrohr F mit Prismensystem für gerade
Durchsicht an seine Stelle gebracht (s. Fig. 1), und mit der
Messung der Interferenzstreifen begonnen. Nach beendigter
Messung wurde zur Controle nochmals das 8pectrometerfern-
rohr S auf die Mitte des von der planparallelen Glasplatte
roflectirten Spaltes eingestellt.
Zu Anfang eines jeden der beiden Versuche war die
Luftschicht zwischen den Platten möglichst gleichmässig ge-
macht worden durch horizontales Verschieben derselben in
ihrer eigenen Ebene und durch Verstellen der Schrauben *
(s. Fig. 2, 3, 4), bis die Interferenzstreifen bei einer solchen
Verschiebung der Platten nicht mehr oder nur ganz unbe-
deutend ihre Lage im Spectrum veränderten. Hierauf wur-
den während eines jeden Versuchs die Schrauben * nicht
mehr berührt, also die Dicke der Luftschicht — bis auf
Temperatureinflüsse — unverändert gelassen. Man darf daher
alle Zahlen d, welche in der Tabelle II, resp. III angegeben
sind, untereinander vergleichen. Doch wird man es begreif-
lich finden, dass die Zahlen rf, welche an einem Tage beob-
achtet sind, besser untereinander übereinstimmen, als sie es
mit an anderen Tagen gefundenen thun. Dass die vorkom-
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Lichtreflexion an Quarz.
247
menden geringen Verschiedenheiten der Zahlen d nicht auf
Phasen&nderungen beruhen, sieht man schon daraus, dass
die absichtlich wiederholten Messungen unter einem schon
früher untersuchten Einfallswinkel dieselben Abweichungen
gegen die früher unter diesem Einfallswinkel gefundenen
Zahlen zeigen, wie die Zahlen verschiedener Einfallswinkel.
Die Verschiedenheiten der Zahlen d sind, sofern sie nicht
in Beobachtungsfehlern ihren Grund haben, die Folge von
wirklichen Veränderungen der Dicke und Form der Luft-
schicht, welche durch Temperaturänderungen oder durch
eine elastische Nachwirkung der Federn / hervorgerufen
werden.
So scheint die grösste Abweichung, die der Zahlen d
vom 14. Februar gegen die Zahlen der folgenden Tage, die
Folge einer Nachwirkung der Federn f gewesen zu sein,
welche am ersten Tage, an welchem die Schrauben s einge-
stellt worden waren, noch nicht zur vollen Geltung gekom-
men sein mögen. Denn die Luftschicht war am folgenden
Tage dicker, trotzdem die Zimmertemperatur um 1,7° C.
gefallen war. Dass aber die Dicke der Luftschicht zwischen
den Platten unter dem blossen Einrluss der Temperatur zu-
gleich mit der Temperatur wächst und abnimmt, tritt in den
späteren Versuchen, welche ich im Sommer bei weit höherer
Temperatur angestellt habe, deutlich hervor und zeigt sich
ebenso in den Zahlen vom 17. Februar, welche ich erhalten
habe, nachdem ich durch Oeffnen der Luftheizungsklappe
die Temperatur absichtlich erhöht hatte. Doch kann man
die Temperatur nicht einfach in Rechnung bringen, weil die
Verhältnisse der Messingfassung und der glatten Oberflächen
der eingefassten Platten zu complicirt sind, und man nicht
annehmen kann, dass alle Theile des Schraubenapparates zu
gleicher Zeit und sofort die Temperatur der den Apparat
umgebenden Luft annehmen, welche in den Tabellen ange-
geben ist; ferner machen die Temperaturänderungen die
Luftschicht nicht einfach dicker oder dünner, sondern ver-
ändern in unregelmässiger Weise ihre Form, indem sie auf
die einzelnen Schrauben und Federn in unregelmässiger
Weise einwirken, wodurch die Luftschicht gewöhnlich un-
Digitized by Google
248
R. Ritter.
gleichmässiger wird. Es bleibt daher nur übrig, die Tem-
peratur während des Versuchs möglichst constant zu erhalten
und die Messungen möglichst schnell auszuführen, um eine
grössere Anzahl Zahlen in verhältnissmassig kurzer Zeit
zur Vergleichung zu erhalten. Die angegebenen Wellen-
längen sind daher das Mittel aus nur drei, übrigens gut
übereinstimmenden Mikrometereinstellungen. Sie sind in bei-
den Tabellen in der Reihenfolge angegeben, in welcher sie
gemessen worden sind. Die mit * bezeichneten Zahlen sind
nur geschätzt.
Tabelle II.
Luftschicht zwischen Glas und Quarz im parallel der Einfallsebeiie
polarisirten Licht.
Optische Axe senkrecht zur Einfallsebeue.
Datum
IM
d Temp. Datum a
14. 2. 87. 53° 56'
15. 2.
16. 2.
8 6 »5,7 445« 16.8« C.
9 584,4 4467
10 526,7 4473
III 47(>,0 4475
f 1 21 4S8.7* 441V
40° 12 572,8* 4487* 16,7
11 490,9* 4486*
40 11
55
55
632,4
12 580.2
13 536,7
14j 4*8,0
15 165,1
16 436,2
I i 580,9
S 649,5
9, 578,0
10 520,7
II 473,3
4540 15
4544
4554
4551 15,2
4554
4555
4550
4529
4535
4539
4538
15,3
15,4
Mi,4
|12 433,9 4539
81 653,0
9 581,3
10 523,0
11 475.9
4554
4561
4539
4563
16,'.
16,4
16.2. 87.
17.2.
X*"'}
60
65
55
52
52
8 621,3
9 553,3
10 497.7
11 452,4
414,6*
653,3
572,8
509,5
458,4
416.6
646,0
555,1
12
7
8
9
10
11
6
7
8 484,9*
9 '582,7
10 524,4
I 1 477.0
13 432,6
12 469,1
11 511,4
10 562,4
9 624,4
9 629,4
10 15 >6,8
II 515,3
12 472.7
13 436,4
10 568,3
d Temp.
4563 16,8* C
4572
4569 16,5
4568
4568* 16,3
4573 lf>
45>2
4585
4584
4583
4586 16
4598
4589* 16,1
4571 15,8
4571
4. »74 16
4567 1 5,8
4571
4568
4. ^6 7
4564
4600
4603
4603
4b06
4607
4615
20,2 l|
20,5
21
1) Bei offener LufthoizungsMapp*'.
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Lichtreflexion an Qiiarz.
249
Tabelle III.
Luftschicht zwischen Glas und Quarz im parallel zur Ehifalleebeue
polaristrten Licht.
Optische Aze parallel der EinfallfcbiMu'.
1 >&tum o 77i
d Temp.
11.3.87. 54° 10
11
12
13
14
15
16 422,4
674,0 5733
614,7 5752
5750
5749
5750
57^9
5749
18»C.
563,3
519,9
4*2,8
450,6
57
15
14
13
12
11
10
20
415.5 5722
445,7 5729
4*0,0 5729
519.6 5725
567,6 5732
623,2 5722 19,6
59
50
Dutum a TO
Temp
18.3.87.50° 11 665,8 5699 19°C.
12 611,2 570)
564,1
523,3
488,3
457,5
13
14
15
16
17
40
13
14
15
15
16
17
18
19
20
21
430,3
670,6
623,4
5*2,3
:>704
5699
56 9 7
5094
56t«0
5690
5697
5701
5*3,5 5713
547,9 : 5722
514,3 ; 5707
4*6,0 5710
460,7 ,5714
437,*: 5713
416,7 5712
20
20,4
10 5*9,1 5719
11 536.1 5725
12 490,7 5717
13 453,2 5720! 20
12 612,3 5715 ; 20,6
13 565,8 1 5721
14 525,6 5724
15 490,5 5723
Ausser der directeti Wirkung von Temperaturänderungen
und elastischer Nachwirkung müssen die Beobachtungsfehler
erwähnt werden, welche daraus entstanden, dass nicht immer
ganz dieselbe Stelle der Luftschicht und hierdurch, nachdem
die Luftschicht durch Temperatureinflüsse und elastische
Nachwirkung etwas ungleichmässig geworden war, verschie-
den dicke Stellen der Luftschicht zur Untersuchung kamen.
So zeigt sich z. B. an den Zahlen des 16. Februar da*
Folgende : das Sonnenbildchen auf der Linse des ersten Col-
limators wurde immer genau auf derselben Stelle erhal-
ten; würden die Strahlen in gerader Linie bis zur Luftschicht
gelangen, eo würden sie also stets dieselbe Stelle der Luft-
schicht treffen; da sie aber bei verschiedenen Einfallswinkeln
verschieden starke Ablenkung in der planparallelen Glas-
platte erleiden, so geschieht dies nicht. Bei grösseren Ein-
fallswinkeln (a = 65°) wurden dickere Stellen getroffen, als
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250
H. Ritter.
bei kleineren. Daher der Verlauf der Zahlen d am 16. Februar.
— Beim Einfallswinkel « = 40° am 15. Februar war dieser
Fehler durch eine kleine Verschiebung des Tischchens com-
pensirt worden. — Die hieraus entstandenen Abweichungen
verdecken in den Tabellen II und III meistentheils die
Richtung der Temperatureinflüsse. Bei den späteren, in
Tabelle IV, V und VI mitgetheilten Versuchen fallen die
von der Ablenkung in der planparallelen Glasplatte herrüh-
renden Fehler fort, weil dort die Einfallswinkel nur wenig
verändert wurden.
4. Beobachtungen in der Nähe des Hauptein-
fallswinkels. — Bei den bisher mitgetheilten Versuchen
konnte die in Fig. 1 dargestellte Anordnung der Apparate
angewandt werden, da es sich in diesen Versuchen nur um
qualitative Untersuchungen handelte. Will man aber die in
der Nähe des Haupteinfallswinkels erhaltenen Zahlen zu
Messungen der absoluten Phasenänderungen der senkrecht
zur Einfallsebene polarisirten Componente (Phasendifferenzen
der beiden Componenten) verwenden und hieraus den Haupt-
einfallswinkel berechnen, so ist eine vollkommen genaue Be-
stimmung des Einfallswinkels unbedingt nothwendig, da be-
kanntlich die Phasendifferenzen äusserst schnell sich mit dem
Einfallswinkel ändern. Ich habe deshalb bei allen folgenden
Versuchen das zweite Oollimatorrohr Ct beseitigt (s. Fig. 6)
und das Beobachtungsfernrohr F auf den schmalen Collima-
torspalt 5, eingestellt, welcher so breit war, dass er gerade
noch deutliche Fraunhofer 'sehe Linien lieferte. Die Ein-
fallswinkel wurden in ähnlicher Weise wie für Tabelle II
und III vermittelst des Spectrometerfernrohrs £ gemessen.
Sie sind bis auf ± 30'' genau. Das Spectrometer erlaubte
zwar, die Einfallswinkel noch viel genauer zu messen, allein
es kam darauf an, möglichst schnell zu beobachten, um eine
möglichst grosse Anzahl Zahlen zur Vergleichung zu erhal-
ten. Daher wurde auch nur an einem der beiden mit dem
Spectrometerfernrohr S fest verbundenen Mikroskope m ab-
gelesen , sodass die Excentricität des Spectrometers beim
möglichen Fehler in Rechnung gezogen werden musste.
Die Tabellen IV und V geben die bei verschiedenen
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Licht reflexion an Quarz.
251
Einfallswinkeln a gemessenen Wellenlängen, A" und A-L, der
Interferenzstreifen im parallel und senkrecht polarisirten
Licht (Columne 3 und 4), und die aus denselben nach der
Formel:
• in . i.
2 . cos . a
berechneten Grössen d11 und dl- (Columne 5 und 6) in Mil-
liontelmillimetern. Columne 7 gibt die Zimmertemperatur t
in Celsiusgraden an. Es dürfen in diesen Tabellen nur die
Zahlen rf11 und dl- , xoelche an einem und demselben Tage beob-
achtet worden sind, verglichen werden, da zwischen den einzelnen
Beobachtungstagen die Schrauben s (Fig. 2, 3, 4) verstellt
und somit die Dicke der Luftschicht verändert worden war.
Die Wellenlängen X 11 sind das Mittel aus drei Einstellungen,
die Wellenlängen im allgemeinen das Mittel aus fünf
Einstellungen des Ocularmikrometers M. Die Zahlen A!l und
d' sind innerhalb eines jeden Beobachtungstages in der
Reihenfolge angegeben, in welcher sie gemessen worden sind.
Tabelle IV.
Luftschicht zwischen Glas und ^uarz.
Optische Axe ßenkrecht zur Eiufallsebene.
a
l l± d\\ d± t
?)6« -' 12 517,9 519,6 5557 5575 24,2»
13 478,4 479,9 5561 5578
56 15 12 |515,0 517,7 5562 5591 1
13 '476,2 478,1 5571 5593
56 30 12 512,9 516,1 5576 5610'
13J473,7 477,2 5579 5620 25,4
f; 56° 45' 8 462,6 478,8 3375 3493 23°
7
8
7
7
8
K - 7
56 50
56 55
529,6 548,3 3380 3500
462,8 482,8 3884 3530 23,4
528,8 559,5 3383 3579
1528,9 565,7 13391 362723,7
1463.71491,713398 3603,
528,3 573,8 3395 3687 24,4
s 46M 491^8 3396 8612
I
Ali U d d± t
57
0 15 12 521,4 563,6
13 481,9 513,4
11 570,1.
57 30 11 568.01
12 520,0 564,6
13 480,4 516,9
57 45 12 516,2 562,8
13 477,0 514,5
11 564,0
57 - 13 486,1 506,1
12 526,6
11 575,4|
5783 6251 25° »)
5790 6169
5796 26,2
5814
5807 6305
5812 6253
5804 6328 26,9
5810 6267
5813
5801 6040 27,2
5801
5811
1) am 22. 7. 87. 2) am 25. 6, 3) am 14. 7 beobachtet.
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252
R. Ritter.
Tabelle V.
Luftschicht zwischen Glas und Quarz.
Optische Are parallel der Einfallsebene.
56 55
57
57
•) 56° 50' 7 559,4 591,8 3579 3786 22,2'
! 8 489,4 508,9 3578 3721
7 5KO,7 598,3 3595 3836 22,6
: 8 490.8 516,3 3597 3783 23
— 7 561,3 601,8 3607 3864
8 492,1 519,7 3614 3*17
5 8 492,4 521,4 3625 3838
7 564,0 605,9 3632 3902 23,5
57 10 7 564.4 609,4 3643 3934
S 492,9 525,3 3636 3875 23,6
*) 57° — 10 438.5 458,5 1 4026 4209, 22»
9 487,7 512,2 '4030 4232
' 8 549,5 4036
S 583,4 1 4285
8 550,7
^4045
i
56 30 8 559,5 56«,0 4055 4102 22,9
9 497,7 501.3 1 4058 4087
10 448,1 452,2*,4059 4096
56° 45' 9 542,9 555,6 4456 4560 24.1 0
10 489,1' 4460
:i0, 499,4: 4554
10 489,61 "4465! 24,5
— 9 5 43,9; 573,1 .4494 4735 25
5
10 489,4
10; 510,4
10489,9
4493
4686
4497
57» 20 12 527,0 559,7 5858 6222 27,5»
,13 486,3 510,2 5856 6144
57 40 12 527,7
13
,11 576,8
574,5,5920 6445 2S.7
524,7f 6377
5931
58 — 1 12 523,7 570,9 5930 6464 29.1
|13, 522,0, 6403
11(572,5 r>942
Man ersieht aus diesen beiden Tabellen, daas das
parallel der Einfallsebene polarisirte Licht auch in der Nähe
des Haupteinfallswinkels ohne Phasenänderung reflectirt wird,
und dass die mit dem ßabinet'schen Compensator beob-
achteten Phasendifferenzen nur von einer Phasenänderung der
senkrecht polarisirten Componente herrühren. — Solange das
Nicol'sche Prisma nur eine Spur von parallel polarisir-
tem Licht durchliess, hatten die Interferenzstreifen die ihnen
in diesem Lichte zukommende Lage im Spectrum, und erst im
Augenblick, wo das Nicol die Stellung einnimmt, in welcher
es nur senkrecht polarisirtes Licht hindurch lässt, tritt ein
plötzliches Ueberspringen der Streifen in ihre neue Lage
ein, was einen sehr interessanten Anblick gewährt.
Das von der vorderen Glasfläche und von der hinteren
Quarzttäche retiectirte Licht wurde durch den Schirm r
(s. Fig. 6) abgeblendet, dessen verticaler Spalt etwa 1 mm
breit war; trotzdem waren dielnterferenzstreifeu bei gleich-
mässiger Luftschicht in beiden Lichtarten vollkommen
schwarz, und konnte dies als nothwendiges Kriterium für
1) am 27.6.; 2) am 29.6.; 8) am 4.7.; 41 am 29.7. beob.
kJ by Googli
Lichtreflexum an Quarz.
253
die Gültigkeit der Versuche dienen: die Luftschicht rausste
mindestens so gloichmässig sein, dass die Streifen vollkommen
schwarz erschienen. Die Interferenzen im senkrecht polari-
sirten Licht hatten gewöhnlich die Form Ton schwarzen
Flecken, da der obere und untere Theil des Gesichtsfeldes
noch von parallel polarisirtem Licht erleuchtet wurde.
Das geringe Wachsen der Zahlen d [ — hauptsächlich in
der Tab. V — ist offenbar die Folge des im Laufe des Tags
eintretenden Temperaturanstieges, welcher sich gerade an
völlig wolkenlosen und daher heissen Sommertageu am schwie-
rigsten vermeiden lässt. In Tab. VI theile ich einen Ver-
such vom 30. Juli 1887 mit, bei welchem die optische Axe
parallel der Einfallsebene war, und bei weichein ich nur die
Interferenzstreifen im parallel polarisirten Licht gemessen
habe. Dieser Versuch zeigt freilich auch ein allmähliches
Ansteigen der Zahlen dtt, doch kann er trotzdem als Er-
gänzung der Tab. V dienen, wenn man z. B. in der letzteren
die Zahlen vom 29. Juni und vom 29. Juli mit den Zahlen
der entsprechenden Einfallswinkel in der Tab. VI vergleicht
Bei diesem Versuch wurden die Streifen während des Tags
etwas geneigt gegen die Fraunhofer'schen Linien, dafür
blieb aber die Luftschicht in horizontaler Richtung recht
gleichmässig; und es wurde genau darauf geachtet, dass
immer dieselbe Stelle der Luftschicht untersucht wurde.
Tabelle VI.
Luftschicht zwischen Glas und Quarz im parallel zur Eiufallsebene
polarisirten Licht.
Optische Axe parallel der Einfallaebeuc.
a mi d II t I ii in k d t
5*5» 30' 10 642,2 58 18 28,5°
11 583,7 5816
12 534,6 5812
13 493,4 5811
14 459,1 5823
15 428,'J 5*24
16 402,0 1 5827
56° 45 10 641,5 5850
11 582,5 i 584 3
Iii 534,0 5844
13 492,7 5841
14 ! 45M, 1 5849
15 427,5 5848
16 400,6 1 5845
Digitized by Google
254
Ii. Ritter.
57° — ' 10 639,4 5870 1 29,2°
11 5H1,6 5878
12 532,» 5S70
13 491,8 5869
; 14 457,8 58x4
15 427,1 5881
16 400,5 58 83
57 15' 10 637,5 5892
11 579,0 5887
12 530,9 5888
13 490,1 5889
14 455,4 5893
15 424,8 5889
57° 30' 10 684,2 5902 1 30°
tl 576,5 5901 i
12 527,4 5889
13 487,2 5894
14 452,6 5897
57 45 10 630,3 5906
11 573,7 5913
12 525,1 5904
13 484,7 5904
14 450,7 5912 30,2
5. Phasendifferenzen. — Aus den in den Tabellen
IV und V mitgetheilten, sowie aus meinen übrigen Mes-
sungen, habe ich die Phasenänderungen der senkrecht zur
Einfallsebene polarisirten Componente bei der Reflexion in
Luft an Quarz + derjenigen in Luft an Glas berechnet.
Die interferirenden Wellenlängen im senkrecht zur Einfalls-
ebene polarisirten Licht genügen der Gleichung:
2d. cos. u + A - A' + D1 + D2 = m.A-S
wo in unserem Special falle Ay Ä, Dx und Dt die Phasen-
verzögerungen bei der Reflexion in Luft an Quarz, in Glas
an Luft und bei der Brechung in der die Luftschicht be-
grenzenden Glasfläche bedeuten. Bezeichnen wir mit A} die
Phasenverzögerung bei der Reflexion in Luft au Glas unter
dem Einfallswinkel «, und machen wir die Annahme:
A' = - Ax\ j^ + Z^O,
d. h. die Annahme, dass bei innerer und äusserer Reflexion
am Glase unter den entsprechenden Einfallswinkeln die
senkrecht polarisirte Componente entgegengesetzt gleiche
Phasenänderungen, und dass sie bei der Brechung im Glase
keine Phasenänderungen erleidet, so geht die obige Gleichung
für die Interferenzstreifen im senkrecht polarisirten Licht
über in die Gleichung:
2d. cos . a + A + Ax = m .
und man erhält zur Berechnung der Summe A + Ax :
A + Ax — m . I- — 2d. cos . u.
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Lichtreflexion an Quarz.
255
In dieser Gleichung sind ro, X±f a die bekannten zu-
sammen gehörenden Grössen, wie sie in allen bisherigen
Tabellen stets in gleicher Weise bezeichnet worden sind;
d dagegen ist die wirkliche Dicke der Luftschicht, welche
ich immer aus dem unmittelbar vor oder nach dem betref-
fenden X- gemessenen Xn nach der Formel:
= 27coe . a
berechnet habe (und nicht etwa als das Mittel aus den ver-
schiedenen Zahlen <fn), um möglichst genau die Dicke zu
erhalten, welche die Luftschicht während der Messung des
betreffenden gehabt hatte. — Vom 14. Juli an habe ich
übrigens bei der Messung der XL immer das folgende Ver-
fahren eingeschlagen, welches die aus denselben berechneten
Phasenänderungen von Aenderungen der Dicke der Luft-
schicht während der Messung unabhängig macht; ich habe
nicht den Abstand des Streifens im senkrecht polarisirten
Licht von der benachbarten Fraunhofer 'sehen Linie, son-
dern den Abstand desselben vom nächsten Interferenzstreifen
im parallel polarisirten Licht raikrometrisch bestimmt, und
erhielt hieraus und aus der Lage des betreffenden parallel
polarisirten Streifens die Wellenlänge des senkrecht polari-
sirten Streifens. Aus den beiden zusammen gemessenen
Streifen X1' und X1- wurde die Phasenänderung von X1- be-
rechnet nach der Formel:
A + Ax = m.A-L - (m - n)XK
wo je nach dem Einfallswinkel n = 0 oder n = 1 war, da
natürlich derjenige Interferenzstreifen im parallel polarisir-
ten Licht benutzt wurde, welcher dem senkrecht polarisirten
Streifen am nächsten lag. Aenderte sich während der Mes-
sung die Dicke der Luftschicht durch Temperatureinflüsse,
so wurde hierdurch die Lage der beiden Streifen im Spec-
trum in gleicher Weise verändert, sodass ihr Abstand un-
geändert blieb.
Der Schraubenapparat ist überhaupt mehr zu Messungen
der Phasendifferenzen geeignet, als zu der Untersuchung, welche
der beiden Componenten eine Phasenänderung erleidet, und
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R. Ritter.
i
welche nicht; denn bei dieser Untersuchung handelt es sich
vor allem darum, eine möglichst grosse Anzahl Zahlen d
zur Vergleichung zu erhalten; dies erfordert selbst bei sehr
schneller Beobachtung eine Zeit von einiger Dauer, während
welcher leicht Aenderungen in der Dicke und Form der
Luftschicht eintreten. Dagegen kann man bei der Messung
der Phasendifferenzen zur Zeit sich mit der MessuDg weniger
Streifen begnügen, kann diese Messungen um so genauer
ausführen und nach Belieben, sobald die Luftschicht nicht
mehr ganz gleichmässig ist, durch Verstellen der Schrauben s
die vollkommene Gleichmässigkeit derselben wiederherstellen,
da es in diesem Falle gar nicht darauf ankommt, dass die
Dicke der Luftschicht immer dieselbe bleibt. Hierzu kommt
noch der Vortheil, dass man jede halbe Stunde Sonnenschein
benutzen kann.
Schliesslich setzt uns der Schraubenapparat in den
Stand, die Phasenänderung jeder beliebigen Wellenlänge zu
messen, indem man durch Verstellen der Schrauben s der
Luftschicht eine solche Dicke geben kann, dass im senkrecht
polarisirten Licht ein Streifen in dem gewünschten Theile
des Spectrums auftritt. Der Schraubenapparat kann somit
dazu dienen, den Haupteinfallswinkel als Function der Wel-
lenlänge zu untersuchen.
Meine Messungen waren zunächst Tür die Tabellen IV
und V bestimmt; die aus ihnen berechneten, in den Tabellen
VII und VIII mitgetheilten Phasenänderungen erreichen
daher nicht die grösste von der Methode gestattete Genauig-
keit. Doch tritt in denselben im grossen und ganzen her-
vor, dass. wie zu erwarten war, der Haupteinfallswinkel bei
abnehmender Wellenlänge grösser wird.
Ich habe in den Tabellen VII und VIII die erhaltenen
Resultate zunächst nach den Einfallswinkeln, innerhalb dieser
nach den Versuchstagen, und innerhalb der Versuchstage
nach steigenden Wellenlängen geordnet; Columne 3 enthält
die Summe der Phasenänderungen der senkrecht polarisirten
Componente (Phasendifferenzen der beiden Componeuten) bei
Reflexion in Luft an Glas und in Luft an Quarz, gemessen
durch die Wellenlänge AA, welche die betreffenden Phasen-
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Lichtrefiexion an Quarz.
257
änderungen erleidet. Columne 4 gibt, ohne Rücksicht auf
die Wellenlänge, die Mittel aus allen in Columne 3 für den
betreffenden Einfallswinkel angegebenen Phasendifferenzen
{mit Ausschluss der mit * bezeichneten); Columne 5 gibt
die Zimmertemperatur während der Messung in Celsiusgraden
an, Der Vollständigkeit wegen habe ich auch die ungenauen
Zahlen (welche entweder nur geschätzt sind, oder wo die
Luftschicht schon so ungleichmässig geworden war, dass die
Streifen nicht mehr ganz schwarz erschienen) mit * bezeich-
net beigefügt, sodass in den Tabellen VII und VIII alle
während der Zeit vom 25. Juni bis zum 20. Juli 1887 ge-
messenen Wellenlängen X1- im senkrecht zur Einfallsebene
polarisirten Licht nebst den aus denselben berechneten
Phasendifferenzen mitgetheilt sind.
Tabelle VII.
Phasendifferenzeu.
Optische Axe des Quarzes senkrecht zur Einfallsebenu.
56»- 479,9
519,6
56 15 4 78,1
517,7
56 30 477,2
516,1
56 45 478,8
548,3
519,4*
56 50 482,8
559,5
0,041 0,040 24,2°
0,039
0,052 0,057
0,063
0,095 0,084
0,074
56 55 491,7
565,7
0,271
0,239
0,189*
0,3.'<1
0,384
0,255 23
I
25,4
0,357 23,4
0,456 0,455 23,7
0,455
i
A+J* Mittel
57° -
57 5
57 15
491,8
573,8
499,3
546,6
0,478 0,512
0,555
0,502
0,509 ;
506,1 0,514
504,8
557,6
563,6 0,873
57 30 516,9
I 564,6
57 45 514,5
562,8
0,644 0,680
0,716
24,4°
JA
27,2
24,-1
51H,4 0,M13 0,843 25
0,928 0,931
0,934
26,2
0,960 0,96S 2(5,9
0,977
d. Phyr u. Cham. N. F. XXXVI.
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258
R. Ritter.
Tabelle VIII.
Phasendifferenzen.
Optische Axe parallel der Einfallsebene.
cx
Mittel
a
56° 30'
1 452,2*
501,3
566,0
0,091*
0,065
0,092
0,078 | 22,9°
t
0,203 24,1
56 45
499,4
555,6
0,201
0,206
57° 10'
56 50
508,9
591,8
0,307
0,383
0,345
22,2
56 55
516,3
598,3
0,395
0,440
0,417
22,6
519,7
601,3
458,5
512,2
583,4
510,4
573,1
0,425
0,466
0,436
0,430
0,457
0,407
0,459
0,440
23
22
25
23,5
25,7
57 15
57 20
57 5
521,4
605,9
486,4
530,9
' 534,1
0,445
0,484
0,486*
0,468
0,486
0,468
57 40
58 -
Mittel
488,0
534,8
512,0
558,5
525,3
609,4
454,3
508,9
578,1
536,6
513,6 •
559,3
517,1
564,3 i
514,8*
586,4*
510,2
559,7
524,7
574,5
522,0
570,9 |
0,445
0,469
0,457
0,494
0,493
0,517
0,522
0,508
0,513
0,525
0,481
0,498
0,533
0,572
0,^44*
0,687'
0,609
0,701
0,931
0,956
0,961
0,969
0,468 27,7°
27
0,507 23,6
24
27,1
0,552 28
0,655 25,7
27,5
0,948 28,7
0,965 29,1
Die beiden Tabellen zeigen einen merklichen Unterschied
in der Grösse des „mittleren Haupteinfallswinkels von Glas
und Quarz" — wie ich den Einfallswinkel, für welchen
(J + Jj)//.- = 0 5 ist, nennen will. Die in Columne 4 fur
jeden Einfallswinkel berechneten Mittel aus den gemessenen
Phasen&nderungen sind sämmtlich in Tab. VII grösser, als
in Tab. VIII. Man erhält in Tab. VII aus diesen Mitteln
den „mittleren Haupteinfallswinkel von Glas und Quarz'*
= 56° 59' für den Fall, dass die optische Axe des Quarzes
senkrecht zw Einf allsebene steht, dagegen in Tab. VIII für
diesen Winkel den Werth 57° 9' für den Fall, dass die opti-
sche Axe der Einf allsebene parallel ist. Da dieser Unterschied
nicht von der isotropen Glasfläche herrühren kann, so muss
man ihn einer Verschiedenheit des Haupteinfallswinkels am
Quarz, jenachdem die optische Axe senkrecht oder parallel
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Lkhtrefiexion an Quarz.
259
zur Einfallsebene ist, zuschreiben. Die Quarzplatte und die
Glasplatte sind beide im Herbst 1886, also etwa neun Monate
vor diesen Versuchen geschliffen und mit dem gewöhnlichen
Polirmittel (Eisenoxyd) polirt worden. Man muss daher an-
nehmen, dass dieselben mit einer fremdartigen Oberflächen -
schicht behaftet waren. Diese Oberflächenschicht, welche
wohl den absoluten Werth des Haupteinfallswinkels verän-
dern mag, verdeckt also nicht die Verschiedenheit desselben
je nach der Lage der optischen Axe zur Einfallsebene, trotz-
dem diese Verschiedenheit wegen der schwachen Doppel-
brechung des Quarzes nur eine geringe ist Dies hat seinen
Grund wohl darin, dass die Oberflächenschicht in beiden
Fällen den Haupteinfallswinkel in derselben Richtung ver-
ändert.
Ueber die elliptische Polarisation bei der Reflexion an
doppeltbrechenden Medien ist bisher nur wenig Experimen-
telles veröffentlicht worden.
Jam in gibt zwar in seiner Tabelle1) die Haupteinfalls-
winkel verschiedener doppeltbrechender Substanzen an, doch
immer für jede Substanz nur einen Werth desselben. Hr.
K- Schmidt2) hat die Reflexion am Quarz nicht in Bezug
auf die Doppelbrechung untersucht. Uebrigens wäre es mit
den bisherigen Methoden kaum gelungen, einen Einfluss der
schwachen Doppelbrechung des Quarzes auf den Hauptein-
fallswinkel nachzuweisen, weil die Ungenauigkeit derselben
in der Bestimmung des Einfallswinkels Beobachtungen von
fünf zu fünf Minuten nicht zulässt.
Hr. E. Schenck5) hat bei seinen Beobachtungen über
die elliptische Polarisation bei der Reflexion an zwei ein-
axigen, electiv absorbirenden Krystallen, am Rothgültigerz
und Magnesiumplatincyanür, auf die Lage der optischen Axe
Rücksicht genommen; doch sind die complicirteren Verhält-
nisse jener Krystalle zur Vergleichung mit Quarz nicht
geeignet.
1) Ja min, Ann. de chim. et de phys. (3) 29. p. 303. 1850.
2) K. Schmidt, Wied. Ann. 29. p. 451. 1886.
3) E. Schenck, Wied. Ann. 15. p. 177. 1882.
17*
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260
R. Ritter.
i
Am besten lässt sich mein Resultat am Quarz mit den
Beobachtungen Brewster's1) und Seebeck's3) über die
„Polarisationswinkel" am Kalkspath und mit den Formeln,
welche Neu mann3) für den „Polarisationswinkel" an durch-
sichtigen einaxigen Krystallen abgeleitet hat, vergleichen.
Brewster hat zuerst am Kalkspath4) eine Verschieden-
heit des Polarisationswinkels je nach der Lage der reflecti
renden Fläche und der Einfallsebene zur optischen Axe be-
obachtet. Er findet fur den Polarisationswinkel y einer
gegebenen Fläche des Kalkspaths die empirische Gleichung:
cp = a + {ß — er) . sin 8 . w ,
wo o) den Winkel zwischen Hauptschnitt und Einfallsebene,
und wo a und ß die Werthe des Polarisationswinkels, wenn
der Hauptschnitt parallel und senkrecht zur Einfallsebene
ist, bedeuten, und wo ß > a ist. D. h. der Polarisations -
winkel ist ein Maximum, wenn der Hauptschnitt senkrecht
zur Einfallsebene, ein Minimum, wenn der Hauptschnitt der-
selben parallel ist.
Seebeck hat die Versuche Brewster's am Kalkspath
wiederholt und vervollständigt Er hat durch zahlreiche
Messungen an natürlichen und geschliffenen6) Flächen sowohl
die Abhängigkeit des Polarisationswinkels vom Winkel zwischen
Einfallsebene und Hauptschnitt (o>), als auch diejenige vom
Winkel zwischen der rettectirenden Fläche und der optischen
Axe (90°— A) untersucht, und fand für den Polarisations-
winkel qp, zunächst für eine gegebene Fläche des Kalkspaths:
(1) fM • cos2 . « +f(ß) . *ins • «
und hierauf für a und ß:
1) Brewster, Phil Trans, p. 145. 1819.
2) Seebeck, Pogg. Anu. 21. p. 290. 1831.
3) Neumann, Abh. d. Berl. Acad., Math. CL, p. 1. 1835.
4) Brewster hatte auch an einer Fläche des zweiaxigeu Krystalls
„Chromate of lead" (Bleichromat, Rothbleierz, krystallisirt monoklin) eine
Verschiedenheit des Polarisationswinkels von 2° 6' je nacli der Lage der
Einfallsebene beobachtet
b) Hier hatte schon Seebeck mit dem EinÜuss der vom Poürmittel
herrührenden Oberflächeuschicht zu kämpfen, den er schliesslich durch
Anwendung von Kreide als Polinnittel auf ein Minimum beschrankte.
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Lichtrefiexion an Quarz.
261
;2) f(u) . sin3. /. + /(c). cos2. A.
wo a, b und c die Polarisationswinkel für eine der optischen
Axe parallele Fläche, wenn die Einfallsebene parallel und
senkrecht zur optischen Axe, und für eine zur optischen
Axe senkrechte Flache bedeuten. See beck fand eine ge-
nauere Uebereinstimmung der Formeln (1) bis (3) mit den
Beobachtungen, wenn man für die Function / nicht wie
Brewster für Formel (1) den Winkel selbst, sondern den
sinus oder cotg desselben setzt — und entschied sich zunächst
für den cotg.
Durch die Gleichungen (1), (2), (3) ist der Polarisations-
winkel fp für jede beliebige Fläche (X) und Lage der Ein-
fallsebene (w) gegeben, sobald a, b — die Polarisationswinkel
in den zwei Hauptlagen an einer der optischen Axe paral-
lelen, und c — der Polarisationswinkel an einer zur optischen
Axe senkrechten Fläche bekannt sind. Die nächste Aufgabe
war nun, diese drei Grössen durch die Constanten des
Krystalls, den ordentlichen (n) und den ausserordentlichen
Brechungsexponenten (m) auszudrücken. Seebeck fand fol-
gende empirische Formeln:
(4)tg.Ä=n, 5) tg.a = ».j/£_J, 6) tg.c = m.j/»~~J.
In einer späteren Abhandlung1) hat Seebeck versucht,
diese Formeln theoretisch zu begründen, und erhielt unter
Zugrundelegung der Fresnel'schen Principien (ausser der
Formel: tg£= n) für den Fall, dass der Hauptschnitt mit
der Einfallsebene zusammenfällt, die Gleichung:
(7) sin2.a =
(1 — /i'i.sin*. A + (1 - f%).coat.l
1 1
wo: — = n: — — m
In dieser Gleichung sind die Formeln (5) und (6) enthal-
te Seebeck, Pogg. Ann. 22. p. 126. 1831.
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262
R. Bitter.
ten, wie man sich sofort überzeugt, wenn man A = 0, und
X = 90° setzt; sie lässt sich auch so schreiben:
woraus man erkennt, dass die Gleichung (7) nichts anderes
ist, als die Gleichung (2), in welcher für die Function f statt
des cotg das Quadrat des sinus zu setzen ist.
Eine allgemeine Gleichung für den Polarisationswin-
kel bei der Reflexion an durchsichtigen einaxigen Kry-
stallen hat zuerst Neumann1) abgeleitet. Dieselbe geht für
den Fall, dass Hauptschnitt und Einfallsebene zusammen-
fallen, in die Gleichung (7), — für den Fall: X = 90°, w = 90°,
in die Gleichung: tg£ = n über. Die Formeln (4), (5), [6)
sind somit von Neu mann abgeleitet worden.
Für andere Azimuthe als oj = 0 bleibt bei Neumann
der Polarisationswinkel durch eine ziemlich complicirte
Gleichung bestimmt, die indessen bei der Berechnung keine
wesentlichen Abweichungen von den einfachen empirischen
Formeln (1) und (3) zeigt und mit den Messungen See-
beck's ebenfalls gut übereinstimmt.2)
Ich stelle zunächst in Tab. IX die Polarisationswinkel
a, c, welche Seebeck in den drei Hauptlagen beobachtet
hat, mit denjenigen, welche er nach den Formeln (4), (5),
(6) berechnet hat, zusammen.8)
Ferner habe ich aus den Brechungsexponenten, welche
1) Neumann, Abh. der Berl. Acad. p. 1. 1835.
2} Neumann, 1. c. p. 38 u. 39.
3) Die Zusammenstellung der übrigen von See beck beobachteten
und berechneten Polarisationswinkel a. Pogg. Ann. 21. p. 309. 1831 und
Pogg. Ann 22. p. 135. 1831.
(8)
sin2, a = sin2, a . sin2. K + sin2, c . cos2. X,
Tabelle IX. (Kalkspath.)
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Lichtreflexion an Quarz.
263
Rudberg1) für Quarz für die Fraunhofer'schen Linien
D, E, F angibt, nach den Formeln (4), (5), (6) die Grössen
a. b, c berechnet und in Tab. X zusammengestellt.
Tabelle X. (Quarz.)
n
in
. i
b
c
D
1,51418
1.55328
57° 20 2
57° 4,4'
56° 57,8'
E
1,54711
1,55631
57 23,2
57 7,4
57 0,8
F
1,54965
1 ?o5894
57 25,9
57 9,9
57 8,3
Da Quarz positive Doppelbrechung besitzt, so ist für
ihn a > b > c.
Die Differenz a — b beträgt in der Tab. X etwa 16'
Meine Versuche ergeben a>b und die Differenz der „mitt-
leren Haupteinfallswinkel von Glas und Quarz" in den bei-
den Lagen der optischen Axe 10', was mit der aus den
Formeln (4). (5), (6) berechneten Differenz a — b sehr gut
übereinstimmt, wenn man bedenkt, dass wegen der Ueber-
einanderlagerung der Phasenänderungen an Glas und Quarz
die Differenz der beobachteten „mittleren Haupteinfallswin-
kel" kleiner sein muss, als die Differenz der Haupteinfalls-
winkel am Quarz.
Um die absoluten Werthe der Haupteinfallswinkel am
Quarz in den drei Hauptlagen zu messen und mit den in
Tab. X berechneten Werthen zu vergleichen, müsste bei der
von mir benutzten, parallel zur optischen Axe geschliffenen
Fläche, und bei einer zweiten, senkrecht zur optischen Axe
geschliffenen Fläche vor der Untersuchung die fremdartige
Oberflächenschicht vermittelst des Wernicke'schen Gelatine-
verfahrens beseitigt werden.
Berlin, im Januar 1888.
1) Rudberg, Pogg. Ann. 14. p. 52. 1828.
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264
W. He*s.
XI. lieber einige einfache Gesetze, welchen der
durch ein Prisma gehende Lichtstrahl gehorcht,
und über das Minimum der Ablenkung ;
von W. Hess.
(Hilm T>f. II Flf. 10-11.)
Selten wohl hat ein so einfaches Problem eine so viel-
seitige Beachtung gefunden, wie dasjenige der Minimal-
ablenkung des durch ein Prisma gegangenen Lichtstrahls.
Die häutige Wiederkehr seiner Behandlung dürfte dasselbe
hierbei in erster Linie dem Wunsche nach einer elementaren
Ableitung zu verdanken haben. (In der That finden sich in
der Literatur auch nur einige wenige Bearbeitungen, welche
sich zu seiner Ermittelung der von der Differentialrechnung
gebotenen Methode bedienen; so einige Noten von Bauer1)
— in denen theilweise frühere Darstellungen2) vereinfacht
oder modificirt werden — von Fabian3) und verschiedene,
in Lehrbüchern der Physik verbreitete Beweise.) Wenn ich
mir nun erlaube, im Folgenden einen neuen Beweis solcher
Art zu liefern, so geschieht es vornehmlich aus dem Grunde,
weil ich glaube, dass die bisherigen Ableitungen nicht ge-
nügend Gewicht legen einerseits auf Strenge, andererseits
auf Leichtverständlichkeit, bezw. Uebersichtlichkeit des Be-
weisverfahrens.
Sieht man nämlich von den Erörterungen ab, welche,
auf der Anwendung des Unendlichkleinen beruhend, ihrem
inneren Wesen nach einem höheren Calcül zuzuzählen sind4),
so lassen sich in der Folge der Elementarbeweise hauptsäch-
lich zwei ganz verschiedene Richtungen verfolgen, eine tri-
gonometrische und eine geometrisch-construetive.
1) Bauer, Pogg. Ann. 181. p. 472. 1867; 132. p. 658. 1868; Carl's
Rep. 3. p. 28. 84. 377. 1867.
2) In Gehler's pbysik. Wörterbuch, Wilde's Geschichte der Optik.
Külp's Lehrb. der Physik.
3) Fabian, Carls Rcp. 9. p. 84. 1873.
4) Wie die citirten Noten von Bauer, die in ihrem zweiten Theil
die Schreibweise A statt d anwenden oder unendlich kleine Grössen $
statt der Decremente da, dß einführen.
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Prisma.
285
Die Reihe der ersteren beginnt mit Bary1), der nach
Newton*) wohl der erste war, welcher einen elementaren
Beweisgang einschlug, indem er die Summe der Sinus des
Einfalls- und Austrittswinkels auf den Sinus der halben
Winkelsumme transformirte. Es ist dies genau derselbe Ge-
danke, auf den Eisenlohr9) und später auch Berg4) ihre
Verfahren gründeten, während Radau 8) abweichend hiervon
das Quadrat des Sinus der halben Winkelsumme bildete.
Eine Abhandlung von Lommel*) verwendet statt der be-
sprochenen Summe der Sinus deren Differenz und Product,
eine solche von Hesehus7) die Sinus von Winkeln, welche
von der symmetrischen Lage abweichen, eine solche von
Schellbach8) endlich den sogenannten Cosinussatz in einem
Dreiecke, welches in einem Kreise vom Radius Eins liegend
gedacht wird. Auch die Darstellung in der neueren Aus-
gabe des Müller- Pouillet'schen Lehrbuches9) ist im wesent-
lichsten Theil eine trigonometrische. Allgemein wird man
aber zugestehen können, dass die Vornahme trigonometrischer
Umformungen und die Verfolgung von Beziehungen zwischen
der Aenderung von Argument und Function nicht geeignet
sein dürften, den Beweis übersichtlich zu gestalten.
Unter diesem Umstände haben die geometrischen Be-
weise weniger zu leiden. Kann dies auch nicht gerade von
der ersten aller elementaren Behandlungen, der Newton'-
schen 10) gesagt werden, so doch sicherlich von den neueren
1) Bary, Pogg. Ann. 2G. p. 170. 1832.
2) Newton, a. unten.
3) EiaeDlohr, Schlömilch's Zeitschr. 12. p. 43s. 1867. Reproducirt
in Wü liner's Lehrb. u. Compend. d. Physik u. a.
4) Berg, Pogg. Ann. 15*. p. 651. 1876.
5) Radau, Carl's Rep. 4. p. 184. 1868.
6j Lommel, Pogg. Ann. 159. p. 139. 1876.
7> Hesehus. Fortechr. d. Phys. 37. p. 382. 18*1.
8) Schellbach, Wied. Ann.14. p. 367. 1881.
9\ Müller-Pouillet, Lehrb. 2. p. 85. 8. Aufl. 1879.
10) Newton, Lect. opt. P. I. Sect. II. N. 29—36. Es mag an dieser
Stelle als nicht uninteressant bemerkt werden, dass gegen die Newton'-
•che Metbode der Minimalablenkung von Euler (reflexions sur )a ona-
niere d'examiner la refraction du verre par les moyens des prismes. Mem.
IV. Hess.
Constructionen von Radau1), Eisenlohr2), Loramel3).
Kessler4), welche sich sämmtlich auf dem zuerst von
Reusch6j ausgesprochenen Gedanken aufbauen, den Gang
des Lichtstrahls vom Mittelpunkt zweier concentrischer Kreise
aus zu verfolgen, deren Radien je gleich sind der Längen-
einheit Eins und dem ßrechungsexponenten w. (Insofern ist
denn auch ein neuerlicher Vorschlag von Lermontow6)
viel zu spät gekommen.) Diese Erörterungen haben aber
alle zum mindesten das Missliche, dass sie den Vorgang der
Ablenkung von Figuren verfolgen, welche als solche mit der
einfachen und klaren Grunddarsteilung im Prisma nichts zu
thun haben7), abgesehen noch von der Anwendung compli-
cirender Htilfslinien, deren sie sich bedienen müssen.
Diesem Uebelstande soll der nachfolgende Beweis abzu-
helfen versuchen; derselbe ergibt sich unmittelbar aus eini-
gen sehr einfachen Gesetzen, welchen der durch ein Prisma
tretende Lichtstrahl Genüge leistet. Letztere mögen deshalb
zunächst der Reihe nach angeführt werden.
I. Der in ein Prisma eintretende und der aus demselben
austretende Lichtstrahl sind beide von dem Schnittpunkte des Ein-
tritts- und Austrittslothes qleichtceit entfernt. Sie berühren also
einen Kreis, toelcher um diesen Schnittpunkt beschrieben ist. 8)
de Berlin 17<)6) Bedenken erhoben wurden, als wenu dieselbe das Ab-
lesen der Winkel besonders fehlerhaft gestalte. Dementgegen zeigte
Newton, dass gerade in der Minimalstellung als einer extreme» Lage
die Fehler am kleinsten ausfallen raüssten.
1) Radau, Pogg. Ann. 118. p. 452. 1865 u. CaiTs Rep. 1. p. 84. 18GS.
2) Eisenlohr, Lchrb. d. Phys. p. 278. 18 TO.
3) Lommel, Pogg. Ann. 156. p. 578. 1875.
4) Kessler, Fortschr. d. Phys. 36. p. 398. 1880.
5) Reusch, Pogg Ann. 117. p. 241. 18G2.
6) Lermontow, Bcibl. 11. p. 32. 1887.
7) Die beiden Most'schen Beweisversuche (Pogg. Ann. 189. p. 505
u. 141. p 601. 1870), deren erster von Kurz (ibid. 140. p 758. 1870)
übrigens einer rectificirenden Bemerkung unterstellt wurde, benutzen zwar
die Gruudfigur, können aber keinen Anspruch auf Strenge erheben.
8) Dieser Satz ist so einfach, dass es mich wundem sollte, wenn der-
selbe nirgends verzeichnet wäre. Doch habe ich trotz sorgfältiger Durch-
forschung der Literatur nichts darauf Bezügliches finden können. Ueber
ilie einzigen mir im Originale nicht zugänglichen Abhandlungen von <»ri-
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Prisma.
267
Beweis: Seien OS der einfallende, 00 der gebrochene,
S(f der austretende Strahl, in der gewöhnlichen Weise ge-
zeichnet (Fig. 10), und a, u \ ß. ß' die Einfalls- und Brechungs-
winkel, so verlangt zunächst das Brechungsgesetz:
ein a sin «' # » j i
. = ,, (= n), oder auch:
sin ^ sin ,^ v "
(1) sin a sin » sin «' sin 0.
Bezeichnen nun OQ und O'Q die beiden Lothe und QÄ,
bezw. QR die Entfernungen ihres Schnittpunktes vom ein-
fallenden Strahl OS, bezw. dem austretenden SO', so ist doch:
QR = OQ.sin a, QR' = O '^.sin
also: QÄ: Qä'= (O^ sin a):{0'Q.s\n et).
Im dOO'Q verhält sich aber nach dem Sinussatze:
0Q:O'Q = sin/?': sin £
also folgt: QÄ: Qä'ä (sina.sin^):(8ina'. sin/9),
und nach (1): QR = QÄ\
Durch das also bewiesene Gesetz erlangt man das denk-
bar einfachste Mittel, sowohl zur Erzeugung des austretenden
Strahls, als auch zur Entscheidung über die Möglichkeit des
letzteren.
Um den aus einem Prisma austretenden Lichtstrahl con-
structs sofort zu erhalten, beschreibe man um den Schnitt-
punkt des Incidenz- und Emergenzlothes einen Kreis, welcher
die Richtung des einfallenden Strahls berührt, und lege an
diesen Kreis vom Austrittspunkt aus eine Tangente. — Der
Strahl tritt aus dem Prisma thatsächlich aus, wenn dieser
Kreis die Austrittsfläche des letzteren gar nicht schneidet;
er verlässt das Prisma als streifender Strahl, sobald der Kreis
die Prismenfläche berührt; er wird endlich gar nicht aus-
treten können, sondern totale Reflexion erleiden, sobald der
Kreis die Austrittsfläche in zwei Punkten durchsetzt.
Diese Sätze sind blosse Corollare des Hauptsatzes. Nach
maldi, Buzzolini und Vanni in der Rivista scient.-industr. (12, 15 u. 16)
lauten die Referate in den „Fortechr. d. Phys." und den „Beiblättern"
derart kurz, dass ich annehmen zu dürfen glaube, nichts wesentlich Neues
in denselben vorzufinden.
268
IV. Hess.
letzterem sind die verschiedenen Abhandlungen und Lehr-
büchern beigegebenen Figuren als unrichtig zu bezeichnen.
IÄ. Verbindet man den Scheitel des Ablenkung sicinkels mit
dem Schnittpunkte des Ein- und Austrittslothes , so halbirt diese
Verbindungslinie stets das Supplement des Ablenkungswinkels. l)
(Ks bilden also fur jedes Prisma der ein- und austretende Strahl
mit der Halbirungslinie des Ablenkungswinkels und mit der Ver-
bindungslinie zwischen dem Scheitel des letzteren und dem Schnitt-
punkt der optischen Lothe vier harmonische Strahlen.)
Der Beweis ergibt sich daraus, dass nunmehr die recht-
winkligen Dreiecke RSQ und QSR' congruent und dem-
gemäss die Winkel:
RSQ = QSR'=* x = 90° - | sind.
II. Legt man durch die brechende Kante eines Prismas und
dtn Schnittpunkt der zwti optischen Lothe eine Ebene 7 so kommt
der Scheitel des Ablenkungswinkels stets auf diejenige Stite der
Ebene zu liegen, auf welcher sich der grössere unter den zwei
Winkeln des Ein- und Austritts befindet.
Zum Beweise dessen ist vorerst zu constatiren, dass in
der bislang benutzten Figur 10, welche «'> a annimmt, der
halbe Strahlenwinkel x kleiner sei als der Winkel £ — dann
ist | Aussen winkel für xy und S liegt rechts von QC.
Nun ist bekanntlich aus dem Dreieck OSO':
3zfi = (a- fi + (« ß') = (a + rO - (ß + A
also: ^x = 90° - | = 90° + - ^ .
Im Kreisviereck OCO'Q aber ist:
JzOQC= ^OO'C=90°- ß' und -£SOQ = *,
also folgt: t = 90° + ß'— a.
Soll nun: x < | sein, so muss:
/ 2 <ß - «, ß-ß <u - a
lt Dieser Supplementwinkel wurde von Keusch (1. c.) Strahlen -
winkel" geheissen — ein Name, der ganz bezeichnend ist.
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Prisma.
26V»
sein, was in der That der Fall ist: denn die rechte Seite
dieser Ungleichheit ist der Voraussetzung zufolge positiv, die
linke aber, da zum kleineren Einfallswinkel auch der kleinere
Brechungswinkel gehört, wesentlich negativ.
Wäre a > a', so würde eine ganz analoge Deduction zu
dem Ergebniss führen, dass 5 links von QC liegen müsse.
Man hat aber gar nicht nöthig, dieselbe durchzuführen: eine
einfache Drehung der Fig. 10 aus ihrer Ebene heraus um
180° in Fig. 11 gibt hierüber sofortige Gewissheit. *)
III. Die Ablenkung des ein Prisma durchlaufenden Licht-
strahls ist am kleinsten, wenn der Scheitel des Ablenkungswinkels
in die Ebene fallt, welche durch die brechende Kante und den
Schnittpunkt des Ein- und Ausfallslothes bedingt ist; fur diesen
Fall durchläuft der Sti'ahl das Prisma symmetrisch.
Denn 8 ist am kleinsten, wenn x am grössten ist. x ist
aber stets kleiner als £ und erreicht seinen Maximalwerth £
nur dann, wenn 5 in QC liegt. Dann darf weder u > u.
noch « > a sein, d. h. es muss a = a' sein, woraus nach (1
auch ß = ß' folgt
Zur Begründung des Satzes III sind, wie man erkennt,
nur die beiden Sätze Ia und II sammt ihren kurzen Beweisen
nöthig gewesen.
Bamberg, im Juli 1888.
1) Diese Drehung dürfte sich auch zur objectiven Darstellung
empfehlen: ist Fig. 10 auf ciu trausparente* Stück Papier mit etwas kräf-
tigen Strichen aufgetragen, so ergibt der Anblick der hinteren Papier-
däche unmittelbar Zeugniss von der Existenz der Fig. 11. Etwaigen Zwei-
feln bezüglich der Begriffe Eintritt und Austritt kann man dabei begegnen,
indem man auf dieser Hinterfläche mit anderer Farbe eine Umnumeriruu^
der acceutuirten und nicht aecontuirten Buchstaben vornimmt, wie sie
auch in Fig. 11 geschah.
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270
J\ Quincke .
XII. Electrolyse des Kupferchloriirs ;
von F. Quincke.
Nach dem Faraday'schen *) Gesetze verhalten sich bei
verschiedenen Electrolyten die Mengen der vom electrischen
Strom ausgeschiedenen Stoffe wie die chemischen Aequiva-
lente. Erscheint also bei Salzen der basische und metallische
Bestandtheil an der Kathode, der saure an der Anode, so
muss der Strom auf dieselbe Menge Anion aus den Oxydul-
verbindungen eine andere Menge Metall2) (bei Cu und Hg
die doppelte Menge) abscheiden, wie aus den Oxydverbin-
dungen; das Metall würde somit verschiedene Aequivalente
zeigen.
Den — eigentlich einzigen — experimentellen Beweis
für eine solche Ausscheidung, wo jede Möglichkeit einer
secundären Wirkung ausgeschlossen scheint, hat Buff5) durch
die Zersetzung geschmolzenen Kupferchlorürs zu geben ver-
sucht, indem er denselben Strom durch ein Kupfervoltameter
und mit zwei eintauchenden Drähten durch Kupferchlorür
leitete, das in einem Glasrohr geschmolzen und zur Ent-
fernung etwa gebildeten Chlorids mit Kupferspähnen digerirt
worden war. Ein Wagen der Kathodenplatte des Volta-
meters und des Anodenkupferdrahtes des Chlorürs ergab
dann die Menge des aus der Kupfersulfatlösung nieder-
geschlagenen Kupfers annähernd halb so gross, als die Ge-
wichtsabnahme des Drahtes war. Die Zunahme des Kathoden-
drahtes zu bestimmen, gelang ihm nicht, wegen der raschen,
dendritenartigen Ausbreitung des abgeschiedenen Kupfers
und wegen der Schwierigkeit, das anhaftende Chlorür zu
entfernen.
Um diesen Versuch mit völlig reinem Kupferchlorür zu
wiederholen, wurde in einem Viertelliterkolben mit aufge-
setztem Kautschukventil Kupferchlorid in concentrirter Salz-
säure unter Zusatz von Kupferspähnen zwei Stunden gekocht,
1) Faraday, Exp. Res. (;>) § 505. 1833.
2) Vgl. G. Wiedemann, ElectricitÄt. 2. Aufl. 1883. II. § 601. 604.
3) Buff, Lieb. Ann. 110. p. 257. 1859.
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Electrolyse des Kupferchlorürs.
271
wobei das rein weisse Chlorür theils sofort, theils beim Er-
kalten , theils auf Wasserzusatz kristallinisch ausfiel. Das
Chlorür wurde dann so schnell, dass die Zersetzung an der
Luft sich nur in einem hellgelben, oberflächlichen Schimmer
zeigte, auf ein Filter gebracht, mit der Luftpumpe abgesogen
and rasch in einen kleinen, später direct zur Electrolyse be-
nutzten Porzellantiegel eingeschmolzen. Es erstarrt zu einer
braunen Masse mit hell krystallinischem Bruch, die beim Er-
hitzen stark verdampft, an den Wänden des Tiegels empor-
kriecht und einen Theil seiner Aussenseite, indem sie sich
zersetzt, mit rothem, metallischem Kupfer bedeckt. Wie das
kystallinische, zersetzt sich auch das geschmolzene Chlorür
bei längerem Stehen an der Luft und überzieht sich — wohl
unter Bildung von Chlorid und Oxychlorid — mit einer grü-
nen feuchten Schicht; im Exsiccator ist es dagegen Monate
hing haltbar.
Die Electrolyse des Kupferchlorürs wurde mit spiral-
förmigen Electroden aus blankem Kupferdraht ausgeführt.
Bei schwacher Rothgluthhitze wurde das Chlorür in dem Por-
zellantiegel geschmolzen; derselbe war, um das Verdampfen
zu beschränken, mit einer doppelt durchbohrten Porzellan-
oder Glimmerplatte bedeckt, durch welche die Electroden-
drähte gingen. Der Strom von zwanzig, bei den beiden letzten
Versuchen von vier Chromsäureelementen ward gleichzeitig
durch eine Tangentenbussole, ein Kupfer- und ein Silber-
voltameter geführt. Die Kathode des letzteren war ein Pla-
tintiegel mit dünnem, galvanoplastischem Silberüberzug; der
Tiegel wurde mit zehnprocentiger Silbernitratlösung gefüllt;
die Anode bildete ein cylindrischer Stab geschmolzenen Sil-
bers, der in einen kleinen Tboncylinder tauchte, um abfal-
lende Silbertheilchen aufzufangen. Gewichtszunahme der
Kathode und Gewichtsabnahme der Anode waren nahezu
gleich gross. Die spiralförmigen Kupferdrähte wurden bei
Versuch 2 durch Eintauchen in eine geschmolzene Mischung
von Chlornatrium und Chlorkalium, bei Versuch 4 durch
Abspülen mit nicht zu starker Salzsäure, sonst durch mehr-
stündiges Liegen in kalter Ammoniakflüssigkeit vom anhaf-
tenden Kupferchlorür befreit.
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272
F. Quincke.
Die Resultate der electroly tischen Versuche fasst folgende
Tabelle zusammen; die vierte Spalte gibt die Kupfermenge,
welche der Gewichtszunahme der Silberkathodo äquivalent ist.
Nr.
Strom
Cn
Kupferchlorür
Dauer Stärke
berechn.
Anod.' Kathode
mlu Amp.
KT gr
1
30 0,6001
0,3044
0,6585 0,4681
2
20 4804
1891
2810 927
3
10 8944
776
1704 1065
4
10 4572
900
2388 100
Cu gerund.
Cu berechn.
Anode |Katho«1--
1,858
1,486
2,19*
2,648
1,320
0.490
1,372
0,111
Die Zahlen schwanken zu sehr, um bestimmte Schlüsse
ziehen zu lassen; besonders gross sind die Unregelmäßig-
keiten bei der Kathode, während die Durchschnittssiimme
der vorletzten Columne zufällig einen dem Buff sehen ähn-
lichen Werth ergibt, nämlich 2,047.
Die Schwankungen rühren zum Theil von einer Auf
lösung der Küpferelectroden im Kupferchlorür her, die nach
einstündigem Eintauchen, ohne galvanische Kette, finen
Gewichtsverlust von 0,2033 und 0,2790 gr zeigten. Gleich-
zeitig scheiden 'sich im oberen Theile der Salzmasse an der
Oberfläche der Kupferdrähte feine Kupfernadeln ab, mögen
die Drähte ausserhalb des Salzes metallisch verbunden sein
oder nicht. Diese Ausscheidung von Cu wird veranlasst
durch das spontane Auftreten eines electrischen Stromes,
der schon beim Einschalten einer gewöhnlichen Tangenten -
bu8sole zu erkennen war, und der in Stärke und Richtung
grosse Schwankungen zeigte; derselbe schien von einer un-
gleichen Erwärmung der Salzmasse herzurühren.
Die Electrolyse des Kupferchlorürs kann also nicht zur
Bestimmung des Aequivalentes des Kupfers benutzt werden
und keinen Beweis für die Ausscheidung eines Doppeläqui-
valentes erbringen.
Physik. Inst, der Univ. Heidelberg, im October 1888.
Druck »ou M etiler A Witti* in Leipilg.
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889.
ANMALEN
m m •
DER PHYSIK UND CHEMIE.
NEUE FOLGE. BAND XXXVI.
■
.« 2.
I. Zur ohjectiven Darstellung der Schallintensität;
von A. Raps.
(Blena T»f. IV u. T.)
Die erste Anregung zu vorliegender Arbeit ging von
einem Aufsatze aus, welchen Hr. Prof. Kundt: „Ueber ein
Maximum- und Minimummanometer für die Druckänderun-
gen in tönenden Luftsäulen," veröffentlichte.1) Dort be-
schreibt Kundt ein Verfahren, durch welches ermöglicht
wird, das Maximum (resp. Minimum) des in dem Knoten
einer Orgelpfeife herrschenden Druckes sichtbar zu machen
und der Messung zu unterwerfen. Dies wurde dadurch
erreicht, dass zwischen Pfeife und Manometer ein sich ein-
seitig öffnendes Membranventil eingesetzt wurde, welches nur
die Verdichtungen (resp. Verdünnungen) der Pfeife auf das
Manometer wirken lässt, während es bei der entgegengesetzten
Druckphase einen Abschluss bildet.
Hierdurch war in der That die Möglichkeit gegeben, die
Intensität von Luftschwiügungen, welche durch tönende Kör-
per erzeugt werden, objectiv darzustellen und zu messen. Zu
genauen Messungen zeigten sich diese Ventile jedoch noch
nicht geeignet. Denn, wie Kundt selbst angibt, lassen sich
Ventile von so grosser Beweglichkeit nur sehr schwer luft-
dicht herstellen; ferner ist immer noch ein Ueberdruck von
merklicher Grösse auf einer Seite nothwendig, um das Ventil
zu öffnen.
Hierzu kommt noch, dass man keinen Anhalt dafür hat,
ob die Membran auch dann wirklich luftdicht abschliesst,
wenn in der Pfeife die dem Manometerdrucke entgegen-
gesetzte Druckphase herrscht, und ob sie sich auch gerade
in dem Augenblicke luftdicht anlegt, wenn der Druck im
1) Kundt, Pogg. Ann. 137. p. 503. 1868.
Ann. d. PhjB. u. Cbra. N. F. XXXVI. 18
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274
A. Raps.
Knoten seinen Maximalwerth (positiv oder negativ) durch-
laufen bat. Würde das Abschliessen nicht in diesem Augen-
blicke erfolgen, so könnte wieder Luft zurückströmen.
Auch Dvorak1) hat viele Versuche mit diesen Schall-
ventilen angestellt und gefunden, dass die Angaben verschie-
dener Manometer sehr ungleich ausfielen. Es lässt sich eben
nicht bestimmen, wann ein derartiges Ventil vollkommen
functionirt.
Bei den in dieser Untersuchung beschriebenen Versuchen
hatte ich es mir zur Aufgabe gestellt, Schallventile herzu-
stellen, bei welchen die oben erwähnten Fehler möglichst
vermieden sind. Alsdann würden Instrumente gegeben sein,
mit welchen die Schallintensität sich weit genauer bestim-
men lässt.
Diese Versuche wurden im königlichen physikalischen
Institut der Universität Berlin ausgeführt.
Es sei mir an dieser Stelle vergönnt, meinen Lehrern,
Hrn. Geheimrath v. Helraboltz, sowie Hrn. Prof. Kundt,
für die vielfache Unterstützung durch Rath und That meinen
besten Dank auszusprechen.
§ 1. Gang der Untersuchung; Theorie der
Schallventile.
Um die eben erwähnten Uebelstände der Schallventile
abzustellen, wurden die Membranventile durch solide Metall-
ventile ersetzt, welche sich viel besser dicht herstellen und
auf ihre Dichtigkeit prüfen lassen. Diese können aber durch
die Luftverdichtungen in der Pfeife nicht mehr bewegt wer-
den. Deshalb raussten sie durch eine äussere periodische
Kraft, den Dichtigkeitsvariationen der Pfeife entsprechend,
in Bewegung gesetzt werden. Damit war aber auch die
Trägheit der Ventile beseitigt und dieselben für die gering-
sten Druckschwankungen empfindlich gemacht.
Die Bewegung der Ventile wurde anfangs durch einen
Electromagnet bewirkt, der von einem intermittirenden Strome
durchflössen wurde. (Die genaue Beschreibung dieser Ventile
folgt im nächsten Abschnitte.)
Dieser Strom konnte auf verschiedene Weise unterbrochen
1) Dvoh'ik, Pogg. Ann. 150. p. 11 u. 1*73.
d by Gooq
Dnrstelluiuj der Schallintensität
275
werden. Einmal durch die Pfeife selbst, deren Luftschwin-
gungen auf eine gleichgestimmte Membran einwirkten. An
dieser Membran war ein Platingäbelchen befestigt, welches,
intermittirend in Quecksilber tauchend, eine Schliessung des
Stromes und hiermit ein Oeffnen des Ventiles bewirkte, wenn
der Luftstrom in der Nähe der Mundöffnung nach aussen
gerichtet war. Bei dieser Anordnung war das Ventil zu
einer bestimmten Phase offen, und das Manometer zeigte den
Druck an , welcher während dieser Phase in der Pfeife
herrschte. Eine andere Art der Stromunterbrechung bot
jedoch dieser gegenüber viele Vortheile. Dies war eine Oeff-
nung bei wechselnder Phase. Der Strom wurde nämlich
durch eine Helmholtz'sche Unterbrechungsgabel, welche
mit der Pfeife sehr nahe zur Uebereinstimmung gebracht
war, unterbrochen, und so eine Bewegung des Ventiles be-
wirkt Dann zeigt das Manometer natürlich keinen con-
stanten Druck mehr, vielmehr setzt es sich bei jeder Oeffnung
mit dem zu dieser Zeit in dem Knoten vorhandenen Drucke
ins Gleichgewicht und gibt so in langsamer Folge alle Druck-
phasen an, welche in der Pfeife schnell wechseln. Ist näm-
lich die Periode der Ventilöffnung etwas grösser als jene
der Pfeifenschwingung, so ist bei jeder folgenden Oeffnung
des Ventiles der Druck in der Pfeife schon über die Phase
hinausgeeilt, welche bei der vorhergehenden Oeffnung herrschte,
und das Manometer gibt den Druck dieser späteren Phase
an. Das Manometer macht also eine verlangsamte Schwin-
gung in der natürlichen Folge der Pfeifenschwingung durch.
Ist umgekehrt die Periode des Ventiles kleiner als die
der Pfeife, so bewegt sich das Manometer in umgekehrtem
Sinne. Je grösser die Uebereinstimmung dieser beiden Pe-
rioden ist, um so langsamer findet die Manometerschwin-
gung statt.
Angenommen, die Pfeife mache in einer Secunde p Schwin-
gungen, das Ventil öffne sich q mal, so wird sich letzteres
wieder zu der zuerst angezeigten Phase öffnen (d. h. das
Manometer wird eine Schwingung vollendet haben), wenn
das Ventil um eine ganze Schwingungsdauer der Pfeife vor-
ausgeeilt (resp. zurückgeblieben) ist. Bezeichnen wir diese
Zeit mit r, so muss die Gleichung:
18*
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A. Raps.
ax = pr 1 oder t = ^ l- = , 7 — ,
erfüllt sein. Diese Zeit ist gleich derselben, in welcher die
Pfeife eine Schwebung mit der Gabel macht.
Aus diesen Betrachtungen sieht man, dass zwischen dieser
Beobachtungsart und dem sogenannten stroboskopischen Ver-
fahren eine merkwürdige Analogie herrscht.
Wenn auf das Auge sehr rasch veränderliche Lichtein-
drücke wirken, so ist dasselbe nicht im Stande, diese klar
zum Bewusstsein zu bringen. Da nämlich der Eindruck eines
bestimmten Lichtbildes noch nicht verschwunden ist, wenn
ein neuer zu wirken anfängt, so gehen die einzelnen Ein-
drücke in einander über und verwischen sich gegenseitig.
Lässt man nun durch irgend eine Vorrichtung den Lichtreiz,
den ein periodisch sich bewegender Körper auf das Auge in
einer bestimmten Phase ausübt, erst dann durch einen neuen
ersetzen, wenn der alte beinahe erloschen ist, so werden wir
den Eindruck einer continuirlichen Bewegung gewinnen.
Andererseits darf die Zeit, welche von einer bis zur anderen
Beleuchtung vergeht, nicht so gross sein, dass der erste Licht-
eindruck schon ganz verschwunden ist. Dann würde nämlich
keine continuirliche , sondern eine sprungweise Bewegung
wahrgenommen werden. Das stroboskopische Sehen erfüllt
die angegebenen Bedingungen. Die Unfähigkeit des Auges,
sehr schnelle Schwingungen klar zum Bewusstsein zu bringen,
können wir gleichsam als eine Trägheit auffassen. Diese
Trägheit wird durch das stroboskopische Verfahren in gewis-
sem Sinne aufgehoben.
Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse bei einem Mano-
meter, welches sehr schnelle Druckschwankungen der Luft
anzeigen soll. Die Masse des Manometers besitzt eine so
grosse Trägheit, dass sie dem Druckwechsel nicht folgen
kann; denn ehe die Manometermasse angefangen hat, sich
durch die Verdichtung zu bewegen, ist schon eine Verdün-
nung da, und so fort. In der That ändert ein Wassermano-
meter, in den Knoten einer Pfeife eingesetzt, seinen Stand
durchaus nicht (wenn wir von einer etwaigen constanten
Druckangabe absehen, welche direct durch den Anblasestrom
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Darstellung der Schallintensität.
277
hervorgerufen wird). Langsamen Druckänderungen folgt jedoch
ein Manometer willig.
Durch die Schallventile wird nun die Trägheit des Mano-
meters dadurch aufgehoben, dass man demselben bei jeder
Ventilöffnung nur einen so kleinen Ueberdruck (resp. Ver-
dünnung) aus der Pfeife zuführt, dass derselbe sich bis zur
nächsten Oeffnung mit dem Manometer ins Gleichgewicht
setzen kann.
Die Analogie zwischen dem hier beschriebenen Verfahren
und dem stroboskopischen Sehen besteht demnach darin, dass
die Verbindung des schwingenden Körpers mit der Vorrich-
tung, welche die Schwingung darstellen soll (dies ist das
Auge, resp. das Manometer), plötzlich abgeschnitten wird.
Alsdann wird dem Auge Zeit gegeben, den Lichtreiz ver-
löschen zu lassen, dem Manometer, sich mit dem Drucke ins
Gleichgewicht zu setzen, ehe ein neuer Licht-, resp. Druck-
impuls zugeführt wird. (Auch für die Kundt'schen Schall-
ventile findet sich eine Analogie bei dem stroboskopischen
Verfahren. Dies ist nämlich die von Mach1) eingeführte
stroboskopische Selbstregulirung, bei welcher dem tönenden
Körper selbst das Geschäft der Beleuchtung in einer gewissen
Phase übertragen wird.)
Die Druckunterschiede zwischen Pfeife und Manometer
gleichen sich bei jeder Ventilöffnung dadurch aus, dass
ein Theil der Luft überströmt. Die immerhin enge Ventil-
öffnung kann aber in der kurzen Zeit der Oeffnung nur eine
sehr kleine Menge Luft durchströmen lassen. Sollen daher
die Druckschwankungen im Manometer den Druckänderungen
der Pfeife wirklich entsprechen, so rauss offenbar der Druck-
unterschied in der Pfeife zwischen zwei aufeinanderfolgenden
Oeffnungen so klein sein, dass folgende zwei Bedingungen
erfüllt werden.
Erstens muss die ganze überschüssige Menge Luft durch-
strömen können, zweitens muss sich dieser abgeschlossene
Ueberdruck (resp. Verdünnung) mit dem Manometer ins
Gleichgewicht setzen können. Angenommen, die erstere der
beiden Bedingungen wäre nicht erfüllt, so wird blos ein Theil
\) Mach, Optisch-akustische Versuche. Prag l*7:t.
278 A. Raps.
der Luft überströmen können. Der im Manometer ange-
gebene Druck wird also kleiner sein, als der wirklich vor-
handene. Dies wird namentlich für das Maximum und Mini-
mum des Druckes gelten.
Ist die zweite Bedingung nicht erfüllt, so wird schon
ein neuer Druck in das Manometer eintreten, ehe der frühere
sich ins Gleichgewicht gesetzt hat. Das Maximum wird in
der Pfeife schon eintreten, ehe das Manometer den ent-
sprechenden Werth erreicht hat. Dann wird sich das Ventil
wieder bei Phasen geringeren Druckes öffnen, der Ueber-
druck wird zurückströmen und so das Manometer den Druck
immer zu klein angeben.
Experimentell hat man die Macht, die Druckände-
rung zwischen zwei aufeinander folgenden Ventilöffnungen
beliebig klein zu machen. Bedeutet A nämlich den Unter-
schied zwischen dem Druckmaximum und -minimum im
Knoten, und nehmen wir der Einfachheit halber an, dieser
Druckwechsel gehe mit einer gleichförmigen, mittleren Ge-
schwindigkeit vor sich, so ändert sich der Druck d zwischen
einer Ventilöffnung bis zur nächsten im Mittel um:
H
wobei die Buchstaben die frühere Bedeutung haben. Be-
trachten wir q als fest gegeben, p als veränderlich, so hin-
dert nichts, die Differenz p — y beliebig klein zu machen,
indem man die Pfeife mit der Unterbrechungsgabel in immer
grössere Uebereinstimmung bringt. Stellt sich nun heraus, dass
das Manometer bei einer gewissen Schwingungszeit Maximal-
werthe angibt, welche bei einer grösseren Schwingungszeit
(genaueres Abstimmen) durch grössere ersetzt werden, so ist
dies ein Zeichen, dass d noch nicht klein genug war. Als-
dann muss p dem q noch so lange genähert werden, bis keine
Aenderung in den Maximalangaben des Manometers mehr
eintritt.
Dieses Gleichbleiben der Maximalwerthe der Manometer-
schwingung bei grösser gemachter Uebereinstimmung ist dem-
nach das Kriterium für das richtige Arbeiten der Ventile (wenn
man dieselben technisch als vollkommen betrachten würde).
In diesem Punkte unterscheidet sich das hier beschrie-
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Darstellung der Schallintensität.
279
bene Verfahren allerdings von dem stroboskopischen, da auch
bei den raschesten stroboskopischen Schwingungen die Maxi-
malwerthe sich nicht ändern, wenn auch die ganze Schwingung
verwaschen ist. Der Unterschied liegt darin, dass beim Auge
der Eindruck langsam aufhört, während beim Manometer der
Anfang der Erregung träge vor sich geht.
Es fragt sich nun, ob die gestellten Bedingungen für
das richtige Arbeiten der Ventile in der Wirklichkeit mit
gehöriger Schärfe erfüllt werden können. Dies ist bei ein-
fachen (oder nahe einfachen) Pendelschwingungen der Luft,
welche bei schwachem Anblasen der Pfeife auftreten, sicher-
lich der Fall. Aber auch bei starkem Anblasedruck konnte
in den meisten Fällen eine genügende Abstimmung erzielt
werden, wie dies aus § 3 hervorgehen wird.
Um bei dem stroboskopischen sowohl wie bei diesem
Verfahren ein wahres Bild des Schwingungsvorganges zu
erhalten, ist es unerlässliche Bedingung, dass sich die Periode
der Pfeife während der Darstellung einer Schwingung nicht
ändert. Wenn es auch für die Art der stroboskopischen
Schwingung gleichgültig ist, ob diese (innerhalb gewisser
Grenzen) schneller oder langsamer vor sich geht, so darf
sich doch, um wahre Angaben zu erhalten, die Periode der
Pfeife, während der Dauer einer stroboskopischen Schwin-
gung, absolut nicht ändern. Geht eine derartige Schwingung
in einer Zeit von drei (bis 32) Secunden vor sich, wie dies
bei dieser Untersuchung der Fall war, so darf sich während
dieser Zeit die Tonhöhe der Pfeife, also auch der Anblase-
druck, gar nicht ändern. Konnte auch der Anblasedruck
sehr constant gemacht werden, so sind doch kleine, in
unregelmässigen kurzen Zeiten folgende Druckstösse nicht
zu umgehen. Da nun die tönende Luftsäule der Pfeife eine
sehr geringe elastische Kraft besitzt, so folgen die Tonhöhen
den Druckschwankungen fast augenblicklich, und es wird
daher sowohl von dem stroboskopischen als dem hier be-
schriebenen Verfahren kein absolut richtiges Bild der Pfeifen-
schwingung zu erwarten sein. Mit diesen Schwierigkeiten
hat die stroboskopische Untersuchung der Schwingungen von
Körpern mit grosser elastischer Kraft in weit geringerem
Maasse zu kämpfen, da deren Tonhöhe nicht solch unregel-
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280
A. Rops.
mässigen Schwankungen unterworfen ist. Diese Betrachtungen
sollen an einer graphischen Darstellung veranschaulicht
werden. (Siehe Tafel.)
Es soll in Taf. IV Fig. IAA' die Schwingung der Pfeife
darstellen (welche der Einfachheit halber als gebrochene Curve
dargestellt ist), BB' die des Ventiles. Die Zeiten sind als
Abscissen, die Druckunterschiede der Pfeifen als Ordinaten
abgetragen. Jedesmal, wenn die Schwingungscurve des Ven-
tiles die Abscissenaxe BB' erreicht, soll eine Oeffnung
stattfinden. Dann wird die Manometerschwingung durch
die Curve 1, 2, 8 ... 10 dargestellt werden. Diese
wird ein getreues Bild einer Einzelschwingung geben, weil
während ihres Entstehens die Periode der Pfeife, wie hier
gezeichnet, sich absolut nicht geändert hat. Sobald sich
aber die Tonhöhe während einer Manometerschwingung
ändert, bekommen wir ein Schwingungsbild, wie solches
Fig. 2 darbietet. Die Perioden der Pfeife sollen innerhalb
der Intervalle CD, DE, EF unter einander gleich, von
Intervall zu Intervall aber verschieden sein. Sobald die Ton-
höhe sich ändert, sehen wir die Curve 1, 2, 3... steiler,
bezw. gestreckter werden. Natürlich ist diese Entstellung
der Schwingungsfigur übertrieben gezeichnet, da sich die
Tonhöhe lange nicht in dem Maasse und so plötzlich ändert.
Die Zeichnung soll nur andeuten, dass eine Druckschwan-
kung des Anblasestromes, welche die Periode der Pfeife mit
derjenigen der Gabel zu grösserer Uebereinstimmung bringt,
die Manometercurve gestreckter macht, während dieselbe im
umgekehrten Falle steiler wird. Bedenkt man die lange
Dauer einer Manometerschwingung und den Umstand, dass
schon eine Aenderung des Anblasedruckes um 1 mm (unter
gewissen Bedingungen) diese Schwingungsdauer von sieben
Secunden auf zwölf Secunden brachte, so sieht man leicht
ein, dass die kleinen unregelm&ssigen Schwankungen des
Anblasestromes (sie lagen bei schwachen Tönen unter
mm Wasser) die Schwingungsfigur schon merklich ent-
stellen können.1) Am deutlichsten lassen sich derartige durch
1) Wie empfindlich die Methode für jede noch so kleine Schwankung
in der Tonhöhe der Pfeife ist, mögen liier einige Heispielc zeigen. Wurde
dir Tln'ire des ncnhnrhtungxlnfRles geöffnet und geschlossen, so zeigte
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Darstellung der Schallintensität.
281
den Anblasestrom hervorgerufenen Schwankungen erkennen,
wenn man die Uebereinstimmung zwischen Pfeife und Gabel
möglichst weit treibt. Man sieht alsdann das Manometer
mit nnregelmässigen Schwankungen seine Schwingung durch-
machen. Eine derartige sehr langsame Schwingung würde,
wie sehr sie auch dem wirklichen Vorgange entspricht, doch
nor ein sehr unvollkommenes Bild einer Einzelschwingung
der Pfeife geben. (Zum Messen der Maximalwerte wäre
sie allerdings am geeignetsten.) Deshalb ist es vortheilhaft
die Schwingungen blos so langsam zu machen, als es die
Eigentümlichkeit der Schallventile eben erheischt.
Ausser der Uebereinstimmung zwischen Pfeifen- und
Gabelperiode ist auch die Oeffnungsdauer des Ventiles von
grosser Wichtigkeit. Denn je kleiner dieselbe ist im Ver-
gleich zu einer Schwingung der Pfeife, um so mehr Zeit
hat die vom Ventil abgeschlossene Luft, sich mit dem
Manometer ins Gleichgewicht zu setzen.
Bei dem eingangs erwähnten electromagnetischen Ventile
ist die Oeffnungsdauer sehr schwer zu bestimmen und auf
die nöthige Kürze herabzudrücken. Dasslbe wurde daher
durch ein anderes ersetzt, welches (ohne Vermittelung des
electrischen Stromes) direct von einer Unterbrechungsgabel
bewegt wird.
Im wesentlichen besteht dasselbe aus zwei luitdicht
aneinander vorbeigleitenden Schiebern, von welchen der eine
fest ist, der andere durch die Gabel bewegt wird. (Die
genaue Beschreibung soll im nächsten Abschnitte folgen.)
Jeder dieser Schieber ist mit einem horizontalen Spalte
versehen, bei deren Uebereinanderfallen eine Verbindung
zwischen dem Knoten der Pfeife und dem Manometer her-
gestellt ist. Diese Deckung der Spalten kann man an zwei
das Manometer sofort eine unregelmässige Bewegung. In der Nähe der
Pfeife war ein König'scber Phonautograph aufgestellt; wurde das Uhr-
werk desselben in Bewegung gesetzt, so genügte der durch die Wind-
flüg(;l erzeugte Luftzug, um eine ziemliche Aenderung der Manometer-
pniode hervorzubringen. Man brauchte sieh blos in die Nähe der
Muiulöffhung der Pfeife zu stellen, und e« wurde im Manometer eine
Veränderung des Pfeifentones bemerkt.
1> Wenigstens um das Bild des Keliwingtingsvnrgnngcs zu erhalten.
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i. * -
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i
^ ^ V, ; Digitized by Google
2S2
A. Raps.
verschiedenen Stellen bewirken. Einmal kann man die Spalte
sich decken lassen, wenn die Gabel das Maximum der Ent-
fernung von ihrer Gleichgewichtslage erreicht hat; dann
muss die Pfeife nahe den Ton der Gabel haben. Ferner
können die Spalte beim Durchgang der Gabel durch ihre
Gleichgewichtslage zur Deckung gebracht werden. Da dieses
aber bei jeder Gabelschwingung zweimal geschieht, so muss
die Pfeife eine Octave höher sein, als die Gabel. Die letzte
Anordnung wurde am meisten angewandt.
Jetzt ist das Mittel gegeben, die Oeffnungsdauer zu
bestimmen und zu reguliren. Nennt man nämlich die
Spaltbreite s, die Amplitude der Gabel A, die Dauer einer
Gabelhalbschwingung t, so wird nach der Formel:
die Oeffnungsdauer t des Ventiles gegeben sein durch die
Gleichung:
oder bei kleinen Winkeln:
/ — 2- —
n A'
Hierbei ist s und A variabel. Die Spaltbreite darf, der
Luftreibung wegen, nicht zu klein genommen werden; als
passendste wurde eine Breite von 3/4 mm gefunden. Da
man aber die Gabel Excursionen von 8 bis 10 mm machen
lassen kann, so lässt sich die Oeffnungsdauer auf ein Achtel
bis ein Zehntel einer Pfeifenperiode bringen.
(Bei der zuerst angeführten Art der Spaltdeckung be
trägt die Oeffnungsdauer:
wobei T die Dauer einer ganzen Gabelschwingung bedeutet.)
Zeichnet man die Manometerschwingungen graphisch
auf, so erhält man sowohl eine Darstellung der Schwingungs-
form wie auch der Intensität der Druckschwankungen in
der Pfeife. Diese kann wohl mit Recht als eine objective
bezeichnet werden.
y = Asin-
Darstellung der Schallintensität.
283
§ 2. Beschreibung der Apparate.
Da es bei der Ausführung des eben beschriebenen Ver-
fahrens wesentlich auf das richtige Functioniren der ange-
wandten Apparate ankommt, so dürfte eine etwas ausführ-
lichere Beschreibung derselben angebracht sein.
I. Das electromagnetische Ventil.
(Fig. 3 und 3a.)
In Fig. 3 ist das electromagnetische Ventil in natür-
licher Grösse abgebildet, und zwar durchschnitten. Dasselbe
besteht wesentlich aus drei Theilen, dem Electromagnet A,
dem Gehäuse B und dem Ventilkörper Cl) mit der Vor-
richtung, um den Anker des Ven tiles den Polen des Electro-
magnets zu nähern oder zu entfernen und so die Amplitude
des Ventiles zu ändern. Soll dies geschehen, so wird der
Apparat mit einem kurzen Rohrstutzen df welcher in das
Gehäuse einmündet, an die Pfeife angeschraubt. (Die Zeich-
nung stellt dieses Rohr d punktirt dar, weil dasselbe in
Wirklichkeit senkrecht zur Ebene des Papiers steht; ebenso
die Schraube /.) 1st die richtige Amplitude hergestellt, so
kann der Ventilkörper mit der Schraube / festgestellt werden,
ond alle die in der Figur durch x bezeichneten Theile können
entfernt werden. Dann wird das Gehäuse ohne Vermittelung
des Rohrstutzens d direct mit dem Gewinde g (welches
gleich der Schraube g des Stutzens ist) in die Pfeife ge-
schraubt. Hierdurch wird der überflüssige Luftraum ver-
mieden und das Ventil fast in die Knotenfläche gebracht.
Ueberhaupt geht die ganze Construction darauf hinaus, ein-
geschaltete Lufträume möglichst zu vermeiden.
Der Electromagnet A, dessen Schenkel aus dünnen
Eisendrähten gebildet sind, wird mit seinen beiden Pol-
enden2) a und a luftdicht durch die obere Decke des Ge-
häuses B geführt. In die beiden Polenden sind kleine
Messingstückchen eingeschraubt, welche eine directe Be-
rührung des Ventilankers mit dem Electromagnet ver-
l) C ist in df-r Nebenfigur 3. im Aufriss dargestellt, das Ventil um
90* gedreht.
2i Der Durchschnitt eines Polcndes ist. halbkreisförmig.
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284
A. Raps.
hindern. In die obere Wand des Gehäuses ist ausserdem
noch ein rechtwinklig gebogenes Rohr e eingeschraubt,
welches die Luft zum Manometer führt Die obere und
untere Metallwand des Gehäuses sind durch einen Glas-
hohlcylinder h verbunden, welcher das Spiel des Ventiles zu
beobachten gestattet.
In der unteren cylindrischen Bohrung des Gehäuses
kann der Ventilkörper C mittelst der Schraube H und einer
entgegenwirkenden Spiralfeder F auf und ab bewegt werden.
Der luftdichte Verschluss wird durch einen gefetteten Hanf-
ring i (siehe Nebenfigur 3.) bewirkt. In den Ventilkörper C
ist von unten noch eine kleine Büchse T eingeschraubt,
welche die Spindel der Schraube H trägt. Damit durch den
Zwischenraum keine Luft entweichen kann, ist über den unteren
Theil des Gehäuses und den dieser Büchse ein Stück Gummi-
schlauch gezogen, welches zwar einen luftdichten Abschluss
bildet, die Bewegung des Ventilkörpers jedoch nicht hindert
In zwei axialen Durchbohrungen des Ventilkörpers be-
wegt sich mit grosser Leichtigkeit, jedoch fast ohne Spiel-
raum, das Kegelventil mittelst einer stählernen Axe. Das-
selbe ist aus Rothguss gefertigt und sorgfältig eingeschliffeu.
An demselben ist ein kleiner Anker befestigt, welcher, damit
er seinen Magnetismus rasch verliere, nach Art der Anker
der Morsetelegraphen aus einem der Länge nach auf-
geschlitzten Eisenrohre besteht. Dieser Anker wird bei
Stromschluss von dem Electromagnete angezogen, und das
Ventil so geöffnet. Nachdem der Strom wieder geöffnet ist,
zieht eine stählerne Spiralfeder deren Spannung durch
die Schraube s regulirt werden kann, das Ventil zu. Damit
das Ventil sich nicht um seine Axe drehen, und so seine
Oeffnungszeit variiren kann, muss sich dasselbe zwischen
zwei Stiften //' bewegen, welche von dem Magnet herab-
reichen. (Fig. 3ft).
Der intermittirende Strom, welcher das Ventil in Be-
wegung setzt, wird, wie schon erwähnt, von einer Helm-
hol tz 'sehen Unterbrechungsgabel geliefert. Jedoch kann
man den Electromagnet des Ventiles nicht in den Haupt-
strom einschalten, welcher die Gabel treibt. Denn da die
Offnungsdauer des Ventiles von der Zeit abhängt, während
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Darstelhiny der Schallintensität.
285
welcher der Platinstift des Unterbrechers in das Queck-
silber eintaucht, so muss die Zeit dieses Contactes so ge- '
wählt werden können, wie sie einer richtigen Oeflnungsdauer
des Ventiles zukommt. Diese Zeit fallt aber nicht zusammen
mit der günstigsten für die Bewegung der Gabel. Es ist
deshalb ausser dem Contact der Helmholtz'schen Gabel
noch ein zweiter angebracht, welcher, von dem ersten isolirt,
den Ventilstrom unterbricht.1)
Diese Ventile entsprechen noch keineswegs den Anfor-
derungen, welche an dieselben gestellt werden müssen. Denn
einerseits kann das Ventil nur durch einen solchen Strom
in Vibration gesetzt werden, dessen Dauer nicht klein genug
ist im Verhältniss zu einer Schwingung der Pfeife; anderer-
seits ist es sehr schwer, die Oeffnungsdauer des Ventils zu
bestimmen und festzustellen, ob dasselbe während eines Thei-
les der Gabelperiode auch wirklich abschliesst.
Die Intensitätsbestimmungen wurden daher mittelst eines
anderen ausgeführt, welches ihm gegenüber grosse Vortheile
besitzt. Das electromagnetische Ventil ist auch nur deshalb
erwähnt, weil es gute Dienste bei der Untersuchung von
Phasendifferenzen in tönenden Luftsäulen leistet. Diese Un-
Untersuchungen sollen im letzten Abschnitte beschrieben
werden.
II. Stirauigabelvi iitile.
(Fig. 4», 4b, 4c theil weise durchschnitten.)
Bei den Stimmgabelventilen wird die Oeffnung ohne
Vermittlung des electrischen Stromes direct durch eine Un-
terbrechungsgabel bewirkt
An der oberen Zinke einer Stimmgabel, (Fig. 4C) ist
ein ebener Schieber s angebracht, in welchem ein horizon-
taler Spalt von a/4 mm Breite und 4 mm Länge eingefraist
ist. Dieser Spalt ist mit einem seitlich einmündenden Rohre
in Verbindung, welches der Gabelzinke entlang bis zu dem
Punkt läuft, wo die Bewegung der Gabel aufhört; dort ist
es rechtwinklig umgebogen und führt zum Manometer. Nahe
1) Die verschiedenen Wege, auf welchen die Luft je nach der Ver-
bindung der Pfeife mit dem Ventil zu dem Ventilkegel gelangen kann,
ßiod durch ausgezogene, bezw. punktirte Pfeile, in der Figur bezeichnet.
286 A. Raps.
am Schieber ist das Rohr durchschnitten und durch elasti-
schen Schlauch wieder verbunden. Auf diese Weise ist eine
luftdichte Verbindung des Spaltes mit dem Manometer, auch
während des Tönens der Gabel, hergestellt. Die Ebene die-
ses Schiebers, welchen wir den beweglichen nennen wollen,
muss genau parallel zu der Schwingungsebene der Gabel sein,
da derselbe luftdicht an einem anderen, mit dem Knoten der
Pfeife in Verbindung stehenden Schieber vorbeigleiten soll.
Deshalb ist derselbe zwischen zwei Spitzenschrauben ««' in
der Klaue K drehbar befestigt; praktisch genügt es, diese
Ventiltiäche der Seitenebene der beiden Gabelzinken genau
parallel zu stellen; alsdann wird der Schieber mittelst der
Klemmschrauben ßß' festgeklemmt.
Würde man nun die bewegliche Ventiltiäche unmittelbar
auf der festen schleifen lassen, so würde einerseits eine luft-
dichte Verbindung schwer herzustellen sein, andererseits
eine allzu grosse Reibung die Gabel am Tönen verhin-
dern. Deshalb wird zwischen die beiden Ventilflächen eine
capillare Flüssigkeitsschicht gebracht, welche abdichtet und
die Reibung bedeutend vermindert. Für diesen Zweck hat
sich Petroleum am geeignetsten gezeigt. Fette Oele sind un-
brauchbar.
Das Material, aus welchem die Schieber angefertigt sind,
ist ebenfalls von grossem Einflüsse auf das gute Arbeiten
derselben. Bios glasharte Stahlplatten, welche sorgfaltigst
eben geschliffen und polirt sind, zeigen eine Reibung, welche
klein genug ist Bei der gewöhnlichen Methode des Härtens
bleibt der Stahl meist zu weich für unseren Zweck. Durch
Ablöschen der über Rothgluth erhitzten Stahltheile in ver-
dünnter Schwefelsäure wird jedoch bei den meisten Stahlsorten
eine genügende Härte erzielt. Damit diese Theile sich glas-
hart herstellen lassen, darf an denselben nichts gelöthet sein;
dieselben sind daher entweder aus einem Stück zu fertigen,
oder sie müssen durch luftdichte Verschraubungen miteinander
verbunden werden, was ihre Herstellung allerdings sehr er-
schwert.
Man könnte glauben, dass durch die zwischengebrachte
Flüssigkeitsschicht die immerhin engen Spalten verstopft
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Dur Stellung der Schallintensität. 287
werden könnten. Da jedoch richtig gearbeitete Ventiltiächen,
nachdem man sie voneinander gezogen hat, schöne Inter-
ferenzfarben zeigen, ist die Flüssigkeitsschicht offenbar von
derselben Grössenordnung, wie die Wellenlänge des Lichtes.
Deshalb kann ein capillares Flüssigkeitshäutchen, weiches
sich über die Spalten ziehen sollte, doch nur so dünn sein,
dass es von dem kleinsten Ueberdruck auf einer Seite durch-
brochen wird. Ein Eindringen von Flüssigkeitstropfen in
die Spalte wurde niemals bemerkt. Man kann sich übrigens
leicht davon überzeugen, ob die Oeffnungen von Flüssigkeit
frei sind, indem man, wahrend die Gabel arbeitet, auf einer
Seite einen kleinen Ueberdruck erzeugt; ein rasches Sinken
des Manometers zeigt das Freisein der Oeffnung an.
Der feste Schieber muss sich begreiflicher Weise sehr
genau an den beweglichen anlegen. Zu diesem Zwecke muss
derselbe um eine horizontale und eine verticale Axe drehbar
sein (Cardanische Suspension). Die horizontale Axe ist
durch die beiden harten Spitzenschrauben mm' (B'ig. 4», b)
gebildet, welche eine sehr sichere und leicht regulirbare La-
gerung bieten. Die verticale Axe ist ein kleiner Stahlcylin-
der (in der Figur punktirt dargestellt), welcher durch eine
Schraube n festgeklemmt werden kann. Der Ventilträger T
ist nun seinerseits in den Spitzenschrauben hh' drehbar, so-
dass die Fläche des festen Schiebers gegen die des beweg-
lichen mittelst der Spiralfeder F sanft angedrückt werden
kann. Die Spannung dieser Spiralfeder kann mittelst der
Schraube I sehr fein regulirt werden. Bei guten Spaltflächen
ist die Adhäsion der Flüssigkeitsschicht so Btark, dass es
eines besonderen Andrückens nicht mehr bedarf. Dann
dient diese Feder blos zum Reguliren der Gabelamplitude.
Damit der feste Schieber parallel zu der Fläche des be-
weglichen verschoben werden kann (die Stelle, wo die Spal-
ten coincidiren, wird auf diese Weise bestimmt), ist das
ganze beschriebene System auf einem Mikrometerschlitten f
befestigt, welcher in UV seine Führungen hat und mittelst
der Mikrometerschraube V in Verein mit der entgegenwir-
kenden Feder W messbar verschoben werden kann. Die
Ebene, in welcher diese Verschiebung geschieht, muss natür-
lich auch parallel der Schwingungsebene der Gabel sein.
288
A. Raps.
Deshalb ist auch hierfür eine Justirvorrichtung am Fusse des
Trägers Z angebracht.
Schwierigkeiten verursachte die Verbindung des festen
Schiebers mit der Pfeife. Eine feste Verbindung (selbst
durch Gummischlauch) würde bei der geringsten Bewegung
der Pfeife gegen die Gabel ein Abreissen der Ventilti&chen
hervorrufen. Deshalb ist die Verbindung folgendermaBsen
eingerichtet: Das rechtwinklig gebogene Rohr L, welches
mit dem Spalte des festen Schiebers communicirt, ragt in ein
Glasgefäss P\ durch dessen Boden geht das Rohr o hin-
durch, welches vom Knoten der Pfeife kommt Wird nun
in das Glasgefäss P eine Quecksilberschicht gegossen, welche
über den unteren Rand von L ragt, so ist eine luftdichte
Verbindung hergestellt, welche dennoch Bewegung des festen
Schiebers zulässt, ohne die Ventilflächen zum Abreissen zu
bringen.
Eine derartige, zwischen Ventil und Pfeife eingeschaltete
Flüssigkeitsschicht ändert beim Tönen der Pfeife der Träg-
heit halber ihren Stand nicht.
Der wesentliche Vorzug dieses Ventiles vor dem electro-
magnetischen besteht darin (abgesehen von der kürzeren, re-
gulirbaren Oeffnungsdauer), dass man dasselbe, auch während
des Arbeitens, auf sein Dichthalten hin prüfen kann. Man
braucht blos den Hahn H abzuschlieesen und Luft in dem
Manometer zu comprimiren. l) Dann würde dasselbe, falls
die beiden Flächen nicht luftdicht aneinander vorbeigleiten,
rasch sinken; ändert es seinen Stand jedoch nicht, so halt
das Ventil dicht. Bei der Prüfung stellte es sich heraus,
dass die Ventile auch schon bei minder sorgfaltig gearbei-
teten Flächen für alle in Frage kommende Drucke voll-
ständig luftdicht abschliessen. Hiernach ist man zu dem
Schlüsse berechtigt, dass das Ventil, da man sich ja ziem-
lich vollkommen ebene Flächen verschaffen kann, einen voll-
ständigen Abschluss zwischen dem Knoten der Pfeife und
dem Manometer bildet, wenn die Spalten sich nicht decken.
1) Damit beim Comprimiren nicht etwa durch das Heben des Rohrer
/, ein Abreissen der Vcntilflachen entstände, ist ein kleines Stahlstäbchen
d angebracht, welches sich gegen die Schraube e anlegt, wenn L in die
Höhe gedrückt werden sollte.
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Darstellung der Schallintensität.
289
Um die Verbindung nach dem Probiren des Ventils wieder
herzustellen, braucht man blos den Hahn // zu öffnen, ohne
sonst irgend etwas zu ändern.
Da, wie schon erwähnt, die Oeffnungsdauer des Ventils
?on der Amplitude der Gabel abhängt, so wurde natürlicher
Weise eine möglichst grosse Amplitude angestrebt. (Die
Form der Gabel, welche sich am besten zu dem Versuche
eignete, geht aus Fig. 4e hervor; die Gabel muss eine ziem-
lich grosse Masse besitzen.) Deshalb musste der Strom, wel-
cher die Gabel treibt, möglichst ausgenutzt werden. Ver-
snche zeigten, dass die Gabel dann die grössten Amplituden
macht, wenn der Stift des Unterbrechers ziemlich tief in
das mit Alkohol überdeckte Quecksilber tauchte. Weder
durch die Erregung der Gabel durch eine gleichgestimmte
(sodass beide einen Phasenunterschied von V« Schwingungs-
dauer zeigen), noch das von Töpler1) angewandte Verfahren,
an dem Unterbrechungsstifte einen Quecksilberfaden adhäriren
zu lassen und die Dauer des die Bewegung fördernden Strom-
schlusses so zu verlängern, gaben gleich gute Resultate. Dies
hängt offenbar mit den auftretenden Inductionsströmen zu-
sammen.
Mittelst eines Stromes von fünf Bunsenelementen und
eines zu diesem Zwecke eigens gebauten, sehr kräftigen
Electron) agneten wurde trotz der Reibung der Ventilflächen
doch eine Amplitude von 4 bis 5 mm erreicht. Solche Am-
plituden lassen sich allerdings auch nur bei vollkommen ge-
arbeiteten Ventilflächen und sorgsamer Ausbalancirung der
Gabelzinken erreichen.
So gut wie diese Ventile auch functioniren, so stellte
sich bei ihrem Gebrauche doch ein Uebelstand heraus, wel-
cher namentlich bei starken Tönen hervortrat. Es zeigte sich
nämlich, dass eine Veränderung der Länge des Rohres,
welches sich zwischen Ventil und Knoten befindet, von Ein-
Huss auf die Angaben des Manometers ist, und zwar erfolgte
ein Maximum der Angaben, wenn die Länge jenes Verbin-
dungsrohres der halben Wellenlänge des dritten Partialtones
der (gedackten) Pfeife ungefähr gleichkam. Dieser Umstand
Ii Töpler u. Boltzmfinn, Pogg. Ann. 141. p. fl3.r>. 1870.
Ana. d. Ptayt. u. Ch«m. N. F. XXXV [. 1<j
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290
A. Baps.
inuss wohl der Kesonanz des Zwischenstückes zugeschrieben
werden.
Um daher Werthe zu erhalten, welche dem wirklichen
Drucke im Knoten der Pfeife entsprechen, musste dieser
schädliche Raum vermieden und das Ventil der Knotenfläche
ganz nahe gebracht werden. Dies ist durch die Anordnung
erreicht, welche Fig. 5 zeigt. (Dieselbe stellt einen Schnitt
durch die Pfeife nahe der Knotenfläche dar.) Die beiden
aufeinander gleitenden Ventilflächen sind in der Nebenfigur
besonders gezeichnet, und zwar ist in Fig. 5» die Fläche des
festen, in Fig. 6h die des beweglichen Schiebers dargestellt.
Der letztere ist zwischen zwei Spitzenschrauben1) aa in einer
Klaue c befestigt, welche ihrerseits mit der Stimmgabel so
verbunden ist, dass eine Drehung um eine horizontale d und
eine verticale Axe bb erfolgen kann. Jeder dieser Schieber
hat einen horizontalen und einen verticalen Spalt. Die ver-
ticalen Spalte sind sehr breit und communiciren immer, wäh-
rend die horizontalen schmal sind (3/4 mm) und sich nur dann
decken, wenn die Gräbel durch ihre Gleichgewichtslage geht.
Der Knoten steht direct mit dem horizontalen Spalt 1 des
festen Schiebers in Verbindung; von diesem gelangt die Luft
bei der Gleichgewichtslage der Gabel durch den Spalt 2,
welcher mit 3 in Verbindung steht, nach 4 und dann mittelst
des Ansatzes e zum Manometer. Die beiden Ventiltiächen
werden blos durch die Adhäsion der capillaren Flüssigkeits-
schicht aneinander gehalten. Dieselbe wirkt so stark bei
richtiger Justirung der Flächen, dass dieselben sich ziemlich
schwer voneinander reiBsen lassen.
Um dieses Ventil auch während des Vibrirens auf seine
Dichtigkeit zu prüfen, ist folgende Vorrichtung angebracht.
In die Wand der Pfeife, gerade der Ventilmündung gegen-
über, ist eine Büchse B eingelassen, durch welche sich, gut
geführt, der Stahlstift / verschieben lässt. Dieser Stahlstift
trägt an seinem vorderen Ende eine runde Messingscheibe /<,
gegen welche ein weiches Gummiplättchen i geschraubt ist.
1) Alio Spitzensehraubeu sind mit Gegenmuttern versehen, um die-
selben sieher einstellen zu können. Das geringste Schlottern irgend
eines beweglichen Theiles würde das Arbeiten des Ventils vollständig
hemmen.
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Darstellung der Schallintensität.
291
Wird dieser Stahlstift nun mittelst der Schraube s in die
Pfeife gedrückt, so legt sich das Gummiplättchen gegen den
vorstehenden Rand des Rohres y an und bildet so einen
luftdichten Abschluss. Dann kann das Ventil, gerade so wie
oben beschrieben, auf sein Dichthalten geprüft werden. Ist
dies geschehen, so wird die Schraube s zurückgeschraubt,
der Bügel L zurückgeklappt, der Stift f ganz zurückgezogen
und der normale Zustand der Pfeife wieder hergestellt.
Bei dieser Ventilconstruction kann das Manometer fast
ohne Zwischenraum mit dem Ventil verbunden werden;
kleine Luftvolumina, zwischen Manometer und Ventil ein-
gefugt, haben durchaus keinen Einfluss auf die Manometer-
angaben.
Da der feste Ventilschieber an der Pfeife selbst befestigt
ist, die ihrerseits mit der Stimmgabel keine gemeinsame
Basis hat, so muss die Pfeife sehr fest gelagert sein, damit
ein Abreissen der Ventilflächen vermieden wird. Deshalb
ist dieselbe in ein gusseisernes Gestell G geschraubt, welches
für jede Grösse und Form der Pfeife gebraucht werden
kann (Fig. 6» und 6b). Die eine Klammer K, welche
die Pfeife umfasst, ist festgestellt, während die andere / mit-
telst der Schraube F fein in der Verticalen verschoben wer-
den kann. Auf diese Weise wird der feste Spalt in Bezug
anf den beweglichen eingestellt
Es mag hier erwähnt werden, dass ein derartiges Ventil
eine Sirene von sehr constanter Tonhöhe abgibt, wenn es von
irgend einer Seite angeblasen wird; auch kann man mannig-
faltige Klangfarben damit hervorbringen, wenn man die
Grösse und Form der Spalte variirt. So geben weite Spal-
ten angeblasen einen weichen Ton, während bei engen Spal-
ten ein Klang erzeugt wird, der an einen in der Ferne er-
klingenden, schmetternden Trompetenton erinnert.
III. Die Manometervorrichtung; das Aufzeichnen der Curven.
Um genaue Messungen über die Druckvariationen tönen-
der Luftsäulen anzustellen, schien ein Wassermanometer nicht
geeignet, denn die Trägheit und Reibung einer solchen
Wassersäule ist immerhin ziemlich gross. Auch ist es schwer,
parallactische Fehler beim Ablesen des schwingenden Mano-
10*
29L>
A. Raps.
meters zu vermeiden. Deshalb wurden die Messungen mit-
telst eines anderen ausgeführt, welches man wohl als Mera-
hranmanometer bezeichnen könnte.
Dasselbe ist in Taf. V Fig. 7a im Durchschnitt, in
Fig. 7 b im Aufriss (um 90° gedreht) dargestellt,
Auf einen Dreiwegehahn A kann eine Messingtrommel
B (von verschiedener Grösse) geschraubt werden. Diese
Trommel wird mit einer feinen Gummimembran überspannt,
auf welche in der Mitte ein rundes, glashartes Stahlplättchen
u aufgekittet ist. Auf diesem polirten Stahlplättchen sitzt
eine ebenfalls harte Spitze ß auf, welche an den Hebelarm
f geschraubt ist. Dieser Hebel / hat seine Drehungsaxe in
einer Stahlschneide, welche sich in zwei stumpfwinkligen,
sorgfaltig ausgeschliffenen Stahllagern c bewegt. Die Spitzen
des schräg abgeschnittenen Stahlprismas liegen mit Spiel-
raum gegen zwei Stahlplättchen gg an, welche eine seitliche
Verschiebung der Axe verhindern sollen. An diesem Stahl-
prisraa ist ein leichter Spiegel h drehbar befestigt, kann
aber mittelst der Schraube i in jeder beliebigen Lage (einem
bestimmten Sealentheil entsprechend) festgeklemmt werden.
Durch ein kleines Gegengewichtchen e kann der Hebel aus-
balancirt werden. Es ist ferner die Einrichtung getroffen,
dass der Hebelarm, an welchem die Bewegung der Membran
wirkt, beliebig verändert werden kann. Auf diese Weise ist
man im Stande, den Winkel, um welchen sich der Spiegel
dreht, passend zu wählen.
Dieser Winkel wird mittelst Fernrohres und Scala ab-
gelesen.
Jenachdem die Art der Membran (verschiedene Gummi-
sorten, Nickelinwellblech u. s. w.) gewählt und der Hebelarm
des Lichtzeigers, sowie der des Manometers abgestimmt wird,
kann die Empfindlichkeit des Manometers variirt werden;
dieselbe lässt eine ausserordentlich hohe Steigerung zu. Da
jedoch eine derartige Membran ihre Spannung beständig än-
dert (Gummimembranen müssen häufig erneuert werden) und
auch von einer derartigen Vorrichtung keine Scalenangaben
erwartet werden können, welche dem Drucke proportional
wachsen, so muss das Membranmanometer vor und nach jeder
Beolmchtungsreihe ausgewerthet werden.
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Darstellung der Schallintensität.
Zu diesem Zwecke ist der oben erwähnte Dreiweghahn
angebracht, welcher folgende Verbindungen gestattet:
1) Ventil- Membranmanometer l)9
2) Ventil • Wassermanometer
3) Ventil- Wassermanometer-Membranmanometer ]),
4) Membranmanometer- Wassermanometer.
Bei der Auswerthung wird die Stellung 4 benutzt. In
die Rohrleitung zwischen den beiden Manometern ist noch
eine Zweigleitung A2) eingefügt, durch welche man die Luft
in den Manometern auf einen bestimmten Druck (mit dem
Munde) bringen kann. Ist dies geschehen , so wird die
Luft durch Schliessen des Hahnes F abgesperrt. Um das
Manometer mit Genauigkeit auf einen bestimmten Druck
schnell einstellen zu können, ist in die Zweigleitung k ein
kurzes Stück y dickwandigen Gummischlauches eingesetzt,
welches durch die Schraube k mehr oder weniger zusammen-
gedrückt werden kann. Indem so das abgeschlossene Luft-
volum um kleine Bruchtheile variirt wird, kann der Druck
mit Leichtigkeit genau regulirt werden. Das Wassermano-
meter wurde bei den definitiven Beobachtungsreihen mit dem
Kathetometer abgelesen.
Selbstverständlich musste sowohl das Manometer wie
auch das Fernrohr isolirt von den tönenden Theilen aufge-
stellt werden.
Dieselbe Manometervorrichtung wurde auch zur graphi-
schen Aufzeichnung der Schwingungen benutzt. Alsdann
wurde an dem Prisma ein langer Hebelarm von dünn ge-
spaltenem Riet angebracht, in welchen vorn eine sehr feine,
etwas abgerundete Stahlspitze eingesetzt war. Ejn solcher
auf der hohen Kante stehender Holzhebel verbindet mit
grosser Leichtigkeit eine merkwürdige Stabilität und eignet
sich vorzüglich zum Aufschreiben langsam verlaufender Cur-
ven. (Eine ähnliche Vorrichtung, welche den Namen einer
Marey 'sehen Kapsel trägt, wird von den Physiologen häufig
angewandt.) Die Curven wurden auf eiue rotirende berusste
Trommel aufgezeichnet, deren Drehung durch einen Villar-
1) Diese Combinationen der Luftwege leisten bei der Umbucht ung
trute Dienste.
2) Siehe die achcraatische Zeichnuiig Fig. 7 c.
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294
A. Raps
ceau'schen Windflügelregulator gleichmässig gemacht wurde.
Die Fixirung der Curven geschah auf photographischem Wege.
Ein auf die Trommel aufgespannter Streifen lichtempfind-
lichen Papiercs wurde berusst. Alsdann Hess man den Stift
der Schreib Forrichtung die Curve aufzeichnen, indem er den
Russ abkratzte. An diesen Stellen konnte das Licht an das
lichtempfindliche Papier gelangen und dasselbe zersetzen.
Nachdem nun kurze Zeit belichtet war (in director Sonne
circa fünf Minuten), wurde der Russ abgewaschen und das
Bild fixirt. Vorzüglich eignet sich zu diesem Verfahren das
Emulsionspapier nach Dr. Stolze, welches, im nassen Zu-
stande auf eine Glasplatte aufgequetscht, nach dem Trocknen
eine äusserst hohe Glatte zeigt und daher dem Schreibstift
sehr wenig Reibung bietet. Die auf solche Weise fixirten
Curven sind weit sauberer und haltbarer, als die auf die ge-
wöhnliche Art erhaltenen. Die beigefügten Curven sind mög-
lichst getreue Reproductionen der Originale.
IV. Die Erzeugung und Regulirung des Anblase&tromes; da*-
Abstiwmen der Pfeife.
Die Genauigkeit des vorliegenden Verfahrens hängt vor-
zugsweise von der Gleichförmigkeit des Anblasestromes ab.
wie dies im ersten Paragraphen auseinandergesetzt wurde.
Es wurde deshalb auf die Regulirung desselben die grösste
Sorgfalt verwendet. In der That bot diese Regulirung die
grössten praktischen Schwierigkeiten der Untersuchung.
Zur Erzeugung des Luftstromes stellte sich ein sogen.
Roots blower am geeignetsten heraus; ein gewöhnliches Centri-
fugalgebläse liefert nicht den nöthigen Druck. Ohne Regu-
lirvorrichtung ist jedoch ein solches Gebläse für diese Ver-
suche absolut unbrauchbar, weil es rasche, ziemlich starke
Druckschwankungen gibt. Immerhin sind solche Druck-
schwankungen aber kleiner als diejenigen, welche ein gewöhn-
licher Blasebalg erzeugt.
Diese Stösse lassen sich jedoch fast ganz vernichten
durch Einschalten grosser Luftvolumina zwischen Pfeife und
Gebläse. Auch ist es sehr vortheilhaft, den Luftstrom mit
starker Reibung durch enge OefFnungen zu pressen.
Von den zwischengeschalteten Lufträumen muss eines
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Darstellung der Schallintensität.
205
variabel sein, um grössere Druckschwankungen ausgleichen
zu können, wie solche von dem unregelmässigen Gang des
Motors, welcher das Gebläse treibt, herrühren. Dieses ver-
änderliche Luftvolum wurde durch ein grosses Gasometer
gebildet, welches in Fig. 8 abgebildet ist. Die Führung des
beweglichen Theiles ist folgendermassen angeordnet. Mit der
oberen Wand des inneren Theiles ist ein Eisenrohr R fest
verbunden. Dasselbe wird oben in drei Rollen geführt, welche
um 120° voneinander verschieden, angeschraubt sind. (In
der Figur sind nur zwei gezeichnet.) An der Wand des be-
weglichen Cylinders sind zwei senkrechte, genau parallel zu
einander justirte Messingröhren p angebracht, welche sich in
den beiden Rollen cc bewegen. Alle Rollen laufen zwischen
Spitzen und sind genau laufend gedreht. Hierdurch ist die
Reibung der sich bewegenden Theile auf ein Minimum be-
schränkt, weil sie überall in wälzende verwandelt ist. Der
Druck im Gasometer wird durch Wasser, welches in den
Raum E eingegossen werden kann, resp. durch aufgelegte
Gewichte regulirt. Der vom Gebläse kommende Luftstrom,
welcher schon ein etwa 1 cbm haltendes Gefäss passirt hat
und durch enge Oeftnungen hindurchgepresst ist, gelangt
durch den Hahn H in das Gasometer, aus welchem er durch
den Hahn H' zur Pfeife geführt wird. Die Stärke des An-
blasedruckes wird durch die Stellung des Hahnes H' regu-
lirt. Der andere Hahn wurde jedesmal nur so weit geöffnet,
dass eben so viel Luft ein- wie ausströmte, und der beweg-
liche Theil des Gasometers eine constante Höhe beibehielt.
Der so regulirte Luftstrom ist schon sehr constant; bei
geringem Anblasedruck, bis etwa 100 mm Wasser, bleiben
die Schwankungen innerhalb eines Drittel Millimeters. Diese
Schwankungen steigern sich natürlich mit dem Drucke. Bei
200 mm betragen sie ca. ll/_> mm, bei 300 mm etwa 3 mm1).
Die Abstimmung der Pfeife mit der Gabel wurde durch
die in Fig. 6, und 6b gezeichnete Vorrichtung ausgeführt.
I i Bei der Bestimmung der Schwingungszabl der Pfeife wurde durch
diesen LnfMrom eine Sirene getrieben. Die Tonhöhe derselben konnte
während mehrerer Minuten so constant erhalten werden, dass die Zahl
der Schwebungeu. welche sie mit der Stimmgabel machte, nur in gerin-
gen Grenzen schwankte.
296
A. Raps.
Dieselbe besteht aus einer starken Messingplatte J*, welche
an einer Axe A befestigt ist. Diese Axe bewegt sich in
Spitzen zwischen einem Pfeifenhalter K und dem Stander T.
Die Platte kann hochgezogen und damit die Pfeife tiefer ge-
stimmt werden, wenn man die Schraube F löst. Hat man die
ungefähre Stellung der Platte P gefunden, so wird F ange-
zogen. Durch die Mikrometerschraube M, gegen welche sich
der Hebel H infolge des Uebergewichtes der schweren Platte
anlegt, kann die Platte ganz fein verschoben, und so die
Pfeile sehr genau mit der Gräbel zur Uebereinstimmung ge-
bracht werden. Die Platte ist auf diese Weise sehr sicher
gelagert, sodass sie nicht durch das Tönen der Pfeife zum
Erzittern gebracht und dadurch verstellt werden kann; den-
noch kann dieselbe leicht durch die Mikrometerschraube ver-
stollt werden. Da durch diese Vorrichtung die Tonhöhe nur
innerhalb sehr geringer Grenzen geändert werden kann, die
Pfeife dieselbe aber bei verschiedenem Anblasedruck stark
ändert, so muss zuerst eine gröbere Abstimmung durch pas-
sende, auf die Gabel aufgeschraubte Gewichte ausgeführt
werden.
Eine sehr bequeme Art, die Pfeife abzustimmen, bietet
auch die Veränderung des Anblasedruckes, von weichem ja
die Tonhöhe abhängt. Dieses Mittel ist sogar für starke
Töne das beste, weil sich dann die Pfeife durch das oben
erwähnte Verfahren nicht gut mehr abstimmen lässt Deshalb
ist zwischen Gasometer und Pfeife ein zweiter Hahn 1 (Fig. 9»)
eingesetzt, dessen Stellung durch den Zeiger Z auf dem ge-
seilten Kreise L ablesbar ist. Vor und hinter dem Hahn 1
mündet eine kleine Zweigleitung (Der Hahn / darf nicht
ganz geöffnet sein.) Der durch die Zweigleitung fliessende
Luftstrom kann mittelst des Schraubenhahns A (Fig. 9b)
sehr fein regulirt werden. Dieser Schraubenhahn ist dem-
jenigen nachgebildet, welchen R^gnault1) bei seinen Unter-
suchungen über die specirische Wärme der Gase anwandte.
Diese Abstimmvorrichtung hat sich, namentlich bei starken
Tönen, sehr gut bewährt.
1) Kignault, Mim. do l'mad. 20. \>. 5«.
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Darstellung der Schallintensität.
297
§ 3. Beobachtungen an gedackten Pfeifen.
A. Druckvariation im Knoten einer gedackten
Pfeife. — Die untersuchte Pfeife hatte folgende Dimen-
sionen:
Die Schwingungen in der Secunde betrugen 184
Die Pfeife, welche absichtlich mit einer besonders hohen
Mundöffnung versehen wurde, gab einen kräftigen Grundton.
Die Obertöne waren auch bei sehr starkem Anblasen ver-
hältnissmässig schwach. Auch durch den stärksten zur Ver-
fügung stehenden Druck konnte der Grundton nicht zum
Ueberspringen in den ersten überton gebracht werden.
In folgenden Tabellen ist der grösste (D) und kleinste
Druck ( V), welcher im Knoten der untersuchten Pfeife
herrschte, bei neun verschiedenen Anblasedrucken {A in Mil-
limetern Wasser) verzeichnet. Die Zahlen bedeuten Scalen-
theile, welche das Manometer zeigte. (Als Nullpunkt ist 500
gewählt.) Unter dem arithmetischen Mittel sind die Zahlen
angegeben, welche sich bei der Auswerthung des Membran -
manometers mit einem kathetometrisch abgelesenen Wasser-
manometer ergaben. Ausserdem ist die mittlere Zeit einer
Manometer8chwinguug (= S) angegeben. Da die Beobach-
tungsreihen zu verschiedenen Zeiten ausgeführt wurden, ist
an der Spannung der Membran und der Länge des Hebel-
armes mannichfach geändert worden. Deshalb können die
Scalenablesungen nicht direct miteinander verglichen werden.
Die angegebenen Beobachtungsreihen bilden blos einen klei-
nen Theil von denjenigen, welche unter mannichfaltiger Ab-
änderung der Versuchsanordnungen ausgeführt wurden. Alle
hatten untereinander dieselbe Uebereinstimmung, welche aus
den Beispielen hervorgeht.
Länge der Pfeife . .
Querschnitt . . .
Höhe der Mundöffnung
360 mm
•45, re-sp. (Jö min
22 min
2im
A. Ro]>s.
I.
J a 44 mm. .S^OSce.
Druck Verdünnung
473,1
II.
526,9
527,0
527,4
527.1
526,8
527,0
527.5
527,4
526,8
526,7
527,1
473,2
473,1
473,4
473,0
473,1
473,5
473.5
473,3
473,3
473,2
40,0 mm -39,75mm
.f --- 60 mm
1)
539,2
539,3
539.2
539,5
539,4
539,2
539,1
539,5
539,1
539,4
539,3
57,5 iniu
S= 10 Sec.
V
460,9
460,8
461,0
461,1
461,0
461.0
461,1
460,9
460,8
461,2
461,0
— 57,3 mm
III.
A - SO mm N— 8Sci-.
1)
551,2
551.3
551,1
551,5
5.1,4
551,6
551,2
551.«
551,3
551,2
551,4
78,4 mm
V
4 48.7
448,9
449.1
449.3
449,2
449,2
449.1
449.1
449,2
448,*
4 4M
-78,0 mm
IV.
VI.
/ -102 mm
6'= 7 Sec.
A - 1 45mm 6' =a 1 4 Sec.
A = 174 mm
S = 9 Sec.
J)
V
D
V
D
V
564,7
436,0
582,9
5S2.7
418,3
594,1
407,8
564,5
436,1
418.7
593.6
408.2
564,3
436,4
582,5
418,2
594.3
407,7
564,7
436,3
582,8
582,9
418,8
593,7
407,5
564,2
436,2
418,9
594,6
407,7
564, S
436,0
582,7
418,1
593,6
408,3
564,6
436,5
582,9
418,6
593,7
407.6
564,5
436,0
436,0
582.8
418,3
593,6
408,4
407,7
564,5
582,5
418,5
418,5
593.5
593,6
564,3
436,1
582,3
407. 8
564,5
436,2
j 582,7
418,5
593,8
407,9 "
94,8mm
-94,0mm
120,1mm
-118,4 mm
135,1 mm
133,4 mm
VII.
VIII.
IX.
1 = 200 mm
6'= 6 Sec.
A = 240 mm
S = 9Scc.
A = 308 mm
6 = 6 Sec.
D
V
D
610,5
V
D
V
601,0
401.5
392,6
626,3
377,1
600.4
401,7
609.4
392,8
624,1
37«,9
600^3
401,9
610,7
392,1
624,3
377,2
600,7
601.8
401,4
401,4
609,8
392.0
625,7
37*,2
609.«
392,2
624,8
378,4
601,1
401,6
609,9
392,8
626,1
378,1
601,4
4ol.8
609,4
609,7
610,4
392,7
«26,3
378,4
600,7
401 ,2
392,6
392,8
624,8
378,5
600,8
401,3
625,6
376,8
600,9
401,7
«10.7
392.3
625,5
377,3
600,9
401,5
610,0
392,5
625,4
377,7
145,2mm -
-142,3 mm
160,3 mm -
156,2 mm
182,4 mm -
177.3 mm
Vergleicht man die Einzelbeobachtungen jeder Reihe
miteinander, so findet man bei geringem Anblasedrucke eine
gut zu nennende Uebereinstimmung. Diese Uebereinstim-
igitized by Google
Darstellung der Schallintensität.
29'.»
mung wird jedoch immer schlechter, je stärker die Pfeife
angeblasen wird. Hieran mögen die immer grösser werden-
den Stösse des Anblasestromes Schuld sein; auch erschwert
ein bei starken Tönen auftretendes Erzittern des Spiegels
die Ablesung.
Die Minimalwerthe des Druckes wachsen nicht im Ver-
hältnisse wie die zugehörigen Maximalwerte, was sich aus
der Vergleichung der betreffenden Zahlen ergibt. Die Curve
in Fig. 10 veranschaulicht, in welcher Weise der Druck im
Knoten von der Starke des Anblasestromes abhängt.
Die Maximaldrucke im Knoten sind als Ordinaten auf-
getragen, während dieAbscissen den Anblasedruck angeben.1)
Aus dem Maximaldruckunterschicde im Knoten der
Pfeife lässt sich nun die Amplitude eines Lufttheilchens an
irgend einem Punkte im Inneren der Pfeife berechnen, wenn
wir als Bewegung eine Pendelschwingung annehmen. Dies
ist bei schwachen Tönen vollständig erlaubt.
Bezeichnet x den Abstand eines Lufttheilchens von der
Knotenfläche zur Zeit t, c die Schallgeschwindigkeit (340 m),
T die Periode der Pfeife, so findet man für die Excursioncn
dieses Lufttheilchens:
2 n l . 2 7i .r
w = « sin -T sin c T ,
wobei sich a aus der Gleichung:
x-s,= l- er™ r^cr
bestimmt.
Es ist nämlich 1 — dLjdx die Dichte der Luft im Kno-
ten zur Zeit /, wenn wir die Dichte der ruhenden Luft
gleich Eins setzen. Das Maximum und Minimum im Knoten
Hegen auseinander um:
Ant
Üie vorhergehenden Tabellen geben die Druckunterschiede an.
Wir wollen von diesen Drucken den kleinsten (1) und
den grössten (9) zur Berechnung nehmen. In Atmosphären-
druck umgerechnet, ergibt sich:
J, =0,00771, 4> = 0,03481.
1) Hie Kreuze sind die Beobachtungen.
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300 A. flap*.
Da die Temperaturänderungen während der Schall-
schwingungen die Dichtigkeitsänderungen vergrüssern, müs-
sen wir, um aus den Druckänderungen die Dichtigkeitsände-
rungen zu finden, dieselben durch 1,41 dividiren; man er-
hält so:
vl ~~ !! ^!!?™ 1 die Dichte der ruhenden Luft — 1 gesetzt.
oit — 0,02469 J
Hiernach berechnet sich:
av = 0,805, a9 = 3,632.
Im Schwingungsbauche der Pfeife wird:
. tl 360 • 2nl
i. = a sin2;r — sin y, ,
also die Amplitude:
^=0,757, Av = 3,4ir>.
Die Gcsamratverschiebung — 2 A :
Wx — 1,514, = 6,830.
Aus diesen Zahlen berechnen sich die Verschiebungen
inmitten der Mundöffnung, des kleineren Querschnittes hal-
ber, zu:
W/= 4,578 mm, WIK = 20.18 mm.
B. Schwingungsforra gedackter Orgelpfeifen.—
Eine sorgfältig construirte Pfeife (vom Orgelbauer Appun
in Hanau) wurde auf ihre Schwingungsform hin untersucht.
Die Dimensionen derselben waren folgende:
Länge der Pfeife 340 mm
Höhe des quadratischen Querschnittes 66 mm
Höhe der Mundöffnung 16 mm
Die Schwingungscurven derselben sind bei den Zeich-
nungen wiedergegeben und den Originalen möglichst genau
nachgebildet. Es wurden Schwingungscurven bei drei ver-
schiedenen Anblasedrucken aufgezeichnet. Bei der graphi-
schen Darstellung sind die Manometerausschläge (Ordinateo)
nicht ohne weiteres miteinander zu vergleichen; erst durch
Auswerthung mit einem Wassermanometer wird dies der
Fall. Die Empfindlichkeit der Schreibvorrichtung wurde für
jeden Druck abgepasst, um keine zu grossen Ausschläge zu
erhalten, bei welchen die Excursionen des Schreibstiftes ihrer
Bogenform wegen nicht mehr zu Ordinaten genommen wer-
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Darstellung der Schallintensität.
301
den können. Auch ist die Umlaufszeit der Trommel bei den
verschiedenen Curven verschieden.
I. Schwingungsform bei schwachem Anblasen (60 mm
Wasser).
Die Curve ist in Fig. B dargestellt. Die mittlere Dauer
einer Schwingung betrug 40 Secunden. Der Unterschied
zwischen Maximal- und Minimaldruck im Knoten betrug
87,5 mm. Eine grosse Anzahl dieser Curven wurden auf der
Theilmaschine ausgemessen. Hierzu eigneten sich durchaus
nicht alle, vielmehr wurde die Messung nur bei denen aus-
geführt, die aufgezeichnet wurden, während der Anblasestrom
sehr constant blieb. (Das Wassermanometer wurde mikro-
skopisch beobachtet und die betreffenden Curven markirt.)
Solche Curven sind verbältnissmässig selten.
Es wurden die Ordinaten gemessen, welche den Werthen
H6, T/8, T/4 entsprechen.
T
T
T
T
T
T
T
T
T
16
8
4
16
8
4
16
V
4
1,80
2.62
1,04
1,80
2,68
1,07 ,
1,80
2,59
l.f'l
1,82
2,61
1,04
1,81
2.6 (
1,02
1,81
2,59
\Stt
1,84
2,59
1,03
1,*5
2,61
1,04
l,so
2,61
<>,9X
I,H0
2,00
1,02
1,80
2,58
1,05
1,82
2,61
1,81
2,60
1,06
1 .82
2,59
0,99
1,83
2,59
0,9«
1,84
2,61
1,08
1,81
2,«0
0,!<6
1,82
2,59
l.lfl
1,82
2,63
1,04
1,82
2,61
Mittel
1,020
1,816 ,
2,605
Berechnet man mittelst der gefundenen Amplitude die
Werthe der Ordinaten für 7)16 und 7)8, so findet man:
berechnet 0,997 1,842
beobachtet 1,020 l,blG
Diese Abweichungen können, da sie einmal im positiven,
einmal im negativen Sinne erfolgen, nicht wohl durch das
Mitklingen des dritten Partialtones erklärt werden; sie
müssen vielmehr als Beobachtungsfehler betrachtet werden
(namentlich die Schreibvorrichtung dürfte daran Schuld sein).
Diese Abweichungen liegen jedoch in solchen Grenzen, dass
die Schwingung mit Recht als eine einfache Sinusschwingung
^zeichnet werden kann.
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302
A. Htips.
II. (Curve Cj. Schwingungsform bei mittelstarkem
Drucke. (190 mm Wasser.) Maximaldruckunterschied 258 mm.
Mittlere Schwingungszeit 5 Secunden.
Auch bei dieser Curve wurden die zu den Absei ssen-
werthen T/16, T/8, T/4, 3T 8 zugehörigen Ordinatenwerthe
ausgemessen und aus den Werthen für jede Ordinate dann
das Mittel gebildet.
Diese Auswerthung ergab:
T T 3 7' T
H 4 s n;
y 0 35 44 3<i 32
Berechnet man nach der Fourier'schen Reihe:
y = 2 ( A* cos a 2 t + B,t cos a "f ') '
(wobei im Falle der gedackten Pfeifen a die ungeraden Zahlen
durchläuft) die Wer the der Partialamplituden./?a — ]/yJa2-|- Bn-
und die Phasen tg ya= AajBa} so erhält man, wenn man nur
den ersten und dritten Ton berücksichtigt:
/?, = 47,10, if x = - 0°26'; Rs = 3,124, <f , = 0*30,4'.
Phasendiflerenz: cp3 — <fx = 6° 56'.
Wird mittelst dieser Coefticienten der (noch gemessene)
Werth für T/16 berechnet, so ergibt sich statt:
22 — 20,7 .
III. (Curve A). Schwingungsform bei starkem Anblasen
(400 mm Wasser). Maximalwerth des Druckunterschiedes
305 mm. Dauer einer Schwingung zwischen 2 und 3 Se-
cunden.
Wurde die Pfeife mit solcher Stärke angeblasen, so war
es sehr schwer, sie mit der Gräbel in genügende Ueberein-
stimmung zu bringen. Bei nicht ganz vollkommener Ueber-
einstimmung wechselte das Manometer sprungweise zwischen
seiner Maximal- und Minimallage.1) Alsdann konnte das
Manometer, den früheren Angaben zufolge, kein richtiges
Bild des Schwingungsvorganges mehr geben. Es gelang
jedoch auch hierbei, mit Mühe allerdings, die Pfeife
genau genug abzustimmen. Alsdann wurde die Curve A er-
1) Cianz ähnliche Verhältnisse fanden Töplcr und Roltzmann;
siehe oben erwähnte Abhandlung Pogg. Ann. 141. p. 321. 1STO.
ized by GooqI
Darstellung der Schallintensität.
303
halten, welche den Einfluss des nunmehr stärker auftretenden
dritten Ober tones auf den Grundton evident darstellt.
Zum Zwecke der Bestimmung dieses Einflusses wurde
die Curve in ihre Partialschwingungen zerlegt. Es wurden
die zu dem Maximum, resp. Minimum der Ordinaten zuge-
hörigen Abscissen gemessen (ebenso die zu den Werthen
T, IG, r/8, T/4 zugehörigen Ordinaten) und aus vielen Mes-
sungen das Mittel gebildet; dies ergab:
0 T T 42 T T 73.7'
16 8 2.100 4 2.100
.y 0 28 41 36 10 53
die T/2 entsprechende Abscisse = 100 gesetzt. Für den
Werth 73 T/ 100 kann, weil er einem Maximal werthe der
Ordinate entspricht, 3 T/8 gesetzt werden.
Aus den Werthen:
T T -AT
h 4 8
if 0 41 40 53
lmdet man die Partialamplituden und Phasen:
Kx = 53,39, tf l - - 4° 33,5'; Ä3 = 13,88, 7;J = 17" 47,0';
r/s-yi-. 22*21'.
Die Intensität der Partialtöne ist gleich dem Quadrate
der Amplituden zu setzen.
Bestimmt man mittelst dieser Werthe die Ordinaten für:
7' 4° T
' und , ** , so findet man:
10 Z . 1 uu
30,3
28
37,9 berechnet,
30 beobachtet.
Diese Abweichungen liegen innerhalb der Beobachtungs-
fehler. Ein merklicher Einfluss des fünften Obertones kann
daher nicht nachgewiesen werden.
In Fig. D und E sind noch zwei Schwingungsformen der
zuerst erwähnten Pfeife beigegeben, welche bei mittlerem und
starkem Anblasedrucke aufgezeichnet wurden. Man sieht,
wie die Formen bei verschiedenen Pfeifen wechseln können.
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304 A. Raps.
Auch in freier Luft wurden Beobachtungen über die
Schallintensität angestellt. Es stellte sich heraus, dass die
Luftverdichtungen, resp. Verdünnungen, welche von einer
massig angeblasenen Pfeife in der freien Luft (selbst in der
Entfernung von 4 m) erzeugt wurden, noch sehr messbare
Manometerausschläge gaben. Diese lagen noch lange nicht
an der Grenze der Empfindlichkeit der Vorrichtung. Da
sich jedoch in dem kleinen Beobachtungsraume stehende
Wellen ausbildeten, die nachweisbare Druckmaxima und
-minima hervorriefen, mussten die hierher gehörigen Ver-
suche aufgegeben und auf eine spätere Zeit aufgeschoben
werden.
§ 4. Untersuchungen über Phasendifferenzen der
Bewegung tönender Luftsäulen.
Auf einen Vorschlag des Hrn. v, H elmhol tz wurde
eine Combination zweier Schallventile zur Untersuchung von
Phasendifferenzen in tönenden Luftsäulen verwandt.
Hr. v. Helmholtz stellt in seinem Aufsatze: „Ueber
Schwingungen offener Röhren,"1) folgende Gleichung auf:
(I) ^ = A-, cosklx — a) co^2nnt + A--® siukx sin2jrn/,
v ' di COS k a y ' 2n
wobei ift das Geschwindigkeitspotential, a die Entfernung des
Maximums der Schwingungen von der Mundöffnung, Q den
Querschnitt des cylindrischen Rohres, n die Schwingungsz&bl
pro Secunde, k = 2njl (X Wellenlänge) und A eine Constante
bezeichnet.
Setzt man:
i i i /cos 1 * — Q * sin 2k.r
V cos 'Arn 4n*
. k*Q Bin kx cos kn
ß r ~ ~ 2 TT COB k(.T-^~n\ '
so erhält man für die Gl. (I):
^ = J cos(2?rnf -f r).
Die Werthe von .r, für welche Jl ein Maximum, resp.
Minimum wird, gibt die Gleichung:
1) v. HclmnoHz, Journ. f. reine und angewandte Mathematik.
»7. ]). 1.
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Darstellung der Schallintensität 305
(II) tg2A(*-«) = * •
Wird nun k-Q als unendlich kleine Grösse betrachtet,
so wird die Gl. (II) mit Vernachlässigung der Glieder höherer
Ordnung:
tg2Ä(x- «) = 0.
Dann wird ein Maximum
— «Am»i)> wenn:
£(x - a) == arc; cosA(.r — a) = ± 1;
/a _ ^*
und Minimum = Jfau), wenn:
A (x — «) = ?r (ö + J) ;i; cos A (x — a) = 0;
^ih}-^?? C08*A«.
Im Schwingungsbauche (Maximum der Bewegung) wird
tgr eine unendlich kleine Grösse, also t = an. Im Knoten
dagegen wird tgT = oo, r (a + |) rc, also liegen die Phasen
der Bewegung im Bauch und Knoten um lj% Undulationszeit
auseinander.
Diese Phasendifferenz wird sich mit Hülfe der Schall-
ventile folgendermassen ermitteln lassen.
Zwei Schallventile, durch dieselbe periodische Kraft zu
derselben Zeit geöffnet und geschlossen, werden Manometer«
Schwingungen von derselben Periode und Phase haben, wenn
wir sie mit einer tönenden Luftsäule in Verbindung setzen,
die überall gleiche Phase hat. Aendert sich jedoch die Phase
an einer Stelle um einen constanten Werth, so werden auch
die Manometer dieselbe Phasendifferenz anzeigen.
Setzt man in den Knoten und den Bauch einer
Pfeife je ein solches abgestimmtes Ventil, so werden deren
Manometer eine etwa vorhandene Phasendifferenz angeben
müssen. [Auch im Schwingungsmaximum der Pfeife treten
deutlich nachweisbare Druckänderungen auf (bis zu 15 mm
Wasser).]
Vorher muss man sich aber vergewissern, ob die Ventile
wirklich den gestellten Anforderungen genügen, d. h. ob sie
l»n. d. Phy«. u. Chen. N. F. XXXVI. 20
306
A. Raps
genau zur selben Zeit abschliessen (das Abschliessen ist das
Wesentliche) und nicht etwa in ihrer eigenen Bewegung schon
eine Phasenverschiebung zeigen. Deshalb wurden die Ven-
tile beide mit dem Knoten derselben Pfeife verbunden. Eins
davon war ein electromagnetisches, das andere ein Stimm-
gabelventil. Das electromagnetische Ventil öffnete sich jedes-
mal, wenn die obere Gabelzinke, welche das andere Ventil
bewegte, ihre tiefste Lage erreicht hatte und den Strom-
schlu88 durch einen Quecksilbercontact herstellte. Zu der-
selben Zeit deckten sich auch die Spalte.
Diese Ventile zeigten eine constante Phasenverschie-
bung, welche nicht beseitigt werden konnte, und zwar schloss
sich das electromagnetische Ventil später. Dies ist leicht
erklärlich, wenn man bedenkt, dass an dem Platinstift des
Quecksilbercontactes beim Austauchen ein Quecksilberfaden
adhärirt, welcher den Stromschluss verlängert Auch kommt
die Zeit wohl noch in Betracht, welche der Magnetismus
zum Verschwinden braucht. Diese Phasendifferenz der Ven-
tile kann leicht constant erhalten werden.
Wird nun eins der Ventile in den Schwingungsbauch1)
gebracht, so zeigt sich sofort, dass (wenn wir von der con-
stanten Differenz absehen) die Manometermaxima nahe um
V4 Undulationszeit differiren.
Dieser Versuch dürfte wohl als eine experimentelle Be-
stätigung des theoretischen Ergebnisses angesehen werden.
Mehrere von den in dieser Abhandlung erwähnten Appa-
raten wurden in der mechanischen Werkstatt von Max Wolz
(Bonn) mit bekannter Präcision und Eleganz ausgeführt
Phys. Laborat. der Univ. Berlin, im Herbst 1888.
1) Dasselbe wurde in die Pfeifen wand gerade in Höhe der Muud-
öffhung eingesetzt.
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Festigkeit des Glases.
307
II. Untersuchungen über die Festigkeit des Glases;
von Joseph von Kowalski.
Einleitung.
Eins der interessantesten Capitel der Molecularphysik
der festen Körper bildet die Lehre von der Festigkeit der
Körper. Sie hat sogar, wie Lame sagt, die Veranlassung
gegeben zu dem Aufbau der Theorie der Elasticität. Und
wenn auch zahlreiche Versuche1) über die Festigkeit von
allerlei Körpern vorliegen, so können sie nur dazu dienen,
der Technik gewisse Anhaltspunkte zu geben, wie weit man
die Materialien in Anspruch nehmen darf, ohne sie zum
Brache zu bringen. Ueber die wahre Drsache des Bruches
wurden aber nur Hypothesen aufgestellt, von denen zwei
hauptsächlich hervorgehoben werden und als Grundlage
zur Theorie der Festigkeit bei technischen Anwendungen
gelegt wurden..
Nach der ersten nimmt man an, dass es eine gewisse
Grenze für die inneren Spannungen gibt, die man nicht
überschreiten darf, ohne den Körper zum Bruche zu bringen.
Es ist die Hypothese, welche Clebsch in seinem Lehrbuche
der Elasticität zu Grunde legt, um gewisse Gleichungen,
welche technischen Zwecken dienen können, abzuleiten.
Die zweite Hypothese geht davon aus, dass die lineare
Dilatation eine gewisse Grenze nicht überschreiten darf, und
dass der Körper dort zu brechen anfangt, wo bei einer
gewissen Deformation die grösste lineare Dilatation eintritt.
Diese letzte Hypothese wurde schon von Mariotte aufgestellt
in seinem: „Traite du mouvement des eaux"2) an der Stelle,
wo er von der Festigkeit der Leitungsröhren spricht; sie
wurde auch später von vielen Gelehrten, wie z. B. F. Neu-
mann und Barre de Saint- Venant, wieder aufgenommen.
Es ist aber meines Wissens gar keine directe Beobach-
tung gemacht worden, aus der man etwas bestimmtes
1) Zahlreiche Literaturangabeu über den Gegenstand finden sich in
Violle, Cour* de phys. 1. p. 463.
2i Mariotte, Oeuvres p. 455. 1740.
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308
J. v. Kowalski
über die wahre Ursache der Grenze der Festigkeit sagen
könnte.1)
Auf Anregung des Hrn. Prof. W. Voigt habe ich daher
die vorliegende Untersuchung unternommen, da es nicht
uninteressant erscheint, die Hypothesen über die wahre
Ursache des Eintritts des Bruches, einer experimentellen
Prüfung zu unterziehen.
Als Material habe ich Glas gebraucht, da mir von
Hrn. Prof. Voigt Glasstabchen gütigst zur Verfügung ge-
stellt wurden, die sich sehr gut zu der Untersuchung eigneten.
Sie waren in der Fabrik von Greiner und Friedrichs in
Stützerbach eigens zu diesem Zwecke hergestellt und be-
sonders aus einem Gusse, der frei von Blasen war, gezogen
und dann recht vorsichtig und langsam gekühlt. Ich konnte
also voraussetzen, dass ich es mit einem ziemlich isotropen
Körper zu thun haben würde. Die Untersuchung machte
ich, indem ich die Glasstäbchen dem Zerreissen, Zerdrehen.
Zerbrechen und Zerreissen combinirt mit Zerdrehen unter-
warf und jedesmal die dabei eintretende Spannung und lineare
Dilatation berechnete. Die lineare Dilatation in einer ge-
wissen, durch die Richtungscosinus a, ß, y bestimmten Rich-
tung ist durch die Formel:
(1) A = a2xm -f ß*yy +• y2zt + ßyyt + yaz9 + aßxv
gegeben, die sich durch Einführung sphärischer Coordinaten
& und (p auch in folgender Form schreiben lässt:
,nx A = sin2# cos2qpxx + sin2# sin8qpyy + cos*#z,
* ' -f Jsin2# sin<jpys+ Jcosgp sin2#*. + Jsin2# sin2<p.
Die Richtung der grössten Dilatation ist also bestimmt
durch die Werthe von <jr und die man aus den Gleichungen:
A <5 A • i ,
, = v , = o zieht.
Wenn man die so erhaltenen Werthe von q> und
1) Von älteren Arbeiten erwähnt Franken heim in seiner »Lehre
der Cohäsion" (1835) eine Arbeit von Sickingen vom Jahre 1782 über
die Festigkeit de« Platins bei verschiedener Art von Belastung, die er
als rein wissenschaftliche Untersuchung und als eine in jeder Beziehung
physikalische Musterarbeit nach den damaligen Begriffen bezeichnet.
Leider ist mir die Arbeit, die im Jahre 17S2 erschienen sein soll, uicht
zugänglich gewesen. —
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Festigkeit das Glases,
309
in dem Ausdrucke (2) für A einsetzt, lässt sich leicht auch
die Abhängigkeit des Werthes von A im Punkte x, y von
dessen Lage im Querschnitte untersuchen.
Auf ähnliche Weise lässt sich auch das Druckellipsoid
untersuchen und der Werth und die Richtung der grössten
Spannung bei einer gewissen Art von Deformation bestim-
men.1) Die Versuche wurden bei verschiedenen Tempera-
turen gemacht. Indessen hat sich herausgestellt, dass in
den von mir innegehaltenen Grenzen (10° . . . 20°) der Ein-
fluss der Wärme so klein ist, dass er vernachlässigt wer-
den kann.
Im allgemeinen stellte ich die Festigkeitsversuche in
der Weise an, dass die allmähliche Belastung in einem fort
erfolgte. Es wurden aber auch einige Versuche so aus-
geführt, dass das Stäbchen einer gewissen Belastung längere
Zeit unterworfen wurde und dann erst einer grösseren. Es
ergab sich die merkwürdige Thatsache, dass das Verhalten
der Glasstäbchen in dem Falle anders ist. Ich gedenke in
einer späteren Arbeit auf den Gegenstand näher einzugehen.
Theil I.
Bestimmung der Constanten.
Zunächst kam es darauf an, die Elasticitätsconstanten
der gebrauchten Glassorte zu bestimmen. Ich habe sie durch
Beobachtungen über die Biegung und Torsion der Glas-
stäbchen gefunden.
Zu dem Ende mussten zunächst die Dimensionen der
Stäbchen auf's genaueste gemessen werden, was ich mit
Hülfe eines Fühlhebels mit Wasserwage von Repsold aus-
führte. Ich will mich hier nicht näher auf die Beschreibung
dieses bekannten Instrumentes einlassen, sondern nur hervor-
heben, dass einer Umdrehung der Schraube 0,2042 mm ent-
sprachen. Die Trommel der Schraube war in 200 Theile
getheilt, und da einer Drehung um einen Theil eine Ver-
schiebung der Luftblase in der Wasserwage noch um 2 mm
entsprach, konnte die Dickenmessung bis auf 0,0005 mm genau
geschehen. Da die Glasstäbchen von nahezu elliptischem
Ii Clebsch, Theorie der Elast- § 6.
310
./. v. Kowalski.
Querschnitt waren, so musste ich zunächst den grössten
Durchmesser messen, welcher vermittelst des gebrauchten
D:ckenmessers recht leicht zu ermitteln war. Es wurde
dann eine kleine Längsmarke an einem Ende des Stabes
mit einem Diamanten gezogen, um die Lage des grössten
Durchmessers zu fixiren. Dann wurden die auf diesen senk-
recht und unter 45° stehenden Durchmesser gemessen. Diese
Messungen wurden an jedem Stäbchen an Stellen, welche
in je 2 cm Entfernung voneinander lagen, angestellt.
Es zeigte sich, dass die Durchmesser bei einem und
demselben Stäbchen nicht viel voneinander abwichen. Es
wurden daher bei der Berechnung der Constanten die arith-
metischen Mittel der Querdiameter als Diameter des Quer-
schnittes des Stäbchens genommen.
Die Biegungsconstante. — Der Apparat, mittelst
dessen ich die Biegung der Glasstäbchen mass, war ähnlich
dem, den schon früher Baumgarten ^gebraucht und beschrie-
ben hat und wurde mir gütigst von Hrn. Prof. Voigt geliehen.
Das Stäbchen wurde auf beiden Schneiden des Apparates
in der Weise aufgelegt, dass die grösste Axe des Quer-
schnittes horizontal war. Auf die Weise konnte man ein
ziemlich stabiles Gleichgewicht erzielen.
Die Senkung bei der Biegung wurde mit Hülfe eines
fest mit dem Apparat verbundenen Mikrometermikroskops
gemessen. Einer Umdrehung der Trommel entsprachen
0,0328 mm, wie es die Auswerthung an einem in V50 mm
getheilten Glasgitter ergab. Die Trommel der Mikrometer-
schraube war in 100 Theile getheilt, die absolute Senkung
konnte bis auf 0,0H33 mm abgelesen werden. Das Faden-
kreuz wurde immer auf den untersten Rand des Stabchens
aufgestellt, der, indem man das Stäbchen von hinten be-
leuchtete, scharf zu sehen war. Es wurde jedesmal das
Fadenkreuz dreimal auf den Rand eingestellt, und von den
sich ergebenden Werthen in Trommeltheilen das arithmetische
Mittel genommen. Zur Berechnung der Elasticitätscon stauten
wurde die Formel:
_/3
Jäh*
benutzt
1) Baiimgarten, Popp. Ann. lf»2. p. Ilfii». 1S74.
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Festigkeit des Glases.
311
Dabei bedeutet / die in Rechnung zu ziehende Länge
des Stabchens, d. h. die Entfernung der beiden Schneiden
voneinander, die mittelst eines Maassstabes, welcher in
halbe Millimeter getheilt war, gemessen wurde, a die grosse,
b die kleine Axe der Querschnittsellipse, s die Senkung der
Mitte des Stäbchens für 1 g Belastung. Diese letzte Grösse
wurde aus vier Beobachtungen mit den entsprechenden Be-
lastungen: Schale + 50 g; Schale -f 100 g; Schale + 150 g;
Schale + 200 g berechnet. Dabei war das Gewicht der
Schale = 20,1 g.
Die Beobachtungen ergaben Folgendes:
I a b W* 10 SJ£ / a b 107* 10 lE
1. H9 1,1103 1,1022 1857 6753 9. 90 0,8342 0,8136 6152 6647
2. 90 0,9005 0,8673 4952 6646 10. 90 0.8334 0.8126 6181 6050
3. 63 1,0352 1,0169 9086 6707 11. 90 0.7491 0,7205 2845 6649
4. 90 1,1952 1,1734 1434 6744 12. 90 0,7867 0,7728 2235 665H
5. 90 1,1964 1,1705 1431 6741 13. 90 1,1406 1,1291 1714 6732
6. 90 1,7311 1,6976 0315 6751 14. 90 Ü500 1,1367 1662 6729
7. 90 0,9225 0,9036 4070 6701 15. 90 0,9129 0,9022 4202 6704
S. 90 0,9210 0.9027 4089 6705 16. 90 0,9201 0,9089 4078 6713
Geeammtmittel E -■ 6 702 000.
Wahrscheinlicher Fehler ± 7 200.
Die Torsionsconstante. — Die ziemlich grosse Länge
der Glasstäbchen erlaubte mir, ein einfaches Verfahren bei
der Bestimmung der Torsi onsconstan ten anzuwenden. Der
Apparat wurde mir von dem hiesigen physikalischen Institute
zur Verfugung gestellt. Die Anordnung war folgende:
Das obere Ende des Stäbchens wurde an einem fest
in die Wand eingeschlagenen Halter vertical befestigt. An
dem unteren Ende wurde eine horizontale Torsionsrolle
angebracht. Von derselben liefen zwei dünne, gut ausge-
glühte Drähte von genau gleicher Länge über je eine Rolle
mit horizontaler Axe. Am Ende der dünnen Drähte war
ein Querstab befestigt, der seinerseits in der Mitte an einem
kleinen Haken die Schale trug. Der Querstab war aus
leichtem Holz und hatte genau die Länge gleich dem Ab-
stände der beiden entferntesten Punkte der beiden Rollen.
Die beiden Rollen, um welche die Drähte liefen, waren
in je einer tragenden Gabel auf einem Brettchen befestigt.
Um die Reibung möglichst klein zu machen, bewegten sich
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312 J. v. KotoaWd.
die Rollen auf Spitzen von Schrauben, welche in die Enden
der tragenden Gabeln hineingebohrt waren. Die beiden
Köllen wurden in eine solche Lage in Bezug auf die Torsions-
rolle gebracht, dass erstens der Einschnitt der Torsionsrolle
und der obere Rand des Einschnittes der beiden anderen
Rollen in einer horizontalen Ebene lag; das geschah ein-
fach, da die Stäbchen von ziemlich gleicher Länge waren,
durch die Verschiebung in der oberen Befestigung des Stäb-
chens; zweitens bo, dass auf die Torsionsrolle nur ein
Drehungsmoment ausgeübt wird. Das letzte geschah durch
Verschiebung der beiden Rollen mit dem Brettchen, auf
welchem sie auf dem Untersatz, der fest mit jder Wand
verbunden war, befestigt waren, und wurde controlirt, indem
man auf das untere Ende des Stäbchens das Fadenkreuz
eines kleinen Fernrohrs einstellte, das auch fest mit der
Wand verbunden war. Die Befestigung der beiden Enden
des Glasstäbchens geschah durch Festkitten in zwei kleinen
Messingklötzen, die einerseits in der Fassung der Torsions-
rolle, andererseits in der des oberen Halters durch Schrau-
ben festgeklemmt wurden.
Die Einrichtung, um den Drehungswinkel abzulesen,
war folgende: dicht bei den Fassungen waren an dem Stäb-
chen zwei Zeiger angeklemmt. Die Klemmvorrichtung war
der Art, dass das Stäbchen nur in den Randpunkten eines
Querschnittes gefasst wurde; es konnte also die Entfernung
der beiden gefassten Querschnitte vermittelst eines Stangen-
cirkels mit genügender Genauigkeit gemessen werden. An
dem Ende des Zeigers war ein kleiner Glasmaassstab von
ungefähr 1 cm Länge befestigt. Er war mit einer photo-
graphischen Theilung in Vi« mm versehen, ähnlich den
Theilungen bei Maassstäben der spectralanalytischen Apparate,
sodass, wenn er von hinten beleuchtet wurde, die Theilung
recht gut vermittelst eines fest mit der Wand verbundenen
Mikroskopes bis auf die zu schätzenden Zehntel der Theilung
abzulesen war. Die Länge des Zeigers betrug 99,5 mm, also
erlaubte die Einrichtung, noch Winkel von 5" abzulesen.
Der Winkel für eine Belastung von einem Gramm, den
wir \p nennen wollen, wurde aus vier Belastungen, P, 2P,
SP, 4P nach der Methode der kleinsten Quadrate berech-
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Frstigkeit des Glases. 313
net. Zur Berechnung der Constanten wurde die Formel von
de Saint* Venant gebraucht, nämlich:
r= 39,48 +P- ,
worin:
R der Radius der Torsionsrolle, hei raeinen Apparaten
war R = 49,5 mm,
/ die in Rechnung zu ziehende Länge des Glasstäb-
chens,
x und A die Trägheitsradien des elliptischen Querschnitts,
<x die Fläche desselben und
ti/, wie schon erwähnt, der Drehungswinkel hei einem
Gramm Belastung.
Schliesslich will ich bemerken, dass die Hauptfehler-
quellen bei unserem Verfahren der Bestimmung der Tor-
sionsconstanten im Folgenden liegen.
1) In der Reibung der kleinen Rollen,
2) In der ungenauen Einstellung der beiden kleinen Rol-
len in Bezug auf die Torsionsrolle,
3) In der Schwierigkeit der Messung der in Rechnung
zu ziehenden Länge des Stäbchens.
Es Hess sich aber alles dies so weit beseitigen, dass die
Genauigkeit der Methode für meine Zwecke völlig ausrei-
chend war. Die Beobachtungsreihe ist folgende:
/
a
b
tp 10 *T
/
a
6
V
io sr
257
1,1406
1,1291
6' 12,5' 2704
7.
254
1,0355
1,0167
9 8,5
2712
264
1.7311
1,6976
1 11,5 2784
8.
252
0,8342
0,81
21 40.1
2724
261
1,1190
1,0741
7 4,2 2709
9.
261
1,1451
1,1336
6 9,2
2732
251
0,9249
0,9029
14 26,6 2766
10.
253
0.9278
1,1390
0,9088
13 53,9
2707
258
1.1952
1,1734
5 18,2 2746
11.
253
1,1336
6 3.6
2710
251
0,9225
0,9026
13 32 2762
Geaammtnuttel
T =
2 732 000.
Wahrscheinlicher Fehler 5 600.
Da : E = , T=p ist, so ergibt sich :
ft = 2 732000, A = 2262 500
und weiter das Verhältniss der Quercontraction zur Längs-
dil&tation: a = 0,226.
Also eine Zahl, die merkwürdigerweise sehr nahe der, welche
Hr. Prof. Voigt gefunden hat, liegt.
:U4
J. v. Kowalski.
Theil II.
Untersuchungen der Festigkeit.
1) Festigkeit bei einseitigem Zug.
Bei diesen Beobachtungen wurde ein Glasstäbchen
von ungefähr 4 bis 8 cm Lange in zwei Halter eingekittet,
sodass ungefähr 1,5 bis 2 cm ausserhalb der Fassungen
waren. Es wurde zuerst zum Kitten gewöhnlicher Siegellack
benutzt, er erwies sich aber bald als zu spröde, und deswegen
benutzte ich später Schellack Die obere Fassung des Stab-
chens wurde an einem Querstabe zwischen zwei Stell tischen
befestigt; an die untere wurde eine Schale aufgehängt mit-
telst einer Vorrichtung, die etwaige kleine Schwingungen der
Schale dem befestigten Stabchen nicht übermittelte. Die
Belastung geschah zunächst durch behutsames Auflegen von
grösseren Gewichtsstücken und dann durch Zuschütten von
Schrotkörnern in einen auf der Schale stehenden Kasten,
bis zum Bruch fortgesetzt. Das Zuschütten wurde sehr leise
gemacht, und um die Stösse möglichst zu vermeiden, geschah
es durch eine kleine Rinne, die bis über den Kasten, der
auf der Schale lag, führte. Von den Beobachtungen wurden
nur die gebraucht, bei denen der Bruch ausserhalb der Fas-
sungen geschah, also bei welchen man voraussetzen konnte,
dass der Bruch nicht von Sprüngen, die im Glase beim Ein-
kitten entstehen konnten, zu Stande gekommen war.
Die Brüche, welche von einem Stosse herrührten, wurden
selbstverständlich nicht in Rechnung gezogen.
Wie bekannt, ist die Spannung wie auch die Dilatation bei
der einfachen Dehnung am grössten parallel der z-Axe, d. h.
der Längsaxe des Stäbchens. Es wurde also der Druck pro
Quadratmillimeter, der nöthig war, um das Stäbchen zum
Zerreissen zu bringen, und die entsprechende lineare Dilata-
tion in der Richtung der r-Axe berechnet. Dabei wurde
die Formel benutzt:
A = •" + k c .
wo C der Druck pro Quadratmillimeter.
Die Versuche ergaben Folgendes:
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Fesägkeit des Glases.
315
(P Gesammtbelastung in Grammen.)
ab PC
1. 1,0385 1,0185 28672 8628
2. 1,0034 0,9835 27839 8981
3. 0,9917 0,9809 27443 8971
4. 1,0132 0,9985 27941 8791
5. 1,1154 1,0688 32341 8635
6. 1,0156 0,9972 27619 8683
T. 1.1227 1,0613 32905 8790
P. 1.140" 1,1256 34796 8667
9. 1,1456 1,1252 35829 8847
10. 1.1514 1,1121 35756 8889
11. 0,8066 0,7989 17778 8787
12. 0^438 0,8255 19153 8752
13. 0?8239 0.8004 18279 8823
14. 0,8530 0,8352 19469
15. 0,8959 0,8612 21245
10*1,
1293
1346
1344
1317
1294
1301
1317
1299
1826
1332
1314
1312
1322
1804
1314
a
i,
8699
8765
Ge&ammtmittel
Wahrscheinlicher Fehler
P C 10«/...
16. 0,8888 0,8627 21227 8812 132ö"
17. 0,7785 0,7667 16530 b»15 1321
18. 1,0516 1,0297 29540 8684 1301
I 19. 1,0404 1,0220 28898 8651 1297
20. 1,0348 1,0108 28454 8659 1291
21. 1,0562 1,0316 29021 8676 1300
22. 0,9311 0,9199 23441 8712 1305
23. 0,9291 0,9092 23082 8697 1304
24. 0,9309 0,9098 23093 8679 1801
25. 0,9282 0,9074 23048 8706 1305
26. 1,1887 1,1602 37998 8777 1315
27. 1,1838 1,1627 37919 8774 1315
28. 1,1792 1,1589 87524 8740 1310
29. 1,0120 0,9982 28028 8754 1312
30. 1,0362 1,0021 28501 8737 1809
if =» 0,001 310
db 0,000004.
Bei allen diesen Versuchen, ebenso wie bei den späteren
Versuchen mit dem Zerdrehen und Zerdrehen corabinirt mit
Zug, wurden die Dimensionen, nachdem der Bruch erfolgt
ist, gemessen. Die Messung geschah an den beiden Bruch-
flächen, und von den sich dort ergebenden Werthen für a
uod h wurde das arithmetische Mittel genommen. Als Er-
gebni8s aus den Versuchen erhalten wir, dass die grösste
lineare Dilatation A, = 0,00131, eine Zahl, die grösser ist,
als die von F. Neumann1) aus den Versuchen von Brewster
berechnete. Man sieht auch aus den vorhergehenden Zahlen,
dass die Versuche so weit übereinstimmen, dass ich anneh-
men konnte, mit einem ziemlich einheitlichen Material zu
thun zu haben.
2) Festigkeit bei der Biegung.
Um die Festigkeit bei der Biegung zu untersuchen,
wurde derselbe Apparat benutzt, welcher schon zur Bestim-
mung der Biegungsconstante gedient hatte. Das Stabchen
wurde so auf die beiden Schneiden des Apparates gelegt,
dass die grosse Axe horizontal war, und dann wurde es in
der Mitte bis zum Bruch belastet Die Belastung geschah
durch Zuschütten von Schrot in einen Kasten, der die
Schale ersetzte. Dies musste mit der grössten Vorsicht ge-
1) F. Neumann, Glotze dor Doppelbrechung des Lichts (1841 1 be-
rechnet ij = 0,0S7, vermuthet aber, das« die wahre Zahl grösser ist.
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310
./. v. Kowalski.
schehcn, denn jeder kleine Stoss hatte hier schon einen be-
deutenden Einfluss.
Die Dimensionen des Stäbchens müssen vorher bestimmt
werden. Sie wurden ebenso ermittelt, wie bei der Bestim-
mung der Elasticitätsconstanten.
Wie bekannt, findet bei dieser Art Biegung die grösste
Spannung, wie auch die grösste lineare Dilatation in der
dem niedrigsten Punkte der Mitte des Stabchens statt. Die
grösste Spannung wurde nach der Formel von Clehsch1):
R = Eh
berechnet, wobei E die Biegungsconstante, b der Abstand des
niedrigsten Punktes von der Hauptaxe, um welche die Bie-
gung geschieht, q der Krümmungsradius in demselben Punkte
der Curve dritten Grades, in welche bei dieser Art von Defor-
mation die Geraden parallel der z-Axe übergehen, bedeutet.
Für die grösste Dilatation , die auch im niedrigsten
Punkte parallel der z-Axe stattfindet, haben wir den Aus-
druck von Neu mann2):
, 3 .b P
A2 = -r.Tr »
(£)'
wobei ä die Senkung bei 1 g Belastung, P die Belastung und
/ die in Rechnung zu ziehende Länge des Stäbchens ist Es
ergaben sich folgende Resultate:
1
a
b
P
R
ion,
/
a
b
P
H
1.
90
0,8342
0,8136
176
87H6
1311
16.
40
0,8340
0,8137
382
8806
2.
90
0,8334
0.8126
1,1291
177
8819
1316
17.
40
0,8333
0,8127
382
8846
8.
90
1,1406
463
8893
1327
18.
40
1,1407
1,1291
1013
8893
4.
90
1,1500
1,1367
473
8853
1321
19.
40
1,1500
1,1367
1041
8920
5.
90
0,9129
0,9022
234
880«
1314
20.
90
1,1103
1,1022
427
8853
6.
90
0,9201
0,9028
238
8779
1310
21.
90
0,9005
0,8673
207
8866
T.
60
0,9248
0,9029
345
8759
1307
22.
90
1,1952
1,1734
535
8940
s.
60
0,9264
0,9011
353
8987
1341
23.
90
1,1964
1,1705
536
8920
9.
90
1,1402
1,1298
454
8953
1336
24.
90
1,7311
1,6976
1609
8819
10.
90
1,1410
1,1284
447
8806
1314
25.
90
0,9225
0,9036
241
8793
11.
(iü
0,9121
0,9096
345
8712
1300
26.
90
0,9210
0.9027
254
8900
12.
60
0,9201
0,9089
349
8793
1312
27.
«3
1,0355
1,0169
37o
8826
13.
60
0,9203
0,9084
0,9024
0.9090
357
8980
1340
28.
60
0,7491
0,7205
193
8860
14.
40
0,9127
512
8779
1310
29.
60
0,7667
0,7728
232
8980
15.
40
0.9200
523
8752
1306
w
131
I32f
1321
133
132
13*
n\
1331
131«»
13I2
132*
131 :
132.
134*
Gesammtmittel
Wahrscheinlicher Fehhi
/.. = 0,001 320
" ± 0,000 003.
1) Clebseh, I. v.
2) Neumann. 1. c. p. 5o.
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Festigkeit des Glases.
317
'M Festigkeit bei <l<?r Torsion.
Die Versuche wurden folgendermassen angestellt: Die
Stäbchen waren zunächst ebenso wie bei den Versuchen über
den einseitigen Zug in zwei Halter eingekittet und zwischen
zwei Stelltischen an einem Querstab befestigt. An dem un-
teren Halter war eine Torsionsrolle vom Radius r=49,5mm
angebracht, von welcher, ähnlich wie bei der Bestimmung der
Torsionsconstanten, zwei gut ausgeglühte Drähte über zwei
andere Rollen liefen. An dem Ende der Drähte war ebenso
wie bei der Constantenbestimmung eine Schale angebracht.
Die Belastung geschah durch vorsichtiges Zuschütten von
Schrotkörnern in die Schale bis zum Eintritt des Bruches.
Im allgemeinen mussten viel mehr Versuche gemacht
werden, um brauchbare Daten zu erhalten, als bei den vor-
hergehenden Beobachtungen, hauptsächlich deshalb, weil das
Stäbchen recht oft in den Fassungen zerdreht wurde, und
diese Versuche nicht in Rechnung zu ziehen waren. Der
Bruch erfolgte in einer Fläche, die am Rande von einer Spi-
rallinie begrenzt war, also eine schöne Uebereinstimmung mit
der Theorie.
Die Dimensionen des Stäbchens wurden gerade so wie
bei den Zerreisseversuchen ermittelt.
Die grösste Dilatation ebenso wie die grösste Spannung
findet bei der Torsion eines elliptischen Cylinders am Ende
der kleinen Axe der Querschnittsellipse statt. Dabei ge-
schieht die erste in einer Richtung, die einen Winkel von
45° mit der Axe des Cylinders einschliesst. Da:
x* = yv = *» = *y = o
ist, so ist der Ausdruck für das Maximum der Dilatation
gegeben durch die Formel:
was im Falle eines elliptischen Cylinders zu:
wird.
Dabei bedeutet N das Drehungsmoment, und a, b, ft haben
die früheren Bedeutungen.
318
J. v. Kowalski.
Ebenso, da die Spannung in einem beliebigen Punkte:
ist, so ist das Maximum von st:
2N
St nah*
Aus den Versuchen erhalten wir Folgendes:
a b P st lOM^o a b
p
•t
10M^
399
10223
1873
402
10114
1851
571
10119
1852
539
9494
1737
552
9977
1826
531
9993
1830
519
10124
1834
529
10059
1841
540
10042
183?«
538
10042
1838
3U9
10156
1851
3w;
10064
1842
199
10086
1846
207
10234
1873
203
10228
1872
231
10113
1851
13. 1,1353 1,1277 529 10135 1855
14. 1,1307 1,1294 526 10086 1846
15. 1,1441 1,1324 537 10119 1852
16. 1,0377 1,0062 310 8163 1494
17. 1,0355 1,0231 401 10234 1873
Gesammtmittel lw = 0,001 837
Wahrscheinlicher Fehler ± 0,000 002.
4) Combinirte Versuche von Zerreissen mit Zerbrechen.
Bei diesen Versuchen war die Torsionsrolle in der Mitte
unten mit einem Haken versehen, an welchen eine Schale
angehängt wurde. Es wurde eine gewisse Dehnung durch
Auflegen von Gewichtsstücken auf die Zugschale hervorge-
bracht, und sodann das Stäbchen durch Zuschütten von Schrot
in die Torsionsschale zerdreht Bei der so hervorgebrachten
Deformation haben wir für die Verrückungen die Ausdrücke:
c c
u = rzy + E ux, u = - tzx + E*y,
Das Minimum der Dilatation tritt also ein unter einem
Winkel # zur z-Axe geneigt, wobei der Winkel & definirt
ist durch:
t«2Ä = !_«• ~c l^ab*'
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Festigkeit des Glases. 319
wo N das Drehungsmoment, und C die Belastung pro Quad-
ratmillimeter bedeuten.
Für die grosste Dilatation gibt daher die Formel:
= y {a sin2# + cos2#) + J sin 2* •
Für die Spannung entsprechend die Formel:
AN*
Wenn wir die Ergebnisse der Versuche zusammenstellen,
so erhalten wir Folgendes:
f + i/T +
a
b
Pt
*i
&
•*
10<4,,
1.
0,9352
0,9234
14515
146
29°31' 9"
8786
1504
0,9141
0,9123
14058
142
29 59 55
9004
1582
3.
1,0950
0,9296
16308
196
39 40 6
9404
1650
4.
0,9596
0,9314
0,9161
16358
143
28 5 45
8752
1501
5.
0,914H
15225
141
2x 51 50
8879
1499
6.
0,9382
0,9127
5048
202
40 50 50
9883
1696
7.
0,8109
0,8471
0,7807
0,8219
7420
157
38 22 10
9838
1780
8.
10574
128
33 3 30
9739
1553
9.
0,9284
0,9093
1035
229
44 12 45
9986
1723
Die Dilatation wächst mit dem Winkel, welchen die
Richtung, in der die Dilatation geschieht, mit der r-Axe
einschliesst.
5) Festigkeit bei der Compression.
Dazu wurde ein sehr einfacher Apparat gebraucht. Er
bestand aus einem eisernen Druckhebel, der sich an einem
Ende um eine horizontale Axe bewegte und am anderen be-
lastet werden konnte. Unter den Druckhebel wurde auf einer
festen Unterlage ein kurzes Stabchen von der Länge von 8 mm
bis 10 mm aufgestellt und durch Belastung des einen Endes
des Hebels zerdrückt. Damit bei diesem Verfahren die Ver-
th eilung der Druckkräfte möglichst gleichmässig sei, hat
man die beiden Enden der untersuchten Stäbchen zwischen
zwei kleine Platten aus gut ausgeglühtem Kupfer gestellt.
Es konnten indess von den vielen angestellten Versuchen
nur wenige benutzt werden, denn sobald das Stäbchen
ein klein wenig schief stand, so trat der Bruch viel zu
früh ein, was man auch schon daraus merken konnte, dass
in diesen Fällen das Stäbchen nicht parallel seiner Längs-
richtung, wie es nach der Theorie sein muss, zerbrach. Die
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320
J. v. Kowalski.
Dimensionen der Stäbchen waren vorher gemessen, und der
Hebel wurde vermittelst eines Zirkels ausgewertet.
Bei diesen Versuchen findet die grösste Dilatation in
der Richtung, welche senkrecht auf der z-Axe steht, statt.
Es gilt dabei die Formel:
, J_ C
x 2,ti ' 2fi + 3Ä "
Die Ergebnisse der Versuche sind im Folgenden zusam-
mengestellt, wobei e den Hebelarm bedeutet:
I0*b
P
l
C
10»AX
10*a
10*6
P
l
C
l'
8761
8639
18080
4,9
37900
128
8.
«672
8573
21832
4,5
42063
1
8587
M414
1M740
4,5
37152
125
9.
8781
8564
17745
4,8
37556
1
8494
8434
29440
3,5
447«
154
10.
8763
8644
17764
5,0
37225
1
8493
M36
23728
3,5
36091
124
11.
«682
8563
19684
4,5
37926
l
8677
856«
19160
4,5
36915
125
12.
8490
8438
24662
3,5
38422
1
8673
S.YIl
19972
4,5
38484
130
13.
8786
8645
l löiO
5,0
36407
1
8679
8565
19358
4,5
37269
126
14.
8662
«596
16754
5,1
35856
1
Geflammtmittel lx = 0,00129.
Wahrscheinlicher Fehler ± 0,00003.
Resultate.
Wenn wir die Resultate der einzelnen Untersurhungen
hier noch einmal zusammenstellen, so erhalten wir folgende
Zahlen für den Druck pro qmm und die Grenzdilatation:
Einseitiger Zug C = 8767 Xa = 0,00131,
Biegung C « 8794 lt =» 0,00132,
Torsion C = 10142 XUo = 0,00183,
Zusammendrücken C = 37700 l9 = 0,00129.
Wir sehen also zunächst, dass keine der beiden in der
Einleitung dieser Arbeit erwähnen Hypothesen ohne weiteres
anzunehmen ist.
Bei dem Zerreissen und Zerbiegen, wo die grösste Dila-
tation in der Richtung parallel der Längsaxe des Stäbchens
geschieht, erreicht die Grenzdilatation denselben Werth, näm-
lich für die von uns untersuchte Sorte von Glas ist
/., = 0,00131. Bei der Torsion dagegen, wo sie unter dem
Winkel von 45° zu der z-Axe geschieht, ist sie von ver-
schieden.
Ebenso verhält es sich bei den combinirten Fällen von
Drillüng und Zug, wo auch die grösste Dilatation in einer
Richtung geschieht, welche einen Winkel 0<#<rc/4 mit der
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Festigkeit des Glases. 321
z-Axe einschliesst. Dabei bemerken wir, dass die grösste
Dilatation mit wachsendem & wächst und den grössten Werth
für # = 45° besitzt. Bei dem Zusammendrücken ergibt sich
fur ein Werth, der auch nahe dem Werthe von A,
liegt
Man könnte denken, dass die Ursache dieses merkwür-
digen Verhaltens sich auf eine krystallinisohe Structur zurück-
führen lässt. In der That könnte man annehmen, dass das
Glasstäbchen als Krystall vom hexagonalen System zu be-
trachten wäre. Wir werden im Folgenden sehen, dass die
Annahme uns keine Erklärung gibt.
Die Elasticität eines Krystalls vom hexagonalen System
hängt von fünf Constanten ab. Wir wollen in Folgendem
nach Prof. W. Voigt1) mit u die Determinante:
u —
A
D
B
0
0
0
D
A
B
0
0
0
B
B
A"
0
0
0
0
0
0
c
0
0
0
0
0
0
e
0
0
0
0
0
0
A.D
2
bezeichnen und mit den Co§fficienten des A ten Elementes
der h ten Reihe der Determinante u.
Nun wollen wir den einseitigen Zug betrachten. Es er-
gibt sich dabei, dass der Werth für die grösste Dilatation,
welche parallel der r-Axe stattfindet, gegeben ist durch die
Formel2):
X, — F, 83r
Von derselben Constante hängt aber auch die Biegung
ab, und sie ist bei meiner Biegungsconstantenbestimmung
direct beobachtet *S3 = 1 / E, also ist die Berechnung von lt
frei von jeder Hypothese über die Isotropie des Glases.
Bei der Torsion eines hexagonalen Krystalls erhalten
wir für die Dilatation Xt in einer beliebigen Richtung, bei
Zugrundelegung der Formel (54) des 1. c:
Die Constante *44 ist aber diejenige, von welcher die
It W. Voigt, Wied. Ann. 16. p. 275. 1882.
2) W. Voigt, Elasticitatsverhältniase dur Kryatalle p. ßß.
lau. d. Phj«. o. Cb»m. N. F. XXXVI. 21
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322
E. Rieche.
Drillung um die Längsaxe des Stäbchens abhängt. Wir ha-
ben sie also ebenfalls bei der Bestimmung des Torsionscocffi-
cienten direct beobachtet, sie ist nämlich si4 =1/7; Hier
ist also die Berechnung von auch frei von jeder Hypo-
these über die Isotropie des Stäbchens.
Anders verhält sich die Sache bei dem Zusammendrücken.
Die Dilatation bei der Compression des hexagonalen Krystalls
ist gegeben durch1):
he Ä J"i *i3»
wo «]3 eine neue unabhängige Constant© ist. Also die An-
nahme einer kristallinischen Structur könnte uns nur Auf-
klärung über gewisse Merkwürdigkeiten, welche bei der Com-
pression eintreten, geben.
Die Versuche aber mit letzterer, abgesehen von der
grossen Ungenauigkeit, ergeben uns einen Mittel werth für
die Grenzdilatation, der nahezu gleich = ist. Der Haupt-
widerspruch mit der Hypothese, dass der Bruch bei einer
constanten Grenzdilatation eintritt, liegt indessen in dem
grossen Unterschiede von und A«c
III. Beiträge zttr Hydrodynamik;
von Eduard Rieche.
(Aus den Göttinger Nachr. vom 8. Oct 1888; mitgetheilt vom Hrn. Verf.!
(Hleria Taf. VI Pig. 1-1«.)
In den beiden ersten Abschnitten der folgenden Mitthei-
lung werden einige Probleme der Hydrodynamik, welche in
den gewöhnlichen Darstellungen nur andeutungsweise behan-
delt werden, im wesentlichen auf dem Wege graphischer
Darstellung weiter verfolgt. Dieselben beziehen sich auf die
gleichförmige Bewegung einer Kugel durch eine ruhende
Flüssigkeit und auf das Fortschreiten zweier paralleler Wir-
belfäden in einer solchen, beziehungsweise eines einzigen Fa-
dens längs einer festen Wand. In beiden Fällen besteht die
Aufgabe darin, die Bewegungen der einzelnen Flüssigkeit*»
1) W. Voigt, 1. c. p. 66.
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Hydrodynamik.
32:'»
theilchen zu bestimmen, welche durch die genannten Vor-
gänge veranlasst werden. Der dritte Abschnitt enthält die
Resultate einer experimentellen Untersuchung, welche Hr.
Dr. Krüger auf meine Veranlassung hin unternommen hat,
und welche geeignet erscheint, auf den Vorgang der Strahl-
und Wirbelbildung einiges Licht zu werfen.
I. Bewegung einer Kugel durch eine ruhende Flüssigkeit.
1. Wir betrachten zuerst den Fall, dass in einer unbe-
grenzten Flüssigkeit eine einzige Quelle vorhanden ist, von
welcher aus dieselbe nach allen Seiten hin ins Unendliche
abströmt Das Geschwindigkeitspotential ist ^r = — ejr. Von
dem Quellpunkt aus ziehen wir eine Linie, welche wir zu der
Axe eines Polarcoordinatensystemes machen ; wir beschreiben
um die Quelle eine Kugel, auf welcher ein Parallelkreis be-
stimmt wird durch seine Poldistanz »V, den Winkel, welchen
ein nach einem beliebigen Punkt des Kreises gezogener Ra-
dius mit der Axe einschliesst. Die Flüssigkeitsmenge, welche
in der Zeiteinheit durch eine von dem Parallelkreis & be-
grenzte Kugelzone hindurch geht, ist gleich 2ne(l — cos#).
Wir setzen dieselbe gleich 4ny und erhalten zur Berechnung
von %p die Formel y = */2r(l - cos#). Für #=0 ist t//=0;
f ür xr = n ist \p = e. Die Werthe von t% für welche \p der
Reihe nach die Werthe 1, 2, 3 . . . annimmt, sind durch eine
einfache Construction zu finden. Wir nennen \p die Strö-
mungsfun ction.
2. Auf einer und derselben Axe r liegen beliebig viele
Quellen oder Senken der Flüssigkeit; das Geschwindigkeits-
potential ist gegeben durch:
Sind i/'j, y'29 V'3 die in den einzelnen Quellen entsprechenden
Strömungsfunctionen , so ist die bei gleichzeitigem Bestehen
sammtlicher Quellen auftretende Strömungsfunction :
V> = Vi + V>2 + V'3 + • • •
Dieselbe entsteht durch Superposition aus den Stromungs-
functionen der einzelnen Quellen. Bezeichnen wir durch q
die Entfernung eines beliebigen Punktes von der ar-Axo, so
21»
324 £. Rieche.
ergeben sich die Strömungsgeschwindigkeiten in der Richtung
der letzteren Axe und senkrecht zu derselben mit Hülfe der
Formeln :
2 du 2 6 w
U = — _T , (O = _-v •
Q OQ Q ox
Die Flachen const anten Potentiates sind Rotationsflächen,
deren Figurenaxe durch die Linie der Quellen und Senken
gegeben ist. Sie werden senkrecht durchschnitten von den
Flächen, welche durch Umdrehung der Strömungslinien %p um
die z-Axe erzeugt werden. Wir bezeichnen diese Flachen
als Strömungsflachen. Zwei benachbarte unter denselben,
welche durch die Werthe i/' un<* V + d y bestimmt sein
mögen, begrenzen auf einer Flache constanten Potentiales
einen Ring. Ist dm die Breite desselben, 60 ist die in der Zeit-
einheit durch ihn gehende Flüssigkeitsmenge gegeben durch:
2n9dmVu*+ V-4jidm|/(**)f+ f = 4 V'-
Bezeichnen wir dasjenige Flächenstück, welches auf einer
Potentialfläche durch die Strömungsflache \p ausgeschnitten
wird, als den Querschnitt der letzteren, so ergibt sich der
Satz: Die in der Zeiteirüieit durch den Querschnitt der Strö-
mung sfläche ift gehende Flüssigkeitsmenge ist gleich 4nv>
3. Es liegt eine Quelle der Flüssigkeit auf dem nega-
tiven Zweige der x-Axe in unendlicher Entfernung; fur
diese ist:
(p = cx und if.i «= °4 q2.
4. Eine auf der x-Axe liegende Quelle vereinigt sich
mit einer ebenfalls auf der #-Axe liegenden und gleich mäch-
tigen Senke zu einem Doppelpunkt Für diesen ist:
2eax eag-
<3P= r. i- i V- - rt "f
oder mit Benutzung der Polarcoordinaten r und
2 ea cos ir j ea ein*&
<P = — p — und i/< = - r •
Hier bezeichnet q die halbe Entfernung von Quelle und Senke.
2ea das Moment des Doppelpunktes.
Die Curven xp = Const, sind untereinander ähnlich; sie
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Hydrodynamik.
325
sind rar 1/' = 1,2, 3,.. 8 auf Fig. 1 punktirt gezeichnet, wobei
ta = 30 gesetzt ist.
5. In einer Flüssigkeit, welche in der Richtung der x-
Axe mit der constanten Geschwindigkeit c sich bewegt, be-
finde sich ein Doppelpunkt, dessen Axe mit der x-Axe zu-
sammenfallt Das Geschwindigkeitspotential ist:
Die Strömungsfunktion:
Ht-")*s-
Die Strömungslinien für die Werthe y = 0, 1, 2, 3, 4, 5, 10,
20, 30, 40, 50, 60 sind in der Pig. I durch gestrichelte Our-
ven dargestellt Die Ström ungslinie i/» =^ 0 besteht aus der
r-Axe und aus dem Kreise, dessen Mittelpunkt in dem Dop-
3 .
pelpunkt liegt, dessen Radius gleich yAeajc ist, die ent-
sprechende Strömungsfläche aus der a>Axe und aus der durch
Umdrehung jenes Kreises um dieselbe erzeugten Kugel. Die
Bewegung der ausserhalb dieser Kugel befindlichen Flüssig-
keit wird in keiner Weise geändert werden, wenn wir das
Innere der Kugel erfüllen mit irgend einer festen Substanz.
Es gibt somit unsere Zeichnung ein Bild von der Strömung,
welche in einem gleichmassigen Strome durch das Einsenken
einer festen Kugel hervorgebracht wird.
6. Für die Beurtheilung der Strömungsverhältnisse ist
es von Wichtigkeit, zu wissen, wie ein bestimmter Flüssig-
keitsfaden durch die mit verschiedener Geschwindigkeit er-
folgende Strömung seiner einzelnen Theilchen im Laufe der
Zeit deformirt wird. Unsere Zeichnung gibt die Gestalt des-
jenigen Flüssigkeitsfadens, welcher zu irgend einer Zeit mit
einem zur x-Axe senkrechten Kugeldurchmesser zusammen-
lallt, von Secunde zu Secunde durch schwach ausgezogene
Linien an.
7. Ertheilt man dem ganzen im Vorhergehenden be-
trachteten System eine Geschwindigkeit c in einem der Strö-
mung der Flüssigkeit entgegengesetzten Sinne, so kommt die
Flüssigkeit im Unendlichen zur Ruhe, während die Kugel
mit der Geschwindigkeit c durch dieselbe fortschreitet. Die
Bewegungen, welche dabei von den einzelnen Flüssigkeits-
Digitized by Google
E. Rieche.
theilchen ausgeführt werden, ergeben sich mit Hülfe der im
vorhergehenden Abschnitt besprochenen Verschiebungscurven.
Diese geben nämlich durch ihren Schnitt mit den Ström ungs-
linien die Punkte an, nach welchen die zu Anfang in einem
äquatorialen Durchmesser befindlichen Flüssigkeitstheilchen
nach 1, 2, 3 . . . Secunden gelangen, unter der Voraussetzung,
dass die Kugel ruht, und die Flüssigkeit im Unendlichen mit
der Geschwindigkeit c strömt Bewegt sich nun das ganze
System mit der Geschwindigkeit c rückwärts, so werden jene
Theilchen von den gefundenen Punkten aus in 1 Secunde
um die Strecke c, in 2 Secunden um 2 c, in 3 Secunden um
3 c rückwärts getragen werden. So ergeben sich also die
Punkte, nach welchen bei ruhender Flüssigkeit und bewegter
Kugel diejenigen Theilchen, welche zu derselben Zeit in
einem äquatorialen Durchmesser der bewegten Kugel sich
befanden; nach 1, 2, 3 Secunden gelangen. Die so construir-
ten Curven, welche die Bewegung der Theilchen einer Flüs-
sigkeit darstellen, durch welche eine feste Kugel geradlinig
mit gleichförmiger Geschwindigkeit fortschreitet, sind in
Fig. 1 stark ausgezogen.
Die Bewegung besitzt den Charakter einer Wellen-
bewegung; die Bahnen der einzelnen Flüssigkeitstheilchen
sind aber nicht geschlossen, sondern dieselben bestehen in
Schleifen, deren Ebene durch die von dem Mittelpunkt der
Kugel durchlaufene Axe hindurchgeht; der Endpunkt der
Schleife ist gegen den Anfangspunkt verschoben in der Be-
wegungsrichtung der Kugel. Die Grösse der Verschiebung
nimmt sehr schnell ab mit der Entfernung, sodass die Bahnen
in einiger Entfernung von der Kugel als nahezu geschlossene
erscheinen. Kleiner, aber immerhin noch bedeutend, ist die
Abnahme, welche die Amplitude der Bahnen mit der Ent-
fernung von der Kugel erleidet
II. Zwei geradlinige parallele Wirbelfäden in einer
ruhenden Flüssigkeit.
8. Wir nehmen zuerst an, die beiden Wirbelfäden be-
sitzen eine im Räume unveränderliche Lage. Legen wir
eine beliebige Ebene senkrecht zu denselben, und machen
wir diese zu der xy- Ebene eines rechtwinkeligen Coordinaten-
Digitized by Google
Hydrodynamik
327
systems, so Laugen die Geschwindigkeiten der Flüssigkeit
nur ab von x und y, die Bewegung ist in allen zu der
jy- Ebene parallelen Ebenen dieselbe. Bezeichnen wir durch
rx und r2 die Entfernungen eines beliebigen Punktes von
den Schwerpunkten der beiden Wirbelfäden, so wird die
Strömungsfunction gegeben durch den Ausdruck:
JF. _ »log*.
Die Strömungslinien sind gegeben durch:
7 = *- - •
Dieselben sind Kreise, welche das System der durch
die Schwerpunkte gehenden Kreise senkrecht durchschneiden.
Durch den Querschnitt eines Ringes, welcher zwischen zwei
ßtröm ungslinien, beziehungsweise den ihnen entsprechenden
Strömungsfl&chen enthalten und dessen Höhe gleich der
Längeneinheit ist, iiiesst in der Zeiteinheit eiue Flüssigkeits-
menge, welche gegeben ist durch die Differenz der den
Grenzflächen entsprechenden Werthe von fV.
9. Wir legen das Coordinatensystem xy so, dass der
Mittelpunkt desselben mit der Mitte der Centrallinie der
beiden Wirbel zusammenfallt; die x-Axe nehmen wir so.
dass ihre positive Richtung von dem Wirbel 2 zu dem
Wirbel 1 geht. Die Entfernung der Wirbelcentren sei 2«.
Die Geschwindigkeit derjenigen Flüssigkeitstheilchen, welche
sich gerade in der Mitte zwischen den beiden Wirbelnden
befinden, ist dann gegeben durch v = —2m /na. Wären die
beiden Wirbel frei in der Flüssigkeit, so würden sie nicht
in Ruhe an derselben Stelle verbleiben können, vielmehr
würde jeder derselben diejenige Geschwindigkeit annehmen,
weiche dem von dem anderen herrührenden Impulse ent-
spricht, d. h. es würden beide Wirbel in der Richtung der
//-Axe fortschreiten mit der Geschwindigkeit — mj2na. Man
kann in diesem Falle die Wirbel zu feststehenden machen,
wenn man der ganzen Flüssigkeit eine Bewegung im Sinne
der positiven j?-Axe mit der Geschwindigkeit m\2na ertheilt.
Die wirkliche Bewegung der Flüssigkeit wird sich dann
328
E. Rieche.
ergeben durch Superposition der letzteren Geschwindigkeit
mit der Ton den feststehenden Wirbeln erzeugten. Für diese
haben wir im Vorhergehenden die Strömungsfunction in der
Form — (>n / n) log rx / ra gegeben; für die erstere würde die
Strömungsfunction durch — (mj2na)x darzustellen sein. Die
Strömungsfunction der resultirenden Bewegung ist somit:
Setzen wir (w/»)s0,8 und a « 2, so werden die Wirbel
den in der Mitte zwischen denselben liegenden Flüssigkeits-
theilchen eine Geschwindigkeit 0,8 in der Richtung der
negativen y-Axe ertheilen. Gleichzeitig wird die Geschwindig-
keit, mit welcher die Flüssigkeit in der Richtung der posi-
tiven y-Axe strömt, gleich 0,2. Unter Zugrundelegung dieser
Annahmen sind die Strömungscurven , für welche SB die
Werthe:
0 0,1 02 0,3 .. . 0,9 1 1,5 2 3
-0,1 -0,2 -0,3 . . . -0,9 -1 -2
annimmt, in Fig. 2 gezeichnet Die ganze Bewegung ist
symmetrisch gegen die y-Axe; aus diesem Grunde ist die
Zeichnung beschränkt auf die dem positiven Zweige der
x-Axe entsprechende Halbebene. Die positive y-Axe, und
somit auch die Strömung der Flüssigkeit ist nach unten
gerichtet. Die Flüssigkeit wird durch die dem Werth
ÜB = 0 entsprechende Strömungsfläche in zwei Theile von
verschiedenem Bewegungscharakter zerlegt. Innerhalb der
Fläche 2B — 0 besteht die Bewegung in einer Circulation
der Flüssigkeitstheilchen um die Wirbelfaden herum; diese
findet in der gezeichneten Halbebene im Sinne einer Drehung
von der *-Axe zur y-Axe statt Die Fläche 3B = 0 wm-
schliesst einen stets von denselben materiellen Elementen gebildeten
Theil der Flüssigheit, welchen wir als den Wirbelkbrper bezeichnen
wollen. Ausserhalb der Fläche 933 = 0 besteht die Bewegung
in einer einfachen Strömung, welche durch die Existenz des
Wirbelkörpers in derselben Weise gestört wird, wie durch
das Vorhandensein eines festen Körpers. Die Deformation,
welche ein der äusseren Flüssigkeit angehörender Flüssig-
keitsfaden erleidet, welcher zu irgend einer Zeit mit der
by Google
Hyd rndynamik.
329
/•Axe zusammen fallt, ist in der Zeichnung durch die ge-
strichelten Linien für die Zeiten von 10, 20 ... 60 Secunden
dargestellt Im Innern des Wirbelkörpers sind auf den
Circulation slinien SB = 0 — 0,1 — 0,5 — 1 die Punkte markirt,
in welchen sich nach einer bis fünf Secunden die Flüssig-
keitstheilchen befinden, welche zu Anfang auf dem inneren
Stück der x-Axe lagen.
10. Wir haben im Vorhergehenden die Wirbelfaden zu
stehenden gemacht dadurch, dass wir der Flüssigkeit die
Geschwindigkeit m(2na in der Richtung der y-Axe ertheilten.
Die unter diesen Umständen auftretenden Strömungsverhält-
nisse sind in Fig. 2 dargestellt. Verschieben wir nun das
ganze System mit der Geschwindigkeit m\2na im Sinne der
negativen y-Axe, so wird dadurch die Flüssigkeit im Unend-
lichen zur Ruhe gebracht. Der Wirbelkörper dagegen,
welcher unter den früheren Verhältnissen eine unveränder-
liche Lage im Räume bewahrte, wird sich jetzt mit der
Geschwindigkeit m/2na in der Richtung der negativen
y-Axe bewegen. Er wird aber nach wie vor stets aus den-
selben Flüssigkeitstheilchen bestehen, und diese werden in
derselben Weise wie früher um die Wirbelfäden circuliren.
Die Bewegung, welche in der ruhenden Flüssigkeit, durch
das Fortschreiten des Wirbelkörpers erzeugt wird, ist vollkommen
dieselbe, wie die durch das Fortschreiten eines festen Körpers
erzeugte. Die Curven, in welchen die Flüssigkeitstheilchen
dem vorübergehenden Wirbelkörper ausweichen, sind in
Fig. 2 gezeichnet. Für die Dimensionen des Wirbelkörpers
ergibt sich ein Anhaltspunkt daraus, dass in dem Schnitt-
punkt der Curve 20 = 0 mit der y Axe u = 0 sein muss; es
zeigt sich, dass dieser Schnittpunkt mit den beiden ^irDel*
centren ein gleichseitiges Droieck bildet. Der mit der
Centrailinie der beiden Wirbel zusammenfallende Durch-
messer des Wirbelkörpers ist nahezu gleich 4,4 a.
11. Der Flüssigkeitsfaden, welcher zu irgend einer Zeit
mit dem zwischen den beiden Wirbelfaden liegenden Stücke
der x-Axe zusammenfallt, wird durch die in dem Wirbel-
körper vorhandene Circulation deformirt. Gleichzeitig nimmt
derselbe an der Bewegung des ganzen Wirbelkörpers Theil
:130
E. Rieckr.
wird also in der Richtung der negativen y-Axe verschoben
mit der Geschwindigkeit m/2ncu Die Gestalten, welche der
betrachtete Faden nach der Zeit von 1, 2 . . 5 Secunden
annimmt, sind in Fig. 3 gezeichnet. Als Querschnitt der
Wirbelfaden sind dabei die Ourven angenommen, für welche
20 den Werth — 2 hat Die Verschiebungen in der Richtung
der y-Axe sind zehnmal vergrössert, um ein störendes Ueber-
schneiden der einzelnen Curven zu vermeiden. Für die
Secunden 1 und 2 sind die letzteren gezeichnet bis zu dem
Querschnitt der Wirbelfäden; für die Secunde 3 ist die
Curve bei dem auf SB = — 1,5, für die Secunden 4 und 5
bei dem auf SB — — 1 circulirenden Theilchen abgebrochen.
Die Curven sind im wesentlichen identisch mit denjenigen,
welche man bei der von Reusch angewandten Erzeugungs-
weise der Wirbel beobachtet, und welche von ihm zuerst
beschrieben worden sind.1) Die Dilatationen des deformirten
Fltissigkeitsfadens sind dadurch anschaulich gemacht, dass "
die Positionen derjenigen Flüssigkeitstheilchen, welche auf
den Curven SB = — 0,5 - 1,0 — 1,5 — 2 sich bewegen, und
welche sich zu Anfang in der .r-Axe befanden, von Secunde
zu Secunde angegeben sind. Das der Curve SB = — 2
angehörende Theilchen, dessen Lagen nur für die beiden
ersten Secunden angegeben sind, würde in drei Secunden
den Wirbelfaden beinahe fünfmal umlaufen; ebenso oft
würde sich in dieser Zeit der Flüssigkeitsfaden um den
Wirbelfaden herumschlingen; in fünf Secunden würde die
Zahl der Umschlingungen auf acht anwachsen.
12. Die ganze Bewegung der Flüssigkeit ist symmetrisch
zu der Ebene, welche durch die y-Axe senkrecht zu der
xy- Ebene hindurchgeht. Man kann diese Ebene als eine
feste Wand in die Flüssigkeit einführen, ohne dass in den
Verhältnissen der Bewegung etwas geändert wird. Unsere
Zeichnung stellt also auch die Bewegung einer Flüssigkeit
dar, welche einerseits durch eine feste Wand begrenzt wird,
und in welcher ein dieser Wand paralleler Wirbelfaden
fortschreitet Der Faden umgibt sich wieder mit einem
\) Keuöch, Acad. Progr. Tübiugeu lb60.
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Hydrodynamik,
331
Wirbelkörper, welcher jetzt auf der einen Seite durch die
feste Wand begrenzt wird; dieser Wirbelkörper schreitet
wieder in der Richtung der negativen y-Axe mit der Ge-
schwindigkeit mj2na fort.
13. Von den Resultaten, zu welchen die vorhergehenden
Betrachtungen geführt haben, dürfte eines eine allgemeinere
Bedeutung besitzen. Wir haben gefunden, dass der Wirbel-
faden umgeben ist von einer in Circulation begriffenen Flüs-
rigkeitsmasse, welche an der Bewegung des Fadens unab-
hängig von der übrigen Flüssigkeit theilnimmt, und welche
wir als den Wirbelkörper bezeichnet haben. Ein solcher
Ii irbelkörper wird immer auftreten, wenn in einer Flüssigkeit eine
Ihrlteliinie vorhanden ist, weiches auch die Gestalt derselben sei.
Sind in der Flüssigkeit gleichzeitig mehrere fVirbeäinien vorhan-
den, so werden sie von einem gemeinsamen JVirbelkbrper umgeben
mn. Dieser Körper wird sich in der Flüssigkeit bewegen
infolge der Bewegung der in ihm enthaltenen Wirbelfaden,
gleichzeitig wird aber auch seine Gestalt sich ändern, ent-
sprechend der Aenderung, welche in der relativen Lage der
Wirbelfaden eintritt. Sind beispielsweise zwei kreisförmige
Wirbel mit gemeinsamer Axe und gleicher Rotationsrichtung
gegeben, so wird die Oberfläche des sie umschliessenden
Wirbelkörpers periodische Pulsationen machen entsprechend
dem periodisch sich wiederholenden Durcheinanderschlüpfen
der Wirbelringe. Sind die Entfernungen der Wirbelfäden
oder einzelner Gruppen derselben unendlich gross gegenüber
den Dimensionen der Ringe oder Ringgruppen, so zerfällt
der Wirbelkörper in mehrere Theile. Diese getrennten
Wirbelkörper bewegen sich in der Flüssigkeit voneinander
unabhängig, bis sie zusammenstossen , d. h. bis sie in Ent-
fernungen gelangen, welche ihren Dimensionen gegenüber
nicht mehr unendlich gross sind. Beim Zusammenstossen
vereinigen sich die vorher getrennten Wirbelkörper zu einem
einzigen, dessen Stabilität oder Instabilität von den Be-
wegungsverhältnissen der zu8ammenstossenden Wirbel ab-
hängig ist.
Digitized by Google
332
E. Rieche.
III. Beobachtungen über Strahl- und Wirbelbildung.
14. Zu diesen Beobachtungen, für deren Ausführung
ich Hrn. Dr. Krüger zu grossem Danke verpflichtet bin,
diente eine quadratische Hohlplatte von 75,5 mm Seitenlänge
und 6,4 mm Höhe. Dieselbe war durch Einlassen zweier
Glasplatten in die ausgekehlten Seiten eines quadratischen
Rahmens hergestellt, welcher aus einer 10 mm dicken Messing-
platte ausgeschnitten worden war. An zwei gegenüberliegen-
den Ecken des Quadrates war der Rahmen in der Richtung
der Diagonale durchbrochen von Canälen von 6,4 mm Höhe
und 3 mm Breite; die Verbindung mit den Flüssigkeits-
behältern wurde durch Schlauchansätze vermittelt, von glei-
chem Querschnitt und gleicher Richtung mit den Canälen.
Bei den Beobachtungen wurde die Hohlplatte eingeschaltet
in ein System von Röhren, welche die beiden Wasserreservoire
R und Rl heberartig miteinander verbanden. War das
ganze System mit Wasser gefüllt, so floss dieses durch die
Platte unter einem Drucke, welcher durch die Niveau-
differenz der Behälter R und Rx gemessen wurde.
Die Constanz dieser Niveaudifferenz wurde durch fol-
gende Einrichtung erhalten. (Fig. 4.) Das eine Reservoir 72,
bestand aus einem cylindrischen Gefässe von dünnem Zink-
blech, welches von einer luftdicht verlötheten cylindrischen
Büchse B getragen wurde. Diese Büchse war durch vier
rechtwinkelig gebogene Träger mit einer Bleiplatte verbun-
den, sodass die ganze Vorrichtung in dem grösseren mit
Wasser gefüllten Reservoir Ä in stabilem Gleichgewichte
schwamm. Wurde nun das GefUss Ä, mit Wasser bis zum
Rande gefüllt, so bestand zwischen den Reservoiren R und ft:
eine Niveaudifferenz von 40 mm. Wurden durch einen Heber
die beiden Reservoire miteinander verbunden, so strömte
das Wasser von Rl nach Ä, gleichzeitig hob sich aber der
Schwimmer infolge des verminderten Gewichtes, sodass der
Niveauunterschied constant blieb. Verschieden grosse Niveau-
unterschiede wurden durch geeignete Belastung des Schwim-
mers hergestellt. Der Niveauunterschied wurde mit einem
Kathetoraeter gemessen, an dessen Schlitten in passendem
Abstand zwei in Spitzen endigende vertical nach unten
Digitized by L^OOQle
Hydrodynamik.
333
gehende Metallstäbe angebracht waren. Die Spitze des einen
wurde auf das Niveau in R, hierauf die Spitze des anderen
auf das Niveau in JR1 eingestellt und beidemal die Stellung
des mit dem Schlitten verbundenen Nonius an der Theilung
abgelesen. Der Verticalabstand der Spitzen selbst wurde
dadurch bestimmt, dass beide Spitzen nach einander auf
dasselbe Niveau eingestellt wurden.
15. Mit den geschilderten Mitteln konnte die Strömung
des Wassers durch unsere Platte bei verschiedenen Drucken
beobachtet werden. Um die Strömungscurven zur Anschauung
zu bringen, wurden auf den Grund der Platte an geeigneten
Stellen Fuchsinkrystalle geklebt, welche bei eingeleiteter
Strömung den Ausgangspunkt gefärbter Flüssigkeitsfäden
bildeten. Diese wurden auf einer hinreichend durchsichtigen
Tafel matten Glases, welche auf die Deckplatte der durch-
strömten Kammer gelegt wurde, nachgezeichnet und von
dieser auf das Papier übertragen. Auf diese Weise sind
die Figuren 5 bis 12 entstanden. Sie geben ein Bild
der Strömung fur Niveaudifferenzen, welche von 2,03 mm
bis 16)50 mm wachsen. Bei dem sehr kleinen Druck
▼on 2,0 mm strömt das Wasser durch die Platte in
denselben Curven wie der galvanische Strom. Schon bei
einem Druck bei 3 mm sind aber zwei zu beiden Seiten der
Eintrittsstelle sich bildende Wirbel zu bemerken, welche
sich bei wachsendem Drucke mehr und mehr ausbreiten.
Bei einem Drucke von 16,5 mm erfüllen sie beinahe ganz
die beiden Hälften des quadratischen Raumes; der zwischen
den Wirbeln bleibende Canal wird von einem Strahle aus-
gefüllt, welcher von der Eintritts- nach der Austrittsstelle
bin sich etwas verbreitert, vor der Austrittsstelle selbst eine
kleine Ausbuchtung zeigt.
16. Auf den engen Zusammenhang, welcher zwischen
Strahlbildung und Wirbelbewegung besteht, hat zuerst Hr.
t. Helmholtz aufmerksam gemacht.1) Mit Bezug auf seine
Bemerkungen möge hier noch eine Beobachtung erwähnt
werden, welche mit dem von Reusch angegebenen Apparate
1) v. Helmholtz, Ueber diacontinuirliche Flüssigkeitabcwepungen.
Wiswngchaftl. Abbandl. 1. p. 146.
334
P. Bohl
angestellt worden ist. Lässt man in dem mit reinem Wasser
gefüllten Gefasse einen Strahl gefärbter Flüssigkeit ganz
langsam sich erheben, so bemerkt man, wie an diesem in
gewissen Intervallen Anschwellungen sich bilden. An der
Peripherie derselben entstehen Wirbellinien, welche eine
Auflösung des ganzen Strahles in eine Folge kreisförmiger
Wirbel herbeiführen. Die gemeinsame Axe dieser Wirbel
ist durch die Axe des früheren Strahles gegeben. Häufig
beobachtet man weiterhin in sehr schöner Weise das von Hrn .
v. Helmholtz zuerst beschriebene Durcheinanderschlüpfen
der Ringe.
IV. Das Gesetz der molecularen Attraction;
von JPiers Bohl,
In der folgenden Abhandlung wird das Gesetz der mole-
cularen Anziehung auf Grund experimenteller Ergebnisse
festgestellt. Der Weg, den ich zur Lösung dieses — meines
Wissens hier zum ersten mal behandelten — Problems ein-
geschlagen habe, ist der folgende. Zunächst ertheile ich der
Zustandsgieichung für Gase eine bestimmtere Gestalt, insofern
nur noch eine Function einer Variablen vorläufig unbekannt
bleibt. Da natürlich die Attraction der Molecüle mit in Be-
tracht gezogen wird? so gibt die erhaltene Gleichung ein
Mittel, das Gesetz der Anziehung zu bestimmen.
Die genannte speciellere Fassung der Zustandsgieichung
bildet meinen Ausgangspunkt; ich habe es daher für gut ge-
halten, sie auf zwei voneinander unabhängigen Wegen herzu-
leiten, von denen der eine auf kinetischen, der andere auf
thermodynamischen Betrachtungen beruht. Das Resultat mei-
ner Arbeit — das ich hier gleich anfangs erwähne — be-
steht in dem Nachweis, dass auch die kleinsten Massentheile
sich nach dem Newton' sehen Gesetz anziehen.
1. Nimmt man in der Gastheorie das Schema materieller
Punkte ohne wechselseitige Anziehung an, so führt dasselbe
zu dem Gay-Lussac'schen Gesetz. Eine weitere Annähe-
rung an das thatsächliche Verhalten der Gase wird erhalten,
Digitized by Google
Molecular* Attraction.
335
wenD man die Attraction der Molectile mit in Betracht zieht.
Ich setze die Anziehung proportional mit (m, . wi2) / r», wobei
m die Masse, r die Entfernung zweier Molecüle bedeutet.
Falls das Attractionsgesetz nicht unter diese Form fallt,
so soll dieses das Hauptglied sein. Der Verlauf unserer Un-
tersuchung wird darüber Aufschluss geben, ob ein weiteres
Glied sich nachweisen Iässt
Die Gleichungen, denen gemäss die Bewegungen der Gas-
theilchen geschehen, sind nach dem Typus zu bilden:
Dieselben entsprechen, wie man sieht, einem Gasgemisch,
welches Molecüle von der Masse Wlj 77?.,, etc. enthält. Auch
die Druckkräfte sollen dabei berücksichtigt sein, insofern wir
die Wände offenbar als zum ganzen System gehörig betrach-
ten dürfen. Dadurch vereinfachen wir die Untersuchung;
wir können aber auch die Druckkräfte gesondert in die Glei-
chung (1) einführen und kommen dann natürlich zu denselben
Ergebnissen.
Sind Xi^Xiifi etc. Integrale der Gl. (1), so sind auch
anter der Bedingung:
(2) «n+1 P - u ,
die Grössen |< = a. etc. Integrale der Gleichungen:
(3» ^=^m.2^'+^m'2^ etc-
Stellen die Gleichungen *{ = etc. die moleculare
Bewegung eines im Gleichgewicht befindlichen Gases dar, so
bestimmen die Gl. = |,(f) etc. — wenigstens unter der hier
zunächst gemachten Voraussetzung, die Molecüle seien ein-
fache materielle Punkte — ebenfalls eine solche Bewegung.
Stets ist dabei die Configuration des zweiten fingirten Gases
zur Zeit t} der des ersten zur Zeit ß.t ähnlich, wobei alle
Strecken « mal vergrössert sind. Das erste Gas enthält
Molecule von der Masse m,, 77?2 etc., das zweite von der
Masse p.mv ft.m9 etc,; das zweite nimmt einen ces mal grös-
seren Raum ein, als das erste. Entsprechende Geschwindig-
keiten verhalten sich wie a.ß zu 1. Da im zweiten FalJp
Digitized by Google
:*3fl
P. Bohl.
alle EntfernuDgen a mal grösser sind, so ist der Druck auf
entsprechende Theile der Umgebung ju2 er« mal grösser oder
der Druck auf die Flächenheit /u2/aw+2 mal grösser, als im
ersten Fall. Dasselbe hinsichtlich des Druckes ergibt sich
auch, wenn wir die Gleichung:
(4) 2i"9*-l2fi + *'v
benutzen, welche man aus der Virialgleichung erhält Ge-
schwindigkeit, q Entfernung, p Druck, v Volumen). Die ac-
tuelle Energie des zweiten Gases ist p.cPfi1 mal grösser als
die des ersten. Ebenso können alle anderen Parameter, so-
fern nur ihre Bedeutung (und zwar die sogenannte kinetische)
hinreichend feststeht, eingeführt werden.
Bleiben wir bei den drei Parametern pvA (Druck, Vo-
lum, actuelle Energie), und beschränken wir uns auf ein nicht
zusammengesetztes Gas (denn auf ein Gasgemisch lassen sich
die Betrachtungen sofort ausdehnen), so folgt aus den obigen
Erörterungen, dass die Grössen:
vA*/(n-D pm*fi—h p»/("+2>r
"^Ö/(n-D ' ^(«+2J/(«-l> ' m6/(ii+2)
für die beiden oben fingirten Gase denselben Werth besitzen.
Nun setzen wir in Uebereinstimmung mit der mechanischen
Theorie der Wärme voraus, dass der Zustand eines Körpers
durch zwei Parameter bestimmt ist. Es können daher die
genannten drei Grössen durch zwei Parameter und m aus-
gedrückt werden. Da von a, ß und u zwei willkürlich sind,
so gibt es eine zweifach unendliche Reihe von Gasen und
Gaszuständen, bei denen die oben erwähnten Grössen con-
stant bleiben.
Hieraus folgt, dass jede derselben eine Function jeder
anderen allein sein muss, und dieses gilt für jedes Gas. Da
ferner p.v/A eine identische Function jener Grössen ist, so
können wir schreiben:
PLl-f(l^*-l\ etc
Ich werde nun noch die Molecülzahl in die Formel ein-
führen. Es ist offenbar f(o. vy rr .v) = a.f(v,v), wenn v die
Anzahl der Molecüle bezeichnet, und a beliebig ist. Hieraus
Digitized by Google
Molerulare Attraction.
337
folgt f=*v.rf(vjv). Es lauten daher die gefundenen Glei-
changen:
^4 ist hierbei auf ein Molecül bezogen, sonst müsste auch
A durch v dividirt werden.
Diese Gleichungen sind miteinander wesentlich identisch
und auseinander ableitbar.
Bei der Berechnung von n mit Hülfe dieser Gleichungen
begegnen wir der Schwierigkeit, dass A nicht direct gemessen
werden kann. Es bleibt nichts übrig, als an Stelle von A
die Temperatur / einzuführen1), obgleich über die kinetische
Bedeutung dieser Grösse zur Zeit keine haltbare Ansicht
besteht Beschränken wir uns aber auf nicht allzu verdich-
tete Gase, so können wir A der Temperatur proportional
setzen (gemäss der herkömmlichen Annahme). Wir setzen also:
(6)
p* = v f(pm-A.
Für ein zusammengesetztes Gas ist pvjt ebenfalls eine
blosse Function einer der drei Grössen ur3^"-1», ^/*<»+2)/(n-i)
oder p*/i«+Vvy und zwar kann diese Function aus den für die
einzelnen zusammensetzenden Gase geltenden Functionen in
einfacher Weise gebildet werden.
Ich werde nun zeigen, wie man dieselben Gleichungen
auch unabhängig von den obigen Erörterungen mit Hülfe
der Virialgleichung vermittelst der mechanischen Wärme-
theorie erhalten kann. Dabei wollen wir uns, soweit es
möglich ist, von den beschränkenden Voraussetzungen, die
wir oben gemacht haben, befreien. Ich lasse die Annahme,
dass wir es mit einfachen Molecülen zu thun haben, fallen,
und nehme also an, dass ein Molecül aus Atomen besteht,
die sich nach dem erörterten Anziehungsgesetz anziehen.
1) In der That ist man hierau bei einatomigen Gasen berechtigt.
Aon. <L rby». o. Chem. N. F. XXXVI. 22
338 P. Bohl.
Es mag zunächst bemerkt werden, dass man die Virial-
gleichung in der hier benutzten Form:
rxK
sofort erhalt, wenn man gemäss dem H a m i It o n' sehen
Princip setzt:
[2- (£ b* + # s* + \>) ] - Sdt^A + ü>
t, tv
uüd den Verschiebungen etc. eine solche Grösse ertheilt.
dass das Gas in eine der ursprünglichen ähnliche Configura-
tion übergeht. (U bedeutet die Arbeit der wirkenden Kräfte
bei dieser Verschiebung.)
Dieses zeigt, dass die Virialgleichung auch zu den obigen
Untersuchungen in Beziehung steht.
Ich setze:
dJ dt
Bv dv
dA dl ~
~6p dp
Die Virialgleichung gibt, wenn man die Energie mit E
bezeichnet:
dE dt dt
dv dv _ 3 P dv 3 - » .
BM dl ""»-Ii (H n - 1 *
dp dp v dp
Ich entnehme nun der mechanischen Theorie der Wärrae
die Beziehung:
dE dt
dv dv dt
dt: dt ~ ' ~ v dp'
8p dr
Mithin ergibt sich:
,7v , n + 2 dt * dt :i - n A
W t= n-~lPdp- n-lVdv-n-l A
Diese Gleichung gilt allgemein für alle Aggregatzuständi*.
Setzen w ir A proportional der Temperatur, oder nehmen wir
auch nur an, dass A eine Function der Temperatur sei, so
ist A = 0. In der That wird man nun für nicht allzu ver-
dichtete Gase mit genügender Annäherung die Annahme
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Moleeulure Attraction.
330
machen dürfen, dass der Zustand der Molecule wesentlich
von der Temperatur allein abhängt, und zwar gilt dieses
am so genauer, je höher die Temperatur ist. Setzen wir
dann die Temperatur proportional der progressiven Bewegung
der Molecüle, so ergibt sich A = 0. Die Gl. (7) wird:
n + 2 de 3 de
'-ii-lPrp-n-lT,'
Das Integral dieser partiellen Differentialgleichung ist
t-pv(f (p3' f*+3)u), d. h. wir haben die Gl. (6) wiedergefunden;
nur bleibt hier die Art, wie m in der Function <p vorkommt,
unbestimmt
Ich mache darauf aufmerksam, dass es gentigt, eine
vollkommene Definition der Temperatur zu finden, um ver-
mittelst der Gl. (7) sofort eine den Gl. (6) analoge Forinu-
lirung der Zustandsgieichung zu finden, welche für alle
Aggregatzustände gilt Ferner bemerke ich, dass, falls
Aggregate von Molecülen in dem Gase vorhanden sind, man
natürlich consequenter Weise dazu geführt wird, die Tem-
peratur proportional der actuellen Energie der fortschreiten-
den Bewegung der Aggregate und nicht der einzelnen Mole-
cüle zu setzen. Diese Annahme ändert aber unsere Gleichung
nicht wesentlich. Es folgt nämlich aus unseren anfänglichen
Betrachtungen, dass die Zahl der Aggregate, die sich bilden,
nahezu eine Function der Grössen or3 etc. sein wird,
sodass die Gl. (7) doch wieder auf die Form (8) gebracht
werden kann.
Wir haben demnach gefunden, dass die Gl. (6) auch
durch die Annahme zusammengesetzter Molecüle ihre Brauch-
barkeit innerhalb gewisser Grenzen nicht verlieren. Uebor
die Rolle, die das Moleculargewicht in diesen Gleichungen
spielt, werden wir noch später einiges zu sagen haben.
Die meisten Formeln der mechanischen Wärmetheorie
gewinnen durch die Gl. (6) eine bestimmtere Gestalt Wegen
der beschränkten Gültigkeit der letzteren gehe ich nur auf
das ein, was für uns von unmittelbarem Nutzen ist.
Ich setze x = vt3 \n~l> und pvjt ^ (p{x). Dann wird
= wobei ux nur von x abhängt. Berücksichtig n
wir noch die Gleichung:
22*
Digitized by Google
Mi) P. Hohl.
(£). — — -.I, » • w «■< (53,- ?? + . - 1
wobei m die Entropie bezeichnet. Aus den beiden letzten
Gleichungen folgt a» — 3/(n — 1) — c* — constans.
Es ergibt sich also, dass die specitische Wärme bei
con8tantem x constant ist. Ferner erhält man:
E~ E0 = A- 11 = m 3 xPv + c%t
(II bedeutet der Potential). Diese Gleichung führt, mit der
Virialgleichung verglichen, zu dem Schluss, dass, wenn
A = w (x) t gesetzt wird, \p (x) eine Constante ist, d. h. setzen
wir bei constantem x At proportional, so besteht diese Pro-
portionalität immer. Es ist ferner:
* - <- + „I ! + = . ! i
n + 2 fdv\
»»«» !/'(■«>), + '»•
Bezeichnen wir E—E0+pv mit X, so kommt:
_ n + 2
Diese Grösse bleibt bei dem Versuch der Strömung der
Flüssigkeit durch ein Diaphragma constant. Die Abkühlung
hierbei erhält man nach der Formel:
« ^-i::(T),'
wie leicht aus den oben gegebenen Beziehungen folgt Man
erhält diesen Ausdruck auch sofort aus dem bekannten für
die Abkühlung von Thomson gegebenen. Unser Ausdruck
zeigt, wie die Abkühlung direct mit der Abweichung von
Mariotte's Gasdruckregel zusammenhängt.
2. Ich gehe jetzt zur Bestimmung von n auf Grund
der Gl. (6) über. Um diese Zahl nach experimentellen Daten
zu berechnen, können wir verschiedene Wege einschlagen.
Zunächst mögen Untersuchungen über die Compressibilit&t
der Gase benutzt werden.
Bei der Wahl der exprimentellen Feststellungen werden
wir uns, wie aus dem Obigen folgt, gewisse Beschränkungen
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Moleadare Attraction.
841
.ui (zur i legen haben. So wird z. B. nur die Minusabweichung
von dem Mariotte'schen Gesetz benutzt werden dürfen.
Das Verfahren, das ich zunächst einschlage, ist das folgende.
Ich suche auf zwei Isothermen (es werden am besten weit
voneinander entfernte Temperaturen gewählt) die Stellen auf,
wo />, tfj/*! = Piffle ist. Dann wird n berechnet aus:
log Pi - 1oR P\ , 2
» = 1 - a!0*'' oder n = |0* > j*'»-.
10g r, - log r, log/;, - log p, _ j
log /, - log
oder »= -2- 3!°*
log r, — log ü,
Dieses Verfahren ergibt sich leicht bei Betrachtung der
Gl- (6), in denen m =* 1 gesetzt wird. In den Isothermen bin
ich nahezu bis zu den Drucken gegangen, bei denen pv ein
Minimum hat, um grosse Abweichungen benutzen zu können.
Dabei muss sich freilich ein Gang in den Werthen von n
einstellen, da die so erhaltenen Zahlen schliesslich zu klein
ausfallen müssen. (Dieses ergibt sich, wenn man erwägt,
dass bei starkem Verdichtungsgrad auch die Aggregate als
vom Druck heeinflusst angesehen werden müssen, und ver-
sacht, diesem Umstände durch Abzug vom Volumen Rech-
nung zu tragen.) Die nachfolgenden Tabellen geben über
die Grösse der Abweichungen Aufschluss.
Versuche von Amagat über Kohlensäure.
85,1 0 C.
90,2° C.
10«»° C.
pv
p r_
P j
pv
p V
T
SO 7,6602
40 6,7017
50 5,5988
30
60
90
8,5908
7,4471
6,3734
50
70
90
110
7,9893
7,3735
6,7826
6,2314
n berechnet a
us den ^
/ersuchen von Amagat.
tx - 85,1 0 tt
= 100°
t{ = 35,1 •
= 90,2°
Px Pi
n
Px
n
30 (60,69)
(32,99) 70
(39,16) 90
40 1*2,93)
2,1
2,0
1,9
1,!.
80
(32,22)
40
(42,98)
(54,41)
60
180,83)
9»
2,1
2,1
1,9
1,9
Digitized by Google
342
P. Bohl
Die durch Interpolation gefundenen Zahlen sind ein-
geklammert Alle Werthe von n liegen nahe an 2. Ein
Gang in dem oben erwähnten Sinne ist zwar deutlich zu
erkennen, die Differenzen sind aber sehr geringfügig. Wollte
man sie durch Beobachtungsfehler erklären, was hier nach
dem Obigen durchaus nicht geschehen soll, so würden sie
einem Fehler von etwa einem Procent in der Bestimmung
des Productes pv entsprechen.
Versuche von Roth üb^r Ammoniak.
99,6 • C. 1S3,0°C.
_ mi »1 t _
pv j, p I pr
12,00 0,008 536 19,50 0,003 (iOs
1S,G0
25,40
0,003 425 27,20 0,003 523
0,003 274 »7,85 0,003 455
58.00 0,003 220
w berechnet aus den Versuchen von Roth.
tx = 99,6° C. /, = 183ÜC.
| !
Px )>% «
12 (2«) 2,1
Ii 2,8) | 27,2 2,1
(16,*) 37,85 i 2,0
25,4 (58,26) 2,1
18,6 ! (40! 2,1
Ich erinnere daran, dass wir die Gl. (6) ursprünglich
ableiteten mit Vernachlässigung der Zusammensetzung der
einzelnen Molecüle. Wir sahen später, dass die Gl. (6) auch
mit Berücksichtigung dieses Umstandes ihre Brauchbarkeit
behalten, wofern in ihnen m = 1 gesetzt wird. So sehen wir
denn auch hier eine sehr gute Ueberciustimmung der Werthe
von n, obgleich Ammoniak zu den Gasen gehört , bei denen
sich der erwähnte Einfluss stark geltend macht. Ordnet
man nämlich die Gase nach der Grösse ihrer Compressibi-
lität und darauf nach ihrem Molecularge wicht, so fallen
beide Reihen durchaus nicht zusammen. Es steht mithin
erfahrunssmäsNig fest, dass ein Gas durch Angabe seines
Moleeulargewiclites hinsichtlich seiner ( Vnnpressibilitätsver-
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Moleculare Attraction
343
liältnisse nicht bestimmt ist. Bei einigen Gasen ist dieses
jedoch annäherungsweise der Fall, und dort werden wir die
GL (6) in ihrem vollen Umfang gebrauchen dürfen; bei den
übrigen müssen wir, wie schon hervorgehoben, die Gl. (6)
specialisiren, indem wir m = 1 setzen. Ich habe ferner Be-
obachtungen bezüglich SO, und C,H4 benutzt. Zu den fol-
genden Tabellen bemerke ich, dass zwei Werthe von der
Benutzung ausgeschlossen werden mussten, da sie eine
plötzliche Zunahme von po statt einer Abnahme zeigten.
[p = 18 für S02 bei 99,6° und p = 47,45 für CaH4 bei 182,8°.)
Versuche von Roth über schweflige Säure.
99,6« C.
14
24
32
pv
t
0,003 318
0,002 963
0,002 721
183,2° C.
pv
t
28
50
80
100
0,003 305
0,003 044 6
0,002 761
0,002 515 3
m berechnet aus den Versuchen von Roth über
schweflige Säure.
99,6
1*3,2.
P Pt
(14,37)
(21,7)
24
(30,67)
32
28
50
(58,6)
80
(83,25)
2,3
2,0
1,9
1,8
1,H
Versuche von Roth über Aethylen.
99,6° C.
20,50
21,65
24.00
25,85
28,80
I
io>?Lp
351,18
H47,70
346,895
345,96
339,19
182,8° C.
37
40,20
52,80
62,05
I
io^F
356,39
352,01
346,76
340,68
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MA
P. Bohl.
ii berechnet aus den Versuchen von Roth über Aethylen.
'i =
99,6° C.
tt = 182,8° C.
Vx
•
Pt *
20,50 42,19
21,65 50,55
24,00 52,48
2,2
1,9
2,0
24,27 52,80 2,0
25,85 54,01 2,1
28,15 , 62,05 2,0
Bei Gasen, welche hinsichtlich ihrer Compressionsver-
hältnisse innerhalb eines gewissen Gebietes durch das Mole-
culargewicht allein hinreichend charakterisirt sind, kann mau
auch folgendes Verfahren anwenden. Man nimmt zwei ver-
schiedene Gase und sucht auf zwei Isothermen die Stellen
auf, wo:
«flogst?,) _ d\og(j)tvt)
dPx -ft dPi
ist.
Dort haben wir dann:
t («+2)/(n-l) t (n+2)/(n-l)'
sodass n leicht berechnet werden kann.
Beispiel: Regnault gibt für gleiche Temperaturen die
Zahlen :
Kohlensäure
p = 1 v = 1
p = 3,8973 v = \
Stickstoff
p = 11,9191
p = 19,7885 r =
Setzt man innerhalb dieser kleinen Intervalle p^^ Rx — <*xpx
und p.,v2 = i?2 — a2/>2, so ist (iHj/in,)6/*"-1)« i^/Äj .^/o?. Da
in unserem Beispiel »',/m, = Jj ist, so folgt:
n = 1,94.
Diese Zahl ist sehr befriedigend; leider lässt sich diese
Methode nur selten anwenden.
Schliesslich will ich die Joule-Thomson' sehen Aus-
strömungsversuche zur Berechnung von n verwerthen. Nach
Gl. (9) haben wir:
dt ^ n + 2 d(pv)
p dp ' n — \ d p [t)
Die rechte Seite muss nach irgend einer den Erfahrun-
gen gemässen Gleichung berechnet werden. Ich habe die
einfachste Gleichung gewählt pv = A — Bp. B nimmt* mit
der Temperatur ab; ich habe es der dritten Potenz der Tem-
peratur umgekehrt proportional gesetzt (für Kohlensäure).
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Moleculare Attraction
345
Man überzeugt sich leicht, dass die hierin liegende Willkür-
lichkeit keinen wesentlichen Einfluss auf den Werth von n
hat, da die Benutzung irgend einer anderen Gleichung zu
keinen schlechteren Resultaten fuhrt. Far Kohlensäure geben
die Beobachtungen Regnault's (die für 3,2° gelten):
pv = 1,020215 %^ - 0,006584 ( + ')"V •
Es ergibt sich:
dt_ 8 428 000 n+2
dp ~~ (273 + 0"' n - l '
In der folgenden Tabelle sind die aus dieser Formel mit
n«=2 berechneten Werthe von dt/ dp mit den Ergebnissen
der Versuche verglichen und die Werthe von n angegeben,
die sich ergeben, wenn man für dt dp den beobachteten
Werth einsetzt.
Versuche von Joule und Thomson.
Temperatur Beobachtet Berechnet w^IhTbtr F n
12,84 1,22 1,443 — 2,26
19,08 1,16 1,353 0,90 2,23
20,00 1.14 1,340 2,25
35,60 1,02 1,147 - 2,17
54,00 0,89 0,964 - 2,11
91,52 0,70 0,696 0,64 1,99
97,55 0,64 0,663 2,05
Zieht man in Betracht, dass die Zahlen, die man aus
der thermodynami8chen Formel mit Benutzung zuverlässiger
Zustandsgieichungen erhalt, keine bessere Uebereinstimmung
zeigen, so muss die Uebereinstimmung unserer Formel zu-
friedenstellend genannt werden. Des Vergleiches halber habe
ich die beiden Werthe, die van der Waals in seiner Schrift
über „die Continuität des gasförmigen und flüssigen Zu stan-
dee" berechnet hat, in der Tabelle angegeben. — Würden
wir die Versuche über Luft ebenso behandeln, so erhielten
wir etwas zu kleine Zahlen und für n etwa den Werth 1,8.
Da n bei Anwendung der Gl. (6) in vielen Formeln der Gas-
theorie auftritt, so werden wohl noch manche Beziehungen
2ur Berechnung von n verwerthet werden können, sobald hin-
reichende Beobachtungen vorliegen.
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346
A. Schleier niacher.
Aus allen angeführten Zahlen geht hervor, dass m./Wfc/r.i
jedenfalls den Haupttheil der Anziehung zweier Massentheil-
chen ausmacht. Die Differenzen zwischen n und 2 sind aber
auch zu geringfügig, als dass der Schluss gestattet wäre, dass
ausser diesem Gliede noch ein weiteres anzunehmen sei.
Ausserdem fanden die Abweichungen eine genügende Erklä-
rung in den gemachten Vernachlässigungen. Hierzu kommt
die interessante und gewiss von vielen erwartete Thatsache,
dass n sich gerade gleich 2 ergab. Bedeutet dies doch, dass
dasselbe Gesetz, das den Makrokosmos beherrscht, sich auch
im Mikrokosmos als gültig erwiesen hat. Ich spreche daher
das Ergebnis meiner Arbeit dahin aus, dass auch die klein-
sten Massentheile sich nach dem Newton'schen Gesetz an-
ziehen.
August 1888.
V. Ueber die Wärmeleitungsfähigkeit des Queck-
silberdampfes; ran A. Schleiermacher.
In einer Untersuchung über die Wärmeleitungsfähigkeit
der Gase Luft, Wasserstoff und Kohlensäure1) habe ich
Werthe erhalten, welche von den theoretisch berechneten
Werthen sehr beträchtlich abweichen. Nun kann man zwar
jede der vorliegenden Theorien mit den Beobachtungen in
Einklang bringen, indem man bestimmte Annahmen über
die Betheiligung der intramolecularen Energie an der Wärme-
leitung der zwei- und mehratomigen Gase macht Wenn
man aber die wohl am nächsten liegende Annahme einführt,
dass sich die intramoleculare Energie bei der Wärmeleitung
mit derselben Geschwindigkeit fortpflanzt, wie die moleculare
Energie, so liefert damit die von Hrn. Boltzmann ent-
wickelte Theorie grössere Werthe als die Beobachtung, die
Theorie des Hrn. O. E. Meyer dagegen zu kleine Werthe.
Da man nun die Annahme, dass die intramoleculare Energie
noch schneller tibertragen werde, als die moleculare, von
1) A. Schlciermachcr, Wied. Aun. 34. p. 623. 188*.
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Würmeleitungsfähigkeit, des Quechstiberdampfes. 347
vornherein als höchst unwahrscheinlich ausschliessen darf,
zag ich1) den Schluss, dass die von Hrn. Meyer hergeleitete
Theorie mit den Thatsachen unvereinbar sei. Eine endgültige
Entscheidung liefert die Ermittelung der LeitungsßLhigkeit
eines einatomigen Gases, da hier die erwähnten Annahmen
gegenstandslos und also ohne Einüuss auf den Vergleich von
Theorie und Beobachtung sind.
Daher unternahm ich den Versuch, die Leitungstätigkeit
des Quecksilberdampfes zu messen, und theile im Folgenden
die erhaltenen Resultate mit.
Durch den Vergleich der Leitungsfähigkeit des Queck-
silberdampfes mit derjenigen der anderen Gase durfte man
ferner auch Aufschluss darüber erwarten, in welchem Ver-
hältniss die intramoleculare Energie an der Wärmeieitung
der mehratomigen Gase theilnimmt.
Da die Leitungsfähigkeit des Quecksilberdampfes nur
bei Temperaturen oberhalb 180° bestimmbar ist, so wird
dadurch die Schwierigkeit der Messung vergrössert, und es
durfte kaum möglich sein, hier ebenso genaue Zahlen zu
erhalten, als bei anderen Gasen. Dasselbe gilt wohl auch
von der Bestimmung der Reibungsconstante, die ja bekannt
sein muss, um die Leitungsfälligkeit theoretisch berechnen
zu können. Doch glaube ich, dass die erhaltenen Resultate
genau genug sind, um wenigstens die erste der erwähnten
Fragen zur Entscheidung zu bringen.
Methode und Versuchsanordnung waren die gleichen,
wie bei den früheren Messungen. Nur der Apparat musste
insofern abgeändert werden, dass statt des Platindrahtes, der
sich in Quecksilberdampf sehr schnell amalgamirt, ein Nickel-
draht eingespannt wurde. Die Elcctrodendrähte bestanden
aus sehr feinem Neusilberdraht und waren mit Hartloth an
den Nickeldraht angelöthet. Zum Einschmelzen der Draht-
enden in den Glasapparat mussten freilich Platindrähte ver-
wendet werden, die an den Enden des Nickeldrahtes und der
Electrodendrähte angelöthet wurden. Diese Platinenden, sowie
die Neusilberdr&hte waren schwach verkupfert und an der
Luft ausgeglüht. Der so entstandene dünne Ueberzug von
Ii A. Scbleiennacher, 1. t\ p. <*,4(>.
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;U8
A. Schleiermacher.
Kupteroxyd genügte, um sie gegen Amalgamation zu schützen.
Die Dimensionen des Apparates sind:
Länge des Nickeldrahtes zwischen deu Elect roden 305,2 mm
Um den Quecksilberdampf in hinreichender Dichte und
doch in ungesättigtem Zustande untersuchen zu können,
dienten Bäder von siedendem Anilin (182,5°) und siedendem
Xy lidin (215,0°). Der Apparat war horizontal in einem 5 1
haltenden Kasten aus hart verlöthetem, starkem Eisenblech
befestigt. Eine eiserne Deckplatte, mit eingelegter Blei-
dichtung auf eine Flansche am oberen Rande des Kastens
verschraubt, schloss diesen dampfdicht ab. In den Deckel
sind zwei Rohrstutzen eingelöthet und in diese Glasröhren
eingekittet, welche als Rückflusskühler dienten. Durch das
eine Kühlrohr führte das den Apparat mit der Pumpe ver-
bindende Glasrohr. Auch die vier Zuleitungsdrähte zu dem
Nickeldraht und den Electroden liefen durch die Kühler.
Ausserdem hing noch in jedem ein in die Flüssigkeit ein-
tauchendes Thermometer, um daran die Constanz der Siede-
temperatur controliren zu können. Durch Reguliren der
fünf unter den Kasten gesetzten Brenner gelang es leicht,
das Sieden der Flüssigkeit so gleichmässig zu erhalten, dass
sich der Dampf in den Kühlröhren lange Zeit immer bis
zur gleichen Höhe erhob. Um die Berührung des Dampfes
mit der Luft und die dabei stattfindende Veränderung der
Flüssigkeit möglichst einzuschränken, waren die Kühler am
oberen Ende mit Watte verstopft.
Widerstand des Drahtes bei 0° und Temperaturcoefficient
der Widerstandsänderung wurden ebenso wie früher bestimmt.
Der letztere erwies sich auffallend stark mit der Temperatur
veränderlich. Der Temperaturcoefficient beträgt nämlich
zwischen:
Danach wurde zur Berechnung gesetzt : a — 0,023000
+ Ü,Ü5587 t.
Durchmesser des Drahtes ....
Wideretand bei 0°
Lichter Durchmesser des Glasrohres
Dicke der Glaswand
0,284 mm
0,6362 S.-E.
18,2 mm
0,8 mm.
0-18 0—55 0—100 0—138 0—215°
0,0,310 0,Oa826 0,0,3583 0,0,383 0,0,4262.
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Wärmeleititiiysfäkigkeit des Qncchiilber dampf vs. 340
Zur Messung der allein durch die Strahlung übertragenen
Wärme wurde der Apparat bei 250° und unter häufigem
Ausglühen des Drahtes möglichst gut ausgepumpt und blieb
während der Beobachtungen mit der Pumpe in Verbindung.
Tab. I enthält die Werthe der ausgestrahlten Wärmemengen
in Grammcalorien für die Temperaturdifferenzen t — t' zwi-
schen Draht und Umhüllung (Bad).
Tabelle I.
/=0° ■ f = 100° /=215°
t-t S t-f 8 t-f 8
11.91° 0,000 532 7,78° 1 0,000 930 5,10° 0.001518
13,16 583 8,64 1 163 5,78 1 792
16,18 739 11,14 1 362 7,57 2 299
19,57 89H 17,54 2 197 8,66 2 832
23,23 1 103 29,88 4 077 15,97 5 060
34,39 1 742 40,53 5 717
Aus diesen Zahlen konnten die Werthe der Strahlung
fur f'= 182,5°, soweit sie zur Berechnung der im Anilinbad
angestellten Wänneleitungsyersuche erforderlich waren, hin-
länglich genau ermittelt werden.
Dem neuerdings von Hrn. H. F. Weber1) aufgestellten
Strahlungsgesetz entsprechen die Beobachtungen am Nickel-
draht nicht so gut als die früheren an Platindrähten. Be-
rechnet man die von Hrn. Weber mit C bezeichnete Con-
stante für die drei Temperaturen, bei denen der Nickel-
draht untersucht wurde, so erhält man die Mittelwerthe :
C0= 1CM. 2,16; C100= 10-«.3,29; C216 = 10"rt. 4,18. Ein
Wachsen dieser Grösse mit der Temperatur zeigen übrigens
auch die beiden zuletzt von mir untersuchten Platindrähte,
aber in viel geringerem Maass als der Nickeldraht. Es
ergibt nämlich Platindraht I C„ = 10-«. 3,41; Cl00=> 10"«. 3,88,
und Platindraht II C0 = 10"fl.4,42; C100 = 10-«. 5,14. Eine
Äenderung des „Temperaturcoefficienten a" hebt die Incon-
stanz von C bei dem Nickeldraht nicht. Es muss also wei-
teren Untersuchungen überlassen werden, die Ursache der
vorliegenden Abweichungen aufzuklären.
l) H. F. Weber, Ber. d. Berl. Akad. 37. p 933. 1888.
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350
A. Schleiermacher.
Die Bestimmung der Wärmeleitungsfähigkeit wurde an
drei verschiedenen Füllungen des Apparates mit Quecksilber-
dampf ausgeführt. Der Druck des Dampfes, aus den einge-
führten Quecksilbermengen berechnet, betrug bei der ersten
Füllung pl = 10,3 mm für 215°; bei der zweiten Füllung
Pt = 3,2 mm für 215° und 3,0 mm für 182,5°; bei der dritten
Füllung />;}=7,0 mm für 215° und 6,6 mm für 182,5°. Da
diese Drucke höchstens zwei Drittel des Sättigungsdruckes
erreichen, welcher bei 215° 29 mm und bei 182,5° 10 mm be-
trägt, darf man wohl annehmen, dass der Dampf stets aus isolir-
ten Atomen bestand. Uebrigens haben die Herren Kundt
und War bürg die Einatomigkeit des Dampfes auch für den
gesättigten Zustand bewiesen.
Zur Füllung des Apparates wurde die abgewogene
Quecksilbermenge in das geschlossene Ende eines knieformig
gebogenen und seitlich an das Verbindungsrohr von Apparat
und Pumpe angesetzten Schliffstückes gebracht. Nachdem
der Apparat unter Erwärmung vollkommen evacuirt und
wieder abgekühlt war, Hess man durch Drehen des Schliff-
sttickes das Quecksilber in den Apparat einfallen. Eine Stelle
des Verbindungsrohres nahe am Apparat, die zu einer dick-
wandigen Capillare verengt war, wurde dann bis fast zum Er-
weichen erhitzt und, nachdem das Vacuum nochmals geprüft
war. abgeschmolzen.
In der folgenden Tabelle sind die Ergebnisse der Mes-
sungen zusammengestellt. Die römischen Ziffern beziehen
sich auf die Füllungen, t — t' ist der Temperaturüberschuss
des Drahtes und Lj(t — t') sind die durch Leitung übertrage-
nen Wärmemengen für die Einheit des Temperaturüber-
schusses, also der Leitungsfähigkeit proportionale Grössen.
Tabelle II.
t =
182,:>°
/
= 215°
t-t
T. \t- t\
t-t
/..(/->)
1.
10,04 0
0,000 *S2
I.
12,06°
900
II.
7,04 "
0,000 «02
6,46°
896
II.
10.23 n
*80a
9,34 "
897
II.
11,54°
900
III.
6.98°
820
0,61 "
S77
III.
10,20°
öl8
y,4f> "
H8S
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Wärmeleituiit/xßihiifheit des Quechsilberdawpfts. 35 1
Der Einflu88 von Strömungen, der der Dichte propor-
tional sein würde, tritt hinter den Beobachtungstehlern ganz
zurück. Aus dem Mittelwerth aller Bestimmungen erhält
man die Wärmeleitungsfthigkeit bei der mittleren der Tem-
peraturen *' + (/- 0/2:
k = 0,0 4 1846 g/cm . sec. bei 203°.
Luft und Wasserdampf, die sich während der Messung
?on der Glaswand des Apparates abgelöst haben könnten,
würden die Leitungsfähigkeit erhöhen, und zwar müssten z. B.
die Werthe um so mehr gefälscht sein, je geringer die Dichte
des Quecksilberdampfes ist. Davon lassen die Zahlen nichts
erkennen, indem eine regelmässige Abhängigkeit von der
Dichte, wie bereits erwähnt, überhaupt nicht hervortritt.
Einer Correction wegen der Glasleitung1) bedürfen die Zah-
len nicht, da die übergeführten Wärmemengen zu gering sind.
Der Teroperaturcoefficient der Leitungsfähigkeit, aus den
Mittelwerthen für 182,5° und 215° berechnet, ergibt sich zu
7 = 0,0074. Wenn man auch die Genauigkeit dieser Zahl
wegen der relativ grossen Beobachtungsfehler und des gerin-
gen Temperaturintervalle8, aus dem sie abgeleitet ist, nicht
zu hoch schätzen darf, so mag doch darauf hingewiesen wer-
den, dass sie sich nicht allzuweit von dem von der Theorie
verlangten Werth entfernt. Bei einatomigen Gasen mit con-
stanter spezifischer Wärme sollte nämlich die gleiche Ab-
hängigkeit von der Temperatur für die Leitungsfähigkeit,
wie für die Reibungsconstante bestehen. Aus seinen Mes-
sungen der Reibungsconstante des Quecksilberdampfes hat
Hr. S. Koch2) die Aenderung der Constante mit der Tem-
peratur durch die Formel dargestellt: jt* » a0(l + af)1,6>
worin a = 0,003 665. Drückt man die Abhängigkeit der
Leitungsfähigkeit von der Temperatur durch eine ähnliche
rationelle Formel aus, so erhält man als Werth des Expo-
nenten 1,4.
Nach Beendigung der Versuche mit Quecksilberdampf
war es meine Absicht, durch einige Bestimmungen der Lei-
1) Schleiermacher, I. c. p. 64<».
2i S. Koch. Wied Ann. 19. p. *70. 18«3.
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3.V2 A. Schleier macher.
tungsfähigkeit der Luft bei 0° die Messungen mittelst des
jetzigen Apparates an die früheren Messungen anzuschliessen.
Leider zerbrach der Apparat, ehe ich diese naheliegende
Vervollständigung meiner Arbeit ausführen konnte, und von
der Herstellung eines neuen Apparates sah ich vorerst ab,
da der angedeutete Zweck damit doch nicht erreicht werden
konnte.
Wir haben nunmehr den für die Leitungsfähigkeit des
Quecksilberdampfes gefundenen Werth mit den Forderungen
der Theorie zu vergleichen. Alle bisher entwickelten Theorien
kommen in ihrem Endresultat dahin überein, dass die Lei-
tungsfähigkeit k eines einatomigen Gases proportional ist
dem Product aus der Reibungsconstante rt mit der specifischen
Wärme bei constantem Volumen c{,, sodass also der Quotient
kjtf . cv für alle einatomigen Gase den gleichen Werth besitzt.
Dieses Resultat ist unzweifelhaft richtig; es steht damit in
Einklang, dass erfahrungsgemäss sich die Leitungsfälligkeit
der Gase ebenso wie die Reibungsconstante als unabhängig
vom Druck erweist Nur in dem numerischen Werth des
Quotienten gehen die Theorien auseinander und in diesem
Punkt sind sie also durch die Beobachtung zu prüfen. Die
Boltzmann'sche Theorie ergibt diesen Werth =2,5, wenn
die Hypothese eingeführt wird, dass die Molecüle abstossende
Kräfte aufeinander ausüben, welche der umgekehrten fünften
Potenz der Entfernung proportional sind. Die Entwicklung
des Hrn. O. E. Meyer führt auf den Werth 1,58. Für den
Quecksilberdampf lasst sich die specifische Wärme cv aus
dem von den Herren Kundt und War bürg ermittelten
Verhältniss der beiden specifischen Wärmen berechnen zu
0,01485. Die Reibungsconstante ist nach den Messungen
von Hrn. S. Koch /, = 0,03 162 (1 + 0,003 665 tf*>. Hieraus
ist der Werth von n für die Temperatur 203° zu berechnen,
resp. zu extrapoliren, da die Beobachtungen nur das Tem-
pcraturintervall 270— 380° umfassen. Man erhält tjxn o=0,0s895.
Aus diesen Zahlen ergibt sich der Werth des Quotien-
ten k/tj.cv zu 3,15, d. h. mehr als doppelt so gross, als der
Werth 1,53 der Meyer'schen Theorie. Damit ist also be-
wiesen, dass diese Theorie zu einem mit der Erfahrung un-
vereinbaren Resultat führt
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WärmeUitungsßLhigkeit des Quecksilberdampfes. 353
Weniger entscheidend ist der gefundene Werth von
k tj.c, in Bezug auf die Gültigkeit der Boltz mann' sehen
Theorie. Er ist freilich um nahe 25 Proc. grösser, als diese
Theorie verlangt, aber es mag dahingestellt bleiben, ob die
Abweichung nicht auch durch die relativ grossen ßeobach-
tungsfehler bei der Bestimmung sowohl der Leitungsfähig-
keit als anch der fleibungsconstante erklärt werden kann.
Die folgenden Betrachtungen machen mir allerdings wahr-
scheinlich, da8s der gefundene Werth 3,15 eher zu klein als
zq gross ist, und dass daher auch der Boltzman n'sche
Werth nicht den Thatsachen entspricht.
Für die Wärmeleitung der mehratomigen Gase führt die
Theorie nicht unmittelbar zu einem bestimmten Ergebniss;
man hat hier zunächst eine Annahme über die Betheiligung
der intramolecularen Energie an der Leitung zu machen,
über deren Berechtigung zur Zeit nur der Vergleich mit den
Beobachtungen einen Anhalt liefert. Eine der möglichen
Annahmen ist die, dass innere und progressive Energie sich
in demselben Verhältniss an der Wärmeleitung betheiligen,
indem sie in dem überall gleich temperirten Gas stehen.
Diese Annahme werde mit (1) bezeichnet. Sie führt für die
Wärmeleitungsfahigkeit aller Gase auf den Ausdruck A=y. rt.cV}
wo y eine Constante. Nach einer anderen Annahme (II),
die einen zweiten Grenzfall darstellt, geschieht die Ueber-
tragung der Wärme allein durch die progressive Energie der
Molecule. Hiernach hat man statt der speeifischen Wärme
welche der gesammten Energie der Molecüle H propor-
tional ist, eine Grösse einzuführen, welche der fortschreiten-
den Energie K proportional ist, also statt cv zu setzen
<-,.KjH. Da K\H= }.(x — 1) , wenn x = cpjcv1 so ist
also c9 durch ] . (x — 1 ) cv zu ersetzen , und man erhält
* = j«7(x — \)cv.rh Für ein einatomiges Gas führen beide
Ausdrücke, da |(x — 1) = 1 sein muss, auf denselben Werth.
Ergibt sich nun aus den Beobachtungen ^ = A/?;.cw für alle
Gase gleich und so gross, wie für den Quecksilberdampf, so
hat man sich für die Annahme (I) zu entscheiden. Ist da-
gegen der Quotient q — k f (|(x — 2) . c0 . >j) bei allen Gasen
gleich und gleich dem für Quecksilberdampf, so ist damit
die Richtigkeit der Annahme (II) bewiesen. Es kaflu aber
•Vnn. d. Phj». n. Ctaem. N. F. XXXVI. 23
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354 A. Schleier macher .
auch drittens der Fall sein, dass keine der beiden Annahmen
durch die Beobachtung bestätigt wird: wenn nämlich die
innere Energie an der Leitung theilnimmt, aber in geringerem
Maass, als es die Annahme (I) verlangt. In diesem Fall
wird der Werth des ersten Quotienten kleiner, der des zwei-
ten grösser sein müssen, als beim Quecksilberdampf. Nach-
stehend sind die Quotienten für die vier von mir untersuch-
ten Gase zusammengestellt; von den zur Berechnung er-
forderlichen Zahlen sind die Reibungsconstanten den Beob-
achtungen des Hrn. von Obermayer1), die specifi sehen
Wärmen und die Verhältnisse der beiden speeiüschen Wär-
men einer Zusammenstellung des Hrn. Wüllner2) ent-
nommen.
Tabelle III.
k i? cv x (Ii (Iii
Quecksilber 203° 0,04185 0,09394 0,01485 1,66.. 3,15 3,15
Luft 0° 0,04562 0,0,1678 0,1690 1,405 1,08 3,26
Wasserstoff 0° 0,0,410 0.04861 2,461 1,385 1,94 3,35
Kohlensäure 0° 0,0,327 0,0,1383 0,1489 1,311 1,59 3,40
Hieraus ergibt sich, dass der nach der ersten Annahme
berechnete Quotient durchaus nicht constant ist. Diese
Annahme ist daher abzuweisen. Dagegen wird für die drei
mehratomigen Gase die Hypothese (II) recht gut bestätigt:
die Abweichungen bei den einzelnen Gasen von dem* Mittel-
werth 3,84 sind ganz unerheblich; andererseits beträgt die
Differenz zwischen diesem und dem für Quecksilberdampf
gefundenen Werthe nur 6 Proc. Man könnte die Differenz
den unvermeidlichen Beobachtungsfehlern zuschreiben, man
könnte den Grund der Abweichung aber auch darin sehen,
dass bei den mehratomigen Gasen die intramoleculare Energie
in geringem Maasse, weit weniger, als es die Annahme (I)
fordert, zur Wärmeleitung beiträgt. In jedem Falle ergibt
sich als Resultat unserer Vergleichung, dass bei den Gasen
Luff, Wasserstoff und Kohlensäure die Wärmeleitung im wesent-
lichen in der Uebertragung von nur progressiver Energie besteht.
Dasselbe wie die eben mitgetheilte Berechnung lehrt
auch die Betrachtung der relativen Leitungsfähigkeiten in
1) A. v. Obermayer, Wien. Ber. 78. II. Abth. p. 433. 1876
2> A". Wüllner, Wied. Ann. 4. p. 321. 1678.
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yVärmeleihinijsfahiijhvU (Its Qiteckatibertfampjes. Hob
Bezug auf Luit. Nach An Dahme (1) sollen diese gleich
sein dem Verhältniss ijc/i/c,', nach Annahme (II) gleich
n (x — t}'[x' — \)cv', wo sich die Buchstaben mit Index
auf Luft beziehen. Die betreffenden Werthe sind in der
folgenden Uebersicht mit den durch die Beobachtung erhaltenen
Werthen zusammengestellt. Wie früher sind die Zahlen
beim Quecksilberdampf für 203°, bei den anderen Gasen
fur 0° berechnet. Der beobachtete Werth für Wasserstort
ist mit beiden Annahmen gleich gut verträglich, aber die
Zahlen für Kohlensaure und namentlich für Quecksilber-
dampf sind nur mit Annahme (II) vereinbar.
Tabelle IV.
Quecksilber Wasserstoff Knhlensuurt!
(Ii 0,135 7,47 0,7-ji;
(II) 0,209 7,10 0,.V»7
beobachtet 0,223 7,30 0,.V<1
Es soll nun nicht behauptet werden, dass für alle Gase,
namentlich für solche mit compiieirteren Molecülen, die
Annahme (II) ebenso genau, wie für die oben angefühlten
Gase, gültig sei. Von denjenigen Gasen, deren Leitungs-
tätigkeit von Hrn. Winkel mann1) beobachtet ist, lassen
sich noch drei, Kohlenoxyd, Stickoxydul und Aetbylen, der
Vergleichung unterwerfen, da für sie die erforderlichen
Grössen bekannt sind. Für dieselben ist in der folgenden
Zusammenstellung das Ergebniss der Berechnung der Quo-
tienten (I) und (II), sowie die dabei benutzten Weithe von
*, c, und x angeführt. Die Grössen rh r„ und x sind
wieder den bereits genannten Quellen entnommen. Um
Zahlen zu erhalten, welche mit den früher angeführten ver-
gleichbar sind, habe ich, da die Winkelmann'schen Be-
stimmungen der Leitungsfahigkeiten kleinere Werthe ergaben
ils die meinigen, an jenen eine Correction angebracht, deren
betrag nach den Differenzen unserer Beobachtungen für
Luft und für Kohlensäure bemessen ist.
1) A. Winkelmann, Pogg. Ann. K»6 p. 497. Im7*»
23*
A. Schtciermacher.
Tabelle V.
Kohlenoxyd 0,0449» 544 0,0,1625 0,1729 1,403 1,94 3.20
Stickoxydul 0,04350 376 0,0,1353 0,1513 1,311 1,84 3,94
Authylen 0,04395 427 0,04922 0,2701 1,245 1,71 4,66
Die Zahlen unter (I) zeigen zunächst, dass auch für
diese Gase die Annahme (I) nicht richtig sein kann, da
dieselben weit unter dem für Quecksilberdampf erhaltenen
Werth bleiben. Dagegen schlieast sich der nach (II) be-
rechnete Werth für das Kohlenoxydgas recht gut den früher
gefundenen an, und es scheint also dieses (ras ebenfalls dem
oben ausgesprochenen Satz zu folgen. Grösser sind die
Werthe für Stickoxydul und namentlich für Aethylen, sodass
man hier die Fortpflanzung auch intramolecularer Energie
bei der Wärmeleitung anzunehmen hat.
Eine weitere Entscheidung zwischen den beiden An-
nahmen müsste die Untersuchung der Temperaturcoefficienten
der Wärmeleitung liefern bei Gasen, bei welchen sich sowohl
cv als cpjcv mit der Temperatur ändern. Von den von mir
untersuchten Gasen würde hierfür nur Kohlensäure in Be-
tracht kommen. Man wird indessen dem Resultat der Ver-
gleichung keine grosse Bedeutung beilegen können, da, wie
bereits in der früheren Abhandlung hervorgehoben, die zu
Grunde zu legenden Zahlen noch zu wenig gesichert sind,
und sich ausserdem bei der Aenderung der Leitung mit der
Temperatur Einflüsse geltend machen können, die bis jetzt
zu wenig untersucht sind. Es sei daher nur angeführt, dass
sich der für die Wärmeleitung der Kohlensäure gefundene
Temperaturcoelficient der Annahme (I) besser anschliessen
würde, als der Annahme (II).
Die im Vorstehenden gezogenen Schlussfolgerungen be-
halten natürlich nur dann Gültigkeit, wenn unzweifelhaft ist,
dass die Wärmeübertragung in einem Gase nur vermöge der
Bewegung seiner Molecüle stattfindet. Würde dagegen gleich-
zeitig auch Wärme durch die „innere Strahlung" der Mole-
cüle übergeführt, so wäre eine Prüfung der kinetischen
Theorien durch die Beobachtung auf dem eingeschlagenen
Wege nicht möglich. Die Uebereinstimmung aber, welche
die Vergleichung bei den vier Gasen Luft, Wasserstoff,
uigmze
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Wärmehihinfjsfähifjkeit de» Quecksilherdampfes. 357
Kohlenoxyd und Kohlensäure ergeben hat, beweist doch wohl,
dass bei diesen die innere Strahlung keinesfalls beträchtlich
zur Wärmeübertragung beitragt, da sich ja die Kohlensäure,
bei der man infolge ihres merklichen Absorptionsvermögens
am ersten die Mitwirkung der inneren Strahlung vermuthen
sollte, nicht von diathermanen Gasen unterscheidet. Ueber
das Absorptionsvermögen des Quecksilberdampfes ist freilich
nichts bekannt; es könnte also behauptet werden, dass in
dem ermittelten Werthe der Leitungsfähigkeit noch ein der
inneren Strahlung zuzuschreibender Antheil enthalten sei.
Auch aus diesem Grunde will ich daher unentschieden lassen,
ob das fur den Quecksilberdampf gefundene Resultat gegen
die Richtigkeit der Boltzm an n'schen Theorie beweisend ist.
Dagegen bleibt gewiss, dass die Abweichung des gefundenen
Werthes von der Meyer' sehen Theorie nicht durch die
innere Strahlung erklärt werden kann. Wenn deren Einfluss
so gross sein sollte, müsste er in einer sehr bemerklieben
Abhängigkeit des scheinbaren Leitungsvermögens von der
Dichte des Dampfes und von der Temperatur des Drahtes
zum Ausdruck kommen, und hiervon lassen die Beobach-
tungen nichts erkennen.
Die mitgetheilten Schlussfolgerungen würden auch dann
zweifelhaft werden, wenn sich der von den Herren Lummer
und Pringsheim1) neuerdings mitgetheilte Werth des Ver-
hältnisses der beiden specitischen Wärmen der Luft als richtig
bestätigen sollte. Vor allem würde dann in Frage gestellt,
ob der Quecksilberdampf, der nach seinen chemischen Eigen-
schaften unbezweifelbar einatomig ist, sich auch in seinen
thermischen Eigenschaften wie ein einatomiges Gas verhält
Karlsruhe, im October 1888.
1) 0. Lummer u. E. Fringsheim, Verhandl. d. phys. Berlin
m. P. 136.
358
C. Hfi ms.
VI. Die Zähigkeit der Gase bei hrtteii
Temperaturen1); von Carl Harun,
(liierst T*r. VII Flg. 1-11.)
I. Einleitung.
1. In vorliegender Arbeit versuche ich die Zähigkeits-
änderungen der Gase dadurch zu ermitteln, dass ich dieselben
durch heisse, resp. durch glühende Platincapillaren transpi-
riren lasse. Es bietet aber sowohl die Herstellung sowie die
weitere Behandlung langer, befriedigend fehlerfreier Metallcapil
laren viele Schwierigkeiten. Ich beobachtete daher meistens
mit Röhren von ein drittel bis über einen halben Meter Länge,
und zwar fing ich mit einem Kaliber an, für welches das
Poi seu i 11 e-M ever 'sehe Gesetz bei niederen Temperaturen
nicht, wohl aber bei hohen Temperaturen wegen der be-
deutend verlangsamten Strömung galt. Solche Röhren zog
ich dann successive zu dünneren Durchmessern heraus, bis
sich schliesslich ein Kaliber herausstellte, das dem besagten
Gesetz sowohl bei niederen wie auch bei hohen Tempera-
turen entsprach. Dieses ist der chronologische Gang meiner
Arbeit. In der Ausarbeitung gedenke ich mich nicht weiter
daran zu halten.
2. Die Literatur des Gegenstandes ist wohl hingläng-
lich bekannt. Insbesondere hat Hr. O. E. Meyer sowohl
in seinen Originalarbeiten2), sowie auch in seinem Buche3)
die Thatsachen vielfach erforscht und zusammengestellt. Unter
anderen hat auch in neuerer Zeit Hr. S. W. Hol man4) sämmt-
liche Arbeiten einem kritischen Vergleiche unterzogen. Ich
kann mich daher auf wenige Notizen beschränken.
1) Mit Genehmigung des Directors der U. S. Geological Surrey.
Hrn. Major J. H. Powell, mitgetheilt. Eine vorläufige Notiz über diese
Arbeit findet sich im Amer. Journ. (3) 35. p. 407. 1888.
21 0. E. Meyer, Pogg. Ann. 127. p. 253. 353. 1866.
3) 0. E. Meyer, Die kinetische Theorie der Gase p. 123 ff. Breslau
1877.
4) S. \V. Hol man, Proc. Am. Acad. 21. p. 1. 1886; Phil. Mag.
(.rM 21. p. 199. 18?s6
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Zähitjkeit der Gase.
3f)9
Nachdem die grundlegenden Arbeiten Graham's1) er-
schienen, und die moleculare Weglange durch Clausius3)
in die Wissenschaft eingeführt worden war, gelang es Max-
well9), aus Stokes'schen*) Zahlen für die Zähigkeit der Luft die
mittlere freie Weglänge zu berechnen. Maxwell ging weiter,
indem er versuchte, auch die thermischen Verhältnisse dar-
zustellen, gelangte jedoch zu Resultaten, welche, obgleich
mit der Coulomb'schen Schwingungsmethode experimentell
bestätigt *) , von späteren Forschern nicht wiedergefunden
wurden. Durch Verbesserungen dieser Methode erhielten
zwar Meyer8), sowie Puluj7), indem er einen Kundt-
Warburg'schen Apparat gebrauchte, Werthe, die unter sich,
sowie mit den Daten anderer Methoden H) besser, man kann
sagen befriedigend im Einklang sind. Einen besonderen
Staadpunkt bewahrt die kritisch eingehende Arbeit Schu-
mann's.9) Indessen ist doch der wichtigen Arbeit Meyer's10),
in welcher er den theoretischen Ergebnissen yon Stokes11)
oder Stefan 1S) folgend, die Transpiration der Gase genau
ableiten konnte, als der wesentlichste Fortschritt auf diesem
Gebiete anzusehen. Meyer entwickelte dabei eine dem Poi-
seuille'-13) und Hagen'schen 14) Gesetze sehr ähnliche
Gleichung, welche letztere durch Stokes15) und andere
1) Graham, Phil. Trane. Lund. p. 573. li*46; ibid. p. 849. 1849;
Lieb. Ann. 76. p. 138. 1850.
2) Clausius, Pogg. Ann. 105. p. 239. 1858.
3) Maxwell, R?p. Br. Assoc. 1859. (2) p. 9; Phil. Mag. (4) 1».
p. 19. I860. Cf. ibid. 20. p. 21. 1860.
4) Stokee, Fortschritte d. Phys. 1850-1851. p. 101; PhU. Mag. (4)
1. p. 337. 1851.
5j Maxwell, Phil. Trans. 156. p. 249. 1866.
6) O.E. Meyer, Pogg. Ann. 125. p. 177. 1865; 148. p. 14. 1871.
7) Puluj, Wien. Ber. 73. (2) p. 589. 1876.
8) Cf. O. E. Meyer, Sitzungsber. d. Kgl. Bayer. Acad. 1887. p. 361.
9) Schamann, Wied. Ann. 23. p. 353. 1884.
10) 0. E. Meyer, Pogg. Ann. 127. p. 367. 1866.
U) Stokes, Cambridge Phil. Trans. 8. p. 287. 1847.
12) Stefan, Wien. Ber. 46. II. Abth. p. 8. 1862.
13) Poiseuille, Mem. Sav. ßtrang. 0. p. 433. 1846; Ann. de chiin.
«t de phys. (3) 7. p. 50. 1843.
14) Hagen, Abh. d. Ber!. Acad. 1854. p. 17.
15i Stokes, 1. c.
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360
C. Bums.
(Neumann, G. Wiedemann, Hagenbach, Stefan,
v. Helmholtz) hinlänglich discutirt worden ist. Es gelang
Meyer1), indem er die Versuche von Graham interpretirte,
später zum Theil in Gemeinschaft mit Springmühl *)
die sicheren Resultate für die thermischen Verhältnisse
der Gaszähigkeit zu erhalten. Seitdem haben sich, sowohl
durch Vervollkommnung des Apparates, sowie der Methoden
Puluj8), v. Obermayer4), E. Wiedemann5), Warburg°i
und besonders Schumann und Holman7) um die weitere
Bearbeitung des Gegenstandes mit Erfolg bemüht
Ich füge hier noch hinzu, dass, wie man einerseits die
Strömungsverhältnisse den obigen Arbeiten gemäss bei wirk-
lichen (langen) Capillaren kennt, man ebenfalls mit Na vier8)
den Austiuss bei sehr kurzen Röhren als theoretisch gegeben
ansehen kann. Complicirter und noch Verhältnis smässig wenig
bearbeitet ist der Gegenstand bei Röhren zwischenliegender
Dimensionen. Doch haben Guthrie9) und besonders O.
Reynolds10) und Hoffmann11) für diese Fälle eingehende
Untersuchungen angestellt.
Die vorliegenden Arbeiten beziehen sich hauptsäch-
lich auf niedere Temperaturen. Allerdings ging v. Ober-
mayer in seinen späteren Arbeiten (Bleicapillaren) bis 280°-
Holman untersuchte bei Kohlensäure bis 224° und bei Luft
bis 124°. E. Wiedemann bediente sich der Dampfbader
des Wassers (100°) und des Anilins (185°). Sollen aber die
thermischen Verhältnisse der Gaszähigkeit weiter erörtert
werden, sollen eventuell die Resultate als sogar zu pyro-
1) O. E. Meyer, Pogg. Ann. 127. p. 367. 1866.
2) Meyer u. Springmühl, Pogg. Ann. 148. p. 503. 1873.
3) Puluj, Wien. Ber. 69. p. 287. 1874; 70. p. 243. 1874.
4) v. Obermayer, Wien. Ber. 71. p. 281. 1875; 7S. p. 433. 1S76.
5) E. Wiedemann, Fortschr. d. Phys. 82. p. 206. 1876.
6) Warburg, Pogg. Ann. 159. p. 403. 1876.
7) Holman, Proc. Am. Acad. 12. p. 41. 1876; 21. p. 1. 1886.
8) Na vi er, M6in. Ac. Roy. de Sc. 9. p. 336. 1830.
9) Guthrie, Phil. Mag. (5) 6. p. 433. 1878.
10) Reynolds, Roy. Inst, of Great Brit 1884. p. 1; Beibl. 10.
217. 1886.
11 j Hoffmann, Wied. Ann. 21. p. 470. 1884.
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Zähiykeit der ^^^/jpQ^ ^ ^
metrischen Zwecken verwendbar werden, so ist es geboten,
das Temperaturintorvall über 300° hinaus, soweit als mög-
lich in das Gebiet der Weissglühhitze hinein, auszudehnen.
Man muss eben versuchen, einerseits die Molecularaggre-
gation1), andererseits die Dissociation vermeidend, dem Zu-
stand des vollständigen Gases näher zu kommen. Diese
Aufgabe habe ich mir gestellt
n. Transpirationen, welche dem Poiseuille-Meyer'schen
Gesetz genügen.
Apparate.
3. Die grosse Vollkommenheit, welche Prof. R. H. Ri-
chards *) in seinen hydraulischen Saugapparaten erreicht
hat liesse die Anwendung derselben, z. B. wie durch Hol-
man, bei Versuchen dieser Art als wünschenswerth er-
scheinen. Ich zog es jedoch vor, mit Quecksilberüberdruck
zu arbeiten, hauptsächlich deswegen, weil sich dadurch ab-
solute Bestimmungen leichter ausführen lassen, und weil man
im Stande ist, die Gasmasse sowohl vor dem Eintritt, wie
nach dem Austritt aus der Capillare zu messen. Es lässt
sich also über den Verlauf des ganzen Versuches eine Ueber-
sicht erzielen.
In meinem Apparate tritt das Gas bei einem gegebenen
constanten, zwischen 1 bis 2 Atmosphären gelegenen Druck
ein und fliesst nahezu bei Atmosphärendruck ab. Der Ap-
parat selbst hat Aehnlichkeit mit der Quecksilberluftpumpe
und besteht wesentlich aus zwei grösseren, mit starkem
Schlauch verbundenen Behältern. Von diesen war dem einen
(Gasbehälter) eine feste, mittlere Lage gegeben. Der andere
Hess sich an demselben Stativ auf und nieder bewegen und
in beliebiger Lage tief oder hoch befestigen. Ist der
feste Recipient mit trockenem Gas gefüllt, enthält der
obere Recipient hingegen eine auf dieses Gas drückende
Quecksilbermasse, so fliesst das Gas bei geöffneten Hähnen
1) Natanson, Wied. Ann. 83. p. 683. 18»8.
2) R.H. Richards, Amer. Jonrn. m S. p. 200. 1S7<>; Trans. Amer.
Inst. Mining Engineers 6. p. 492. 1879.
des ersteren durch die Capillare unter messbaren Bedin-
gungen aus. Es ist indess nöthig, hier auf einige wichtige
Einzelheiten aufmerksam zu machen. Zuerst handelt es
sich darum, den Druck hinlänglich constant zu erhalten.
Zu diesem Zwecke fungirt der obere Behälter als Ma-
riotte'sche Flasche besonderer Art; während das Queck-
silber durch den U-förmig hängenden Schlauch langsam, fast
tropfenartig vom Scheitelpunkt des unteren Recipienten in
denselben hineinfällt. Das untere Niveau der Säule bleibt
daher bis zur Grasentleerung, resp. Quecksilberfüllung genü-
gend constant. Der Gebrauch der Mariotte'schen Flasche
bei schwerer Flüssigkeit erheischt grössere Vorsicht. Indessen
lässt sich dieselbe doch verwenden, wenn man die verticale,
in die Flüssigkeit eintauchende Röhre unten capillar aus-
zieht, sehr schräg und scharf abschleift, dass die Luft ge-
wissermassen durch einen feinen seitlichen Spalt in ganz
kleinen Bläschen tönend hineintritt. Besser noch bewährt
sich eine Anzahl solcher Risse von gleicher Höhe.
Um die Constanz des Druckes im Gasbehälter zu con-
troliren, resp. den Druck zu messen, ist daselbst ein offenes,
mit Kathetometer abzulesendes Quecksilbermanometer ange-
bracht. Auch sind Sperrvorrichtungen vorhanden, vermittelst
welcher der besagte Behälter nach der Entleerung wieder
mit getrocknetem Gas gefüllt werden kann, während das
Quecksilber zur Mariotte'schen Flasche zurückfliesst. Der
Versuch kann also beliebig oft wiederholt werden; zugleich
tiiesst bei jedem Versuche das in dem unteren Behälter ent-
haltene Luftquantum, resp. ein bestimmter Theil desselben
bei bekannten Druck- und Temperaturverhältnissen durch
die Capillare.
Es wäre noch der Lage des Thermometers etc. im Gas-
behälter zu gedenken. Doch kann ich die weitere Beschreibung
des dem arbeitenden Physiker leicht verständlichen Apparates
übergehen. Ich füge noch hinzu, dass nach vollendeter Con-
struction Druckänderungen sich kaum mehr am Manometer
nachweisen Hessen. (Vgl. die Tabellen.)
4. Von grösserem Belang ist die Beschreibung des
Capillarapparates. Derselbe ist in den Figuren 1 und 2 in
Vertical- und Horizontalschnitt dargestellt. Stativ und der-
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Zähigkeit der Gast
gleichen sind weggelassen. Vorausschicken möchte ich, wie
bereits angedeutet, dass man den Apparat zur Ausführung
der Zähigkeitsmessungen in dreierlei Weise gebrauchen kann:
1. durch Ermittelung der Ausflusszeit gegebener Volumina
Gas im Gasbehälter durch die Capiüare (Messungen vor der
Capillare); 2. durch Ermittelung der Volumina, welche in
gegebenen Zeiten die Capillare verlassen (Messungen hinter
der Capillare); 3. durch Differentialmessungen, gleichzeitig
bei je zwei Temperaturen. Von diesen Methoden ist die
erste im allgemeinen nicht so bequem wie die zweite, weil
die Volumina im Behälter gross sind, und bei hohen Tem-
peraturen die Zeiten enorm anwachsen können (5 Stunden).
Ich habe mich daher hauptsächlich der zweiten Methode
bedient, während die erste und dritte zur Controle herbei-
gezogen wurden.
Das durch den Hahn k (Fig. 1 und 2) ankommende
comprimirte Gas durchfliesst die Röhre y, dann die spiral-
förmig zu einer Spule gewundene Platincapillare 1 und wird
beim Ausfliessen in der in die pneumatische Wanne MM
tauchende, mit Wasser gefüllten graduirten Röhre //// auf-
gefangen. Diese Röhre, in welcher das zwischen Oeffnen und
Schliessen des Hahnes k ausgeflossene Gas zu messen ist,
hat ca. 50 ccm Inhalt. Vor Ablauf der Beobachtung saugt
man vermöge des Hahnes O Wasser aus der Wanne MM
io die Röhre //// bis zur Füllung hinein, und der Versuch
kann dann von neuem beginnen. Um Temper aturconstanz
zu erzielen, ist //// mit einer Glasröhre iiii umgeben, in
welche möglichst schnell circulirendes Wasser aus der Was-
leitung bei p eintritt und bei X wieder ausfliesst. Am Anfange
ist natürlich auch iiii mit Wasser zu füllen. Dazu dient
das schlies8bare Seitenrohr y. Es läest sich bewerkstelligen,
dass selbst bei heftiger WeisBgluth der Capillare / sich die
Temperatur des Wassers in iiii kaum merklich ändert.
Asbestschirme werden trotzdem möglichst zweckmässig an-
gebracht
5. Die Capillare / besteht aus zwei oder mehreren
ziemlich eng nebeneinander gewundenen Platinröhren bb, wie
dies in Fig. 3 schematisch angedeutet ist. Jedoch ist die
Spule hohl, um den feuerfesten Thonisolator i des Thermo-
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304
C. Bams.
dementes aß knapp aufnehmen zu können. Der untere Theil
des Spulencanals c ist mit Asbestwolle verstopft. Die vor-
deren Enden der Capillare sind in einen in die kalte Glas-
röhre g eingekitteten Messingcylinder h eingelöthet Ferner
sind die durch die Blech wand des Troges MM tretenden
Theile der Capillare an der Innenseite angelöthet Man
muss sich aber sorgfältig davor hüten, dass kein Loth auf
die zu erwärmenden Theile der Capillare kommt Sonst wird
dieselbe beim Erhitzen zerstört Ueberhaupt erheischt das
Löthen die allergrösste Vorsicht, damit die Canäle nicht
beschädigt werden.
Die Herstellung der Capillaren ist mit Schwierigkeiten
verknüpft. Für Kupferröhren ist bereits von Regnault1) ein
Verfahren angegeben, dessen man sich mit Erfolg bedienen
- kann. Es werden dicke Kupferstäbe der Länge nach durchbohrt
und in die weite Durchbohrung Wood'sches Metall gegossen.
Man rollt und zieht dann die Stäbe zu feinen Drähten
aus und schmilzt schliesslich, zugleich unter Druck, das
leicht flüssige Metall aus dem feinen Canal heraus. Die so
erhaltenen Röhren sind oft gut, doch misslingen die Versuche
leicht bei irgendwie schief laufendem Zug.
Platin- und Silbercapillaren läset man sich zweckmässiger
von geschickten Platinkünstlern direct ziehen. In folgender
Tabelle habe ich die Dimensionen der von mir gebrauchten
Röhren zusammengestellt. Es sind dies Stücke der etwa in
150 cm Länge gezogenen Capillaren.
Nr. Länge Aeusserer Radius Innerer Radius
CID Ctll CID
1 51 0,057 0,026
2 43 0,057 0,028
3 41 0,057 0,028
4 44 0,057 0,028
5 51 0,057 0,026 etc.
Solche Röhren lassen sich dann durch weiteren Zug.
inwendig und auswendig beliebig verjüngen. Darüber geben
die Tabellen weiteren Aufschluss.
Es sei hier noch einiges über den Differentialapparat
(Fig. 2) erwähnt. Derselbe hat Aehnlichkeit mit dem
<
1) Regnault, Relat. des Experiences 1. p. 264. 1847.
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Zähigkeit der Gase.
365
Differentialgalvanometer. Es werden unter sonst identi-
schen Umständen die Transpirationsvolumina durch zwei
nebeneinander liegende Capillarspulen, von denen die eine
heiss, die andere kalt erhalten wird, beobachtet Ein
Seitenrohr vi' der Röhre gh führt zur kalten, von dem
Wasser des Troges MM umspülten Capillare 1'. Die Mess-
röhre ist in angegebener Weise mit dem Wassercylinder i "i
umgeben. Im allgemeinen sind die Capillaren / und 1' nebst
pneumatischem Zubehör so weit wie möglich identisch.
7. Schliesslich sind die Erhitzungsmethoden der Capil-
lare 1 zu erwähnen. Zur Erhaltung niedriger Temperaturen
umspült man / mit kaltem Wasser aus der Wasserleitung. Die
Temperatur 100° wird durch einen in einer schlechtleitenden
Röhre rasch circnlirenden Dampfstrom gegeben. Sehr constante
Temperaturen bei etwa 1000° erhält man durch Erhitzung
der Platinspirale in einem mit Schornstein versehenen Bun-
sen 'sehen Brenner. Durch Einführung eines regelmässigen
Luftgebläses kann man die Temperatur bis 1300° und
darüber steigern. In diesen Fällen ist die Spirale / mit
einem cylindrischen , hinten eingeschnittenen Asbestschorn-
stein zu umgeben. Denselben erhält man, indem man
durchnässte Asbestpappe um einen Holzcylinder rollt und
trocknen lässt. Ueberhaupt sind dicke Asbestschirme üben^l
zweckmässig anzubringen. Die directe Erhitzung der Spirale
ist verwerflich. Ich habe sie daher mit einer cylindrischen
Umhüllung von Glimmer versehen, wodurch unter anderem
auch die Constanz der Temperatur innerhalb der Platinmasse
bedeutend befördert wird.
Grosse Schwierigkeiten hingegen ergaben sich bei der
Herstellung genügend constanter Temperaturen zwischen 300
und 1000°. Nach vielen vergeblichen Versuchen verwandte
ich schliesslich mit Erfolg die Luftsäule im Cylinder einer
gewöhnlichen A rgand'schen Petroleumlampe. In Fig. 1 ist
bei N' N' die Lage dieses Cylinders (Schornsteins) ange-
deutet. Je höher man im Cylinder beobachtet, um so ge-
ringer werden die Temperaturen, während die Constanz einer
gegebenen Zone, nachdem einmal die Lampe völlig erwärmt
ist, sich für die vorliegenden Zwecke befriedigend erweist. Für
niedere Temperaturen wird man also neben der Verkleine-
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366
C. Barus,
rung der Flamme den Cylinder durch Anfügung weiterer
verticaler Glasröhren beliebig verlängern. Für höhere Tem-
peraturen umwickelt man die tiefer gelegenen Zonen mit
Asbestpapier. Geschieht dies allzunahe der Flamme, so
schmilzt der Cylinder sogar zusammen. Folgende Angaben
der Temperaturen (0) der inneren Luftsäule bei verschiede-
nen mittleren Höhen (Ä) über der Flamme wird das Gesagte
erläutern:
h
18
18
18
Zeit
0
7
14
0
414
416
421
h
17
6
6
Zeit
10
20
8
669
681
685
h
11
11
17
Zoit
25
30
40
n
904
904
825
18 cm |
21 m \
123 0 I
Kleine Flamme.
423
6 cm 1
30 m \ Grössere Flamme.
695 0 J
17 6 6 cm |
60 63 69 m Grosse Flamin?.
.S25 956 956° I
Ausser dem Vortheil eines grösseren Temperaturinter-
valles ist noch der zu erwähnen, dass man es hier mit einem
Luftbad zu thun hat. Bei höheren Temperaturen ist Gefahr
vorhanden, dass bei director Flammenerhitzung Gase des
Brenners durch das glühende Platin driogen (s. w. u.).
8. Zur Temperaturmessung bediente ich mich eines
oder mehrerer, direct mit dem Porzellanluftthermometer ver-
glichener Thermoelemente aus Platin und Platiniridium.
Leider muss ich auf eine eingehende Beschreibung der Aus-
führung dieser, für die vorliegende Arbeit hochwichtigen Auf-
gaben verzichten.1) Ich bemerke nur, dass die von mir ge-
brauchten Porzellanballons am Boden eingestülpt sind, und
zwar so, dass sich eine enge cylindrische (Durchmesser 0,6 cm),
in den Ballon hineinragende, innen geschlossene Porzellan-
röhre bildet. In diese wird das Thermoelement gesteckt,
wodurch die Löthstelle nahe dem Centrum des Ballons zu
liegen kommt. Als Isolatoren für die Drähte dienen lange,
dünne Stäbe aus feuerfestem Thon (Durchmesser 0,45 cm),
innerhalb welcher zwei parallele, die Platindrähte onthal-
1) Das in Kürze erscheinende Bulletin der U. S. Geological Survey.
Nr. 54. über die Messung hoher Temperaturen, wird über besagte und
verwandte Gegenstände ausführlichen Bericht ertheilen.
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Zähigkeit der Gase.
367
tende Canäle in der Längsrichtung laufen. Ferner ist der
Ballon von einer sphärischen, rotirenden, feuerfesten Muffel
umgeben, durch deren Hohlraum einerseits die aussen fest-
geklemmten Isolatoren, andererseits der ebenfalls aussen
festgeklemmte Stiel des Luftthermometers hindurchgehen.
Schliesslich ist die Muffel mit den dicken Thonwänden des
nahezu sphärischen Ofens umgeben. Zwei kräftige, parallele,
jedoch nach der Art eines Kräftepaares in den Ofen ein-
gesetzte, mit Gebläse gespeist« Gasbrenner blasen in ein
um die Verticale rotirendes Flammenrohr. In diesen Wirbel
taucht dann die Muffel bei ihrer Rotation um die Horizontale
bis über die Hälfte hinein. Es ergibt sich auf diese Weise
eine befriedigende Temperaturconstanz , die von niederen
Werthen (200°) bis zur heftigen Weissgluth gesteigert wer-
den kann.
Man erhält so zwischen Luftthermometer und Thermo-
element über sehr grosse Intervalle ausgedehnte Temperatur-
rergleichungen, die bei verschiedenen Reihen von Beobach-
tungen sehr gut untereinander übereinstimmen.
Zu bemerken ist noch, dass die Data wiederholt mit
hohen Siedepunkten (Zink und dergl.) controlirt wurden.
Berechnung.
9. Die auf vorliegende Arbeit bezüglichen Gleichungen
hat Hr. 0. E. Meyer1) in zwei Formen gegeben. Man hat
erstens:
wo u die Geschwindigkeit eines Gastheiichens im Abstände
t *on der Axe einer Capillare, von der Länge L und dem
inneren Radius R bedeutet; P und p die an den Enden
wirkenden Drucke, tj die Zähigkeit, J der Gleitungscoeffi-
cient des Gases sind. Die zweite Form folgt durch In-
tegration aus der ersten und ergibt als neue Variable das
Gasvolumen Vl , welches durch irgend einen Querschnitt der
Rohre unter dem Drucke p in der Zeit t transpirirt. Dem-
nach ist:
1) 0. E. Meyer, Pogp. Ann. 127. p. 269. 1*66.
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368 C Bants.
Soll diese Gleichung zu absoluter Bestimmung des r,
benutzt werden, so hat man zu beachten, dass (Pi — p*)IPi
gewöhnlich in Quecksilberhöhen ausgedrückt wird ; dass
folglich der Factor 8g, wo S die Dichte des Quecksilbers,
der rechten Seite von (1) beizufügen ist. Dann ergibt sich
für ay, vermittelst (2) berechnet, die Dimension [mMT*-1],
also identisch mit dem Maxwell'schen i? = 0,318 gS2L der
kinetischen Gastheorie. Ferner zeigt (2), dass die Dimension
des £ linear ist, wie ebenfalls, da £ vermuthlich der mittleren
freien Weglänge proportional sein muss, aus der Gastheorie
folgt. Sollen die Gleichungen (1) und (2) auf die Tempe-
ratur im Anfangsquerschnitt Bezug haben, so ist zu beach-
ten, dass /> = A(>(1 -f ccö)> worin p die Dichte, 6 die Tem-
peratur bedeuten, welche dem Druck p entsprechen, und ä, a
die Constanten des Boy le- Char les'schen Gesetzes sind.
Noch zu bemerken wäre, dass bei der Ableitung von (1) und
(2) p und q unabhängig von r, rt unabhängig von P ange-
sehen werden; ferner ist vorausgesetzt, dass die Differential-
quotienten von m* und dujdx, also udujdx, diu/dxi, dlujdrdrr
wo x längs der Axe gemessen wird, der Null sehr nahe
kommen. Die Bedingungen erfordern also ein möglichst
langsames, ruhiges Fliessen. Analoge Gleichungen gelten bei
elliptischen Querschnitten.
10. Die Gleichung (2) ist nur für den Fall obiger
Apparate anzuwenden, in welchen die kurzen Enden der
Capillare gewöhnlich eine niedrigere Temperatur als die
mittleren Theile besitzen. Ich will hier gleich einfügen,
dass ein Apparat, in welchem die ganze Capillarlänge die-
selbe Temperatur haben soll, nicht schwer zu ersinnen ist
Man muss zu diesem Zwecke die Enden der Capillarröhre
in Platinröhren von verhältnissmässig grossem Durchmes-
ser einfügen. Dabei erzielt man etwa dasselbe, wie bei
bei Löthung eines dünnen Widerstandsetaions an dicke
Kupferelectroden. Ein solcher Platincapillarapparat würde
sich aber zu den Zwecken dieser Arbeit gar nicht eignen.
Man will hier eben die Möglichkeit behalten, die Capil-
laren in Bezug auf Caliberlänge und Zahl derselben im
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Zähigkeit der Gase.
369
im Bündel, ohne zu grosse Mühe abändern zu können, was
bei einem Apparat von vollendeterer Construction nur unter
grossem Zeitverlust und Kostenaufwand möglich wäre. Für
eine in das schwierige Thema dieser Arbeit einführende
Untersuchung ist also der obige Apparat (Pig. 1 u. 2) ganz
besonders geeignet, und es handelt sich nur darum, die
Oorrectionen wegen Temperatur ebenfalls an den Enden an-
zubringen.
Es mögen, wie oben, Ä, Z,, 0, /, Radius, Länge, Tempe-
ratur und Zeit bedeuten. An der Stelle einer einzigen
bat man nunmehr drei ineinander laufende Capillaren von der
Länge /'/"/'", wobei L = V + /" /"'. Indem man die übri-
gen Variablen in gleicher Weise accentuirt, ergibt sich fol-
gendes Schema:
P, V\R\ 0', t' ,/ etc., p V", R", /", 0", t" ti",
p" V"\R"\l"%Ö"\t'",rr etc/>.
Nun ist aber /' und /"' klein gegen ebenfalls Ö' und
0"' klein gegen 6". Ferner ist bei obigem Apparate ein-
facher R' a R'" = R\ j/ = »/" = 6' = d " - 6. Schliesslich
ist V q"= \"'<>''= Vq\ f" = t Die Anwen-
dung der Me y er' sehen Gleichung ergibt also:
| /V - Vk 9 (1 + aö) \^^) (V + n
u I _!_+« «r V' _ ,«1
Setzt man dann R" = Ä0"(l + ßd") und Ä = Ä0, so ist
schliesslich:
(4)
I lie j> vi' i + 4;!ß\Ra) r j i +"«»•• V" '
Diese Gleichung lässt sich für jeden specieUen Fall wu»
ter vereinfachen. In obigem Apparat ist R0" = Ä. Es ist
daher nothwendig, (/'+/'")//" klein zu machen, oder sonst
i' und V" möglichst genau zu " messeta. Ich habe durch
den Gebrauch stark fliessenden Wassers in der angegebenen
Weise die heissen und kalten Theiie der Capillare nahe bei-
a Wen Ue$ej4 ein/jigen. könne.n. Au<0>, ißt 9 Wein/gegen v",
W\, grosse Temper^urinferyalle zur , Anwendung, korn^r*
Aia. 1 Ptaji. a. Ch*n. N. P. XXXVI. 24
370 C. Bants.
»
Ich bemerke dabei, dass infolge des Factors (R0" IR0)4 man
das Correctionsglied durch Anwendung von Endröhren von
grösserem Durchmesser sehr rasch zum Verschwinden bringen
kann. Ist 6 = 0", also = r; " , so fallt (4; mit (2) zusammen,
angenommen natürlich, dass Ä0" = i?0 sei.
11. Ich will hier noch in kürze den analogen Fall für
den Differentialapparat § 6 berühren. Für die heisse Capil-
lare hat man obige Gleichung (4); für die kalte Capillare
hingegen einfacher (bei entsprechender Bezeichnung):
1 +4C/£e" ~H P VeLt>
wodurch nahezu:
_ J
l + 4r"/Ä"
(5)
Sind die beiden Spiralen identisch in Bezug auf Caliber
und Länge, sind ferner (erster praktischer Fall) die Zeiten
einander gleich, also / = te. L = Lei R0" « R0 = Jic, dann ist:
^ r-~ - n~?w -T_(r_n^_. (1 + £ 0
Andererseits, falls, wie oben, Ä0" = i?0 = /?e , Z. = Z.C;
wobei aber (zweiter praktischer Fall) dieselben Volumina in
den Zeiten t und fe transpiriren, gilt ähnlich:
* *
"i + «ö" i -<r + o/z. * • ' •
1
Ist 0 — d'\ so ergibt sich aus (5) eine einfache Relation
für das Radienverhältniss. Ist t=ic, so gilt:
(8) (Ä"/Ä)4- VL\VtLc,
ein oft brauchbares Resultat.
Beobachtungen.
12. Anfangs habe ich die (grossen) Gasvolumina vor dem
Eintritt in die Oapillare gemessen, in der Folge jedoch
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Zähigkeit der Gase.
371
zweckmässiger kleinere Volumina nach dem Austritt aus
der Capillare bestimmt. Die Einzelheiten der Manipulation
mass ich hier übergehen, obgleich sich manches beachten*,
werthe dabei ergab.
Die angewandten Grase, Luft und Wasserstoff, wurden in
gewöhnlicher Weise durch Schwefelsäure und Chlorcalcium
getrocknet. Wasserstoff entnahm ich einem geräumigen Gaso-
meter. Von einer weiteren oder vollständigeren chemischen
Reinigung dieser Gase habe ich abgesehen. Es kommt mir
einstweilen nur darauf an, die Möglichkeit eines identi-
schen Gesetzes bei zwei genügend verschiedenen permanenten
Gasen experimentell zu prüfen, andererseits auch in die Ver-
suche selbst eine weitgehende Variation hineinzubringen. Dies
wird eben bei dampffreien Gasen irgend welcher, voneinander
verschiedener Art, deren Eigenschaften man vor jeder Ver-
suchsreihe bestimmt, erreicht.
13. Bezüglich der Nomenclatur in den Tabellen halte
i<h mich an den vorausgehenden Abschnitt. Es sei noch
folgendes erwähnt:
P ist der Druck, unter welchem das Gas in die Capil-
lare eintritt, also die Normalhöhe des Quecksilbers im Ma-
nometer, vermehrt um den corrigirten Barometerstand.
p ist der Druck, unter welchem das Gas die Capillare
verlässt ; also gleich dem Barometerstand vermehrt um den
Quecksüberwerth der Tiefe der capillaren Ausflussröhren,
unter dem Wasserniveau im Trog (Fig. 1). Es wäre noch
cine Correction wegen Capillarreaction des Wassers gegen
die Blasenbildung an der Röhrenöffnung anzubringen. Da
sich diese schwer bestimmen Hess, zog ich es vor, P so gross
zu wählen, als es sich mit einer hinreichend langsamen
Strömung vereinbaren Hess.
t, das Zeitintervall, welches dem Gasvolumen V0 ent-
spricht, ist gewöhnlich nahezu constant zu wählen. Oeffnung
und darauffolgende Schliessung des Hibnes k (Fig. 1), durch
welche t bestimmt wird (mir stand ein gutes Bröcking'sches
Chronometer zu Gebote), lässt sich wohl mit einem Fehler,
der 0,2 Secunden nicht übersteigt, bewerkstelligen.
V0. das Volumen des trockenen Gases, welches bei Normal-
druck (76 cm) und 0° C. abfliesst, ist die eigentliche Variable
24*
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1
872 C. Bams.
dieser Versuche. Zur Reduction der nass gemessenen Volu-
mina V auf Kuli und Trockenheit eignen sich die Landoldt-
Börn stein 'sehen Tabellen vortrefflich, wobei zu beachten
ist, dass das beobachtete V unter Atmosphärendruck ver-
mindert um den Quecksilberwerth der übrigbleibenden
Wassersäule in ////, Fig. 1, gemessen wird. Auch ist eine
Correction wegen LöBlichkeit des Gases im Wasser anzu-
bringen, welche bei Luft und lufthaltigem Wasser zu ver-
nachlässigen ist, bei Wasserstoff aber 2 Proc. betragen kann.
Nun wird in der Gleichung (4) V bei gegebenem 6 und p
verlangt. Falls man daher V tabellarisch auf V0 reducirt,
so ist es bequem, die genannte Gleichung in die folgende
angenäherte Form umzuwandeln:
1+4C "/Ä"~|16 76 F0 /" l + 4;!R\Rj 7" Jl+«6>r'
worin auf ein kleines 0 Rucksicht genommen ist.
Schliesslich ist V wegen der residuellen Luft in dem
Rohr yh (Fig. 1) und der Schliessung zu corrigiren. Vorerst
ist natürlich gk durch Einführung eines Glasstabes und der-
gleichen zu verkleinern. Es sei nun v das Restvolumen in gh\
ferner entspreche Fder Zeit / zwischen Oeffnen und Schliessen
des Hahnes k. Bei der Beobachtung misst man also factisch
a = V+ v. Hätte man in der Zeit t den Hahn n einmal ohne
Zeitverlust geöffnet und geschlossen, so würde A = F-fnrf
abgelesen werden. Also ist b — a = (n — aus welcher
oder analogen Gleichungen man v bestimmt.
0 ist die Temperatur der kalten capillaren Enden und
des Wassers im Trog, gemessen durch ein in denselben ein-
tauchendes Thermometer.
6", die Temperatur des heissen Theils der Capülare,
welche, wie bereits angeführt, thermoelectrisch gemessen
wird. Hierüber wird weiteres der jedesmaligen Tabelle
vorausgeschickt. Ich habe eben meine- Versuche duxcli all-
mähliche Verbesserung der 0",- Messung vervoll konuqnen
müssen. lt .if.-v.«.,, ,i. • .
Die Messung yon R verursacht endlich , die gröbsten
Schwierigkeiten. Man . hat es nämlicfr mit undurchsichtigen
Oapillarea zu thun. In einige»; frühecen^ VersucireiM M>e
I!.
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Zähigkeit der Gase.
373
ich allerdings mit Quecksilber gefüllt und die Faden gewogen.
Spater hielt ich es für gefahrlich, Quecksilber in die Metall-
rohren zu bringen. Ich habe daher den äusseren Radius
mit der Mikrometerschraube gemessen und danach aus
Wägungen den inneren Radius berechnet Dies ist jedoch
eine rohe Methode, insbesondere da R4 in die Formeln ein-
tritt In der Folge habe ich mich überzeugt, dass R wohl
am besten sich durch Transpiration bestimmen lässt, indem
man eine durchsichtige Glascapillare von bekannter Innen-
weite (deren Bestimmung sich ja genau ausführen lässt) mit
der PlatincapiUare vermöge des Differentialapparates § 6, 11
vergleicht. Auch lässt sich R volumenometrisch messen.
Es sind also meine absoluten Werthe von »/' und ;/0 mit
dem grossen Fehler des R behaftet. Da dieser aber über-
all gieichmässig auftritt, kommt darauf, soweit es meine
Hauptzwecke betrifft, weniger an. Ich bezweifle überhaupt,
ob man mit Metallcapillaren scharfe absolute Werthe er-
reichen kann ; denn der Radius wird niemals, weder in
jedem Querschnitt, noch der Länge nach, identisch sein. Das
für hohe Temperaturen nothwendige Aufrollen der Röhren
verursacht Verflachung in radialer Richtung. Auch kann
man nicht sicher sein, ob sich nicht im Innern hier und da
beim Zug feine Metallfasern losgelöst haben, die den Canal
etwas verengen. Dadurch werden aber die relativen Werthe,
und besonders die im Auge zu behaltenden pyrometrischen
Anwendungen, wenig beeinträchtigt.
14. In den folgenden Tabellen habe ich meine letzten (6)
Versuchsreihen mitgetheilt. In allen ist die Function:
• <
1
F10") « 1+4» R
v
1 + 4£/Ä
das Hauptergebniss. In den Tab. 1 und 2 hat das Thermo-
element die Anordnung, welche in Fig. 3 darstellt ist, und
zwar ist hier die PlatincapiUare noch nicht mit einer Glimmer-
kapsel umkleidet Graphisch dargestellt sind diese Resultate
io Fig. 5, und zwar sind die Punkte für Luft nach oben,
die Punkte für Wasserstoff nach unten gestrichelt.
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374
C. Bavus.
Tabelle 1. Zähigkeit des Wasserstoffs.
Platincapillai röhre Nr 10, L = 33,43 cm, /'+/"'= 4,4 cm.
% = 0,000 141 6 0 = 6° Ä = 0,0079 cm.
cm
123,97
123,97
123,97
123,97
123,98
123,82
123,83
123,81
123,83
123,85
123,83
123,88
123,90
123,92
123,92
123,92
123,«7
123,68
123,64
123,64
123,85
128,85
123,85
123,85
121,75
121,73
124,64
124,63
124,81
124,83
1Ü4,84
124,65
124,64
124,65
124,79
124,31
124,31
124,31
124,31
124,31
123,99
123,99
124,03
124,00
cm
75,66
75,66
75,60
75,62
75,72
76,25
76,32
76,35
76,37
r r0
sec
ccm
95
51,38
90
48,73
/VA
90
48,70
QO
10,(0
90
48,33
90
48,37
90
48,42
90
48,37
90
48,39
90
48,37
440
50,64
440
49,83
440
»tu
4P fi4
440
4Q R\
440
630
50,63
s% r% n
6bü
50,9b
so *>a
fi80
50 A3
S1 7^
Vlji J
660
51,55
660
50,95
660
50,14
1115
1 I iu
SO 82
1115
SO 77
1080
50,82
1080
SO 7H
S1 10
1080
M IQ
1080
51,21
1560
51,24
1560
51,26
1560
51,45
1560
52,23
90
47,52
95
50,56
95
50,85
95
50,96
95
50,96
95
50,51
95
50,50
95
50,47
95
50,51
*c.
6
6
482
490
490
504
511
671
695
705
715
688
691
700
707
985
985
1010
1010
1007
1005
1006
1222
1227
1224
1223
FiO")
m It
142,7
142,6
142,7
142,4
142,5
143,2
143,1
142,9
143,1
143,1
148,1
281,3
283,1
284,2
286,7
287,4
324,4
330,7
332,0
334,0
329,5
329,9
330,6
333,6
416,2
416,5
423,1
423,7
423,7
423,8
423,4
525,4
518,9
522,8
517,6
146,4
145,3
144,4
144,1
144,1
144,1
144.2
144,4
144,2
I z
I -
1,986
1,999
2,007
2,021
2,030
2,291
2,336
2,345
2,359
2,327
2,330
2,335
2,356
2,939
2,941
2,987
2,992
2,992
2,993
2,990
3,710
3,660
3,692
3.655
Digitized by Googl
Zähigkeit der Gase.
375
Tabelle 2. Zähigkeit von Luft.
Platincapillare Nr. 10. L = 33,43 cm, /'+ /'"= 4,4 cm.
>;0 = 0,000247 2 /9 = 5° Ä = 0,0079 cm.
125,08
125,08
1*5,08
125,03
124,93
124,93
124,95
124,77
124,77
124,74
124,73
124,73
124,77
124,76
124,04
124,08
124,05
123,97
123,88
123,69
123,65
123,64
123.60
123,37
123,37
123,37
123,40
123,40
250,0
250,5
249,8
250,5
250,3
Die Curve zeigt, dass unterhalb 10C00 die beiden Gase
sich ziemlich gleich verhalten. Dasselbe fand ich in früheren
Reihen. Oberhalb 1000° divergiren die Curven, wohl wegen
der grösseren Durchdringlichkeit des glühenden Platins für
Wasserstoff als für Luft Infolge der Gasdiffusion durch
die Platinwand der (kapilläre wird also hier der wahre
Charakter des ri'\% verdeckt, jedoch nicht in unmessbarer
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376
C. Bums.
Weise. Man trifft schliesslich in der Figur bei 1200 bis
1300° Punkte an, die sich decken. Es kommt dies wahr-
scheinlich daher, dass die nicht registrirten Temperaturen
der äusseren Lagen der Capillare noch anwachsen, nachdem
die registrirten Temperaturen der inneren Lagen bereits
constant sind. Es ist dies ein Fingerzeig in der Richtung
weiterer Verbesserungen.
Behufs zusammenhängender Darstellung habe ich die
gebräuchliche Function (1 + a 6")n angewandt Dabei zeigt
sich, dass die Punkte zwischen n = l/2 und n = 3/4, sehr
nahe der Curve für n = 2/3 gelegen sind. Diese habe ich
ausgezogen.
15. Das Ungenügende der Temperatur messung habe ich
in den folgenden Untersuchungen zu beseitigen gesucht. Von
Versuchsabänderungen theile ich nur Tab. 3 mit (in Fig. 6
schief gestrichelt eingetragen). Hier wurde sowohl Spirale,
wie Thermoelement ohne Umkleidung der Erhitzung aus-
gesetzt. Dabei wird die Temperatur zu hoch gemessen,
während in § 16 die Temperaturen muthmasslich zu klein
sind. Natürlich zeigen sich bei nackter Löthstelle bedeu-
tende Temperaturschwankungen , wodurch die Beobachtung
unsicher wird. Es Hessen sich aber die Punkte nicht bis
(l-h«0")v« herunterdrücken, obgleich dieselben im allgemeinen
unter (1 + ad")1'* liegen.
Tabelle 8. Zähigkeit der Luft Vorläufiges.
Platincapillare Nr. 10. L = 33,43 cm, /'+ 4,4 cm.
ri0 - 0,000 247 2. 0 = 6° R « 0 0079 cm.
r
0"
.
»7
i+4;/ä'
170
170
170
170
170
51,85
51,35
51,40
51,38
51,38
5
249,7
249,9
249,7
250,0
250,0
1800
1950
1845
51,60
51,60
51,00
1055
1040
1062
671,6
735,9
693,3
2460
2460
2460
50,96
50,50
50,89
1347
1338
I 1336
768,4
781,3
785,2
123,11
123,13
123,15
123,17
123,17
124,29
124,31
124,30
124,17
124,22
124,27
75,89
75,82
75,79
2,717
2,977
2,805
3,109
3,16t
8,177
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Zähigkeit der Gase
377
16. In den nun folgenden Tabellen 4 bis 7 Labe ich die
Versuche, den § 16 und 17 gemäss, zu verbessern gesucht.
Es wurde die innen mit Asbestwolle c (Fig. 4) ausgefüllte
Capillare bb auswendig mit der Glimmerkapsel a a umgeben.
Ferner gebrauchte ich statt eines einzigen Platin | Platin-
Iridiumthermoelementes deren drei. In der Fig. 4 sind bei
I. 2, 3 die Lagen der Löthstellen der mit Glimmer isolirten
Drähte angedeutet. Die Pfeile beziehen sich auf den Gang
des Gasstromes durch die Capillare.
Auf diese Weise erhalte ich zwei Werthe des Ö".
tfj" bezieht sich auf die Temperatur der inneren Spulentiäche.
6." auf die mittlere Temperatur der äusseren Spulentiäche.
Soost sind die Tabellen wie die obigen angeordnet. Gra-
phisch dargestellt sind die Resultate in den Figuren 6 und 7,
und zwar wieder in Bezug auf (1 + ad")**. Die sich in der
Tab. 5 in der Region 6 — 500° zeigenden hohen Werthe für
Wasserstoff habe ich weggelassen, da sie jedenfalls durch
eine Verunreinigung des Gases bedingt sind. Dies ist durch
die besonders sorgfaltige Wiederholung der Versuche in
Tab. 6 erwiesen.
Tabelle 4. Zähigkeit der Luft.
Piatincapillare Nr. 10, L = 33,43, /' + /"' = 4,4 cm,
r4o » (
),000 2
49 1,
0 = 7°,
R = 0,00"
'9 cm.
p
V
t"
v*
124,00
76,08
165
49,95
7
7
252,6
124,00
165
49,83
253,2
124,00
165
49,84
253,2
124,00
165
49,94
252,7
124,01
165
49,94
252.8
123,51
75,92
1750
51,3.i
984
1007
669,3
2,687
123,45
75,87
1760
51,90
988
1004
666,6
2,676
123,38
75,H1
1740
51,36
984
1004
665,4
2,671
123,32
75,75
2339
51,05
1200
1224
775,7
3,114
123,29
75,72
2340
50,48
1204
1230
782,0
8,139
123,25
75,67
2340
50,76
1204
1233
776,5
3,117
123,39
75,68
860
52,69
515
525
497,7
1,998
123,65
890
50,91
557
567
511,4
2,053
123,61
910
51,00
557
578
506,8
2,082
123,59
930
50,79
580
592
521,0
2,091
123,61
960
51,37
592
604
525,4
2,109
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378
C. Barus,
(Fortsetzung von Tab. 4.)
t
i+4;/Ä"xl°*
Fi*")
123,36
74,73 1K5
49,59 8
254,7
123,37
165
4V»9
254,7
123,36
165
49.50
255,2
123,36
165
49,59
254,7
—*
123,33
165
49,63
254,3
Tabelle 5.
Zähigkeit des Wasserstoffes.
Platincapillare Nr. 10, L = 33.43 cm. /' + /"' = 4,4 cm,
R = 0,0079 cm.
0;000129 4, 0 = 8°,
122,48
122,49
122,50
122,50
122,50
122,20
122,22
122,24
122,22
122,24
122,30
122,30
122,32
122,36
122.43
122,97
122,94
122,96
124,56
124,56
124,56
124,54
124,56
124,58
125,09
125,08
125,d9
125,08
125,09
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Zähigkeit der Gase.
370
Tabelle 6. Zähigkeit des Wasserbtoffcs.
Plathicapillare Nr. 10, L *= 33,43 cm , /' + = 4,4 cm ,
= 0,000 129 4, 6 = 7°. R « O.OU79 cm.
P
p r r0 !
123,30
123.32
123,3 t
155,27
155,27
155.27
155,30
155,30
155,27
155.25
;6,95
76,55
76,55
155,45 76,59
155,35 1
155,45
156,10 76,67
156,c7
156,05
156,07
450
450
450
K90
h90
890
870
90
90
90
360
360
360
360
440
450
450
50,00
50,00
50,00
50,82
50,42
50,02
49,67
50,89
51,37
51,23
50,87
50,57
50,63
50,89
51,00
51,43
50,01 ,
7
410
412
416
420
504
509
512
514
516
517
954
954
952
94«
418
420
425
426
510
516
519
522
525
526
956
953
951
94«
1+4;" Ii
X10». Fl«")
1 3,2
133,3
133,3
251,8
252,9
25H,6
254,7
274,1
274,7
274,7
276.2
277,0
276,6
363,5
362,9
360,6
360,1
1,946
1,954
1,960
1,968
2,118
2,123
2,124
2,135
2,141
2,138
2,809
2,805
2,787
2,783
Tabelle 7. Zähigkeit der Luft.
Platincapillare Nr. 10, L = 33,24 cm, /' + /'"= 4,4 cm.
»/n = 0 000 249 1 , 0 = 8°, R = 0,0079 cm.
125,50
125,51
125,53
124,71
124,71
124,69
124,65
124,73
J 24.68
1 24,68
124,68
124.95
124,95
124,95
I24,ft6
124,96
124,95
77,01
re,87
76,87
76,89
7«,98
165
165
165
710
710
735
750
930
930
940
940
1710 I
1715
1740 I
2370
2870 I
2370 |
50,72
50,75
50,72
51,10
50,22
51,03
50,93
51,34
50,98
51,34
50,93
51,42
51,20
51,25
51,27
51,17
51,25
,m!- /r*"" *'<"')
424
436
430
443
439
453
419
462
558
568
562
574
565
576
569
580
964
987
970
992
979
1000
1206
1214
1207
12:4
1207 ;
1210 1
257,9
257,9
258,1
482,0
486,5
499,5
493,7
535,1
535,1
536,0
536.4
678,4
664,5
684,2
801,3
802,8
801,7
1,935
1,953
2,005
1,982
2,148
2,148
2,152
2,15:t
2,723
2,668
2,747
3,217
3,223
3,218
Digitized by Google
380
C. Barus.
Eine Vergleichung der Werthe von 6" und ö." ist wohl
das beste Kriterium für die Constanz der Temperatur. Die
Zahlen lassen noch zu wünschen übrig. Indessen bin ich
wohl so weit gegangen, als es ohne gründliche Abänderung
des Apparates und der Methode möglich ist. Glimmer wird
durch Glühen gelockert, muss daher oft erneuert werden.
Andererseits ist vieles Herumbiegen an der feinen Capillare
bedenklich.
Discussion.
17. Die Werthe ;/0 (Zähigkeit bei 0° C.) ergeben eich
bedeutend zu hoch, ein Umstand, der jedoch leicht erklär-
lich ist: denn da di,jt; = 48RjR ist, hängt der absolute Werth
des i]0 ganz wesentlich von dem des R ab. Ich hätte nun
vermöge des wohlbekannten Werthes von r(o für Luft s&mint-
liche Daten leicht reduciren können. Indessen hielt ich diesen
Schritt doch insofern für bedenklich, als man nicht sicher
wissen kann, ob im Inneren feiner Platincapillaren die Gas-
verdichtungen nahe der Metallfläche ohne merklichen Einfluss
sind. Da ich ferner von einer besonderen Bestimmung von R
absehen muss, und da es bei dieser Arbeit auf absolute
Werthe wenig ankommt, lasse ich die Zahlen so stehen, wie
ich sie fand.
Von grösserem Belang ist der zeitliche Verlauf der iJ0.
Es zeigt sich für H2 (6 Tage) eine mittlere Vergrösserung
des ?/0 von etwa 0,5 Proc. per Tag; für Luft in elf Tagen
eine Vergrösserung von nur 0 2 Proc. per Tag. Im ersteren
Falle bietet das aus verschiedenen Gasometerfüilungen ent-
nommene Gas keinen guten Anhaltspunkt. Im letzteren
Falle jedoch zeigt die geringe Aenderung für taglangen Ge-
brauch der Capillare, dass selbst bei solch hohen mittleren
Drucken, wie P 125 cm, resp. p =» 76 cm, an den beiden
Enden der Röhre und bei Temperaturen, die oft bis zu Weiss-
gluth (1400°) gesteigert wurden, keine bedenkliche Vergrösse-
rung des R zu constatiren ist. (Vgl. § 26.) Die Nachwir-
kung im glühenden Platin ist daher selbst bei hohen Tem-
peraturen unter den genannten Umständen noch eine hin-
reichend geringe, um die Ausführung pyro metrischer Versuche
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Zähigkeit der Gase.
unbedenklich zu machen. Auch ist dies aus den Werthen
des //0, welche vor und nach jeder Beobachtungsreihe für
hohe Temperaturen gefunden wurden, klar ersichtlich.
Für das zu verschiedenen Zeiten dem Gasometer ent-
nommene Wasserstoffgas ist tj0 leider sehr verschieden. Man
bat daher jede solche Gasmasse für sich selbst zu behandeln.
Die Werthe des i?0 für Luft schwanken nicht zu viel, wahrend
der ganzen Versuchszeit nur um etwa 2 Proc. Ob die durch
den Quecksilberdruckapparat mitgeführten Quecksilberdämpfe
die Transpiration beeinflussen, kann ich nicht entscheiden.
Ein solcher Fehler ist bei 20° wohl nicht zu befürchten.
Bezüglich der Platinzerstäubnng vgl. § 19 und der Gasver-
dichtung an der Oberfläche vgl. § 28.
18. Um eine Uebersicht über das Verhältniss der Zähig-
keit Tj"Jtj0 zu erhalten, benutzt man am besten die Dar-
stellung Fig. 5 bis 7. Daraus geht hervor, dass die Werthe
von F{0") sich der Function (1 + a ö")*'« innerhalb der
Grenze der Beobachtungsgenauigkeit befriedigend gut an-
schmiegen. Selbstverständlich fällt es mir nicht ein, definitiv
zu behaupten, dass (1 + a0")v* die wahre Form der F(0")
sei (§ 28). Es ist nur bemerkenswerth, dass an der Hand
der üblichen Darstellungsweise der Temperaturverhältnisse
des /; durch die Exponentialfunctionen der einfache Aus-
druck (1 + ad"fl* meine Versuche ganz gut wiedergibt Ich
nehme daher vorläufig an, dass die Zähigkeit eines vollkom-
menen Gases, im Gebiete höherer Temperaturen, mit der
Zweidrittelpotenz der absoluten Temperatur zunimmt. Daraus
ergibt sich dann aus der bekannten Beziehung Maxwell's:
ij i = 0318 q L £>, wo £2 der arithmetische Mittelwerth
der Moleculargeschwindigkeit, L die mittlere Weglänge,
V die Gasdichte ist, und insofern S2 = £2Q V 1 + ~aÖ ", auch
L = y~\ + aö". Pas lässt sich auch so ausdrücken: Die
mittlere, freie Weglänge ändert sich proportional der Cubik-
wurzei jjei Moleculargesch windigkeiten (&). Zieht man die
takannjie Claudius' sehe Gleichung L—l / \ 2 .Ä3/5i£2 hinzu,
fio ist a^ph meM der Baum der Wirkungssphäre der Quadrat-
ur^ d$r Mq^cujar^ßschwindiglfeit {fi). umgekehrt pro-
portional. ..y.,'*: i i ■ j <■:>. >
Digitized by Google
382
G - Bants.
19. Nach diesen Angaben müssen wir noch die Fehler-
quellen specieller betrachten. Zweifellos kommt dabei das
Ungenügende der Temperaturconstanz im Innern der Piatin-
spirale zuerst in Betracht. Man hat es eben mit zwei
Pyrometern, einem electrischen und einem Zähigkeitspyro-
meter, zu thun, welche beide genaue Temperaturen an-
zugeben sehr wohl im Stande sind, deren Temperatur-
angaben sich aber nicht auf genau dieselben Bedingungen
beziehen und sich daher nicht vollständig decken können.
Speciell zu bemerken ist, dass selbst bei dem Temperatur-
vergleich zwischen Thermoelement und Luftthermometer der
Versuch über 1200° an Genauigkeit verliert.
Ausser diesen ä usserlichen Ursachen kommen noch innere
hinzu. Den thermischen Effect der Ausdehnung des vom
Druck Pzum Druck p transpirirenden Gases hat Ö. E. M ever
ausführlich discutirt Zugleich ist der Einfluss der Abkühlung
des in die glühende Capillare einströmenden kalten Gases
zu beachten. Bei langsamem Fluss ist dieser Fehler gering;
bei schnellerem Fliessen konnte ich jedoch Kühlungen von
20° C. beobachten.
Die beobachtete Wendung der Curven oberhalb 1000°.
verbunden mit der Thatsache, dass beim Wasserstoff die Er-
scheinung besonders ausgesprochen ist, deutet wohl auf eine
Diffusion der Gase durch die Platinwand der Capillare. Dann
muss man aber auch auf eine entsprechende Diffusion des
Wasserstoffgases des Brenners bedacht sein. Im letzteren
Falle würden die durchgetretenen Gase im Luftstrome ver-
brennen, wodurch das Sauerstoffvolumen etwa verdoppelt wird.
Da aber der Wasserdampf im pneumatischen Apparate
absorbirt wird, ergibt sich hier wie beim Wasserstoff ein zu
kleines VQ. Daraus folgt, dass ?/', welches sich umgekehrt
wie V0 ändert, zu gross ausfallen muss. Derselbe Fehler
entsteht auch dann, wenn der Wasserstoff Luftverunreinigun-
gen enthält.
Es folgt daraus, dass die Anwendung verhältnissmässig
dickwandiger Capillaren mit sehr feinem Lumen (R < 0,01)
zweckmässig ist. Auch sind vorerst Differentialmethoden, bei
welchen zwei Grössen verglichen werden, ohne das jede ein-
zeln charakterisirt wird, bedenklich.
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Zähigkeit der Oase.
388
Schliesslich ist ein äusserst wichtiger Umstand zu be-
achten, das Fortschleudern feiner Metalltheilchen durch
glühende Metalle, wie es von Nahrwold1), Berliner*),
Kayser*) und anderen constatirt worden ist. Leider war
mir dieses Phänomen im Verlaufe meiner Arbeit noch
nicht genügend bekannt. Es sind also meine sämmtlichen
Resultate mit dem daraus erwachsenden Fehler behaftet.
Aach ersehe ich nicht, wie man denselben ohne eingehende
Versuche in Rechnung setzen kann.
Ich glaube aber nicht, dass besagte Zerstäubungs-
encheinungen für meine Versuche kritisch sind. In der
letzten Arbeit Nahrwold's4) ist gezeigt worden, dass
glühendes Platin im Wasserstoff weniger leicht zerstäubt,
als in atmosphärischer Luft1)
Nun zeigen aber bei mir beide Gase dasselbe Zahigkeits-
verhalten bei verschiedenen Temperaturen, ein Verhalten, das
dem des Wasserstoffes bei der Zimmertemperatur gleich ist;
woraus sich dann die Rechtfertigung meiner Ansicht ergibt.
20. Geht man zum Resultat des § 18 zurück, so hat
man für vollständige Gase nunmehr folgenden, noch den
Gleitungscoefficienten noch enthaltenden Ausdruck:
— 2Sp = -•*-*- d + «ns
+ Ji9 1
wo sich Ä0 und £<> auf 0° C. beziehen, und £ nach Meyer,
Kundt und Warburg der Weglänge proportional sich än-
dert Ist dann wie man allgemein annimmt, sehr
klein gegen 1, so wird auch 4J0i/T+öö7'/Ä0 (1 + ßO") inner-
halb des obigen Temperaturintervalls gegen 1 zu vernach-
lässigen sein; denn der Coefficient (1 + «Ö7" (1 +ßQ") ist bei
50G, 1000, 1500° nicht grösser als 1,15, 1,22, 1,23; während
ein wahrscheinlicher Maximal werth bereits bei niederer
1) Nahrwold, Wied. Aon. 31. p. 473. 1887; 85. p. 120. 1888.
2) Berliner, Wied. Ann. 33. p. 289. 1889.
3) Kavier, Wied. Ann. 34. p. 607. 1888.
4) Nahrwold, Wied. Ann. 35. p. 120. 1888.
5) Vgl Elster u. Geitel, Wied. Ann. 81. p. 109. 1S87.
Digitized by Google
384
C. Bants.
Temperatur angetroffen werden wird. Es folgt also, dass,
falls die in Frage stehenden Daten der Gastheorie richtig
sind, der EinÜuss des Gleitungscoefficienten durchweg zu
vernachlässigen sein wird. Es folgt ferner, dass der Ueber-
gang aus der rascheren Aenderung des ij bei niederen Tem-
peraturen, z. ß. nach der Holman'schen Formel (0 bis 130°):
>/7>/0 = 1 + 0,0,2 751 * - 0,0,34 fl,
in die langsamere nicht eicer progressiven Vergrößerung
der Function 1 + 4J/Ä zuzuschreiben ist.
21. In Bezug hierauf bemerke ich ferner, dass nach
der Formel (1 + «#"); = >)jtio die 0. E. Meyer'schen
VVorthe für Luft zwischen n = 2/3 und n = 3/4 schwanken;
die Puluj'schen zwischen n = 0,56 und n — 0,72. War -
bürg fand n = 0,77; v. Obermayer n — 0,76. Holman
verwirft mit Schumann die Exponentalformen. Es fragt
sich also, ob meine Versuche, welche für Temperaturen
oberhalb 400° gelten, nicht das Verhalten eines vollstän-
digeren Gases wiedergeben als Luftversuche bei niederer
Temperatur. Dissociation ist natürlich ausgeschlossen.
Es sind hier die Resultate E. Wiedemann's zu erwähnen,
gemäss welcher nach Meyer' scher Berechnung der Ex-
ponent n abfällt von n = 0,73 für Luft zwischen 0 und
100°, bis n = 0,67 für Luft zwischen 100 und 185°. Letz-
terer ist aber mit meinem Werthe n»2/3, welcher sogar
bis 1330° gilt, gut im Einklänge. Es ist daher die
Vermuthung gerechtfertigt, dass unterhalb 200° die Luft
die Eigenschaften des Gaszustandes allmählich verliert;
dass die reine kinetische Gasreibung durch Cohäsionen,
d. h. durch die Bildung ephemerer Molecularaggregate, mehT
und mehr beeinflusst wird. Besonders hat v. Obermayer
die Werthe von n bei verschiedenen Gaseü und die sich
analog vergrößernden Ausdehnungsco§fficieriten derselben
verglichen. ' ' *,: • '- '*' ; >m
Diese Folgerungen weiden durchweg durch das Ver-
halten des Wasserstoffs best ätigt. Pal u j fand für. dieses
Gas n = 0,69; Warburg n = 0,68; v.O be'f may fern« 0,70.
Es zeigt also Wasserstoff, seinem vollständigeren Gaszustand
caet. par., entsprechend,;^ foa ^ be> 0° C,
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Zähüjkeit der Gase.
385
wie bei Rothgluth. Die Thatsache, dass Wasserstoff bei
niedriger Temperatur (0° C.) bereits demselben Gesetz folgt,
wie Luft oberhalb 200°, dass femer bei Temperatur-
Steigerung über 200° bis in die Rothgluth die Gesetze für
beide Gase mehr und mehr identisch werden, ist wohl der
beste Beweis, welchen ich für die Wahrscheinlichkeit meiner
Beziehung:
V'= Vo (1 + «0'T»
liefern kann. Diesen identischen Verlauf habe ich eben be-
obachten können, weil dabei die Fehler der Temperatur-
constanz und dergleichen in höherem Maasse herausfallen.
Die Fehler sind eben gleichmassig auf beide Gase vertheilt,
da die Beobachtungen in gleicher Weise nacheinander aus-
geführt wurden. Vgl. §§ 19, 28.
22. Ich will nun noch einiges über den praktischen
Werth der Function (1 + a 0")"» anfuhren. Falls man
zwischen verschiedenen Formen wählen dürfte, so w&re die
exponentielle schon deswegen vorzuziehen, weil sie die pyro-
metrischen Berechnungen erleichtert. Theoretisch lässt sich
für eine durch zweiatomige Molecule charakterisirte Gasart
wenig aussagen, obgleich für Gasarten mit einatomigen,
elastischen Molecülen Max we II1) und Meyer*) das einfachere
Gesetz r/'= jy0 yT+ a 0" haben ableiten können. Bekannt
ist ferner, dass das Maxwell'sche8) AbstosBungsgesetz der
umgekehrten fünften Potenz unhaltbar ist, wie besonders
Meyer4) gezeigt hat. Demnach bliebe die Wahl der Tem-
peraturfunction der Zähigkeit noch frei.
Als Beispiel will ich eine weitere einfache Function, die
man wohl versucht sein dürfte anzuwenden, mit der exponen-
tiellen vergleichen. Ich setze ij"« y0 (1 +y<d") VY+ aW', in
welchem Ausdruck L =s L0{1 + y Ö") enthalten ist. Um
diesen Vergleich einigermassen darstellen zu können, habe
ich aus den Daten für hohe Temperaturen einerseits die
!' Maxwell, Phil. Mag. (4) 19. p. 31. 1860.
2) Meyer, Pogg. Ann 125. p. 177. 401. 564. 1865.
3) Maxwell, Phil. Trans. 1. p. 249. 1866; cf. Phil. Mag. (4) 85.
P- 129. 185. 1868.
4) Meyer, Kinetische Theorie. § 77.
Am. d. Pb,i. u. Ctaem. N. F. XXXVI. 25
986 C. Barus.
Nullwerthe von >/"/»;0 (d- h- den der Einheit nahezu gleichen
Werth für 0"— 0° C), andererseits die Werthe fur y be-
rechnet und in folgende Tabelle eingetragen. Die Argu-
mente sind den Tab. 4 bis 7 entnommen.
Tabelle 8. Nullwerthe von V'/i70 und y.
Luft
Tab. 4
Luft
Tab 7
Tab. 5
Tab. 6
5G5
592
935
1216
442
569
982
1210
961
1212
418
512
520
952
2,068
2,100
2,678
3,123
1,969
2,150
2,713
3,219
2,727
3,535
1,957
2,122
2,138
2,798
n" 1
_j i h
Fehler
i »/" i
i 7o \ 1 + a cf
1
y X 10*
0,98
+ 0,02
1,18
318
0,97
+ 3
1,18
304
0,96
+ 4
1,24
243
1,01
- 1
1,34
277
1,01
-0,01
1,22
489
1,01
- 1
1,22
394
0,98
+ 2
1,26
270
1,04
- 4
1,38
815
1,00
±0,00
1,28
295
1,14
- 14
1,52
425
1,05
-0,05
1,23
550
1,05
- 5
1,25
490
1,05
1,25
489
1,03
= 5
1,3?
336
Die bei den Daten für Luft auftretenden Fehler:
i. „
n (l + avyu
zeigen keinen regelmässigen Gang und sind nicht grösser, als
man bsi der Schwierigkeit der Versuche erwarten muss. Die
Fehler bei Wasserstoff sind zwar bedeutender, lassen sich aber
leicht erklären. Bei 1212° begegnet man wieder dem bereits
erwähnten Diffusionsfehler. Ferner sind die nahezu constan-
ten Fehler der Tabelle 6 nicht dem Verlauf des ?/', sondern
dem des r/0 zuzuschreiben. Schliesslich ist in der zweiten Ta-
bellenhälfte die Unzulänglichkeit der Hypothese Z,=Z,0(1
klargestellt. Proben mit anderen Functionen übergehe ich.
T ranspi rati onspyrome trie.
23. Ich nehme daher die Relation i/' = ?,0 (1 + red")1-
für ein zweiatomiges vollständiges Gas, wie Luft oder Wasser-
stoff als gültig, an. Darauf lässt sich dann eine neue pjro-
metrische Methode aufbauen. Dieselbe fusst auf der
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Zähigkeit der Gase,
387
Meyer' sehen Gleichung der Gastrauspiration. Ich glaube
fest, dass eben auf diese Weise Bestimmungen von hohen Tem-
peraturen sich nicht nur absolut ausfuhren lassen werden, son-
dern dass dies über ein grösseres Temperaturintervall und mit
grösserer Präciaion und Bequemlichkeit zugleich geschehen
wird, als bei irgend einer bekannten pyrometrischen Methode
z. Z. möglich ist, das Porzellanluftthermometer keineswegs
ausgeschlossen. Ferner ist bei empirischen Gesetzen, welche
sich auf grosse Intervalle beziehen, die vorsichtige Extra-
polation bei einem Gase ein weniger bedenkliches Wagniss,
als bei analogen Gesetzen fur feste oder flüssige Körper.
Führt man y"ifj0 = (1 + in die Meyer'sche Glei-
chung ein, so ergibt sich:
(11)
(1 + «0% n 1 + 4 * R" Pl-px t" R2
(1 + 0»")* " 16 ~ Vo 76 F0 l"
-^■gf-(i-r^'-o+(-+^),
welche Beziehung durch Weglassung der £- Grössen sofort
vereinfacht werden kann. Hier bedeutet qQ den Nullwerth
der Luftzähigkeit, 0 die Temperatur der kalten Enden der
Capillare, / den Coefricienten für kaltes Gas, also für
Luft etwa y = 0,00275. Die übrigen Variablen sind aus
§ 13 bekannt; R0" und BQ z. B. sind die Halbmesser des
heissen (/") und des kalten (/' + /"') Theiles der Capillare bei
0°C. In meinem Apparat ist aber B0" — R0. Um also die
Temperaturen der Tabellen 4 bis 7 aus reinen Gaszähig-
keitsmessungen zu reproduciren, bedient man sich für Luft
der Gleichung:
das heisst:
(13) | = A £ (1* - p*) - B ( l + 0,0064 0) ,
eine Form, die (II) enthält.
Ist also eine Pyrometercapillare gegeben, bei welcher
der Länge nach das Galiber nicht genügend gleichförmig oder
gleichwerthig ist, so kann man vermittelst zweier bekannten
Temperaturen 0" die Werthe A und B experimentell be-
25»
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I
388 C. Bar us.
stimmen (s. w. u.). Au9 (11) bis (13) ist ersichtlich, dass,
da die rechte Seite wie die */3 - Potenz der absoluten
Temperatur variirt, man es mit einem gegen Temperatur-
anderungen äusserst empfindlichen Apparate zu thun hat.
Ferner geht daraus hervor, dass das bedenkliche Auftreten
▼on (1 -f ßd")4 insofern von geringerem Belang ist, weil in
Bezug auf (\ + ad") die Correction (1 + ßd") nur in der
2,4- Potenz vorkommt. Ja, man kann bei bekannter Tem-
peratur ß direct aus Transpirationsmessungen bestimmen,
indem man (13) in Bezug auf ß auflöst. Schliesslich lässt
sich auch die Grösse Ä0*/'?o der Gleichungen (11) und (12)
durch Transpiration bei niederen Temperaturen bestimmen.
Uebergeht man unwesentliche Correctionen, so gilt:
l
rj 16 . 76 . L V0 K V }
wo, falls die Messungen bei 6 gemacht werden, rt sich aus
bekannten Constanten auf q0 reduciren lasst. Es entspricht
dies der Nullpunktsbestimmung des Pyrometers.
24. Ich führe nun Angaben über Temperaturbestim-
mung aus reinen Transpirationsbeobachtungen an und ver-
gleiche dieselben mit den direct gemessenen Temperaturen.
Dazu dienen die Mittelwerthe in den Tabellen 4 bis 7. In
folgender Tabelle ist 6" die mittelst des Luftthermometers
thermoelectrisch bestimmte Temperatur, [#"] die zugehörige
Transpirationstemperatur. Die Art der Messung 6" ist in
Fig. 4 dargelegt. (Siehe Tab. 9 p. 389.)
Die Fehler liegen hier also anders, ihre Grösse habe ich
bereits angedeutet, um hier schnell darüber hinweg gehen tu
können. Eine bestimmte Fehlervertheilung ist nicht zu er-
kennen. In der letzten Bestimmung der Temperatur des Wasser-
stoffs ist der Uebelstand eines zu kleinen >?0 bemerkbar, da die
Fehler durchweg denselben negativen Werth beibehalten. In
Bezug auf die Fehler im allgemeinen ist es ersichtlich, dass zwi-
schen der mittleren Temperatur der etwa 67 cm langen Pia-
tincapillare und der mittleren Temperatur der drei Punkte
des Thermoelements, in anbetracht der Erhitzungsart, Diffe-
renzen von 20° bei 1000° ohne weiteres vorauszusetzen sein
werden. Vergleicht man aber die TranspirationstemperLturen
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Zähigkeit der Gase,
389
fö"] unter sich, so springt die ausgezeichnete Pr&cision der
Resultate sofort in die Augen. Man schliesst leicht, dass
das Transpirationspyrometer die Genauigkeit von einigen
Zehntel Graden bei 1000° sehr wohl ergeben könnte, gleich-
gültig, ob das vorauszusetzende j/'/fy wirklich das Verhalten
der Zähigkeit des Gases fur verschiedene Temperatur an-
gibt oder nur ein für Platin -Luft, resp. Platin - Wasserstoff
geltendes empirisches Gesetz sein mag.
Tabelle 9. Temperaturmessung durch Transpira-
tionspyrometer.
IT
[»"]
Diff.
r
L«"] ;
Diff.
«"
:»"] '
Difl.
Tab
. 4. Luft.
563
571
- 8
1209
1329
— 120*
520
511
+ 9
568
574
- 6
1212
1215
1338
-126*
562
549
+ 13
570
577
- 7
1387
-122*
567
55s
+ 9
575
580
- 5
Tab. 6. Wasserstoff.
586
59S
572
583
+ 14
+ 15
975 , 9K5
981 , 971
990 981
+ 10
+ 10
414
416
434
437
-20
-21
991
«!
+ 9
421
441
-20
994
'963
1209
1245
-36
428
445
-22
996
966
+ 30
1210
1245
-85
507
529
-22
1212
1217
- 5
1210
1247 | -37
513
535
-22
1217
1227
-lü
515
536
-21
1219
1222
- 3
518
520
54
-23
i
Tab. 5. Wasserstoff.
543
-23
Tab. 7. Luft.
958
956
+ 2
521
543
-22
430
442
-12
960
958
+ 2
916
963
-17
436
450
-14
962
959
+ l
952
968
-16
446
458
-14
-12
962
960
+ 2
, 954
974
-20
455
467
970
975
- 5
955
976
-21
* Gasdiffitsion.
lü, Transpirationen, welche dem PoiseuUle-Meyer'schen
Gesetz nicht genügen. Schluss.
Allgemeine Ergebnisse.
25. Es steht dem Gebrauch sehr feiner Capillaren der
tiebeistand entgegen, dass die Transpirationsströmung bei
Weissglühhitze fast vollständig zum Stillstand kommt Diese
Schwierigkeit lasst sich natürlich in verschiedener Weise
umgehen. Man kann z. B. statt einer einzigen Capillare ein
Capillarbündel anwenden oder das Gas in verschieden gra-
duirten Gefassen messen, worin grosse und kleine Gasvolumina
390
C. Barus,
sich etwa gleich genau messen lassen, oder man wendet gra-
duirte Capillaren an, deren Kaliber und Länge sich nach vor-
geschriebenen Gesetzen ändert; oder schliesslich, man misst
bei langsamem, continuirlichen Strom die Transpirations-
geschwindigkeiten V0/t durch irgend eine zweckmässige Re-
petitionsmethode. Trotz alledem ist aber zu wünschen, dass
für Röhren, die nicht gerade capillar sind, die Transpira-
tionsart ermittelt würde; denn unter sich stimmen solche fur
gleiche Bedingungen geltende Beobachtungen sehr gut, ob-
gleich die Zeitdauer der empirischen Temperaturmessungen
kaum eine Minute betragen mag.
Zur Ausführung solcher Versuche sind aber grössere
Grasvolumina nothwendig. Ich habe daher das Gas vor dem
Eintritt in die Capillare gemessen und möchte dabei auf die
wichtige Eigenschaft meines Apparates zurückgehen, dass
derselbe das Gas sowohl vor dem Eintritt in die Capillare,
wie nach dem Austritt zu messen gestattet. Der Beobach-
tende hat es also in der Gewalt, die Capillare auf Risse
und dergleichen zu prüfen; ferner den burchgang des
Gases sowohl durch den Capillarcanal (Normalfall) sowie
auch durch die glühende Wand derselben (Diffusion) zu con-
troliren.
Vom theoretischen Gesichtspunkte aus bietet die vorlie-
gende Arbeit bedeutende Schwierigkeit. Beim ersten Blick
scheint sie vom experimentellen Standpunkt aus leichter zu
bewältigen. Man täuscht sich dabei aber auch. Eingehend hat
Hoff mann1) den Gegenstand bearbeitet. Leider sind indess
die Verhältnisse für die jetzigen Zwecke zu complicirt.
Die Methode, vermittelst welcher ich ähnliche Ziele
zu erreichen hoffte, ist an sich neu. Ich suchte nämlich
die Abweichungen vom Meyer' sehen Gesetz dadurch zu
ergründen, dass ich bei einer und derselben Capillare die
Bedingungen der Anwendbarkeit desselben durch successive
Steigerung der constanten Transpirationstemperatur erreichte.
Auf diese Weise werden dann die Strömungsgesch windig-
1) Hoffman n, Wied. Ann. 21. p. 470. l*-4. Die Literatur fXa-
vier, Poisson, Stokes, Cauchy, de St Venant, Stefan) ist da-
selbst angegeben.
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Zähigkeit der Gase.
391
keiten infolge der Volumen- und Zähigkeitszunahme auf eine
beliebige kleine Grösse herabgedrückt, bis man schliesslich
sich innerhalb der Grenze des Meyer'schen Gesetzes bewegt
Von den Versuchsresultaten abgesehen, die ich in ziemlicher
Fülle gesammelt habe, ist mir aber bei dem weiteren Aus-
bau der eigentlichen Aufgabe nicht wesentlich Beachtens-
wertes gelungen. In Anbetracht der grösseren Ausdehnung
der jetzigen Arbeit werde ich mich auch hier beschranken,
indem ich ausser einigen Zahlenbeispielen die Hauptmitthei-
lungen graphisch darzulegen suche. Tabellarische Mitthei-
lung wird a. a. O. ei folgen.
Statt einfach vom Radius R der Oapillare zu reden, v are
es naturlich richtiger, sich auf das Dimensionsverhältniss des
Canals (2RJL) zu beziehen. Es ändert sich die Länge
aber weniger; daher ist es zweckmässig, diejenige Grösse
R zu wählen, welche die geeignetste erscheint
Mitzutheilen wäre noch, dass ich mich im Verlauf dieses
Abschnittes öfters der Differentialmethode mit Erfolg be-
dienen konnte.
Resultate.
26. Für die graphischen Darstellungen der Figuren 8 bis 1 1
wurde die Ordinatengrösse r" vermittelst der Meyer'schen Glei-
chung aus den Dimensionen der resp. Capillaren (Radius = R)
und den Transpirationsbeobachtungen (Druck, Zeit, Vo-
lumen) berechnet Daraus folgt dann, insofern der ge-
nannten Gleichung hier im allgemeinen nicht Genüge geleistet
wird, dass rf* sich als eine Function der Druckdifferenz an
den Enden der Capillare darstellt. Ich habe also diesen
Druckwerth P—p, von dem der Atmosphäre (76 cm etwa)
an bis ca. p + 50 cm, successive vergrössert, und zwar für
jede der betreffenden Temperaturen der Capillarspirale. In
deu Darstellungen ist sowohl j/', wie der Druck und die
Temperatur, aDgo geben. Fig. 8 enthält die */'*Werthe für
das kleinste Lumen, R « 0,0079 cm. Selbst hier ist eine Ver-
größerung von 17" mit der Druckdifferenz erkennbar. Die
verschiedenen Curvenlagen entsprechen verschiedenen Ein-
stellungen der Capillare und rühren etwa von Caliberände-
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392
C. Bants.
rungen wahrend der Wickelung her. Bei 980° machte ich
nur eine Beobachtung, da dieselbe 18000 Secunden in An-
spruch nahm. Es ist eben dieses die Capillare, mit wel-
cher ich nachträglich die Beobachtungen des Abschnittes II
machte. Ich führe daher die folgende Zahlenangabe an.
Hierbei wurde das grosse Volumen V vor dem Eintritt in
die Capillare gemessen. Demnach bildet also diese Tabelle
eine Controle für die Ergebnisse der Figuren 1 bis 7, wie
oben angegeben. In Tab. 10 bedeutet ausser den bekannten
Grössen t die Temperatur der eintretenden Gasmasse V.
Wahrend der fünfstündigen Zeit der Transpiration bei
977° wurde d" und P wiederholt gemessen.
Tabelle 10. Zähigkeit der Luft.
Platincapillare Nr. 10, L » 33.43 cm, /' + /"' - 2,7 cm,
V = 565,7 cem , R = 0,0079 cm,
0 = 7°.
P*-P\
P xt — v xl0§#" 5 x 10* t F-»
l) 133,11 56,35 1506 232 000
92,32 i 15,56 6545, 224 300
*) 124,69 48,04 I 1677 211 600
88,60 11,95 1 7930' 204 400
9) 125,64 49,18| 1683 218 800
125,68 49,22| 1660 216 000
*) 125,22 48,86 18000, 2 321 000
124,68 48,32 | 1678 213 500
1) Erste Einstellung
2) Zweite
3) Dritte
4) »
P
P
P
P
272
262
251
243
256
255
254
76,76,
76,65 ,
76,46,
76,36.
0
0
0
0
14
0
977,
0 J
266
257
246
258,8
250,8
685,8
249,1
19,6 -
IV -
.22,0 -
20,8 -
20.7. -
22,8 2,743
22,8 -
Bs ist höchst erfreulich, dass die hier gemessene
Grösse F{0") gut mit den Werthen des Abschnittes II stimmt;
also das Gesetz ?;=siy0(l + a 0 ")*/», trotz der yerschiedenen
Methode, bestehen bleibt, und auch r;0 vor und nach
der Bestimmung der hohen Temperatur (5 Stunden) iden-
tische Werthe zeigt. Bs deutet dies sichtlich auf sehr
geringe Nachwirkung hin. Dass F{fl") hier etwas unter
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Zähigkeit der Gase,
393
früheren Wertben liegt, ist wohl dem Umstände zuzuschrei-
ben, dass während der langen Beobachtungszeit selbst ein
minimaler Leck im Apparate nicht ohne störenden Ein-
flü38 ist,
27. In Bezug auf die Ergebnisse selbst springt das Ver-
halten der Figur 9 für etwas grösseren Capillarradius,
R - 0,018 cm, in die Augen. Hier ist jede der Curven für
d"=4, 100,625, 1025° aus etwa zehn Beobachtungen be-
Btimmt, und zwar bilden dieselben zusammen ein System
schräg ansteigender, Bebr nahezu gerader Linien. Diese
Linien steigen um so weniger steil an, je höher die Temperatur
wird, bis bei etwa 1000° die horizontale erreicht wird, d. h.
bei 1000° ist die Strömung hinlänglich langsam, um dem
Meyer 'sehen Gesetze Genüge zu leisten.
Bei noch grösserem Radius, R = 0,025 cm, tritt dasselbe
Phänomen im verstärkten Maassstabe hervor. Die Curven
sind durchweg steiler und nähern sich langsam der Hori-
zontalen, wie die Figuren 11 und 12 deutlicher zeigen. Die
Unterschiede sind hier verschiedenen Längen und, ebenfalls
infolge des Aufwickeins, verschiedenen Radien zuzuschreiben.
Bei den hierher gehorendan raschen Strömungszeiten ist
der Verlauf der Beobachtungswerthe weniger ausgesprochen
geradlinig. Es zeigen Bich bei der Strömung Kühlungen
bis 25°.
28. Für P — /? = 0 ergibt sich, dass das Verhältniss
von r/7 ri0 zur Temperatur bei R = 0,018 cm schon unterhalb
(1 + ütd")v* gelegen ist; bei R = 0,025 cm last bis zum Aus-
druck Vi + ßÖ" hc rabgedrückt erscheint. Infolge der Ver-
größerung des Radius wird also der Temperatureinfluss bedeu-
tend verlangsamt Da nun, wie Fig. 8 zeigt, selbst bei meiner
dünnsten Capillare der Einfluss des Druckes noch nicht streng
ausgeschlossen ist, habe ich das Gesetz (1 + aß")*'* in § 18
mit Vorsicht mitgetheilt Indessen glaube ich doch, dass
bei Temperaturen über 0° die Bedingung des Meyer' sehen
Gesetzes erreicht worden ist.
Ferner habe ich noch die Tangenten in Bezug auf
if', R, d" zusammengestellt, daraus aber nichts Wesent-
liches ableiten können.
Es ist schliesslich der Erscheinung der Gascondensation
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304
C. Barm.
auf festen Körper zu gedenken, welche vermutlich bei Platin
besonders stark ist. Nimmt man mit Kay 9 er1) an, dass
die Dicke der auf Glas adsorbirten Schichten von Ammoniak
0,032 bis 0,033 cm übersteigen können, so ist man schon bei mei-
ner dünnen Capillare [R = 0.008 cm) dieser Dicke2) bereits
nahe gerückt. Es ist daher anzunehmen, dass sich die An-
zahl der im Canal befindlichen Molecu laraggregationen ver-
grössern können. Hr. 0. Schumann8), indem er sich auf
die Resultate Kayser's und Chappuis'4) stützt, verwirft
sogar die Transpirationsmethode für die Bestimmung des
Temperaturcoßi'ficienten der Zähigkeit gänzlich. Ich glaube
aber doch, dass er darin zu weit geht. Z. B. beziehen
sich Urn. Schumann's eigene Ei fahrungen auf das
Intervall 0 bis 100°; überhaupt kann man aus den bis-
herigen Beobachtungen unterhalb £00°, nicht befriedigend
auf das Verhalten oberhalb 400° bis Weissgluth schliessen.
Ich habe die Versuche der Tabellen 1 bis 7 ausführlich mit-
getheilt, um zu zeigen, dass zwischen Anfang und Ende des
oft stundenlangen Glühens die Abweichung in den Wertben
der Gaszähigkeit klein genug ist, um von den recht geringen
Versuchsfehlern verdeckt zu werden. Dass man daraus nicht
schliessen kann, welche Aendeiung der Dicke der Gasschich-
ten momentan vor sich gehen mag, gebe ich zu.
Bei Ermangelung einer genügend eingehenden Experi-
mentaluntersuchung scheint mir eine weitere Discussion einst-
weilen fruchtlos zu sein. Ich bemerke aber, dass der von
mir wiederholt beobachtete identische Verlauf der Luft-
reibung und der Wasserstoffreibung, in Bezug auf Temperatur,
am ungezwungensten als directe Thatsache aufzufassen ist;
denn sonst müsste man annehmen, dass Luft und Wasser-
stoff bei der Bildung von Schichten auf Platin sich gleich
verhalten, oder dass der Unterschied in der Reibung der
beiden Gase durch entsprechende Unterschiede der Con-
densation derselben auf Platin aufgehoben wird. Diese
1) Kayser, Wied. Ann. 14. p. 450. 1881.
2) Vgl. J \V. Lang ley, Zeitechr. für Pbys. Chem. 2. p. 83. 1889.
3) Schumann, Wied. Ann. 88. p. 381. 385. 1884.
4) Chappuis, Wied. Ann. 8. p. 1. 1879.
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Zähigkeit der Gase.
305
an sich schon unwahrscheinlichen Alternativen werden noch
unwahrscheinlicher, wenn man berücksichtigt, dass die von mir
bei Wasserstoff erhaltene, von 0 bis 1000° durch wog geltende
Beziehung (1 + x0")v* durch eine ganz complicirte Function,
bezw. durch die Annahme einer Abwesenheit der Gas-
condensation beim Wasserstoff im Vergleich mit Luft, ersetzt
werden mtisste. Zum Schluss bemerke ich noch, dass, falls
man die Transpirationsmethode verwirft, man über das
Verhalten der Gaszähigkeit bei hohen Temperaturen keinen
Aufschluss erwarten kann.
IV. Sohlussbemerkungen.
29. Kraft des im § 23 Gesagten lassen sich Messungen
der Temperatur mittelst der Transpiration durch Zeitbeobach-
tungen i oder durch Yolumenbeobachtungen V0 oder durch Ge-
schwindigkeitsbeobachtungen V0jt oder sogar durch Druck-
anderungsbeobachtungen (Pt — pr)lp ausführen. Sämmtliche
Grössen allein genommen variiren wie die 5/3 Potenz der
absoluten Temperatur. Daher die Empfindlichkeit der
Methode. Von den Methoden ist wohl eine Differ* ntial-
methode am brauchbarsten, und zwar entweder in der in
6, 11 beschriebenen Form, oder aber in der von Hol-
man1) gebrauchten eleganten Weise, wobei man ent-
weder Compression oder Verdünnung anwenden kann. In
Ermangelung einer guten Pumpe lässt sich eine mög-
lichst leichte kleine Gasglocke aus Eisenblech, welche nach
Ait der Gasometer in Quecksilber taucht, und je nach-
dem positiv oder negativ zu beschweren ist, verwenden.
Natürlich hat man bei Differentialmethoden den bedeuten-
den Vortheil, dass sowohl der Gebrauch des Chronometers,
als auch des zur Druckmessung erwünschten Kathetometers
überflüssig wird, resp. dass selbst kleine Druckänderungen
unschädlich sind.
Will man volle Genauigkeit bei der Transpirations-
methode erhalten, so ist dann auch der Platincapillare eine
bessere Form zu verleihen, als in dem improvisirten,
1) Holman, 1. c.
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39o
C. Bar us.
aber sonst sehr zweckmässigen Apparat Figur 1 und 2.
Da das Correctionsglied für die kalten Enden mit der vierten
Potenz des Radienverhältnisses abfällt, vermag man den cen-
tralen Capillarcanal in Bezug auf die Eadöffnungen ge-
nügend zu verkleinern. Dadurch, dass man den verkleiner-
ten Tbeil spiralförmig windet, sowie die Zuleitungs- und Ab-
leitungsröhren an den Enden parallel der Spiralaxe laufen
lässt, ist es möglich, dem Transpirationspyrometer eine Stab-
form zu verleihen, welcbe die Grösse eines gewöhnlichen
Thermometers nicht zu übersteigen braucht, vom Messapparat
abgesehen. Dabei ist es in mancherlei Berechnung zweck-
mässig, sowohl die Spirale als auch die Endröhren mit einer
dünne.n Platinröhre eng zu umhüllen. In Fällen allzu grosser
Endröhren ist jedoch andererseits Gefahr, dass Aenderungen
der Temperaturvertheilung hierselbst die Resultate trüben
könnten.
Schwierig ist die Aufgabe, die Capillare in die Platin-
enden ohne Beschädigung des feinen Canalcs einzufügen.
Ausser den dem Platinkünstler bekannten Methoden habe
ich noch derjenigen gedacht, dass die Enden der Capillar-
röhre in die etwas zu weite Endröhre gesteckt werden,
letztere alsdann durch Drahtzug im Caliber verjüngt und
schliesslich fest auf die Capillarenden gezogen wird. Es
lassen sich z. B. auf diese Weise Metallröhren sehr fest
mit eingelegten Drahtenden verbinden. Schweissung er-
folgt bei höherer Temperatur. Uebrigens kommt auf die
Aenderung des Capillarradius nicht gar so viel an, da
man ja R0/ij0 direct bestimmen kann. Deswegen lässt sich
die Verjüngung centraler Theile auch dadurch erzielen,
dass man entweder in eine Platinröhre grösseren Calibers
ein kurzes, dünnes Stück einer feineren hinein bringt, die
weitere Röhre dann durch Drahtzug im Durchmesser ge-
nügend vermindert, oder aber man schiebt einfach einen
feinen Platindrabt in den Capillarcanal central hinein. Diese
Formen haben den Vortheil, dass zwischen dem capillaren
und terminalen Tbeil des Pyrometers kein Bruch der äusseren
Metallcontinuität der Röhren stattfindet. Ja man kann ein-
fach die centralen Theile einer weiteren Capillare (z. B.
H = 0,025 cm) durch eine passende kleine Presse direct
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Zähigkeit der Gase.
397
verjüngen. Man kann schliesslich ganz ohne Verjüngung
den besagten Zweck erreichen, und zwar durch Tem-
peraturerniedrigung. Im Apparat Fig. 1 und 2 ist dann der
offene Wassertrog MM durch feinere cylindrische Röhren
zu ersetzen , in welchen Wasser schnell circulirt. Hier ist
man darauf angewiesen, die Dimensionen und Temperatur
der längeren Enden direct und scharf zu messen, wodurch
das Correctionsglied bestimmt wird.
Genügend lange Gapiiiaren lassen sich auch sehr leicht
zu einem Cylinder von 2,5 cm Länge und 9,6 cm äusserem
Durchmesser aufwickeln. Solche Spiralen kann man direct
in die Centrairöhre meines eingestülpten Luftthermometer-
ballons hineinbringen. Der Vergleich wird ebenso wie beim
Thermoelement ausgeführt.
Zieht man die Capillare dünn, so lässt sie sich durch
den galvanischen Strom erhitzen. Gibt man ihr dann die
Form einer offenen Spiralfeder mit isolirten Endröhren, um-
hüllt sie ferner mit schlecht leitender Substanz, z. ß. mit
Asbestwolle oder Papier, so erhält man einen Apparat ther-
mostatischer Art. Vermittelst dieses lässt sich eine im Inne-
ren der Capillarspule eingeführte thermoelectrische Löthstelle
direct mit dem Transpirationspyrometer calibriren.
Schliesslich sei mir die Bemerkung erlaubt, dass sich
die Transpirationsmethode ebenfalls zum Studium der Gas-
dissociation in hohen Temperaturen eignen muss; denn Dis-
sociation bringt eben Abweichungen im Normalverhalten der
Temperaturveihältni8se der Zähigkeit mit sich. In Fällen, wo
Gase durch die Platincapillare diffundiren, ist der Metall-
apparat mit einer aussen glasirten, an einem Ende geschlos-
senen Porzellanröhre eng zu umgeben. Denkt man sich bei
Wasserstoritranspiration, z. 6. eine solche Röhre ebenfalls
mit Wasserstoff vom Druck ^(P+p) angefüllt, so ist der
störende Einfluss der Gasdiffusion aufgehoben. Ueberhaupt
ist es im allgemeinen rathsam, das Capillarpyrometer, so oft
dasselbe direct der Flamme ausgesetzt werden sollte, mit einer
Porzellanröhre zu umgeben.
Der mit Untersuchungen dieser Art vertraute Leser wird
die fielen sachlichen wie mechanischen Schwierigkeiten bei
dieser Untersuchung beurtheilen können. Zum Beispiel ziehen
398
E. Dorn.
sich die Fehler der ursprünglichen Temperaturcalibration
sich laufend durch die ganze Arbeit hindurch. Ich habe
deshalb es vorgezogen, von weiteren Austuh runden, wi<?
z. B. der Ausmittelung der Capillarradien, der Gasreinigung
und dergl., obgleich mir dadurch mancher Vortheil erwachsen
wäre, abzusehen, um mich eben in der mir zu Gebate
stehenden Zeit enger an das eigentliche Problem der Arbeit,
die Ermittelung des Temperatur Verhältnisses der Gaszähig-
keit halten zu können.
Phys. Lab. U. S. Geological Survey, Washington,
D. C, U. S. A.
VII. Eine Bestimmung des 0)vm;
van E. Dorn.
(Im Auszuge der Königlichen Academie der Wissenschaften zu Berlin
vorgelegt am 5. Juli 1888.)
(Ilicn. T»f. I Flg. 7-18.)
(Fortsetzung von p. 72.)
16. A bleu kungsbeobachtungen zur Ermittelung
von M J H. — Unter den hierzu erforderlichen Grössen ist
von besonderer Wichtigkeit der Magnetabstand, (r resp.
r in Formel (15)).
Die oben beschriebenen Lager (vgl. p. 32) gestatten,
den Magnet in zwei verschiedenen Entfernungen wirken zu
lassen. Um nun zunächst die Differenz dieser Entfernungen
möglichst scharf zu erhalten, wurden die Lager vor der Be-
festigung auf ihrem Platze unter den Comparator gebracht
und die beiden mit Ocularmikrometer verseheneu Mikro-
skope desselben auf eine am Magnet (4) angebrachte Marke
gerichtet, wenn derselbe von der einen, resp. der anderen
Seite an das Glasstück angedruckt war. Dann wurde das
Normalmeter substituirt und dieselbe Operation in der um-
gekehrten Richtung des Magnet6 wiederholt Das Mittel
Digitized by Google
Bestimmung des Ohm.
399
der Resultate an den zusammengehörigen Lagern gibt dann
die mittlere Differenz der Entfernungen.
Am 29. Mai 1885 wurde dieselbe (auf 10° reducirt) ge-
funden für die Lager an
der Tangentenbussole 285,188 mm
am Galvanometer 285,389 »
Da die Grösse sich aus etwa 210 mm Stahl und 75 mm
Glas zusammensetzt, wächst sie fur 1° um 210.0,0412
+ 75. 0,0585 « 0 0031 mm.
Nachdem die Magnetlager auf den seitlichen Ansätzen
der Tische festgekittet waren , wurde das Magnetometer der
Tangentenbussole (und ebenso das Gehänge des Galvano-
meters) entfernt und zunächst eine Milchglasscala mit Hülfe
leichter Klötzchen und auf die Ansätze gestellter Stativchen
nahe symmetrisch so angebracht, dass die obere getheilte
Seite in einer horizontalen Ebene mit der oberen Kante
des in seinem Lager ruhenden Magnets sich befand. Die
Unverrückbarkeit wurde durch reichliche Verwendung von
Kleb wachs gesichert.
Nun wurde eine durchsichtige Glasscala — die Theilung
nach unten — mit einem Ende auf den Magnet, mit dem
anderen auf die Milchglasscala gelegt, wobei eine Durchbie-
gung durch ein untergesetztes Stativchen verhütet wurde, und
der Abstand einer Marke auf dem Magnet und des End-
striches der Milchglasscala von den benachbarten Theil-
strichen mikroskopisch ausgemessen.1) Die Mikroskops waren
dabei auf besondere Stative gesetzt.
Der Magnet wurde in unveränderter Richtung auf die
andere Seite gebracht und ebenso verfahren; schliesslich
wurde die ganze Messung für die umgekehrte Lage des
Magnets wiederholt.
Sämmtliche benutzten Theilstriche der durchsichtigen
Scala sind berichtigt, ebenso die Länge der Milchglasscala.
Nachstehend sind die Resultate der Messungen auf 10°
reducirt angegeben.
1) Dag Einlegen des Magnets brachte nach mikroskopischer Mes
wog eine HorizontalverBchiebung von noch nicht 0,01 mm hervor.
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400 E. Dorn,
Magnetabstände.
Tangente
r (mm)
«bussole" Galvanometer Verlängerung fxir !•
r |; r | r
1. Juni 1885
29. Juli 1885
(1245,04)
1245,07
(1245,22)
1245,26
(959,91) (1245,23)
959,88 1245,25
(960,10) '
960,07 1245,87
(959,88) • r :0,0110 mm \>
959,86 j! r : 0,0078 „
i
959,98 !
Die eingeklammerten Werthe sind direct aus den Mes-
sungen abgeleitet, die anderen — welche später verwendet
sind — in der Weise, dass die Differenz der gemessenen
(s. o.) gleich gemacht ist, während die Summe unverändert
bleibt.
An beiden Apparaten hat eine Vergrösserung der Ent-
fernung stattgefunden (um 0,19, resp. 0,12 mm), daher ist für
die Zwischenzeit interpolirt worden. Die Beobachtungen
2 — 5 vom Sommer 1885 sind infolge dessen mit einer klei-
nen Unsicherheit behaftet.
Um diese für die späteren Beobachtungen zu vermeiden,
brachte ich auf den Lagern Marken — rothe Theilstriche
auf Milchglas — an und controlirte den Abstand (nahe
2200 mm) derselben jedesmal mit einer langen Glasscala,
Die späteren Angaben der Magnetabstände sind auf die
Entfernung 2200,00 mm der Marken bezogen.
Ferner ersetzte ich die Lager an der Tangentenbussole
durch neue und benutzte als Marke am Magnet eine kleine
aufgeklebte Scala, wodurch die Messungen an Schärfe sehr
gewannen.
Es wurde so erhalten:
Magnetabßtfinde fur 10° und 2200,00 mm Markenabstand.
1
■
Tangentenbussole
r (mm) r
Galvanometer
L._r. .1 r
26. u. 28. Sept. 1885 \
1. Febr. 1886 j
1246,60 961,43
1246,608 961,435
1 1245,31 959,92«)
| 1245,83 959,94*)
1) Nämlich:
i (2283 . 0,0,85 + 210 . 0,0412) und * (2133 . 0,0S85 - 210 . 0,0412).
2) Die Differenz r-r stimmte hier ohne weiteres mU dem früher
durch die Substitutionsmessung ermittelten Werth.
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Bestimmung des Ohm.
401
Ueber die beiden Magnetometer, welche in der Tangen-
tenbussole auch bei den Ablenkungsbeobachtungen zur Be-
stimmung von MjH Verwendung fanden, sind die erforder-
lichen Aügaben schon gemacht. (Vgl. p. 33, 34 und 70 ff.)
In das Schiffchen des Galvanometers wurden als Hülfs-
magnete ein Hohlcylinder (3) und ein Voilcylinder (2) ein-
gelegt. Es sind dies die in einer früheren Mittheilung *) mit
den gleichen Ziffern bezeichneten Magnete; die auf dieselben
bezüglichen Data stelle ich noch einmal kurz zusammen.
yfiZSn Masse Länge Durchm. mmj Temp.- Mom. Inductionscoäfl'.
g mm ' innen | aussen co6°- {mm,in>r.wci |£ng8 quer
2 318,05 209,63 — I 15,71 0,03360 1 6,53 . 107 B,186.1ü4 4440
3 1 06,46 160,93 ! 12,05 j 10,80 0,0,24*) 2,99 . 107 2,269.1g1 3950
*) Für 20°.
Die Torsionsverhältnisse 0' waren:
Hohlmagnet 3.
Messingdraht.
4. Juni 1885 0,01294 20. Oct. 1885
2. Juli 1885 0,01301 , 9. Nov. 1885
0,01298 10. Nov. 1885
Voilcylinder 2.
Messingdraht Eisendraht.
14. Nov. 1885 0,00585 30. Nov. 1*85 0,001 66t»
13. Dec. 1885 0,001 674
I 22. Jan. 1886») 0,001 645
Polabstände.*) Da der Hohlmagnet 4 bei den Haupt-
beobachtungen jedesmal aus zwei Entfernungen r und r
auf das Magnetometer der Tangentenbussole ablenkend wirkte,
so Hessen sich diese Beobachtungen zur Ermittelung des
PolabBtandes 2ax verwerthen.
Indem die rechte Seite von 15) für beide Entfernungen
gleich gesetzt wird, folgt:
1) E. Dorn, Wied. Ann. 35. p. 275. 1888.
2) Wie schon erwähnt, war am 16. Januar 1*8(5 der Draht gerissen
and bei der Neubefestigung verkürzt. Vor der Verkürzung hätte nach
dem Längenverhältniss sein sollen H 0,001 637; das Mittel dieser Zahl
und der beiden ersten ist 0,001 660.
3) Ueber den Polabstand der Magnetometer s. p. 69.
Ann. d. Phji. u. Cbem. N. F. XXXVI. 26
0,01298
0,01302
0,01304
0,01301
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402
E, Dorn.
(»7)
2^ 2
r'tgy - r'4 tg y
wo der Kürze wegen gesetzt ist:
/>t und j>l enthalten allerdings ax, doch genügt für die Be-
rechnung von q und q ein Näherungswerth (z. B. 5/]3 der
Magnetlänge).
a ist = 10,04 mm zu nehmen (vgl. p. 69); ferner war im
Mittel sämmtlicher Beobachtungen:
y = 1245,28. , r' = 960,0ö0 , 1246,50« , r = 961.334.
= 2,04fS78°, y= 4,49471°, y/= 2,05500°, y, '« 4,50393»,
Dieser Werth ist für die Reduction der Beobachtungen
benutzt.
Die besten Beobachtungen im Herbst (3., 6., 8., 13., 17. No-
vember), ähnlich behandelt, lieferten in guter Uebereinstim«
mung ax = 89,56 mm, die weniger zuverlässigen Winterbeob-
uchtungen mit Magnetometer I den etwas grösseren Werth
90,97.
Nachträglich habe ich noch in Halle einige Bestimmun-
gen vorgenommen, bei welchen der auf eine durchsichtige
Glasscala gekittete Magnet auf zwei berichtigten Milchglas-
scalen verschoben wurde. Verwendet wurde hierbei das zum
Galvanometer gehörige Stativ und Magnetometer I; die für
je drei Abstände in angemessener Abwechselung angestellten
Beobachtungen wurden nach kleinsten Quadraten berechnet.
Es ergab sich so:
27. u. 30. März 1888. 10. April 1888. 14. April 1888.
r unm) tgj^beob.1 tgtj/ber. r(mm) tg^beob. tgy ber. | r(mm) tgtffbeob. tg^bf?
1349.60.'» 0,027 921» 0.027 92a ! 1299,636 0,031 387 0,031 383 1299,636' 0,031 396 0,031 <tf
10411.641t 0,050 682 O,0*i9 687 : 999,659 0,069 390 0,069 393 1 999,6591 0,069 438 0,06!» 4S»
M9.706 0,113 361 0,113 3«ö ! 799,682 0,136 735 0,136 734 799,682 0,136 814 0,136 6Ü
tf, = 88,90 min. a, = 88,02 nun. a, = 88,00 mm.
Sommer
Herbst
a, = 89,72 mm.
Mittel Qj = 89,46.
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liestimmnny des Ohm.
403
Hiernach hätte sich der ganze Polabstand um 2 min —
etwa 1 Proc. — verringert; dies dürfte beim Transport ge-
schehen sein, fur den der Hohlmagnet 4 mit dem fast gleich-
starken Magnet 2 durch zwei kleine Anker zu einem geschlos-
senen System vereinigt war.
Für Magnet 2 wurde beobachtet:
12. Januar 1886. r = 1246,41 mm, r = 9«1,58 mm,
<p « 2,0480°, y =s 4,1826°,
woraus nach (37), (38): «, =* 87,5; ferner nachträglich in Halle
(8. April 1888):
r = 1349,605 1049,649 34y,706
tg p beob. - 0,027 878 0,059 559 0,113 085 a, = 87,05 mm.
ber. = 0,027 871 0,059 561 0,113 085
Der Polabstand hat also auch hier abgenommen; übri-
gens ist der Werth 87,5, wie aus der Berechnung der Ab-
lenkungsbeobachtungen hervorging, jedenfalls noch etwas zu
klein, und 88,3 dürfte der Wahrheit näher kommen.
Die später mitzutheilenden Rechnungen sind mit
a, = 87,7 mm geführt; dieser Werth hatte sich bei einer
Näherungsrechnung ergeben und weicht von dem definitiven
87,5 so wenig ab, dass eine Wiederholung der Rechnungen
uberflüssig schien.
Die Beobachtungen über den Polabstand des kleinen
Hohlmagnets sind folgende:
11. Juli 1885. r = 1220,84, r = 804,57, , _ uuu
y = 0,97945« ,,/= 3,4460°, *
ax = 69,3 mm.
30. Dec. 1*87. r ~ 938,58, r = 638,59, . , . .r
(Halle) y = 2,0392', =* 6,5304<\ <a 4>lj mm >'
a, = 69,8 mm.
Für die Rechnung verwendet ist das Mittel 69,6 mm.
Es mögen noch die aus dem Vorstehenden sich ergeben-
den Quotienten Polabstand / Magnetlänge zusammengestellt
werden :
Magnet 4 (hohl)
Länge 209,97
Polabstand 178,9 l 177,0
Quotient 0,852 0,843
2 (voll) 3 (hohl)
209,63 160,93
175,0
0,835
174,1
0,831
139,1
0,864
1) Magnetometer I mit Magnet von 10 mm Länge.
26*
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401 E. Dom.
Diese Zahlen schliessen sich eng an die Angaben von
Hrn. F. Kohlrausch1) an, und zwar liefern auch bei mir
die Hohlmagnete etwas höhere Werthe.
Da in jeder Reihe der flauptbeobachtungen die Magnet-
abstände fast ungeändert blieben, und auch die Ablenkungen
— welche auf p2 und px einen geringen EinÜuss haben —
nur unerheblich schwankten, so konnten in jeder einzelnen
Reihe dieselben ein für allemal berechneten Werthe von jk,
und pi beibehalten werden, wie sie in nachstehendem Täfel-
chen vereinigt sind.
Taugenteubussole.
Magnetometer I. a = 10,04; = 89,46. Ji'S^o^^S.
Sommer Herbst u. Winter Winter
r (min)
V>°
P*
r ,u
1 1245,3
2,049
15706
t, 802. 10*
960,1
4,495
15713
1,805.10"
1246,5 961,3
2,055 | 4,504
15706 ' 15713
1,802.10s 1,805.10s
! 1264,4
2,055
15770
1,827.10»
961,2
4.504
15775
1,829.10*
' 1,01020
1,01726
1,01018 1,01721
1,01023
1,0172*
Galvanometer.
Hülfsmagnet: 3;
a = 69,6; a, =89,46.
Hülfsmagnet: 2;
a = 87,7;
a, = 89,4^.
Sommer u. Herbst
Herbst
Winter
r(ium) 1245,4 960,0 , 1245,3 959,9 1245,3 i*5i>7S
t//° 1,999 4,361 1,998 4,343 2,00" 4,364
p2 1562 1893 -6928 -6406 -6927 - 64lx>
/>< -2,561 . 108 -2,512. 10* , -3,985. 108 -3,984. 108 - 3,984 . 10* -3,981. \K
[l+^ + ^jl 1,00090 1,00176 1 0,99537 0,99258 0,99536 j 0,9«/>5"
17. Local variometer. — Das Local variometer mit
vier Ablenkungsmagneten nach Hrn. F. Kohlrausch besitzt
vor den Bifilarinstrumenten dieser Art den grossen Vorzug,
eine Unverrückbarkeit seiner Aufstellung nur fur die kurze
Zeit der Ablesungen in beiden Lagen des Rahmens zu bean-
spruchen.
Die zur Berechnung der Angaben dienende Formel wurde
bereits angegeben. Ist für den Normalwerth der Horizontal -
1) F. Kohlrauscb, Gött. Naebr. 1883. Nr. 13. p. 396.
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Bestimmung des Ohm.
405
intensitat H0 bei einer Temperatur r0 die Differenz v0 der
Ablesungen in beiden Stellungen der Ablenkungsmagnete
beobachtet, und haben für eine andere Zeit oder einen ande-
ren Ort Hy r, v die entsprechende Bedeutung, so ist:
Der Coefficient ^ hängt mit dem Temperaturcoefticien-
ten (mj) des Momentes der Ablenkungsmagnete und dem
Ausdehnungscoefficienten t des Rahmens zusammen durch
die Beziehung: ul = (ja,) + 3c.
Um (mj) zq bestimmen, klebte ich die später aus der
ersten Hauptlage wirkenden Magnete 1)' und 3)' des Vario-
meters V parallel nebeneinander in 39 mm Abstand auf eine
Glasplatte (wobei jeder Magnet auf den anderen eine schwä-
chende Kraft von etwa 1,5 //ausübte), und verfuhr im übrigen
nach der Web er' sehen Methode.2) Ich erhielt im Mittel
aus je fünf Beobachtungen (28. September 1884):
Temp. Magnetometer n beob ber
/ beob. ber.
20,31 , 507,63 507,86 -0,23 n ber. = 524,71 — 0,8299 1.
30,15 4 99,74 499,69 + 0,<>5 Summe der Scalen Verschiebungen
20,33 508,14 507,*4 +0,30 bei folgeweiser Entfernung der
10,14 516,42 516,30 +0,12 Magnetchen und des Gumpen-
20.27 507,S2 507,89 -0,07 sationsmagnets N « 1287,2.
±0,15
[ßx) = 0,3299/1287,2 = 0,03645.
Die für die zweite Hauptlage bestimmten Magnetchen 2)'
und 4)' gaben ähnlich:
Temp. Magnetometern beob, _ ber>
/ beob. ber.
20,52 506,46 506,77 —0,31 n ber. - 51S.56 - 0,5744 f.
29,97 501,24 501,34 -0,10
20,67 506,88 506,69 +0,1» y = 1124,6.
10,04 ' 512,68 512,79 -0,11
20,26 507,05 506,92 +0,13
±0,17
(/i,)' - 0.5744 1124,6 = 0,0,511.
1) Diese Formel setzt voraus, dass va von massigem Betrage ist.
r kann auch grössere Wertbe besitzen, muss dann aber der Tangente
der Ablenkung vom mittleren Sealentheil proportional gemacht, werden.
2) Vgl. z. B. F. Kohlrausch, Leitfaden der praktischen Physik,
ß. Aufl. p. 200 u. 201. Nr. 3.
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406
E. Dorn.
Sind rl3 und ru die Abstände, aus welchen die in der
ersten und zweiten Hauptlage befindlichen Magnetchen wir-
ken, so wurde nach Anweisung von flrn. F. Kohl rausch
r13 = 1,12. r24 gemacht. Hiernach ist als Temperaturcoefti-
cient der Combination anzusetzen:
_ (1,12) '.0,0,511 + 2.0,0,645 ^
Wird der AusdehnungscoeTficient des kupfernen Rahmens
nach Fizeau t = 0,03168 gesetzt, so folgt schliesslich:
u] = 0,03590 + 8.0,0^168 = Ü,03640.
Ich habe auch versucht, den Coefticienten ^ direct zu
bestimmen, indem ich das Instrument durch Heizen des
Zimmers auf verschiedene Temperaturen brachte, während
ein zweites, in einem Räume constanter Temperatur aufge-
stellt, die zeitlichen Aenderungen von H zu eliminiren ge-
stattete. Ich erhielt so y.x — Ü,03G53, indessen war das heiz-
bare Zimmer nicht ganz frei von magnetischen Störungen,
sodass ich den Werth 0,0364() vorziehe.
Das Variometer V diente nur zu Hülfsmessungen, wäh-
rend deren die Temperatur höchstens um einige Zehntelgrade
schwankte; ich habe seinen Temperaturcoefficienten daher
einfach auch = 0,0S64 gesetzt
Das Variometer V habe ich mehrmals justirt und dann
jedesmal den Coefticienten f bestimmt. Derselbe kann er-
halten werden nach:
f= >
' AA
•
wo <p den halben Drehungswinkel des Rahmens zwischen den
Anschlägen und A den (wegen des Vorsatzglases1) corrigirten)
Scalenabstand bedeutet. Andererseits kann man rein empi-
risch verfahren, indem man durch einen genäherten Magnet,
für welchen MjH0 ermittelt ist, die Horizontalintensität um
einen bekannten Bruchtheil von H verändert Er war:
1) Dicke 3,33 mm; durch Vorsetzen wird das Bild um 1,16 mm gt»-
nähert, wie mit Hülfe eines Mikroskopes direct gefundeu wurde.
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Bestimmung dex Ohm.
Variometer V.
407
Datum r/i A f /(mit Magn.j /zur Rechnung
10. Oct 1884 23,87° 5J4,7 | 0,03219 0,0,221 0,0,219
1. April 1885*) 23,58 507,3 0,0,2151 0,0,2149 0,0/2151
0.032t4S Noraalort:
westliche C«nim>lt\
Ifi. Oct 1885 23.58 507,8 0,0,2169 0,0,2164 0,0,216*5
0,0,2163 n Normalort:
Gilranometerplatr.
*) Hier war ein dünnerer Faden eingezogen nnd tjorgfilltig uustordirt.
Erwähnt sei noch, dass bei Variometer V zur Ablesung
stets das mit dem Instrument verbundene Fernrohr und die
zugehörige in Va mm getheilte Scala benutzt wurde.
Das Variometer V wurde durch ein unabhängig aufge-
stelltes Fernrohr abgelesen und nur die Aenderung des Stan-
des bei einer Stellung des Rahmens verfolgt. Der Coeffi-
cient f wurde hier nur empirisch ermittelt und erhalten:
7. April 1885 /' = 0,03144Ö; 26. Juli 1885») /' = <).033254;
5. October 1885 0,0,3248.
Uebrigens gab das Variometer V die Aenderungen der
Horizontalintensität in Bruchtheilen desselben Normal-
werthes H^, wie das erste, da für den benutzten Magnet Mj //0
bestimmt war.
Die Temperatur r wurde durch ein Thermometer ange-
zeigt, dessen Gefass sich in der Höhe der Ablenkungsmagnete
möglichst nahe an denselben befand. Beim Drehen des
Rahmens von K, welches etwa zwei Secunden in Anspruch
nahm, trug der Beobachter dicke Handschuhe, auch trat
derselbe immer nur so lange an des Instrument heran, als
zur Ablesung unbedingt nöthig war. Wenn künstliche Be-
leuchtung erforderlich war, wurde im Herbst das Licht
einer Kerze, welche hinter einem mit Wasser gefüllten
gläsernen Troge stand, durch eine Linse auf die Scala con-
centrirt, weniger gut bewährte sich im Winter eine Petro-
leumlampe, deren Strahlen nur die Scala trafen, während
die Magnete durch einen mehrfachen Pappschirm beschattet
wurden.
Bei den örtlichen Intensitätsvergleichungen, welche im
1) Von hier an Doppelmillimeterscalii.
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408
E. Dorn.
Herbst und Winter am Schlüsse jeder Hauptbeobachtung
vorgenommen wurden, hielt ich ein Streichhölzchen einige
Augenblicke über die Scala.
Da mir im Sommer 1885 Zweifel an der Zuverlässigkeit
des von mir benutzten Variometers V zur Bestimmung der
örtlichen Aenderungen der Horizontalintensität aufgestiegen
waren, so ermittelte ich am 18. October 1885 das Verhältniss
von H an zwei Stellen G und T (Platz des Galvanometers
und der Tangentenbussole bei den Hauptbeobachtungen)
mit V und durch Schwingungen des Hohlmagnets 4 in einem
transportablen Magnetometer. Die zeitlichen Aenderungen
von // wurden durch V eliminirt.
V V \ I
Zeit (/ = 0,0,2166) '«/« 0.0,3248) ^ ^
Ort r r v i
10»>31'-37 '») Tgb. !-88,58 12,14 186,21 11,99 +5,24! -33,34 vT-vg = -49,29
10M8-54' Galv. +11,48 12,25 186,58 1 2,05 +4,54; + 16,02 Vt--^
llh 5-11' Tgb. -34,75 12,30 188,67 12,14 +1,531-33,22; — ^—=-0,0106^
Schwingungsdauer (schon auf Normalstand von V
und gleiche Temperatur des Magnets reducirt).
Ort Mittel
Galv. 2M3-57 : 13,3689; 2»»57 -3Ml : 13,3681 1 13.3685
Tgb. 3M6'-59: 18,4409; 3b59'-4M3' : 13,4414; 4>> 13 — 4^27 : 13,4406 ; 13,4410
Galv. 5»» 2 -16:13,3684; 5M6- 30' : 18,3681 13,3683
Da die Torsionsverhältnisse % = 0,00777 und &T « 0,0078;*)
waren, folgt:
Zeit
[Ort
V
v ! r
r
V J
Redact; V
an v reduc.
5h 49' -55'
Tgb.
-42,68 12,15 183,62 11,72
+ 8,30 -34,38 vT-vg*=
-49,46
6h 6'— 13
6»» 25' -30'
Galv.
Tgb.
»
+ 6,63 12,20 188,15 11,68
-41,25 12,24 188,93 11,68
+ 8,74 +15,37^t-^
+ 7,45-38,80 jj
9
= -0,01069
1) Mittel aus zwei Ablesungen zu 6' auseinander liegenden Zeiten.
2) Es ist bequem , r auf den Normalstand des Variometers V und
Norinalteniperatur zu reduciren. Wie leicht ersichtlich, hat man zu dem
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Bestimmung des Ohm.
409
Die Differenz der Werthe - 0,0108tf und - 0,01069
betragt 0,03 17, d. h. etwa Veooo» unc^ ^eß^ innerhalb der mög-
lichen Beobachtungsfehler bei der Schwingungsmethode,
womit der Zweifel als unbegründet nachgewiesen ist.
Für die Zuverlässigkeit der Hauptbeobachtungen ist es
wesentlich, dass die Intensitätsänderungen an den in Betracht
kommenden Stellen die gleichen sind. Beobachtungen auf
Stein 1 und 2 führten zu folgendem Ergehniss:
V (Stein 1) V i Steil) 2)
Zeit 118*:» , All All All -All
l * l ' Ļ_.JL*_.. 7 i4 jr. _
T. April 3h 60' j 388,20') 10,16 +0,00076 1—38,65 10,16 + 0,0O0H<» - 0,00004
4* 40' 388,05 10,17 + 64 -38,95 10,17 + 72 - S
* April 8* 35* i! 395.10 9.45 + 21 -43,40 9,45 + 24 - M
. 10h 53 j 403,15 9,51 — 99 -48,95 9,511— 100 + 1
12h55 ; 39s,80 9,82 - 56 -46,35 9,78 - »52 -f H
4h 0' 1395.05 9,94 - 9 -43,70 9,95 - 16 + 7
April 8h 30 j 395,30 9,69,+ 3 -43,70 9,K6 + :i ± 0
3!>4~94 '9,82. —43.39 '.».81 J- 0,0000 »
1) Wachsendem H entsprechen abnehmende Sealentheile.
Die Differenzen betragen also nie 710rt0(l und im Mittel
i;
25000 •
Ferner wurde durch Versetzen von V erhalten (April
1885, Nor mal ort: Westliche Console K3 Fig. 7) (H-M0)IJf( =
8. April
20. April -0,00762
25. April -0,00766
Stein 1 Stein 2 j V (östl. Fenster)
-0,00948 - 0,00646
-0.00947
-0,00949 | -0,00644
Mittel -0,00764 , -0,00948 -0,00645
Hieraus folgt noch- für die Differenz Stein 1—2: +0,00184.
Nach diesen Resultaten hielt ich mich für berechtigt,
die örtlichen Differenzen von // als constant anzusehen. Es
ergab sich aber am 26. Juli 1885 als relative Differenz
gegen die westliche Console:
Stein 1 — Cons. Stein 2 — Cons. F, (Oeatl. Fenster) — Cons.
-0,00698 —0,00898 -0,00651
and daraus Stein 1 - Stein 2 : + 0,00200.
Ende (»,'- r')/'//+ (i— t) w, '/ zu v zu addiren. Oben ist r„'= 190,00
genommen, was übrigens ftir das Endresultat ohne Belang ist.
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410
E. Dorn.
Diese Differenz, auf welche es besonders ankam, war
also wenigstens bis auf 0,031G unverändert geblieben.
Die anderen, bis auf 0,0S5 ansteigenden Differenzen ha-
ben möglichenfalls in der Aenderung des inducirten Magne-
tismus im Eisen des Gebäudes durch die Temperatur ihren
Grund.
Nach dem Umbau (vgl. p. 413) war die Differenz gegen
Stein 1 (in Theilen der hier geltenden Horizontalintensität):
Stein 2 - Stein 1 F, (Oestl. Fenster) - Stein 1
18. Oct. 1885. —0,01063 -0,00669
forner die Differenz zwischen Pfeiler und Fenster ( V* — I )
20. Jan. 1886: +0,00108.
Anordnung und Aufstellung der Apparate. Die
allgemeine Anordnung der Apparate geht wohl hinreichend
deutlich aus dem Situationsplan (Fig. 7) hervor. Einzelne
Erläuterungen will ich noch zusammen mit der Beschreibung
der Aufstellung geben.
18. Stativ für das Galvanometer. Zunächst
wurde die Ablenkungsschiene horizontal gemacht und der
Drehpunkt der oberen Platte mit Hülfe eines Lothes genau
unter den an der Decke befestigten Torsionskreis gebracht.
Um noch die Ablenkungsschiene senkrecht zum magneti-
schen Meridian zu stellen, wurde auf der ftxirten Tischplatte
ein Blatt Papier mit zwei sich rechtwinklig schneidenden
Linien befestigt, von denen die eine genau in die Richtung
der Ablenkungsschiene fiel.
Auf der Tischplatte wurde nun ein 75 cm langer Magnet
(hochkant) so lange verschoben und gedreht, bis er das
45 cm südlich von seinem Ende aufgestellte Magnetometer I
nicht mehr aus dem Meridian ablenkte und mit einem Blei-
stift die Spur des Magnets auf dem Papier ausgezogen.
Di esc Operation wurde der Sicherheit wegen wiederholt,
nachdem der Magnet um seine Axe durch 180° gedreht war.
Die Linien fielen parallel aus und gaben die Richtung des
magnetischen Meridians.
Der Winkel zwischen den Linien und der zur Ablenkungs-
schiene senkrechten Linie des Kreuzes Hess sofort den Be-
trag der noch erforderlichen Drehung erkennen. Nachdem
l
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Bestimmung des Ohm
111
diese ausgeführt war, wurden alle Einstellungen controiirt,
und endlich die Füsse des Stativs mit einem Gemisch yon
Leim und Gyps auf dem Stein befestigt.
Das Galvanometer selbst wurde so auf das Stativ ge-
setzt, dass der geometrische Mittelpunkt des Rahmens unter
das Loth vom Torsionskreise fiel. Dann kittete ich den
Multiplicatorrahmen an das Gehäuse und die Fussscheiben
der Stellschrauben des letzteren auf die festgeklemmte
Platte des Stativs.
Nachdem der Aufhängungsdraht sorgfältig von Torsion
befreit war, legte ich den Hohlmagnet 4 in das Schiffchen ein
und verschob den mittleren Stift des Torsionskreises, welcher
den Draht trug, so lange in verticalem Sinne, bis der Magnet
sich in der Mitte des Multiplicatorrahmens befand, was mit
Hülfe eines entfernt aufgestellten Theodolithes constatirt
wurde.
Weiter machte ich den um eine horizontale Axe beweg-
lichen Spiegel des Galvanometers vertical, und zwar benutzte
ich hierbei ein in gleicher Höhe mit dem Spiegel befindliches
Fernrohr, welches bei der richtigen Spiegelstellung sein eige-
nes Objectiv gespiegelt sehen musste. *)
Dass die Windungsebene des Multiplicators nach dem
Verfahren des Hrn. Schering in den Meridian gebracht
wurde, ist bereits oben (p. 61) mitgetheilt. Um eine etwaige
Veränderung bemerken zu können, wurde an dem Galvano-
metergehäuse ein Spiegel so befestigt, dass in ihm die Scala
des Beobachtungsfernrohres erschien, wenn dieses passend
geneigt wurde. Diese Vorsichtsrnaassregel war besonders dann
von Nutzen, wenn das Galvanometer von seinem Platze ent-
fernt und wieder hingesetzt werden musste.
Die Lager für den Magnet (zum Zweck der Ablenkungs-
beobachtungen) wurden soweit auf der Unterfläche abgehobelt,
bis der ablenkende Magnet in einer Horizontalen mit dem
Hülfemagnet lag, und in einem solchen Abstände festgekittet,
dass die Ablenkung des Hülfsmagnets für beide merklich
gleich ausfiel.
Ii Im Herbat hatte eine kleine Veränderung stattgefunden, vgl. Mes-
sung der Scalenabstündc.
412
E. Dirrn.
Endlich wurde das Ablesefernrohr (von Stein heil,
52 mm Objectivdurchmesser, Montirung der von E. H art-
man n ähnlich) aufgestellt, seine Fussscheiben auf der Platte
des dreifüs8igen Stativs und die Füsse dieses letzteren auf
dem Stein befestigt. Die Scala stellte ich anfänglich mit Be-
nutzung rechter Winkel und durch Abmessung der Ent-
fernung entsprechender Punkte vom Ocular zur Fernrohraxe
senkrecht; weit besser bewahrte sich aber folgendes Verfah-
ren. Eine Kerze wurde mit dem Fernrohr anvisirt, sodass
die Flammenspitze auf dem Fadenkreuz gesehen wurde. Dann
trat der Beobachter hinter die Kerze und Hess die (spie-
gelnde) Scala durch einen Gehülfen solange drehen, bis die
Kerze und ihr Bild in der Scala mit der Fernrohraxe in
einer Verticalebene erschien, wobei die beiden Bildchen im
Objectiv die Beurtheiiung erleichterten.
Die von Hrn. G. Wiedemann angegebene Methode1)
erlaubt jedenfalls, eine noch grössere Schärfe zu erreichen,
doch ist das oben beschriebene Verfahren mehr als aus-
reichend, sehr einfach und kann fast immer ausgeführt wer-
den, ohne das Fernrohr von seinem Platze zu entfernen. An
eine nicht spiegelnde Scala braucht man nur einen Spiegel-
streifen anzudrücken.
19. Das Stativ für die Tangentenbussole wurde ähn-
lich, wie oben angegeben, justirt und das Magnetometer I
sorgfältig mit der Magnetmitte in die Mitte der Windungen
gebracht, wobei die gelegentlich der Ausmessung auf der
Marmorplatte gezogenen Durchmesser gute Dienste leisteten.
Die Einstellung der Windungen in den Meridian erfolgte
nach der Gleichheit der beiderseitigen Ablenkungen durch
einen Strom; übrigens war von der vorläufig mit einer lan-
gen Magnetnadel ermittelten Lage nur eine Drehung um
etwa 0,5° erforderlich. Die Magnetlager wurden wie beim
Galvanometer angebracht.
Das Fernrohr (von E. Hartmann, 40 mm Objectiv-
durchmesser) erhielt fast genau den gleichen Scalenabstand
wie das des Galvanometers und wurde auch tixirt.
1) G. Wiedemann, Abhandl. dor Herl. Akad. 1884. Reparatabdruck
p. 10 ff.
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Bestimmung des Ohm.
4\<$
Auch das aperiodische Galvanometer PG erhielt
merklich gleichen Scalenabstand.
Durch einen Umbau des Gebäudes der Technischen Hoch-
schule im Spätsommer 1885, bei welchem im zweiten Stock-
werk Eisen verwendet wurde, erlitten die magnetischen
Verhältnisse eine Veränderung. Infolge dessen wurde
die Orientimng der Stative am 17. Oct. 1885 wiederholt;
die Stellung der Tangentenbussole in den magnetischen Me-
ridian wurde am 2. Jan. 1886 noch nachjustirt.
20. Im Sommer und Herbst, wo die Zimmertemperatur
von der äusseren wenig abwich, stand das Variometer V
zur Verfolgung der zeitlichen Aenderungen der Horizontal-
Intensität (mit hintergesetztem Schirm) auf dem eichenen
Brett des östlichen Fensters ( Vl Fig. 7), im Winter auf einer
Console des Pfeilers daneben (Vt).
Das Hülfs variometer V verblieb auf dem mittleren Fen-
sterbrett.
21. Den schnellen Uebergang von einer Schaltung zur
anderen ermöglichten zwei Quecksilberverbindungsnäpfe
.Yj und X2 der Art, wie sie von dem Comite der British
Association und auch von Hrn. Wild benutzt sind.1)
Die Drahtleitungen waren, soweit sie nicht über den
Tischen verliefen, in etwa 2 m Höhe an ausgespannten Bind-
fäden geführt, und zwar stets Hin- und Rückleitungen lose
umeinander geschlungen. Die Leitung von den Hauptwin-
dungen des Galvanometers bis zu den Verbindungsnäpfen Ä\
uud X2 bestand aus demselben doppelt mit Seide besponnenen
Drahte, welcher zum Galvanometer verwendet war, die übri-
gen Leitungen aus 1,5 mm starkem Kupferdraht mit wach-
sirter Baumwollenbespinnung.
Zur Beleuchtung wurde nie Gas, sondern fast aus-
schliesslich Kerzen verwendet
Die Hauptbeobachtungen.
22. Dieselben zerfielen in drei Reihen, welche im Som-
mer und im Herbst 1885 und im Winter 1885/1886 ange-
stellt sind.
Jede einzelne Hauptbeobachtung umfasste
1) Fleoming Jenkin, Reports of the British Ass. 1873. p. 119.
E. Dom.
am Vormittag :
1) Messung des Scalenabstandes lür Galvanometer und
Tangentenbussole,
2) Controle des Abstandes der Marken auf den Magnet-
lugern (im Herbst und Winter);
am Nachmittag, bez. Abend1):
3) Vergleichung des Galvanometerwiderstandes mit IVQ*).
4) Dämpfungsbeobachtungen für vier verschiedene Wider-
stände des Galvanometerkreises,
5) Bestimmung der Galvanometerfunction (zweimal),
6) Messung der Schwingungsdauer (zweimal 15 Minuten)
und
6 a) der Luftd&mpfung,
7) Ermittelung von M/II aus der Ablenkung des Magne-
tometers der Tangentenbussole durch den Galvanometermagnet
(in zwei Abständen),
8) Die entsprechende Beobachtung am Ort des Galvano-
meters mit 3 oder 2 als Hülfsmagnet,
9) Vergleichung der Horizontalintensität für den Ort
des Galvanometers und der Tangentenbussole (im Herbst und
im Winter).
Die Operation 4) dauerte 3/4 bis 1 Stunde, 3) — 7) 3 bis
3V8 Stunden, 3)— 9) etwa 4% Stunden.
Ausser mir selbst waren stets zwei Hülfsbeobachter
thätig.
Das Variometer für Declination wurde abgelesen wäh-
rend 4), 5), 6 a), 7)8). 8), das Intensitäts variometer während
4), 6), 7), 8).
Die Temperatur des hohlen Galvanometermagnets wurde
durch ein eingeschobenes Thermometer gemessen vor 4), nach
6) und während 7), 8); das Thermometer in der Rolle unter
dem Galvanometerkasten wurde abgelesen während 3), 4), 6).
Selbstverständlich wurde die Temperatur von JVQ für
3) und 4) die des Stöpselrheostaten WKX und des Neben-
schlusses für 5) bestimmt.
1) Im Sommer wurde nur Nachmittags, im Winter nur Abends, im
Herbst meist Abends (nur am 25. Oct., 1. Nov. u. 8. Nov. Nachm. beobachtet).
2) Hierbei war der Magnet stets herausgenommen.
3) Im Herbst und Winter.
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lle&timmuiuj des Ohm.
415
Mitunter war die Reihenfolge der Operationen eine an-
dere; immer aber kam 3) unmittelbar vor oder nach 4).
Ferner wurde stets daran festgehalten, dass zwischen den
Beobachtungen 4), 5), 6) der Magnet unberührt im Schiff-
chen des Galvanometers liegen blieb und auch kei-
ner stärkeren magnetisirenden Wirkung unterwor-
fen wurde. Aus diesem Grunde habe ich auch auf ein Ab-
wechseln von Dämpfungs- und Widerstandsbeobachtungen
verachtet.
Ich bin der Ueberzeugung, dass bei der guten Tempo-
raturconstanz des Beobachtungsraumes hierdurch geringere
Fehler entstanden sind, als durch Aenderung des magneti-
schen Momentes infolge der Ströme bei Widerstandsmessung
aufgetreten wären. Bei Differentialwickelung wäre allerdings
eine Widerstandsmessung bei einliegendem Magnet möglich
gewesen.
23. Bevor auf die Mittheilung der Hauptbeobachtungen
selbst eingegangen wird , muss noch eine Vorfrage erledigt
werden, nämlich die gegenseitige Beeinflussung der
Instrumente.
Dieselbe wurde theils empirisch ermittelt, theils nach
der Formel:
(39) { Y = ^ [3 cos (A, g) cos (Ä, (>) - cos (hx A,)] .
Hierin bedeutet hY die Eichtung der
Axe des Magnets, M sein Moment, (>
seine Entfernung von der seiner Wirkung
unterworfenen Stelle, Y die Componente
nach der Richtung A3.
Nach derselben Formel kann auch
die Fernwirkung eines Stromkreises be-
rechnet werden, wenn M durch das Product
▼on Stromstärke und Windungsfläche er-
setzt wird.
a) Die auf dem Tisch I vereinigten
Apparate übten auf das Hauptgalvano-
meter keine merkliche Ablenkung aus, auch unter Anwendung
▼on 4 Chromsäureelementen statt des bei den Beobachtungen
benutzten einen Daniells.
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410
JE. Dorn.
b) Eine Einwirkung dos Chronographen Hess sich nicht
constatiren.
c) Der im Schiffchen des Galvanometers liegende Hohl-
magnet 4 vermehrt am Orte der Tangentenbussole die Hori-
zontalintensität um 0,0,14 abs., d. h. noch nicht Viooow
Betrages (M = 6,53. 107, g = 6000 mm, hxg = h^g = 126,2°).
Auch die — gleichgültige — ablenkende Wirkung ist gering:
1,4 Scalentheil.
d) Aus derselben Lage übt der Hohlmagnet 4 am Orte
des Local variometers eine vermindernde Wirkung von
0,03106 abs. aus (M = 6,53 . 107, g = 6763 mm, -£A, g =-£/*3(>
= 114°). Indessen wurde der Magnet 4 vom 13. November
ab, wenn er zum Zweck der Bestimmung von MjH heraus-
genommen war, sofort durch den fast genau gleich starken
Magnet 2 ersetzt, sodass also bei diesen Beobachtungen
eine Aenderung überhaupt nicht eintrat. Bis zum angegebe-
nen Datum wurde Magnet 3 eingelegt, dessen Moment
2,98. 107. Die relative Aenderung der Horizontalintensität
ergibt sich hieraus zu + 0.0,24; eine Grösse, welche vernach-
lässigt werden darf.
e) Hingegen wirkt der auf den Lagern am Galvano-
meter O —> W liegende Magnet merklich auf die Stelle Vl
( }*= 0,0324.// empirisch). Daher wurde das Mittel der Va-
riometerablesungen für beide Lagen des Magnets benutzt
oder der Magnet während der Variometerbeobachtung fem
von Vx vertical gestellt. Für die entsprechenden Beobach-
tungen an der Tangentenbussole war nur das letztere Ver-
fahren anwendbar.
f) Die Ablesungen am Declinationsvariometer PG müssen
von der Einwirkung des Magnets 4 befreit werden.
Äj und sind hier West-Ost gerichtet. Für die Be-
obachtungen am Galvanometer hat man (von Ost nach West
auf den Lagern fortschreitend):
q = 7505, 7644, 8801, 8995 mm,
4cAl(> = 61,0y, 59,1°, 47,6°, 46,4°,
und findet leicht die an den Daten von PG anzubringenden
Reductionen in Scalentheilen *):
l) ScalenabsUud 3036 Seth.
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Bestimmung des Ohm.
417
4:0,14, =F0,10, ±0,11, ±0,12.
Das obere Zeichen gilt, wenn der Nordpol nach West
liegt Empirisch fand sich im Mittel aus vier Reihen:
+ 0,14, ^0,12, ±0,10, ±0,11.
Befand sich der Magnet auf den Lagern an der Tan-
r'entenbussole, so waren die entsprechenden Reductionen im
Mittel aus zahlreichen Beobachtungen (ebenfalls von Ost nach
West fortschreitend):
4.48, 6,09, 4,47, 2,86 (abs. Werthe).
Doch ist hiervon nur selten Anwendung gemacht, wenn der
Erdmagnetismus für eine unmittelbare Verwerthung der Ab-
lesungen an der Tangentenbussole zu unruhig war.
g) Eine etwaige gegenseitige Einwirkung der Ströme in
Galvanometer und Tangentenbussole fällt infolge der Ab-
lesung fur alle vier möglichen Stellungen der Commutatoren
heraus.
h) Auf das Declinationsvariometer wirkt dagegen der
Strom der Tangentenbussole etwas ein. Da h{ und nach
Ost zu zahlen sind, so folgt die Ablenkung £ aus:
wo F die Windungsfläche der Tangentenbussole bedeutet.
Für diese selbst ist hinreichend nahe:
Statt des Verhältnisses der Tangenten darf wegen der Gleich-
heit des Scalenabstandes das der Scalentheile gesetzt werden ;
fuhrt man noch ein R = 249 mm, q = 2914 m, -£ä, o = 88,2°,
so findet man die Reduction1) =iV.0,0331, wo N die Ab-
lenkung an der Tangentenbussole in Scalentheilen bedeutet.
24. Scalenabstande. — Die Messung der Scalenab-
stände erfolgte nach dem Verfahren von Hrn. F. Kohl-
rausch2): berichtigte Glasmaassstäbe wurden an Spiegel
und Scala vorsichtig angeschoben und ein nachträglich aus-
1) Diese ist der Ablenkung entgegengesetzt gleich.
2) F. u. W. Kühlrausch, Wied. Ann. 17. p. ft. 1882.
Ann. d. Phyfc n. Chem. N. F. XXXVI. 27
w(3co,,<V)-i).
demoach :
tgi = tg (3 cos *(/«,(>)- 1.)
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418
E. Dorn.
*
gemessenes1) Stück eines festen, langen Holzmaassstabes
(40 x 46 mm) mit Pendeln aus Cocon darauf projicirt.
Um die Correction wegen der Spiegelneigung3) zu
ermitteln, mass ich mit einem Kathetometer die Höhe S und
F der Scalenstriche und der Drehungsaxe des Fernrohrs3)
über der Spiegelmitte, woraus die Reduction am gemessenen
Scalenabstande A nach (S +F)(S — F)AA berechnet wurde.
Am Galvanometer ergab sich so im Sommer 0, fur
Herbst und Winter —0,23 mm; an der Tangentenbussole
für Magnetometer I —0,08 mm (1. Juni 1885) und —0,10
(15. Jan. 188b), im Mittel —0,09 mm, für Magnetometer II
am 16. Jan. 1886: —0,95 mm und nach einer Veränderung
der Einstellung am 18. Jan. 1886: -0,72 mm.
Bei dem Spiegel der Tangentenbussole und des Galva-
nometers wie bei den Vorsatzglasern der Tangentenbussole
konnte ich eine Krümmung nicht constatiren.
Die Correctionen wegen der Vorsatzgläser und der (auf
der Rückseite belegten) Spiegel habe ich unmittelbar auf
optischem Wege bestimmt4), zur Controle aber auch die
Glasdicke gemessen. Die dieserhalb zu den direct erhalte-
nen Scalenab8tänden zu addirenden Grössen waren:
Galvanometer (kein Vorsatzglas): +2,28 mm; Tangenten»
bus8ole, Magnetometer I, Sommer: — 1,65 + 0.59 = — 1,06;
Herbst und Winter (anderes Vorsatzglas) — 1,32 + 0,59
= -0,73 mm; Magnetometer II: - 1,19 + 0,81 = -0,38mm.
Die Messung5) lieferte nach Anbringung aller erwähnten
Reductionen den in Rechnung zu setzenden Scalenabstand
in Millimetern. Statt die Scalentheile durch Multiplication
mit 1 + 0,0685 s (s = Scalen temperatur) in Millimeter zu ver-
wandeln, ist es bequemer, den Scalenabstand durch Division
mit derselben Grösse in Scalentheilen auszudrücken. War
1) Diese Messung wurde jedesmal ausgeführt.
2) F. Kohlrausch, Wied. Ann. 31. p. 95. 1887.
3) Eigentlich ist F bis zum Durchstosspunkt der Visirünie mit der
Verticalebene der Scala zu rechnen; doch machte dies keinen merkbaren
Unterschied.
4) Vgl. F. Kohlrausch, 1. c. Das hier für Spiegel angegebene
Verfahren habe ich übrigens seit drei Jahren benutzt.
5) Alle Längen sind auf das Genfer Meter bezogen und mit Tem-
peraturcorrcction vorsehen.
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Bestimmung des Ohm.
419
künstliche Beleuchtung benutzt, so wurde auf Grund einer
vergleichenden Beobachtung die Öcalentemperatur um 2°
höher als die Zimmertemperatur angesetzt.
In folgender Tabelle sind die Scalenabstände A vereinigt.
Scalenabstand.
Datum
Galvanometer.
Tangent enbussole.
A{mm) \ Diff. : j° /{(Seth.) A (mm) I Diff. ^(Scth.l
31. Mai
21. Juni
28.
5. Juli
12. n
19. „
! 3037,82
,64
,53
,88
,49
,38
+ 0,20
+ 0,02
-0,09
+ 0,26
-0,13
-0,24
3037,62 ±0,16
-0,24
17,3
20,0
22,1
20,1
22,1
22,2
3037,37
7,12
6,96
7,85
6,90
6,81
3034,90')
3035,64
,78
,66
,59
'4l
3035,62
+ 0,02
+ 0,16
+ 0,04
-0,03
—0,21
±0,09
3034,45
5,12
5,23
5,13
5,00
4,84
+ 0,29; 14,0
12,3 3037,90 3035,29 - 0,16 30^4,94
13. Nov.
17. »
28. Der.
29. ^
30. „
2. Jan.
15. „
16. Jan.
IS. „
19. „
3038,75
-0,16
+ 0,12
+ 0,02
+ 0,07
-0,09
±0,14
+ 0,09
-0,09
±0,09
3038,49 -0,10
,56 -0,03
,60 , +0,01
.34
,69
-0,25
+ 0,10
13,5
11,2
12,3
12,1
10,3
11,7
10,0
9,3
9,8
10,0
8,5
10,*
8,41
7,95
8.29
8,16
8,22
8,10
3038,54
,40
3038,26
.31
,34
,12
,41
,44
,44
,59
,42
,46
3035,45
3035,30
25
3035,28
3037,61 »)
3038,02
i.i
99
ft
-0,01
-0,01
+ 0,14
+ 0,04
—0,03
+ 0,01
±0,06
+ 0,02
-0,03
±0,02
+ 0,09
+ 0,06
-0,15
5,08
5,09
5,30
5,17
5,11
5,19
3035,00
4,99
3037,38
,77
3037,43' j
3037,93 ±0,10
3038,85
,83
,82
-0,24 11,0
+ 0,24 11,4
. 3038,59
Selbst
+ 0,23
±0,15
wenn man
11,0
die
3038,07 3034,70 1-0,11
,54 ,88 +0,07
,54 ,84 +0,03
3034,81 | ±0,07
,73
,56
,15
3034,43
,5!»
,56
Differenzen der unter einander
vergleichbaren Werthe nur Beobachtungsfehlern zuschreiben
wollte, wäre die Uebereinstimmung eine gute. Insbesondere
beim Galvanometer haben aber thatsächliche Aenderungen
des Scalenabstandes durch kleine Schiebungen und Tempe-
raturänderungen im Gebäude u. s. f. stattgefunden.
1) Für die Mittel nicht verwerthet, da eine kleine Aenderung der
Einstellung vorgenommen.
27 *
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420
E. Dorn.
25. Magnetabstände. — Nach den Ausführungen von
p. 398 ff. können sofort die Magnetabstände zusammengestellt
werden. Als Temperatur t ist die im Hohlmagnet beobach-
tete genommen.
Datum
Tangen ten bussole
XUrkenaUt.
Galvanometer.
31. Mai
21. Juni
2s. „ j
5. Juli
12. „
Ii). „ 1
25. Oct.
27. „
30. „
1. Nov.
3. »
6. »,
s. ,,
13. „
17. „
2*. Dee.
29. „
30. „
2. Jan.
15. „
1»?. „
IM.
19.
17,7
19,7
22,1
20,3
23.0
12,5
12,(5 ,
12,1
11,4
10,8
10,6
10,7 ,
10,1
8,4
7,s
8,3
8,2
7,7
9,2
9,2
9,5
9,4
-0,18
■0,17
-0,17
0,20
-0.23
0,2«
0,23
0,1*
0,19
0,42
-0,39
■0,46
0,49
0,49
(>,51
0.57
1245,15 959,94
,25 9C0,O3
,29 ,07
,29 .07
,34 ,1t
,37 ,14
1246,54 961,36
26.
,54
,54
,52
,49
,48
,49
,51
,49
,39
,37
,39
,34
,35
,35
;b4
,31
der
,36
,36
,34
,32
.31
,32
,34
,32
,22
,21
22
;ts
,1H
,18
,17
,14
I
17,7
19,7
22,0
20,2
23,0
♦>•> 4
12,7
12.3
12.2
11,6
11,0
10,6
10,9
10,3
8.6
8.1
8,3
8,3
8.0
9,3
9,6
9,6
-0,07
-0,05
-0,07
-0,08
-0,07
-0,07
-0,07
— 0,06
-0,05
-0,02
-0.01
-0,05
-0,04
+ 0,02
-0,02
+ 0,02
1245.33
.40
,44
,43
,47,
,49"
1245,31
.32
,31
,30
.30
,29
,29
,29
,28
.29
,30
,28
,2S
,32
,31 I
,32
959.92
.98
960,02
,01
.06
959,92
,92
.9!
,90
.90
,!H>
.90
.90
,89
,"0
.91
.W
,92
,94
für
Verhältniss der Horizontalintensität
Galvanometer und Tangentenbussole. {HTjHg.)
Ich gehe zunächst auf diesen Gegenstand ein, da das
erwähnte Verhältniss zur Reduction einiger anderer Beob-
achtungen gebraucht wird.
Es bedeuten IIg und HT die innerhalb der betreffen-
den Apparate geltenden Werthe (also einschliesslich
des Localeintiusses derselben); die Werthe ohne Local-
einfiuss der Apparate seien Hx und I/2. Nach p. 4*09
setze ich für den Sommer (//, — //,)/ Hx gleich dem
Mittelwerthe - J (0,00184 + 0,00200) = - 0,00192; da ferner
(vgl. p. 65 und 72) der Localeintluss des Galvanometers
— 0,0313, derjenige der Tangentenbussole -f- 0,0323, so wird
(ffr - //,)///„ = - 0,00192 + 0,0313 + 0,0323 = - 0,00156, und:
J/rj Hg= 0,99844.
Im Herbst und Winter wurde 1IT i Itg am Schlüsse
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Bestimmung fits Ohm.
421
jeder einzelnen Hauptbeobachtung bestimmt. Der Magnet
des Variometers wurde hierbei genau (d. b. bis auf wenige
Millimeter) an den Ort gebracht, welchen vorher die Magnete
der Instramente einnahmen. Nach dem Umsetzen des Local-
variometers wartete ich stets acht Minuten und machte dann
zwei Ablesungen im Zwischenraum von fünf bis sechs Minuten,
tod denen das Mittel verwerthet wurde. Die Art der Beob-
achtung und Berechnung möge aus folgendem Beispiel
hervorgehen.
2ö. Octo- Variometer V Varioni. V Redact.1) v
ber 1885 ürt r r t> r an " reduc.
^58'a.m. T. -48,10 11,85 170.87 11,60 + 14,45 -33,65 r,-r, = -52,36
*hl2-lS G. + 4,84 12,11 179,86 1 1,74 + 14,12 > 18,96 'Bv lfx _ftfll1qJt.
'Ji»27 -32 T. -47,67 '12,15 179,73 11,80 + 14,52 -33,15 Jfl " U>UI1^'
^27 p.m. G. + 11,00
j
«M«'-4.V T. -40,75
^:>5 -7bO' G.' 4- 11,83
12,65 185,20 12,10 -}- 5,58 + 16,58;ir,-r, = -51,8*
12,51 185,18 12,03 ~ 5,81 —34,1*4, ;/ ' =-0,01124
' ff H
12,50 185,40 12,00 + 5,43 + 17,20 9 - -0.01088
I 9
p. m.: Urjlfg = 0,98912
1) Vgl. p. 408 Anmerkung 2). Die Reduction iet berechnet nach
i 190,00- r'H0,0,3248 •' 0.0,2166) + (0,0,640/0,0,2166) (r - r).
2) Nämlich — 52,36.0,0,2166.
Nachstehend sind die Resultate zusammengeschrieben.
Verhältni8s von // für Galvanometer und
Tangentenbussole.
I>at.
25. Oct
27. „
1. Nov.
»
\ „
13. „
17. „
p. m. I a. m.
lltHgl) Dat.
-0,01124 -0,01134 0,98912 2* Dec.
-0,00979 ' -0,00979 0,99057 29. «
-0,01068 -0,01071 0,98968 30.
-0,01072 —0,01069 0,98964 2. Jan.
-0,01072 -0,01067 0,98964 15.
-0,01053 -0,01036 0,9.-983 16.
-0,01052 — 0,98984 18. „
— 0,01043 — ! 0,98993 19. „
-0,01052 — ; 0,9*984
p. m.
— 0,00954
-0,00955
-0.00955
-0,00958
0,99082
0,99081
0,99081
0,9907*
-0,00994 0,99042
-0,00998 0,99049 *)
-0,01001 0,9903«
-0,00993 0,99044
1) Hierzu sind nur die Beobachtungen p. m. benutzt.
t) Von hier an Magnetometer 1 1 , al»o wegen LocaleinHuss zu
{U, - Hx);Ul zu addiren + 0,0,13 + 0,0,25 = 0,0,38.
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422
E. Dorn.
Die gute Uebereinstimmung der a. m. und p. in. erhal-
tenen Wertbe beseitigt jedes Bedenken gegen die künstliche
Beleuchtung; auch schwanken, vom 25. und 27. October
abgesehen, die Verhältnisse nur um wenige Zehntausend-
theile für die Beobachtungen jeder Reihe.
27. Vergleichung des Galvanometerwiderstan-
des mit W Q. — Hierbei wurde der Universalwiderstand
UfVlJ als Wheatstone'sche Brücke benutzt, und zwar
D = 1000, C= 10 gemacht.1)
Die Ausführung der Messung wird am kürzesten aus
einem Beispiel hervorgehen. 31. Mai 1885.
Die Enden der Leitung 5 und 6 sind in den Queck-
silberverbindungsnapf X1 gesteckt. Im Zweiget des UWP
erforderlich 25,006 S.-E. (uncQrrigirt).»)
Die Drähte 1 und 5 kommen in Xv 2 und 6 in Xv In
WQ sind alle Kupferbügel eingelegt. A (uncorrigirt)
= 401,208 S.-E. Nachdem in H'Q 1,+ lj+la eingeschaltet
ist: A (uncorrigirt) = 700,763 S.-E. Endlich wieder für die
Galvanometerleitung aliein 25,004 S.-E., Mittel 25,005.
Das Thermometer in der Rolle unter dem Galvano-
meterkasten zeigte 17,44°, das in WQ 17,21°.
Zunächst sind die A wegen der Caliberfehler, Kupfer-
drähte und Stöpsel zu corrigiren. Nach p. 43 ist:
Widerst.
Corr.
20 +0,015
5 -0,004
4 Drähte +0,002
- 2 Stöpsel*) -0,000
A (uncorr.)
A (corr.)
+ 0,013 i
25,005
25,018
Widerst.
Corr. " Widerst.
Corr.
200
100
100
1
4 Drähte
- 4 Stöpsel
+0,021
+ 0,039
+ 0,047
-0,001
+ 0,002
-0,001
500
200
2 Drähte
- 2 Stöpsel
tr
+0,061
+0,021
+ 0,001
-0,000
+0,107 ü
401,208
401,315
+ 0,083
700,763
700,846
Nach Abzug der Zuleitung Gralv.:
Galv. + 1, + 1, + 1:1:
1, + 14 + 13:
A (corr.) 376,297
_n 676,828
1) Der bereits p. 39 erwähnte auch hier verwendete Doppelschlüssel
ist in den Situationsplan nicht eingetragen.
2) Interpolirt zwischen A = 25 S.-E. und 26 S.-E.
3| Eigentlich 17 - 2 = 15 Stöpsel, doch heben sich die 17 Stöpsel
heraus.
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Bestimmung des Ohm.
423
Die durch Herausnahme der Bügel zugefügten Wider-
stände sind (vgl. p. 55) in m/qmmHg:
fur 10° Reduction auf 17,21°
1, 0,99424 0,00270
13 0,99094 0,00270
1, 0,99453 0,00271
2,97971 0,00811
Oi + 13 + 13) für 17,21° = 2,98782 m/qinm Hg. Deinoueh
endlich Galv. + Leitung bis 1 und 2 für 17,44°:
2,98782.376,297/299,531 = 3,75357 m /qmm Hg.
Da bei den Dämpfungsbeobachtungen die Drahtenden 1 und 2
in Xt eingedrückt wurden, so ist dies (abgesehen von einer
kleinen Correction wegen der Temperaturänderung) gerade
derjenige Widerstand, welcher gebraucht wird.1)
War der kleinste bei den Dämpfungsbeobachtungen be-
nutzte Widerstand Galv. -f- 1, und der grösste Galv. -f- 1,
+ l2 + ls + l4, so wurden auch diese Widerstände nach
obigem Verfahren verglichen.
Ausser den Ergebnissen theile ich soviel von den Beob-
achtungen mit, dass die Rechnung controlirt werden kann.
Unter A (corr.) steht der dem Galvanometer (resp. + 1}) und
der den drei zugefügten Einheiten entsprechende Betrag, der
Widerstand des Galvanometers findet sich unter „beob.".
Anordnung I bedeutet, dass zum Galvanometer in fVQ
zugefügt war 0 und lt + l2-h 13, II: ll und l^ la+ 13+ 1„
III: 0 und 16 + 1« + 17.
Vergleichung des Galvanometerwiderstandes
mit IV Q.
Dat. T*mP' jAnord- A[^ ) Galv. m/qmm Hg : ^
WQ Galv. nung beob ber.
31. Mai 17,21 j 17,44 I 376,297 299,531 | 3,7536 3,7561 -0,0025 J)
21. Juni 19,53 19,97 379,443 299,433 j 3,7902 ! 8,7894 +0,0008
28. n 21,39 22,11 •< 382,455 299,566 3,8206 3,8198 +0,0008
o.Juli 19,89 20,01 II 479,601 299,535 3,7905 3,7892 +0,0013
12. m 22,48 28,30 „ 483,866,299,595 3,8359 3,8371 -0,0012
19. „ 21,67 22,17 „ 482,450 1 299,570 3,8210 3,8207 + 0,0003
1) Auch der Widerstand innerhalb des Verbindungsnapfes ist hierin
enthalten. Sei derselbe nämlich x, der Widerstand der Zuleitung nach
dem U WP : ( , so misst man bei den Operationen | + -r und Galv. +
$ + 2x, sodass die Differenz Galv. + x liefert
2) Hier war ein anderes Thermometer benutst als später.
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424
K. Dorn.
Dat.
25. Oct.
27. v
30. „
1. Nov.
3. jj
«. „
«. »
13. „
17. v
28. Dec.
29. „
30.
2. Jan.
1 5. »?
1G. »
18. M
1». »
Temp. Anord-
WQ Galv. nung
J (corrig.)
OiIt. m/fjrom H%
beob. ber.
12,41 12,38
11,79 j 11,62
11,56 11,33
11,23 10,9ö
10,32 10,04
10,05 9,87
10,20 I 10,15
9,38 9,27
7,92
7,12
7,95
8,26
6,66
8,S7
8,94
8,97
8.93
7,75
6,96
7,71
7,94
6,56
8,67
8.69
8,79
8,72
V
I
>»
III
•T
M
46^,219
468,195
4H7,884
467,179
460,001
465,723
4(5,990 1
364,942
362,934
:-i6 1,790
362,813 1
I 363,180
361,183 ,
304,359
364,316 ,
364,522
1 304,380
299.55b
299.544
299,571
299,543
299,519
299,543
299,541
299,532
299,508
300,167
300,170
300,164
300,145
300,198
300.234
300,194
300,204
3,6772
3,6663
3.6625
3,6555
3,6429
3,6394
3,6423
3.6306
3,6088
3,5961
3,6083
8.61 15
3,5897
3,6237
3,6229
3.0253
3,6239
3.6773
3,6661
8,6019
3,0562
3,0428
3,0403
, 3,6444
3,0314
3,6088
. 3,5971
■ 3,6083
3,6117
3,5912
8,6225
3,6228
3,6243
3,6232
-0.0001
+ 0,0002
+o,ooo«
- 0,0007
+ 0.0OOI
-0,0009
-0,0021
— 0.0O08
0.0000
— o.ooio
0.<KX>0
-0.0002
-0,0015
+ 0,0012
+ 0.0001
+ O,00lo
+ 0,0007
±0.00075
Um den Temperaturcogfficienten des Galvanometers ge-
nauer zu ermitteln und um einen Anhalt zu gewinnen,
inwieweit das Thermometer in der Rolle die Temperatur
des Galvanometers angibt, habe ich obige Beobachtungen
durch eine quadratische Formel dargestellt:
Wt = 3,49313 + 0,015015* - 0,0.10868z2
= 3,49313(1 +0?004 298/- 0,063111 O.
Die hiernach berechneten Werthe stehen in der Columns
„her.14 Der grössten Abweichung 0,0025 entsprechen etwa
0,17°, der mittleren 0,0375 : 0,05°, ein recht befriedigendes
Resultat.
Aus obiger Formel leitete ich noch die relative Zunahme
der Leitungsfahigkeit des Kupfers ab:
ferner den Zuwachs des Widerstandes für 0,1" bei 10° und
20°: 0,0148, resp. 0,0146.
Widerstand des Galvanometerkreises für die
Dämpfungsbeobachtungen. — Das logarithmische De-
crement wurde für vier verschiedene Widerstände beobachtet.
Mit dem kleinsten Widerstande (Galvanometer allein oder
Galvanometer + 1,) wurde begonnen, dann dreimal je eine
l ) V
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Bestimmung des Ohm.
425
Einheit von W Q zugegeben und rückwärts dieselben Beob-
achtungen wiederholt. Die entsprechenden Werthe des lo-
garithmischen Decrements sind dann zu Mitteln vereinigt,
demnach sind auch nur die entsprechenden Mittelwerthe der
Widerstände zu berechnen. Zu berücksichtigen ist hierbei
die kleine Differenz der Galvanometertemperatur gegen die
bei der Widerstandsmessung herrschende.
So war am 31. Mai 1885 für die Dämpfungsbeobachtun-
gen die Temperatur des Galvanometers 17,39°. Für 17,44°
war gemessen sein Widerstand 3,75357 m/qmm Hg; wegen
der Differenz 0,05° ist abzuziehen 0,0374, also 3,75283
ui/qmm Hg.
Da ferner während der Dämpfungsbeobachtungen in fVQ
die Temperatur 17,14° herrschte, so sind die Widerstände
der benutzten Einheiten in m/qmm Hg:
1, = 0,99692, 12 = 0,99361, 13 = 0,99721,
sodass die in Rechnung zu setzenden Widerstände des Gal-
vanometerkreises sind:
3,7528. 4,7498, 5,7434, 6,7406 m qmm Hg.
Die erste Columne des folgenden Täfelcbens (nach dem
Datum) enthält die Temperatur des Galvanometers zu Anfang
und Ende der Dämpfungsbeobachtungen, die zweite bis fünfte
die für die Rechnung benutzte Temperatur, die sechste die
Temperatur von fVQ, die folgenden die Widerstände, welche
auf Grund von p. 55 u. 423 tf. leicht nachzurechnen sind, nach-
dem bereits (p. 423tf.) angegeben, welche Stücke von «^jedes-
mal verwendet wurden.
Widerstand des Galvanometerkreises für die
Dämpfungsbeobachtungen.
W
Dat. Te.np. Galv. Temp. Widerst, d. Galv, Kreise«
r W (l in qmm Hg
M. Mai 17,39-17,39 17.39 — - 17,14 3,7528 4,7498 5,7434 6,7400
21. Juni "20,07- 19,97 20,07 l) 20,0a — 19,50 3,7909 4,78*0 5,7825 0,7805
24 n 22,04-22,11 22,08 — — 21,39 3,8202 4,8187 5,8131)6,8127
5. JuU| V -20,01 20,01 — 19,89 4,7885 5,7831 6,7814 7,7791
12. » ,23,11) -23,27 23,23 — — — 22,42 4.8337 5,8293 6,8285 7,8272
19. n |22,13 — 22,17 22,15 — — 21,60 4,8192 5,814 5 6,8134 7,8118
1) Durch ein Versehen war hier zuletzt nicht Galv. allein beobachtet,
sondern Galv. +1, wiederholt.
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426
E. Dorn.
25. Oct. 12,43-
12,38 12,40
27. »
11,62-
11,70
11,67
11,7011,71 11,72»)
30. „
,11,34-
11,46 11,40
|
1. Nov. 10,96-
11,03 10.99
3. „
10,07-
10,18
10,12
ii
6. >•
9,89-
9,97
9,94
_ — -
8. »
10,18-
10,28
10,23
_
13.
9,27-
9,47
9,38
17. „
7,76-
7,88
7,82
7,83; 7,85
7,85 ''
28. Dec.
6,99 —
7,15
7,07
7,08 7,09
7,09
29. „
7,76-
7,78
7,76
30. m
7,94-
7,94
7,94
6,69
2. Jan.
6,56-
6,76
6,67
6,68 6,69
15. »
8,66-
8,70
8,68
, 8,67 i —
1 (>. »
8,69—
8,73
8,71
18. „
8,78-
8,86
8,83
19. „
8,69-
8,78
8,75
8,76
z
Dat. j Temp Galv. " T«np. Wideret d.^al^rei^
— — 12,37 4,6729 5,6649 6,6606, 7,65*-
11,82 ;4,6623 5,6545 6,6502i7,64^
11,58 ,4,6587 5,6505 6,6459, 7,64«'-
1 1.22 '4,6510;5,6427 6,6380 7,63$
10,31 4,6387 5,6800 6,62491 7,6 VM
10,06 4,6350 5,62626,6210 7,61^
10.23 4,6381 5,6294 6,6243|7,61>:
9,41 3,6321 14,6265,5,61756,6111
7.94 3,6099 4,6038 5,5945 6,58*i
7^16~]3,5978 4,5953 5,5888 6,58
7.95 [3,609t 4,6067 5,6005 6,59 :*
8,20 3,6115 4,6092 5,6031 6.5* *
6,73 ,3,5914 4,5897 5,5822 6,57 .V)
8,85 j 3,6238 4,6216 5,6157 6.60^
8,92 3,6233|4,6213 5,6 154 6.60?*
8,95 3,6260 4,6241 5,6183 6,61 1*
8,91 8,6244 4,6225'5,6166 6,6101
2) Unregelmäßiger Gang der Temperatur.
Eine Vergleichung der Temperaturen des Galvanometers
mit denen während der Widerstandsmessung zeigt nur Diffe-
renzen von wenigen Hunderttheilen eines Grades. Die Ver-
nachlässigung derselben würde das Endresultat etwa um Vi*».»
verändern.
28. Dämpfungsbeobachtungen. — Um den Magnet
in Bewegung zu setzen, wurde der Strom eines Leclanche-
Elementes unter Einschaltung eines passenden Widerstandes
(etwa 200 S.-E.) durch die Neben windung des Galvanometers
geleitet und unterbrochen, wenn eine auf der Scala ange-
brachte Marke im Gesichtsfelde erschien. Abgelesen wurden
dann drei (bei belastetem Magnet vier) aufeinander folgende
Umkehrpunkte. Es war in dieser Weise möglich, den grossen
Bogen bis auf einige Procent constant zu halten, und die
erste Elongation abwechselnd nach den grossen und nach den
kleinen Zahlen der Scala erfolgen zu lassen.
Wie schon erwähnt, verfolgte ein Hülfsbeobachter die
Intensitätsvariationen am Variometer, ein zweiter die Decli-
nationsänderungen am Galv. PG. Dämpfungsbeobachtungen,
bei denen diese 0,1 Sealentheil überschritten, wurden verworfen
Es wurde so eingerichtet, dass die erste Umkehr etwa
350 Scalentheile von der Ruhelage geschah, bei belastetem
Magnet etwa 420 Seth.
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licstimmuny des Ohm.
427
Bei welchen eingeschalteten Widerständen beobachtet
wurde, ist bereits angegeben; übrigens sind immer 6 bis 8,
bei der mittleren Beobachtung 8 bis 12 Einzelbeobachtungen
gemacht.
Die abgelesenen Umkehrpunkte wurden mit der Correc-
tion wegen der Theilfehler der Scala und auf Bogen versehen,
das log. Deer. X in Brigg i sehen Logarithmen (5 Stellen)
berechnet und auf oo kleine Amplituden reducirt
Waren durch WQ 0, 1, 2, 3, 4 Einheiten zum Galvano-
meter zugefügt, so war X (brigg) rund 0,70—0,76, 0,53 — 0,056,
0,43-0,45, 0,36-0,38, 0,31-0,32, und die Reduction 0,0013,
0.0010, 0,0S7, 0,035 , 0,034, d. h. Vooo— Vaoo des Ganzen. Bei
belastetem Magnet erhob sich die Reduction für das erste
der beiden immer hintereinander (beobachteten Decremente
auf V400» war aDer fur das zweite nur noch etwa l/i000.
Zur Erläuterung der obwaltenden Verhältnisse diene
folgendes Beispiel (28. Juni 1885).
176,6
Red. auf
log(Bog.) Atbri**.) ookl.
Hogen
Albris)
rod.
557,35 -0,01
4SI, 75 1 0,00
Aehnlich:
+ 1,22 177,82 379,52 2,57924 0,7007»
557.34 75,59
481,75 —
1,87846 -
0,00106 0,70184
Erste Elongation
+
Hauptmittel
0,70184
0,70185
0,70188
0,70194
0,70110
0,70203
O,70186±2 0,70169±39
0,70178
WQ Ä(bri*g.), erste Elong. *jbriw.> Variom.1) H~^m
iu-Hm
2 II,
Afbriiw.) A <briW. ,
red.
liechn.
0,70186 ± 2 0,70169±39 0,70178 +18,48 22,03 -0,0310
0,53052 ± 12 0,53037±20 0,53045 +18,40 21,98 - 09
+1, 0,42953 ±10 0,42945 ± 3 0,42949 +18,63 21,95- 02
+'.+1,0,361 78 +.11 0,36166± 8 0,36172 +19,10 21,98 + 06
0,42959 +.15 0,42938 ± 4 0,42949 +19,28 22,00 + 09
\ 0,53029 ± 7 0,53031 ±28 0,53030 +19,20 22,03'+ 05
0,70201 ±26 0,70225±25 0,70213 +18,05 22,03 00
+ 18,66 22,00
1 i Mittel aus je zwei bis drei Ablesungen.
-0,0,3 0,70175 0,70194
- 2 0,53043 0,53037
0 0,42949 0,42950
+ 1 0,36173 0,36173
+ 210,42951 1 —
1 0,53031 -
0 0,70213
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428
K Dom.
Neben den log. Decr. sind die zugehörigen Varioineter-
stände angegeben und weiter die daraus berechneten Abwei-
chungen der Horizontalintensität von dem Werth welcher
dem Mittel entspricht. Das in der folgenden Coluuane ent-
haltene ±X.(H—Hm)j II0 ist die Reduction an k auf Z/»1)? die
übrigens hier und auch sonst so geringfügig ist, dass sie
ohne Schaden hätte wegbleiben können. Hieran schliesst
sich dann der reducirte Werth von Hm und das Mittel der
entsprechenden, welches für die weitere Rechnung ver-
werthet ist.
Die Luftdämpfung war (zugleich mit der Schwingungs-
dauer beobachtet) Itbr^g., — 0,00165; unter Benutzung der
bereits angegebenen Werthe von W (vgl. p. 425 ff.) und 11
= 0,1448 m/qmm Hg x sec kann nun nach Umrechnung der
). in natürliche Logarithmen die in (6) definirte Grösse £1
erhalten werden:
52 = 5,4511; 5,4510; 5,4517; 5,4513;
Mittel .<> = 5,4513 ±2.
Da die Reduction auf den Mittelwcrth der Horizontal-
intensität, wie schon erwähnt, sehr geringfügig ist, so begnüge
ich mich mit der Angabe der reducirten log. Decr. (in Brig-
gischen Logarithmen), der aus ihnen folgenden fl und der
mittleren Variometerstände. Das log. Decr. für den geöft-
neten Multiplicator steht in Klammern. (Folgt Tab. p. 420.)
Die Uebereinstimmung der verschiedenen an demselben
Tage erhaltenen „Q ist im allgemeinen eine sehr gute.
Man kann nun noch die an verschiedenen Tagen erhal-
tenen Mittelwerthe der il untereinander vergleichen, indem
man sie auf einen Normalstand des Intensitätsvariometers
und eine Normaltemperatur des Galvanometermagnets redu-
cht. Vorausgesetzt ist hierbei Unveränderlichkeit der son-
stigen Verhältnisse, insbesondere der für eine bestimmte
Temperatur geltenden Momente des Galvanometermagnets
und der Ablenkungsmagnete des Variometers, sowie des Ver-
hältnisses der Horizontalintensität an den Plätzen des Gal-
vanometers und Variometers.
1) Man ersieht dies am einfachsten, indem man in Formel (3: die
Correctioncn fortlässt und 7'0 durch H ausdrückt.
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Bestimmuny des Ohm. 429
Logarithmische Decremente und Werthe von SI.
a > brier-)
Mittel
= 0.72O19 0,72001 0,72010
p 0.54033 0,54036 0,54035
0.43614 0^43630 0,43622
^ 0,36665 (0,00159) 0,36665;
r=+5,l7, r= 17,89
= 0.710Ö2 — ') 0,7101)2
= «».53477 0,5346 5 0,53471
"0.43229 0,43239 0,43234
^(•36372 (0,00157) 0,36372
r + 12,27. i = 19,33
r 0,70175 0,7 0213 0,70194
= 0,53043 0.53031 0,53037
^ U.42949; 0,42951 0,42950
0.36173 (0,00165) 0.36173
r = + 18,86, r = 22,00
Si
5,4636
5,4610
5,4629
5,4631
5,4626 ±
(5,4538)
5,4555
5,4558
5,4547
5,4553 ±
5,4511
5,4510
5,4517
5,4513
5,4513+. 2
* (bririr.)
Mittel
*
?i
4
-5
^ 0.55127 0.55 1 04 0,55116 5,4663
^ 0.44282 0,4 4 3 0 5 0,44294 5,4651
" 0,37145 0,37 1 4 1 0,37143 5,4 660
0.32U0(0,OO145)0,32040| 5,4668
r - _ 24,88, r = 12,26 5,4661 +
^ 0,55191 0,55225 0.55208 5,4618
g 0,44357 0,44374 0,44366 5,4631
^ 0,37202 0,37 1 94 |0,37198 5,4650
0,.'I20S7 (0,001 45) jo,32087 5,4668
r=* --21.53, = 11,67 5,4642 ±17
0^55278 0,55286 ,0,55282 5,4632
0,44409 0,44 408 0,44409 5,4634
0,37223 0,37 221 0,37222 5,4641
0,32087 (0,00149)0,82087 5,4629
r =^ 26,67, r = U,25 5,4634 ± 3 1
U,55398~ 0,55399 ;0,55399 5^4647
0,44504 0,44503 0,44504 5,4671
0,37274 0,37289 jo,37282 5,4665
0,32145 (0,001 44) i0,321 45 5,4674
r= -32,51, z = 10,92 5,4664 +
:
0,53454 0,53438 0,53446
0,43201 0,43233 0,43217
0,36365 0,36349 0,36357
0,31435(0,00137)0,31435
v = + 10,18, t = 19,78
0,52809 0,52769 0,52789
0,42806 0,42781 0,42794
;0,36047 0,36054 0,36050
;0,3I214 (0,00164) 0,31214
v - + 22,99, r = 23,88
0,53006 0,5300t 0,53004
0,42924 0,42914 10,42919
0,36165 0,36147 J0,36156
^ 0,31282(0,00159) 0,31282
r = + 18,82, r = 22,40
> ,0.55586 0,55565 0,55576
o 0,44598 0,44580 0,44588
~ 0,37351 0,37343 0,37347
m 0,82190 (0,0015210,32190
v = - 27,84, i = 9,79
0,55646 0,55667 0,55657
© 10,44664 0,44659 0,44662
^ 0,37403 0,37399 0.37401
* 0,32235 (0,00150) 0,32235;
r = - 32,76 i = 9,77
. 10,556381 0,55627 0,55633
© 0,44627 0,44630 0,44628
0,37388 0,37384 0,37386
<*> 0,32214|i O,00145) 0,32214
v = - 35,94, i = 10,26
5,4560
5,4571
5,456:{
5,4564
5,4565 !- 3
5,4460
5,4482
5,4466
5,4486
5,4473 + 10
5,4493
5,4494
5,450;t
5,4500
5,4498+ 4
5,464:*
5,4631
5,4635
5,4637
5,4636+ 4
5,4669
5,4677
5,467s
5,4683
5,4677+ 4
5,4692
5,4679
5,4694
5,4684
5.4687+ 6
0,44049 0,440 1 9 j0,44034
0,33910 0,33905 i0,33907
0.27662! 0,27656 |0,27659
0,23373 (0,00104)0,23373
»■ = - 32,45, r = 9,52 3,4895 + 4
3,4888
3,4899
3,4898
3,4894
0,44373 0,44370 0,44372
£0,34105 0,31119 0,34112
I Y< 0,27806 0,27792 0,27799
XZ |o,23485 (0,00112) 0,23485
t = - 36,14, i-7,61
8,4909
3,4918
3,4915
3,4920
3,4915 ± 4
1) Durch ein Versehen war nicht Galvanometer allein beobachtet,
sondern noch einmal Galvanometer + 1.
2) Magnet mit den 100 g-Gewichten belastet.
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430
E. Dorn.
Mittel
ü
B
Q
o
9
-a
-M*
0,76442 0,76386 0,76414
0,56379 0,56418 0,56399
0,45126 0,45125 0,45126
,37760(0,00144)0,37760
r = — 30,30, t = 7,83
0,76060 0,76070 0,76065
0,56221 j 0,56222 0,56222
0,45006! 0,45020 0,45013
0,37670 (0,00147) 0,37670
0 - — 26,77, r = 8,29
0,75984 0,75936 0,75935
0,56149 0,56169 0,56159
0,44948 0,44958 0.44953
0,37637 (0,00156 1 0,37637
g = — 22,57, t ■ 8,25
0,76587 0,76539 0,76563
0,56515 0,56520 10,56518
0,45196 0,45177 0,45187
0,3778810,00143)0,37788
v = - 29,60, i = 7,59
Si
5,4X29
5,4S24
5,4833
5,4850
5,4884 ±
5,4807
5,4805
5,4818
5,4822
5,4813 +
5,4764
5,4778
5,4765
5,4786
5,4773 ±_
5,4812
5,4846
5,4835
5,4833
5,4832 +
es
Q
Mittel Si
8
c 10,75701 0,75682 0,75692 5,4326
£ 10,56060 i 0,56052 0,56056 5,4848
i6 0,44888 0,44889 0,44889 5,4830
~ 0,37595(0,00148)0,37595 5,4848
v = - 34,96, r = 9,11 5,4888 + 10
• 0,75554 0,75581 0,755681 5,4751
es 0,55975 0,55972 0,55974! 5,4777
"1 0,44834 (VI4845 ,0,44840 5,4775
2 0,37576 (0,00146) 0,37576 5.4823
r = - 26,84, i = 9,31 ? 5,4782 = 20
c
■
0,75544, 0,75540 i0,75542| 5,4784
0,55935 0,55930 |0,55930 5,47*2
0,44816 0.44812 0,44812 5,4783
~ 0,37525 (0,00137) 0,37525|
v = - 25,59, t = 9,28
5,4791
5,4785 ±
5,4763
5,4800
! 0,44816 0,44823 ,0,44820, 5,4768
0,75539i 0,75575 10,75557
3 0,55974 0.55987 ,0,55981
9
- ;0,37562(0,00144) 0,37562 5,4817
V = — 27,04, i = 9,46 5,4787 ±22
Urn die Reductionsformel zu erhalten, ersetze man in
der Formel (7) 2H durch Mund Tn durch tiK^H^M-\
wodurch dieselbe übergeht in:
2.10'° KXl*£iH1!~
171 WS
Hierin ist m und G als constant anzusehen ; ferner
hat man (der Index n deutet Normalwerthe an):
sodass die Reduction von U auf die Normalwerthe wird:
iL - LI = Si
\, ff- IT"
)('-<«) + !
Da fi = 0,08281, für den unbelasteten Magnet x=0,O3278,
für den belasteten x = 0,03312, so ergibt sich |fA-f|x
= 0,03435, resp. 0,03437.
Als Temperatur des Magnets ist die des Thermometers
in der Rolle (vgl. p. 425 ff.) angenommen; die Aenderungen von
// gegen die später anzuführenden Normalstände folgen leicht
aus den v und t.
Der Kürze wegen theile ich nur das Resultat mit.1)
1) Im Früheren sind alle zur Controle der Rechnung nöthigen Data
enthalten.
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Bestimmung des Ohm. 431
il auf Normalstände reducirt.
Sommer.
/. = 20°,
Herbst
tn = 10»,
Winter.
= + 10,0, vn = - 30,0, M^»et be,ast( t / = - 30,
20°
10°,
Dat.
Dat.
Dat
31. Mai 5,4573
21. Juni 5,4579
28. „ 5,4579
5. Juli ! 5,4570
12. - 5,4567
1!). „ 5,4559
5,4571
iß
25. Oct.
27. ,»
30. »
1. Nov.
3. „
6. n
8.
5,4708
5,4703
5,4665 <
5,4657
5,4656
5,4663
5,4653
5,4669
±4
13. Nov.
17.
3,4885
3,4885
3,4985
±0
28. Dec.
29. „
30. m
2. Jan.
15. „
16. „
18. n
19.
5.48(H)
5,4808
5,4800
5,4797
5,4793
5,4782
5,4796
5,4785
5.4795
±6
Bei der Bildung des Mittels im Herbst sind die beiden
ersten Beobachtungen nicht berücksichtigt, da Grund zu der
Annahme vorliegt, dass das Verhältniss von H für den Platz
des Galvanometers und Variometers seitdem sich änderte.
Multiplicirt man noch das Resultat für den belasteten Mag-
net mit V56Mi~röV 1,8388. 10", der Wurzel aus dem Ver-
hältniss der Trägheitsmomente, so kommt 5,4658 fast iden-
tisch mit dem ohne Belastung beobachteten Werthe.
Uebrigens sind die drei Serien untereinander nicht ver-
gleichbar.
29. Bestimmung der Galvanometerfunction. —
Im Situationsplan ist die für diese Messung benutzte Schal-
tung eingezeichnet.
Als Beispiel zur Erläuterung des Verfahrens wähle ich
die Beobachtung vom 31. Mai.
Die Stände des Galvanometers sind aus fünf aufeinander
folgenden Umkehrpunkten berechnet, die der Tangentenbus-
sole aus den fünf gleichzeitigen Ablesungen. Die Scalentheile
haben die Theilfehlercorrection und die Reduction auf Bogen
erhalten; auch sind die Declinationsänderungen mit Hülfe
der (vom Einfluss der Tangentenbussole befreiten) Ablesungen
an P. G. eliminirt.
In IV Kx der Stöpsel 5000 gezogen. Temperatur im
Benzol (Nebenschluss): 17,06°, in WKX \ 17,02°.
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432
E. Dorn.
'Ruhelage Ruhelage Ablenkung M
Galv. i 495,80 215,891215,30:776,37,776,42 495,81 n = 280,51 <y =2,6457 0
Tgb. !. 491,89 789,20'l95,23 789,07 195,51' 491,53 <N= 296.88 0 = 2,8028
In fVK} 5000 + 2000 gezogen; Temperatur im Benzol:
17,00°, in WKX : 17,02".
Ruhelage] Ruhelage i Ablenkung
Galv. 495,81 295,05 295,13 696,32696,34' 495,62 » = 200,62 ^ = 1,8922'
Tgb. 491,53 788,43 195,45 788,19 195,61 491,53 xV= 296,39 0 = 2,7981 '
Die absoluten Werthe von y sind 0,046176 und 0,033025.
Durch Interpolation zwischen dem 27. Mai und 13. Juni
(vgl. p. 45) ergibt sich für 10°: JF, =* 9.9662 «, ; zur Reduction
auf 17,06°, resp. 17,09° ist zu addiren 7,06.0,00359 = 0,0253.
resp. 7,09.0,00359=0,0254, somit JP„ = 9,99 15^, resp. 9,99165r
An 5000 ist zunächst die Calibercorrection (vgl. p. 44
unter 18. Juni) + 2,90 und die Temperaturreduction
+ 5000 . 0,03395 . 7,02 = + 13,85 anzubringen. Hierzu kommt
das Galvanometer mit 3,77^*) und die Leitung von den
Klemmen an Wn bis zu den Verbindungsnäpfen mit 0,07*,.
Im ganzen wird also JP, =7)020,59 *j und ebenso für die
zweite Beobachtung 7025,98 *r
Weiter ergibt sich nach p. 70 die Constante der Tangenten -
bussole A = 7,9185; mit Benutzung von ß = 0,00610 (p. 70)
und V= 1,627 (p. 62) folgt endlich aus Formel (23): [p0HT)
= 60,180 und 60,195, im Mittel 60,187 +
Bestimmung der Galvanometerfunction.
Datum
Temp.
N
I
0°
Mittd
31. Mai
21. Juni
28. „
5. Juli
12. M
19. „ M -
17,06 17,02
17,09 I 17,02
19,50 19,27
19,53 I 19,29
21,49 , 21,03
21,52 21,01
19.79 19,82
19.80 19,82
22,58 22,15
22,61 22,16
21,33
21,71 21,35
9,9915
9,9916
10,0016
10,0017
10,0090
10,0091
10,0032
1 10,0032
! 10,0135
: 10,01 36
110,0105
' 10,0106
i 5020,6
! 7026,0
4018.5
4018,6
4021,5
j 4021,5
I 4019,4
, 5026,2
I 5030,8
! 4023,4
, 4022,0
, 5029,2
280,51
200,62
457,13
281,48
275,24
454,84
277,02
289,78
288,82
275,12
275,83
287,38
296,88
296,39 !
389,03
238,37
233,12 !
387,15
234,54
306,56
305,72
232,93 |
233,60
304,31?
2,6457
1,8922
4,3119
2,6551
2,5964
4,2905
2,6128
2,7332
2,7245
2,5953
2,6020
2,7110
2,8028
2,7981 .
3,6719
2,2499 ,
2,2003 I
3,6541 i
2,2138
2,8935
2,8857 ,
2,1987
2,205t |
2,8726
60,180
60,195
60,204
60,206
60,191
60,191
60,212
60,226
60,191
60,211
60,192
60,193
60.1 <
i"
il
60.1:^
- ■ i
60/Ji *
-41
1) Scalenabstand 8. p. 419.
2) 3,75 m.'qmui Hg = 3,77 x, .
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Bestimmung des Ohm.
433
tarn
bJETtjC, »>■>
" i
X
Ott
12,30
12,09
9,9793 5011,2
283,11
408,68 i
302,1 1
12,33
12,10]
9,9 i 94
OOI 1,£
437,21
11,99
11,87 |
DO 10,7
413,77
432,07
12,06
11,87 i
9,9 «80
400b, -
356,80
304,76
11,66
11,66
9,9773 |
• >010,o
414,81
443,69
11,76
11,68
9 9776 '
4005,9
357,8s 305,85
Xoy.
11,23
11,26
9.9758
viv • ^m\J
5009,5
410,68
439,01
11 27
11,27
9,9760
9,9742
5009,5
284,01
302,83
10,71
10,44
5007,9
403,59 1
431,30
10,82
10,44
9 9746
4003,8
348,88
297,94
■
10,14
10.22
10,22
9 9726
5007,4
407,16
435,70
10,23
9 9729
V« V % mm xß
5007,5
281,27
300,14
•
10,40
10,32
9 9738
5007,6
416,32 ,445,15
10 42
10,32
*
9,9739
4003,«
274,70
234,26
9,82
9,59
9,9727
5016,2
419,38
449,00
9,87
9,60
9 9729
7015,6
301,17
449,26
-
8,26
8,10
9,9678
9,9680
5003,2
41S,98
447.83
8,31
8,12
5003,3 289,24
308.12
7,43
7,24
9,9899
5001,6
406,15
430.94
7,48
! ",25
8,00
9,9901
6999,0
203,32
300,29
■'
7,83
9,9912
8999,1
234,64
445.32
7,88
8,00
9,9913
5003,1
290,76
307.80
n
7,93
8,27
9,9915
500: (.6
410.81
436,12
J:lU.
7,98
8,27
9,9917
7001,9
203,90
SO 1,28
7,19
6,74
9,9898
0000,6
405.M
430,51
7,26
6,76
9,9! H t0
8994,6
226,95
430,48
■
8,70
8,74
8,77
9,02
9,9967
5000,1
413,65
439,28
9,02
9,9968
7004,0
204,88
302.95
■•
9,07
9.9971
5004.5
j 391,36
414,94
8,87
9,07
9,07
i 9,9974
4001.0
1 265.76
224,70
■•
9,06
9,99M
4001,0
! 270,83
229.07
••
8,85
9,04
9,9974
5004,5
! 412,5s
437.3S
8,92
9,04
9,9976 5004,5
217,93
230,08
0° [p%Ht)\ Mittel
2,6698
3,8539
3,9012
3,3641
3,9116
3,3748
3 8722
2,6779
3,8056
3,2897
3,8392
2,6521
3,9257
2,5903
3,9540
2,8395
3,9503
2,7271
2,8516
4,1269
4,0782
2,8766
4,1879
2,8869
| 4,1434
2,8582
4,0709
2,8122
4,1125
] 2,8330
4,2016
2,2111
4,2382
, 4,2406
4,2271
2,9084
i 3,8295
1,9171
2,2124
2,7416
3,8734
i 1,9225
. 3,8265
| 2,1400
I 3,9001
1,9317
3,6904
2,5060
2,5535
3,8899
; 2,0547
4,0645
2,8322
4,1996
2,9028
4,1129
2,8413
4,0601
4,0598
4,1434
2,8575
3,9174
2,1213
2,1625
4,1291
2,1721
59.651
59,673
59,750
59,727
59,697
59,705
59,722
59,696
59,719
59,720
59,646
59,639
59,709
59,704
59,733
59,699
59,709
59,725
60,029
60,037
60,029
60,020
60,023
60,030
60,035
60,039
59,983
59,961
59,955
59,984
59,958
59,991
59,986
59,662
±11
59,738
±11
59,701
± 4
59.709
±13
59,719
± 0
(59,643)
± 3
59,707
± 2
59,716
±17
59,717
± 8
60,033
± 4
60,025
± 4
60,027
± 3
60,037
± 2
59,972
±11
59,970
±11
59,989
± 2
In W Kx sind stets die Combinationen benutzt 2000
+ 1000+1000', 5000, 5000 + 2000,5000 + 2000+1000+1000';
nur am 13. Not. war (noch von einer früheren anderweitigen
Messung her) auch noch 10 gezogen. Am 6. Nov. muss ein
Versehen vorliegen; zur Rechnung ist auch fur diesen Tag
später das am 8. Nov. erhaltene 59,707 verwendet, und ähn-
lich am 18. Jan., wo die erste Messung ganz misslungen war,
59,980.
Wenn man die Lage des Magnets innerhalb der Mul-
Uplicatorwindungen und die Vertheilung des Magnetismus
im Galvanometerraagnet als constant voraussetzt, hängt (p0 HT)
nur noch vom Torsionsverhältniss 6 des Galvanometers und
dem Verhältniss der Horizontalintensität HTjHg ab. Man
i Ab«, d. u. Cfamn. N. F. XXXVI. 28
434
E. Dorn.
erkennt leicht, dass man alle Beobachtungen untereinander
vergleichbar macht, wenn man mit dem Factor (Hgj HT) (1 +0)
multiplicirt.
Das Resultat dieser Operation ist folgendes:
Vergleichung der {p0 H2).
Sommer
Dat.
31. Mai
21. Juiii
2S. „
5. Juli
12. „
19. „
i
60,654
60,672
60,658
60,686
60,668
60,600
60,666
±9
Dat.
25. Oct.
2 1 . >»
30. „
1. Nov.
3. »»
8.
13.
17.
Herbst
>»
?>
60,693
60,682
60,699
60,70i>
60,720
60,695
60,694
60,700
(50,699
±8
Dat.
28. Oct.
29. „
30. „
2. Jan.
15.
16.
18.
19.
Winter
60,711
60,704
60,705
00,717
60,673
60,673
60,663
60,690
I
60,709
+ 5
60,675
iiu
Eigenthtimlich ist das Verhalten im Winter, indem
Werthe deutlich in zwei Gruppen zerfallen, deren jede in
sich eine befriedigende Uebereinstimmung zeigt In der Ver-
wendung des Magnetometers II seit dem 16. Jan. liegt der
Grund der Differenz nicht, da die letzte Beobachtung mit
Magnetometer 1 bereits die Abnahme zeigt.
Man könnte an eine Drehung des Multiplicatorrahmens
infolge des Abnehmens und Aufsetzens denken, aber eine
solche ist sicher nicht erfolgt, da die Stellung jedesmal mit
Hülfe eines angeklebten, mit dem Beobachtungsfernrohr ab-
lesbaren Spiegeis controlirt wurde und sich innerhalb weniger
Scalentheile constant erhielt.
Möglichenfalls liegt der Grund in kleinen seitlichen oder
verticalen Verschiebungen des Magnets gegen den Multipli-
cator, die nicht unmöglich erscheinen mit Rücksicht darauf,
dass der Magnet von der Decke herabhing, der Multiplicator
auf dem Tische ruhte, der seinerseits auf dem Fussboden
stand.
Ein ähnliches Schwanken der Galvanometerconstante hat
auch Hr. Wild bemerkt 1)-
1) H. Wild, Abhandl. der Peterab. Akad. 32. 1884. Separatabdruck
p. 100.
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Bestimmung des Ohm
435
30. Schwingungsdauer. — In Zwischenräumen von
15 Minuten wurden dreimal je 6 Durchgangszeiten durch die
Ruhelage mit dem Chronographen aufgezeichnet und die
hieraus berechnete1) Schwingungsdauer mit der Reduction
auf unendlich kleine Amplituden und der Correction wegen
des Ganges der Uhr versehen.
Ein Hülfsbeobachter las alle 5 (später 3) Minuten das
Iotensitäts variometer ab.
Als Temperatur t des Magnets während der Schwin-
gungsdauer ist bis zum 25. Oct. einschliesslich die Angabe
des Thermometers in der Rolle angesetzt. Von da an wurde
nach Beendigung der Schwingungsbeobachtungen in den
Hohlmagnet ein in Fünftelgrade getheiltes Thermometer ein-
geschoben und seine Temperatur nach 2 Minuten abgelesen.
Diese Ablesung wurde mit dem Mittel der zu Anfang und
Ende der Schwingungen in der Rolle herrschenden Tempe-
ratur zu einem Hauptmittel vereinigt. Der Unterschied in
den Angaben beider Thermometer war durchschnittlich noch
nicht 0,1° und erreichte nur einmal 0,25°.
Durch Addition von:
T0rif-Un 1
t[ "i/o --(«+*)('-'")]
[« und x 8. p. 430]
kann die Schwingungsdauer auf eine Normaltemperatur und
einen Normalstand des Variometers reducirt werden. Die
so erhaltenen Werthe sind unter Tn aufgeführt, die Normal-
werthe sind die nämlichen wie p. 431.
Schwingungsdauer.
T.
Mittel
Variom.
v 1 i
Temp.
1
T
n
31. Mai j 12,0187
21. Jani i 12,0170
2*. „ 12,0238
5. Juli 12,0194«)
12. ff 12,0306
19. n I 12,0237
12,0200
12,0187
12,0261
12,0201
12 0288
12)0226
12,0194
12,0179
12,0250
12,0196
12,0297
12,0232
+ 3,82 17,84
+ 12,72; 19,92
+ 18,98,22,10
+ 12,35119,81
+ 21,39 23,80
+ 20,34 22,29
1
17,34 1 12,0247
20,07 12,0216
22,04 12,0247
19,97 1 12,0234
23,09 1 12,0260
22,13 I 12,0238
,/ 12,0240 ±11
1) Da« Schema s. z. B. F. Kohlrausch, Leitfaden etc. 6. Aufl. p. 169.
2) Drei Beobachtungen, von denen zwei übereinstimmend 12,0194 gaben.
28*
Digitized by Google
4B6
E. Dorn.
Temp.
25. Oct
27. „
30. »
1. Nov.
3.
6.
8.
13.
17.
28.
29.
3».
\h.
16.
18.
19.
IT
I
Dec.
Jan.
»>
11,98
11,9735
11,9714
11,9801
11,9677
11,9690
11,9756
18,7617
18,7565
11,9972
U,fl98H
11,9898
12,0017
11,9951
11,9955
11,9974
11,9795
11,9766
11,9705
11,9784
11,9679
11,9692
11,9762
18,7634
18,7577
11,9804
11,9751
11,9710
11,9793
11,9678
11,9691
11,9759
18,7626
18,7571
25,79!
19,72
25,14,
■33,161
27,35
31,55'
•32,62
•31,71 j
■37,64
I
12,24
11,83
11,63
11,00
10,06
9,87
10,40
9,89
7,86
11,9971 ! 11,9971
11,9956 ! 11,9947
11,9909 j 11,9904
11,9947«} -
12,0018
11,9953
11,9957
29,69 8,26
26,85. 8,51
23,47
12,0018
11,9954
11,9958
12,0001 i 11,9991
27,87'
28,51
24,24
21,78
26,14
8,52
8,15
9,55
9,75
9,77
9,62
12,49
11,97
11,69
11,14
10,27
10,09
10,35
9,63
7,96
7,33
7,91
7,98
7,02
8,87
8,90
9,06
8,93
11,9727')
11,9779')
11,9679
11,9693
11,9705
11,9674
11,9703
11,9691 ± 1 1
18,7609
18,7604
18J607± 2
12,0091
12,0090
12,00*3
12,0101
12,0076
12f0058
12,0090
12,0076
12jÖÖ8S ±10
Im Winter ist die Temperatur am Variometer erheblich
höher als unter dem Galvanometerkasten. Dies rührt yoü
dem Zusammenwirken mehrerer Umstände her: des Schutzes,
welchen der Galvanometerkasten gegen die Temperatur-
erhöhung durch mehrere Personen und die Beleuchtung ge-
währt, der grösseren flöhe der Console für das Variometer
Über dem Boden und endlich des durch die Schirme nicht
ganz abgehaltenen Einflusses der Beleuchtungslampe.
31. Ermittelung von MjH aus der Ablenkung
des Magnetometers der Tangentenbussole. — Das
Schema für einen Satz der Ablenkungsbeobachtungen war:
Magnet o o o
Nordpol o w o
10 10
o w
öfter wurde das erste Tripel wiederholt.
Es wurde aus der grösseren Entfernung zweimal,
der kleineren einmal beobachtet; für die inzwischen vorge-
1) Aua bereits früher angegebenen Gründen nicht zum Mittel ver-
werthet.
2) Mittel aus 11,9939, 11,9938, 11,9963.
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Bestimmung des Ohm
-137
nommenen Ablesungen des Variometers wurde der Magnet
auf die westliche Console vertical gestellt
Der Gang einer vollständigen Beobachtung war also:
1) Var., 2) AbL grössere Entf., 3) Var., 4) Abi. kl. Entf.,
5) Var., 6) Abi. grössere Entf., 7) Var.
Da das Umlegen des Magnets (ohne Berührung desselben
mit einem gebogenen Messingdraht ausgeführt) nur wenige
Secunden in Anspruch nahm, und die Beruhigungszeit des
Magnetometers I etwa 20 Secunden betrug, war die Auf-
einanderfolge der Beobachtungen eine rasche und auf eine
Reduction mit Hülfe der Ablesungen am Declinationsvario-
meter konnte ausser am 19. Januar verzichtet werden. Be-
merkenswerth ist übrigens der geringe Einfluss dieser Re-
daction auf die definitiven Werthe der Ablenkungen selbst
bei unruhiger Declination.
Die Temperatur des ablenkenden Magnetß gab ein in
den Hohlraum eingeschobenes Thermometer.
Da die Magnetabstande (p. 420), die Torsionsverhältnisse
(p. 70) und der Betrag der vom Polabstand abhängigen
Terme (p. 404) angegeben ist, so können gleich die nach
Formel (15) berechneten Resultate zusammengestellt werden.
Mj HT aus Ablenkungen am Magnetometer der
Tangentenbussole.
Dat.
M HT
= 10. 7X
1 # - — — --■
Mittel
10Tx
XT
***
V
Uli ) *
1
Temp, des
Mag«, f'
31. Mai
217,38
2,0523
3,4247
M»
+ 7,28
17,83
17,67
476,91
4,5025
3,4245
-1. Juni
217,02
2,0484
3,4191
8,4189
+ 11,95
19,00
19,69
476,08
4,4».%
3,4187
±2
'i8.
216,99
476,20
2,0481
8,4189
3,4194
+ 18,78
22,09
»2,12
4,4946
3.4199
±5
5. Juli
216,93
2,0476
3,4 18o
3,4176
+ 13,89
19,71
20,27
475,81
4,4911
8,4172
±4
12. n
216.93
2,0476
8,4186
3,4188
3,4187
+ 23,61
23,20
22)95
47ö,95
4.4926
±1
10. „
217,04
2.04M8
3,4207
3,4204
+ 18,01
22,39
22,44
476,07
4,4940
3,420,
±3
Digitized by Google
438
K. Dorn.
Dat.
i
A
V
M'"!HT'" '
Mittel I
Variom. T««»p. des
M
= 10. 7X
107x !
» » »
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* » »
_ T
Hagn. i
25. Oct
21 H 03
2,0580 (
'i 44AH
3 4461
-25,85
12,30
12,46
477 ftft
217,18
47ft Oft
4 Mft7
2,0500
4 4917
Q 44 R1
27.
»
3,4325
OiTMU«
3,4328
+ 3
— 16,31 1
11,58
12,55
30.
217 fifl
ft\ i,u<)
Q 4401
4401
—27,50
11,67
12.10
Nov. :
477 03
218,14
47H 2S
4,5026
1 4401
+ o
1.
2,0589
i Kioa
t,U 1 DO
3,4473
3,4479
+ 6
— 38,63
11,11
11.41
3.
217 *k4
All ,*s *
2 o*n
4,4995
1 4R77
— 20,00
10,08
10,i6
476,71
3.4373
±2
6.
217,52
476,84
2,0531
4,5008
3,4373
3,4381
3,4377
+ 4
9Ä Aft
lU,UO
1ft 7 m
8.
»»
217,76
2,0553
8,4411
3,4410
111 VI
— «>U,00
iu,oo
iu,oo
i
477,22
7
4,5043
2,0550
4,5038
3,4409
±1
!3.
»»
217,71
477,14
3,4407
8,4408
3,4408
•+o
Q1 Q£
— 01,00
y,yo
1ft Oft
17.
-
217,76
2,0555
3,4414
3,4413
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7 Q7
ft .Aft
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477,22
4,5046
3,4412
' ±1
28. Dec.
217,95
2,0557
3,4407"
i 3,4412
-30,32
8,25
7,84
-177 N<*
4 *»0fis
3 441 7
+ 5
21».
217 77
611,1 1
477 HQ
2 0Vt7
4 *»021
<t 4179
1 417Q
0,10 » «7
, 3 417S
±4
—25,91
8,55
8,31
30.
»
217,74
477 r>k>
2,0534
1, *A/UiJ
3,4369
1 3,4369
4-0
-24,27
8,46
b,23
2.
Jan.
?1 7 HR
2,0549
3,4390
On « n
— 29,19
8, JO
477,68
4,5051
i 3,4399
±4
15.
»>
217,99
477,81
2,0562
4,5069
3,4412
3,4413
j 3,4413
±0
-27,93
9,55
9,1»
16.
217,50
2,0534
3,4374
-24,10
-24,10
9.75
9.12
217,46»)
2,0530
3,4367
-
9,75
9.32
18.
217,42
476,63
2,0525
4,4996
3,4358
3,4363
I 3,4361
±2
-22,03
9,77
9,52
19.
217,87
2,0568
4,5096
3,4427
3,4436
3,4432
-80,80
9,60
9,35
477,68
±4
Durch Addition von {MjH) &*(r - rn) + (//- //.)///,;
können diese Werthe auf den Normalstand des Variometers
und eine Normaltemperatur reducirt werden. Pur dieselben
Normal werthe wie früher (p. 431) gibt dies:
(Folgt Tabelle p. 439).
Die etwas grössere mittlere Differenz im Sommer mag
daher rühren, dass der Magnetabstand (welcher im Sommer
nicht jedesmal controlirt wurde) von meteorologischen Ein-
flüssen etwas abhängig war.
1) Von 16. Jan. an Magnetometer II.
2) Arn 16. Jan. konnte nur in der grösseren Entfernung beobachtet
werden.
Digitized by Google
Bestimmung des Ohm.
430
Sommer
Herbst
Winter*
31. Mai
21. Juni
28. „
5. Juli
12. »
19. „
(AfjMT)n
10'
3,4251
3,4222
3,4233
3,4214
3,4246
3,4234
3,4233710'
±10
?>
V
>l
Datum
25. Oct.
27. »
30. „
1. Nov.
3. »»
6.
8.
13.
, 17.
v
[MIHT)%
.1 x : :
Datum (M\H,r\
3,4465. 10"
3,4420 »
3,4403. 10'
3,4404
3,4396
3,4393
3,4398
3,4397
3,4393
3,4398 . 10'
±3
» ')
10
1» Nicht zum Mittel verwendet.
28.
Dec.
3,4427 .
10'
29.
»
3,4421
>i
30.
3,4429
•»
2.
Jan.
3,4418
i»
15.
»»
3,4 130
99
16.
M
3,4415
99
18.
>»
3,4421
•'
19.
»»
3,4429
99
3,4424 .
10'
±5
32. Bestimmung von Mfll am Platze des Gal-
vanometers. — Die Anordnung der Beobachtungen war hier:
Entfernung grösser kleiner grösser
Magnet o o o u w u> tr w
Nordpol o w w o o to wo
und zwar wurden jedesmal fünf Umkehrpunkte des schwin-
genden Magnets notirt Die Elimination der Declinations-
Änderungen war unumgänglich; das Intensitätsvariometer
wurde für beide Lagen des Magnets abgelesen und das Mittel
verwerthet.
Von vornherein wird man diesen Beobachtungen weniger
Vertrauen schenken, da durch den Polabstand des langen
Hülfsmagnets eine neue Fehlerquelle eintritt, welche einen
noch grösseren Einfluss auf das Resultat besitzt, als ein
Irrthum über den Polabstand des Hauptmagnets.
Ich verzichte daher auf eine ausführliche Mittheilung
der Ablesungen und gebe nur die auf Normal werthe !) der
Temperatur und Horizontalintensität reducirten Resultate
für Ml Hg. Durch Multiplication derselben mit Hq\HT müsste
man (MjHT)n erhalten, wie dies oben aus den Beobachtungen
an der Tangentenbussole abgeleitet ist.
I i Diese vgl. p. 431.
■Hl)
E. Dom.
(Mjllg)* aus Beobachtungen am Platze des
Galvanometers.
Datum
Hülfsmagnet: 3
1 °)n- ber.
= 10Tx
10Tx
31. Mai
21. Juni
28. „
5. Juli
12. M
iy. »
25. Uct.
27. „
30. »,
l.Nov.
H. »
6. »t
8. »>
I
3,4165 ! 3,4218
3,4152 3,4205
3.4154 ! 3,4208
3,4148 I 3.4201
3,4160 3,4214
3,4152 3,4206
3.4155 3,4209
±5
3,4077 ! 3,4452
3,4083 3,4408
3,4046 3,4401
3,4034 3,4390
3.4037 3,4393
3,4034 3,4384
3.4038 , 3,4388
3,4038
±3
beob.- ')
ber.
= 10' x
+ 0,0033
+ 17
25'
13
32
Ms
Hülfsmagnet: 2.
Datum \XIZ,)^U!!!*\
- 107x
ber.
107X
bonb.-
bcr.
107 x
,+
1 +
! +
+
+ 0,0024
13. Nov. I 3,4032 , 3,4378
17. » 3,4021 3,4370
3,4027
+ 0,0013
+ 12
+ 0,0002 i
+ 14
'+ 8
+ 9
+ 10
+0,(KX)8
28. Dec.
29. i,
30. „
2. Jan.
15. „
18. - *
19.
V
3,4104
3,4089
3,4088
8,4104
3.4085
3,4082
3,4089
3,4092
±7
3,4420
3,4405
3,4404
3,4422
3,4412
3,4414
3,4418
+0,0019
+ 23
I +0,0021
+ 0,0007
+
+
+
+
+
16
25
4
1*
11
, +0,0010
1) (A//i/2,)n beob. vgl. p. 489. 2j Am 16. Jan. war der Draht gc-
Eine nähere Betrachtung derjenigen Beobachtungen, bei
denen Magnet 2 als Hülfsmagnet diente, zeigte aber eine
systematische Abweichung der aus der grösseren und der
kleineren Entfernung erhaltenen Werthe, woraus auf einen
kleinen Fehler in der Bestimmung des Polabstandes zu
schlies8en war.
Ich führte daher eine Eliminationsrechnung aus nach
der Formel:
' 9 2 (r* — r ' + <i)
welche leicht aus (15) erhalten wird, und in der schon eine
angenäherte Kenntniss der Polabst&nde genügt, um die
kleine Correctionsgrösse q (hier —224) hinreichend genau
zu bestimmen.
Es ergab sich so (für die Normalwerthe) :
Digitized by Google
Bestimmung des Ohm,
441
Datum
13. Nov.
17. n
28. Dec.
29. „
30. „
2. Jan.
15. „
18.
1»,
I Ml If \
(MlHT)n
ber.
beob.-bcr.
= 10' X
= 107 x
— 10* x
— I VF S\
3,40:>8
3,4405
— 0,000 >>
3,4083
8,4382
3,4087
3,4403
3,4105
3,4422
-0,0001
3,4108
3,4425
+ 0,0004
3,4124
(3,4052)
3,4442
(3,4382)
-0,0024
3,4116
8,4448
-0,0027
3,4102 3,4431
— 0,0002
-0,0003
Die rcducirten Werthe weichen untereinander nun natür-
lich starker ab, die mittlere Differenz gegen die Resultate
an der Tangentenbussole ist aber gering.
Auch mit Httlfsmagnet 3 ist im Herbst die Differenz
nur 0,038, d. h. der Unterschied etwa lli000.
Woher die relativ grosse Differenz im Sommer (VUoo)
rührt, habe ich nicht aufzuklären vermocht. Vielleicht hat
sich zu einem kleinen Fehler im Polabstande von Magnet 3
ein anderer an sich unbedeutender, in gleichem Sinne wirken-
der Fehler gesellt.
Zur Berechnung des Endresultates sind diese Beob-
achtungen nicht verwerthet, hingegen gestatten dieselben in
Verbindung mit der Schwingungsdauer, die Horizontalin ten -
sität und das Moment des Magnets 4 zu bestimmen. Benutzt
man die reducirten Werthe von Mj Hg und T0, so erhalt man
H9 fur den jeweiligen Normalstand des Variometers und
M fur die Normaltemperatur.
Sei « = ri\M+ (y - «) //) = &) , $ - Mj //,
so wird:
HssV* +>-«)' M=%.lf.
Hierin ist für den unbelasteten Magnet Aw = 1,8388. 109,
für den belasteten 4,5141.10»; Ös. p.65ff., Tn p. 435 ff., y - «
ist 0,00478. 107 (vgl. p. 66).
Indem ich vom 13. November an die nach dem Elimi-
nationsverfahren berechneten MjH zu Grunde lege, linde ich:
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142
E. Dorn.
Horizontalintensität und Momente von Magnet 4.
Variometer:
Variometer :
20° , t>=-30,0,
Dat
l*V« i = io7x
Variometer :
31. Mai 1,901)8 1 6,5249
21. Juni 1,9107 6,5253
28. „ 1,9101 6,5238
5. Juli 1,9105 6,5239
12.
19.
1,9097
1,9103
6,5237
6.524 1
1,9102 6,5243
±3
6,5426
Dat
25. Oct.
27. „
30.
l.Nov.
3.
6.
8.
±5
Hieraus
M (10")
13. Nov
17. „
(U9\
rrt=10°
4£|10pt
» =107x
r «-30,0,
rR=10'
Dat.
i/llO»!
l"*)» ■ =l07x
1,9205
1,9207
1,9222
1,9223
1,922U
1,9226
1,9220
6,5446
6,5464
6,5443
6,5424
6,5420
6,5434
6,5422
1,9222 6,5436
±2 _±20
1,9210 6,5424
1±921 7 '6,5401
1,9214 6,5413
±3 ±11
28. Dec. 1.9185 6,5394
29. „ , 1,91^0 ! ü.5412
30. „ 1,9180 6,5419
2. Jan. 1,9173 6,5425
15. „ (1,9197) (6,537ü>
18. » 1,9177 6,5423
19. *, 1,9183 6.5417
i [,9180 6,5415
±3 ih
t
Die am 25. und 27. October erhaltenen Hg lassen sich
nicht mit den folgenden vergleichen, wohl aber die M.
Ira October hatte M einen höheren Werth als im Som-
mer, was vielleicht daher rührt, dass der Magnet einige
Monate mit dem Nordpol nach unten in einem Schranke
gestanden hatte. Durch den Gebrauch sinkt M auf den
alten Werth; überhaupt ist die ausserordentliche Constanz
von M bemerkenswerth.
Da das Variometer zwischen den einzelnen Reihen neu
justirt wurde, resp. seinen Platz wechselte, so besteht zwischen
dem (l/g)n der verschiedenen Columnen keine Beziehung.
33. Schlussrechnung. Nachdem die Ergebnisse der
einzelnen Operationen mitgetheilt sind, erübrigt nur noch,
aus denselben nach Formel (25) das Endresultat herzuleiten.
Um die Controle der Rechnung zu erleichtern, will ich
vorher noch den Correctionsfactor Fx wegen der Temperatur
und F2 wegen Aenderung der Horizontalcomponente (vgl.
Formel 20) angeben. Es ist ft = 0;03281, x/2 «0,0414 (ftr
den belasteten Magnet 0,0,16) /= 0,032151 (Sommer) resp-
0,032166, ^ = 0,0364.
-
Digitized by Googl
Bestimmung des Ohm.
Correction sfactoren.
443
Dat. Fx F«
Dat.
Fx 1 Ft
31. Mai 0,99993 0,99938 25. Oct.
ft Juni 1,00008 10,99972 27. »
2S. n 0,99999 1,00000 30. „
5 Juli 0,999.»3 0,9993s I.Nov.
12.
1«J.
»
1,00010
0,99993
0,9993s
0,99961
1,00036
3.
6.
8.
13.
17.
♦i
Ii
i»
n
0,99997
0,99972
0,99976
0,99986
0,99980
0,99974
0,99986
i0,99977
|0,99978j
1,00014
0,99895
1,00049
1,00135
1,00019
0,99939
0,99940
1,00009
1,00009
Dat
28. Dec.
29. „
Fi
30.
2.
15.
f 16.
18.
19.
»»
Jan.
»>
»>
0,99975
0,999Hl
0,99991
0,i>9967
0,99981
0,99983
0,99977
0,99981
hedm
w
0,99995
1,00032
1,00031
0,99932
0,99983
0,99979
1,00094
Der Werth von rc, also die Länge der Quecksilber-
säule von 0° und 1 qmm Querschnitt, welche 1 Ohm dar-
stellt, wird:
Dat
0
!
Dat
rrr
Dat.
E7
31. Mai 1,06240
25. October
1,06245
1,06304 |
28. December
1,06173
21. Juni
1,06250')
27.
»
1 29.
ii
1,06233
28. n
1,06288')
30.
1,06230
30.
»j
1,06180
5. Juli
1,06227')
1.
November
1,06192
Januar
1,06185
12. „
1,06209
3.
»
1,06191 |
1,06248
I 15!
»
1,06309
19. „
1,06244
6.
ii
16.
»>
1,06333
1,06243
8.
M
1,06242
IM.
»»
1,06301
±18
13.
»»
1,06262
19.
»i
1,06241
17.
1
4
n
1,06266
1,06242
*
1,06244
±52
±25
Hirapt mittel 1,06243.
Es sei daran erinnert, dass am 6. Nov. und 18. Jan. die
Beobachtung von (p0jH2) misslungen war.
Im Sommer sind die vier mittleren Beobachtungen als
weniger sicher zu betrachten, da der Magnetabstand nicht
controlirt war u. s. f. Für die besten Beobachtungen möchte
ich die vom Herbst halten; im Winter machten sich die
etwas ungünstigeren Temperaturverhältnisse fühlbar.
Dass die Mittel so genau übereinstimmen, ist wohl nur
ein Zufall; hervorzuheben ist aber, dass trotz der grossen
Verschiedenheit der äusseren Umstände je nach der Jahres-
zeit merkliche Differenzen nicht vorhanden sind.
1) Hier ist ein unbedeutender Irrthum (um 0,0826) verbessert, der
bei der ersten Mittheilung sich eingeschlichen hatte.
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444
E. Dom.
34. Schliesslich will ich noch einige Punkte erörtern,
welche für die Beurtheilung der Zuverlässigkeit der Messun-
gen wesentlich sind. •
Die im Sommer noch leidlich günstigen magnetischen
Verhältnisse des Beobachtungsraumes waren durch den
beim Beginne der Arbeit nicht vorauszusehenden Umbau er-
heblich verschlechtert.
Durch die nach jeder Hauptbeobachtung vorgenommene
Bestimmung des Verhältnisses 'der Horizontali ntensi tat for
den Platz von Galvanometer und Tangentenbussole ist aber
den Folgen dieses Uebelstandes wirksam vorgebeugt.
Zunächst beträgt die Aenderung von HTj Hg während
der ganzen Zeit nicht mehr als 0,0017 und erreicht inner-
halb jeder Periode der Beobachtungen (vom 25. Oct. abge-
sehen) nur wenige Zehntausendtheile.
Gefordert ist für den Herbst und Winter nur merkliche
Gleichheit der magnetischen Aenderungen an den Orten des
Variometers, des Galvanometers und der Tangentenbussole
für die wenigen Stunden einer Beobachtung. Das
Ergebni8s der Reduction von £2, p0HT} T0 M\HT auf Nor-
malwerthe ergibt für die verschiedenen Tage nur eine
mittlere Abweichung von Vrooo b*s Vioooo» woraus hervorgeht,
dass die oben erwähnte Forderung selbst für längere Zeit-
räume nahezu erfüllt ist — wie viel mehr also für wenige
Stunden.
Dieselbe Ueberlegung entkräftet auch etwaige Bedenken
gegen die Aufstellung des Variometers.
Die Temperaturverhältnisse im Beobachtungsraume
waren recht günstige.
Ueber den Gang der Temperatur der Zimmerluft gibt
das Thermometer des Variometers Aufschluss, welches kei-
nerlei Umhüllung hatte. Während der Operationen 4) bis
7) (vgl* P* 414) betrug die mittlere Schwankung im Sommer
0,1°, im Herbst 0,3°, im Winter 0,4° mit den Extremen 0,33°,
0,42°, 0,71°. j
Was ferner die einzelnen Fälle angeht, in denen die
Temperatur zur Anbringung von Reductionen gebraucht
wird, so wird die Temperatur des Hohlmagnets 4 durch das
eingeschobene Thermometer mit genügender Sicherheit ge-
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Bestimmung des Ohm.
445
geben; WQ war durch seine Umhüllung gegen schnelle Tem-
peratursch wankungen geschützt, und die nur wenig Draht
enthaltenden Köllen können keine merkliche Temperaturdiffe-
renz gegen das im Hohlraum befindliche Thermometer be-
sessen haben.
Die in Betracht kommenden Rollen von WKX waren
allerdings von nicht geringer Masse, dafür war dieser Kasten
aber ausser der Umgebung mit Watte und Pappkasten mit
einer wollenen Becke zugedeckt, wodurch die tägliche Am-
plitude der Temperatur sehr herabgesetzt und das Eindrin-
gen einer Temperaturschwankung verzögert wurde.
Um übrigens die Zimmertemperatur in der Nacht nicht
zu stark sinken zu lassen, wurde im Herbst und Winter nach
Bedarf 1 oder 2 Bunsenbrenner auf den Fussboden gesetzt.
Ich habe auch den Verlauf der Temperatur innerhalb
WKX häufig vom Vormittage an verfolgt. Im Sommer fand
von 103/t bis 27a Uhr ein Ansteigen um etwa 0,2° (höchstens
0,4°) statt, von da an betrugen die Aenderungen stets nur
wenige Hunderttheile, im Herbst hielten sich die Schwan-
kungen überhaupt in diesen Grenzen *), im Winter erreichten
sie in den 7 Stunden vor Beginn der Messungen nur ein-
mal 0,3°.
Aus dem Mitgetheilten geht hervor, dass die Tempera-
turreduetionen an den Widerständen von WKX mit hinrei-
chender Sicherheit angebracht werden können.
Bei dem Galvanometer handelt es sich nur darum, ob
das Thermometer in der Drahtrolle unter dem Kasten wäh-
rend der Dämpfungs- und Widerstandsmessung hinreichend
den Temperaturänderungen des Galvanometers selbst
folgt Die p. 425 ff. mitgetheilten Beobachtungen sprechen hier-
für; zudem würde eine Fortlassung der ganzen Temperatur-
reduetion am Galvanometerwiderstande das Endresultat, wie
schon erwähnt, nur um etwa Vioooo verändern.
Uebrigens waren die Schwankungen der Temperatur auch
nur unerheblich (etwa um die Hälfte) grösser als oben für
WKX angegeben.
Hervorgehoben sei noch, dass im Herbst und Winter
1* Nur am 25. Oct. von 9»> a. m. bis 3»' p. m. 0,24".
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440
E. Dorn.
jede Hauptbeobachtung mit Galvanometerwiderstand1) und
Dämpfung begann, worauf die Ermittelung der Galvanometer-
constante folgte. Der Temperatursteigerung wurde also mög-
lichst wenig Einfluss eingeräumt.
Zur Vermeidung von Rechenfehlern ist ein grosser Tbeil
der Rechnung doppelt geführt. Insbesondere sind die meisten
log. Decr. von Studirenden zweimal unabhängig gerechnet,
und die Schlussrechnung sowohl nach der Formel (25), wie
auch mit Benutzung der auf Normalwiderstande reducirten
Werthe den einzelnen Grössen ausgeführt. Gegen gröbere
Irrthümer bietet die überall vorgenommene Vergleichung der
auf Normaltemperaturen und Normalvariometerstande redu-
cirten Werthe eine Gewähr.
Das Endresultat der vorstehenden Untersuchung sei noch
einmal angegeben:
1 Ohm = 1,06243 m/qmm Hg von 0°.
Ich habe noch mit Dank der Unterstützung zu gedenken,
welche mir bei meiner Arbeit von verschiedenen Seiten zu
Theil wurde. Die erforderlichen Mittel stellte die Königliche
Akademie der Wissenschaften zu Berlin und die Grossherzog-
lich Hessische Regierung zur Verfügung; als Hüllsbeobachter
waren thätig die Herren Dr. W. Fischer, Reallehrer H.
Kasslick, stud. Agthe, Heinzerling, Jordan, Sivert
Rasmussen und Hr. Mechaniker L. Waibler, der auch
einen grossen Theil der benutzten Apparate angefertigt hat
Zu ganz besonderem Danke bin ich aber Hrn. Professor
F. Kohlrausch verpflichtet, der die Vergleichung meiner
Widerstände mit seinen Quecksilbernorraalröhren gestattete.
Halle a. S., 30. Oct. 1888.
1) Hierbei Wannten höchstens 2 Kerzen, und es waren nur - IV-
honen im Zimmer.
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Widerstand des magnetischen Eisens,
447
VIII. lieber den Einfluss der Stärke
der Magnetisirtmf/ auf die Aenderung des electri-
sehen, Widerstandes des Eisens;
von G. H. von Wyss.
(Hierin T»f. VI Flg. 11-16.)
Die Frage, in wie weit die Aenderung des electrischen
Leitung* Vermögens, welche beim Längsmagnetisiren eines Eisen-
drahtes eintritt, von der magnetisirenden Kraft abhängig sei,
ist schon von verschiedenen Beobachtern untersucht worden.
Adams1) hat zuerst gefunden, dass füf kleine und mittlere
Stromstarken der Quotient dwji2 constant sei, wenn i die magne-
tisirende Stomstärke, dw die Aenderung des Widerstandes be-
zeichnen. Für sehr grosse Werthe von i dagegen nimmt der
Quotient ziemlich rasch ab. Demgegenüber folgert Auerbach2)
aus seinen Versuchen, dass die Aenderung der magnetisirenden
Kraft proportional sei. Am eingehendsten hat sich Chwolson3)
mit dieser Frage befasst, indem er die magnetisirende Strom-
starke innerhalb eines ziemlich weiten Spielraumes schrittweise
ansteigen liess, durch Vermehrung der Elemente. Die Ab-
hängigkeit der Widerstandsänderung von der Stomstärke stellte
et durch eine Curve dar. Dieselbe steigt, anfänglich langsam,
dann ziemlich rasch an, um sich schliesslich der horizontalen
Richtung zu nähern. Auf ein ganz ähnliches Abhängigkeits-
verhältniss scheint mir die bei Anwendung von sehr starken
magnetisirenden Strömen auftretende rasche Abnahme des
Quotienten dwji* hinzudeuten, die von Adams beobachtet wurde.
Der letztere mass die Stromstärke mittelst einer Tangentcn-
bussole, während sich Chwolson und Auerbach damit be-
gnügen, aus der Anzahl von Elementen oder der Vermehrung
der Drahtwindungen, durch welche der Strom floss, auf die
Zunahme der magnetisirenden Kraft zu schliessen. Und doch
ist nicht sowohl diese Grösse, als vielmehr das im Eisen ent-
wickelte magnetische Moment für die Widerstandsändciung
massgebend. Dafür seheint mir namentlich der Umstand zu
It Adams, Phil Mag. (5) 1. p. 153. 187«.
2i Auerbach, Wied. Ann. 5. p. 298 u. 301. 187-S.
3) Chwolson, Carl» Rtrp. 13. p. 230. 1»77.
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448
G. H. v. Wryss,
sprechen, dass der Verlauf der von Chwolson construirteii
Curve demjenigen der Magnetisirungsfunktion ganz ähnlich ist.
Ich habe daher meinerseits im letzten Sommer den Ein-
fluss untersucht, welchen die Längsmagnetisirung auf den
Widerstand des Eisens ausübt, dabei aber auch die Grösse
des entwickelten Momentes gemessen, um womöglich eine
directe Beziehung zwischen den beiden Grössen zu finden.
Die Methode, welche ich benutzte, um den Widerstand
der zu untersuchenden Drähte zu messen, war diejenige der
Wheatstone'schen Brücke. Die Drähte sind im Zweiget C,
(Fig. 13) eingeschaltet, — ihr Widerstand sei mit ws be-
zeichnet, — während sich im Zweige C3 B ein unveränderlicher
Vergleichswiderstand w4 befindet. Die Widerstände Wj und
w.£ der beiden übrigen Zweige werden durch einen Neusilberdraht
gebildet, der eine Länge von 1 m und einen Durchmesser von
1 mm hat, und der längs einer in Millimeter getheilten Scala gerad-
linig ausgespannt ist Ueber diesem Messdrahte lässt sich ein
Schütten verschieben, welcher das eine Ende der Brücke dar-
stellt Ein am Schlitten angebrachter Nonius ermöglicht es.
den Schlitten bis auf l/i0 mm genau auf einen Theilstrich der
Scala einzustellen. In der Brücke befindet sich ein Wiedemann'-
sches Spiegelgalvanometer G. Die zur Widerstandsmessung
erforderliche Stromstärke lieferte bei allen Versuchen ein
Daniellelement E\
Verbindet nun die Brücke die beiden Punkte D2 und Cv
in denen die Widerstände wl und w9 einerseits, ws und tc4
andererseits zusammentreffen, und wird der Schlitten so ge-
stellt, dass die Brücke stromlos ist, so gilt bekanntlich die
Gleichung:
wenn /, und l2 die Längen sind, in welche der Messdraht
durch die Schneide des Schlittens getheilt wird. Dabei ist
natürlich vorausgesetzt, dass der Messdraht ganz homogen sei
wa und m>4 bedeuten aber in diesem Falle den ganzen, zwischen
A und C2, resp. C2 und B befindlichen Widerstand, also den-
jenigen des Eisens, resp. den Vergleichswiderstand, plus dem-
jenigen der Zuleitungsdrähte und der Endklenimen des Mess-
drahtes. Man kann sich von diesem letzteren, einer ganz un-
bekannten Grösse, befreien, wenn man noch zwei Hülfswider-
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Widerstand des magnetischen Eisens. 449
stände <u, und w8 einschaltet und nun drei Einstellungen
macht, wobei die Brücke das eine Mal von Ct nach DJ9 das
zweite von C3 nach D2, und das dritte Mal von C% nach Ds
gelegt wird. Bezeichnet man jetzt mit /, die Differenz —
der beiden ersten Einstellungen, mit die der beiden letzten,
so ist wiederum:
w3 und bedeuten in diesem Falle nur den Wider-
stand des Eisens und der Zuleitungsdrähte. Der letztere lässt
sich aber leicht ermitteln und von w3, resp. wi subtrahiren.
Es war ungefähr ic3 = wk und oul = w,, wodurch die mittlere
Schneidenstellung Dt in die Mitte des Messdrahtes zu liegen
kam. Die Grösse von <ax und oi2 habe ich so gewählt, dass
die beiden äusseren Einstellungen in die Nähe der Theilstriche
128 und 871 fallen. Da ich immer dieselben Theilc des Mess-
drahtes benutzte, und da ich namentlich nicht den absoluten
Werth des Widerstandes w3 zu kennen brauchte, glaubte ich
davon absehen zu können, den Messdraht zu kalibriren. Die
Verbindungen in den Punkten Cv Cv C3 waren durch Queck-
silbernäpfe hergestellt.
Es handelte sich also darum, zu untersuchen, ob und in
welcher Weise die Einstellungen der Schneide Dv D2f D4 ver-
ändert wurden, wenn die Eisendrähte inagnetisirt waren. Dazu
schlug ich folgenden Weg ein.
Das eine Ende der Brücke wurde zunächst nach C, ge-
legt, und das andere, die Schneide, in der Nähe des Punktes
auf einen Theilstrich eingestellt Dann wurde der so lange
offene Stromkreis, den die ganze Brückencombination darstellt,
geschlossen, und zwar in der Weise, dass zuerst das Element
und erst hernach die Brücke geschlossen wird. Damit ver-
hütete ich, dass die von Villari1) und von Herwig2) be-
obachteten beim plötzlicheu Schliessen auftretenden Extra-
ströme ihren Weg durch die Galvanometerwindungen nahmen
und so meine Messungen beeinträchtigten; denn wenn die Brücke
erst nach geschehenem Stromschlusse ihrerseits geschlossen
1) Villari, Nnov. Cim. (2) 11. p. 201. 1874.
2) Herwig, Pogg. Ann. 153. p. 115. 1874.
Ana. «L Phj«. o. Ctom. N. F. XXXVL 29
4M) G. //. v. Wyss.
wird, so kann, wie Auerbach1) bemerkt, ein Extrastrom nicht
eintreten.
Nachdem der erste Ausschlag des Galvanometers abgelesen
worden war, schloss ich jetzt den magnetisirenden Strom —
er sei mit / bezeichnet — und beobachtete, ohne dass die
Stellung der Schneide verändert wurde, abermals den ersten
Ausschlag des Galvanometers, worauf der Strom / wieder
unterbrochen wurde. Der Eisendraht war also schon magne-
tisch, wenn die Brücke geschlossen wurde, so dass ich auch
in diesem Falle vor Inductionsströmen im Galvanometer sicher
sein konnte. Es wurde jetzt die Schneide um 2 oder 3 mm
verschoben, bis der Ausschlag der Nadel nach der auderen
Seite hin erfolgte, und für diese Stellung wiederum zwei Ab-
lesungen gemacht, die eine bei offenem, die andere bei ge-
schlossenem Strome /. Ich wiederholte nun die vier Ab-
lesungen in derselben Reihenfolge, bis ich schliesslich sowohl
für den un magnetischen, wie fur den magnetischen Zustand je
fünf positive und fünf negative Ausschläge hatte. Aus den
fünf zusammengehörigen Werthen wurde dann das Mittel ge-
nommen und aus dem positiven und dem negativen Mittel-
werthe durch eine einfache Interpolation die wahren Einstel-
lungen (Z?j)u und (D^m, berechnet. Die Indices n und m be-
ziehen sich auf den unmagnetischen, resp. magnetischen Zustand
des Eisens. Das Galvanometer war so empfindlich, dass einer
Verschiebung der Schneide um 1 mm ein Ausschlag von ca.
36 Scalentheilen bei den beiden äusseren, von ca. 2ü Scalen-
theilen bei der mittleren Einstellung entsprach. Da die Aus-
schläge also verhältnissmässig klein sind, und die Schneide nie
mehr als 2 mm von der wahren Nullstellung entfernt war, ist
es erlaubt, den Ausschlag der Entfernung von der Nullstellung
proportional zu setzen, und die letztere so zu interpoliren. Die
Ausschläge des Galvanometers können leicht bis auf Zehntel
Scalentheile abgelesen, die Mittelwerthe daher bis auf Hundert-
stel berechnet werden. Infolge dessen ist es möglich, die
Schneidenstellung bis auf Hundertstel Millimeter mit Sicher-
heit, und wenigstens mit grosser Wahrscheinlichkeit noch bis
auf eine weitere Stelle zu berechnen.
1) Auerbach, Wied. Ann 5. p. 324. 1878.
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Widerstand des magnetischen Eisens.
451
War in der oben angedeuteten Weise die obere Ein-
stellung Dx gefunden, so wurde die Brücke verschoben, die
beiden anderen Einstellungen D2 und Ds gesucht und aus den
daraus berechneten Längen /, und /, die Quotienten (/,//2)tt —
(wj/irj), und (/,//3)« bestimmt Hierauf wurden dieselben
Messungen in umgekehrter Reihenfolge gemacht. Für eine und
dieselbe magnetisirende Stromstärke / bestimmte ich die Quo-
tienten gewöhnlich viermal.
Die Eisendrähte to3 wurden magnetisirt mit Hülfe einer
Spirale S{ aus Kupferdraht (Durchmesser = 1 nun). Die
Spirale hatte eine Länge von 50 cm und einen inneren Durch-
messer von 4 cm und bestand aus vier Lagen von je 300 Win-
dungen. Die Stromstärke / lieferte eine Batterie E von ge-
wöhnlichen Daniel l'schen Elementen, deren Zahl bei den ver-
schiedenen Versuchsreihen geändert wurde und bis auf 24
ansteigen konnte. Um noch grössere Stromstärken anwenden
zu können, wurde die Batterie bei einzelnen Beobachtungs-
reihen noch durch Accumulatoren verstärkt. Zur Messung
von / diente eine gewöhnliche Tangentenbussole.
Ein Punkt, der nothwendiger Weise berücksichtigt werden
musste, ist die Wärmeentwickelung im Innern der Spirale Sv
wenn diese vom Strome / durchflössen ist. Die Dimensionen
der Spirale sowohl, wie der Ort der Beobachtungen erlaubten
keine continuirliche Wasserspülung im Innern des Hohlraumes
von Sr Ich suchte daher den Einfluss der Temperatur auf
andere Art zu eliminiren und wählte ein Verfahren, das dem
Principe nach schon von Chwolson1) befolgt wurde. Als Ver-
gleichswiderstand tr4 benutzte ich ebenfalls Eisendrähte, die
in Form, Zahl, Grösse und Material denjenigen von w3 genau
gleich waren, und die in das Innere einer zweiten Kupferdraht-
spirale Ss geschoben wurden. Diese letztere hatte ähnliche
Dimensionen wie Sx und wurde ebenfalls vom Strome / durch-
flössen. Nur schaltete ich die vier Windungslagen von &,
so, dass der Strom in den beiden unteren Lagen links, in den
beiden oberen dagegen rechtsläufig war, oder umgekehrt, sodass
die magnetisirende Kraft der ersteren derjenigen der letzteren
entgegengesetzt gerichtet war, und dass die Eisendrähte
— ._. — , .
1) Chwolson 1. c. p. 231.
L'9*
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G. //. v. Wyss.
somit als nicht magnetisirt betrachtet werden konnten. Dass
freilich die Kompensation keine vollkommene war, wird sich
im Verlauf der Untersuchung zeigen. Da die beideu Spiralen
Sl und &j gleich gebaut sind, müssen auch die Wärmemengen,
die der Strom / in ihnen erzeugt, einander gleich sein, die
beiden Widerstände wa und ip4 also in gleichem Maasse er-
wärmt und vergrössert werden, und wenn eine Veränderung
des Widerstandes w3 gegenüber w4 eintritt, so darf ich sie
nun auf Rechnung der Alagnetisirung setzen. Ueberdies trug
ich Sorge, dass der magnetisirende Strom / nie länger ge-
schlossen blieb, als absolut nöthig war zur Ablesung des Gal-
vanometerausschlages, sowie zur Beobachtung an der Tangenten-
bussole, um damit die Wärmeentwickelung auf ein Minimum
zu beschränken. Die Temperaturerhöhung, welche von dem
zur Messung des Widerstandes dienenden Strome herrührt,
kann ganz vernachlässigt werden.
Die beiden Spiralen A\ und S2 waren, um eine Einwirkung
auf das Galvanometer zu verhüten, etwa 5 bis 6 m von dem-
selben entfernt Es musste daher dafür gesorgt werden, dass
die Drähte, welche die Zuleitung zu den eigentlichen Eisen-
widerständen tc3 und w4 bilden, im Verhältniss zu diesen
letzteren keinen allzu grossen Werth besitzen. Ich suchte dies
dadurch zu erreichen, dass ich die Zuleitungen doppelt legte,
sodass ihr Widerstand auf die Hälfte sank. Er betrug etwa
V4 S.-E., während w?8, resp. wA bei den ersten Versuchen
1 S.-E., bei den späteren dagegen 51 S.-E. war.
Iu erster Linie schien es mir wünschenswert!*, zu unter-
suchen, ob die Richtung der Magnetisirung auf den Wider-
stand einen Einfluss habe, mit anderen Worten, ob der Wider-
stand ein anderer sei, je nach dem die positive Electricität
zuerst den Nordpol oder zuerst den Südpol der magnetisirteu
Molecule trifft Zu diesem Zwecke legte ich 16 gerade ge-
zogene, je 31 cm lange Eisendrähte und 16 ebenso lange
Kupfer drähte parallel so neben einander, dass immer ein
Kupferdraht zwischen zwei Eisendrähten lag. Der Durch-
messer der Drähte war 1 mm. Die Kupferdrähte waren
mit Seide umsponnen, die Eisendrähte blank, weswegen ich
die letzteren durch enge Kautschukröhrchen zog, aus deren
Enden sie nur in einer Länge von 5 mm hervorragten. Jeder
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Widerstand des magnetischen Eisens. 453
Draht wurde dann an den Enden mit seinen beiden Nachbarn
zusammengelöthet, sodass das Ganze, einer Thermosäule ähn-
lich, eine zusammenhängende Kette bildete. Die blanken Löth-
s teilen wurden sorgfältig mit Schellack überzogen und nun das
ganze Leitersysteni um eine Glasröhre gewickelt (Durchmesser
= 1,73 cm). Jeder einzelne Draht lag unmittelbar auf der
Röhre, ihrer Axe parallel. Die Glasröhre schob ich so weit
in die Spirale Sl hinein, bis die Mitte dieser letzteren mit der-
jenigen des Drahtsystems w3 — ich nenne es die Eisenspirale
»3 — zusammenfiel Da die Spirale Sl eine Länge von
50 cm hat, die Eisendrähte dagegen eine solche von 31 cm
besitzen, kann ich annehmen, dass die magnetisirende Kraft in
allen ihren Punkten gleich gross ist. Der Vergleichswiderstand
tc4 bestand aus einer gleich gebauten Eisen- und Kupferspirale
and befand sich in der Spirale Sv Bei diesen Versuchen aber
schaltete ich die Lagen der Spirale Sa so, dass die magneti-
sirende Kraft der beiden oberen Schichten diejenige der beiden
unteren verstärkte, und dass die in den Axen von Sx und S2
auftretenden Kräfte einander gleich aber entgegengesetzt gerichtet
waren. Die positive Electricität, die von A aus in die Zweige
des Brückensystems eintritt, trifft somit in w9 zuerst den
Nordpol, in m?4 zuerst den Südpol der Molecularmagnete oder
umgekehrt Wenn also die Richtung der Molecularmagnete
in Bezug auf den durchgehenden Strom massgebend ist, in
der Weise, dass der Widerstand in dem einem Falle mehr zu-
nimmt, als im anderen, oder gar im einen Falle abnimmt, im
anderen dagegen wächst, so muss das hauptsächlich in einer
Veränderlichkeit der mittleren Schneidestellung zu Tage treten.
Eine Reihe von Versuchen haben ergeben, dass die
Richtung der Molecüle in Bezug auf den durchgehenden Strom
von keinem Einfiuss ist In Tab. 1 sind die Resultate von
zwei Versuchsreihen zusammengestellt Bei der ersten waren
die Widerstände w3 und w% so magnetdsirt, dass die Nord-
pole, bei der zweiten dagegen so, dass die Südpole der Mole-
cularmagnete in sämmtlichen Eisendrähten nach dem Knoten-
punkte C2 gerichtet waren. Die Richtung der Nordpole ist
durch einen Pfeil angedeutet. In der ersten Columne sind die
Punkte der Scala angegeben, auf welche die Schneide einge-
stellt war, in den mit s bezeichneten Columnen die entsprechen-
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454 G. H. v. Wyss.
den Ausschläge. Die folgenden enthalten die berechneten Null-
stellungen Dt die daraus abgeleiteten Längen lx und Zj und
deren Quotienten. Da die Ausschläge s, wie ich schon be-
merkte, Mittelwerthe aus je fünf Ablesungen sind, wobei die
Eisendrähte immer abwechselnd unmagnetisch und magnetisch
waren, so beziehen sich die beiden in derselben Zeile stehen-
den Ausschläge * auf denselben Zeitpunkt und lassen sich also
miteinander vergleichen. Die magnetisirende Stromstärke war
= 1 Amp. und erzeugte in den Drahten ein Gesammtmoment
= 4430 (C.G.S.) oder im Volumen 1 ccm ein Moment a = 1140.
Die Unterschiede der Quotienten (/,/^\, und (/,//,). betragen
im Mittel Vsoooo« Wir können also die Quotienten als gleich
ansehen.
Tabelle 1.
W- w
Unraagnctisch. Magnetisirt — -■>■ C.t <■ *
7) l /,//, * D l ^
130 - 50,88 131,464 ' . s. -49,82 , I31,434 M i
492 -45,74 493,310 £1',.* 0,9827, -46,02 1 493,824 Si»«:« I 0,9827<
860 -53,18 861,5.% i6JVM« -54,60 861,57, aw>£*i
863 48,78 861, ro% „ftM , 47,46 8G1,63Ä qßK *>r i
495 67,46 493,059 1 «p? W , 0,9822, , 67,16 493,06, W ' 0,9822,
133 66,80 131,078 dbl'w« | 67,98 131,Ü44 3 ' ^
Unmagnetisch. Magnetisirt < ' C\ —
* 1) l J /, L * D l /, /,
42 131,16:, , -39,36 '181,13, -
78 493,23, ™->™» 0,98220 -43,35 493,24, i 0.9822s
7K «Ki V 3GH,63, _kRm> «ftioi' 368,1,6,
130 I -40,42
492 -42,78
800 - 64,76 861,86s "M"',J^ -66,52 8G1,914
S63 36,42 861,95, „rs.QQ 34,84 861, 998 „M M
45.5 71,07, 492,95; ^J'J?' 0,9811, 70,92 498,9«, i» 0,9812,
133, 73,06 ■ 130,89g *W>U5* 74,02 130,87, ,i6->0S>
Während die mittlere Einstellung D2 (493) unverän-
dert bleibt, zeigen die beiden äusseren deutlich eine Aende-
rung, und zwar rücken beide nach den Enden des Messdrahtes
hin. Daraus geht hervor, dass die Widerstände w3 und tr,
bei der Magnetisirung zunehmen, aber in gleichem Maasse,
da der Quotient constant bleibt. Auf seine Veränderlichkeit
im Laufe einer Versuchsreihe komme ich noch im Folgenden
zurück. Wir können also mit Sicherheit annehmen, dass,
wenn der Widerstand des Eisens bei der Längsmagnctisintn?
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Widerstand des magnetischen Eisens.
455
wächst, die Richtung der magnetisirenden Kraft in Bezug auf
den durchgehenden Strom von keinem Einfluss auf diese Zu-
nahme ist»
Nachdem dieses erste Resultat gewonnen war, ging ich
daran, an einer ganz aus Eisendraht gebildeten Spirale die Ab-
hängigkeit der Widerstandsänderung von der Stromstärke zu
untersuchen. Ich wand auf ein dünnes Holzbrettchcn um-
sponnenen Eisendraht (Durchmesser = 0,25 mm) so auf, dass ich
eine einschichtige, rechteckige Spirale erhielt Die Länge des
Rechteckes war 27,1 cm, die Breite 0,6 cm. Ich kann somit
die in den kurzen Seiten der rechteckigen Windungen auf-
tretende Quermagnetisirung vernachlässigen gegenüber der
Langsmagnetisirung der langen Seiten. In der Schicht be-
fanden sich 40 Windungen. Eine gleiche Spirale bildete
wiederum den Vergleichswiderstand m?4. Bei diesen Ver-
suchen waren aber die vier Windungslagen von S2 so geschal-
tet, dass die resultirende magnetisirende Kraft in der Axe
= 0 war.
Mit diesen Eisenspiralen habe ich eine Reihe von Ver-
suchen gemacht, wobei die Stromstärke von Versuch zu Ver-
such variirte. In Tab. 2 ist eine Versuchsreihe (vom 15. Aug. a.)
ausfuhrlicher wiedergegeben. Die Zahlen werden nach dem,
was mit Bezug auf Tab. 1 gesagt wurde, ohne weiteres ver*
standlich sein. Neu i*t nur die letzte, mit Axo bezeichnete
Columne. Sie enthält die Aenderung des Quotienten /,//2, und
zwar in Einheiten der vierten Decimale, oder da u>3 angenähert
gleich «?4 ist, die Aenderung des Widerstandes w3 in Zehn-
tausendsteln.
Vergleicht man die zweite Tabelle mit der ersten, so be-
merkt man, dass jetzt die mittlere Einstellung D2 eine ganz
entschiedene Aenderung zeigt, wenn die Drähte magnetisirt
sind, eine Aenderung, die sich nur dadurch erklären lässt, dass
tr, bei der Magnetisirung zunimmt. Die beiden äusseren Ein-
stellungen rücken abermals nach den Enden des Messdrahtes
hin, was ebenfalls auf eine Vergrößerung des Gesammtwider-
standes w?3 + w4 + o> gegenüber dem zweiten Hülfswider-
stande o> hindeutet.
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456 G. IL v. H'yts.
Tabelle 2.
UnmagnetUch.
i
t
Magnetisch.
Aw
*
D
I
7~
D
/
- —
130
500
873
29,52
30,22
43,56
129,09,
498,72,
871,64,
j
369,63,
372,91,
0,9911,
30,46
1 29,86
42,96
129,063
498,75,
871,65,
396,69,
372,90"
978,11,
370,03,
0,9913, 1)2,1
878 39,38
500 31,76
130 48,78
871,81,
498,68,
128,70,
! 378,12,
369,97,
88,66
0,9915, ' 30,88
1 44,72
871,83,
498,72,
128,68,
0,991 7e
■
130 46,88
500 34,28
873 30,40
128,60,
498,59,
872,09,
369,984
378,49,
0,9905,
47,70
33,32
29,64
128,58,
498,63,
872,11,
370,05,
373,47,
0,9908,
2,6
873
500
129
27,80
35,04
19,60
872,16,
498,58,
128,41,
378,580
370,1 70
27,34
0,9908, 84,04
20,32
872,17,
498,62,
128,39,
373,55.
870.22,
0,9910,
2,2
i = 0,83 Amp., Jf = 1088 (G.-C.-S.), <r = 1023.
Neben dem Einfluss der Magnetisirung aber tritt uns in
Tab. 2 auch derjenige der Temperatur entgegen. Während
die Eisendrähte tr3 und wi durch den Strom I erwärmt
werden, stehen die Hülfswiderstände io nicht unter dem Ein-
flu9s dieser Wärmeentwickelung, sondern bleiben constant In-
folge dessen müssen sich die beiden Einstellungen Dx und Dt
stetig nach aussen verschieben, was sich auch deutlich aus der
Tab. 2 herauslesen lässt Wenn sich auch bei der mittleren
Einstellung D% eine kleine continuirliche Aenderung bemerkbar
macht, so ist dieselbe im allgemeinen so gerichtet, dass wir
auf eine etwas raschere Temperatursteigerung bei tc4 als bei r3
schliessen können. Die Spirale S% zählt etwas mehr Win-
dungen als Sv besitzt also einen etwas grösseren Widerstand,
weswegen denn auch die Temperatur in ihrem Hohlräume
schneller wächst als bei Sx. Die Veränderlichkeit der Quo-
tienten (/j/y« und (/j//2)w innerhalb der Versuchsreihe lässt
sich aus der Verschiebung der beiden äusseren Einstellungen
erklären. Während wir zu den Einstellungen Di und D3
fortschreiten , verschiebt sich natürlich Dx , und wenn wir
nun doch mit Dt und D3 den vorher bestimmten Werth
von Dx kombiniren, so muss der Quotient IJl^ etwas zu klein
ausfallen. Macht man dagegen die Einstellungen in der
Reihenfolge D3 D2 Dx , so werden die Quotienten im allge-
meinen etwas zu gross sein. Das Mittel der beiden ersten
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Widerstand des magnetischen Eisens.
457
ist 0,991 37, das der beiden letzten 0,9907r Die Abnahme
entspricht der Verschiebung von D2 und der schon erwähnten
kleinen Ungleichheit der beiden Spiralen Sx und Im
übrigen ist diese Veränderlichkeit von nicht von Belang,
indem nur die Differenzen zwischen den beiden in derselben
Zeile stehenden und für denselben Zeitmoment geltenden
Werthe für uns von Interesse sind.
Um ein Urtheil zu haben über die Grösse der Temperatur-
Steigerung im Innern der Spirale Slt verfolgte ich mittelst
oines aus Eisen und Kupferdraht gebildeten Thermoelementes
den Verlauf der Temperatur an der Oberfläche der Eisen-
spirale tPj. Die eine Löthstelle des Thermoelementes, JJV
Temperatur f,) war mit etwas Schellack unmittelbar auf der
Drahtschicht befestigt, die andere, «P», (Temperatur A,) in ein
mit Wasser gefülltes Glas eingetaucht. Die Temperatur des
Wassers wurde mittelst eines feinen, in Hundertstel Grade eiu-
getheilten Quecksilberthermometers bestimmt. Im Stromkreis
des Thermoelementes war noch ein Wiedemann'sches Galvano-
meter eingeschaltet, das ich so weit astasirt hatte, dass es für
eine Temperaturdifferenz t2 — tx = 1 0 einen Ausschlag von
•'10 Scalentheilen gab. Der Ausschlag wurde stets vor Beginn
einer Beobachtungsreihe abgelesen und dann jeweilen, nachdem
ich eine Gruppe von drei Einstellungen D vollendet hatte.
Bei der in Tab. 2 angeführten Versuchsreihe betrug nun
die anfangliche Temperatur des Wassers t2' 19,08°. Das
Galvanometer zeigte einen Ausschlag u von 12,71 Scalen-
theilen, was eine Temperaturdifferenz ergibt = 0,41°.
Es war also £/ = 19,49°. Am Ende der Reihe waren die ent-
sprechenden Grössen (mit " bezeichnet):
>,"=* 19,38°; n" = 50,70; — V = V = 21,04°.
Die Temperatur der Eisendrähte hatte sich also während der
Beobachtungsreihe, die etwa zwei Stunden dauerte, um 1,55"
erhöht.
Sehen wir zu, wie gross der Einfluss dieser Temperatur-
Steigerung auf den "Widerstand ist. Es war mir leider nicht
mehr möglich, den Temperaturcoefficienten für die von mir
benutzte Eisensorte zu bestimmen. Benoist1) hat gefunden, es
sei für Eisen zu setzen:
1) Wiedemann, Lehre von der Elect ricität. 1. p. 525.
458
G. H. v. Wyss.
v>t = w0 (1 + 0,004 516 1 + 0,000 005 828 r *),
wenn wQ den Widerstand bei 0° bezeichnet. Nehmen wir der
Einfachheit halber an, die Wärmeentwickelung sei in beiden
Magnetisirungsspiralen genau gleich gross, sodass die Kisen-
spiralen in jedem Zeitmomente gleiche Temperaturen besitzen.
Es sei m; = »r3 f »ct , W = w + w. Dann ist , da die beiden
Hülfswiderstände ihre Temperaturen nicht geändert haben:
*r «w0(l + 0,004 510/')+ M
W = Wq (1 + 0,004 516 O + oj.
Es war to = 0,17402 u/. Setzen wir für t' und /" ihre Werthe
ein, f' = 10,49; t " = 21,04, und bilden wir den Ausdruck
\W"— W')\W', so erhalten wir:
W ~W =0,0054.
Also hat sich der Widerstand W während der Beobaehtungs-
reihe um 0,0054 seines Werthes vergrössert Dieser Zunahme
von W muss aber offenbar eine ebenso grosse Abnahme des
Quotienten ADX\DXB entsprechen, da:
ADx:DxB = w:PV.
Aus Tab. 2 entnehmen wir, dass der Punkt Dx ursprüng-
lich beim Scalentheile 129,09, lag. Daraus folgt, (ADJD^)
= 129,09^/870,90, = 0,14823. Am Schlüsse der Reihe hatte
sich Dx verschoben nach 128,41fl. Es war jetzt (ADJDxß)'
= 128,4 lö/871,584 = 0,14734. Der Quotient hat sich also um
O,0389/0, 14823 = 0,0060 seines Werthes verkleinert. Dieser
Werth ist allerdings um ljl0 von dem oberen verschieden. Wenn
man aber berücksichtigt, dass der Temperaturcoefficient von
Eisen zu Eisen variiren kann, wird man die Uebereinstimmung
der beiden Werthe für genügend erachten müssen, zum Be-
weis, dass die stetigen Verschiebungen der beiden äusseren Ein-
stellungen in der That ihren Grund in der Erwärmung der
Eisendrähte haben.
In Tab. 3 sind die Resultate der verschiedenen Ver-
suchsreihen mitgetheilt, welche, abgesehen von dreien, sämmt-
lich in derselben Weise ausgeführt wurden. Bei jenen drei
Reihen, welche der Zeit nach die ersten waren, sind die Quo-
ticntcn /,//, nur zwei-, statt viermal bestimmt worden. Die
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Widerstand des magnetischen Eisens.
450
erste Columne enthält das Datum der Beobachtung, die zweite
die Werthe des Quotienten, welche dem unmagnetischen, die
dritte diejenigen, welche dem magnetischen Zustand des Eisens
entsprechen, die vierte ihre Differenzen, also die Zunahme des
Widerstandes in Einheiten der vierten Decimale, und die fünfte
endlich die Stromstärke /, ausgedrückt in Ampere. Die Zahlen
der sechsten Ooluinne werden im Folgenden noch ihre Er-
klärung finden.
Tabelle 3.
13. Aug. a
2. ?, (i
13.
4.
t4.
15. n
0,9915,
9915,
991 15
99153
0,99 16,
9916,
9912, !
9916,
0,9916,
9922,
0,9918,
99243
0,9908,
9912,
9906,
9907,
0,9910,
9913,
'.»90S,
99(19,
0,9908,
9914,
9909,
99129
0,9910,
9916, 1
9912, 1
99147 !
i
0,9912-
9914,
ü,9914;
9915,
j
, 0,9914,
9915,
9910,
9911. 1
0,9912.
9913,
9908,
99094
0,9911,
991.%
9905,.
9908:'
1 0,9913,
9917,
9908,
9910,
0,9926,
9930,
1
0,9929,
0,9932,
Ate
1,3
1,0
1,2
1,2
1,2
1,9
1,5
1,7
M,7
1,6
1,9
1,8
1,8
2,0
1,6
2,2
1,8
1,9
2,0
1,8
1,9
1,8
2,0
1,9
1,8
1,9
2,1
2,0
*> 6
2,2
2,2
3,0
2,8
1
0,52
0,67
0,90
AM
104
132
0,70 ; 139
0,71 141
0,75 14S
I
0,83 , 162
0,83 | 162
I
173
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460
G. H. v. Wyss.
<h\h\ Ate I AM
11. Auff. p
14.
11.
7.
9.
0,91*06.,
9909,
9900e
99058
0,9916,
991 10
99048
0,99010
9906,
9899,
9902,
0,98995
9911,
9900,
990 1
0,9896,
99073
9889f
98963
i 0,9888,,
98955
9*87„
08880
0,9909:
9912,
9904ft
AQAfi
0,99200
99144
9910,
99079
0,99050
9909,
9903s
99063
0,990,%
9915„
9904,
9905.
0,9900,
9911,
9893,
98999
0,9*92,
9899a
9891,
9s95t8
2.8
3,0
3,1
2,6
2,9
3,8
H,4
3,6
3,4
3,6
4,0
3,5
4,0
3,5
3>
3,5
3,9
3,6
3,7
3,7
4,0
3,8
4,2
3,6
3.9
4,5
3,8
4,2
4,6
4,3
0,92
1,09
1,19
1,49
1,54
176
19'.»
209
1,25 I 214
I
229
230
Aus don mitgetheilten Zahlen geht erstens deutlich her-
vor, dass der Widerstand bei der Magnetisirung in allen
Fällen gewachsen ist. Es geht aber auch hervor, dass diese
Zunahme mit wachsender Stromstärke ebenfalls grösser wird.
Trägt man in einem rechtwinkligen Coordinatensystemc die
Stromstärken / als Abscissen auf, die Widerstandsanderungeii
Aw als Ordinaten, so erhält man die in Fig. 14 gezeichnete
Curve. Wenn auch die einzelnen Punkte zum Theil ziemlich
weit von derselben abweichen, was sich aus der Unsicherheit
erklären lässt, welche der zweiten Ziffer von Aw anhaftet, so
ist doch der Charakter der Curve unverkennbar. Ihr Verlauf
ist ganz analog wie derjenige der Chwolson'schen Curve. Leider
sind die Wertho von Aw zu klein, als dass es erlaubt wäre.
Digitized by doogl
Widerstand des magnetischen Eisens,
die zur mathematischen Definition der Curve nöthigen Zahlen-
coefficienten zu berechnen. •
Um den directen Zusammenhang zwischen der Wider-
standsänderung und dem magnetischen Momente zu erhalten,
habe ich noch die Magnetisirungsfunktion bestimmt für die
benutzten Eisendrähte. Dabei ist aber ein wesentlicher Punkt
zu beachten, will man keinen Pehlschluss machen.
Die Eisenspirale w3 befindet sich fortwährend in der Spi-
rale Sr Fliesst durch die letztere der Strom 7, so ruft er in
der Eisenmasse ein temporäres Moment M/ hervor. Wird
der Strom unterbrochen, so sinkt das Moment nicht auf den
Werth 0 zurück, sondern es bleibt ein remanentes Moment MH'
bestehen. Eine Aenderung im Widerstande entspricht also
nicht einem Ansteigen des Momentes von ü auf Mr, sondern
nur der Differenz AM' = MT' '— Mr. Dabei haben wir aber
stillschweigend die Voraussetzung gemacht, dass das Moment
des Vergleichswiderstandes u>4 während der ganzen Versuchs-
reihe = 0 ist Nun zeigt sich aus meinen Versuchen, betr. die
Magnetisirungsfunction, dass die magnetisirenden Kräfte, welche
von den beiden unteren und von den beiden oberen Schichten
der Spirale S2 herrühren, sich nicht vollkommen aufheben.
War also der Strom / geschlossen, so besass auch w4 ein tem-
poräres Moment MT"y welches nach erfolgter Stromunter-
brechung auf den Werth Mr zurücksank. Es sei AM'' =
MT" - Mu'. Eine Aenderung des Widerstandes Aw entspricht
dann in Wirklichkeit einer Aenderung des Momentes von der
Grosse AM= AM' - AM \
Das Moment der Eisendrähte bestimmte ich nach der
gewöhnlichen Methode, mit Hülfe eines kleinen Magnetometers,
dasselbe war auf einem horizontalen Balken aufgestellt, dessen
Axe in der Senkrechten zum magnetischen Meridiane lag. Die
beiden Spiralen und St befanden sich zu beiden Seiten des
Magnetometers in solchen Entfernungen, dass ein sie durch-
tfiessender Strom keine Wirkung auf dasselbe ausübt. Be-
zeichnet M das im Eisen entwickelte Moment, d die Ent-
fernung der Mitte der Spirale Sl (also auch der Eisendrähtc)
von derjenigen des Magnetes, X die halbe Poldistanz der Eisen-
drahte, H die Horizontalcomponente des Erdmagnetismus, und
Digitized by Google
462 G. //. v. IFy**.
endlich m den Ausschlags win kel, so ist bekanntlich, sofern tl
einigerniassen gross ist gegen X:
,i/=fd'(i--fi)tg».
Für '/. setzte ich 5/ß/1), wenn / die halbe Länge der Eisen-
drähte bezeichnet. Für die Horizontalcomponente nahm ich
den Werth 0,201 an, der kurz vor ineinen Versuchen für den-
selben Beobachtungsort gefunden worden war. Ich glaubte
davon absehen zu können, // selbst noch zu bestimmen, da es
mir nicht so sein* daran gelegen war, den absoluten Werth des
Momentes, als vielmehr die Magnetisirungsfunction zu kennen.
Tabelle 4.
m;( am' 3/;' .i/;v: am am
0,478 889 711 178 160 86 , 80 98
0.623 iun3 805 228 »60 23: 107 121
0,746 1120 846 274 502 377 125 14!»
0,856 1179 1 875 304 616 473 , 143 161
0,080 1241 805 346 733 571 162 184
1,067 1265 890 366 811 635 176 100
1,100 1312 i y04 408 021 728 103 21o
1,356 1341 011 430 1036 S25 211 210
1,557 1378 915 463 1167 935 232 231
In Tab. 4 sind die für Mt,Mh', etc. gefundeneu Werthi*
angegeben. Die Curven aa', bb\ cc in Fig. 15 stellen den
Verlauf der Functionen MT', Mt" und AM dar. Die in Tab. 3.
in der letzten, mit AM bezeichneten Columne stehenden
Grössen sind nun nichts anderes als diejenigen Ordinaten der
Curve cc\ welche den in der fünften Columne von Tab. 3
angegeben Werthen der Stomstärke / entsprechen. Trägt man
dieselben als Abscissen auf. die correspondirenden Werthe von
Aw als Ordinaten, so erhält man die in Fig. 16 gezeichnete
Curve, welche somit den directen Zusammenhang zwischen der
Widerstandsänderung und der massgebenden Aenderung des
Momentes erkennen lässt, und welche denn auch einen anderen
Verlauf zeigt, als die in Fig. 14 wiedergegebene Curve. Wäh-
rend diese letztere mit wachsender Stromstärke sich offenbar
der horizontalen Richtung nähert, ähnlich wie die Magneti-
sirungsfunction, so lässt sich aus der ersteren ein gleiches Ver-
halten nicht ersehen.
1) F. Kohlrauach, Leitfaden d. prakt Phys. p. 178. 1887.
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Widerstand des magnetischen täten*.
Ks ist vielmehr die Aenderung det Widerstandes nahezu pro-
jHtrtianal derjenigen de* Momente* , wenigsten* innerhalb de* Be-
reiches, über den sich meine Untersuchung erstreckt.
In Betreff der absoluten Grösse der von mir gemessenen
Widerstandsänderung will ich noch kurz an die Ton früheren
Beobachtern gefundenen Werthe erinnern. Die Versuche von
Beetz1) ergaben eine Zunahme des Widerstandes, deren Grenz-
werth Aw — (tnM — iru)>trK bei 0,036 liegt. Auerbach2), der
geglühte und ungeglühte Eisen- und Stahlstäbe untersuchte
und dabei in den emen Fällen eine Zunahme, in den anderen
line Abnahme des Widerstandes bemerkte, erhielt für Aw-
Werthe, welche innerhalb der Grenzen + 0,02*1 und - 0,0186
liegen. Während die von Adams8) beobachtete Zunahme im
Betrage von 1 °/„ noch zwischen den A uer bach' sehen Grenz-
werthen liegt, will To ml in son4) eine solche von 6°/0 gefunden
Laben, eine Aenderung, deren unwahrscheinlich holier Werth
\ermuthen lässt, dass Temperatursteigerungen oder Inductions-
ströme seine Messungen beeinträchtigt haben. Neuerdings hat
Goldhammer5) fur Aw Werthe gefunden, die im Maximum
0.0,fJ betragen. Chwolson0) endlich gibt für die Zunahme
d"S Widerstandes Werthe an, welche von 0,0 152 mit wach-
sender Stromstärke stetig ansteigen bis auf 0,0,433. Nun
ist der grösste Werth von Aw, den ich erhielt, 0,0344 (siehe
Tab. 3). Es liegen daher die von mir gefundenen Werthe
innerhalb der wahrscheinlichsten Grenzen, und insbesondere
stimmen sie mit denjenigen von Chwolson so zu sagen ganz
fiberein.
Es bleibt mir nun nur noch übrig, Herrn Professor Dr.
H. F. Weber, in dessen Laboratorium ich diese Untersuchung
ausführte, meinen herzlichen Dank auszusprechen für die
Freundlichkeit, mit der er mich während meiner Arbeit mit
seinem Rathe unterstützte.
Zürich, Phys. Inst. d. Polyt, im November ISSN.
1) Beetz, Pogg. Ann. 128. p. 202. 186H.
2) Auerbaeh, Wied. Ann. 5. p. 28<J. 1878.
3) Adams, Phil. Mag. (5) 1. p. 153. 187G.
4) Tom Ii n son, Beibl. 2. p. 291. 1878.
5) Goldhammer, Wied. Ann. 31. p. 360. 1887.
6) Chwolson, Carl's Rep. 13. p. 230. 1877.
4i;i
A. Right
IX. Ueber die electromotoriscJie Kraft des Selens;
von Augusto Big hi.
Hr. Kalischer hatte aus einem Element, das aus zwei
Metallen und aus krystallinischem Selen an Stelle des Elek-
trolyten besteht, nur bei Beleuchtung desselben electrische
Ströme erhalten können. In einer Abhandlung unter obigem
Titel habe ich dagegen nachgewiesen, dass der Strom auch
im Dunkeln besteht, dass aber das Licht seine Intensität
verändert (und zwar nicht nur wegen des bekannten Ein-
flusses, den das Licht auf den electrischen Widerstand des
Selens ausübt, sondern weil auch die electromotorische Kraft
sich ändert). Da der Widerstand des Selens oft sehr gross
ist, habe ich in den meisten Fällen die Anwendung des
Electrometers jener des Galvanometers vorgezogen und konnte
so immer eine electromotorische Kraft in den Selenpaaren
nachweisen, auch wenn dieselben vor Belichtung vollständig
geschützt waren.
Hr. Kai is eher bemerkt nun *), dass, um ganz sicher zu
sein, dass das Licht bei der Entstehung jener electromotori-
sehen Kraft nicht betheiligt ist, es nöthig sei, die Selenele-
mente im Dunkeln herzustellen und vor der Prüfung jede Belich-
tung auszuschlie8sen. Die von mir im Dunkeln an den Selen-
elementen beobachteten electromotorischen Kräfte wären da-
nach die andauernde Wirkung einer vorhergehenden Belichtung.
Obwohl es an triftigen Gründen nicht fehlen würde, die
man heranziehen könnte, zu zeigen, wie wenig befriedigend
diese Deutung meiner Versuchsergebnisse sei, will ich
mich darauf beschränken, zu berichten, dass ich neuerdings
meine in Bede stehenden Versuche wiederholt habe, indem
ich die Selenelemente im Dunkeln herstellte und ohne Be-
leuchtung der Prüfung unterwarf, und dass auch so die-
selben die übliche electromotorische Kraft anzeigten. Ich
bin dabei folgendermassen vorgegangen. Eine messingene
Scheibe wurde auf einer Seite mit einer dünnen Schicht von
geschmolzenem Selen bedeckt und alsdann in ein Luftbad
gebracht, um das amorphe Selen in kristallinisches zu ver-
wandeln. Der metallene Schrank, der als Luftbad diente,
1) Kalißcher, Wied. Aua. 35. p. 397. 1888.
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Electromotorische Kraft des Selens. 465
war geschlossen und ausserdem in einem vollkommen finste-
ren Zimmer aufgestellt. Nach der zur Umwandlung des
Selens erforderlichen Zeit wurde die Scheibe im Schranke
erkalten gelassen und hierauf zur Herstellung des Elementes
herausgenommen; die Scheibe wird zu diesem Zwecke auf
ein Zinkdrahtnetz oder auf eine Platte aus Zink gelegt.
Ohne das finstere Zimmer zu verlassen, setzt man tastend
das Clement mit den Messinstrumenten, die sich in einem
Nebenzimmer befinden, mittelst isolirter Drähte, die die
Wand durchsetzen, in Verbindung. Auf diese Weise lässt
sich das Vorhandensein einer electromotorischen Kraft nach-
weisen, welche die Nadel des Electromotors und, wenn die
Selenschicht keinen zu grossen Widerstand bietet, öfters auch
den Spiegel eines Thomson'schen astatischen Galvanometers
ablenkt.
Ich habe hierauf das Selen durch das Zinknetz hindurch
belichtet und dabei eine Zunahme der electromotorischen
Kraft beobachtet, welche nach Entfernung des Lichtes ihren
ursprünglichen Werth annimmt. Ich habe ausserdem neuer-
dings die Wirkung des Druckes festgestellt, von der ich
schon früher gefunden hatte, dass sie der Wirkung des
Lichtes entgegengesetzt ist, indem beim Beschweren der
auf dem Drahtnetze liegenden Scheibe durch Gewichte die
electromotorische Kraft abnimmt. In Kürze: alle Resultate,
die ich an Selenelementen, die bei diffusem Lichte bereitet
waren, beobachtet hatte, habe ich auch mit solchen, die bei
vollkommenem Abschlüsse des Lichtes hergestellt waren, er-
halten können.
Analoge Ergebnisse fand ich mit Selenscheibchen, welche
durch Schmelzen mit Selen zwischen zwei Glasplatten erhal-
ten waren und im Dunkeln krystallinisch gemacht wurden.
Ein solches Blattchen zwischen zwei Scheiben aus zwei ver-
schiedenen Metallen oder zwischen eine Metallplatte und
ein Drahtnetz gelegt, bildet ein electrisches Paar, welches
ohne jede Beleuchtung eine deutliche electromotorische Kraft
zeigt. Auf diese Weise wird der Einwand gehoben, dass die
beobachtete Wirkung durch die Bildung eines Selenids be-
dingt sein könnte.
Ann. d. Phj». n. Chtm. N. F. XXXVI. 30
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466 H. Ebert
X. Zur Anwendung des Doppler9 sehen Principe*
auf leuchtende Gasmolecule; von H. Ebert.
Durch eine Reihe von Versuchen habe ich zu entschei-
den versucht, ob das Doppler'sche Princip auf die einzel-
nen Molecüle eines zum Leuchten gebrachten Gases anwend-
bar ist oder nicht. Durch astrophysikalische Beobachtungen
ist die Gültigkeit dieses Principes für die Lichtemission
grösserer bewegter Massen bis zu dem Grade von Sicher-
heit bestätigt worden, als es die Schwierigkeit der Messungen
bisher gestattet hat; in der That liegen die aus Verschie-
bungen der Spectrallinien berechneten Bewegungen sowohl
bei der Sonnenrotation, als auch im Falle der relativen
Sonnentranslation gegen eine grosse Zahl von Fixsternen
innerhalb der Fehlergrenzen der aus directen Beobachtungen
abgeleiteten Werthe.
Ob wir indessen hieraus auf die Gültigkeit des Do pp ler'
sehen Principes auch im Falle der Lichtemission der einzel-
nen Molecüle selbst schliessen dürfen, bedarf der experimen-
tellen Prüfung. Nehmen wir die Gültigkeit des Principes
auch hier an, so können wir mit Hülfe der Vorstellungen
der kinetischen Gastheorie folgende Consequenzen dieser An-
nahme entwickeln. Es zeigt sich, dass die in den verschie-
densten Richtungen erfolgende Bewegung der leuchtenden
Molecüle einen ßinfluss auf die Breite der Spectrallinien
haben muss. Nun habe ich bei einer früheren Gelegenheit l)
gezeigt, wie man Beobachtungen von Interferenzen mit hohen
Gangunterschieden dazu verwenden kann, um ein Urtheil über
die Breite der Spectrallinien zu gewinnen. Man ist also im
Stande, mit Hülfe der hohen Interferenzen auch ein Urtheil
über die Gültigkeit des Doppler 'sehen Principes in dem
vorliegenden Falle zu gewinnen.
Ein leuchtendes Theilchen, *) welches im Ruhezustand
1) H. Ebert, Wied. Ann. U. p. 39. 1888.
2) Hierher gehörige Folgerungen wurden gesogen von Hrn. J?\ Lip-
pich, Pogg. Ann. 13». p. 465. lt>70; dem Lord Raylcigh, Nature 8.
p. 474. 1873; und Hrn. L. Pfaundler, Wien. Ber. 76. Abth. II. p. S5?.
1877.
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Doppler' sches Princip.
467
Licht von der Wellenlänge k aussendet, bewege sieb mit der
Geschwindigkeit v in einer Richtung, welche mit der Beob-
achtungsrichtung den Winkel # bildet; alsdann scheint nach
dem Doppler'schen Principe das Theilchen Licht von der
Wellenlänge:
auszusenden, wenn V die Lichtgeschwindigkeit bezeichnet.
Da die translatorischen Bewegungen der verschiedenen
Molecule eines Gases mit verschiedenen Geschwindigkeiten
erfolgen, so inuss eine verbreiterte Spectrallinie resultiren,
in welcher die Vertheilung der Helligkeit dem Maxwell'schen
Vertheilungsgesetzes entspricht, wenn wir alle Bewegungs-
richtungen als gleichwahrscheinlich voraussetzen.
In erster Annäherung kann man voraussetzen, dass sich
alle Molecule mit derselben mittleren Geschwindigkeit u be-
wegen, wo:
ist, (7*: absolute Temperatur, D0 : Dichte bei 0° auf Luft als
E nheit bezogen). In diesem Falle vertheilen sich die ein-
zelnen Wellenlängen gleich dicht über einen Spectralbezirk,
dessen Grenzen offenbar den scheinbaren Wellenlängen der-
jenigen Molecüle entsprechen, welche mit der Geschwindig-
keit u gerade in der Sehlinie auf den Beobachter zu oder
von ihm wegfliegen. Man erhält demnach eine Spectrallinie
von der mittleren Wellenlänge X und den Grenzstrahlen:
welche überall dieselbe Helligkeit b3sit/t.
Die hier gefundene Breite b — X — X stellt eine untere
Grenze der wirklich vorhandenen Breite dar. Denn die Brei-
ten der wirklich auftretenden Spectrallinien müssen aus zwei
Gründen grösser ausfallen: 1) Es kommen erheblich grössere
Geschwindigkeiten als die mittlere in dem Gase vor. Frei-
lich ist die Zahl der Molecüle, welche solche grössere Ge-
schwindigkeiten besitzen und darum Licht an Stellen des
Spectrums liefern, welche sich weiter von der mittleren
Wellenlänge entfernen, in dem Maasse geringer, als ihre Ge-
(i)
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468 //. Ehert.
schwindigkeit den mittleren Betrag übersteigt; die Folge ihres
Vorhandenseins wird aber immerhin die sein, dass sieb die
Spectrallinie über die oben bezeichneten Grenzen erweitert
und erst jenseits derselben zu unwahrnehmbaren Helligkeits-
werthen allmählich abfällt. 2) Alle Theilchen, welche sich
gerade in ihrer gegenseitigen Wirkungssphäreberinden, führen
zwar nicht „unregelmässige sondern durch den Bau der
Molecüle, die Kräfte, mit denen sie aufeinander wirken, und
durch die Tiefe, bis zu der sie bei der augenblicklichen Be-
gegnung in ihre Wirkungssphären eindringen, ganz genau
bestimmte Schwingungen aus, aber doch Schwingungen, welche
von den auf den freien Wegstrecken ausgeführten verschie-
den sind. Wie sich hierbei auch der Eingriff in die
Schwingungsweise des einzelnen Molecüles gestaltet, jeden-
falls muss dieser Umstand eine weitere Verbreiterung einer
jeden Spectrallinie herbei führen.
Die Breite der Spectrallinien hat aber einen Einfluss
auf die Interferenzfähigkeit ihres Lichtes.
Eine absolut homogene Spectrallinie mit der Wellen-
länge X (ein Element einer gewöhnlichen Spectrallinie) liefert
an einer Platte von A mm Dicke bei einem Brechungsexpo-
nenten n der Substanz Interferenzen von dem Gangunter-
schiede:
2Jn , l
Wir können uns jede Spectrallinie aus solchen Elemen-
tarlinien zusammengesetzt denken und erhalten demnach für
eine Spectrallinie von der Breite £ = //' — X Differenzen in
den Gangunterschieden an einer Stelle mit der Plattendicke J,
welche im Maximum angenähert:
D = rf'-<r'' = Y^{k''-k')
Wellenlängen betragen; führt man b = X" — X' ein, so wird:
D — -j— • - oder D— rf -~ •
Erfahrung8gemä88 darf nun diese grösste vorkommende Gang-
unterschiedsdifferenz D einen gewissen Bruchtheil einer Wellen-
länge nicht überschreiten, wenn die Interferenzstreifen dem
Auge sichtbar bleiben sollen. Legt man als oberste Grenze
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Doppler sches Princip.
4G9
den Wert 0,3 zu Grunde1), so findet man bei gegebenem b
und /. den erreichbaren Maximalgangunterschied <J> aus der
Gleichung:
(2) ty» = <!> \
Hit man demnach nach Formel 1) die untere Grenze für
die Breite b = k" — X — 21 . uf V berechnet, so kann man aus
der Formel 2) den Gangunterschied berechnen, den man mit
dem Lichte der betreffenden Spectrallinie höchstens er-
reichen kann.2)
Offenbar stellen die so erhaltenen Werthe von 0 obere
Grenzwerthe für die Interferenzfahigkeit dar.
Ich habe für die rothe Wasserstofflinie , die gelben
Natriumlinien und die grüne Quecksilberlinie die höchsten
noch erreichbaren Gangunterschiede mit einem Apparate
bestimmt, dessen nähere Beschreibung ich bereits früher8)
mitgetheilt habe. Dabei waren der Wasserstoff und das
Quecksilber in Entladungsröhren von verschiedenen Formen
gebracht; sie wurden durch die Entladungen eines Inducto-
riums von mittlerer Grösse zum Leuchten angeregt. Die
Quecksilberröhren, welche eine reichliche Menge des Me-
talles enthielten, sonst aber völlig leer gepumpt waren, wur-
den in einem Lut'tbade so weit erhitzt, dass genügende
Dampfmassen das Rohr erfüllten.
Das Natrium wurde in der früher beschriebenen Weise*)
durch Zerstäuben bestimmt concentrirter Salzlösungen im
Bunsenbrenner zum Leuchten gebracht.
Die durch directe Beobachtungen ermittelten Maximal-
gangunterschiede 0' habe ich verglichen mit den unter An-
nahme der Gültigkeit des Doppler'schen Principes nach
der kinetischen Gastheorie aus Formel 1) und 2) berechneten
Werthen <l>. Bei diesen Berechnungen musste die Temperatur
1) Vgl. hierüber 1. c. p. -16.
2) Leider ist durch ein Versehen in der oben angeführten früheren
Arbeit (Wied. Ann. 34- p. 39. 1889) die hier mit 2) bezeichnete Formel
unrichtig geschrieben worden; es iat daselbst in der ersten der auf p. 47
stehenden Formel das X linker Hand zu streichen, und die zweite Formel
besser durch die hier gegebene Formel 2) zu ersetzen.
3) H. Ebert, Wied. Ann. 34. p. 56 f. 1888.
4i H. Ebert, Wied. Ann. 32. p. 3T7. 1887.
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470
H. Ebert.
der leuchtenden Gase bekannt sein. Hr. Eilh. Wiedemann
hat zuerst für die unter der Einwirkung electrischer Ent-
ladungen zum Leuchten gebrachten Gase nachgewiesen, dass
wir hier sehr intensive Lichtemission schon bei verhältniss-
raässig niedrigen Temperaturen haben können.1) Der nied-
rigste Werth, den man annehmen kann, ist offenbar die
Temperatur der Umgebung, also bei den mit Wasserstoff
gefüllten Entladungsrohren die Zimmertemperatur, bei den
Quecksilberröhren die Temperatur des Luftbades.
Bei dem Natrium wurde die Flammentemperatur zu
Grunde gelegt und diese zu 1000° angenommen.
Die folgende Tabelle entbält die gewonnenen Zahlen:
Linie:
t (in Geis.)
r.absol.)
u
h
0
0'
656 hu
0° ' '
273
0,069
1884 m
0,008« u
24 610
64 000
NX
Hg.
589,2
54fi,0
1000
300
1273
573
0,8
6,9
1172
267
0,004
0,001
44 190
168 800
60 000
150 000
Es könnte auffallen, dass beim Natrium so hohe Gang-
unterschiede erreicht wurden, da die gelben Natriumlinien
bekanntlich zu denen gehören, welcfie schon unter gewöhn-
lichen Umstünden bei nur einigermassen hoher Dispersion
erhebliche Verbreiterungen zeigen. Bei Anwendung einer
Chlornatriumlösung von der Concentration 1 (gNa):30(gaq)
wurde allerdings die Breite der Natriumlinien in dem vierten
Spectrum eines Rowland'schen Gitters (ca. 14000 Linien auf
den engl. Zoll) zu !/6 des Abstandes der beiden Natrium-
hnien [Dx — D2) geschätzt; indessen war deutlich zu erkennen,
dass sich inmitten der stark verbreiterten Linien eine schmale,
ungleich hellere Zone hervorhob. Aus dem beobachteten
Gangunterschiede von 600O0 Wellenlängen berechnet sich
die Breite der Spectrallinie zu ^120 (^1 ~~ Q). Dieser Gang-
unterschied wurde erhalten bei dem Zerstäuben einer Lösung
von doppeltkohlensaurem Natron von der Concentration
l(g Na) -.10000 (gaq).
1) Eilh. Wiedemann, Wied. Ann. 6. p. 298. 1879.
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Doppler sches Princip.
471
Durch eine besondere Versuchsreihe habe ich mich direct
Ton dem Einflüsse der Concentration und der Wahl des Salzes
auf die Interferenzfähigkeit des Lichtes überzeugt
£s zeigte sich, dass mit zunehmender Concentration,
also mit zunehmender Dampfmenge in der Flamme, bei allen
Salzen die Interferenzfähigkeit erst langsam, dann aber sehr
schnell abnimmt, was im wesentlichen darauf zurükzuiuhren
ist, dass von einer bestimmten Dampfmenge an die Breite
der Spectrallinien sehr rasch wächst. Die grosse Breite der
Natriumlinien unter den gewöhnlichen Verdampfungsbedin-
gungen (bei directem Einbringen einer Salzperle in die
Flamme) erklart sich somit aus der grossen Menge von
Dampf, welche gleichzeitig in den verschiedenen Theilen der
Flamme vorhanden ist
Bei dem Quecksilber waren die Interferenzstreifen bei
150000 Wellenlangen Gangunterschied noch völlig scharf;
die oberste Grenze der Interferenzfähigkeit war hier also
noch nicht erreicht. Indessen wurde ein weiteres Verfolgen
der Streifen dadurch sehr erschwert, dass bei der grossen
Entfernung, in welcher die Interferenzgläser im vorliegenden
Falle stehen mussten (ca. 40 mm) die geringsten Lockerungen
der Schrauben oder die kleinsten Verruckungen des Appa-
rates die Streifen aus dem Gesichtsfeld bringen mussten.
Hier verschwanden also die Streifen nicht infolge einer sich
geltend machenden Unhomogenität der Lichtquelle, son-
dern infolge von Einstellungsfehlern. Es war ersichtlich,
dass der Maximalgangunterschied über 164 000 Wellenlängen
liegen muss.
Damit ist auch in diesem Falle wie in den übrigen durch
die Versuche der Beweis erbracht worden; dass man in Wirk-
lichkeit viel höher mit den Gangunterschieden aufsteigen
kann, als man nach der Theorie dürfte.
Die unter Annahme der Gultiglieit des Doppler' sehen Prin-
cipe* für den Fall der leuchtenden Molecule berechneten Breiten
der Spectrallinien fallen viel grosser aus, als sie in Wirklichkeit
sein können.
Ein Blick auf die gemachten Annahmen zeigt, dass
dabei tiberall die der Beobachtung ungünstigsten , der
Theorie günstigsten Werthe eingeführt wurden. Bei dem
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472
//. Ebert.
Wasserstoff z. B. wurde die Temperatur 0° angenommen;
doch musste die wirkliche Temperatur des Gases bei weitem
höher liegen, denn der capillare Theil der Entladungsröhre,
dessen Licht ausschliesslich verwendet wurde, erhitzte sich
in kurzer Zeit so stark, dass er nicht mehr mit der Hand
berührt werden konnte. Das in die Rechnung eingeführte,
sicher zu niedrige T, muss also ein zu kleines u ergeben.
Wenn wir aber diese mittlere Geschwindigkeit u zur Berech-
nung der Breite b verwenden, so vernachlässigen wir, wie
oben ausgeführt wurde, einen grossen Theil der Randstrahlen,
das erhaltene b ist also erst recht zu klein. Diesem zu
kleinen Werthe entsprechend stellt der daraus abgeleitete
Werth 0 = 24600 einen Gangunterschied dar, den man in
Wirklichkeit mit dieser Linie nie erreichen dürfte, wenn die
Theorie richtig ware. In Wirklichkeit beobachtet man aber
noch ohne Schwierigkeit Interferenzstreifen, deren Gangunter-
schied mehr als das Doppelte des theoretisch berechneten
oberen Grenzwerthes betragt.
Hier findet sich also eine auffallende Differenz zwischen
Rechnung und Beobachtung.
Diese Differenz tritt noch viel erheblicher hervor, wenn
wir die in neuester Zeit mitgetheilten Zahlen der Herren A.
Michelson und W. Morley1) zum Vergleiche heranziehen.
Diesen gelang es, mit ihren ausnehmend grossen Htilfsmitteln
bei der Natriumlinie noch Interferenzstreifen zu sehen, welche
Gangunterschieden von 200 000 Wellenlängen entsprechen. Bei
dem Quecksilber konnte sogar bis zu Gangunterschieden von
540 000 Wellenlängen fortgeschritten werden. Man kann
also sagen:
Wenn das Doppler' sehe Princip sich auch für die Be-
wegung ganzer leuchtender Massen aU gültig erwiesen hat, so
darf es doch nicht ohne Weiteres auf die Bewegung der einzel-
nen leuchtenden Molecule angewendet werden.
Es ist nicht meine Absicht, an dieser Stelle näher auf
den Grund dieser Nichtübereinstimmung einzugehen; es ge-
nügte, vorläufig den Thatbestand zu constatiren. Indessen
1) A. Michelson u. W. Morley, Am. Journ. of Science (3) JH.
p. 430. 1887; Beibl. 12. p. 477. 1888. A. Michelson, Proc. of the Amer.
Abs. for the Advancement of Science. 87. Scp.-Abdr. p. 10. 1888.
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Photometrie der diffusen Zurückwerf unq.
473
möchte ich auf einen Unterschied der beiden hier in Be-
tracht kommenden Fälle aufmerksam machen: Haben wir
einen Complex schwingender Molecule, so setzen sich die von
jedem einzelnen Molecül erregten A ether wellen zu einer resul-
tirenden Welle zusammen; diese ist es, auf welche wir im
Falle leuchtender Gestirne das Doppler'sche Princip an-
wenden. Im Falle des einzelnen Molecüles haben wir es mit
den oscillatorischen Bewegungen der lichterregenden Aether
partien selbst zu thun.
Erlangen, Phys. Inst, der Univ., Sept, 18S8.
XI. I>ie Photometrie der diffusen Znrüchwerfung ;
von E. Lommel.
(Aus den Sitzungsber. d. math. phys. Classe d. K. Acad. zu München,
mitgetheilt vom Hrn. Vc?rf.)
In einer früheren Abhandlung „über Fluorescenz" *) habe
ich in einem : ,,Ueber die Grundsätze der Photometrie", über-
schriebenen Abschnitt gezeigt , dass in der theoretischen
Photometrie nicht, wie bis dahin üblich war, die Flächen-
elemente einer leuchtenden Oberfläche, sondern die Volumen-
elemente des leuchtenden Körpers als lichtstrahlend zu be-
trachten seien. Demgemäss wurden der theoretischen Be-
handlung photometrischer Probleme die folgenden drei Sätze
zu Grunde gelegt:
I. Die von einem Volumenelement nach einem anderen
strahlende Lichtmenge ist dem Quadrate ihrer Entfernung
umgekehrt proportional.
IL Die von einem Volumenelement ausstrahlende und
auf ein Flächenelement fallende Lichtmenge ist dem Cosinus
des Incidenzwinkels proportional.
III. Das von einem Volumenelement ausstrahlende Licht
wird auf seinem Wege innerhalb des strahlenden Körpers
nach Maassgabe des Absorptionsgesetzes geschwächt.
1) Lommel, Wied. Ann. 10. p. 449 u. 631. 1880.
474
E. Lomme/.
Der Lambert'sche Satz vom Cosinus des Emanations-
winkels war hierdurch aus der Reihe der photometrischen
Grundsätze ausgeschieden und an seine Stelle der vor-
stehende Satz III gesetzt worden. Das Oosinusgesetz ergab
sich vielmehr jetzt als Folgerung aus den obigen Grund-
sätzen, jedoch nur für undurchsichtige glühende Körper;
für Selbstleuchter, die für Licht durchlässig sind, wie z. B.
Flammen, gilt das Cosinusgesetz nicht.
In der citirten Arbeit wurde auf der Grundlage obiger
Sätze nur das Verhalten selbstleuchtender (glühender und
tluorescirender) Körper in Betracht gezogen, dagegen das
ungleich schwierigere Problem der mit erborgtem Lichte
durch diffuse Reflexion leuchtenden Körper, als mit dem
Thema jener Abhandlung nicht in unmittelbarem Zusammen-
hang stehend, unberührt gelassen.
Auch bei den zerstreut reflectirenden Substanzen war
seit Lambert für das von ihnen zurückgestrahlte Licht das
Cosinusgesetz angenommen worden. Dasselbe Hess sich jedoch
weder theoretisch begründen, noch zeigte es sich mit den
Beobachtungen in befriedigendem Einklang. Auf diese nament-
lich auch für die Photometrie der Planeten bedeutungsvolle
Sachlage hat neuerdings Seeliger1) mit Nachdruck hin-
gewiesen und insbesondere an einer Reihe Beobachtungen
gezeigt, dass von einer experimentellen Bestätigung des
Lambert'schen Cosinusgesetzes für zerstreut reflectirende
Körper nicht die Rede sein kann. Durch diese Arbeiten
Seeliger's angeregt, habe ich die vorliegende bereits 1880
begonnene Arbeit wieder aufgenommen, welche sich die Auf-
gabe stellt, das Verhalten diffus reflectirender Körper aus
den obigen Grundsätzen der Photometrie zu entwickeln.
1. Wenn durch die Fläche dto des Volumenelementes
dcodg — dv eines beleuchteten das Licht diffus zurückwerfen-
den Körpers die Lichtmenge da (d. i. auf die Flächeneinheit
die Einheit der Lichtmenge) senkrecht eindringt, so sei:
Idui dp
die Lichtmenge, welche von dem Volumenelement nach allen
Richtungen hin zerstreut wird. Die Grösse / nennen wir
1) Steliger, Vierteljahreschrift der ostronom. Gesellsch. 20. p. 267
1885; 21. p. 216. 1886.
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Photometrie der diffusen Zurückwerf uny. 475
das Diffusionsvermögen des Körpers. Dasselbe ist unab-
hängig von der Farbe des einfallenden Lichts und wird nur
bedingt von dem Grade der Trübung, Pulverisirung, Zer-
stäubung, Schaumbläschenbildung, Rissigkeit u. s. w. des zer-
streuenden Körpers; für einen vollkommen klaren (limpiden)
Körper ist das Diffusionsvermögen / = o.
2. Da das Licbtbtindel von der Intensität da), indem es
die Strecke dg durchläuft, die nach allen Seiten hin zer-
streute Lichtmenge Idio do einbüsst, so erleidet es durch die
Diffusion eine Schwächung, die nach demselben Gesetze er-
folgt, wie diejenige durch Absorption.
3. Gleichzeitig wird es aber noch geschwächt durch
eigentliche Absorption, sowohl beim Durchgang durch die
diffundirenden Körpertheilchen selbst, als auch beim Durch-
gang durch das klar durchsichtige Zwischenmittel, welches
die Zwischenräume zwischen jenen Theilchen erfüllt. Durch
diese Absorption verliert es noch die Lichtmenge:
kdodo,
wo das Absorptionsvermögen A eine Function der Wellen-
länge ist, da ja Körpertheilchen und Zwischenmittel „gefärl t"
sein können.
4. Die bisher gemachte Annahme, dass das Volumen-
eleraent ein gerades Prisma mit zur Richtung des einfallen-
den Lichtbündels parallelen Seitenkanten sei, ist durchaus
nicht nothwendig. Das Volumenelement kann nämlich, welche
Gestalt es auch haben mag, parallel zu den einfallenden
Lichtstrahlen in schmale gerade Prismen zerlegt gedacht
werden, deren jedes in der angegebenen Weise auf das durch-
gehende Licht einwirkt. Durch ein beliebig gestaltetes Volu-
mtnelement werden daher einem Lichtbündel, das für die
Einheit des Querschnittes die Einheit der Lichtmenge mit
sich fuhrt, durch Absorption und Diffusion die Lichtmengen:
kdv und Idv
entzogen.
5. Die Lichtmenge Idv wird von dem Volumenelement
nach allen Richtungen ringsum ausgestrahlt. Nehmen wir
an, dass die Strahlung nach allen Richtungen hin gleich-
massig erfolge, so wird die Oberfläche 4n einer Kugel, welche
mit dem Radius 1 um das Volumenelement beschrieben ge-
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47G
E. Lamm el.
dacht wird, von der Lichtmenge Idv gleichmässig erleuchtet.
Die Lichtmenge, welche das Element dv nach einer belie-
bigen Richtung pro Flächeneinheit dieser Kugel aussendet*
beträgt daher:
/ dv.
4 7t
6. Wir bestimmen nun die Lichtmenge, welche eine
unendlich dünne lichtstrahlende planparallele Schicht, deren
Leuchtkraft für die Einheit des Volumens F beträgt, nach
einem Volumenelement dv sendet, welches ebenso wie jene
Schicht selbst in ein Mittel, dessen Absorptionsvermögen A,
und dessen Diffusions vermögen / ist, eingebettet liegt. Ist
g der Abstand der Schicht von dem Elemente dv, dg ihre
Dicke, und theilen wir sie durch eine Schaar gerader Kreis-
kegel, die dv als gemeinschaftliche Spitze und o als gemein-
schaftliche Axe haben, in schmale Elementarlinge, so ist.
wenn a den halben Oeffnungswinkel eines beliebigen dieser
Kegel bezeichnet, der Rauminhalt eines solchen Ringes:
Dieser Ring sendet nach dem Volumenelemente dv.
welches von allen seinen Punkten die Entfernung g sec a be-
sitzt, die Lichtmenge:
weil ja das Licht auf seinem Wege g sec or einerseits nach
dem umgekehrten Quadrate der Entfernung und andererseits
durch Absorption und Diffusion geschwächt wird.
Um die gesammte Lichtmenge zu erhalten, welche von
der Schicht, die wir uns von unbegrenzter Ausdehnung den-
ken, dem Volumenelemente dv zugestrahlt wird, hat man
diesen Ausdruck nach a von a = o bis a =* \n zu integriren.
Setzen wir:
2ng2 tgasec8 a detdg.
oder, wenn wir noch der Kürze wegen:
k + 1= m
setzen, die Lichtmenge:
{Fdvdgdu ig et e~m«*<
Ü see U
= x, folglich \gada= - ,
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Photometrie der diffusen Zurückwerfung.
477
so wird:
Mf2
J* t~m* B tg u du « J e y— dx = —lie~ , \
lie--* = C+\ogm<>-m(, + J-^f - + - . . .
der sogenannte Integrallogarithmus, und:
C= 0,577 215 7
die Constante des Integrallogarithmus ist.
Die dem Volumenelemente dv von der Schicht dg zu-
strahlte Lichtmenge beträgt demnach:
- \Fdvdglie-™*.
7. Gehört die Schicht dg einem durch Diffusion leuch-
tenden Körper aD, und liegt sie in der Tiefe r' parallel unter
der gleichmäs8ig beleuchteten ebenen Oberfläche des Körpers,
so ist F offenbar eine Function von r (= ^'(O)* Befindet
sich das Volumenelement dv in der Tiefe r unter der Ober-
fläche, so ist:
o = r - r', dp = - dr',
und man hat, um die Lichtmenge zu rinden, welche das
Volumenelement dv von den darüber liegenden Schichten
empfangt; das Integral:
r
- | dvf F{r') . lie~ -('-I rfr'
o
zu bilden. Für die Schiebten unterhalb </v ist:
q = r' — r, dg — dr ,
und das Integral:
R
-\dv J F(r').lie-*r-r)dr'
r
gibt die Lichtmenge an, welche das Volumenelement dv von
rückwärts erhält, wenn R die Gesammtdicke des als plan-
parallele Platte gedachten beleuchteten Körpers bedeutet.
Die Lichtmenge, welche die ganze Platte dem in der
Tiefe r unter ihrer beleuchteten Oberfläche gelegenen Vo-
lumenelemente dv zustrahlt, ist demnach:
r B
-\dv(f F(r').lie-~n(r-'Ur'+ J F(r) .lie-^-r) dr) .
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478
E. fromme I.
8T Bezeichnen wir mit f(r) die Licbtmenge, welche auf
diese Weise, nämlich indirect durch die diffuse Strahlung
sämmtlicher Theilchen des zerstreuenden Körpers, der Vo-
lumeneinheit in der Tiefe r unter der beleuchteten Ober-
flache zugeführt wird, so ist:
r H
/(r) = F[r').lie-^-*'>dr'+ j ' F{r') .lie~^-r) dr>) .
o r
Die Lichtmenge F{r), welche die Volumeneinheit in
der Tiefe r nach allen Seiten ausstrahlt, besteht aber aus
zwei Antheilen, nämlich aus dem Antheil, welcher von der
unmittelbaren Beleuchtung durch die direct einfallenden
Strahlen, und dem soeben besprochenen Antheil, welcher
von der allseitigen diffusen Beleuchtung durch die umgeben-
den Schichten herrührt.
Bezeichnet man daher die der Volumeneinheit an der
Oberfläche durch ein paralleles Strahlenbündei aus irgend
einer Richtung zugeführte und in den Körper eindringende
Iiichtmenge mit o, und den inneren Einfallswinkel mit i\ so
ist, wenn / das Diffusionsvermögen bezeichnet:
Es ergibt sich demnach die Gleichung:
/(r) = - | + /(/)) // <1 r
o
Ii
+ f(,i e~ - » +/(/)) Ii e- »f " *> dr) ,
r
aus welcher die unbekannte Funktion /(r) zu bestimmen ist.
9. Man kann sich die Function f{r) zerlegt denken in
eine Summe von unendlich vielen Gliedern:
/W=/1(0+/t(r)+/a(r) + ...,
wo der erste Antheil ^[r) von der erstmaligen indirecten
diffusen Reflexion, die folgenden Antheile ft(r)i fz{r) . . ..
dagegen von den indirecten Reflexionen immer höherer
Ordnung herrühren. Man hat alsdann:
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Photometrie der diffusen Zurückwerfung. 479
r R
/iW = - i«/(/r^/i>""<r"nrfr>/r^%*r"(r,",,rfr')?
o
und weiter:
r
o r
r Ä
u. s. f., und sieht, dass die Glieder der obigen unendlichen
Reihe durch successive Quadraturen gefunden werden können.
10. Die Function fx (r) ist leicht zu ermitteln. Setzen
wir nämlich in dem ersten der beiden Integrale r — r'= x,
so erhalten wir:
1 — CO«»
e co.ilie-mX_ J __ dX
wir / «* 1 — cot i
folglich:
r
/wr' , .( mr \-CO*i \
e~ i* tie-""-" rfr'- ^ (r - «e
O
Nun ist aber:
^/if"*^««"' C 4- log ma: - mx + \ -~ H
und, wenn wir zur Abkürzung:
l - cos» m m, 8etzen:
COSl
Ur^" = c+ logm* + log !^ + + j • - + • • ■
demnach:
480 E. Lommel.
tax 1 — COs i
e«*i/ie '** - lie ^rmx
m x
2! + )-m*-l-2\ '
— eco" ; m.r
woraus für .r = 0 hervorgeht:
in x 1 — cos •
,«•'/.>"••-/„ I --log1
<x-o " cost
Wir erhalten demnach:
R
— / e
— mtr — r'}
""lie dr
mr 1 — cosi m r
C08f ~coVi,. ~eo«i_wr ~mr "coTi , 1 — COS!
- |« —lie —e log— .—
m « cos i /
Für das zweite in dem Ausdruck für /j (r) vorkommende
Integral erhalten wir, /— r = .r setzend, ganz analog:
* ""/,■« ' "rfr'--< ~'lie "d*
0
«r / 1 -f co«i
cos i cöTi
cos i / • cof •' MX CO» i I . ~U* * I
e Iii ff —ff lie \ ,
und da auf demselben Wege wie oben:
l + cosi mx \
lie »|fe " =log1 + c08i
'« = 0 w cos»
gefunden wird, so ergibt sich:
K
r
mr 1 +cu«i mß
JOS J /
Wir haben also schliesslich:
mr \
7—. , 1 4- cos t ]
""l0«-JÄT-J-
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Plwtomtti ie der diff usen ZurüclucerJ'uiiy. 481
/ » r 1 — cos t m r 1 -f- co* i
ir.r . m R \
~r ^ lo6i_ cost ~ lle +e ""^i* )•
Hieraus folgt für die von den einfallenden Strahlen ge-
troffene Oberfläche (r = o):
I . mR 1 + cot i v
/,(•) =aC08i24i(l0gi^8, + ,--Wie — lie -'■-),
und fur die Rückseite der Platte (r = Ä):
fl(R)^acosi ^ -le c<»llie
. „\
"" ü "i 1 1 — C08 » . . — » ^
— e COB, log . lie
° cos t
11. Ist mi2 so gross, dass er-™* als verschwindend klein
angesehen werden kann, d. h. dringt die einfallende Strah-
lung bis zur Rückseite der nunmehr undurchlässigen Platte
nicht in merklichem Betrage vor, so ist selbstverständlich
auch/^Ä) verschwindend klein, und für die Oberfläche er-
gibt sich:
j, f v . I i 1 + C08 »
f (o) = a cos i „ log r— •
.MW 2 m cos t
Die in diesem Falle alle jenseits der Tiefe Ä gelegenen
Schichten merkliches Licht weder empfangen noch ausstrahlen,
so kann man geradezu R =00 setzen. Man hat demnach für
eine undurchlässige Platte (R =* 00) :
/ _ - r 1 ~ CO» >
fx (r) = u cos 1 2 m j* COiilie ™ i
+ *
mr
00« t
, 1 + C08 $ . . — « r I
lo8r^coa.-/,e )•
12. Bei senkrechter Incidenz (1 = o) erhält man für eine
Platte von beliebiger Dicke R, da:
1 — Co* i
, . — ~ i * r . 1 1 + C08 %
he eoät -flog;
1 — C08 t
= C + log m r + log 1 " lp + Vr~» m r - + . . .
I + COS * i 1 ~ C08 »
C08 » " cos t
<L Phjt. u. Cliem. N. P. XIXVL 31
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482
E. Lommel.
sich für i = o auf:
C + log2 mr
zurückzieht:
[fAr)]i--o
= fl^(«""r(C+ log2 mr) - lie-~r- e~mr lie-2m(B~r>
und, wenn die Platte undurchlässig (Ä = oo) ist:
L/i W]» = - = "2L(e"Wr(C+ log2mr)
13. Wir betrachten jetzt, für den Fall einer undurch
lässigen Platte (11), den Gang der Werthe von/,(r), indem
wir zu den Abscissen r die Functionswerthe /4 (r) als Ordi-
naten einer Curve aufgetragen denken.
Der Differentialquotient:
_ „ , , , mr I 1 — CO« •' . \
«.|,„ ... +log1_co8i.)
lässt erkennen, dass die Curve die Ordinatenaxe berührt (da
Iii = — oo ist), sich sodann bis zu einem Maximum bei:
/,^-"=-.o6^::;:
erhebt, um von da an gegen die Abscissenaxe asymptotisch
herabzusinken.
Mit Hülfe von Soldner's Tabelle der Integrallogarith-
men *) lassen sich die numerischen Werthe von /, (r) leicht
berechnen. Für senkrechte Incidenz (i = o) sind in der fol-
genden kleinen Tabelle einigo Werthe des Ausdrucks:
2a*[/i W]^. = r(C+ log 2 mr) - lie"" = y
für das Argument e—*r, unter gleichzeitiger Angabe der zu-
gehörigen Werthe von mr und lie-"1' zusammengestellt
Da in diesem Falle:
- roe— '{Cr+ log 2 mr)
1) Soldner, Theorie et Tables d'une nouvclle fonction transcen-
daute. München 1809.
Digitized by CoOgl
Photometrie der diffusen Zurückwerf ung. 483
ist, so bestimmt sich der Werth von mr, für welchen y ein
Maximum ist, aus der Gleichung:
log 2 mr = - C.
Man findet hieraus:
mr = 0,28073, = 0,75523, y««,. = 0,95534.
m r
lie-mr
y
1,0
0
-00
0,69315
0,89384
0,9
0,10536
-1,77580
0,8
0,22814
1,19401
0,95034
0,7
0,35668
0,78095
0,94811
0,6
0,51083
0,54685
0.90603
0,5
0,69315
0,87867
0,83060
0,4
0,91629
0,25295
0,72613
0,3
1,20397
0,15741
0,08513
0,59352
0.2
1,60944
0,43438
0,1
2,30259
0,08239
0,24283
0,01
4,60517
-0,00183
0,02981
o
00
0
14. Auf die Ermittelung der von den Reflexionen höhe-
rer Ordnung herrührenden Lichtantheile /3 . . . mit Hülfe
der oben (9) angedeuteten Quadraturen müssen wir verzich-
ten, da dieselben zu Integralen führen, die sich auf bekannte
Functionen nicht reduciren lassen.
Noch weniger erscheint es möglich, mit den bis jetzt zu
Gebote stehenden mathematischen Hülfsmitteln die Function
/(r), welche für die theoretische Photometrie von fundamen-
taler Bedeutung ist, in geschlossener Form aus der obigen
Bestimmungsgleichung (8) exact zu entwickeln.
Dagegen wollen wir versuchen, wenigstens einen ange-
näherten Ausdruck fttr diese Function durch folgende Be-
trachtungen zu gewinnen.
15. Die Bestimmungsgleichung für die Function f(r)
lautet, wenn man die bereits ermittelte Function f(r) in sie
einführt, wie folgt:
r R
= -{l{ff(r')lie-*('-*)dr' + Jf^lie-^^'-^dA .
0 r
Durch Differentiation derselben nach r ergibt sich hier-
aus zunächst:
31»
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484
E. Lorn mel.
r H
0 r
+ lf(r')lie-^-ny = r _ [/(r') /,>■-«('■-•>)],. = r),
oder, weil die vom Integralzeichen befreiten Glieder sich
wegheben:
0 r
Setzt man in diesen Gleichungen in dem ersten Integral
r - r'= in dem zweiten r — r = so lauten sie:
J\r) -Mr) = - l/(//(r - *)/iV— rf* +//(r + *) lie—* «#*)
0 o
und:
r £ — r
£ - & - - *'(//(r " *> ' Ax ~ff{r + x) ■ Cr 4
0 o
Diese Gleichungen lassen erkennen, dass die ihrer Natur
nach stets positive und endliche Function f(r) einen ahn-
lichen Verlauf nimmt wie die Function fx (r) ; ihr Differential-
quotient dfjdr ist positiv unendlich für r = 0, wird später
negativ und verschwindet, wie auch die Function selbst, für
r = oo. Die Function f(r) besitzt daher (wenn R = 00 ist)
ein Maximum, das jedoch erst bei einem grösseren Werthe
von wir eintritt, als dasjenige der Function fx{r). Denn ist
/(r) ein Maximum und sonach dfjdr = 0, so ist die rechte
Seite der letzten Gleichung nothwendig positiv, woraus folgt,
dass das Maximum eintritt bei einem Werthe von mr, für
welchen dfjdr bereits negativ ist.
16. Da ~lierma für wur = 0 unendlich gross ist, und
von da mit wachsendem mx rasch abnimmt, so fallen in dem
Ausdruck:
r R — r
f(r) ~fi(r) = V[f f(r - x)lier»*dx + ff(r+s)lie-—dx)
o o
die Anfangselemente der Integrale in der Nähe von x = 0
gegenüber den späteren bei grösseren Werthen von x be-
sonders stark ins Gewicht, oder, mit anderen Worten, die in
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Photometrie der diffusen Zurüchcerfung.
485
der Tiefe r unter der Oberfläche gelegene Schicht wird weit-
aus am stärksten von den ihr beiderseits unmittelbar an-
grenzenden Schichten beleuchtet.
Legen wir nun sämmtlichen Schichten die in der Tiefe
r herrschende Leuchtkraft bei, indem wir f(r) sowohl statt
— x) als auch statt /(r + x) setzen, so dürfen wir an-
nehmen, dass der hierbei begangene Fehler verhältnissmässig
nur gering ausfalle, weil der Factor lie~mx die Wirkung der
entfernten Schichten, welches auch ihre Leuchtkraft sein
mag, nahezu hinwegtilgt, diejenige der nächstliegenden aber
zu voller Geltung kommen lässt.
Erwägungen dieser Art geben Anlass zu der Vermuth ung,
dass eine Function /'(r), welche der Gleichung:
r R — r
fir) -/,W = - J//M (/««— dx + flie—- dx)
0 0
genügt, nicht allzu weit von der Function f(r) abweiche und
daher annähernd statt ihrer gesetzt werden könne.
17. Man findet nun leicht:
J lie—'ds = 1 (<•-** + mxlie-™*)
und sonach:
r R — t
- \l{pie-m*dx + flic-^'d*}
= jm (2 - e~ * r - m r Ii e~ « " - e~ * <* - r> — m {R - r) Ii e~ m <Ä - r>)
Die Function y> (r) bleibt ungeändert, wenn r rait R — r
vertauscht wird, d. h. sie ist symmetrisch in Bezug auf die
Mittelschicht (r = JÄ) der Platte und erreicht hier, da:
ddvr = m (Zi - lie-*')
für r = 1 7? verschwindet, ihren Maximalwerth :
9W =2(1 -r,^ß-JwÄ/<e-,;»ß),
welcher kleiner als 2 ist. Als Curve dargestellt, berührt sie
die Ordinatenaxe und die im Abstand R mit ihr parallel
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486
E. Lommel.
gezogene Gerade, d. i. die Vorder- und die Rückseite der
Platte, und hat an beiden Stellen den Werth:
(p {o) = cf{R) = 1 — e~*R - mRlie-~B.
Setzen wir R = oo, was geschehen kann, wenn bis zur
Rückseite der Platte merkliches Licht nicht vordringt, so wird:
7 (r) = 2 - e~mr - mrlie-mr = z.
Das folgende Täfelchen gewährt einen Ueberblick über
den Gang der Werthe dieser Function.
- mr
1,0
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
1,00000
1,28710
1,45305
1,57854
1,67935
1,76247
-mr
0,4
0,3
0,2
0,1
0,01
0
1,8317S
1,88952
1,93701
1,97458
1,99843
2,00000
Da in diesem Falle:
d if>
dr '
— mlie-
immer positiv ist, so erkennt man, dass die Curve, welche
den Verlauf der Functionswerthe versinnlicht, sich von dem
Punkte 2=1, wo sie die Ordinatenaxe berührt, mit immer
langsamerer Steigung erhebt, indem sie der Geraden, welche
in der Höhe 2 parallel zur Abscissenaxe läuft, asymptotisch
zustrebt.
18. Als Ausdruck der Function f(r) ergibt sich nunmehr:
/» m —
Dieselbe besitzt in der That im allgemeinen die Eigen-
schaften, welche der echten Function /(r) zukommen müs-
sen. Da:
2m
2(k + l)
stets < j, und demnach:
2»Mr)<1
ist, so ist f'(r) stets positiv, endlich und >fl{r)1 und ver-
schwindet für r = oo; der Differentialquotient:
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Pliotometrie der diffusen Zurückxoerfung. 487
Bf \l" 2M*)ör+ 2mJl dr
zeigt, dass die Curve, welche den Verlauf der Functions-
werthe veranschaulicht, die Ordinatenaxe in der Höhe:
A(o)
berührt, sich sodann zu einem Maximum erhebt, welches
bei einem grösseren Werthe von mr eintritt als dasjenige
der Function yj(r), um sich alsdann (falls R = 00 gesetzt
wird) asymptotisch gegen die Abscissenaxe herabzusenken.
Die aus den successiven indirecten Reflexionen entsprin-
genden Lieh tantheile werden, falls wir f(r) durch f'(r) er-
setzen, durch folgende abnehmende geometrische Reihe dar-
gestellt :
Dem Beitrag der ersten indirecten Reflexion bleibt dem-
nach, auch wenn wir f'{r) statt /(r) setzen, die volle Ge-
nauigkeit gewahrt.
19. Bezeichnen wir wie früher mit F(r) die gesammte
Leuchtkraft pro Volumeneinheit in der Tiefe r unter der
Oberfläche, so sendet ein daselbst befindliches Volumenelement
d(odr unter dem (inneren) Emanations winkel « nach dem
Element du der Oberfläche die Lichtmenge:
1
A-F(r)e ™"dudr.
An '
Die gesammte aus der ganzen Tiefe der Platte, deren
Dicke = Ä, nach dem Oberflächenelemente d oj unter diesem
Winkel gelangende und durch dasselbe (wenn keine Reflexion
nach innen stattfindet) ausgestrahlte Lichtmenge beträgt:
R
r* mr 1 mr \
L = \^\F{r)e «»'dr, oder da: F(r) = / lae C0"+/(r)J ist:
Digitized by Google
I
488 E. Lommel.
20. Setzt man an die Stelle der Function /(r) die Func-
tion/'(r), so hat man annähernd:
R R
I . » cos i -f cos i /» mr
L^i-U a c~ «»i™< nrdr + / A(r) — -<? ^"«rfrl.
4
(.<» COS I + cos » /»
0|r "',/r + r
l8t & ein zwischen 0 und J liegender Bruch, so kann
man schreiben:
2m ' 2m
o
Nun sind in dem Ausdruck:
ä
/. - ;f
.In coBi-f-eo»« /» mr
2m
0 0
beide Integrale leicht zu berechnen. Indem man bei Be-
rechnung des zweiten von der Formel:
J a a
wiederholt Gebrauch macht, erhält man:
, . / eo» i +eoi# A
, d(ü l 2 COS t COS £ f.. r— — mll\
J — a _ _ C I ] ^ CO* I con
4 * 2 m cos » + cos e \ /
d, u , U)_ . 2 «• • j(cos / + COS t) (e
nR
co*.
2m
« R\ _ CO» t + co< i r i 1— *0»i ^
'«uMi' W , ~ co#i co.« L._ •(l/.«1 C08t l;Ä co"
J/ic +e LC08lVl06""c^ '
1 — eoa«
+ co»«(log^ -K«- )]
(_1 +JO#,„Ä\
,0« /f* co,i )
+ ««.(log 1±Ä -ft.--" )[•
21. Unter den zugelassenen Voraussetzungen stellt dieser
Ausdruck das IncideDZ- und Emanationsgesetz für eine be-
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Photometrie der diffusen Zurückwerfuntf.
480
liebig dicke Schicht eines durch diffuse Reflexion lichtstrah-
lenden Körpers dar.
Man sieht, dass der Ausdruck ungeändert bleibt, wenn
Incidenz- und Emanationswinkel miteinander vertauscht
werden.
Ist mR sehr klein, d. h. entweder die Summe aus Ab-
sorptions- und Diffusionsvermögen m, oder die Dicke R der
Schicht sehr gering, so wird die ausgestrahlte Lichtmenge
der Dicke der Schicht proportional und unabhängig von
Einfalls- und Ausstrahlungswinkel.
Wenn //2 m so klein ist, dass im Nenner des zweiten
Gliedes l/2m.(p(&R) gegen 1 vernachlässigt werden kann,
so erscheint der Ausdruck von der unbekannten Grösse &
befreit, und reducirt sich auf sein erstes Glied, wenn auch
die zweite Potenz von //2 m ausser Acht gelassen werden
darf. Es trifft dies zu, wenn k sehr gross gegen / ist, also
bei nahezu schwarzen Körpern, oder bei farbigen Körpern
für diejenigen Strahlen, welche sehr stark absorbirt werden.
22. Dringt bis zur Rückseite der Platte merkliches Licht
nicht vor, d. h. kann e~nR als verschwindend klein oder,
was dasselbe ist, mR als unendlich gross angesehen werden,
so zieht sich der Ausdruck L auf den folgenden weit ein-
facheren zurück:
wo rp eine noch zu bestimmende Constante bedeutet, deren
Werth zwischen 1 und 2 liegt.
Diese Formel, welche ausser von i und e nur noch von
dem Verhältniss des Absorptions- zum Diffusionsvermögen
abhängt, hätte nun für undurchsichtige diffus reflectirende
Körper als neues Emanationsgesetz an die Stelle des bisher
in der Photometrie angenommenen Lamb er tischen Cosinus-
gesetzes zu treten. In ihr bedeuten i und « den inneren In-
cidenz- und Emanations winkel; findet beim Eintritt und Aus-
tritt keine Brechung statt, was z. B. der Fall ist, wenn der
1 + c<w i
cos *
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49(1
E. Timmel
Zwischenraum der diffundirenden Theilchen mit Luft erfüllt
ist, so sind diese Winkel innen und aussen die nämlichen.
Für senkrechte Incidenz (< = o) wird der obige Ausdruck:
4 n |_2 m 1 -f cos e
, _(2i)__ . 2 (
. r ' l +
23. Die Lichtmenge M, welche bei senkrechter Incidenz
von dem Oberflächenelement dw nach allen Seiten hin aus-
strahlt und von einer Halbkugel aufgefangen wird, die mit
dem Radius 1 von den aus beschrieben ist, ergibt sich, wenn
der vorstehende Ausdruck L mit 2n sine de raultiplicirt und
nach € von o bis integrirt wird. Nun ist :
m/t
COS c
sin sde = 1 — log 2, ferner:
1 -f- C08 f-
n/t 1
r cos»« . , 1 + cob« . r ** , 1 +
I- sin «log — rt€=s I— log —
J 1 + C08 £ 6 C08( Jl+JT ° I
- (IX
=/ (* - 1 + f|-) (log (1 + - log*) rf*
o
1 1 1
= D(iog(i +») - iog*>/x +/,og,(;ti)^
O ü u
also endlich, da die beiden ersten Integrale leicht zu berech
non sind, und bekanntlich:
flog
J l +
*dx=-t ist:
12
o
. log 1 ±*m ■ sin e <f « = J - 2 log 2 + } (log 2)' + f *•
1 -f- cos e cos e 3 ° i-
Setzt man diese Werthe in das Integral:
H/2
J/ =: 2 ?r Jz, sin «
0
ein, so erhalt man:
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Photometrie der diffusen Zurüchcerfung.
401
(IV
l = Ao = jm <! - l0* 2> + 1— 7 ■ f1 + 7^-4(1+ iog*)»l
Dieser Ausdruck bedeutet die von der Einheit der Ober-
fläche eines undurchsichtigen Körpers, wenn sie von der Ein-
heit der Lichtmenge beleuchtet wird, nach allen Seiten diffus
zurückgestrahlte Lichtmenge; er entspricht also dem L am-
tier t'schen Begriff „ Albedo".
Die Albedo ist hiernach, da <p eine absolute Constante
bedeutet, nur von der Grösse //2m oder, da:
l _ _± __ , hx
2»~2(* + /)""i'/+l
ist, nur von dem Verhältniss kjl des Absorptions- zum Dif-
fusionsvermögen abhängig und erscheint bei farbigen Kör-
pern vermöge der Grösse k als Function der Wellenlänge.
24. Der denkbar höchste Grad der „Weisse" würde
einem Körper zukommen, der auf sichtbare Strahlen gar
keine Absorption ausübt Da in diesem Falle k = o zu setzen
wäre, so müsste für einen „absolut weissen" Körper:
2m ~ 1
sein. Ein solcher Körper aber gibt, wenn er undurchlässig
ist, alles ihn treffende Licht zurück, oder seine Albedo ist
der Einheit gleich. Setzen wir daher in der obigen Gleichung
//2m = |, so muss aus ihr die „absolute" Albedo A0 — 1
hervorgehen. Durch diese Gleichung:
1 = | (1 - log 2) + j -_L - [l + £ - J (1 + log 2)«]
wird die Constante <p bestimmt. Setzen wir der Kürze wegen:
1 - log 2 = 0,30685 = p
und: i+^_t(i + log 2)2 » 0,38909 = q,
so ergiebt sich aus ihr:
y=s2-^ oder <p = 1,77020.
Diese Zahl hat man sich von nun an in den Ausdrücken
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492 E. Trommel.
für L (22) und A0 (23) an die Stelle von tj gesetzt zu
denken.
25. Die Lichtmenge M, welche ein Oberflächenelement
da einer beliebig dicken Platte bei beliebiger Incidenz nach
allen Seiten hin ausstrahlt, kann übrigens auch ganz exact
ausgedrückt werden, freilich nur durch ein Integral welches
auf bekannte Functionen nicht zurückführbar ist. Man hat
nämlich, von dem Ausdruck:
R
/» m r mr
(ac~ c",i +/(r) ) . dr
0
ausgehend, sofort:
R n
M=d<o.tJ J{ae co"+/(r))e 4 sin i dl dr.
o o
Nun wird, wenn man:
— — — x und demnach sin ede = r ~*
COS 6 **
setzt:
y f ""'sin ede = r f'-'V-d* = - r-^** - mr f~dx
mr Mr
«= tf— **x — mr lie~~mx — — cos 6£ ^ ' — mrlie M%
folglich:
mr
e co,f sin «rf« =<?-inr -f wr/i>-"r.
o
Man hat demnach für die gesammte allseitig ausge-
strahlte Lichtmenge:
R
M= dco~ y*(a<?~ + /(r)) (<?"wr + mr /ie-"rJ </r.
o
Derselbe Ausdruck muss auch hervorgehen, wenn man
die Lichtmenge berechnet, welche von sämmtlichen Schichten
der Platte nach einem Elemente dco der Oberfläche gesendet
wird und durch dasselbe ausstrahlt, falls keine Reflexion
nach innen stattfindet. Denn ist F(r) die Leuchtkraft der
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Pfiotometrie der diffusen Zurückwerf um/. 493
Volumeneinheit in der Tiefe r unter der Oberfläche, so ist
die Lichtmenge, welche ein Elementarring (vergl. 6) der da-
selbst liegenden Schicht von der Dicke dr nach dem Ober-
hachenelement da sendet, da dieses von den Strahlen unter
dem Einfallswinkel a getroffen wird:
m >■
d(o.\F(r)e °°«atg a cos ctdadr,
welcher Ausdruck, nach a von o bis Jrc, nach r von o bis
R integrirt, da ja:
F(r) = /(aT~<+/(r))
ist, sofort den obigen Werth für M liefert.
26. Für eine Platte von solcher Dicke, dass sie kein
Licht durchgehen l&sst (R = »), haben wir, indem wir von
dem bereits oben (17) eingeführten Functionszeichen fp Ge-
brauch machen:
e-mr + mrlie-mr = 2 - (r)
und demnach:
M
3D gc
da, \ (a f S~ ^ (2-<p (r)) dr + ff(r) (2 - tp (r)) r/r).
0 o
Setzen wir nun in dem zweiten Integral näherungs weise:
f{r) = -
statt /(r), so wird dasselbe:
0 0
wenn wir unter <p eine zwischen 1 und 2 liegende Constante
verstehen. Wir haben alsdann annähernd:
n 00 Mr /»»
tf-rfa> < (a e~™i(2-<f{r))dr+-^^lfl(r)dr),
J 1 - .y- <J>J
o *w o
wo nun beide Integrale sich ohne Schwierigkeit berechnen
lassen.
Man findet nämlich:
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494 jp9 Rommel.
» 70
J"* mr f* to r
* ewi(2-<f,(r))dr = }ialJe~c,Mi(c-<*' + mrlic-~')dr
x 0 go
■kal(Je C08' dr+je mr lie~mrdr)
o o
[1+coot 1 +ewi
cos; - -^Ti mr cos* I --^rr"r
l+COsV 1 + COS*'
m r
-cosie 0OBimr/i«-",r— cob*i> CO€</*>— »r
1-f co«< 1°°
"2mLl + coa*+ l + cofli cos i log j
— a-^-cos/(l — cos i log1 +cos'\
2» V b cost /
Ferner ergiebt sich:
o
mr 1 _ «>« I
+ e co../iC oo«.- -He-<»')dr
fiy1 .r • -^rvi i + cos i
= a COS t — COS i £ 008 1 log r— .
2 m / ° 1 — cos t
»r 1— eosi K
— • " — ■ - » M J" _ fjl f |f| f tj| f I
— cosie COTi/i<? +cos<7i> — mrlie —e
= «(/m)2C081[cO8nOg;t-92; + 1
(m r 1— coot ^
/ M2 / , . -1 1 + cos i . , 1 — cos i\
= a C03 ' ( 1 + cos • lo6 + cos * l0« sur )
= a(im),C08l(l+C0Sil0g^.
Wird demnach ein undurchsichtiger zerstreuender Kör-
per durch parallele Strahlen unter dem Einfallswinkel i be-
leuchtet, so betragt die gesammte Lichtmenge, welche ein
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Photometrie der diffusen Zurückiocrfnng. 495
Element da seiner Oberfläche nach allen Seiten hin aus-
strahlt:
M=adto- 2lm cos i - cos i log 1 + ^8 '
(2 — v)2m/ „,.11+coeAl
+ - — /— 1 + co9llo«-co8r *
27. Der Quotient M:adw = A, nämlich:
^=-C0S«(l-CO8.1og—
(2-v)(/-)' / 1+co.A
+ - V— - C03 ' ( 1 + 008 < lo« - coe i " )
stellt nun aber die Albedo in erweitertem Sinne, in ihrer
Abhängigkeit von dem Einfallswinkel, dar.
Für senkrechte Incidenz (« = <>) ergibt sich hieraus:
( ' V"
^ = 2'ad- log 2) + - Vu> (2 -?)(!+ log 2) .
Dieser Ausdruck muss mit dem oben (23) bereits gefun-
denen identisch sein. Hierzu ist nothwendig, dass <p den
oben (24) bereits bestimmten Werth:
(f = 1,77020
besitze, und dass ausserdem:
(2 - rp)(l + log 2) = 1 + £-*(l + l0g2)2« q
sei. Es ist daher in der That ganz genau:
(2 - (p) (l + log 2) = 0,2298 . 1,69315 = 0,38909 = q.
28. Die Lichtmenge Af, welche ein Körper, dessen
Oberfläche von allen Seiten her gleichmässig beleuchtet wird,
nach irgend einer Richtung («) ausstrahlt, wird ausgedrückt
durch das Integral:
«/>
0
Da L in ganz gleicher Weise von t wie von e abhängt,
so kann sich dieses Integral von dem vorigen:
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406
E. f^ommt'l.
0
nur dadurch unterscheiden, dass i und < miteinander ver-
tauscht sind. Es ergibt sich daher:
wo die Constante <p denselben Werth hat wie vorher.
29. Für absolut weisse Körper (//2m = J) ergiebt sich
aus den Formeln M (26) und Bf (28):
Wir gelangen demnach zu folgenden Sätzen:
Wird ein absolut weisser Körper von parallelen Strahlen
aus irgend einer Richtung beleuchtet, so ist die von seiner
Oberfläche nach allen Richtungen ausgestrahlte Lichtmenge
(die Leuchtkraft seiner Oberfläche) dem Cosinus des Einfall-
winkels proportional.
Wird die Oberfläche eines absolut weissen Körpers von
allen Seiten her gleichmässig beleuchtet, so ist die von ihr
nach irgend einer Richtung ausgestrahlte Lichtmenge dem
Cosinus des Emanationswinkels proportional.
Diese für absolut weisse Körper ausgesprochenen Sätze
gelten übrigens auch bei farbigen Körpern für diejenigen
Farben, deren Absorption als verschwindend gering angesehen
werden darf.
Die beiden Sätze zeigen aber, in welchem Sinne und mit
welcher Beschränkung das Cosinusgesetz für den Incidenz-
winkel einerseits und den Emanationswinkel andererseits
nach unserer Theorie als gültig anzusehen ist.
30. Die Lichtmenge N, welche der Körper bei allsei-
tiger (diffuser) Beleuchtung nach allen Seiten von sich strahlt,
wird erhalten, wenn man M mit 2nsinidi oder M' mit
2n sin t de multiplicirt und sodann nach i resp. t von 0 bis
\n integrirt. Es ergibt sich:
M — adü) cos/,
M' = ad tu cos e.
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Pfiotometrie der diffusen Zuruckwerfung. 497
m/i nil
N = 2 7i ad (u ( J"s*n 4 008 idi — Jcos8 / sin t log 1 *D^8 * di j
0 0
/ i \* ■/*
(2-?) d / r
+ 2nadu> r-v?*' f sin i cost rfi
2m
m/2
+/cos V sin . log
oder, da: / sin i cos i di = ]
./2
und: Jcos'i sin * log (li = | log2 — J ist:
N I (2 ~ 9) (smT
n"dZ " ^ ~ 2*li " § lo«2> + r ö + » l0ß2)'
Dieser Ausdruck, welcher das Verhältniss angibt der all-
seitig durch das Flächenelement ausstrahlenden Lichtmengn
zu der von allen Seiten durch dasselbe eindringenden Licht-
menge nadco, entspricht der von Seeliger1) gegebenen
Definition der Albedo, wonach diese eine Zahl sein muss,
die nur von der Beschaffenheit des zerstreuenden Körpers,
dagegen nicht von dem Einfallswinkel abhängig sein darf.
Setzen wir der Kürze wegen:
so ist in dieser Formel:
* = 0,40914;
während (p den oben bereits gefundenen Werth:
fp ~ 1,77020
vorstellt.
Für einen absolut weissen Körper (//2 m — }) ergibt
sich hieraus selbstverständlich Ax = 1.
1) Seeligcr, Viei tcljalirsschr. d. astron. Gosellsch. 21. p. 228. tss«.
Am. d. l'bya. u. Ch«m. N. V. XXXVI. 32
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498
E. IxtmmeL
31. Ist die (Lambert'scbe) Albedo A^ eines Körpers
bekannt, so kann aus der Gleichung (23), (27):
1 "im*
die Grösse //2m und demnach auch das Verhältniss kjl des
Absorptions- zum Diffusionsvermögen bestimmt werden. Man
findet: _____
/ = A<r+p _ i /(^o?l- p3)
2 m 2(p<p-<t) p<r-q'
Für Kremserwei88 (cemssa albissima), das auf Königs-
papier (cbarta regia albissima) in solcher Dicke aufgetragen
war, dass es vollkommen undurchsichtig erschien, fand
Lambert1) als Mittel aus sieben Beobachtungen die Albedo
AQ = 0,4230, und für das dicke und fast ganz undurch-
sichtige Königspapier A0 — 0,4. Hieraus berechnet sich fur
Kremserweiss: ' = 0,42736, -* = 0,16997;
2 m ' l
Königspapisr: J = 0,42103, ^=0,18756.
Mittels dieser Werthe berechnet sich die Albedo nach
Seeliger's Definition für
Kremserweiss: Ax — 0,44907,
Königspapier: Ax = 0,42670.
32. Nachdem nun in der Formel (22):
r dto l /2cos»'cosf
in 2m Icosi -f-C088
2 m 2co8ico8e / 1 + cos» , , 1 + cosf\ \
+ , . COSllog— - — .- + 0086102 - ,
, l cost + co6«V cos t ^ & cos* )
2m ^
welche das Incidenz- und Emanation sgesetz fur undurch-
sichtige diffus reflectirende Körper darstellt, die Coefficienten
numerisch gegeben sind, lässt sich aus ihr die Lichtmenge l
für jeden Einfalls- und Ausstrahlungswinkel leicht berechnen.
Nehmen wir senkrechte Incidenz {i = 0) an, so lautet
die Formel:
1) Lambert, Photometrie p. 841. 1760.
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l*hotometrie der diffusen Zurückwerf ung.
499
advt
l l\ + cos«
m y 2co8e
+
l
2 m
2C08fi
1 -
1 + COS
e (log 2 + COStlog
2
oder, wenn wir zur Abkürzung:
2cos* COS* sp J*(log2 + COB«log
1 +
cos
* I
1 + C08 <•
COflf
!
Q,
setzen:
4?«
adiü
l
2 m
2m
2" -.««
In der folgenden Tabelle sind die Werthe von P und
logbriggQ für die um je 10° steigenden Werthe des Erna*
nationswinkels t von & = 0 bis t = 90° angegeben. In der
nächstfolgenden Tabelle ist für Kremserweiss und Königs-
papier das Verhaltniss Lj L0 (unter L0 die senkrecht aus-
strahlende Lichtmenge bei e 0 verstanden) berechnet; zur
Vergleichung sind in der letzten Columne die Werthe von
cos* hinzugefugt
p
logQ
£
P
logQ
10
s
1,00000
0,99235
0,96891
0,92820
0,86753
0,14186
0,18759
0,12432
0,10053
0,06311
50°
60
70
80
90
0,78256
0,66667
0,50971
0,29591
0,00000
0,00622
9,91819-10
9,77205-10
9,48187-10
- 00
I. Kremserweiss : log p = 0,24433.
IL Königspapier: log p = 0,21829.
e
<i
II L
Ä
0°
1,00000
1,00000
10
0,99087
0,96293
0,99087
20
0,96301
30
0,91478
0,91499
40
0,84391
0,84430
50
0,74657
0,74719
60
0,61766
0,61851
70
0,45094
0,45197
80
0,24126
0,24221
90
COS f
1,00000
0,98481
0,93969
0,86603
0,76604
0,64279
0,50000
0,34202
0,17365
0,00000
32*
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500
E. Lnmmel.
Da in dem Ausdruck L die Winkel i und e miteinander
vertauschbar sind, so gelten die nämlichen Zahlen auch fDr
die verschiedenen Werthe des Incidenzwinkels, wenn der
Emanationswinkei constant = o ist.
33. Vergleichen wir nun diese Zahlen mit den von See-
liger1) publicirten Beobachtungsresultaten. Dieselben sind
in den folgenden beiden Tabellen enthalten.
Emanationswinkel s constant.
i Marmor ^
Papier Carton ^ Porzellan
0°
1000
1000
1000
1000
10
963
990
981
982
20
920
980
960
942
30
853
970
940
890
40
765
942
917
880
50
655
870
850
730
«0 513
712
670
615
70
340
500
380
472
SO
165
250
185
253
II. Incidenzwinkel i constant.3)
Marmor Papier Carton Porzellan
0"
10
20
30
40
50
60
i
8
J S. I
v
OB
1000
1000
1000
1054
1044
1004
1099
1057
977
1148
1048
918
1180
1026
831
1131
919
720
1020
760
590
Von den beobachteten Substanzen entspricht nur der
Marmor näherungsweise dem Cosinusgesetz; nach unserer
Theorie würde dasselbe nur gelten bei allseitiger (diffuser)
Beleuchtung für einen Körper, welcher der absoluten Weisse
nahekommt.
Die Zahlen für Papier und Carton stehen zwar den-
jenigen des neuen Gesetzes näher als denjenigen des Cosinus-
1) Seeliger, Vierteljahrsschr. der astronom. Gesellsch. 20. p. 207.
1885.
2^ In der Originaltabelle sind, um die Abweichungen von dem Co-
sinusgesetz besser hervortreten zu lassen, die Verhältnisse der gemesse-
nen Lichtmengen zu cos e augegeben; hier sind der Gleichförmigkeit
wegen durch Multiplication mit cos *■ diese Lichtmengen selbst wieder
hergestellt
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tViotometrie der diffusen Znriickwerfniuj.
f>0 1
gesetzes; doch kann von einer auch nur annähernden Ueber-
einstimmung nicht die Rede sein. Da dieße Materialien
jedoch durchscheinend sind, so kann die für vollkommen un-
durchsichtige Platten abgeleitete Formel (22) auf sie über-
haupt nicht angewendet werden, sondern es wäre die compli-
cirtere Formel (20), welche für eine beliebige Dicke der Platte
gilt, heranzuziehen. Diese aber würde für eine dünne Schicht
die ausgestrahlte Lichtmenge unabhängig von Incidenz- und
Emanationswinkel, also durchweg = 1000 ergeben. Ein An-
wachsen dieser Lichtmenge mit zunehmendem Emanations-
winkel bis zu einem Maximum, wie es aus den ßeobachtungs-
reihen II hervortritt, kann durch das neue Emanationsgesetz
ebensowenig wie durch das Cosinusgesetz dargestellt werden.
Auch mit der dem Lambert'schen sowie dem neuen
Gesetz gemeinsamen Forderung, dass Einfalls- und Aus-
strahlungswinkel miteinander vertauschbar sein müssen, stehen
die Zahlen für Papier und Carton im Widerspruch, falls
angenommen wird, dass der constante Emanationswinkel
in I dem constanten Incidenzwinkel in II gleich gewählt
worden ist.
Dagegen stimmen die für Porzellan gefundenen Werthe
mit den aus dem neuen Emanationsgesetz berechneten ziem-
lich nahe überein, während sie von dem Cosinusgesetz be-
trächtlich abweichen. Der Rechnung wurde die Albedo 0,4
zu Grunde gelegt, welche Lambert als ungefähren Werth
für weisse Körper überhaupt annimmt. Der constante Ema-
nationswinkel bei I sowie der constante Incidenzwinkel bei
II wurden beide = o angenommen. Da die beiden Beob-
achtungsreihen für Porzellan der Bedingung der Vertausch-
barkeit von * und e nicht unbedingt widersprechen, wurden
aus ihnen noch die Mittelwerthe J(I+II) gebildet, welche
noch besser mit den aus der Theorie berechneten Wertlien
übereinstimmen. Neben jeder Beobachtungsreihe sind in der
folgenden Tabelle in den Columnen a und b die Differenzen
zwischen den beobachteten und berechneten Werthen für
das neue Gesetz (a) und für das Cosinusgesetz (b) angegeben.
Wahrend die Abweichungen bei dem letzteren bis 31 °/0 des
beobachteten Werthes ansteigen, erreichen Bie bei dem erste-
ren nur 4%.
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502
B. Walter.
i od. 6
be-
rech- 1
net
' Por-
1 zellan
a
b
.._
, Por-
zellan
1 II
a
b
Pnr-
/XI Irtll
VV0+n>
a
b
0*
1000
t 1000
0
0
1000
0
0
' 1000
0
0
10
991
982
— 9
- 3
1004
+ 13
+ 19
j 993
+ 2
+ 9
20
96.t 942
-21
+ 2
977
+ 14 i +37
1 960
- 3
+ 20
80
915
890
-25
+ 24
918
+ 3
+ 52
904
-11
+ 3!*
40
844 ,
880
-14
+ 64
831
-18
+ 65
831
-13
+ 60
50
747
730
-17
+ 87
720
-27
+ 77
l 725 -22 ;+ 62
60
619
615
— 4
+ 115
590
-29
+ 80
003 -16+103
70
452
472
+ 20
+ 180 1
-
80
242
253
+ 11
+ 79 |
i
1
Im Vorhergehenden ist zugleich der Weg vorgezeichnet
für die theoretische Behandlung des durch einen durchschei-
nenden trüben Körper hindurchgegangenen diffusen Lichtes;
ein näheres Eingehen auf diese Frage möge jedoch einer
späteren Mittheilung vorbehalten bleiben.
XII. JHe Aendenmgen des Fluorescenzverm&gen*
mit der Concentration; von B. Walter.
(Hierin T»f. VII Mg. 12—80).
In einer kürzlich in diesen Annalen1) unter ähnlicher
U Überschrift veröffentlichten Abhandlung hatte ich als Haupt-
resultat aus meinen Beobachtungen den Satz abgeleitet, dass
das Fluorescenzvermögen einer fluorescirenden Flüssigkeit mit
wachsender Verdünnung unaufhörlich zunimmt. Derselbe hatte
seiner Einfachheit wegen sehr viel gewinnendes, und er ist
denn auch, wie ich später fand, schon früher vermuthungsweise
von Lommel ausgesprochen worden.2) Nichtsdestoweniger
niusste es Misstrauen erregen, dass die darin enthaltene That-
sache sich nach keiner Seite hin an bekannte Dinge anleimte
und sich auch ebensowenig zum Aufschluss neuer Gebiete zu
eignen schien.
1) B. Walter, Wied. Ann. U. p. 316. 1888.
2) Lommel, Pogg. Ann. 160. p. 76. 1877.
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Fluorescein und Concentration.
503
Schon in jener Arbeit1) hatte ich darauf hingewiesen, dass
ein definitives Resultat sich erst dann erwarten lasse, wenn
man ab Erreger der Fluorescenz nicht wie dort ein aus Strah-
len sehr verschiedener Wellenlänge zusammengesetztes Licht
(Lampenlicht), sondern ausschliessliches homogenes Licht be-
nutze; und in der That hat sich denn auch nach Abstellung
dieses, hier selbst im Winter nicht zum umgehenden Mangels
eine so erhebliche Umgestaltung des obigen Gesetzes ergeben,
dass dasselbe dadurch sofort mit einer ganzen Reihe theils be-
kannter, theils geahnter Thatsachen der Molecularphysik in
Verbindung gebracht wird.
Um mir nun aber bei meinen definitiven Messungen von
vornherein ein in jeder Beziehung einwurfsfreies Resultat zu
sichern, bedurfte ich vor allem einer genauen mathematischen
Theorie der Bildung und Emission des Pluorescenzlichtes unter
ganz bestimmten äusseren Bedingungen. Eine solche ist nun
bereits von Lommel in der oben erwähnten Abhandlung ge-
geben; indessen lassen die Ableitungen dieses Physikers für
unsere Zwecke doch noch mehrere erhebliche Vereinfachungen
zu, weswegen ich sie im Folgenden wiederholen muss. .
Es falle senkrecht auf ein gewöhnliches Absorptionsgefäss
AB CD (Fig. 12), mit planparallelen Wänden ein sehr
schmaler Streifen, R Q, parallelen, homogenen Lichtes, dessen
Gesammtintensität beim Eindringen in die Flüssigkeit = 1 an-
genommen wird. Diese Lichtmenge möge, nachdem sie die
ganze Flüssigkeitssschicht des Gefasses, deren Dicke ebenfalls
= 1 sein mag, durchsetzt hat, auf die Grösse a abgeschwächt
sein, wo man den echten Bruch a als den Durchlass-
coemeienten dieser Lösung bezeichnet 2) Nach dem bekannten
Lambert' sehen Absorptionsgesetze ist dann die Intensität des
einfallenden Lichtes, wenn es in die Flüssigkeit hinein bis zu
den Dicken x und x + dx, d. h. bis zu den Schichten LM
und L'M' (Fig. 12) vorgedrungen ist, auf o*, resp. a* + dx ge-
sunken, wo ich für + nach dem Taylor'schen Satze
a*+ (dx-Vja* log a -f- {dx2 1 . 2) a* (log a)2 + , oder unter Ver-
nachlässigung der Glieder höherer Ordnung ax + dx.ax log a
schreiben kann. In der unendlich dünnen Schicht zwischen
1) B. Walter, l. c. p. 324.
2) Coefficient of transmission (Lang ley).
504
IS. Walter.
LM und L'M' wird also die Lichtmcuge a1 — u* + d* =
-a'dxloga absorbirt, und von dieser Grösse nun auch ein
Theil zur Erzeugung des Fluorescenzlichtes verbraucht Der-
selbe sei etwa— fa*dx logo; dann ist der Factor /eben die
von uns gesuchte Grosse, nämlich das Fluorescenzvermögen
der zur Untersuchung vorliegenden Lösung für das gerade an-
gewandte Licht
Jenes Fluorescenzlicht breitet sich von seinem Ent-
stehungsorte nach allen Seiten des Raumes hin gleichmäßig
aus, und es schlagt demnach auch ein constanter Theil des-
selben, den man etwa durch die Grösse — gfa* dx log a aus-
drücken kann, die Richtung auf die Oeffnungseinheit des
Spaltes S des Spectroskops zu ein, vor welchem in unserem
Falle aus später zu erörternden Gründen eiu totalreflectiren-
des Prisma P angebracht ist. Die brechenden Winkel des
letzteren sind sämmtlich 60°, sodass demnach nur derjenige
Theil des Fluorescenzlichtes in den Spalt gelangen kann,
welcher die Flüssigkeit unter einem Winkel von 30° verlässt
(s. Fig. 12). Unter diesen Umständen ist der Weg, welchen
dieses Licht in der Flüssigkeit zurückzulegen hat, jrsec30°,
sodass also seine Intensität, wenn man seinen Durch-
lasscoefficienteu mit a bezeichnet, in der Flüssigkeit auf
- gfa* a* uc 80 dx log a = — gf(db) 9 dx log a abgeschwächt wird,
wo zur Abkürzung a 960 30 = b gesetzt ist
Der Durchlasscoefficient a ist aber, da das Fluoresceuz-
licht nicht homogen ist, für die verschiedenen Strahlengattungen
desselben verschieden, sodass mau demnach die Untersuchungen
über die Intensität desselben stets auf eine ganz bestimmte
Spectralgegend beschränken muss, was ja mit Hülfe der Ocu-
larspalte des Spectroskops leicht zu erreichen ist.
Die gesamrute, von allen Schichten der Flüssigkeit A BCD
(Fig. 12) in den Spalt S eindringende Menge des Fluorescenz-
lichtes dieser Wellenlänge wird daher:
(1) F= - gflog aj(a l,f rf, = 9/^4^-
0
sein, unter der Annahme, dass die Grösse g für alle hinter
einander liegenden Schichten des Absorptionsgefasses als con-
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Fluorescenz und Concentration.
505
stant zu betrachten ist, eine Annahme, die, genau genommen,
allerdings nur dann statthaft ist, wenn die Dicke BC der
Flussigkeitsschicht gegen ihre Entfernung vom Spalte S ver-
nachlässigt werden kann. Um dieser Voraussetzung bei meinen
Versuchen soviel als möglich gerecht zu werden, nahm ich
ilazu ein Absorptionsgel iiss von 2 mm Schichtdicke, während
die Entfernung des Spaltes 5 von demselben in der Regel
100—200 mm betrug.
Die Gleichung 1) lasst aber in unserem Falle, wo es
sich bei der Vergleichung des Fluorescenzvermögens nur um
die verschiedenen Concentrationen einer und derselben Sub-
stanz handelt, noch eine erhebliche Vereinfachung zu; denn da
nach einem experimentell zuerst von Beer1) nachgewiesenen
Gesetze, dessen Gültigkeit fur die Fluoresce'inlösungen ich
spater darthun werde, die Verstärkung der Concentration einer
Lösung hinsichtlich ihrer Absorptionsfähigkeit fur sämmtliches
auftauende Licht gleichbedeutend ist mit einer ebenso grossen
Vermehrung der Dicke der durchstrahlten Schicht, so werden
sich die auf dasselbe Gofass bezüglichen Grössen a und a, und
lerngemass auch bei veränderter Concentration der darin
enthaltenen Lösung sämmtlich um dieselbe Exponentialgrösse
ändern, sodass also der Quotient loga/log(a£) für alle Ver-
dünnungen einer Substanz constant ist. Da es aber hier nur
auf die relativen, nicht auf die absoluten Werthe des Fluores-
eenzvermögens f der verschiedenen Verdünnungen ankommt,
so kann man mithin diese Constante sowohl wie auch die Con-
^tante g in der Gleichung 1) fortlassen; und diese gibt dem-
nach für das Fluorescenzvermögen:
<2> ' /-,/.»•
worin nun die drei Grössen F, a und b = a™*90 für jeden Con-
centrationsgrad durch das Experiment bestimmt werden müssen.
Der Körper, auf dessen wässerige Lösungen sich nun
meine Messungen dieser Art zunächst bezogen, war das NHr
Salz des Fluoresceins.*) Dieses, das ich der Kürze halber
1) Beer, Pogg. Ann. 86. p. 78. 1852.
2) Es ist in hohem Grade bemerkenswerth , dasa das Fluorcseens-
apectrom dieses Salzes genau aus denselben Strahlengattungen zusammen-
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H. Walter.
künftighin einfach als Fluorescein bezeiclinen werde, erhält
man in concentrirter Lösung am einfachsten dadurch, dass man
eine concentrirte wässerige NH3- Lösung direct mit der in
Form eines rothen Pulvers käuflichen Fluorescelnsäure sattigt
wozu nahezu gleiche Quanta von Stoff und Lösungsmittel er-
forderlich sind. Diese stärkste Concentration desselben sieht
in der Flasche von allen Seiten schwarz aus und zeigt selbst
bei Anwendung eines darauf concentrirten Kegels directer
Sonnenstrahlen noch keine Spur von Fluorescenz; die ersten,
schwachen Anfänge derselben sieht man unter diesen Um-
ständen vielmehr erst bei der Verdünnung von hier ab
aber wächst die Intensität des Fluorescenzlichtes bei weiteren]
Verdünnen ganz ausserordentlich schnell
Da ich jedoch bei meinen Versuchen nach der oben ge-
gebenen Theorie nur homogenes und parallel gerichtetes
Sonnenlicht anwenden durfte, so rausste ich als concentrirteste
Lösung natürlich eine solche nehmen, bei der das Fluoresccuz-
licht auch unter diesen Umständen schon eine messbare Inten-
sität besitzt, wozu es etwa einer lOOfachen Verdünnung der
ursprünglichen, concentrirten Lösung bedurfte. Von dieser
Verdünnung ausgehend, die im Folgenden zunächst als con-
centrirte Lösung (V,) bezeichnet wird, wurden die weiteren
Verdünnungsgrade in der Weise hergestellt, dass in der folgen-
den Lösung immer genau halb soviel Substanz enthalten war
wie in der vorhergehenden, weswegen ich in der Folge diese
Verdünnungen, mit der concentrirtesten anfangend, der Beihe
nach mit V, ; 1/2 ; 1is 1 :6583fl bezeichnen werde, wo also
in der letzten auf einen Theil Fluorescein über 6 Millionen
Theile Wasser kommen.
Als Lösungsmittel darf man jedoch nicht blosses Wasser
benutzen, weil dann die grösseren Verdünnungen ihr iV7/s nach
und nach abgeben — das Fluorescein ist nämlich nur eine
schwache Säure und bildet als solche sehr wenig beständige
Salze — und damit ihr Fluorest enzvcrmögen natürlich in ent-
sprechendem Maasse einbüsseu würden. Damit daher JV7/3
stets im Ueberschuss da ist, versetzt man am besten gleich
gesetzt ist, wie das der Säure selbst, während doch die Absorptions-
maxima beider Körper an ganz verschiedenen Stellen des Spectrum*
Uegen.
Digitized by doogl
Fluorescenz und Concentration.
507
das Verdünnungswasser mit 2— 3°/0 einer coucentrirten NHt-
Lösung und überzeugt sich noch jedesmal vor dem Ge-
brauche einer Lösung einfach durch den Geruch von ihrer
alkalischen Reaktion.
Die Erregung des Fluorescenzlichtes in diesen einzelnen
Verdünnungen hatte, der obigen Theorie zufolge, durch einen
schmalen Streifen paralleler, homogener Lichtstrahlen zu
geschehen. Zur Beschaffung desselben wurden die Sonnen-
strahlen wagerecht durch den verticalen Spalt (Fig. 18),
im Fensterladen des Laboratoriums, geschickt, wo sie in
einer Entfernung von 2—3 ra auf ein Flintglasprisma PA
mit vertical stehender brechender Kante fielen, hinter welchem,
senkrecht zur Richtung der austretenden Strahlen, eine Samniel-
liuse Ll von 1 m Brennweite stand. Dieselbe entwarf in nicht
ganz 2 m Entfernung hinter sich, bei A B, ein sehr langes und
reines Spectrum, in dem die grösseren Fraunhofer'schon
Linien, selbst bei ziemlich grosser Spaltweite Sv noch deutlich
sichtbar waren und bei dieser Aufstellung natürlich vollkommen
gerade Linien bildeten. Dieses Spectrum wurde hier mittelst
des schwarzen Schirmes A B aufgefangen, welcher in der Mitte
einen verticalen erweiterungsfähigen Spalt S% besass, durch
den man nun die gerade gewünschte Strahlengattung hindurch-
gehen liess. Das so erhaltene homogene Licht fiel weiter auf
eine Cylinder - Sammellinse , die um ihre Brennweite vom
Spalte St entfernt war und die divergirend aus ihm heraus-
tretenden Strahlen in einen parallelen Streifen verwandelte,
genau so wie ihn die oben gegebene Theorie erfordert.
Um die Intensitäten F des Fluorescenzlichtes der
verschiedenen Verdünnungen des Fluoresceins miteinander
vergleichen zu können, bedarf es einer vermittelnden Licht-
quelle, eines Normallichtes, welches während des Wechseins
der Flüssigkeiten in dem Absorptionsgefasse A BCD (Fig. 12),
constant bleibt und sich dabei unmittelbar neben dem im
Spectroskope betrachteten Theile des Fluorescenzspectrums
jener Lösungen befinden muss. Das letztere zunächst erreicht
man nun sehr leicht mit Hülfe des Vierordt'schen Doppel-
spaltes, d. h. mit Hülfe zweier, an demselben Spectroskope
unmittelbar übereinander angebrachter Spalte, von denen der
eine das Fluorescenzlicht des Gefässes A BCD und der andere
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I
508 B. Walter. *
die als Normallicht dienenden Strahlen aufnimmt. Zur Er-
zeugung der letzteren könnte man etwa eine Petroleumlampe
nehmen, aus deren Spectrum ja der Ocularspait die dem zu
untersuchenden Fluorescenzlichte gerade entsprechende Stelle
gleichfalls mit herausschneiden würde; allein, abgesehen von
dem durch die Lampe im Zimmer sowohl wie im Spectroskope
verbreiteten überflüssigen Lichte, müsste diese Methode auch
schon aus dem Grunde sehr fragwürdige Resultate liefern, weil
man zwei, in ihren Intensitätsschwankungen voneinander ab-
hänge Lichtquellen, die Petroleumlampe und die Sonne, an-
wendet, von denen zumal die letztere eine höchst unbeständige
Lichtquelle darstellt
Von allem diesem macht man sich frei, wenn man als
Normallicht gleichfalls Fluorescein-Fluorescenzlicht benutzt, und
zwar Fluore8cenzlicht, welches durch einen Theil desselben
Sonnenlichtes erzeugt ist, das auch die Fluorescenz in dem
Grefässe AB CD (Fig. 12) hervorruft Man erreicht dies in
folgender Weise. Ehe der oben beschriebene, nach Art
der Zeichnung in Fig. 18 erzeugte Streifen homogener,
paralleler Sonnenstrahlen das Gefäss AB CD der Fig. 12,
welches in Fig. 13 als G2 bezeichnet ist, trifft, muss derselbe
durch ein ähnliches Grefäss Cr, gehen, in welchem sich eine
Fluoresceinlösung von solcher Concentration und Schichtdicke
befindet, dass dieselbe einen möglichst grossen Theil des auf-
fallenden Lichtes durcblässt, dabei zugleich aber ein Fluores-
cenzlicht ausstrahlt, welches an Intensität etwa in der Mitte
zwischen den sämmtlichen zu messenden Lichtstärken steht
Dieses Fluorescenzlicht gelangt dann, seine eigene Mutterlösung
durchsetzend, nach hinten zu in den zweiten, unteren Spalt
(Fig. 13) des Vierordt'schen Spectralphotometers K> vor welchem
zu diesem Zwecke, ebenso wie vor dessen oberem Spalte, ein
totalreflectirendes gleichseitiges Prisma P3 angebracht ist
Die Stative der beiden Grefässe Gl und G% werden so
lange auf der Linie des erregenden Strahles hin und her
gerückt, bis man die ihnen im Spectroskop entsprechenden
Fluorescenzspectren in möglichster Helligkeit sieht; *) dann wird
1) Es mag noch erwähnt werden, dass diese Versuchsanordnuiig auch
sehr gut dazu benutzt werden kann, um Fluorescensspectra verschie-
dener Substanzen qualitativ und quantitativ zu vergleichen.
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Fluorescein und Concentration.
509
das Gefass Gt aus seinem Stativ genommen, um so nach und
nach mit den einzelnen zu untersuchenden Lösungen gefüllt zu
werden. Nach dem Wechseln muss es natürlich immer genau
an die alte Stelle gebracht werden, und ebenso muss auch,
der Theorie zufolge, der obere Spalt des Spectroskopes K,
in welchen das Fluorescenzlicht von Gt her eindringt, für die
ganze Untersuchungsreihe immer dieselbe Oeffnung behalten,
oder wenigstens muss man alle Messungen auf dieselbe Oeff-
nungseinheit reduciren. Der untere Spalt dagegen, welcher
das Fluorescenzlicht von Gx her aufnimmt, wird so lange
weiter, resp. enger geschraubt, bis die beiden im Spectroskope
K übereinander lagernden Fluorescenzspectren, bez. deren heraus-
geschnittene Theile, gleiche Helligkeit zeigen. Das Verbältniss
der beiden Spaltweiten stellt dann bekanntlich das umge-
kehrte Verhältniss der Intensitäten beider Lichtquellen dar und
gibt unmittelbar die Intensität F des Fluorescenzlichteg der
Lösung Gv ausgedrückt in Einheiten des Normallichtes in Gv
Da aber jenes Verhältniss aus leicht ersichtlichen
Gründen von den Intensitätsschwankungen des erregenden
Sonnenlichtes vollständig unabhängig ist, so kann die einzige,
bei diesen Messungen ausser den Schätzungsfehlern l) überhaupt
noch in Betracht kommende Fehlerquelle nur von dem mangel-
haften Functioniren des Heliostaten und der dadurch ver-
anlassten Verschiebung des durch den Spalt Sx in das Zimmer
eindringenden Strahlenbündels herrühren. Ohne auf die Natur
der dadurch veranlassten Fehler einzugehen, will ich nur be-
merken, dass dieselben schon bei der geringsten Verschiebung
eine ganz bedeutende Grösse annehmen, und dass daher für
Versuche dieser Art ein richtig gehender Heliostat die erste
Bedingung ist. In Ermangelung eines solchen schützt man
sich vor falschen Resultaten wenigstens einigermassen dadurch,
dass man sich noch eine zweite Normallösung von beliebiger
Concentration herstellt und dieselbe in einem besonderen Ge-
lasse von Zeit zu Zeit an die Stelle von P% bringt, um sich
1) Dieselben sind nicht so gross, wie man vielleicht der geringen
Intensität dee Fluorescenzlichtes wegen annehmen dürfte. Da vielmehr
bei dieser Versuchsanordnung im ganzen Zimmer nur Licht von der Ord-
nung des zu messenden vorhanden ist, so erhält man selbst bei den ge-
ringsten Intensitäten desselben noch sehr gut tibereinstimmende Resultate.
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510
B. W niter.
durch Messung der Stärke ihres Fluorescenzlichtes zu über-
zeugen, ob die Versuchsbedingungen noch dieselben geblieben
sind. Ist dies nicht der Fall, so hat man in dem Verhaltniss
des jetzigen zum früheren Resultate einen Reduction&factor,
der die eben gefundene Zahl mit den früher erhaltenen ver-
gleichbar macht Das Ganze ist jedoch nur ein Nothbeheli
und gibt nicht im entferntesten die Genauigkeit einer regel-
recht verlaufenden Beobachtung.
Bei meinen eignen Bestimmungen der Grösse F ver-
wandte ich als Erreger zunächst das Licht, welches im
Sonnenspectrum kurz vor der Fraunhofer'schen Linie F
liegt, weil diese Strahlen vom Fluorescein am stärksten
absorbirt werden, und ich deshalb mit solchen Erregern bis zu
den grösstmögüchen Verdünnungen desselben gehen konnte.
Später wurden jedoch als Erreger auch Strahlen angewandt,
welche zu beiden Seiten dieses Absorptionsmaximums hegen,
und zwar einerseits diejenigen bei £45 Ff und andererseits die
bei F2b G und F95 G. Alle ergaben in Bezug auf die Aende-
rungen des Fluorescensvermögens / mit der Concentration, auf
die es schliesslich immer nur ankommt, dasselbe Resultat,
sodass deshalb in der Tabelle II, welche die Endergebnisse
meiner sämmtlichen Messungen enthält, auf die Wellenlänge
des erregenden Lichtes keine Rücksicht genommen ist.
Zur Aufstellung jener Tabelle bedarf es nach der
Formel (2) ausser der Grösse F noch des Factors \j(\-ab\
worin b = a -ec 30 und a und a die Durchlasscoefficienten de?
erregenden und des erregten Lichtes fur 2 mm Schicht des
betreffenden Concentrationsgrades bedeuten. Die Bestimmung
dieser Grössen geschah in der bekannten Weise mit Hülfe des-
selben Vi er or d tischen Spectralphotometers, das auch zu den
oben beschriebenen Intensitätsmessungen des Fluorescenzlichtes
gedient hatte1), und zwar wurden bei einer Verdünnung immer
gleich in einem Zuge die Durchlasscoöfficienten fur alle später
als Erreger anzuwendenden Wellenlängen und zugleich auch
für den Spectralraum des Fluorescein -Fluorescenzlichtes be-
1) Das Instrument, dessen Spalten Bich seitlich symmetrisch öffnen,
ist von A. Kr fls s hierselbst gebaut und hat sich in allen Thcilen der
Untersuchung vorzüglich bewährt.
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F/uorescenz und Concentration
511
stimmt Der Haupttheil dieses Lichtes fallt zwischen E und
£35/'; da es aber für die Genauigkeit der Schätzungen bei
schwachen Lichtintensitäten vortheilhaft ist, einen nicht zu
schmalen Streifen vor sich zu haben, und ich es deshalb vor-
zog, bei den Messungen der Intensität des Fluorescenzlichtes
jene ganze Breite auf einmal zu nehmen, so theilte ich mir
jetzt, bei der Bestimmung der Durchlassceofficienten, jenen
Abschnitt in vier Theile, mass jene Grösse für jeden dieser
Tbeile und nahm schliesslich das arithmetische Mittel dieser
vier Messungen als mittleren Durchlasscoefficienten a des
ganzen Fluorescenzlichtes. Die hierdurch verursachte kleine
Ungenauigkeit ist fur das Endresultat ohne jegliche Bedeutung ;
denn der Einfluss, welchen die Absorption der Flüssigkeit für
ihr eigenes Fluorescenzlicht auf die Intensität des letzteren
ausübt, kann, wie ich schon in meiner früheren Arbeit aus-
einander gesetzt habe l), und wie dies auch aus den Zahlen der
nachstehenden Tabelle hervorgeht, stets nur ein sehr unbe-
deutender sein.
Tabelle I.
Durchlaascogfficienten a und «, von 2 mm Fluoresccinlösung für das er-
regende Licht bei E$$F nnd für das Fluorescenzlicht von E- Ebb F.
Ver-
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1,000
0,980
0,899
0,999
0,960
0,998
0,998
0,922
0,99(i
0,995
0,850
0,992
0,991
0,720
0,984
0,981
0,520
0,967
0,962
0,270
0,936
0,927
0,073
0,875
0,857
100
47,6
23,8
12,2
6,3
3,4
2,0
1,33
1,07
iiinnuiig
—
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0,785
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0,587
0,540
206
10 w
0,344
0,292
•
65
10"
0,118
673
10«
4225
10*°
189
10*
717
105
1785
10"
193
10«
513
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32
10'"
373
10'°
262
1<)11
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10-M"
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16ß
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l** a b
1,00
1,00
1,00
1,00
1.00
1,00
1,00
1,00
II B. Walter, 1. c. p. 319.
512
B. Walter
Natürlich konnten die Durchiasscoefticieuten a und a nur
für die Lösungen von mittlerer Concentrationen durch den
Versuch bestimmt werden, woraus dann diejenigen für die
stärksten und schwächsten Concentrationen mit Hülfe des
Beer' sehen Absorptionsgesetzes berechnet wurden. Die Gültig-
keit dieses, mit Recht nicht ganz rückhaltlos anerkannten
Gesetzes wurde von mir fur das Fluorescein nach einer, so-
viel ich weiss, bisher noch nicht angewandten Methode geprüft,
die ihrer grossen Sicherheit und Einfachheit wegen hier kurz
angegeben werden soll. Ich nahm dazu zwei verschiedene Ab-
sorptionsge fasse , in dessen einem der Schulz' sehe Flintglas-
würfel eine Dicke von 10 mm besass, während er in dem
andern auf eine Glasplatte von nur 1 mm Dicke reducirt war.
Die Gefasse selbst hatten im lichten eine Dicke von resp. 11
und 2 mm. Mit dem erste ren mass ich in der gewöhn-
lichen Weise l) z. B. fur das Spectrallicht vor F den Durch-
lasscoefficienten von 10 mm Schicht der Verdünnung l/S27<» und
fand dafür 0,92, sodann bestimmte ich an derselben Spectral-
stelle mit dem zweiten Gefasse den Durchlasscoefficienten vod
1 mm Schicht der Verdünnung und fand 0,83, wahrend
sich aus dem ersten Werthe nach dem Be er* sehen Gesetze
0,875 hätte ergeben sollen. Ferner lieferte das erste Gefass
bei der Wellenlänge Eb F für 10 m Schicht der Verdünnung
Vftjj den Durchlasscoefficienten 0,93, und das zweite ftu* die-
selbe Wellenlänge als Durchlasscoefficienten von 1 mm Schicht
der Verdünnung Ve4 den Werth 0,96, während sich aus dem
Beer'schen Gesetze 0,94 berechnen würde. Berücksichtigt
man die gewaltigen Unterschiede der Verdünnungsgrade, so
verlieren diese kleinen Differenzen jegliche Bedeutung, und die
Gültigkeit des Beer'schen Gesetzes ist somit fast für die ge-
sammten oben in Rede stehenden Verdünnungen des Fluores-
ceins durch vier Messungen, die bequem in einer halben
Stunde angestellt werden können, bestätigt8) Dasselbe ver-
liert seine Gültigkeit allerdings, worauf ich in der folgenden
Abhandlung zurückkommen muss, von einer bestimmten stär-
keren Concentration (!/8) an; indessen hat das auf die jetzigen
Rechnungen keinen weiteren Einfluss, da es hier nach For-
1) 8. z. B. meine frühere Schrift 1. c. p. 819 ff.
2) Selbstverständlich habe ich mich nicht mit diesen vieren begnügt.
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Fluorescein und Concentration.
513
uiel 2) nur auf den Werth des Ausdrucks 1(1 — ab) ankommt,
der, wie die Tabelle I zeigt, in diesen Concentrationen schon
läogst = 1 geworden ist.
Mit diesem letzteren Zahlwerthe hat man nach For-
mel 2) die in der oben beschriebenen Weise gemessene
Intensität F des Fluorescenzlichtes einer 2 mm dicken Schicht
der betreffenden Verdünnung zu multipliciren, um das Fluores-
cenz?ermögen / derselben zu erhalten. Da aber die fur
diese Grösse erhaltenen Zahlen, absolut genommen, völlig be-
deutungslos sind, vielmehr allein die Aenderungen derselben
beim Uebergang von einer Concentration zur anderen ein
Interesse darbieten, so sind in der nachstehenden Ta-
belle II gleich die Verhältnisszahlen des Fluorescenzver-
mögens einer jeden Concentration sstufe zu dem der vorher-
gehenden angegeben, sodass also z. B. die erste Zahl 4,1
unter dem Verhältniss ljt : ljl bedeutet, dass das Fluorescenz-
vermögen der Verdünnung V» um das 4,1 -fache grösser ist als
das der Lösung
In dieser Tabelle sind meine sämmtlichen Beobachtungs-
resultate, gleichviel ob sie mir etwas unsicher erschienen oder
nicht, enthalten, und man findet daher einzelne, von den in
der letzten Horizontalreihe angegebenen Mittel werthen ziemlich
abweichende Zahlen. Dieselben wurden der Hauptsache nach
stets dadurch veranlasst, dass der mir zu Gebote stehende
Heliostat ein nicht sehr sauber gearbeitetes Uhrwerk enthielt
und dass mithin, auch bei der sorgfaltigsten Einstellung des-
selben das von ihm ins Zimmer gesandte Strahlenbündel bald
schnelle, bald langsame Verschiebungen erfuhr, bald aber auch
wieder eine ziemliche Zeit lang genau auf demselben Flecke
stand, in welchem Falle die Fehlergrenze stets eine erheblich
kleinere wurde. (Folgt Tab. II p. 514.)
Aus der letzten Reihe der Mittelwerthe sieht man, dass
flfu Fluor escenzver mögen des Fluoresceins mit zunehmender Ver-
dünnung zuerst sehr schnell, dann immer langsamer und lang-
samer wächst, von der Concentration 1/.d2 aber, oder vielleicht auch
schon etwas früher, bis zu den grössten Verdünnungen hin con-
stant bleibt. Die kleinen Schwankungen nämlich, welche im
letzteren Intervalle die Mittelwerthe noch um die Einheit
herum machen, werden sich zwar bei Anwendung eines tadel-
Aon. d. Phys. u. Chtm. N. P. XXXVI. 33
514
B. Walter
losen Heliostaten noch um ein bedeutendes verkleinern lassen;
sie verlieren aber auch so schon jegliche Bedeutung, wenn
man berücksichtigt, mit wie delicaten Messungen man es hier
zu thun hat
Tabelle IL
Vcrhaltnias des Fluorescenzvermögens zweier aufeinander folgender Ver-
dünnungen des Fluoresceins.
Ver-
dünnun-
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4,64
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2,39
2,14
2,65
2,15
2,07
2,25
2,86
2,08
2,43
-
1,59
1,09
1,45
1,70
1,23
1,26
1,40
1,19
1,51
-
1,17
1,08
1,04
1,15
1,17
1,00
1,21
1,11
1,17
1,21
0,99
1,10
1,18
0,96
1,22
1,09
1.02
1.01
1,21
-
1,09
1,09
0,85
0,99
1,01
0,93
0,98
1,06
1,00
0,94
0,97
0,82
1,02
1,03
1,01
1,02
0,98
0,99
0,88
1,08
0,98
1,01
0,92
0,81
0,99
0,92
1,04
0,98
0,89
0,92
1,00
0,99
0,97
0,99
0,99
1,33
0,985
Mittel-
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0,995
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0,995
1,08
1,06
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Fluorescein und Concentration.
515
Die Resultate bleiben in jeder Beziehung dieselben, wenn
man statt des Lichtes bei F irgend eine andere erregungs-
fähige Wellenlänge des Sonnenspectrums anwendet, und zwar
sind in dieser Hinsicht sowohl Strahlen unterhalb wie ober-
halb jenes Absorptionsmaximums untersucht worden. Es ist
dies ein doppeltwichtiger Umstand, einmal für die Theorie
dieser Erscheinungen, andererseits aber auch als Grundlage
einer weitergehenden experimentellen Untersuchung. Auf das
erstere komme ich in der nachstehenden Abhandlung zurück;
hinsichtlich des letzteren aber sind wir jetzt in der Lage,
fur die ganz concentrirten Lösungen des Fluoresceins statt
des einfarbigen Lichtes auch einfach das weisse, aus dem
ersten Spalte Sx (Fig. 13), kommende Strahlenbündel als
Fluoreszenzerreger anwenden und somit unsere Untersuchungen
bis zu einer viel stärkeren Concentration ausdehnen zu können.
Wie nämlich nach der letzten Horizontalreihe der Tabelle I
lUr das Licht aus der Gegend bei F der Factor 1/(1 - ab)
schon von der Verdünnung an = 1 wird, und infolge
dessen bei allen concentrirten Lösungen die Werthe von F
und f übereinstimmen, so wird bei den ganz concentrirten
Lösungen das Gleiche auch für alles andere erregungsfällige
Licht gelten. Da aber die Grösse /', wie soeben ange-
geben, sich bei veränderter Concentration für alle erregungs-
fähigen Lichtstrahlen in derselben Weise ändert, dies also bei
den ganz concentrirten Lösungen auch für das von jedem
einzelnen erzeugte Fluorescenzlicht F, und mithin auch, wenn
alle zugleich wirken, für das gesammte, von ihnen allen erzeugte
Fluorescenzlicht gelten muss, so wird demnach bei diesen con-
centrirtesten Lösungen der Wechsel der Intensität des mit
weissem Lichte erzeugten Fluorescenzlichtes zugleich auch den
Wechsel des auf homogenes Licht sich beziehenden Fluores-
cenzvermögens darstellen. Die Richtigkeit dieser Schlüsse lässt
sich experimentell sehr einfach dadurch erhärten, dass man
bei denjenigen concentrirten Lösungen, deren Fluorescenzver-
mögen in obiger Weise bereits bestimmt ist, dasselbe noch
einmal unter Anwendung von weissem Lichte misst. Man er-
hält dann Werthe, die thatsächlich mit den in der Tabelle II
gegebenen Mittelwerthen sehr gut übereinstimmen.
Somit konnte ich also ohne Bedenken dazu übergehen,
33*
Digitized by Google
516
Walter.
den Wechsel des Fluorescenzvermögens schon von derjenigen
Concentration ab zu bestimmen, bei der unter Anwendung des
allerstärksten weissen Sonnenlichtes sich eben der erste Schim-
mer der Fluorescenz zeigt. Ich stellte mir eine solche Lösung
her, indem ich zu 4,53 g Fluoresceinsäure 6 ccm einer con-
centrirten, wässerigen NfJ^ <* Lösung und 14 ccm Wasser
hinzusetzte und die so entstandene, völlig klare aber ' schwarze
und syrupsähnliche Flüssigkeit noch auf ljH verdünnte. Diese
Lösung mag für die jetzt noch zu besprechenden Versuche als
concentrirte Lösung (7j) gelten, während ihre, ebenso wie
früher hergestellten Verdünnungen wieder mit 1/2; */.»; VsJ
bezeichnet werden. Diese Lösungen wurden wieder der Reihe
nach in das Gefäss Cr3 gebracht, welches aber jetzt, zu-
gleich mit Gl und dem Spectroskope K — in derselben
Anordnung wie in Fig. 13 — gleich direct in den Weg des
weissen aus dem Spalte S] kommenden Strahlenbündels ge-
stellt wurde. Um das diffuse Licht von den Gefässen Gx
und G2 fem zu halten, wurde noch ein Schirm FG (Fig. 14)
mit Spaltvorrichtung etwa 1 /, m hinter S} angebracht, dessen
Spalt St das hier schon läuglichrund gewordene Strahlen-
bündel wieder auf einen schmalen Streifen reducirte. Dieser
letztere hatte dann noch, ehe er zu und G% gelangte, durch
die beiden Absorptionsgefässe A} und A% (Fig. 14) zu gehen,
wobei sich in jenem eine verdünnte Aesculinlösung und in
diesem eine solche von Kupferoxydammoniak befand. Von
diesen Flüssigkeiten hielt die erstere das ultraviolette Licht
zurück, das in den Glaswänden der beiden Ge fasse G] und G.,
Fluorescenzlicht erregt haben würde, welches seiner Brechbar-
keit nach theilweise mit dem Fluoresce'in-Fluorescenzlicht über-
einstimmt und also die Messungen des letzteren hätte beein-
flussen müssen; die Kupferoxydammoniaklösung in dagegen
war so beschaffen, dass sie gerade das entgegengesetzte, rothe
Ende des Spectrums bis zur Linie F hin absorbirte und so von
den Gefässen (?, und G2 alles überflüssige Sonnenlicht, vor
allen Dingen aber auch dasjenige fernhielt, welches an Brech-
barkeit dem Fluorescein - Fluorescenzlicht gleichkam. Ein
sicherer Beweis, dass keinerlei fremdes Licht die Versuche be-
einträchtigt, ist der, dass im Spectroskope A", bei richtiger
Einstellung der Gefässe G, der Spectralraum zwischen dem
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9
Fhiorescenz und Concentration.
517
Fluorescenzspectrum und dem Spectrum des diffus in das In-
strument gesandten, erregenden Lichtes, also der Abschnitt
?on E4QF bis F, vollkommen schwarz erscheint, und erst,
wenn dies erreicht ist, wozu meistens auch noch die Schirme
CB und ED (Fig. 14) nöthig sein werden, kann man mit den
Messungen beginnen.
Die Resultate der letzteren sind nun in der nachstehenden
Tabelle III enthalten, welche genau so wie die Tabelle II
eingerichtet ist, nur dass hier gleich die Mittelwerthe herge-
setzt sind.
Tabelle III.
Wachsthum des Fl u oro sc em vermögen* bei den concentrirteren
FluoreaceTnlösungen.
Verdünnungen : '/, , '/4 :
1/ . i;
Vit : Vi«
Verhältnisazahlen 6,3 6,5
3,5
1,8 1
r 1,4
Mit einem Blicke übersieht man die in den beiden Ta-
bellen I[ und III enthaltenen Resultate aus der Curve
ABC (Fig. 15), deren Ordinaten das Fluorescenzvermögen
{/) der dazu gehörigen, als Abscissen auf O V aufgetragenen
Verdünnungsgrade bedeuten. Diese Curve konnte aber bei
weitem nicht vollständig gezeichnet werden, da der Theil B C,
welcher der Abscissenaxe parallel verläuft, wenn er das Inter-
vall meiner Beobachtungen umfassen sollte, über 2000 mal so
lang als die Strecke O F werden müsste, in Wirklichkeit sich
also jedenfalls in derselben Weise weiter bis ins Unendliche
erstreckt.
Das in der Curve ABC enthaltene Resultat dieser Ab-
handlung lautet nun:
Das Fluorescenzvermögen der ganz concentrirten Lösungen
des Fluoresceins ist Null oder unendlich klein; erst bei der
Verdünnung 7*6 ') erhält es einen messbaren Werth, um
dann bei fortschreitendem Verdünnen sehr schnell und zuerst
auch ziemlich gleichmässig anzuwachsen. Schon von der Ver-
dünnung Yioo aD aDer die Zunahme des Fluorescenz-
vermögens bei weiter fortgesetztem Verdünnen eine immer all-
1) Die Zahlenangaben sind hier nur ungefähre.
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518
B. Walter.
mählichere und hört von der Concentration 1 3200 an ganz auf,
sodass also das Fluorescenzvermögen von hier ab bis zu un-
endlich grossen Verdünnungen hin — meine Beobachtungen
gehen bis zur Verdünnung 1j9 553eoo — constant bleibt
Bei den verschiedenen Verdünnungsgraden einer alko-
holischen Magdalarothlösung finden, wie ich ebenfalls nach
der in dieser Abhandlung entwickelten Methode festgestellt
habe, genau dieselben Verhältnisse statt, nur dass von der
Curve ABC (Fig. 1 5) etwa der der ersten Hälfte von O F
entsprechende Theil fehlt — offenbar, weil sich vom Naphtalin-
roth nicht so concentrirte Lösungen herstellen lassen wie vom
Fluorescein.
Die nähere Angabe der fUr diesen Körper gewonnenen
Beobachtungsresultate kann um so eher unterbleiben, als in
der nachstehenden Abhandlung unter anderen auch gezeigt
werden wird, dass man sich von der Richtigkeit und Allgemein-
gültigkeit des oben für das Fluorescein nachgewiesenen Fluores-
ceuzgesetzes auf einem viel einfacheren Wege, ohne jeglichen
experimentellen Aufwand, überzeugen kann.
Hamburg, Phys. Staatslaborat., im Juli 1888.
XIII. lieber den Nachweis des Zerfalles von
Moleculargruppen in Lösungen durch Fluorescenz-
und Absorptionsersch einungen ;
von B. Walter,
(Hlorsn T»f. VII PIg. 12-20.)
Nach den in vorstehender Abhandlung angegebenen Be-
obachtungen ändert sich das Fluorescenzvermögen des fluores-
ce'insauren Ammoniums (Fluoresceins) bei Veränderung der
Concentration seiner wässerigen Lösungen für alles erregungs-
fabige Licht ohne Unterschied der Wellenlänge in gleicher
Weise. Daraus folgt, dass jene Aenderungen nicht durch eine
etwa mit dem Verdünnen Hand in Hand gehende veränderte
Wirkungsweise des erregenden Lichtes, sondern nur durch die
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Fluorescenz und Absorption.
519
verschiedenartige Existensweise der fluorescirenden Substanz
selbst hervorgerufen werden.
Die Gestalt des Curve ABC (Fig. 15), welche diese
Aenderungen angibt, zeigt weiter, dass in dieser Be-
ziehung ein fundamentaler Unterschied zwischen den concen-
trirten und den dünneren Lösungen dieses Stoffes bestehen
muss; und da in den letzteren das Fluorescenzvermögen
durchweg constant bleibt, was ja nach der Definition dieser
Grösse die Bedeutung hat, dass in allen diesen Lösungen die-
selbe'Menge Substanz aus gleicher erregender Lichtmenge
überall die gleiche Menge Fluorescenzlicht bildet, so ist
klar, dass in dieser ganzen Reihe von Flüssigkeiten auch
die Grösse, Gestalt und Beschaffenheit der dieses Licht bilden-
den kleinsten Fluoresce intheilchen dieselben bleiben müssen,
sodass, von der Verdünnung OF ab, bei weiterem Ver-
dünnen die ganze Einwirkung des Lösungsmittels auf die ge-
lösten Theilchen darin besteht, dieselben örtlich weiter aus-
einander zu bringen, ohne aber sonst etwas an ihnen zu ver-
ändern. l) In allen denjenigen Concentrationen dagegen, welche
dem Theile A B der Curve ABC angehören, wird, nach dem
Verlauf der letzteren zu schliessen, bei fortschreitender Ver-
dünnung eine Veränderung der darin befindlichen Fluoresce'in-
substanz in der Art vor sich gehen, dass dieselbe dabei immer
mehr jenem stationären Endzustande entgegengeht, wie er nach
dem Obigen von der Verdünnung O F ab stattfindet.
Da nun aber die ganz concentrirte Lösung sdes Fluoresceins
schon so zähflüssig ist, dass von ihr bis zum festen Körper
nur noch ein Schritt erscheint2), in dem letzteren aber jeden-
falls wie in jedem festen Körper die Molecüle in ganz be-
stimmten Gruppen zusammenlagern, welche beim Auflösen in
gewisser Weise zerfallen, so ist die sich hier von selbst
ergebende Erklärung der obigen Fluorescenzerscheinungen die,
dass in den concentrirteren Lösungen des Fluoresceins die
1) Für die Fluorescenztheorie im speciellen folgt hieraus noch, das«
die weitere oder engere Verthoilung der Fluoresceintheilchen in ihrem
Lösungsmittel von hier ab von keinerlei Einfluss mehr auf die Bildung
des Fluorescenzlichtes ist, sodass aUo das Lösungsmittel direct wahr-
scheinlich überhaupt nicht bei der Entstehung desselben mitwirkt.
2) Beide zeigen auch schon dieselbe Oberfläehenfarbe.
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520
B. Walter.
Molccüle dieser Substanz noch nicht völlig gelöst d. h. in die
kleinstmöglichen Theile, die ich Einzelmolecüle nennen will,
getrennt sind, sondern vielmehr noch in bestimmten Molectii-
gruppen zusammenläge m, welche erst bei fortschreitender Ver-
dünnung mehr und mehr zerfallen. Von einer bestimmten Ver-
dünnung, O F, ab ist jedoch dieser Zerfall beendet, und nun
bewirkt die weitere Verdünnung nichts anderes als eine Ver-
grösserung des gegenseitigen Abstandes der Einzelmolecüle.
Diese Auffassung, welche in jeder Weise auf dem Boden
der heutigen Molecularpbysik steht, und für die in der Folge
auch noch eine Reihe anderer Beweise angegeben werden
soll, hat sich auch durch die Aufhellung mehrerer theils
bekannter, theils auch noch ganz unbekannter Fluorescenz-
erscheinungen vorzüglich bewährt, ausserdem aber auch noch
einige andere Thatsachen zu Tage gefördert, welche wieder die
Anfange einer ganz neuen Reihe von Phänomenen zu bilden
scheinen.
Um mich in der Folge einfacher ausdrücken zu können,
will ich diejenigen Lösungen, in denen die darin befind-
liche Substanz nach der obigen Auffassung soweit wie möglich
gelöst ist, als ., vollkommene Lösungen" oder „Ganzlösungen"
bezeichnen, womit dann zugleich auf die von Hittorf, Lenz,
van't Hoff u. a. betonte Analogie derselben mit den voll-
kommenen Gasen hingewiesen ist; während diejenigen Concen-
trationen, in denen bei fortschreitendem Verdünnen noch ein
continuirlicher Zerfall von Molecülgruppen stattfindet, im
Gegensatz dazu ,,Halblösungen" oder „unvollkommene Lösun-
gen" genannt werden sollen. Die Verdünnung OF endlich,
welche auf der Grenze zwischen beiden steht, genau genommen
aber mit zu den vollkommenen Lösungen gehört, soll die
„kritische Concentration" heissen.
Die wichtigste Thatsache, welche im Zusammenhang mit
den oben beschriebenen Fluorescenzerscheinungen die Exi-
stenz der soeben charakterisirten beiden Arten von Lösungen
darthut, ist die, dass das Beer* sehe Absorptionsgesetz, wonach
dieselbe Menge gelöster Substanz auch stets dieselbe Menge
Licht absorbirt, gleichviel in welcher Verdünnung sie sich be-
findet, oder wonach mit anderen Worten das „Absorptions-
vermögen" derselben Gewichtsmenge einer Substanz für alle
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Fluorescenz und Absorption.
521
Verdünnungen constant bleibt, beim Fluorescein gerade auch
nur für diejenigen Verdtinnungsgrade gilt, für welche auch das
Pluorescenzverraögen dieser Substanz constant bleibt, während
dagegen bei den Halblösungen derselben ihr Absorptionsver-
mögen Aenderungen aufweist, welche mit denen des Fluores-
cenzvermögens in gewisser Hinsicht parallel laufen. Bezüglich
der Gültigkeit des Be er 'sehen Gesetzes habe ich schon in vor-
stehender Arbeit gezeigt, dass sie sich für die so sehr lange
Reihe der vollkommenen Lösungen des Fluoresceins mittelst
des Vierordt'schen Spectrophotometers und zweier Schulz*
scher Absorptionsgefässe durch nicht mehr als vier Messungen
nachweisen lässt; und ebenso leicht überzeugt man sich
auch mittelst derselben Apparate von seiner Ungültigkeit bei
den unvollkommenen Lösungen, wenn man, mit der kritischen
Lösung anfangend, die Durchlasscoefficienten dieser und der
stärkeren Concentrationen in einer passenden Spectnilgegend
bestimmt. So erhielt ich z. B. für das Licht bei der Fraun-
hofer'schen Linie D als Durchlasscoefficienten einer 1mm
dicken Schicht der Lösungen 1 s00; ljim; lj2(t0\ ljl9(t resp. die
Werthe 0,965; 0,878; 0,602; 0,230, während sich nach dem
Beer'schen Gesetze die Zahlen 0,965; 0,931; 0,867; 0,752
entsprechen würden. Die Abweichungen werden also um so
grösser, je weiter man sich von der kritischen Lösung entlernt,
eine Erscheinung, die mit dem Verhalten des Fluorescenz-
vermögens dieser Lösungen parallel läuft.
Dieselben Thatsachen gelten auch, wie ich später auf noch
einfachere Art zeigen werde, für die Halb-, resp. Ganzlösungen
von mehreren anderen theils fluorescirenden, theils nicht fluores-
cirenden Stoffen. Es erhalten daher das Beer'sche Absorp-
tionsgesetz sowohl wie auch das in vorstehender Abhandlung
nachgewiesene Fluoresce nzgesetz mit Rücksicht auf die obige
Theorie den folgenden höchst einfachen Wortlaut; das erstere:
„Jedes einzelne Molecül einer in Lösung befindlichen Substanz
absorbirt, so lange es in diesem Einzelzustande verbleibt, von
jeder darauf fallenden Lichtgattung stets denselben Bruchtheil,
wie gross auch in dem Lösungsmittel sein Abstand von den
Nachbarraolecülen sein möge"; und das letztere: „Jedes ein-
zelne Molecül eines in Lösung befindlichen fluoreszirenden
Körpers verwandelt, so lange es in diesem Einzelzustande ver-
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522
B. Walter.
bleibt, stats denselben Bruchtheil einer absorbirten Lichtinten-
sität in Fluorescenzlicht, wie gross auch in dem Lösungsmittel
sein Abstand von den Nachbarmolecülen sein möge". Beide
Sätze lassen sich auch kurz so zusammenfassen: „Absorptions-
vermögen und Fluore8cenzvermögen eines in Lösung befind-
lichen Einzelmolecüls bleiben, solange dieser Einzelzustand
dauert, durch alle Verdünnungen hindurch constant."
Sobald aber die Molecüle anfangen, sich zu Gruppen zu-
sammenzulagern, hört auch die Gültigkeit dieser Sätze auf,
denn die Absorption einer solchen Molecülgruppe erstreckt
sich, wie wir später sehen werden, auch über Wellenlängen,
die das Einzelmolecül nicht mehr zu absorbiren vermag, die
Pluorescenz dagegen hört in einer solchen Molecülgruppe
ganz auf.
Die letztere Behauptung ist nicht so ohne weiteres ein-
leuchtend, vielmehr erscheint es zunächst naturgemässer, die
allmähliche Abnahme des Fluorescenzvermögens bei wachsen-
der Concentration der Halblösungen dadurch zu erklären, dass
eine Gruppe von zwei Molecülen weniger fluorescirt als das
Einzelmolecül, eine Gruppe von dreien weniger als eine solche
von zweien u. s. w. Dass dies aber thatsächlich nicht der
Fall ist, sondern dass nur das Einzelmolecül fluorescirt, eine
Molecülgruppe aber garnicht, wird durch eine sehr schöne Er-
scheinung dargethan, auf die ich schon in meiner früheren
Arbeit — allerdings zu ganz anderen Zwecken, und ohne ihre
Bedeutung damals zu ahnen — hinzuweisen Gelegenheit hatte.
„Nicht alles von der Flüssigkeit absorbirte Licht", heisst
es dort 1), ist im Stande, die Fluorescein hervorzurufen. Ent-
wirft man nämlich auf der Vorderseite eines grösseren Absorp-
tionsgefässes, in welches man nach und nach immer stärkere
Concentrationen einer fluorescirenden Substanz bringt, ein die
Fraunhofer'schen Linien zeigendes Spectrum, so bemerkt
man, dass die Erregung des Fluorescenzlichtes zunächst genau
der Absorption entspricht, dass jedoch von einer gewissen Con-
centration an diese Correspondenz aufhört, indem nämlich von
jetzt ab die Fluorescenzerregung nach der weniger brechbaren
Seite hin sich immer nur bis zu einer ganz bestimmten Wellen-
l) B. Walter, Wied. Aun. 34. p. 322. 1S8S.
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Fluorescenz und Absorption.
523
länge erstreckt, während dagegen die Absorption sich auch
jetzt noch mit zunehmender Concentration immer weiter über
das Spectrum hin ausdehnt. So sind z. B. für das Fluorescein
die letzten überhaupt noch erregungsfahigen Strahlen diejenigen
aus der Gegend der Fraunhofer* sehen Linie £, während man
Concentrationen dieser Substanz herstellen kann, bei denen
die Absorption noch Wellenlängen umfasst, welche in den
Spectralabschnitt zwischen C und D gehören."
Es ist nach dem oben Gesagten zunächst klar, und
die Wiederholung dieser Versuche beim Fluorescein, Magda-
laroth, Aesculin u. s. w. bestätigte es auch, dass diejenigen Ver-
dünnungen, in denen „die Erregung des Fluoreszenzlichtes ge-
nau der Absorption entspricht", sämmtlich zu den vollkomme-
nen Lösungen dieser Stoffe gehören, und dass ferner jene
„gewisse'* Concentration, von welcher ab hierin eine Aenderung
eintritt, die kritische Verdünnung ist Für die dann weiter
bei den concentrirteren Lösungen beobachteten, scheinbar so
verwickelten Erscheinungen aber ist die einfache Erklärung
die, dass derjenige Theil des von einer solchen Lösung absor-
birten Lichtes, welcher darin noch Fluorescenzlicht erregt, da er
sich ja auf den von den vollkommenen Lösungen her bekannten
Absorptionsbezirk der Einzelmolecüle beschränkt, auch jetzt
noch nach wie vor von Einzelmolecülen absorbirt wird, wäh-
rend alles übrige in der Flüssigkeit zurückgehaltene Licht und
darunter auch dasjenige, welches ausserhalb jenes Absorptions-
bezirkes der Einzelmolecüle liegt, seine Absorption ausschliess-
lich den in diesen Lösungen gleichfalls befindlichen Molecül-
gruppen verdankt, die daraus also, wie jener Versuch zeigt,
kein Fluorescenzlicht zu bilden vermögen.
Aus dieser einen, wichtigen Erscheinung ergeben sich so-
mit drei neue Thatsachen:
1) In den Halblösungen der untersuchten Stoffe sind Einzel-
molecüle und Molecülgruppen neben einander enthalten, und
zwar vermehren sich mit zunehmender Concentration die letzte-
ren auf Kosten der ersteren.
2) Nur Einzelmolecüle können Fluoreszenzlicht erzeugen.
3) Das Einzelmolecül hat im Spectrum seinen ganz be-
stimmten Absorptionsbezirk, über welchen hinaus es kein Licht
zu absorbiren vermag; die Absorption der Molecülgruppen da-
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521
Ii. Holter.
gegen umfasst gewöhnlich auch noch die angrenzenden Spec-
traltheile.
Aus den beiden ersten dieser Sätze ergibt sich zu-
nächst, dass das Fluorescenzvermögen einer fluorescirenden
Halblösung mit zunehmender Concentration aus dreifachem
Grunde abnehmen muss: einmal weil immer weniger Einzel-
molecüle da sind, zweitens weil die entstehenden Molekül-
gruppen bei der Absorption einen immer grösseren Theil des
auffallenden Lichtes für sich in Anspruch nehmen, und drittens
weil die letzteren auch die Ausstrahlung des bereits gebildeten
Fluorescenzlichtes immer mehr und mehr verdecken. Somit
ist also die in der vorigen Abhandlung nachgewiesene, mit zu-
nehmender Concentration immer schneller werdende Abnahme
des Fiuorescenzvermögens der Halblösungen leicht zu verstehen,
und ebenso leicht klären sich dadurch auch die Erscheinungen
auf, welche man beobachtet, wenn man die verschiedenen Ver-
dünnungen einer fluorescirenden Substanz nach einander in eine
grössere Absorptionswanne bringt, auf deren Vorderseite ein
wagerecht ausgebreitetes Spectrum fallen lässt und dabei von
obenher auf die Flüssigkeit hinabsieht. Da sich auf diesem
Wege die kritische Concentration einer jeden fluorescirenden
Lösung sozusagen mit einem einzigen Blicke bestimmen lässt,
so bedarf es wohl keiner weiteren Rechtfertigung, wenn ich
hierauf etwas genauer eingehe.
Die Figuren 16, 17 und 18 geben zunächst die unter
obigen Umständen sich darbietenden Ansichten bei drei voll-
kommenen Lösungen des Fluoresceins, und zwar bezieht
sich die erstere auf eine sehr stark verdünnte Lösung, die
zweite auf eine solche von mittlerer Concentration und die
dritte auf die kritische Lösung selbst. Dabei ist VW die von
oben gesehene Wanne, durch welche das Spectrum in der
Richtung des Pfeils hindurchgeht; die darin schattirten Stellen
deuten diejenigen Theile der Flüssigkeit an, welche Fluores-
cenzlicht aussenden, /? S ist ein hinter dem Gefässe aufge-
stellter weisser Schirm, auf welchem das Absorptionsspectrum
der Lösungen dadurch abgebildet ist, dass die doppeltschraflfir-
ten Stellen vollkommen dunkle, die einfach schraffirten halb-
dunkle Theile desselben bedeuten. Die Fläche LIK sendet
deshalb kein Fluorescenzlicht aus, weil die davor liegenden
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Fluorescein und Absorption. 525
Theile der Flüssigkeit das betreffende Spectrallicht schon voll-
ständig absorbirt haben; und dementsprechend dehnt sich auch
der Kernschatten B C auf dem Schirme R 8 genau so weit
aus wie die Basis L K des dunklen Zahnes L IK auf der
hinteren Wand des Gefässes VW. Hieran schliessen sich zu
beiden Seiten, zwischen KG und FL, die die Flüssigkeit ganz
durchsetzenden erregenden Strahlen, denen auf dem Schirm
die Halbschatten AB und CD entsprechen, und von denen
diejenigen der weniger brechbaren Seite sich besonders in der
kritischen Lösung (Fig. 18) zu einem scharfen Lichtkeile,
IKGH, ausbilden, der bis zu ganz beträchtlichen Tiefen,
mehrere Decimeter weit senkrecht in die Flüssigkeit hiuein
verfolgt werden kann.
Alles dies ist vollständig normal ; Absorption und Fluores-
ces entsprechen sich vollständig, wie ja auch zu erwarten
steht, wenn jedes Einzelinolecül immer denselben ßruchtheil
des absorbirten Lichtes in Fluorescenzlicht verwandelt. Sobald
man aber in das Gebiet der Halblösuugen übergeht, macht
sich auch die Wirkung der in der Flüssigkeit anwesenden
Molecülgruppen dadurch beraerbar, dass erstens die Intensität
des Fluorescenzlichtes abnimmt, dq^s zweitens die Fluorescenz-
erregung auf der weniger brechbaren Seite nicht mehr wie
früher weiter um sich gegriffen hat, trotzdem dies bei der Ab-
sorption in beträchtlichem Maassc der Fall ist, und dass end-
lich drittens der oben erwähnte Lichtkeil, welcher übrigens
genau an seiner früheren Stelle verblieben ist, zu einem kurzen
Stumpfe zusammengeschrumpft ist (Fig. 19.) Dieses Ab-
nehmen des Lichtkeils, IKGH, beim Uebergang von Ganz-
zu Halblösungen geschieht so schnell, dass diese Erscheinung
das einfachste Mittel darstellt, um sich eben durch den blossen
Hinblick auf eine fluorescirende Lösung zu überzeugen, ob man
es mit einer vollkommenen oder unvollkommenen Lösung zu
thun hat. Es zeigen nämlich auch die übrigen fluorescirenden
Substanzen, z. B. das Magdalaroth, das Aesculin, das schwefel-
saure Chinin, die Eosine u. s. w., in ihren kritischen Lösungen
denselben scharf ausgeprägten Lichtkeil, wie dies noch in der
Pig. 20) lür eines der Eosine, eines Körpers mit zwei
Absorptionsmaximis, dargestellt ist Die Buchstaben an der
Vorderseite der Wanne bezeichnen hier die Fraunhofer'schen
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526
B, Walter,
Linien, welche unter diesen Umständen bekanntlich stets das
Fluorescenzlicht wie schwarze Balken durchziehen, und welche,
wie hier noch erwähnt werden mag, auch einer praktischen
Verwerthung fähig sind. Wenn nämlich z. B. in der Fig. 20
längs der Linie F das Fluorescenzlicht 1 cm weit in die Flüssig-
keit hinein verfolgt werden kann, so muss es offenbar beim
Verdünnen der Flüssigkeit auf ljv 1 r l/8 m^8 dabei das
Fluorescenzvermögen der kleinsten Eosintheilchen constant
bleibt, um die 2, 4, 8 . . . . fache Länge in die Flüssigkeit ein-
dringen, sodass sich mithin auf diesem, freilich nicht allzu
genauen Wege die Constanz, resp. Veränderlichkeit des Fluores-
cenzvermögens für eine ganze Reihe von Wellenlängen auf
einmal durch einfache Längenmessungen feststellen lässt.
Der dritte der drei oben aufgestellten Sätze ist besonders
dadurch von Bedeutung, dass er uns die Aussicht eröffnet, unter
Umständen auch für Lösungen nicht fiuorescirender Farbstoffe
einen zweifachen Molecularzustand auf optischem Wege nachzu-
weisen. Da nämlich das Einzelmolecül nach diesem Satze seinen
ganz bestimmten Absorptionsbezirk hat, über welchen hinaus sein
absorbirender Einfluss nicht reicht, so muss offenbar eine un-
endlich dicke Schicht einer .vollkommenen Lösung, von welcher
Concentration sie auch sei, das gesammte innerhalb jedes Be-
zirkes liegende Licht absorbiren, das ausserhalb desselben ge-
legene dagegen völlig ungestört durchlassen. Dies ist nun that-
sächlich bis zu einem gewissen Grade der Fall, wie man z. B.
bei den vollkommenen Lösungen des Fluoresceins selbst schon
an einer 1 cm dicken Schicht daraus ersieht, dass beim Ueber-
gang von schwächeren zu stärkeren Concentrationen der Band
des Absorptionsstreifens im Gelb immer schärfer wird, dass
aber, sobald man in das Bereich der Halblösungen gelangt,
derselbe sich plötzlich wieder verwischt, indem das Absorptions-
spectrum jetzt einen weit ins Roth hineinragenden Halbschatten
zeigt. Man hat demnach in dieser Erscheinung, die allerdings
nicht nothwendig stattzufinden braucht, ein einfaches Mittel,
um etwaige moleculare Veränderungen in Lösungen nachzu-
weisen: man stellt sich eine Reihe von gleichmässig an Con-
centration abnehmenden Lösungen der betreffenden Substanz
her, bringt dieselben der Reihe nach in ein Absorptionsgefäss
von möglichst grosser Schichtdicke — 5 cm werden meistens
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Fluor escenz und Absorption.
527
genügen — und misst im Absorptionsspectrum der einzelnen
Lösungen die Lage und Breite der die völlig verdunkelten
Tbeile umgebenden Halbschatten. Einige Beispiele, und zwar
zunächst solche von tiuorescirenden Lösungen, werden dies er-
läutern.
Tabelle I.
Lage des Halbschattens im Absorptionsspectram der Fluorescenzlösungen.
5 cm Schicht.
Verdünnung «/M00 | »/.,oo Vt.oo j V*oo
Halbschatten 1 156— 159,0 1 1 52,5— 1 56 1 1 50— 1 53 1 1 29— 1 60
'/♦oo Vloo
121-130iV— 116
Der Halbschatten, welcher bis zur Verdünnung Vi«oo uur
drei bis vier Scalentheile umfasst, hat sich hiernach bei der Con-
centration 78oo plötzlich um das Siebenfache verbreitert; es ist
mithin Vieoo a*8 kritische Lösung und der Sealentheil 150 !),
d. h. das Licht bei Dil E2), als die untere Grenze des Ab-
sorptionsbezirkes der £inzelraolecüle des Fluoresceins zu be-
trachten. Die oben beschriebenen Methoden, diese Grössen mit
Hülfe der Ausdehnung des Fluorescenzlichtes zu bestimmen,
liefern genau dieselben Resultate; dagegen führte der in der
vorstehenden Abhandlung eingeschlagene Weg Über die Grösse
des Fluorescenzvermögens nicht zu der Verdünnung Vi so©» 80n-
dern V3300 als kritischer Lösung. Man könnte nun zwar diese
kleine Ungenauigkeit sehr gut auf Beobachtungsfehler schieben,
indessen glaube ich doch, dass hier eine wirkliche Differenz
vorliegt, da das Fluorescenzvermögen, gewissermaßen als die
empfindlichste Eigenschaft der Einzelinolecüle. auch schon bei
grosser Annäherung derselben aneinander Einbusse erleiden
dürfte.
1) Hier, wie auch später bezichen sich die Zahlen auf eine willkür-
liche Scala, für welche 98,9 B\ 106,1 C; 127,82); 156,5 J?; 185,5 F und
241,20 bedeutet
2) D. h. dasjenige, welches von D den Abstand T,/100 des ganzen
Streifens von D bis E hat.
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528
U. Walter.
Tabelle IL
Lage des Halbschatten» itn Absorptionsspectrum der alkoholischen
Magdalarothlösung. — 5 cm Schicht.
Verdünnung '/.. , V. ' \* ' \ ' V.
Halbschatten 123-125 120-123 118-120 111-117 I ?-10H
! 1
Es bedarf keiner weiteren Erörterung mehr, dass hiernach
die Verdünnung l/t als die kritische Lösung, und die Spectral-
stelle 118, d. h. 055 Z), als untere Grenze des Absorptions-
bezirkes der Einzelmolecüle zu betrachten ist, und ich bemerke
deshalb nur noch, dass auch das Zusammenschrumpfen des
in die Flüssigkeit eindringenden Lichtkeils sich ebenfalls zuerst
in der Verdünnung 1ji bemerkbar macht. Dagegen fängt das
Fluorescenz vermögen nach meinen Messungen schon von der
Lösung Vi,» »n abzunehmen, sodass mithin beim Magdalaroth
die schon vor der eigentlichen Gruppenbildung auftretende
Herabminderung des Fluorescenzvermögens noch viel mehr
ausgesprochen ist als beim Fluorescein. In der That dürfte
auch in sehr vielen anderen Fällen, wo in den stärkeren Con-
centrationen fiuorescirender Lösungen eine Herabminderung des
Fluorescenzvermögens zu constatiren ist, dieselbe meistentheils
lediglich durch die zu dichte Zusaminenlagerung des fluores-
eirenden Einzelmolecüle hervorgerufen werden, da das Auf-
treten von wirklichen Molecülgruppen in Lösungen, wie die
Untersuchung sehr vieler Farbstoff lösungen gezeigt hat, keines-
wegs zu den Häufigkeiten zu gehören scheint
Indessen ist es mir doch gelungen, vorläufig zwei nicht
Huorescirende Substanzen aufzufinden, deren Absorptionsspec-
trum die Möglichkeit eines doppelten Molecularzustandes in
ihren Lösungen aufweist, und diese Beispiele sind um so inter-
essanter, als fur beide auch schon von anderer Seite her dahin
gehende Beobachtungen gemacht worden sind. Der erste dieser
Körper ist das Eisenchlorid, für dessen verschiedene Verdün-
nungen mit Wasser erst kürzlich Fitzpatrick aus seinen Be-
stimmungen ihres electrischen Leitungsvermögens eine ver-
schiedene Constitution des Substrates vermuthete. *)
1) Pitzpatrick, Phil. Mag. (5) 24. p. 380. 1887.
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Fluorescein und Absorption.
529
Tabelle in.
Lage des Halbschattens itn Absorptionsspectrum der wässerigen
Lösungen des Eisenchlorids. — 12 cm Schicht
-— — — — * — —
Verdünnung
v..
v.
v«
7s.
V,
Halbschatten
145-164,5
HO- 162,5
132-162
95-147,8
alles dunkel
Während hiernach die Grenze des Kernschattens (fettge-
druckte Zahlen) bis zur Verdünnung lj% nur sehr langsam
weiter rückt, springt sie in der Concentration l/t plötzlich um
ein ganz beträchtliches Stück vor: ein deutlicher Beweis für
das Vorhandensein eines neuen absorbirenden Einflusses.
Noch interessanter als das Eisenchlorid ist das Kupfer-
chlorid, für dessen Lösungen bereits Rüdorff durch seine
bekannten Gefrierversuche eine zweifache Moleculargruppi-
rung aufweist.1) Sein Absorptionsspectrum zeigt zwei dunkle
Streifen, von denen der eine das rothe, der andere das vio-
lette Ende des Spectmms umfasst, sodass ich, um auch die
Aenderungen des letzteren Streifens beobachten zu können, in
Ermangelung eines Spectroskops mit fluorescirendem Ocular,
das Sonnen8pectrum mit seinen Fraunhofer'schen Linien ob-
jectiv auf einem weissen Schirm entwarf, den ultravioletten
Theil desselben jedoch mittelst einer passend gewählten Aes-
culinlösung auffing.9)
Tabelle IV.
Lage der Halbschatten im Absorptionsspectrum der Kupferchloridlösungen.
5 cm Schicht
Verdünnung
'/»•
V.
V,
Halbschatten 1
d. rothen Seite |
Halbschatten 1
d. violett. Seite f
656—648
882-358
689—623
382-878
628—589
390-388
589-575
429-421
576-552
470-457
Die Zahlen dieser Tabelle geben nicht wie früher Scalen-
theile, sondern direct die Wellenlängen der betreffenden Strah-
1) Rüdorff, Pogg. Ann. 116. p. 70. 1862.
2) Die zu solchen Zwecken geeignetste Concentration ist, wie leicht
verständlich, die kritische Lösung.
Add. d. Phyi. u. Cb«m. N. P. XXXVI. 34
530
B. Walter.
len in den gebräuchlichen Einheiten an; und es stellen hier
die fettgedruckten Ziffern genau wie in der vorigen Tabelle
die Grenzen der beiden Kernschatten dar. Diese springen also
nach Tabelle IV beim Uebergang von der Verdünnung Vi zu
der Lösung lj2 beide zugleich plötzlich um ein beträchtliches
Stück vor; ob wir es aber bei diesem Uebergang, wie Eüdorff
meint, mit der Bildung eines neuen Hydrates oder auch nur
mit einer einfachen Zusammenlagerung der Einzelmolecüle zu
Gruppen zu thun haben, darüber sagt das Absorptionsspectrum
nichts, und ich gehe deshalb hierauf auch nicht weiter ein.
Für das Fluorescein , das Magdalaroth und die Eosine
dagegen gibt es ausser den bereits erwähnten Absorptions- und
Fluorescenzerscheinungen noch einige andere Phänomene, welche
fast noch mehr als diese zu der Annahme von Ganz- und Halb-
lösungen in dem oben definirten Sinne hindrängen, welche vor
allen Dingen aber für diese fluorescirenden Substanzen die für
viele andere derselben gültige Erklärung ausschliessen , dass
die Abnahme des Fluorescenzvermögens in ihren concentrirten
Lösungen blos durch die allzu dichte Lagerung der gelösten
Theilchen verursacht wird.
Es lässt sich nämlich das Fluorescenzvermögen der Halb-
lösnngen des Fluoresceins und Eosins auch durch blosses Erhitzai
derselben verstärken.
Diese wichtige Thatsache könnte nach der zuletzt er-
wähnten Ansicht nur dadurch erklärt werden, dass durch die
Wärmezufuhr entweder der Abstand der kleinsten Theilchen
vergrö68ert oder die Beweglichkeit derselben erhöht oder bei-
des zugleich bewirkt wird. Dasselbe müsste aber offenbar
auch für die Halblösungen aller übrigen fluorescirenden Sub-
stanzen gelten; indessen zeigt sich bei der concentrirten
alkoholischen Magdalarothlösung, dass die Wärme keine Er-
höhung, sondern eher eine Erniedrigung des Fluorescenz-
vermögens hervorruft, sodass mithin die obige Theorie nicht
ausreicht. Berücksichtigt man dagegen andererseits, .dass
die Wärme die LösungsfUhigkeit des Wassers für Fluores-
cein und Eosin erhöht, die des Alkohols für Magdalaroth
jedoch erniedrigt — wie z. B. daraus folgt, dass eine kalt-
gesättigte Lösung beim Kochen erhebliche Mengen absetzt — ,
so sind die obigen, sich scheinbar widersprechenden Er-
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Fluorescenz und Absorption
531
scheinungen auf eine höchst einfache Weise erklärt. Auch die
bekannte Thatsache, dass eine heisse, wässerige Lösung des
Magdalaroths fhiorescirt, eine kalte dagegen wenig oder garnicht,
ist demnach einfach so zu verstehen, dass heisses Wasser die
Molecülgruppen jener Substanz aufzulösen vermag, kaltes
aber nicht
Fast noch handgreiflicher als durch diese Vorgänge wird
endlich die Existenz von Molecülgruppen und Einzelmole-
cülen in Lösungen noch durch die folgende Reihe von Er-
scheinungen dargethan.
Baeyer macht die Angabe , dass die concentrirten
Lösungen des Fluoresceins mit Säuren einen Niederschlag
geben, die dünneren dagegen nicht.1) Es lag nahe, einen
Zusammenhang dieser Erscheinungen mit der doppelten Mole-
culargruppirung jenes Stoffes in seinen verschiedenen Con-
centrationen zu vermuthen; und in der That bestätigte sich
diese Vermuthung dadurch, dass sämmtliche Halblösungen auf
Zusatz von Säure sofort einen starken Niederschlag gaben,
die vollkommenen Lösungen hingegen dabei völlig klar blieben.
Beim Magdalaroth zeigen sich auf Zusatz von Eisenchlorid-
lösung ähnliche Erscheinungen; indessen gehe ich hier nur
auf die beim Fluorescein beobachteten Vorgänge näher ein.
Das fluorescelnsaure Ammonium — dieses steht ja hier
in Frage — gibt beim Zusetzen einer starken Säure sein
Ammoniak sofort an diese letztere ab und bildet demnach
wieder die Fluoresce'insäure selbst, welche in Wasser nur sehr
wenig löslich ist Die in den Halblösungen vorhandenen Mo-
lecülgruppen werden mithin nach der Umsetzung in Säure
sofort ausfallen, die in den vollkommenen Lösungen befind-
lichen Einzelmolecüle hingegen, da sie ja schon gelöst sind,
sich auch noch nach ihrer chemischen Veränderung verhältniss-
mässig leicht gelöst erhalten. In den concentrirteren der voll-
kommenen Lösungen allerdings ist dies für die Gesammtheit
der Einzelmolecüle nur auf kure Zeit möglich; und nach Ver-
lauf einiger Stunden hat sich in ihnen ein grosser Theil dieser
Säureeinzelmolecüle zu fester Substanz zusammengefunden, und
zwar unter Bildung von hellgelben, durchsichtigen Krystall-
l) Baeyer, Lieb. Ann. 1H3. p. 7. 187*1.
»4*
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582 P. Drude.
nadeln, während der Niederschlag aus den Halblösungen sich
als eine undurchsichtige, körnige und rothbraune Masse (Fluo-
rescelnpulver) erweist Filtrirt man aber eine Halblösung so-
fort nach der Bildung dieses Niederschlages durch und lägst
das Filtrat stehen, so bilden sich auch darin nach Verlauf
mehrerer Stunden wieder dieselben Krystallnadeln wie in den
vollkommenen Lösungen, und dieselben stammen ohne Zweifel
von den Binzolmolecülen her, die sich ja, wie wir aus den
Fluorescenzer8cheinungen wissen, zugleich mit den Molecül-
gruppen in der Halblösung befunden haben. Eis gewinnt so-
mit den Anschein, als ob nur Einzelmolecüle krystallisations-
fahig sind, und, der Farbe und Durchsichtigkeit der Krystalle
nach zu urtheilen, erstreckt sich selbst in diesem festen Zu-
stande die Absorption dieser Molecule nicht über ihren Ab-
sorptionsbezirk im gelösten Zustande hinaus, während in dem
aus den Halblösungen gewonnenen, pulverförmigen Nieder-
schlage das sämmtliche eindringende Licht zurückgehalten wird,
und nur ein kleiner Theil desselben, welcher zumeist den
weniger brechbaren Strahlen angehört, von den oberflächlichen
Scluchten aus unregelmässig reflectirt wird.
Hamburg, phys. Staatslaborat., im September 1888.
XIV. TJeber Oberflächenschichten» I. Theil;
von P. Drude.
(Aua den Gött Nachr., vom 14. Juü 1888, für die Annaleu bearbeitet
vom Verfasser.)
Die Jamin'sche Entdeckung, dass durchsichtige Medien
in der Nähe der Polarisations winkel linear polarisirtes Licht
elliptisch polarisirt reflectiren, steht in Widerspruch mit den
Lichttheorien von Fresnel, Neumann und Voigt. Wäh-
rend in neuerer Zeit Hr. Wernicke1) diesen Umstand als
einen Beweis gegen die Gültigkeit jener Theorien angesehen
1) W. Wernicke, Wied. Ann. 25. p. 302. 1885; »0. p. 452. 1887.
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Oberflächenschichten.
533
hat, hat Hr. Voigt1) die Erklärung der elliptischen Polari-
sation in der Wirkung von Oberflächenschichten gesehen,
sowohl von natürlichen, wie bei Flüssigkeiten, als von na-
türlichen und künstlichen, welche letztere bei festen Körpern
durch das Poliren hervorgerufen werden.
Ich theile im Folgenden auf Veranlassung des Hrn. Prof.
Voigt angestellte Beobachtungen mit, welche, wie ich glaube,
zur Bestärkung der Voigt'schen Erklärung dienen und die
Existenz und mögliche Beseitigung von Oberflächenschichten
betreffen.
Die Beobachtungen sind an durchsichtigen und an ab-
sorbirenden Medien angestellt, und zwar dienten natürliche
Spaltungsflächen in frischem Zustande und nach verschie-
dener Behandlung als reflectirende Spiegel.
I. Durchsichtige Media.
Die Beobachtungsmethode war im wesentlichen dieselbe,
wie ich sie beim Antimonglanz angewandt und bei Mitthei-
lung8) jener Beobachtungen beschrieben habe. Ich unter-
lasse daher, hier näher darauf einzugehen. Aenderungen
sind nur im Folgenden eingetreten:
Die Stellungen des Compensators, welche der relativen
Verzögerung 0, ± 2n entsprechen, haben sich gegen die frü-
heren3) Werthe um 0,06; 0,07; 0,09 Schraubenumgänge ver-
schoben, sodass die jetzigen Werthe betragen:
18,16; 36,06; 53,84.
Die mittelste Zahl entspricht der Verzögerung Null.
Der Verschiedenheit der Ganghöhe der Messschraube des
Compensators1) ist durch die Annahme Rechnung getragen,
dass sich die Ganghöhe von 18,16 bis 53,84 linear ändern
solle. In der Nähe des Nullpunktes wird so die Verzögerung
in Bogenmaass gegeben durch:
J = r7,84(c7-36'06^
wenn C die vom Compensator gezeigte Zahl ist.
1) W. Voigt, Wied. Ann, 31. p. 326. 1887.
2) P. Drude, Wied. Ann. 34. p. 489. 1888.
3) 1. c. p. 494.
4) 1. c p. 495.
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P. Drude.
Die Lage der Nullpunkte der Nicols war dieselbe wie
früher.1)
Da in der Nahe des Polarisationswinkels beobachtet
wurde, wo nur sehr wenig Licht senkrecht zur Einfallsebene
polarisirt reflectirt wird, so wurde nicht dem Polarisator
das Azimuth 45° gegen die Einfallsebene gegeben, und da-
nach Compensator und Analysator auf grösste Dunkelheit
eingestellt, sondern es wurde der Analysator auf 45° gegen
die Einfallsebene gerichtet und mit Compensator und Polari-
sator gemessen. Denn die Messungen mit dem Compensator
fallen am genauesten aus, wenn gleichviel Licht parallel und
senkrecht zur Einfallsebene polarisirt ihn durchsetzt, da diese
Bichtungen seinen Hauptschwingungsrichtungen parallel sind.
Das Azimuth des Polarisators gegen die Einfallsebene ist
in diesem Falle das Complement des Azimuths i/» der wieder-
hergestellten Polarisation des reflectirten Lichtes von unter
45° polari8irtem einfallenden Lichte. — Der Vortheil dieser
Anordnung ist ein bedeutender gegenüber der früheren, we-
nigstens bei durchsichtigen Medien.
Da die Verzögerungen stets sehr klein waren, und es
sich um die grösste Helligkeit des einfallenden Lichtes han-
delte, weil es davon abhing, wie nahe am Polarisationswinkel
man beobachten konnte, so ist mit Sonnenlicht beleuchtet.
Es erschien in dem reflectirten Oeffnungsbilde des Collima-
tors ein völlig schwarzer Streifen, der auf der einen Seite
roth, auf der anderen blau gesäumt war. Durch Einstellung
dieses schwarzen Streifens auf das Fadenkreuz im Fernrohr
waren sehr genaue Messungen möglich. — Ich habe zwar
auch einige Beobachtungen bei Natronlicht im Knallgas-
geblase gemacht, die geringere Helligkeit erlaubte aber nur,
bei Einfallswinkeln, die sich auf 2° dem Polarisationswinkel
näherten, zu beobachten. Die so erhaltenen Werthe dienten
nur, um die Identität der Resultate, die sich bei homogenem
und weissem Lichte ergaben, festzustellen.
Es seien Rt und Bp die Componenten des reflectirten
Lichtes, welches senkrecht, resp. parallel zur Einfallsebene
polarisirt ist, A die relative Verzögerung, n der Brechungs-
l) 1. c. p. 491.
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Oberflächenschickten.
535
index, (p der Einfallswinkel. Die genannten Lichttheorien
verlangen nun: 1) dass A stets Null sei, 2) dass R, für einen
gewissen Einfallswinkel g> durch Null hindurchgehe, 3) dass
tgq> = » sei. Rechnet man R, stets positiv, so muss nach
der Theorie A für den Einfallswinkel y> von o auf n springen.
Dieser Sprung hat aber nicht eine wirkliche Unstetigkeit in
der Natur des reflectirten Lichtes zur Folge, da er bei der
Intensität Null stattfindet.
In allen soeben angeführten drei Beziehungen sind Ab-
weichungen beobachtet. Die Wernicke'sche Beobachtungs-
methode gestattet, den ersten und letzten Punkt zu prüfen, die
hier angewandte auch den zweiten, da das Verhältniss B,jRp —
tg\p direct gemessen wird. Dies hat deshalb Interesse, weil,
wenn \p nie verschwindet, mit Notwendigkeit elliptische Re-
flexion eintreten muss, da dann aus Stetigkeitsrücksichten
der üebergang von A von o auf n durch dazwischen liegende
Werthe erfolgen muss.
Ein Verschwinden von v> macht das Fehlen elliptischer
Reflexion sehr wahrscheinlich, denn alle Lichttheorien, auch
die Cauchy'sche, erfordern, dass bei elliptischer Reflexiou
das Minimum von w sich stets von Null um einen Werth
unterscheide, der von derselben Grössenordnung ist, wie die
Ellipticität. Auch die Vorstellung einer Oberflächenschicht
ergiebt, dass, wenn \p zu Null wird, dieselbe keine elliptische
Reflexion bewirken kann.
Immerhin ist das Verschwinden von if, schon allein
weil es nicht sehr genau zu messen ist, noch nicht ein hin-
reichender Beweis für Fehlen der elliptischen Reflexion, der-
selbe ist vielmehr aus den Beobachtungen über die Ver-
zögerung A zu entnehmen. — Aus dem Vorstehenden er-
hellt inde8s, dass der Beweis fehlender elliptischer Reflexion
sich nicht für den Polarisationswinkel selbst erbringen lässt,
während dies für den Beweis der Existenz derselben möglich
ist. Der Beweis für das Fehlen derselben ist um so strenger
geführt, je näher die Grenzen der Einfallswinkel, innerhalb
deren A von o auf n wächst, sich an den Polarisationswinkel
selbst heranziehen lassen.
Es wurde nicht in allen acht möglichen Stellungen der
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536
P. Drude.
Nicols l) beobachtet, sondern nur in zwei zu der Einfallsebene
symmetrischen. Infolge des ausgezeichneten Planparallelis-
mus der Nicoh genügte dies, um richtige Werthe für \p und
A zu erhalten, wie ich an den Beobachtungen am Antimon-
glanz gezeigt habe (1. c. p. 501). Bei zwei zur Einfallsebene
symmetrischen Stollungen zu beobachten war nöthig, um
einen eventuellen Fehler, der durch falsche Orientirung des
Compensators hervorgebracht sein könnte, und der bei durch-
sichtigen Medien einen bedeutenden Einfluss hat, zu elimi-
niren. Die richtige Orientirung des Compensators geschah
nach der früher beschriebenen2) Methode; die Stellung wurde
durch feine mit dem Diamant in die MessiDgfassungen des Com-
pensators und Fernrohrs eingekratzte Striche markirt, sodass
auch nach Abnahme des Compensators derselbe stets so gut
wieder orientirt werden konnte, dass die beiden in symmetri-
schen Lagen zur Einfallsebene erhaltenen Werthe von i//
und A kaum differirten. Die in den Tabellen angegebenen
Zahlen sind die Mittelwerthe aus mehreren Einstellungen in
beiden Lagen.
Zunächst wurde an Spaltflächen beobachtet, welche aus
einem klaren Steinsalzwürfel von circa 3 cm Seitenlänge her-
gestellt waren. Der Brechungsexponent fand sich mit Hülfe
des Totalreflectometers zu:
n = 1,5437
und daraus der Polarisationswinkel <p zu:
y = 57°3'52".
Die folgende Tabelle giebt die an zwei Flächen I und II
erhaltenen Resultate. Die Justirung auf dem Spectrometer
geschah dadurch möglichst schnell, dass die Flächen gegen
einen auf dem Tischchen des Spectrometers befestigten Rah-
men angedrückt wurden, der mit Hülfe einer Glasplatte
orientirt war. ä ist in Wellenlängen angegeben.
1) P. Drude 1. c. p. 493.
2) 1. c. p. 492.
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> •
rflächenschichten. 537
Tabelle 1.
Platte
*
cj^iv AI* vi* kjuaiiiu«
I
0,5 - 0,0112
0,5 - 0,0286
0,0145
44
4*
V, Minute
l/s Stunde
2 Minuten
11 T + V
0,0095
47'
2
V, Minute
2 Minuten
Der wahrscheinliche Fehler ist für A höchstens zwei
Tronimeltheile, d. h. 0,001 A, für 1// ist er verhältnissinässig
gross, da anf \p nicht so oft eingestellt wurde, er mag etwa
5' betragen.
Für Einfallswinkel, die sich um mehr als 2° vom Pola-
risationswinkel entfernen, stand bei frischen Fl&chen der
Compensator stets um höchstens vier Trommeltheile vom
Nullpunkt entfernt, und zwar ohne ausgesprochenen Sinn,
sodass überhaupt keine Verzögerung constatirt werden konnte.
Näher als auf V2° konnte ich bei den Beobachtungen
für A nicht den Einfallswinkel sich dem Polarisationswinkel
nähern lassen, da dann wegen der Kleinheit von \\> der Com-
pensator zu ungenau einzustellen war. Schon bei ff = (p ±
beträgt das Verhältniss der Intensität des senkrecht zur Ein-
fallsebene polarisirten Lichtes zu der des in derselben pola-
risirten 0,0S15.
Die Steinsalzplatten waren so dick, dass das eventuell
von der Rückfläche reflectirte Bild abgeblendet wurde, da
sonst keine völlige Dunkelheit eintrat
Dass etwa irgend eine Täuschung bei den Beobach-
tungen vorliegen konnte, ist dadurch ausgeschlossen, dass bei
dem Ersetzen der Steinsalzplatte durch eine Glasfläche der
Compensator von seiner Stellung (z. B. 36,26) um drei Schrau-
benumdrehungen (auf 39,3) gedreht werden musste, um den
schwarzen Streifen im Gesichtsfelde wieder zu erzeugen.
Aus den Beobachtungen folgt, dass yj bei frischen Stein-
salzplatten verschwindet (2' überschreitet nicht den Beob-
achtungsfehler), und zwar für einen Einfallswinkel <jp, der
durch die Beziehung tg <p = n gegeben wird, während eine
wenn auch sehr kleine, aber noch merkliche Ellipticität con-
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538
P. Drude.
statirt ist, jedoch für Einfallswinkel, die sehr dicht am Pola-
risationswinkel liegen, sodass die Grenzen derselben, inner-
halb deren A von 0 auf \X wächst, hier etwas über 1° be-
tragen.
Berücksichtigt man indess das schnelle Wachsthum von
A, dass schon nach zwei Minuten wesentlich grösser ist und
nach einer halben Stunde sich verdoppelt hat, so kann man
wohl annehmen, dass bei ganz frischen Spaltflächen der
Winkelbereich, innerhalb dessen A von 0 auf JX wächst,
noch kleiner wird, sodass überhaupt keine merkliche ellip-
tische Reflexion stattfindet.
Wäre es möglich gewesen, für Einfallswinkel zu beob-
achten, die sich dem Polarisationswinkel um mehr als
näherten, so wäre natürlich eine grössere Ellipticität beob-
achtet, da die Werthe von A zwischen den hier angeführten
liegen müssen. — Bei der Beurtheilung der Grösse der ellip-
tischen Reflexion eines durchsichtigen Mediums handelt es
sich aber nicht nur um die Grösse der Verzögerung, son-
dern auch um den Einfallswinkel, bei dem sie beobachtet
ist. In der Wernicke'schen1) Formel:
tgj = x tg{<p±(p')*
wo (f den Einfalls-, cp den Brechungswinkel bedeutet, bietet
daher x ein gutes Maass fur die Grösse der elliptischen Re-
flexion.
Legt man die ljt Minute nach der Spaltung gewonnenen
Zahlen für Steinsalz zu Grunde, so wird:
für I x « 0,038Z
» II x = 0,0S74,
d. h. etwa 1jt0 des für Glas erhaltenen Werthes. Dieselbe
Verzögerung, wie sie hier für Steinsalz bei einer Entfernung
von 1/a° vom Polarisationswinkel beobachtet ist, würde man
bei Glas bei einer Entfernung von 10° vom Polarisations-
winkel beobachten. Der Winkelbereich der elliptischen Re-
flexion ist also bei Steinsalz als der zwanzigste Theil von
dem des Glases beobachtet
Auch der Werth von y bietet Anlass zur Vergleichung
mit der Theorie, obwohl stets auch bei anderen durchsich-
1) W. Wernicke, Wied. Ann. 30. p. 457. 1887.
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Oberflächenschichten.
539
tigen Medien weniger Abweichung bei \p beobachtet ist, als
bei A, Setzt man:
ff = (p + s ,
wo « eine kleine Grösse sein soll, deren Quadrat zu vernach-
lässigen ist, so folgt aus den Retfexionsformeln der Licht-
theorien nach einiger Rechnung:
V
(1 +
2»s
Für Steinsalz wird der Factor von e zu 1,55. Für «= lj2n
ist r" beobachtet zu 44', damit stimmt der nach obiger For-
mel berechnete Wert \p = 47 ' völlig tiberein.
Nach allem kann man daher wohl mit Recht behaupten,
dass frische Spaltung s flächen von Steinsalz rücksichtlich der Re-
flexion des Lichtes sich den (jenannten Theorien gemäss verhält.
Da sich ergab, dass die Verzögerung mit der Zeit wächst,
so habe ich auch einige mehrere Tage alte Spaltungstiächen
untersucht. Dieselben wurden in einem durch Schwefelsäure
getrockneten Räume aufbewahrt, und nur zu den Beob-
achtungen daraus entfernt, da sonst infolge der hygroskopi-
schen Eigenschaft des Minerals die Flächen bald schlecht
reflectiren. Folgende Tabelle enthält die Resultate, welche
an zwei Platten (III und IV) gewonnen sind. III ist ein
Tag, IV drei Tage nach der Spaltung untersucht.
Tabelle II.
Platte
y (beob. ) tp ( berochn.)
III
7-2°
7 + 1°
0,5-0,005
0,5-0,009
0,5-0,020
0,022
0,010
1° 33'
50'
4
47'
1*35'
3° (»'
1° 33'
46'
0'
46
1«3»'
1) Aus dieser Formel folgt, da«« die hier gewählte Beobachtuugs-
methode eine um so grössere Annäherung an den Polarisationswinkel ge-
stattet, je grösser der Factor von « ist. Derselbe wird für n = J/3 = 1,73
zu einem Minimum. Wenn n sich der Einheit nähert, so wird überhaupt
zu wenig Licht reflectirt. Daher werden Körper mit möglichst hohen
Brechungsexponenten für die Beobachtungen am günstigsten sein. Die
Brechungsexponenten der meisten festen Körper mit guter Spaltbarkeit
liegen ungünstig.
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540
P. Drink.
Platte
A ! v (bcob.) J yj (berechn.)
IV
•r+20
0,5-0,001
0,5-0,002
0,5—0,008
0,004
0,001
4° 40'
3° 10'
1° 34'
5'
1° 36
3° 6'
4° 39'
3° 6
1°33*
0'
1°33
3° 6
Die Tabelle zeigt, dass selbst für alte Spaltflächen die
Verzögerung stets sehr klein ist, zufallig ist sie sogar an
der älteren Fläche IV kleiner als bei III, was damit
zusammenhängen kann, dass IV weniger lange in nicht ge-
trockneter Luft bei der Beobachtung gestanden hat. Es
liegt ja nahe, anzunehmen, dass die Verzögerung hier durch
eine Wasserschicht entsteht. Die Uebereinstimmung von ip
mit den berechneten Werthen ist sehr genau, was auch,
wenn man die Vorstellung einer gebildeten Wasserschicht
festhält, erklärlich ist, da der Brechungsexponent von Wasser
nicht wesentlich von dem des Steinsalzes abweicht
Um die Richtigkeit der Erklärung der elliptischen
Polarisation durch die Wirkung einer Oberflächenscbicht
noch direct zu beweisen, wurden die Steinsalzplatten unter-
sucht, nachdem sie auf neuem Putzleder oder Leinen einige
Minuten unter etwas Druck mit der Hand gerieben waren.
Folgendes sind die Resultate:
v
q = if - 1«
Ursprünglicher Werth:
Auf Leaer gerieben:
Dann auf Leinen gerieben:
Leder gerieben:
Ursprünglicher Werth:
Auf Leinen gerieben:
Dann auf Leder gerieben:
Ursprünglicher Werth:
Auf Lcder gerieben :
Dann auf Leinen gerieben:
0,022 k
0,053
0,067
0,058
(0,5—0,0131 l
(0,5—0,088)
(0,5 -0,034)
(0,5-0,012) JL
(0,5-0,021)
(0,5-0,073)
if> zeigte sich durch das Poliren gar nicht beeinflusst,
so ergab sich für gp = (p:
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Oberflachenschickten.
541
Ursprünglicher Werth: y = 6'
Mit Leinen gerieben: 5'
Mit Leder gerieben: 0'.
Aus der Thatsache, dass für Einfallswinkel, die kleiner
als (p sind, die Verzögerung durch das Poliren verkleinert,
dagegen für grössere Einfallswinkel als (p vergrössert wird,
folgt, dass der Haupteinfaltawinkel derselbe geblieben ist
Der Einflus8 des Polirens auf A ist unverkennbar; über die
sich bildende Veränderung kann man sich zur Erklärung der
elliptischen Polarisation zwei Vorstellungen machen:
1) das Mineral wird mit einer dem Putzmittel eigen-
tümlichen Schicht überzogen, die elliptische Polarisation
kommt zu Stande durch Reflexion an der Vorder- und Rück-
fläche derselben;
2) der Vorgang der Reflexion findet auch bei der polirten
Fläche nur an einer Grenze statt, die Aenderung gegen das
Verhalten der unpolirten Fläche ist darin begründet, dass
die optische Natur des Spiegels durch das Poliren eine andere
geworden ist.
Auf die Entscheidung zwischen beiden Vorstellungen will
ich nicht hier, sondern im zweiten (theoretischen) Theil der
Arbeit eingehen, und hier nur bemerken, dass sich mit Not-
wendigkeit die erstere Vorstellung ergibt, sodass es sich hier
wirklich um eine durch Poliren hervorgerufene künstliche
Oberflächenschicht handelt.
Ich werde an der geeigneten Stelle zeigen, dass der
grosse Unterschied im Verhalten von A und \p bei Reflexion
an einer polirten und an einer unpolirten Fläche auch theo-
retisch begründet ist
Aus den mitgeteilten Beobachtungen geht hervor, dass
die Veränderung, die das Reiben auf Leinen hervor-
bringt, stärker ist, als die durch Reiben auf Leder hervor-
gerufene. Man hätte eher das Umgekehrte erwarten sollen,
da man frisch gewaschenes Leinen für reiner halten sollte
als Leder. Die hier gemachte Beobachtung steht aber völlig
im Einklang mit der am Bleiglanz gemachten und unten
mitgeteilten.
Es ist durch die Versuche gezeigt, wie enorm em-
pfindlich frische Spaltflächen der Berührung mit anderen
542
P. Drude,
Körpern gegenüber sind, sodass schon die sogenannte Reini-
gung mit Leder oder Leinen die Flächen so verunreinigt,
dass sie auf keine Weise in den natürlichen Zustand zurück-
zubringen sind. Dass daher richtig polirte Körper eine
merkliche elliptische Polarisation zeigen, ist durchaus
erklärlich.
Ausser Steinsalz sind noch andere durchsichtige Medien
mit guten Spaltungsflächen untersucht. An Plussspath und
Glimmer wurden keine sicheren Resultate erhalten, weil
theils die Flächen zu schlecht waren, theils die an der
Hinterfläche reflectirten Bilder störten. Jedenfalls zeigte
sich aber auch bei ihnen eine bedeutend kleinere elliptische
Polarisation als an Glas. Beim Kalkspath1) war die am
meisten vom Nullpunkt abweichende Stellung des Compen-
sators 36,36, was einer Verzögerung von 0,0168 X entspricht,
beim Gyps vom Montmartre war sie noch weit kleiner.
Wenn es erlaubt ist, die an den angeführten Körpern
erhaltenen Resultate auf alle durchsichtigen zu verallge-
meinern, so folgt, dass durchsichtige Medien an natürlichen
Spaltungsflächen annähernd keine elliptische Polarisation hei
Reflexion von linearpolar isirtem einfallenden Uchte zeigen und
sich auch sonst der Theorie gemäss verhalten. Poliren mit einer
fremden Substanz erzeugt eine Oberflächenschicht, welche elliptische
Polarisation hervorruft.
IL Absorbirendo Media.
Es so Ute untersucht werden, welchen EinHuss die Politur
auf absorbirende Medien hat und ob die durch dieselbe
entstandene Oberflächenschicht durch irgend welche Mittel
entfernt werden kann. Es wurde dazu der Bleiglanz benutzt,
da er eine hinreichend gute Spaltbarkeit besitzt, um den
natürlichen Zustand an den Spaltflächen beobachten zu
können, und da er auch auf ihnen polirfähig ist Um eine
Vorstellung von der Wirkung der Politur zu bemerken,
genügt es nicht, die Veränderung von i/> und A zu con-
1) Die Beobachtungen sind frülicr angestellt, als mir die vor kurzem
erschienene Abhandlung von Hrn. P. Volk mann, Wied. Ann. tto.
p. 719. 1888 bekannt war, welcher den Kalkspath zu diesen Beobachtungen
empfiehlt. Ich würde sonst mehr Daten angeben.
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Oberflächensch ichten.
543
statiren, sondern es müssen auch die optischen Constanten
berechnet werden, die ja das Hauptinteresse bieten. Da
alle Beobachtungen über Metallreflexion an polirten Spiegeln
gemacht sind, so wird man hierdurch wenigstens eine rohe
Vorstellung über die Fehler der Constanten gewinnen, die
bis jetzt für Metalle mitgetheilt sind.
Die neuesten Formeln l) zur Berechnung der Constanten
nach der Voigt'schen Theorie sind zwar ziemlich einfach,
indess erfordern sie, wenn man für mehrere Einfallswinkel
beobachtet, was für die Genauigkeit sehr wünschenswerth
ist, doch zeitraubende Rechnung. Ich habe daher die Formeln
noch zu vereinfachen gesucht durch eine gewisse Vernach-
lässigung, die aber fast bei allen bis jetzt beobachteten
absorbirenden Medien zulässig ist.
Vereinfachte Formeln für Metallreflexion. —
In der citirten Arbeit habe ich ip und J als abhängig
von tp und zwei Constanten a und a dargestellt, welche
direct in den Differentialgleichungen der Lichtbewegung3)
als Coefficienten vorkommen. Diese Constanten sind fast
stets sehr klein, sodass man ihr Quadrat unbedenklich und
sie selbst mit einer gewissen Näherung gegen 1 vernach-
lässigen kann.3) Von dieser Voraussetzung soll Gebrauch
gemacht werden.
Für: a + iV= a, i = }/— 1 wird4):
M\ cos2y sin 2 tp sin A . V«
Man erhält einen Grenz werth für i/> und J, gültig für
kleine Winkel (p, wenn man asinJ«jp gegen l vernachlässigt.5)
Setzt man nun:
1) W. Voigt, Wied. Ann. 81. p. 242. 1887. P. Drude, Wied.
Ann. 32. p. ßl3. 1887.
2) P. Drude, 1. c. p. 586.
3) Ich habe bei Berechnung der Beobachtungen für Antimonglan«
(Wied. Ann. 34. p. 489. 1888) schon davon Gebrauch gemacht.
4) P. Drude, I. c. p. 615.
5) Wenn eine complexc Grösse gegen eine reelle zu vernachlässigen
ist, so soll dies heissen, dass dies für den Modul der complexen Grösse
zulässig sei.
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544 P. Drude.
,<y\ sin A tg 2 1^/ =* tgQ, cos A sin 2 = cos P,
tgJPsinqptg^S,
so folgt nach einigen elementaren Rechnungen:
,o\ cos2Q , sin2Q
(3) BBa « = •
Führt man den Brechungsexponenten n und den Absorptions-
coefficienten x ein, die mit a und a' nach den Gleichungen1)
zusammenhängen :
(4)
so wird:
(5) x = tg Q, n = Scos Q, nx « SsinQ.
Diese Formeln sind sehr bequem für die Anwendung.
Da Q = arctgx und S Constanten sein müssen, so wird man
für jeden Einfallswinkel tg Q und S nach (2) aus den direct
beobachteten Grössen \p und d berechnen, aus allen erhalte-
nen Werthen das arithmetische Mittel nehmen und aus dem
Mittelwerthe nach (3) und (5) die optischen Constanten be-
rechnen. Dies Verfahren ist viel einfacher, als wenn a und
a für jeden Einfallswinkel berechnet werden, und dann das
Mittel genommen wird, oder als wenn xn2 und (1 — x*)n*
nach der Methode der kleinsten Quadrate berechnet werden.2)
Die Vernachlässigung von a sin1 q> gegen 1 bedingt eine
gewisse Ungenauigkeit Um über die Grösse derselben Ge-
wissheit zu haben, ist noch ein anderer Grenzwerth, gültig
bei grossen Einfallswinkeln, für t// und A zu bilden, der da-
durch erhalten wird, dass sinao) = l gesetzt wird, d. h. es
ist dann:
s « \ cos 2» . . sin 2 v Bin J ]fa
1 -8in2vTcoVj + T^8in2yco8 A = 81D ? yf=« '
Hierin ist im Zähler für a unbedenklich der bis jetzt er-
haltene Näherungswerth einzusetzen.
Man erhält so mit Vernachlässigung von a2 nach einiger
Rechnung :
1) P. Drude, 1. c. p. 616.
2} W. Voigt, Wied. Ann. 31. p. 242. 1887.
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Oberflachcnschichteii.
545
(5.) *-*co.«(l
mx = SsinQ^l ~2^)-
Die beiden durch die Formeln 5 und 5» gegebenen (irenz-
wertlie mögen durch Indices 1 und 2 bezeichnet werden. Mit
Hülfe der (irenzwerthe kann man einen genaueren Werth
fur x und n leicht berechnen (er möge ohne Index bezeichnet
werden), x und n wird sich nämlich um so eher an xv und «,
anschlies8en, je kleiner die Einfallswinkel sind, bei denen i,"
und A beobachtet sind, dagegen an x2 und w2 bei grossen
Einfallswinkeln, da es sich darum handelt, ob die in Formel (1)
unter dem Wurzelzeichen stehende Grösse sinsgp mehr sich
der 0 oder 1 nähert. Man findet daher einen genaueren Werth
nach der Formel:
^sin" q
(5 t)
* = *,+(*,-*,)' y ,
. / > 2 sin2 ff 1 )
n = «1 + (w3 - w,) — , '
wo iV die Anzahl der Einfallswinkel bedeutet, bei denen be-
obachtet ist, und die Summe über alle die betreffenden Ein-
fallswinkel zu erstrecken ist. Ich werde unten an einem
numerischen Beispiele die Brauchbbarkeit der Methode
darthuo.
Um die Beobachtungen mit den nach der Theorie ge-
lieferten Werthen zu vergleichen, bedarf man der Berechnung
von y und A aus n und x. Hierzu dienen die leichtableit-
baren Formeln. Setzt man:
tg «, = *
(6) ttrW = nVl + x* = - n
k * 1 sin q> tg q sin q ig q cos Q '
so wird:
' cos 2 = sin /*j cos Qr
1) Diese Formeln werden strenger dadurch begründet, duss mit Ver-
nachlässigung von lfS* ist:
-fBajl-^), .-«oo.Qll + *^),
n >T+V= 5 (l + j sin > •
Ado. d. Phji. u. Cham. N. F. XXXVL 35
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■ 1 .
546 P. Dnule.
Ferner flir:
«5 ) ^ 03 +
I Pl = 8in y tg-~- i1 - (l + Ky ' ~2n^
wird:
(7 v tg zf, - tg Pt sin Qa ,
* cos 2 1"2 = sin Pt cos Q2.
Hier bezeichnen wieder Jn J2, 1^, i/;2 Grenzwerthe, zwi-
schen denen die wahren Werthe A> i/> liegen müssen, und die
sich berechnen aus:
A= Ax +(J3-^)sin2y,
V — + (y3 — V'j) sin* 13p.
Aus dem Haupteinfallswinkel rp und dem Hauptazimuth
i<i finden sich die Constanten aus:
(8) x1=tg2i//, rij = sin <jp tg <jp cos 2 1^ *), 7i1x1=sin</)tgysin2i/;,
=
(8.)
(8b) j *= Xl(1 Ct*W' " " + lct«»'
\ nx = ^«,(1 - Jctg3qp).
Umgekehrt berechnet sich Haupteinfallswinkel und Haupt-
azimuth aus den Constanten nach:
(9) { cos^^yr+t^ tg2i>ia=x,
cosy, = cos^ (l - -l^.^L), tg2^ - * (l + ^ij.
</> und analog wie in (7b) y und A aus V'i» V^»^p
Beobachtet man die Reflexion statt an der Grenze Me-
tall-Luft an der Grenze Metall-Flüssigkeit vom Brechungs-
index n0, so ist, um die dann gültigen Werthe für y und A
1) Die Formel zeigt, wie das für durchsichtige Medien n=»tg<p gül-
tige Gesetz durch die Absorption modificirt wird.
2) Diese Formel steht im Einklang mit der Bemerkung des Herrn
Voigt hinsichtlich der Durchsichtigkeit der Metalle, s. Wied. Ann. 26.
p. 144. 1884.
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Oberßächauchichteti.
547
— sie mögen mit U'0 und A0 bezeichnet werden — n/n0 an
Stelle von n zu setzen. Q bleibt also ungeändert, dagegen
ändert sich P. Es muss demnach sein:
(10) sin^tg2^s=sinj0tg2iv tgj P- n0 tg j P0,
wo : cos A sin 2 w = cos /* , cos J0 sin 2 i/«0 = cos P0 ist.
Will man zu tp und 4 die zugehörigen \pQy A0 berech-
nen, so dienen dazu die Formeln:
Für: sin Jtg2 \p = tg Q,
cos A sin 2 »// = cos
(in
wird : cos 2^0 - sin P0 cos
tgJ0-tgP0sin Q.
Hier braucht man keinen zweiten (irenzwerth zu be-
rechnen, denn es ist Vg «8in2<p (1 — n/) gegen 1 vernach-
lässigt, und dies bedingt einen Fehler, der meist kleiner
ist als 1 Proc.
Ich will die Brauchbarkeit der Formeln an einem nu-
merischen Beispiele zeigen, dass für Bleiglanz gilt.
Aus den Beobachtungen für:
(f = 60°, 70°, 72°, 74°, 76°, 77°, 78°
folgt, berechnet nach (5) und (5a):
x, = 0,4219. n, = 4,209, nx x, = 1,757,
x2 = 0,3973, «2 = 4,310, n2xl = 1,715.
Da ^sin2<jp/iV = 0,84 ist, so folgt nach (5b):
x = 0,400, 7i = 4,300, nx = 1,719.
Dieselben Constanten sind nach den ursprünglichen1)
Formeln berechnet, ohne irgend welche Vernachlässigung, zu :
0,400, « = 4,300, «x = 1,719,
d. h. völlig übereinstimmend mit den Näherungswerthen.
Die Anwendbarkeit der Formeln ist dadurch bedingt
dass:
gross ist. Für Bleiglanz ist S* = 21,5, dies ist also schon
als genügend gross anzusehen. Es ist eigentümlich, dass bei
1) P. Drude, 1. c. p. 615.
35*
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548
P. Drude.
n
X
S*
n
x S*
1,47
2,5
15,7
Wismuth
1,17
2,5 9,95
0,37
7,7
8,6
Zinn
1,15
2,9 12,9
0,39
11,3
19,6
Eisen
2.25
1,4 15,H
0,40
11,8
20,6
Stahl
2,35
1,5 17,9
0,40
8,7
12,3
Aluminium
1,85
2,1 18,9
1,65
3,5
35,6
Bleiglan/.
Rotngiltigcrz
4,30
0,4 21,5
0,55 12,8
1,3
3,0
16,9
3,12
1,54
2,7
19,8
reap.
9,5
0,42
6,5
7,6
Antimonglanz
5,17
0,14 27,1
0,18 20,7
1,35
3,0
18,2
7,2
reap.
4,49
2,2
0,7
fast alien absorbirenden Medien S* sich diesem Werthe nähert,
sodass die Formeln fast stets anzuwenden sind. Die Medien
mit kleinen Brechungsexponenten, wie z. B. Silber, haben
nämlich starke Absorption x und umgekehrt. Ich lasse hier
die Werthe von S1 folgen für die Metalle, deren Constanten
Hr. Vo.igt1) zusammengestellt hat.
Suiegelmetall
Silber (gewalz
» (gegoflsi
» (gewalzt
Gold
Quecksilber
Platin
Palladium
Kupfer
Zink
Blei
Die Constanten für Bleiglanz sind den im Folgenden
mitgetheilten Beobachtungen entnommen, die für Rothgiltig-
erz habe ich aus Beobachtungen von Herrn Schenk8) be-
rechnet, beim Antimonglanz habe ich sie früher3) bestimmt.
Die Zusammenstellung zeigt, dass, abgesehen von Kupfer,
Blei und Wismuth, die Formeln für die Metalle anzuwenden
sind, da S* mindestens die Hälfte von dem Werth, welcher
für Bleiglanz gültig ist, beträgt. Die Constanten werden
höchstens auf 1 — 2°/0 falsch bestimmt werden, was völlig
ausreichend genau ist bei der Unsicherheit der Beob-
achtungen, welche durch Politur etc. beeinflusst werden.
Beobachtungen am Bleiglanz. — Die Beobach-
tungsmethode ist die alte. Da aber ?" für keinen Einfalls-
winkel sehr klein wird, ist das einfallende Licht unter 45°
gegen die Einfallsebene polarisirt, und der Analysator wurde
auf Dunkelheit gestellt. Die Beleuchtung geschah mit einer
Sodaperle im Knallgasgebläse, da diese Helligkeit völlig
genügte.
Die folgende Tabelle enthält das Resultat der Beob-
achtungen an zwei frischen Spaltflächen, welche aus einem
1) W. Voigt, Wied. Ann. 23. p. 142. 1884.
2) E. Schenk, Wied. Ann. 15. p. 177. 1882.
3) P. Drude, Wied. Ann. 34. p. 489. 1888.
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Oberflachenschichten.
549
Bleiglanzwürfel von etwa 2 cm Seitenlange abgespalten waren
und ungefähr 0,5 x 0,5 cm gross waren. Durch besondere
Versuche wurde constatirt, dass sich y und A mit der Zeit
nicht ändert, die Flächen zeigten, wenn sie unberührt ge-
blieben waren, noch nach Tagen dieselben Werthe. Q und S
bedeuten die im früheren gebrauchten Bezeichnungen.
Tabelle III. Spaltflächen,
t. Fläche.
28° 56' 60° 8' 70° 8' 72° 8'
74° 8'
A n- 2° 50' Ti-140 42'
2w 83 42 56 8
logtgQ 9,6510 9,5776
TogS | 0,6513 0,6598
71-33° 12' 1 7i -41° 36'
37 32 82 44
9,6239 9,6302
0,6598 0,6564
7i -51° 42
27 44
9,6155
0,6583
• 1
76° 8' 77° 8'
78° 8' 80° 8'
logtgQ
log S
n-68° 12' Ti-790 48'
24 40 23 28
9,6298 9,6307
0,6626 0,6610
86° 0'
28 26
9,6358
0,6560
33° 18'
38 0
9,6324
0,5050
Mittelwerth: logtgQ = 6,6252, Iog£ = 0,6591, n = 4,300,
x = 0,400, nx = 1,719.
2. Fläche.
y 70° 8' 72° 8' 74° 8' 76° 8'
A u -31° 48 7i -41° — ' 1 7i -53° n -73° 15
2y 36 30 32 10 27 52 23 55
logtgQ 9,5910 9,6155 9,6255 9,6281
log S 0,6573 0,6552 0,6549 0,6457
.1 ■ i
q> 77° 8' 78° 8' 80° 8'
. . ,i . . . . 1 _____ .... . ____ _ ,
J 7i -83° 48 76° 36' ' 50° 36'
2y 22 35 22 17 26 35
logtgQ 9,6165 9,6006 9,5873
FogS 0,6482 0,6299 0,6263
Ii I I |
Mittelwerth: log tg Q =- 9.6092, log# = 0,6454, n = 4,18.%
x = 0,389, wx= 1,629.
Die beiden Flächen geben etwas abweichende Resultate.
Das aus der ersten Fläche gewonnene ist das wahrschein-
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550 P. Drude.
lichere, denn abgesehen davon, dass dort bei mehr Einfalls-
winkeln beobachtet ist, spiegelte auch die Fläche besser als
die zweite, sodass der wahrscheinliche Beobachtungsfehler
geringer ist. Ausserdem erscheint bei der zweiten Flache eine
systematische Veränderung von Q und S, indem z. B. Q
mit wachsendem Einfallswinkel erst wächst und dann ab-
nimmt. Selbst wenn man den sehr geringen Einfluss des
Einfallswinkels berücksichtigen wollte, so müsste Q stetig
wachsen. Dagegen zeigt die erste Fläche eine gute Con-
stanz von Q und namentlich von S, sodass man, ohne (p und
A rückwärts zu berechnen, die Formeln durch die Beobachtung
sehr gut bestätigt sieht.
Der grosse Werth des Brechungsindex ist bemerkens-
werth. Er ist von derselben Ordnung, wie die des Antimon-
glanzes.
Die für <p — 70° erhaltenen Werthe von i/< und A sind
bei sehr vielen Spaltflächen untersucht, weil für diesen Ein-
fallswinkel später hauptsächlich die Aenderungen, welche die
verschiedene Behandlung der Flächen hervorriefen, constatirt
werden sollten. Es ergaben sich Stellungen des Compen-
sators, welche zwischen 37,63 und 37,71 schwankten, d. h.
eine Variation von A von n — 31° 42' bis zu n — 33° 21' er-
gaben. Man ist somit berechtigt, die berechneten Werthe
für n und x als dem natürlichen Zustande entsprechend an-
zunehmen.
Sodann wurde eine Fläche untersucht, welche mit Pariser
Roth und Wiener Kalk polirt war. Es war nicht eine der
vorhin untersuchten Flächen selbst, da sie beim Beginn des
Polirens entzwei brachen. Da aber alle aus dem Würfel
gewonnenen Spaltstücke nahezu dieselben Werthe für y> und
A ergaben, so gilt auch für die polirte Fläche als natürlichen
Zustand der in Tabelle III mitgetheilte. »Tabelle IV ent-
hält die Resultate:
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Oberflachmschichten. 55 1
Tabelle IV. Polirte Flache.
...
65°
70° 72° 74°
j
a
2V
r.gs |
n -310 6- 1 ^ —42° 36*
52 15 44 20
9,8242 9,8404
0,5809 0,5388
TT -62* 48' n-74«22' !7i-87ft24'
36 59 34 47 33 58
9.8260 9.8253 ! 9 H280
0,5381 0,5274 0,5381
• 1
76° 77°
78° 80°
A \
log tg Q
log«
i
76° 42
85 29
9,8412
0,5865
69° 6'
36 2
9,8322
0,5379
61° 46 47° 52'
38 10 42 37
9,8404 9,8340 i
0,5373 0,5404
j 1
Mittelwerth: log tg Q = 9,8324, log S = 0,5368, n = 2,96,
x = 0,629, nx « 1,86.
Die Aenderung, welche die Politur auf die Constanten,
namentlich auf n, hervorbringt, ist eine ganz bedeutende.
Dass »i wesentlich kleiner ausfällt, war von vornherein zu
erwarten, da das Polirmittel sicher einen weit kleineren
Brechungsexponenten besitzt, als der Bleiglanz. Auch die
Vergrößerung von x erklärt sich aus der Annahme, dass
durch die Politur das Mineral mit einer Schicht überzogen
ist, an deren Vorder- und Rtickfiäche das Licht reflectirt
wird. Da dies schon an und für sich eine Verzögerung er-
gibt, und zwar in dem von Ja min positiv genannten Sinne,
der auch an der frischen Spaltfläche beobachtet wird, so
addirt sie sich zu der am Mineral selbst hervorgerufenen
Verzögerung hinzu und bringt so eine Vergrösserung von x
hervor. — Durch eine beobachtete Abhängigkeit der Q und
S vom Einfallswinkel wird diese Auffassung nicht unterstützt,
denn Tabelle IV giebt fUr beide Grössen ziemlich constante
Werthe an.
Die eben untersuchte Fläche wurde nun nach dem
Wernicke'schen1) Verfahren mit Gelatine gereinigt, d. h.
auf die mit Alkohol und Leinen geputzte Fläche wurde eine
ziemlich concentrirte Gelatinelösung aufgegossen und die
Platte erhitzt bis nahe zum Kochen der Lösung, um eventuell
adhärirende Gase zu entfernen. Dann wurde nach dem Ein-
1) W. Wernicke, Wied. Ann. 30. p. 452. 1887.
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552
P. Drude.
trocknen der Gelatine dieselbe abgerissen und die Platte,
ohne sie weiter zu berühren, untersucht Die Gelatine hatte
Bleiglanzstückchen mit abgerissen, was als ein Beweis des
guten Haftens angesehen werden kann. Tabelle V giebt die
Resultate:
Tabelle V. Flache, mit Gelatine gereinigt.
* 1
60°
65* [ 70° 72°
74°
2\p
logtgQ |
logS
Ti—260 r
51 48
9,7462
0,5611
n-35°40' Ti—540 1 n -65° 12 , n -80° — '
43 1 34 16 31 12 29 51
9,7356 9,7413 9,7402 9,7540
0,5630 0,5646 0,5562 0,5671
<t
76°
77° 78° 80°
A
2y
logtgQ
\ogS
82° 80
29 29
9,7486
0,5668
73°-' 63° 30' 48° 27'
30 29 31 46 37 24
9,7505 9,7436 9,7575
0,5654 0,5640 0,5676
II • I
Mittelwerth: log tg Q = 9,7464, log S= 0,5640, n = 3,313,
x = 0,520, nx = 1,724.
Durch die Reinigung nähern sich zwar n und x den
eigentlichen Werthen, aber sie erreichen sie noch lange nicht. *)
Q und S sind auch hier constant. Zur Uebersicht stelle ich
die erhaltenen Resultate zusammen.
n x nx
Natürlicher Zustand 4,300 0,400 1,719
Polirter „ 2,96 0,62!» 1,86
Mit Gelatine gereinigt 3,313 0,520 1,724.
Die Fläche zeigte, als sie mit Alkohol abgewaschen und
mit Leinen getrocknet wurde, eine Abnahme von A> was
wieder eine Entfernung vom natürlichen Zustand bedeutet.
Dies ist wichtig, wie sich späterhin zeigen wird.
Das Reinigungsverfahren mit Gelatine wurde dann wieder-
holt, es wurde auch Collodium über die Fläche gegossen und
die getrocknete Haut abgezogen. Es ist meist nur für <p =
1) Die Verminderung von S* durch die Politur von 22 auf 12 deutet
darauf hin, dass vielleicht bei den p. 273 erwähnten Metallen S2 im all-
gemeinen grösser ist, sodass die Näherungsformcln noch strenger gültig
werden.
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Oberflächetuchighten. 553
70° beobachtet, im Folgenden stehen die an dieser Platte für
jenen Einfallswinkel beobachteten Resultate.
n — A 2 tp
Natürlicher Zustand 33° 12 37°32
PoHrter „ 62 48 8ß 59
Mit Alkohol gewaschen und Leinen geriebeu 68 48 35 24
Weiter gerieben 62 42 34 M
Weiter gerieben 55 39 32 16
Weiter gerieben 58 54 83 28
Mit Gelatine gereinigt 54 1 34 16
Mit Alkohol und Leinen behandelt .... 58 20 35 40
Wieder mit Gelatine gereinigt ...... 52 28 34 40
Mit Leinen abgerieben 56 42 85 42
Noch einmal mit Gelatine gereinigt . . . . 56 15 36 2
Mit Alkohol abgerieben 62 18 37 34
Mit CoUodium gereinigt 48 12 34 25
Mit verdünnter Schwefelsäure behandelt . . 56 0 80 42
Die Zahlen zeigen, dass die Reinigung mit CoUodium
hier die dem ursprünglichen Zustand am nächsten liegenden
Werthe giebt. Wiederholtes Reinigen mit Gelatine ergiebt
schliesslich keine Abnahme von n — d, »/» wird weniger be-
einflus8t, für <jp = 70° nimmt y> durch die angewandten Be-
handlungen ab, für grössere Winkel wächst es, entsprechend
der Vergrös8erung von x. l) Die Fläche wurde in verdünnte
Schwefelsäure gelegt, um den Wiener Kalk und das Pariser
Roth, mit denen polirt war, aufzulösen. Die Schwefelsäure
hatte aber den Bleiglanz selbst angegriffen, indem er farbig
angelaufen war, sodass die zuletzt angegebenen Zahlen mit
den früheren nicht vergleichbar sind.
Aus dem grossen Bleiglanzwürfel wurde ein kleinerer
abgespalten und drei zu einander senkrechte Flächen polirt
Es geschah dies deshalb, um eventuell eine optische Anomalie
durch ReHexionsbeobachtungen zu entdecken. Es zeigte sich
nun in der That eine Fläche (I) von den zwei anderen II
und III wesentlich verschieden, während II und III über-
einstimmten. Da aber die erhaltenen Werthe von \fß und A
mit dem Azimuth der Einfallsebene nicht variirten, so war
dies ein Anzeichen dafür, dass nicht der Bleiglanz durch
innere Spannungen irregulär geworden, sondern dass die
I) Vergl. Tabelle III und IV.
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554
JP. Drude.
Oberflachenbeschaffenheit der drei Fliehen eine verschiedene
war. In der That ergaben sie auch nach gründlicher Be-
handlung mit Alkohol und Leinen annähernd gleiche Re-
sultate.
Die ursprünglichen, nach der Politur erhaltenen Werthe
von i/' und A waren folgende:
Tabelle I. Polirt.
q 50°
70°
72°
74°
76°
78°
J n-15°14'
2y 65 18
log tg Q 9,7568
\ogS 0,5515
^-53°-'
34 17
9,7359
0,5695
n_64Ä10'
31 —
9,7331
0,5593
n-8t°— '
28 33
9,7303
0,5628
82" — '
28 50
9,7366
0,5627
63°30
30 53
9,7286
0,56W
Mittelwerth:
logtgQ =
9,7369, log S = 0,5638, n
0,510, rix « 1,69.
= 3,32,
II, III. Polirt
* [ W
1 70°
72°
74»
76°
78°
A 7i-14°55'
2y 66 24
log tg Q 9,7702
log S 0,5690
7i - 58° 30'
33 40
9.7543
0,5450
7i- 64°54'
30 41
9,7460
0,5372
ti-85036'
30 9
9,7628
0,5461
76° — '
30 45
9,7614
0,5408
59°42*
34 14
9,7690
0,5413
Mittel werth: log tg Q = 9,7606, log S = 0,5466, « = 3,16,
x = 0,536, nx = 1,69.
Die Werthe für n und x liegen zwischen den auf p. 552
angegebenen. Für I ist Q und S constant, für II und III
nehmen Q und 5 parallel miteinander erst ab, dann zu.
Auch hier wurden die Flächen mit Gelatine gereinigt;
die Lösung wurde bis zum Kochen erhitzt. Es zeigte sich
für (p = 70°:
I: n- J = 56° 6', 2 v = 36° 34'
II: 91-^=59° 15', 2 t/r = 36° 52'
III: n— J = 55°47', 2i/' = 35°18'.
Mit Alkohol und Leinen behandelt, ergab sich:
7T-J = 52°15', 2i// = 34°40',
d. h. 69 war n — d verkleinert, im Gegensatz zu dem bei der
früher erwähnten (p. 552) Fläche erhaltenen Resultate. Es
hängt dies damit zusammen, dass die Gelatinelösung hier
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Ohe rßii chenschichten.
Do.r>
auf den Flächen gekocht hatte, wodurch wahrscheinlich die-
selben etwas verändert waren, wie spätere Versuche zeigten
(a. p. 558). Collodiumreinigung ergab auch hier die kleineren
Werthe von n — A als Gelatinereinigung, nämlich :
n - A = 54° 10', 2i/> = 34° 45'.
Darauf folgende Behandlung mit Leinen vergrößerte
wieder n — A.
Es verdient hervorgehoben zu werden, dass die Politur
der Flächen durch die verschiedenen Behandlungen durchaus
nicht litt
Man könnte einwenden, dass die Gelatine deshalb den
Bleiglanz nicht vollständig reinigt, weil durch das Wasser
derselbe oxydirt oder irgendwie verändert wird, und dass
deshalb das Collodiumverfahren hier gründlicher reinigt.
Wenn dies nun auch im letzten Falle eingetreten sein mag,
da durch besondere Versuche constatirt wurde, dass kochen-
des destillirtes Wasser in der That auf Bleiglanz wirkt, so
trifft dies in dem früher (p. 552) angegebenen Falle, wo die
Gelatinelösung nicht kochte, nicht zu, oder wenigstens ist
die gebildete Oxydschicht mit der Gelatine abgerissen, da
hier durch Putzen mit Leinen ir — A vergrössert wurde. Denn
es zeigte sich (cf. p. 558), dass, wenn sich wirklich eine Oxyd-
schicht gebildet hatte, diese auf Leinen abgerieben werden
konnte, und dass dann eine Verminderung von n — A entstand.
Was man auch für andere Reinigungsverfahren vor-
schlagen mag, nie wird man auf den ursprünglichen Zu-
stand zurückkommen, da schon ein loses Reiben mit trocke-
nem Leinen oder Leder, was doch sonst stets beim Vor- oder
Nachputzen angewandt wird, auf eine frische Spaltfläche
ausserordentliche Wirkung übt Ebenso empfindlich zeigt
dieselbe sich gegenüber einer Berührung mit den Fingern
und gegen den Hauch. Es ist sehr auffallend, dass für eine
frische Fläche, die sich an der Luft tagelang unverändert
erhält, bei losem Reiben mit Leinen bei 70° Einfallswinkel
n— A von 33° 12' auf 42° 12', beim Reiben mit Putzleder auf
40° 20' wächst Auch i/» wird verändert in dem Sinne, wie
es die Politur ändert (cf. Tabelle IV). Der ursprüngliche
Zustand war auf keine Weise wieder zu gewinnen. Selbst
auf Spaltflächen, die nicht mehr intact waren, zeigte sich der
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550
P. Drude.
Einflu88 des Reibemittels bedeutend. Von den vielen be-
obachteten einzelnen Fällen greife ich nur eine Reihe heraus,
die mit einer Spaltfläche von Bleiglanz und Antimonglanz
angestellt waren. Es ist nur A beobachtet, da dies schon
zur Constatirung der Veränderung genügte. Dieselbe Fläche
wurde mit den verschiedenen Substanzen nacheinander in
Berührung gebracht.
<p = 70°.
Hlciglauz Antimonglanz
n — A
A — 71
46°0'
36°33'
53 54
41 42
40 24
34 30
51 0
40 45
Mit Flamme des Bunsenbrenners bestrichen
08 30
44 24
55 30
Wolle
50 36
51 13
50 36
51 10
41 0
36 15
41 0
36 13
42 36
34 30
39 10
Papier zeigt keinen Einfluss, die Bunsentiamme den grössten.
Die grössere Einwirkung reinen Leinens als die von
Putzleder ist sehr auffallend; sie ist an sehr vielen Bei-
spielen, die ich nicht weiter anführe, constatirt. Steinsalz
verhielt sich ganz ebenso (cf. p. 541). Die Parallelität1) des
Ganges der Verzögerung beim Blei- und Antimonglanz spricht
dafür, dass die Natnr der Überflächenschicht wesentlich vom
Reibmittel abhängt.
Ebenso empfindlich zeigten sich frische Spaltflächen der
Berührung mit destillirtem Wasser gegenüber. War eine
frische Fläche einmal in Wasser getaucht, so war nach dem
Abtrocknen desselben, was in Luft oder mit Fliesspapier2)
geschah, n — A von 33°12' auf 49°20' gestiegen, was wahr-
scheinlich die Wirkung einer festgehaltenen Wasserober-
flächenschicht 18t.
1) Nur bei Wolle findet sich eine Abweichung.
2) Durch einen besonderen Versuch wurde constatirt, dass trockenes
Fliesspapier auf Bleiglanz nicht wirkt.
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Oberflächewschichttn.
557
Es wurden auch einige Beobachtungen bei y — 70° in
Wasser angestellt. Die in Wasser gespaltenen Stücke er-
gaben nahezu denselben Werth, als die in Luft gespaltenen
und dann eingetauchten. Auch wiederholtes Herausnehmen
und Wiedereintauchen ergab keine wesentlichen Aenderungen
für !/' und A. Da dies, wie wir oben sahen, wesentliche
Aenderungen für die Beobachtungen in Luft gibt, so ist es
interessant, zu prüfen, für welchen Zustand die Beobachtun-
gen in Luft mit denen in Wasser am besten stimmen. Es
ist dies der frische, für den 2i» = 37° 32', J = ti-33w12'
beobachtet ist; es ist ja auch begreiflich, dass die Wirkung
einer Wasseroberfiächenschicht im Wasser selbst verschwindet.
Nach den Formeln folgt:
2 1/;0 - 27° 23', A0 = n - 54° 19'.
Beobachtet ist: 2i/>0«24°25', J0 = * - 59° 24'.
Die Abweichung könnte aus einer Verdichtung des Was-
sers am Bleiglanz, d. h. aus einer Vergrößerung von «0
erklärt werden. Nach Formel (10) muss Q = , tg { P
= n0tgJ/>0 sein. Es ist nun:
y = 22°49', Qo = 21° 21'
also die erste Bedingung nahezu erfüllt. Aus der zweiten
folgt: «0 = 1,417.
Wurden Spaltflächen in Wasser beobachtet, welche durch
Politur oder Reiben ihre natürlichen Werthe eingebüsst
hatten, so ergaben sie auch im Wasser andere Werthe für
ji — A und 2 »/', denn die Wirkung einer durch Leder z. B.
aufgeriebenen Oberflächenschicht kann im Wasser nicht ver-
schwinden.
So erhielt ich z. B. für <jp = 70°:
J = 7r-52"15', 2»/' = 33°37',
4,= * -81°, 2«'0=29°0',
diirivus ;
log tg Q = 9,7207 , log tg QQ = 9,7384
\P={n- 35°6', lP0=n- 42°49'
n =» 1,535.
Ein anderes Beispiel ist:
<4 = *-43°12\ 2^ = 36°10'
A0 = n ~ Ö7°48', 2 t//ö = 28°22'
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558
P. fJnule.
log tg Q - 9,8636, log tg Q0 = 9,8625
JP= -32»16', J P0 - J 3i - 39°57'
w0 = 1,327.
Es ist übrigens zu bemerken, class die (p. 547) entwickel-
ten Formeln hier nicht streng gültig sind, da der Vorgang
der Reflexion bei einer Oberflächenschicht wesentlich com-
plicirter ist und diese ist auch bei einer frischen Spaltfläche
im Wasser vorbanden, da letzteres eine solche bilden wird.
Deshalb haben die Werthe für n0 auch keine directe Be-
deutung, ich habe sie nur angegeben, um die Abweichung
vom normalen Verhalten zu kennzeichnen.
Ich werde auf diesen Punkt im IL Theile zurückkommen.
Wurden die Flächen in destillirtem Wasser ausgekocht
und nach dem Erkalten darin beobachtet, so war in den
eben angeführten Fällen A0 und 2tftQ geworden zu:
jr-970 15', 39° 38', resp. *-100°24', 39° 14'.
Darauf in Luft gebracht, ergab sich:
A = n- 73°, 2i/' = 38° 6',
resp. »-87 50', 42 0.
Diese wesentlichen Veränderungen waren dadurch her-
vorgerufen, dass das kochende Wasser den Bleiglanz mit
einer bräunlichen Schicht überzogen hatte, die aber nur bei
genauer Betrachtung zu bemerken war. Auf Leinen konnte
sie abgerieben werden, es zeigte sich dann eine bedeutende
Abnahme von n — Af nämlich:
A 2y
^_ 400 45', 33° 58'.
Dies dient dem p. 555 Gesagten zur Stütze.
Die ausserordentliche Empfindlichkeit solcher Spalt-
flächen gegenüber der geringsten Politur oder der Berührung
mit Flüssigkeiten ist wohl so zu erklären, dass, da durch
die Spaltung der Oberfläche eine früher ihr anhaftende
Schicht genommen ist, dieselbe in gleichsam ungesättigtem
Zustand ist und jeden ihr gebotenen Körper anzieht und
festhält. Es muss sich dies auch in einer starken Conden-
sation von Gasen bemerkbar machen, worüber Versuche
anzustellen wären. — Nach dieser Vorstellung ist natürlich,
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i
Oberflächenschichten.
55»
(lass die einmal erzeugte Oberflachenschicht auf keine Weise
ganz wieder zu entfernen ist, es wäre denn, dass durch
Reiben auf dem eigenen Pulver, wie Seebeck gethan hat,
die fremde Oberfl&chenschicht durch eine natürliche ver-
drängt werden könnte.
Im Folgenden fasse ich die erhaltenen Resultate kurz
zusammen. Sie sind zwar nur an den angegebenen Körpern
beobachtet, es ist aber wahrscheinlich, dass sie zu verallge-
meinern sind.
1) Feste y sowohl durchsichtige, wie absorbirende Körper
reflectiren auf natürlichen Spaltungsflächen das Licht nach den
Gesetzen der Fr esnel- Neumann 'sehen, resp. der VoigVscken
Theorie.
2) Durch Poliren oder Berühren mit Flüssigkeiten ent-
stehen Oberflächenschichten, welche bei durchsichtigen Medien die
elliptische Polarisation, bei undurchsichtigen wesentliche Aenderun-
gen der aus den Reflexionsbeobachtungen berechneten optischen
Constanten hervorrufen.
3) Diese Oberflächenschichten sind auf keine Weise zu
entfernen.
4) Bleiglanz hat für Natriumlicht den Brechnngsexponenten
n = 4,30, den Absorptionsco'efficienten nx «= 1,72.
5) Die angegebenen Näherungsformeln für die Metall-
reflexion sind bei fast allen bis jetzt beobachteten absorbirenden
Medien anzuwenden.
Nachtrag.
Nach Abschlus8 der soeben mitgetheilten Beobachtungen
wird mir eine Arbeit des Hrn. Spurge1) über die Reflexion
des Lichtes an natürlichen Spaltflächen von isländischem
Doppelspath bekannt. Dieselbe hat aber nicht so sehr den
Zweck, den Kalkspath in frischem Zustande auf die ellip-
tische Polarisation hin, als vielmehr die Veränderung, welche
die Politur hervorbringt, zu untersuchen. Hr. Spurge be-
schränkt sich darauf, dies für einen einzigen Einfallswinkel
zu thun, und ich glaube daher, dass die von mir mitgetheilten
Beobachtungen in dieser Beziehung eine Vervollständigung
1) C. Spurge, Proc. Roy. Soc 42. p. 242. 1887.
560
P. Drude.
bieten, da mindestens für zwei auf verschiedenen Seiten des
Haupteinfallswinkels liegende Einfallswinkel zu beobachten
ist, wenn man den Einfluss der Politur klar erkennen will.
Ueber die Grösse des Einfallswinkels, bei dem Hr.
Spurge beobachtet hat, kann ich keine directe Angabe
finden, muss jedoch aus dem Werthe des Azimuths J der
grossen Axe der Ellipse, in welcher die Aethertheilchen in
der reflectirten Bewegung schwingen, das sich zu 72° ergab,
schliessen, dass sich der Einfallswinkel ziemlich weit vom
Haupteinfallswinkel entfernte. Wenn man aber den Beweis
fehlender elliptischer Polarisation erbringen will, so kommt
es auf möglichste Annäherung an den Haupteinfallswinkel an.
Ausser dem Azimuth J hat Hr. Spurge das Axen-
verhältniss tgw der Ellipse gemessen. Für kleine Ver-
zögerung A besteht die Relation:
tgoj = »sin 2«/. A.
Die Methode empfiehlt sich daher nicht zur genauen
Bestimmung von A} da in der Nähe des Haupteinfallswinkels,
wo J sehr klein wird, A als Quotient zweier sehr kleinen
Grösse auftritt.
Hr. Spurge hat constatirt, dass die polirte Fläche sich
nicht mit der Zeit änderte. Die frische Fläche ist hierauf
nicht geprüft. Es lässt mich dies schliessen, dass die Beob-
achtungen an ihr nicht mit der grössten Schnelligkeit nach
vorgenommener Spaltung angestellt sind, worauf es sehr oft
ankommt. Dies wird dadurch bestätigt, dass, wie ich nach
den von Hrn. Spurge mitgetheilten Zahlen werthen nach
obiger Formel berechnet habe, infolge der Politur A von
0,0180 l auf 0,0138 A abnimmt, was nach den vorstehenden
Beobachtungen aufs deutlichste gegen den frischen Zustand
der Spaltfläche spricht.
Phys. Inst, zu Göttingen, Juni 1888.
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Totalreflectometer.
561
XV. Mittheilung, das Totalreflectometer betreffend;
von C. Pulfrich.
•
Vor kurzem hat Ch. So ret eine für die Krystalloptik
wichtige Arbeit ') veröffentlicht. War man bisher wohl all-
gemein der Ansicht, dass die Bestimmung der Hauptbrechungs-
indices von zweiaxigen Krystallen nach der Methode der
Totalreflexion eine Schnittebene verlange, die wenigstens zu
einer Elasticitätsaxe parallel sein müsse, so hat Soret in der
citirten Arbeit den Nachweis geliefert, dass eine jede, beliebig
durch den Krystall gelegte Schnittebene zur Bestimmung der
Hauptlichtgeschwindigkeiten, resp. ihrer reeiproken Werthe,
der Hauptbrcchung8indices verwerthet werden kann. Der
grosse Nutzen, der damit für die Praxis entsteht, bedarf keiner
weiteren Begründung.
Die Frage nach dem Einfluss der Lage der Schnittfläche
auf die Ermittelung der Hauptbrechungsindices zweiaxiger
Krystalle hat mich in letzter Zeit vielfach beschäftigt, indem
ich zugleich bestrebt war, der Lösung experimentell mit Hülfe
des Totalreflectometers näher zu treten. Soweit meine dies-
bezüglichen Untersuchungen bis jetzt erledigt sind, stehen die-
selben in vollem Einklang mit dem Soret' sehen Resultate.
Für jede Schnittebene, welche in einiger Entfernung von den
optischen Axenrichtungen durch den zweiaxigen Krystall hin-
durchgeht, ergeben sich stets zwei Maximal- und zwei Minimal-
werthe für den Grenzwinkel der Totalreflexion, von denen
jedesmal drei den Hauptbrechungsindices entsprechen. Im
Totalreflectometer hat man zwei veränderliche Curven, deren
jede zwischen einem zugehörigen Maximum und Minimum
hin und her wandert. Die Umkehrlagen sind aber jetzt nicht
mehr um genau 90° von den benachbarten entfernt, wie das
früher bei den einaxigen Krystallen und denjenigen Schnitt-
flächen zweiaxiger Krystalle der Fall war, welche parallel zu
einer Symmetrieebene oder wenigstens parallel zu einer Sym-
metrieaxe verliefen. Auch die Umkehrlagen der oberen und
unteren Curve fallen nicht mehr in dasselbe Azimut. Die vier
1) Ch. Soret, Arch, des sciences phys. et nat. 20. p. 263. 1888.
Im Auszuge vorher mitgetheilt: Compt. rend. 107. p. 176 u. 479. 1*88.
Aon. d. Hhy». u. Clwro. N. V, XXXVI. 36
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50L>
C. Piilfrich.
Maxima und Minima erscheinen vielmehr gegeneinander ver-
schoben, und beide Curven sind unsymmetrisch. Da aber jeder
Schnitt die drei den Hauptschnitten zugehörigen Kreise, deren
Rädienvectoren den drei Hauptlichtgeschwindigkeiten einzeln
gleich sind, in je zwei um 180° auseinanderliegenden Punkten
schneidet, so liefern von den vier Umkehrlagen die höchste
und niedrigste allgemein den höchsten und niedrigsten der drei
Hauptbrechungsindices, ny und w«, während der mittlere Index vß
eine kleine Ueberlegung verlangt, bevor man sich für eine der
beiden mittleren Lagen entscheidet. Dieselbe lässt sich um-
gehen, wenn man eine zweite ebenfalls beliebig gelegene Fläche
der Untersuchung unterwirft. Vergegenwärtigt man sich die
Wirkungsweise des Totalreflectometers, so ist ersichtlich, dass
der Cylinder in Bezug auf die Bestimmung der Extremlagen,
in welchen die Curven nicht nur ihre Bewegungsrichtung um-
kehren, sondern auch im Maximum der Schärfe auftreten, vor-
zügliche Dienste leistet.
Eine besondere Vorsicht bei der Bestimmung von ȧ ist
nur dann geboten, wenn die Fläche in die unmittelbare Nähe
der optischen Axen fällt. In der Richtung der optischen Axen
zeigen nämlich die Grenzcurven der Totalreflexion Besonder-
heiten, auf die de S6narmont (1856) zuerst aufmerksam ge-
macht hat, und die durch den Einfluss der conischeir
Refraction bedingt sind. Sie wurden bis jetzt nur von
W. Kohlrausch (1879) an Weinsäureplatten wirklich beob-
achtet und in zehn Zeichnungen fixirt. Liebisch und
Mallard (1886) haben in ihren theoretischen Erörterungen
ebenfalls diesen Gegenstand berührt. Auch Ch. So ret kommt
in der oben erwähnten Arbeit ausführlich darauf zurück. Mir
selbst ist es kürzlich gelungen, die eigentümlichen hyper-
bolischen Grenzcurven, die sich im Augenblick des Durch-
schneidens der beiden Grenzcurven an dieselben anlegen, in
grosser Deutlichkeit an einer Asparaginplatte zu beobachten,
nachdem ich mich lange Zeit vergeblich bemüht hatte, ein
geeignetes Weinsäurepräparat zu erhalten. Asparagin hat zwar
eine etwas geringere Doppelbrechung als Weinsäure, verdient
aber in Bezug auf Herstellung des Schliffes und Haltbarkeit
der Politur den entschiedenen Vorzug vor der so sehr empfind-
lichen Weinsäure. Dass die Grösse der Doppelbrechung allein
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Totair eflectomcter.
563
nicht entscheidend für die Sichtbarkeit der hyperbolischen
Curven ist, sondern letztere nebenher noch durch die Grösse
des Axenwinkels (für Asparagin 86°) bedingt ist, geht aus dem
Umstände hervor, dass trotz der starken Doppelbrechung,
welche Arragonit besitzt, infolge des kleinen Axenwinkels
(17°) die Erscheinung hier nicht zu beobachten war. Auch alle
übrigen von Hrn. Mülheims untersuchten und parallel zu den
beiden Axen geschliffenen Krystalle haben nichts von den
Nebenerscheinungen, und zwar infolge der geringen Doppel-
brechung, erkennen lassen.
Die Beobachtung der Erscheinung an Asparagin erfolgte
unter Benutzung des streifenden Lichteintritts; die vollkommene
Uebereinstimmung mit der Theorie liefert somit den Beweis
dafür, dass principiell auch hier die Art der Beleuchtung ohne
Bedeutung ist. Infolge der nachtheiligen Einwirkung des
Cylindermantels auf die schrägliegende Curve ist zur Beob-
achtung der Erscheinung der conischen Refraktion die An-
wendung des dem Apparat beigegebenen 90 gradigen Prismas
geboten.
Noch in anderer Richtung bot die von mir untersuchte
Asparaginplatte einige bemerkenswerthe Erscheinungen dar,
die bis jetzt noch nicht beobachtet worden sind. Die Fläche
enthielt vollkommen genau nur die eine der beiden optischen
Axen, wich aber um ein geringes von der zweiten optischen
Axe ab. In der Gegend der grössten Annäherung der beiden
Curven (ein Durchschneiden findet ja bei der geringsten Ab-
weichung von der optischen Axenrichtung nicht mehr statt)
zeigte sich nun in unmittelbarer Nähe der unteren Curve, und
zwar ausserhalb des von den beiden Curven eingeschlossenen
Gebietes eine eigenthümliche Interferenztigur, die besonders
deutlich bei Benutzung eines Nicols sichtbar wurde und grosse
Aehnlichkeit mit der Interferenzerscheinung besitzt, welche
eine senkrecht zu einer Axe geschliffene zweiaxige Krystall-
platte im Polarisationsmikroskop erkennen lässt.
Dass die Erscheinung mit der schiefen Lage der Axe zur
Krystallfläche zusammenhängt, unterliegt keinem Zweifel. Denn
einmal gekört die Figur einem Helligkeitsgebiet an, welches
durch Stralden, die durch den Krystall gegangen sind, erzeugt
wird, und ferner ist sie bei einer Drehung der Platte um 180"
3r,*
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564
C. Pidfrich.
vollständig verschwunden. Auch nur bei streifender Incidenz
ist sie sichtbar, nicht al>er bei Benutzung der eigentlichen
Methode der Totalreflexion.
Eine zweite Asparaginplatte, die noch in stärkerem Grade
von den beiden Axen abwich, zeigte dieselbe Interferenzfigur
unterhalb der beiden Curven, jetzt aber in grösserem Abstände
von denselben. Da ich mich auf diese Weise und unter Be-
rücksichtigung des Umstandes, dass bei einer Drehung um 180°
die Erscheinung nicht eintrat, leicht über die genaue Lage
zur Axenebene orientiren konnte, so genügte beim Nachschleifen
ein geringer einseitiger Druck, um die Büschel den Curven
näher zu bringen. Innerhalb der Curven habe ich die Erschei-
nung noch nicht beobachtet.
Nachdem ich einmal bei Asparagin die Figur gesehen hatte,
habe ich noch bei einer fehlerhaft geschliffenen Topasplatte
eine leichte Andeutung der Interferenzfigur wiedergefunden.
In grosser Ausdehnung und Regelmässigkeit trat dieselbe aber
bei einer Aragonitplatte auf, bei welcher beide Axen mehr
oder weniger von der Schnittebene abwichen, und zwar hier
mit dem Resultat, dass bei einer Drehung um 180° die ent-
fernteren dunkeln Kreisringe noch sichtbar waren, der Mittel-
punkt der Figur zwar fehlte, nach Maassgabe der Ringe aber
oberhalb der beiden Curven in das dunkle von Strahlen nicht
betroffene Gebiet fallen musste.
Ohne hier eine Erklärung dieser augenscheinlich durch die
Strahlenbrechung in der Richtung der optischen Axe bedingten
Erscheinung versuchen zu wollen, will ich noch jener weiteren,
bei der Aragonitplatte auftretenden und vollständig neben den
eigentlichen Grenzcurven herlaufenden Interferenzfiguren und
Grenzlinien Erwähnung thun, die vielleicht in einer Zwillings-
bildung ihre Erklärung findet, und welche die von Hrn. Mül-
heims1) untersuchte Aragonitplatte nicht gezeigt hat Sie be-
stehen in einem ähnlichen und ungefähr parallel zu den beiden
Curven verlaufenden Liniensjstem mit Interferenzstreifen, das
bei einer Drehung des Nicols einem ebensolchen Wechsel der
Helligkeit unterworfen ist, wie die Hauptgrenzcurven, und auch
bei einer Drehung der Krystallplatte um 180° eine entsprechende
I I Mülheims, Groth, Z. für Kryatallograpliic. Bd. 14. 1888.
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Totair eflectometer.
565
Abhängigkeit von der Lage der Platte zur optischen Axenebene
aufweist, wie die Hauptcurven selbst Auch hier bleiben bei
Benutzung der Methode der Totalreflexion nur die ursprüng-
lichen Hauptgrenzcurven sichtbar.
Ich beschränke mich auf eine kurze Skizzirung der wich-
tigsten Dinge, da ich an anderer Stelle ausführlich auf diesen
Gegenstand zurückkommen werde. Ich habe es für zweckdien-
lich gehalten, sämmtliche Mittheilungen Uber die Anwendung
des Totalrefiectometers in der Krystalloptik in vollständig ein-
heitlicher Behandlung in einer besonderen Schrift zusammen
zu fassen und dabei alle jene Punkte mit aufzunehmen, die noch
einer Ergänzung bedürfen. Während durch eigene Unter-
suchungen sowohl als auch durch die ausgedehnten Messungs-
reihen des Hrn. Mülheims sich das Verfahren erprobt
hat, ist der Gegenstand durch die oben erwähnte Arbeit von
Sorot und die vorstehend angedeuteten Versuche zu einem
erfreulichen Abschluss gelangt.
Noch auf einen Punkt möchte ich mir erlauben, hier kurz
hinzuweisen. In meiner ersten Veröffentlichung über das Total-
refiectometer1) habe ich einen Versuch mit einer auf Glas auf-
gekitteten Quarzplatte beschrieben, bei welchem die sämmtlichen
einzelnen Schichten: Flüssigkeit (1,5822), Quarz (1,5532 und
1,5442), Canadabalsam (1,5404) und Glas (1,5181) je eine deut-
liche Grenzcurve lieferten, die der Messung zugänglich waren.
Durch drei Schichten hindurch war die Messung des Brechungs-
index des oben befindlichen Glases möglich, wobei man eine
etwa vorhandene keilförmige Gestalt der einzelnen Schichten
durch Drehen um 180° und Mittelbildung eliminirte. Dieselbe
Methode habe ich in letzter Zeit mit einigen anderen schwach
brechenden Objecten zur Ausführung gebracht Die Platte,
beispielsweise Gyps, wird mit Canadabalsam (1,54) zwischen
zwei Flintglasplatten (1,61) eingekittet Die Messung des Haupt-
brechungsindices und des Axenwinkels erfolgt ebenso wie früher,
als die Gypsplatte direct auf dem Cylinder aufruhte; nur ist
das Object jetzt nicht mehr der Gefahr der Beschädigung aus-
gesetzt.
Die Anwendbarkeit dieser Methode, empfindliche Objecte,
1) Pulfrich, Wied. Ann. 30. p. 206. 18S7; Taf. X Fig. 13».
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566
R. flitter
die leicht au der Luft oder iu Berührung mit der Flüssigkeit
ihr Politur einbüssen, gleichsam hinter Glas und Rahmen zu
untersuchen, ist aber, sobald man sie auf stärker brechende
Substanzen ausdehnen will, an einen Kitt gebunden, der einen
höheren Iudex besitzt, als der gewöhnlich benutzte Canada-
balsam hat Ein solcher Kitt ist mir bis jetzt noch nicht
bekannt
Bonn, Ende October 1888.
XVI. Untersuchungen über die CmistUutton
gasfih-miger Weltkörper l) ;
van A. Bitter in Aachen.
Neunzehnte Abtheilung.
§77. Einfluss der Mctcoii tenfällc auf den Zustand der Obcr-
flächenschicht eines gasförmigen Weltkörpers.
Die bei diesen Untersuchungen bisher benutzten, resp. neu
aufgestellten Thesen und Hypothesen können ihrer Natur nach
in zwei verschiedenen Gruppen gesondert werden. Die eine
umfa8st alle diejenigen, welche allgemein als unanfechtbar gelten
und einer näheren Begründung deshalb nicht bedürfen, während
die andere Gruppe aus solchen besteht, welche bei voller An-
erkennung ihrer Unzuverlässigkeit nur versuchsweise aufgestellt
wurden, zum Zwecke der Gewinnung eines vorläufigen Aus-
gangspunktes und einer ersten Annäherung an das später zu
erreichende Ziel.
Als zuverlässig und vollkommen einwandfrei können zur
ersteren Classe die folgenden Thesen gerechnet werden: Diu
Sonne strahlt fortwährend mehr Wärme aus, als sie durch Zu-
Strahlung empfängt. Infolge dieses Ueberwiegens der Ausstrah-
lung findet eine im grossen und ganzen beständig fortschrei-
tende Contraction des Sonnenkörpers statt Die Sonne hatte
also in früheren Zeiten ein grösseres Volumen und eine ge-
ringere mittlere Dichtigkeit als jetzt.
1) A. Ritter, Wied. Ann. 18. p.488. 1883; 20. p. 137 u. 897. 1883.
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Constitution (jusförmiger IVcltkörper.
567
Die Hypothese des gasförmigen Zustandes der Sonne
müsste dagegen zur zweiten Gruppe gerechnet werden; denn
niemand ist im Stande, zuverlässige Auskunft darüber zu geben,
wie das Innere der Sonnenmasse beschaffen ist Aber wenn
auch alle aus dieser letzteren. Hypothese und aus der Voraus-
setzung einer annähernden Gültigkeit des Mario Helschen Ge-
setzes gezogenen Folgerungen in Bezug auf den gegenwärtigen
Zustand der Sonne für ungültig erklärt werden sollten, so müsste
doch zugegeben werden, dass in früheren Zeiten, als die Sonne
ein beträchtlich grösseres Volumen hatte, diese Hypothesen ein
gewisses Maass von Berechtigung beanspruchen konnten. Es
handelt sich also nur um die Frage: zu welcher Zeit eine auf
diese Hypothesen gegründete Theorie als wenigstens annähe-
rungsweise zutreffend gelten konnte. Möglich ist es, dass diese
Zeit der fernen Vergangenheit angehört; aber keinenfalls kann
die Discussion jener Hypothesen ganz umgangen werden. Wer
eine endgültige und vollständige Entwicklungstheorie der Sonne
zu geben unternimmt, wird nothwendig auch über die Zustands-
änderung einer annähernd dem Mariotte'schen Gesetze unter-
worfenen Gaskugel Auskunft zu geben im Stande sein müssen.
Ueber die Frage: wie weit gerade der adiabatische
Gleichgewichtszustand als der natürliche oder normale Zustand
einer wärmeausstrahlenden Gaskugel anzusehen ist, lässt sich
ebenfalls streiten. Da jedoch vorderhand kein anderer Zustand
bekannt ist, von welchem der adiabatischc Zustand hinsichtlich
seiner Berechtigung als Ausgangspunkt gewählt zu werden
übertroffen wird, so scheint die Discussion des adiabatischen
Gleichgewichtszustandes ebenfalls nicht wohl umgangen werden
zu können, da doch nothwendig irgend ein bestimmter Zustand
als Ausgangspunkt für die Untersuchung der Zustandsände-
rungen gasförmiger Weltkörper gewählt werden muss.
Die Nothwendigkeit dieses Untersuchungsganges hat offen-
bar auch Sir William Thomson erkannt, als er seine Ab-
handlung: „On the Equilibrium of a Gas under its own Gra-
vitation only"1) veröffentlichte. Iiese Abhandlung stimmt,
wenn auch nicht in der Darstellungsweise, so doch ihrem
wesentlichen Inhalte nach, überein mit einem Theile der im
1) W. Thomson, Phil. Mag. 23. Mär« 18ö7.
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568
A. Ritter.
Jabre 187* erschienenen dritten Abtheilung dieser „Unter-
suchungen etc." Augenscheinlich bat Sir W. Thomson von
dieser Abhandlung keine Kenntniss gehabt, als er die seinige
im Jahre 1887 veröffentlichte, worüber der Verfasser der
crsteren kaum das Recht hat, sich zu beschweren, da es ihm
selbst ebenso ergangen ist in Betreff einer bereits im Jahre
1870 von Homer Lane1) veröffentlichten Abhandlung, in
welcher ebenfalls die Theorie des adiabatischen Gleichgewichts-
zustandes entwickelt und auf die Sonne angewendet wurde.
Dass in der ObcrflächenBchicht der Sonne Abweichungen
von der adiabatischen Zustandslinie stattfinden müssen, wurde
bereits in § 48 und § 49 hervorgehoben. Doch ist die Art
dieser Abweichungen, wegen Mangels genauerer Kenntniss der
Gesetze der Wärme - Absorption und -Reflexion in heissen
Gasen noch ziemlich unbekannt, wie überhaupt eine theoretische
Construction des Zustaudes der Oberhachenschicht den schwie-
rigsten Theil des 8onnenproblems zu bilden scheint. Alle Ur-
sachen und Umstände, welche in irgend einer Weise den Zu-
stand der Oberflächenschicht beeinflussen können — insbesondere
diejenigen, welche auf eine Abweichung vom adiabatischen Gleich-
gewichtszustande hinwirken — verdienen deshalb die sorgfaltigste
Untersuchung.
Zu diesen störenden Ursachen sind unbedingt auch die
Meteoritenfalle zu rechnen, da durch die bei diesen Vorgängen
stattfindende Umwandlung von lebendiger Kraft in Wärme
gerade demjenigen Theile der Überflächenschicht, welcher nach
der Theorie des adiabatischen Gleichgewichtszustandes die
niedrigste — bis auf den absoluten Nullpunkt herabgehende —
Temperatur haben müsste, beständig Wärme zugeführt wird.
Es handelt sich daher nur um die Frage: in welchem Maasse
durch diese Wärmezuführung der Zustand der Sonnenatmosphäre
und die äussere Erscheinung der Sonne beeinflusst werden kann.
Zwar ist die von Robort Mayer autgestellte Hypothese,
nach welcher die Meteoritenfalle die alleinige Quelle der Sonnen-
wärme bilden sollen, als im Widerspruche mit der Theorie der
1) Homer Lane, Amer. Journ. Juli 1870. Von der Existenz dieser
Abhandlung erhielt der Verfasser die erste Kunde im Jahre 1S83 durch
ein Citat in New comb's populärer Astronomie. (Deutsch von Rud.
Engelmanu.)
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Constitution gasförmiger fVeltkbrper.
560
Planetenbewegungen stehend, von den Astronomen längst ver-
worfen. Auch ist dieselbe schon dadurch hinfällig, oder min-
destens überflüssig geworden, dass — wie Helmholtz zuerst
gezeigt hat — die Oontractionstheorie zur Erklärung der
Sonnenwärme vollkommen ausreicht. Aber wenn auch hinsieht*
lieh der Quantität ihres Beitrages zu der ausgestrahlten
Wärme die Meteoritenfalle eine untergeordnete Rolle spielen,
so ist doch hiermit noch keineswegs erwiesen, dass dies auch
in Bezug auf die Qualität der ausgesendeten Wärmestrahlen
der Fall ist. Es handelt sich hier nicht allein um die Frage :
wieviel Wärme durch Meteoritenfälle erzeugt wird, sondern
wesentlich auch um die Frage: ob es Wärme von niedriger
oder Wärme von hoher Temperatur ist, welche der ausstrah-
lenden Oberflächenschicht auf solche Weise zugeführt wird.
Die Untersuchung dieser Frage gewinnt dadurch noch ein
besonderes Interesse, dass — wie im lolgenden Paragraphen sich
herausstellen wird — es sich hier höchst wahrscheinlich um die
höchsten, directer Wahrnehmung zugänglichen, Temperaturen
handelt, welche überhaupt im Universum vorkommen (insofern
nämlich, als die im Inneren der Weltkörper vorkommenden, zum
Theil vielleicht noch höheren Temperaturen, als von directer
Wahrnehmung ausgeschlossen, hier nicht in Betracht kommen).
Aus den Untersuchungen des folgenden Paragraphen wird sich
zugleich ergeben, dass die Temperatur der bei Meteoritenfallen
erzeugten Wärme ganz unabhängig ist von den Maassengrössen
der einzelnen Meteoriten. Hiernach scheint es — obwohl in
Betreff der pro Zeiteinheit durchschnittlich auf jede Flächen-
einheit der Sonnenoberfläche in Form von Meteoriten herab-
stürzenden Massenquantität bislang noch wenig Zuverlässiges
bekannt ist — nur der Annahme eines hinreichenden Zerthei-
lungsgrades dieser Masse zu bedürfen, um die Möglichkeit und
Wahrscheinlichkeit des erwähnten Einflusses in befriedigendem
Maasse zu begründen.
Wie eine mit leuchtenden Punkten besäete dunkle Fläche
aus der Ferne gesehen als helle Fläche erscheint, so mag viel-
leicht die an sich schon leuchtende Sonnenoberfläche infolge
des gleichzeitigen Vorhandenseins zahlreicher Stellen, an wel-
chen die Temperatur ausserordentlich hoch über die der relativ
dunklen Umgebung sich erhebt, dem Beobachter nicht nur
Digitized by Google
570 A. Ritter.
merklich boller leuchtend erscheinen, sondern auch im Spectrum
ihres Lichtes Strahlen zusenden, welche ohne das Stattfinden
von Meteoritenfallen fehlen würden. Was aber in Bezug auf
die Sonne gilt, das_ muss in uocb höherem Maasse für gas-
förmige Weltkörper von niedrigeren Ausstrahlungstempera-
turen gelten. Hieraus folgt, dass die Meteoritenfälle, soweit
dieselben überhaupt einen wahrnehmbaren Einfluss ausüben,
darauf hin wirken, die Unterschiede zwischen den verschiedenen
Stern typen zu verwischen. Es ist sogar recht wohl denkbar,
dass es leuchtende Weltkörper giebt, welche lediglich den
Meteoritenfällen die Eigenschaft des Leuchtens verdanken, und
welche ohne das Stattfinden derselben überhaupt nicht wahr-
genommen werden könnten.
Diese zur Erklärung des Leuchtens der Nebelflecke an
anderem Orte1) schon früher aufgestellte Hypothese ist an-
scheinend der neuerdings von Lockyer*) aufgestellten Hypo-
these vorzuziehen, nach welcher die Nebelflecke selbst Meteo-
ritenschwärme sein sollen, und die Ursache des Leuchtens
darin bestehen soll, dass die einzelnen Meteoriten — entweder
miteinander oder mit denen eines fremden Schwanns — ge-
legentlich zu8ammenstossen. Denn bei solchen Zusammenstösseu
würde zugleich eine partielle Verdampfung eintreten, und infolge
dessen würde der vorher leere Raum zwischen den Meteoriten
mit Dämpfen oder Gasen sich anfüllen. Die Meteoritenwolke
würde also allmählich in eine mit eingestreuten festen Kör-
pern gefüllte Gaswolke übergehen. Nach dem Eintreten dieses
Zustandes würde es aber der Annahme von Zusammcnstösscn
überhaupt nicht mehr bedürfen, um das Leuchten der Wolke
zu erklären. Denn hierzu würde der Widerstand, welchen das
gasförmige Medium den Bewegungen der Meteoriten entgegen-
setzt, schon ausreichen — wie gering auch immer die Dichtig-
keit des Gases sein möge — , insofern die bei Ueberwindung
dieses Widerstandes eintretende Temperaturerhöhung, wie im
folgenden Paragraphen sich herausstellen wird, unabhängig ist
von der Dichtigkeit des Gases. Durch die in dem gasförmigen
Medium auftretenden Widerstände würden zugleich die Bewe-
1) Hüter, Exner'a Repert. der Phya. 20. p. 885. 1884.
2) J. Norman Lockyer, Proc. of the Roy. Soc. 44. Nr. 26G. p. 2.
(12. April 1888).
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Constitution gasförmiger Weltkbrpcr.
571
gungen der Meteoriten allmählich gehemmt werden, worauf
dann das Herabsinken derselben zum Gravitationscentrum ein
Zusammenschrumpfen des Schwanns, und die hierbei durch die
Gravitationsarbeit verursachte Wärmeentwickelung nach Ab-
lauf eines verhältnismässig kurzen Zeitraums den Uebergang
des Meteoritenschwarms in einen gasförmigen Weltkörper her-
beifuhren würde.
Ausserdem ist zu berücksichtigen, dass es, wie oben bereits
erwähnt wurde, der Annahme von eingestreuten festen Par-
tikeln in der Gas wölke überhaupt nicht bedarf — weder zur
Erklärung des Leuchtens der Gaswolke, noch zur Erklärung
der von Lockyer angeführten Spectralerscheinuugen — , da
es hinsichtlich dieser Erscheinungen keinen Unterschied bedin-
gen kann, ob es Meteoriten desselben Schwanns oder von
aussen eindringende fremde Meteoriten sind, deren Bewegung
das Leuchten verursacht
Dass in manchen Fällen die Lockyer' sehe Meteoriten-
theorie zu denselben Ergebnissen führen muss, wie die Theorie
der gasförmigen Weltkörper, erklärt sich durch die nahe Ver-
wandtschaft zwischen diesen beiden Theorien. Um die nach
der ersteren Theorie erforderliche Häufigkeit der Zusammen-
stösse zwischen den Meteoriten eines Schwanns zu erklären,
müsstc man fur die Gesammtmasse desselben einen entsprechend
hohen Zertheilungsgrad voraussetzen. Wenn man aber diese
Zertheiluug so weit fortgesetzt sich denkt, dass die Lockyer'-
schen Meteoriten schliesslich bis auf die Grosse von Gasinole-
cülen zusammenschrumpfen, so würde hiermit der Unterschied
zwischen beiden Theorien ganz verschwinden.
Auch in Bezug auf die Erklärung des Unterschiedes zwi-
schen den verschiedenen Fixsterntypen — insbesondere des
Unterschiedes zwischen den von Vogel mit III, und IHb be-
zeichneten beiden Classen der rothen Fixsterne — scheint die
Lockyer'sche Theorie, nach welcher die Fixsterne ebenfalls
Meteoritenschwärme oder Conglomerate von Meteoriten sein
sollen, keinerlei Vorzüge zu bieten vor der hier vertretenen
Annahme eines gasförmigen Aggregatzustandes dieser Welt-
körper.
Die neuerdings auch von Lockyer adoptirte Hypothese,
nach welcher die Ausstrahlungstemperatur bei den Sternen der
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572
A. Ritter.
Classe LH. noch im Zunehmen, bei den Sternen der Clause Illb
aber schon wieder im Abnehmen begriffen ist, wurde versuchs-
weise bereits in § 67 dieser Untersuchungen aufgestellt und
ergab sich dort als eine ungezwungene Folgerung aus den Ge-
setzen der Zustandsanderung eines gasförmigen Weltkörpers.')
Bei Aufstellung dieser Hypothese wurde am Schlüsse des § 67
zugleich bemerkt, dass eine Bestätigung derselben den weiteren
Forschungen der Spectralanalyse überlassen bleiben müsse.
Wenn nunmehr Lockyer auf Grundlage der Resultate neuerer
Spectralforschungen ebenfalls zu dieser Ansicht sich bekennt
und die ausdrückliche Erklärung hinzufügt, dass über die Rich-
tigkeit derselben kein Zweifel obwalten könne*), so liegt es
nahe, diesen Ausspruch einer der ersten Autoritäten auf dein
Gebiete der Spectralanalyse im Sinne jener, am Schlüsse des
§ 67 als erwünscht bezeichneten Bestätigung zu verwerthen,
und scheint vorläufig — gegenüber der in § 64, 65, 66 ge-
gebenen mathematischen Begründung der obigen Hypothese —
fur die Heranziehung einer neuen Theorie ein Bedürfniss noch
nicht vorzuliegen.
Dass die Möglichkeit eines wahrnehmbaren Einflusses der
Meteoritenfalle auf die Lichtausstrahlung der Weltkörper bis-
lang wenig beachtet worden ist, hat vielleicht darin seinen
Grund, dass in Bezug auf den Vorgang des Eindringens der
Meteoriten in die Atmosphäre eines Weltkörpers bisher unklare
und theilweise ganz unrichtige Vorstellungen geherrscht haben,
was in Betracht der Schwierigkeit, für derartige, das gewohnte
terrestrische Maass überschreitenden, kosmischen Wirkungen so-
gleich den richtigen Maassstab der Beurtheilung zu finden, ganz be-
greiflich erscheint. Zwar konnte in Bezug auf die Quantität der
bei diesem Vorgange erzeugten Gesammtwärme seit Begründung
der mechanischen Wärmetheorie niemals ein Zweifel bestehen,
da diese Quantität unmittelbar aus dem Gesetze der Aequivalenz
von Wärme und lebendiger Kraft sich ergiebt. Wohl aber
scheint in Bezug auf die Qualität derselben — d. h. in Bezug
auf die hervorgebrachte Temperaturerhöhung — behauptet
werden zu dürfen, dass dieselbe bisher unterschätzt worden ist.
1) Ritter, Wied. Ann. 20. p. 156. 1883.
2) Lockyer, Proc. of the Roy. Soc. 44. p. 21. 1888.
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Constitution gasförmiger Weltkörper.
573
In der von Schiaparelli l) aufgestellten „Theorie der
beim Eindringen der Meteoriten in die Erdatmosphäre statt-
findenden Wärmeentwickelung" ist fur den als erstes Beispiel
gewählten Fall einer Eintrittsgeschwindigkeit von 72 000 Metern
pro Secunde, unter Voraussetzung der Gültigkeit des Mariotte'-
schen Gesetzes, eine Temperaturerhöhung von etwa 40000
Grad berechnet worden, während die richtige Berechnung unter
gleicher Voraussetzung eine Temperaturerhöhung von nahezu
4 Millionen Grad ergiebt
Schiaparelli würde für diese Temperaturerhöhung einen
noch kleineren Werth gefunden haben, wenn er für die oberste
Schicht der Atmosphäre, statt der willkürlich angenommenen
absoluten Temperatur von 123 Grad, eine niedrigere Tempe-
ratur angenommen hätte. Denn in der von Schiaparelli
abgeleiteten Gleichung erscheint der Ausdruck fur die Tempe-
ratur der comprimirten Luft in Form eines Produkts, welches
die ursprüngliche Temperatur (der noch nicht comprimirten
Luft) als Factor enthält Hiernach würde also — wie Schia-
parelli selbst hinzufügt — die Annahme, dass die absolute
Temperatur der obersten Atmosphärenschicht gleich Null ist
(wie es z. B. der Theorie des adiabatischen Gleichgewichts-
zustandes entsprechen würde), zu dem Resultate führen: dass
gar keine Temperaturerhöhung hervorgebracht wird. Hierin
liegt aber ein vollgültiger Beweis für die Unzulässigkeit der
von Sjchiaparelli angewendeten Bereohnungsmethode, da es
dem Grundprincipe der mechanischen Wärmetheorie wider-
sprechen würde, wenn ein Theil der lebendigen Kraft ver-
schwände, ohne dass die äquivalente Wärmequantität er-
zeugt wird.
Der Fehler, welcher in die Ableitung der oben erwähnten
Gleichung sich eingeschlichen hat, besteht darin: dass Schia-
parelli die Compression, welche die an der Vorderfläche des
eindringenden Meteoriten befindliche Luft erleidet, als eine
adiabatische oder isentropische Zustandsänderung behan-
delt, während dieselbe in Wirklichkeit zur Kategorie der mit
Entropiezunahme verbundenen, beschleunigten Zustands-
änderungen gehört. Dass diese unter anderen Umständen
1) Schiapparelli, Entwurf einer astronomischen Theorie der Stern-
schnuppen. (Deutach von Bogusla wsky.)
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574
A. Ritter,
— wie z. B. bei der Theorie des Schalls — ganz gebräuch-
liche und durchaus unschädliche Abweichung von der exacten
Behandlung8weise verhängnissvoll für das Ergebniss der Unter-
suchung werden musste, erklärt sich durch die eigenthümliche
Natur des vorliegenden Falles.1)
Die Gleichung für die wirklich hervorgebrachte Tempe-
raturerhöhung kann, wie im folgenden Paragraphen gezeigt
werden soll, auf eine viel einfachere Weise mittelst der ele-
mentaren Theorie des Stesses unmittelbar aus dem Grund-
principe der mechanischen "Wärraetheorie abgeleitet werden.
§ 78. Berechnung der beim Eindringen eines Meteoriten in die
Atmosphäre eintretenden Temperaturerhöhung.
Bei geradem centralen Stosse einer mit der Geschwindig-
keit tij sich bewegenden Masse mx gegen die mit der Geschwin-
digkeit m2 sich bewegende Masse m2 werden im Augenblicke
der grössten Zusammendrückung die beiden Körper eine ge-
meinschaftliche Geschwindigkeit u annehmen, welche so gross
ist wie die Geschwindigkeit, welche der gemeinschaftliche
Schwerpunkt des Ganzen vor dem Stosse bereits hatte. Diese
Geschwindigkeit kann nach der Lehre vom Schwerpunkte be-
rechnet werden aus der Gleichung:
660) {ml + m2) u = ml iij m2«3 ,
welche in Bezug auf den vorliegenden Fall ausdrückt, dass die
Bewegungsgrösse unverändert geblieben ist. Indem man die
im Augenblicke der grössten Zusammendrückung vorhandene
lebendige Kraft subtrahirt von der vor dem Stosse vorhanden
gewesenen lebendigen Kraft, erhält man für den Verlust an
lebendiger Kraft den Ausdruck:
(CGI) © — m% *** + w*<t*2 — 1 W| + m*> ,
1) Im übrigen muss der Verfasser dieser „Untersuchungen" sich hier
in gewissem Sinne als mitschuldig bekennen, insofern er die von Sehia-
p are Iii aufgestellte Theorie in beide Auflagen seines Lehrbuchs aufge-
nommen hat, was natürlich bei rechtzeitiger Entdeckung des Fehlers
unterblieben wäre. iVgL des Verfassers „Lehrbuch der Ingenieurmecha-
nik", erste Aufl. § 167, zweite Aufl. § 199. Die in der ersten Aufhigo
enthaltene Angabe des Ursprungs ist bei der zweiten Auflage infolge
eines Versehens weggeblieben).
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Constitution gasförmiger Weltkörper.
575
welcher nach Substitution des aus der vorigen Gleichung fur
u zu entnehmenden Werthes die folgende Form annimmt:
(662) ^ = m -
Wenn die Umstände so beschaßen sind, dass der Fall des voll-
kommen unelastischen Stosses vorauszusetzen ist, so werden
beide Körper mit der unverändert bleibenden gemeinschaftlichen
Geschwindigkeit u nach dem Stosse sich weiter bewegen, und
der oben berechnete Verlust an lebendiger Kraft ist in diesem
Falle ein bleibender Verlust.
Für den Fall, dass die gestossene Masse vor dem Stosse
im Ruhezustande sich befand, ist ?/2 = o zu setzen, und man
erhält für diesen Fall die Gleichungen:
w » = Ä •
(604) * = T'(«, +..,)•
Wenn man annimmt: dass nach Vereinigung der beiden
Körper zu dem Massencomplexe m, -f- m2 ein neuer Stoss gegen
die vorher ruhende Masse wi3 erfolgt, hierauf ein Stoss des
Massencomplexes im, + mt + m3 gegen die vorher ruhende Masse
wi4 u. s. w., so können für jeden dieser Stösse die Aenderungen
der Geschwindigkeit und der lebendigen Kraft auf dieselbe
Welse wie oben berechnet werden. Denkt man sich die Massen-
grössen der gestossenen (vor dem Stosse ruhenden) Körper
und ihre Abstände voneinander unendlich klein — wie z. B.
bei dem in Fig. 1 dargestellten Falle, bei welchem die ge-
ÜL'jm DDGDOÜQQDÜOD
jf m
Fig. 1.
stossenen Körper als unendlich nahe bei einander befindliche,
unendlich dünne Scheiben gedacht sind, deren Ebenen recht-
winkelig zur Stossrichtung stehen — , so ergeben sich für den
Zeitpunkt, in welchem der stossende Massencomplex die Grösse
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570
A Ritter.
M + m, und die Geschwindigkeit desselben die Grösse u er-
reicht hatte, auf dieselbe Weise wie oben die Gleichungen :
(665) (Af + m + dm){u + du) = (Af + m)ti,
(66G) -)
Die vorletzte Gleichung drückt wiederum das Constantbleiben
der Beweguugsgrösse aus; wenn also anfangs m = o und ?/=w0
war, so ist:
(G67) (A/+ m)n = Afw0.
Der Gleichung (666) kann man, da im Nenner die unendlich
kleine Grösse dm neben der endlichen Grösse M+m verschwin-
det, auch die einfachere Form geben:
(668) d% = ^dm = u±d(mg).
Indem man ferner: Mg = Q, mg = 7 und «*/2<7 = r setzt,
gelangt man schliesslich zu den folgenden Gleichungen:
(669) (Q +
(670) r/«8 =
Der in Meterkilogrammen ausgedrückten verlorenen leben-
digen Kraft d$ß entspricht das Wärmeäquivalent A r/33. Wenn
also angenommen werden darf, dass die als solche verschwin-
dende lebendige Kraft in Wärme sich verwandelt, und dass
diese Wärme ausschliesslich auf die gestossene Masse sich
überträgt, so ergiebt sich fur die derselben pro Massenkilo-
gramm zugefuhrte Wärme der Werth:
(671) w=A^=Az.
Indem man diese Wärmequantität durch die specifische Wärme
c dividirt, erhält man für die hervorgebrachte Temperatur-
erhöhung den Werth:
(672) ß - A* •
Diese Gleichung zeigt, dass bei ursprünglich überall glei-
cher Temperatur die einzelnen Scheiben mit ungleichen Tem-
peraturen an den stossenden Massencylinder sich anschliessen,
und zwar erleidet die erste Scheibe die grösste Temperatur-
erhöhung:
(673) 00 = Acs» .
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Constitution gasförmiger Weltkörper. 577
Im Inneren der Masse m wird daher die Temperatur in der
Richtung nach der Vorderfläche hin allmählich abnehmen.
*Den Stossdruck W kann man aus Gleichung (667) berech-
nen, indem man dieselbe nach der Zeit / differcnziirt; man er-
hält dann die Gleichung:
(674) (M + m)^ + u% = 0,
in welcher das erste Glied, als Product aus Masse und Be-
schleunigung, seinem absoluten Werthe nach, den Stossdruck
oder den der Bewegung entgegenwirkenden Widerstand dar-
stellt. Dieser Widerstand hat also die Grösse:
(675)
Während der stossende Massenc) linder mit der Geschwin-
digkeit u vorrückt, tindet ein beständiges Wachsen seiner Länge
statt, insofern die vorher ruhenden scheibenförmigen Massen-
elemente, eines nach dem anderen, sich an denselben an-
schliessen und mit demsclbeu zu einer compacten Masse ver-
einigen. Wenn mit u die Geschwindigkeit des Wachsens jener
Verlängerung bezeichnet wird, so ist a + u die Geschwindig-
keit, mit welcher der jeweilige Ort des Stosses fortschreitet.
Die während der Zeit dt zu dem stossenden Massencylinder
neu hinzukommende Masse dm wird also aus allen denjenigen
Scheiben sich zusammensetzen, welche vorher zwischen den
beiden Endpunkten der Strecke (u + u)dt lagen. Wenn also
mit F die Scheibentiäche bezeichnet wird — oder die Quer-
schnittsfläche des die ruhenden Scheiben enthaltenden cylindri-
schen Raumes — mit y das Gewicht der Masse, welche in
jedem Cubikmeter dieses Raumes enthalten sein würde, wenn
die Massensumme der (in Wirklichkeit durch leere Zwischen-
räume getrennten) Scheiben gleichförmig in demselben vertheilt
wäre, und mit der Werth, bis zu welchem die Grösse / zu-
nimmt bei der Vereinigung der Scheiben zu einer compacten
Masse: so kann unter der Voraussetzung, dass jede Scheibe
bei dem Stosse nur um einen verschwindend kleinen Bruch-
theil ihrer Dicke zusammengedrückt wird, das Gewicht der
Masse dm berechnet werden aus der Gleichung:
(676) d{my) = dq = yF{u + u)dt = y'Füdt.
Ann. d. l'hy». u. Ch»m. N. V. XXXVI. 37
578 A. Ritter.
Für das Verhältniss der beiden Dichtigkeiten erhält man hier-
aus den Ausdruck:
r_ «
und mit Benutzung desselben kann man den vorhergehenden
Gleichungen auch die folgenden Formen geben:
i«78) >'<l = .
,679) "'"JF"; = ';ri,':-
Diese letztere Gleichung zeigt, dass der pro Flächeneinheit
wirkende Stossdruck nicht nur von den Grössen u und ;', son-
dern auch von der Grösse e abhängt, und dass derselbe, unter
sonst gleichen Umständen — d. h. bei gleichen Werthen von n
und gleichen Werthen von ;' — für Platten von geringerem
specitischen Gewichte einen grösseren Werth annehmen würde
als für Platten von grösserem sppcifischen Gewichte (z. B. für
Wachsplatten einen grösseren Werth als für Bleiplatten).
Der Ableitung obiger Gleichungen wurde die Voraus-
setzung zu Grunde gelegt, dass die bei dem Stosse eintretende
Dichtigkeitszunahme lediglich durch das Verschwinden der
leeren Zwischenräume bedingt wurde, dass dagegen die Scheiben
selbst nur unendlich kleine Zusammendrückungen erlitten.
Dieser Voraussetzung entsprechend ist der obige Ausdruck für
W zu deuten als Ausdruck für den Mittelwerth des Stoss-
druckes, dessen wirklicher Werth zwischen den Grenzen 0 und
oc beständig hin und her springt, während die Stossfläche von
einer Scheibe zur anderen fortwandert.
Offenbar behalten aber die obigen Gleichungen auch dann
noch ihre Gültigkeit, wenn statt dessen angenommen wird, dass
entweder gar keine oder im Verhältniss zur Scheibendicke un-
endlich kleine Zwischenräume vorhanden waren, und dass die
Scheiben selbst aus zusammendrückbarer Substanz bestanden.
In diesem Falle würde die Aenderung des Stossdruckes als
eine contiuuirliche angesehen werden dürfen, und der für die
Verhältnisszahl t gefundene Ausdruck würde das Compressions-
verhältniss der Scheibenmasse darstellen, nämlich das Verhält-
niss der durch den Stossdruck verringerten Dicke zur ur-
sprünglichen Dicke derselben.
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Constitution gasförmiger Weltkörper.
579
Bei Ableitung der obigen Gleichungen wurde ferner vor-
ausgesetzt: dass die Scheiben wie vollkommen unelastische
Körper sich verhalten. Der Unterschied zwischen vollkommen
unelastischen und vollkommen elastischen Körpern besteht
aber darin: dass bei ersteren die Zusammendriickung stets
eine bleibende ist, während bei letzteren nach erfolgter Zu-
sammendrückuug stets eine Wiederausdehnung stattfindet, so-
bald der Druck abnimmt. Der Unterschied zwischen den beiden
Körperarten hinsichtlich ihres Verhaltens beim Stosse wird
demnach erst im Momente der stärksten Zusammendrückung
beginnen, sich bemerklich zu machen. Wenn also entweder die
Wiederausdehnung auf irgend eine Weise vollständig verhindert
würde, oder wenn die Untersuchung des ganzen Vorganges be-
schränkt bliebe auf denjenigen Zeitraum, in welchem die
Wiederausdehnung noch nicht begonnen hatte, so würden die
obigen Gleichungen auch für vollkommen elastische Körper
als gültig zu betrachten sein.
Unter dieser einschränkenden Bedingung würde es zulässig
sein, die obigen Gleichungen z. B. auf den in Fig. 2 darge-
stellten Fall eines mit planetarischer Geschwindigkeit in einem
iL- „
'...„i- -~ ■ ' >. '.-ja:..^.., &
M m
Fig. 2.
mit ruhender Luft gefüllten (inwendig vollkommen glatt voraus-
gesetzten) Rohre sich bewegenden, festen, cylinderischen Kör-
pers anzuwenden, welcher eine comprimirte Luftsäule von stets
wachsender Masse vor sich herschiebt, während die weiter vorn
befindliche, noch nicht vom Stossdrucke erreichte Luft in ihrem
ursprünglichen Zustande einstweilen verharrt, insofern die Ge-
schwindigkeit u beträchtlich grösser als die Fortpflanzungs-
geschwindigkeit der Stosswelle vorausgesetzt wird.
Der Einfachheit halber soll zunächst vorausgesetzt werden,
dass die Dichtigkeit der vor dem Stosse ruhenden Luftsäule
überall gleich gross war, und dass die Bewegung des stossen-
den Körpers durch eine in der Richtung seiner Bewegung
•AI*
580
4. Hitter.
wirkende Kraft von der Grösse K = W gleichförmig erhalten
wird. In diesem Falle bleibt der (nach Gleichung (679) dem
Producte y k2 proportionale) Stossdruck W während der Be-
wegung constant, und da die einzelnen vom Stosse getroffenen
Luftschichten der Reihe nach s&mmtlich unter gleichem Drucke
an die bewegte Säule sich anschliessen , so wird eine Wieder-
ausdehnung der comprimirten Schichten in diesem Falle voll-
ständig verhindert.
Die oben mit « bezeichnete Grösse würde hiernach als
Compressionsverhältniss der vom Stossdrucke getroffenen Luft-
schicht zu deuten und auf folgende Weise zu berechnen sein.
Für den Stossdruck pro Flächeneinheit ergibt sich aus Glei-
chung (679) der Werth:
(680)
und wenn mit 7" die absolute Temperatur bezeichnet wird,
welche diese Luftschicht während der Compression erreicht,
so liefert die Mariotte-Gay-Lussac'sche Gleichung für />'
den Werth:
(681) p' = y' HT.
Durch Gleichsetzung dieser beiden Ausdrücke erhält man als-
dann mit Benutzung des in Gl. (677) für t angegebenen
Werthes die Gleichung:
(682) , : , = *r .
Wenn die ursprüngliche Temperatur T als verschwindend
klein im Verhältniss zur eintretenden Temperaturerhöhung
0 = T — T vorausgesetzt wird, so kann T = (0 gesetzt wer-
den, und mit Benutzung des in Gl. (672) für h gefundenen
Ausdruckes (in welchem nunmehr die Grösse c„ = 0,1685, als
specifische Wärme der Luft bei constantein Volumen, an die
Stelle von c zu setzen ist) gelangt man zu der Gleichung:
(•83) ,lt = t/
in welcher nach dem bekannten, hier schon mehrfach ange-
wendeten Satze der mechanischen Wärmctheorie :
(684) A R = cv — cc = cv {k - 1)
gesetzt werden kann, worauf man für das Corupres>ionsverhält-
niss e die folgende Gleichung erhält:
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Constitution gasförmiger Weltkorper. 581
(685) ,:e=V- °der: «-J-;-J-
Der in dieser Gleichung enthaltene Satz bildet das Ana-
lagon zu einem im Jahrg. 1877 dieser Annalen unter dem
Titel: „Paradoxon der mechanischen Wärmetheorie", veröffent-
lichten Satze, nach welchem (£• — 1)/A der Grenz werth ist,
welchem das den Gleichgewichtsbedingungen entsprechende,
bei plötzlicher Drucksteigerung eintretende Compressionsver*
hältniss sich nähert, wenn diese plötzliche Drucksteigerung un-
endlich gross wird.
Mit Benutzung des abgerundeten Zahlenwerthes A = 1,4
fandet man aus obiger Gleichung die von der Geschwindigkeit u
und von der Dichtigkeit y ganz unabhängige Verhältnisszahl:
(686) ' = £=r
Als Resultat dieser letzteren Untersuchung ergibt sich aus den
beiden Gleichungen (686) und (671) der folgende Satz:
Jedes vom Stossdruche erreichte Lufttheilchen wird auf ein
Sectistel des ursprünglichen Volumens comprimirt, und die bei
dieser Compression erzeugte Wärme bildet das Aequivalent der-
jenigen mechanischen Arbeit, welche das Gewicht des Theilchens
beim Herabsinken von der Geschwindigheitshöhe verrichten irürde.
Dem ersteren Theile dieses Satzes ist natürlich nur eine
hypothetische Bedeutung beizulegen, da nicht bekannt ist, ob
und wie die Verhältnisszahl k bei höheren Temperaturen sich
ändert. Der letztere Theil dagegen darf als ein unmittelbar aus
dem Grundprincipe der mechanischen Wärmetheorie abge-
leiteter Satz zur ersteren von den beiden im Eingänge des vorigen
Paragraphen erwähnten Classen von Thesen gerechnet werden.
Der Stossdruck H ' — p' F verrichtet während der Zeit dt
die Arbeit p'Fudt, und diese Arbeit vertheilt sich auf dg
Massenkilogramme. Nach den Gleichungen (676), (077), (680)
hat also die pro Massenkilogramm der gestossenen Luftschicht
verrichtete Arbeit die Grösse:
<««> «-^«f;^-''0v,?-*«-
Von dieser Arbeit wird die eine Hälfte in lebendige Kraft
umgewandelt (nämlich in die der augenblicklichen Geschwindig-
keit m entsprechende lebendige Kraft:
582
A. Hitter.
während die andere Hälfte in die Compressionswärme w = A :
Diese in Wirklichkeit erzeugte Compressions wärme ist be-
trächtlich grösser als diejenige, welche bei adiabatischer Com-
pression erzeugt worden wäre. Wenn mit T" diejenige Tem-
peratur bezeichnet wird, welche bei adiabatischer Compression
eintreten würde, so ist nach dem Po is son 'sehen Gesetze:
zu setzen, und mit Benutzung des aus Gl. (680) für p' zu ent-
nehmenden Ausdruckes erhält man hieraus für T" den Werth:
Diese Gleichung zeigt, dass die bei adiabatischer Compression
eintretende Temperaturerhöhung um so kleiner sein würde, je
kleiner die ursprüngliche Temperatur T war, und dass dieselbe
gleich Null werden würde, wenn T selbst gleich Null war.
[Denkt man sich, unter Beibehaltung der Voraussetzung
einer stets gleichförmigen Bewegung der Masse M und einer
unbeschränkten Gültigkeit des Mariott e'schen Gesetzes, das
Vorderende des Rohres durch eine feste Bodenwand abge-
schlossen, so fuhrt die weitere Verfolgung der obigen Unter-
suchung zu dem Ergebniss, dass in dem Augenblicke, wo das
Vorderende der auf die sechsfache Dichtigkeit comprimirten
Luftsäule gegen den Boden stösst, an dieser Stelle die Bildung
einer auf die zwanzigfache Dichtigkeit comprimirten ruhen-
den Luftsäule beginnt, welche allmählich nach rückwärts sich
verlängert, bis dieselbe von dem Stosse der Masse M getroffen
wird, worauf am Vorderende der letzteren die Bildung einer
auf die 53fache Dichtigkeit comprimirten bewegten Luftsäule
beginnt, und der Vorgang in solcher Weise sich fortsetzt, dass
in der ursprünglich ruhenden Luftsäule abwechselnd an dem
einen und an dem anderen Ende stets aufs neue eine all-
mählich nach dem anderen Ende hin fortschreitende Verviel-
fachung der Dichtigkeit eintritt, bis schliesslich beim Stosse
umgewandelt wird.
(689)
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Constitution gasförmiger WeUkörper .
583
der Masse M gegen den festen Boden die Dichtigkeit unend-
lich gross wird.]
Wenn in Bezug «auf den in Fig. 2 dargestellten Fall nun-
mehr angenommen wird, dass in einem bestimmten Zeitpunkte
die Kraft Ky durch welche bis dahin die Bewegung der Masse
M gleichförmig erhalten wurde, plötzlich aufhört zu wirken,
so ergibt sich, dass in demselben Augenblicke eine Verzögerung
ihrer Bewegung eintreten wird, weil der am Vorderende wir-
kende Druck nun nicht mehr aufgehoben wird. Zugleich be-
ginnt in dem angrenzenden Theile der comprimirten Luftsäule
eine Ausdehnung, welche nach Art der Schallwellen (mit einer
der nunmehr erhöhten Temperatur entsprechenden Geschwin-
digkeit) längs der Säule sich fortpflanzen und schliesslich das
Vorderende erreichen wird, dessen Geschwindigkeit dann eben-
falls beginnt abzunehmen. Aber diese letztere Geschwindig-
keitsabnahme wird kleiner sein als die der Masse Mt weil in-
zwischen die Länge der comprimirten Luftsäule infolge der
Druckabnahme zu wachsen begonnen hat und fortfährt zu
wachsen. Während bei dem vorigen Falle die Masse M und
das Vorderende der Masse m mit gleichen Geschwindigkeiten,
nämlich mit der gemeinschaftlichen Geschwindigkeit ?/, sich
bewegten, werden nunmehr die beiden Geschwindigkeiten von
einander verschieden sein. Die Grösse u verliert daher ihre
bisherige Bedeutung, wobei selbstverständlich auch die Gl. (067)
ihre Gültigkeit verliert.
Wenn aber nunmehr die Grösse u aufgefasst wird als die-
jenige Geschwindigkeit, mit welcher in einem bestimmten Zeit-
punkte das Vorderende der comprimirten Luftsäule sich be-
wegt, so behalten diejenigen Gleichungen, welche auf den an
der Stossfläche selbst stattfindenden Vorgang sich beziehen,
nach wie vor ihre Gültigkeit. Jede vom Stossdrucke getroffene
Luftschicht wird zunächst auf die sechsfache Dichtigkeit com-
primirt und empfängt dabei die der augenblicklichen Geschwin-
digkeit u entsprechende Compressionswärme. wobei später ein-
tretende Aenderungen dieser Grössen nicht ausgeschlossen sind.
Auf ähnliche Weise überzeugt man sich, dass bei der dem
Buchstaben w nunmehr beigelegten Bedeutung auch eine Aende-
rung der bis daliiu constant vorausgesetzten Grösse y die
Gültigkeit jener Gleichungen nicht beeinträchtigen würde. Ein
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584
A. Ritter.
allmähliches Abnehmen vou y würde auf eine nachträglich ein-
tretende Verlängerung, ein allmähliches Wachsen von y auf
eine nachträgliche Verkürzung der comprimirten Luftsäule hin-
wirken. Aber die unmittelbar durch den Stoss selbst hervor-
gebrachte Zustandsünderung der getroffenen Luftschicht (welche
während der Zusammendrückung wie ein unelastischer Körper
sich verhält) wird für eineu gegebenen Werth der Geschwindig-
keit u auf dieselbe Weise wie bei dem vorigen Falle berechnet
werden dürfen. Das Compressionsverhältniss « und die Tem-
peraturerhöhung tc) sind beide ganz unabhängig von der ur-
sprünglichen Dichtigkeit der vom Stossdrucke erreichten Luft-
schicht, und die beim Stosse eintretende Temperaturerhöhung
derselben hängt ausschliesslich von der Grösse der augenblick-
lichen Geschwindigkeit u ab.
Es bleibt noch übrig zu untersuchen, welche Abweichungen
von dem oben betrachteten Vorgange das Fehlen der Rohr-
wand bedingen würde, und wie weit die oben gefundenen Re-
sultate für einen in der freien Atmosphäre sich bewegenden
(cylindrischen oder prismatischen) Meteoriten als gültig be-
trachtet werden dürfen. Die Abweichung von dem zuletzt
untersuchten Falle, bei welchem die vor dem stossenden Körper
befindliche comprimirte Luft eine an Masse stetig zunehmende,
von ebener Vorderfläche begrenzte, cylindrische Säule bildete,
welche nur in ihrer Längenrichtung später sich wieder aus-
dehnen konnte, wird zunächst darin bestehen, dass nunmehr
auch rechtwinkelig zur Bewegungsrichtung die comprimirte
Luft nach allen Seiten hin sich ausdehnen und entweichen
kann. Infolge dessen wird die in einem gestossenen Lufttheil-
chen durch den Stossdruck erzeugte Compressionswärme un-
mittelbar nach dem Stosse beginnen wieder abzunehmen. Auch
wird die eigentliche Stossfläche — nämlich die jeweilige Grenz-
fläche zwischen bewegter und ruheuder Luft — nun nicht
mehr eine rechtwinkelig zur Stossrichtung stehende Ebene
bilden, sondern vielmehr die Form einer Rotationsfläche an-
nehmen, und infolgedessen wird die Bedingung des geraden
Stosses nur noch im centralen Tbeile des Stosscanals er-
füllt sein.
Da jedoch die umgebende ruhende Luft vermöge ihrer
Trägheit dem seitlichen Entweichen der comprimirten Luft
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( Constitution y as förmiger Weifkörper.
einen gewissen Widerstand entgegensetzt, und da das seitliche
Entweichen selbst eine Wirkung ist, zu deren Hervorbringung
die durch den Stossdruck erzeugte Compression, als voraus-
gehende Ursache einer gewissen Zeit bedarf; da ferner an die
Stelle des nach der Compression entweichenden Lufttheilchens
sofort ein anderes tritt, welches dieselbe Compression erleidet,
so darf man annehmen, dass der einem bestimmten Werthe
der Geschwindigkeit u entsprechende Zustand gesteigerten
Druckes und erhöhter Temperatur an der Vorderflache der
('omprimirten Luftmasse — soweit es sich um den centralen
Theil derselben handelt — stets übereinstimmen wird mit dem
Zustande, in welchem bei dem vorigen Falle die vorderste
Schicht der comprimirten Luftsäule sich befand, dass also —
wenn auch nicht in der ganzen vom Stosse getroffenen Luft-
masse, so doch — im centralen Theile derselben stets die der
Geschwindigkeitshöhe z = «2/2y entsprechende Temperatur-
erhöhung hervorgebracht wird (wobei die Grösse u min wieder
als die Geschwindigkeit des stossenden Körpers selbst gedeutet
werden kann, da der beim vorigen Falle zu berücksichtigende
Unterschied zwischen der Geschwindigkeit des stossenden Kör-
pers und der Geschwindigkeit des Vorderendes der compri-
mirten Luftsäule hier wegfallt).
Beim Eintreten in die Atmosphäre bildet jedenfalls die
Vordertiäche des Meteoriten selbst die Stosstiäche. Für diesen
Zeitpunkt würde daher jene einschränkende Bedingung, durch
welche das Gültigkeitsgebiet der gefundenen Gleichungen auf
den centralen Theil des Stosscanales beschränkt wurde, in
Wegfall kommen. Soweit es sich also nur um die beim ersten
Einschlagen des (prismatisch vorausgesetzten) Meteoriten auf-
tretenden Erscheinungen handelt, darf man die Zustandsände-
rung der durch den Stossdruck comprimirten Luftmasse ohne
Bedenken unmittelbar nach den für die Bewegung im Rohre
gefundenen Gleichungen berechnen, wobei man stets im Auge
zu behalten hat, dass bei etwaiger ^von der prismatischen)
abweichenden Form des Meteoriten die oben erwähnte
einschränkende Bedingung im allgemeinen wieder in Kraft
treten wird.
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586
A. Bitter.
Der bei dem ersten von Schiapa relli berechneten
Zahlenbeispiele angenommenen Eintrittsgeschwindigkeit w0 «
72000 m entspricht die Geschwindigkeitshöhe z0 = 264 500 000 m,
und nach Gl. (671) die Compressionswärme wQ = 623 820 Wärme-
einheiten. Unter Voraussetzung eines constanten Werthes der
spezifischen Wärme c = c„ = 0,1685 erhalt man hiernach aus
Gleichung (672) für die Temperaturerhöhung den Werth:
ß = 3 702000 Grad.
Bei Annahme einer adiabatischen Zustandsänderung würde
man unter Beibehaltung des von Schiaparelli für die An-
fangstemperatur willkürlich angenommenen Werthes T— 123",
naeb Gl. (689) den Werth T" = 4120° erhalten — also einen
Werth, welcher nicht viel mehr als den tausendsten Theil von
dem richtigen Werthe beträgt. — Dass Schiaparelli selbst
den grösseren Werth T" = 42776 0 findet, erklärt sich dadurch,
dass derselbe bei seiner Berechnung statt der theoretischen,
für den Stossdruck oben gefundenen Gleichung eine empirische
Formel benutzt hat, nämlich die von St. Robert aufgestellte
Widerstandsformel, nach welcher bei sehr grossen Geschwindig-
keiten der Widerstand nahezu der vierten Potenz der Ge-
schwindigkeit proportinal sich ändern würde.
Der oben für die Eintrittsgeschwindigkeit angenommene
Werth würde der Voraussetzung einer parabolischen Bahnlinie
des Meteoriten entsprechen und der gleichzeitigen Annahme,
dass im Augenblicke des Eintrittes die Bewegungsrichtung der
Erde derjenigen des Meteoriten entgegengesetzt war. Denn
die absolute Geschwindigkeit des Meteoriten beim Durchgange
durch die Erdbahn würde nach dieser Voraussetzung etwa
42000 m betragen, und da die Erde mit einer Geschwindigkeit
von ungefähr 30000 m sich bewegt, so ergibt sich hieraus eine
relative Geschwindigkeit von 72000 m.
Für den Eintritt in die Sonnenatmosphäre würde aus der
Voraussetzung einer parabolischen Bahnlinie eine Geschwindig-
keit von 82 Meilen, also der Werth w0 = 608 440 m sich er-
geben. Diesem Werthe entspricht die Geschwindigkeitshöhe:
z0 = 18888 Millionen Meter und die Compressionswärme
w0 = 44,55 Millionen Wärmeeinheiten. Wenn also die Sonnen-
atmosphäre aus denselben Gasen bestände wie die Erdatmo-
sphäre, so würde für die Temperaturerhöhung der Werth
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Constitution gasförmiger IVeltkurper.
587
f)0 — 264,4 Millionen Grad sich ergeben. Unter Voraussetzung
einer Wasserstoffatmosphäre dagegen würde man den Werth
ft0 =. 18,48 Millionen Grad erhalten.
Bei Annahme von hyperbolischen Bahnlinien, deren Vor-
kommen, wenn auch noch nicht mit hinreichender Sicherheit
constatirt, doch in hohem Grade wahrscheinlich ist, wurde man
zu noch grösseren Zahlenwerthen gelangen. Im übrigen hat
man stets im Auge zu behalten, dass nur die für die Com-
pressionswärme ?r0 gefundenen Werthe, welche unmittelbar aus
dem Grundprincipe der mechanischen Wärmetheorie abgeleitet
wurden, als zuverlässig gelten können, dass dagegen die aus
der Voraussetzung eines auch bei höheren Temperaturen con-
stant bleibenden Werthes der speeifischen Wärme <•„ abgeleite-
ten Temperaturwerthe selbstverständlich nur als hypothetische
Annäherungswerthe gelten können. Immerhin darf man jedoch
die hier gefundenen numerischen Werthe als Bestätigung be-
trachten für die im vorigen Paragraphen aufgestellte Behaup-
tung, dass die bei Meteoritenfällen vorkommenden Tempera-
turen die höchsten, directer Wahrnehmung zugänglichen Tem-
peraturen sind, welche überhaupt im Universum vorkommen.
XVII. Veber das galvanische Leitung* vermögen
des festen Quecksilbers;
von Carl Ludwig Weber.
Unter dem Titel: „Untersuchungen über die Aenderun-
gen des galvanischen Leitungswiderstandes verschiedener
Körper bei Aenderung ihres Aggregatzustandes" hat kürzlich
Hr. L. Grunmach Messungen über das Leitungsvermögen
des festen Quecksilbers veröffentlicht1), welche im Jahre 1885
angestellt sind, und deren Resultate im Widerspruch stehen
mit den von Hrn. Cailletet und Bouty und von mir in
jenem Jahre bekannt gemachten Zahlen.2)
1) L. Gruumach, Wied. Ami. 3ö. p. 764. 1*8».
2) Cailletot u. Bouty, Compt. rend. 100. p. 1 18s. 1»S5. C. L
Weber, Wied. Anu. 25. p. 245. 1888. Die Resultate der Herren Cail-
letet u. Bouty wurden am 11. Mai 1888 der Pariser Academic vorge-
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C. L Weber.
Hr. G run mach findet nämlich: 1. dass der Widerstand
des geschmolzenen Quecksilbers nach dem Schmelzen nicht
(wie von mir angegeben) viermal so gross ist, als der des
festen, unmittelbar vor dem Beginn des Schmelzens, sondern
nur etwa 1,5 mal so gross.
2. dass der Temperaturcoefficient des erstarrten Queck-
silbers nicht circa 0,4 Proc. beträgt, wie bei den übrigen
festen, reinen Metallen, sondern er gibt dafür Werthe zwi-
schen 0?002 und 0,0004.
3. dass dieser Temperaturcoefficient nicht constant ist,
sondern innerhalb der Grenzen von — 40° bis — 90° mit
abnehmender Temperatur beständig abnimmt, sodass also
das Quecksilber auch im festen Zustande entschiedene Aus-
nahme bildet gegenüber den anderen reinen Metallen.
Es sei mir gestattet, hierzu Folgendes zu bemerken. Wie
in meiner Arbeit erwähnt, sind meine Messungen mit ganz
einfachen Hülfsmitteln und infolge dessen innerhalb enger
Temperaturgrenzen ausgeführt, und ich zweifle nicht, dass
eine erneute Untersuchung desselben Gegenstandes gewisse
Correcturen meiner Zahlen zu Tage fordern wird; aber nie-
mals werden dieselben jene grossen Beträge erreichen, wie
sie Hr. G run mach ündet. In der That sind meine An-
gaben durch Cailletet und Bouty, die mit viel vollkom-
meneren Mitteln arbeiteten, vollkommen bestätigt worden.
Was zunächst die grosse Widerstandsanderung beim Er-
starren betrifft, deren Betrag bei G runmach kleiner ist als
bei mir, so ist doch anzunehmen, dass wir beide den Wider-
stand des flüssigen Quecksilbers in den Glasröhren, etwa in
der Nähe von Null Grad ziemlich richtig gemessen haben;
es müssen also beim Erstarren des Quecksilbers plötzlich
Ursachen auftreten, welche entweder bei mir den Widerstand
des festen Metalles kleiner erscheinen lassen, als er in Wirk-
lichkeit ist, oder die andererseits bei G run mach eine Ver-
mehrung des Widerstandes herbeiführen. Nun ist aber gar
kein Grund denkbar, der den Widerstand hätte verkleinern
legt; das Manuscript über meine Arbeit war bereits Mitte April an die
Redaction dieser Annalen übersandt worden.
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Galvanisches Leilungsvermögen des festen Quecksilbers. 589
können, aber umgekehrt ist es möglich, dass der Wider-
stand zu gross gefunden wird infolge der Risse, die bekannt-
lich sehr leicht in dem erstarrenden Quecksilber entstehen,
und die um so grösser werden, je mehr sich das feste Me-
tall unter dem Einfluss der sinkenden Temperatur zusam-
menzieht, da es durch die umschliessende Glasröhre gehin-
dert ist, diesem Zuge frei zu folgen; es erfordert besondere
Uebung, diese Sprünge zu vermeiden, und sie treten ohne
Zweifel in den vielfach gewundenen Sie men s* sehen Normal-
röhren viel leichter auf und sind da viel schwerer zu ent-
decken, als in einer einfachen, möglichst gleichmassig ge-
krümmten U-Röhre. Mit der letzteren erhielt ich aus allen
Beobachtungen, die nicht wegen beobachteter Rissen ganz
verworfen wurden, grössere Werthe für die Widerstands-
änderung als 1,5; so finden sich z. B. aus meinen Vorver-
suchen, bei denen theilweise gar keine oder mangelhafte Tem-
peraturbestimmungen gemacht sind, für diese Aenderung die
Werthe:
3,2, 4.2, 3,9, 4,0, 3,5, 4,0.
Also auch die kleinste dieser Zahlen ist doppelt so gross
als 1,5. Endlich stimmen in diesem Punkte meine Angaben
vollständig überein mit den Messungen von Cailletet und
Bouty. Aus meinen Zahlen *0= 0,2826 und « = 0,00433
berechnet sich für den Schmelzpunkt des Quecksilbers (—39°)
der speeifische Widerstand des festen Metalls zu s — 0,23488;
der des flüssigen aus *°'=1,00 und «' = 0,00901 zu *' = 0,96486;
das Verhältniss s'js demnach zu 4,108; Cailletet und Bouty
linden 4,08.
In Betreff des Teinperaturcoefticienten kann ich zu-
nächst der Art und Weise nicht zustimmen, wie derselbe
von Hrn. Grunmach berechnet wird; derselbe kann nach
meiner Ansicht nur aus den am festen Quecksilber beob-
achteten Widerständen berechnet werden; unter keinen Um-
ständen ist es gestattet, zur Berechnung dieser Zahl irgend
eine am flüssigen Quecksilber beobachtete Grösse herbei-
zuziehen. Wenn man überhaupt einen einzigen Tempera-
turcoeTficienten u annimmt, so ist damit die Voraussetzung ge-
macht, dass der Widerstand innerhalb gewisser Grenzen eine
lineare Function der Temperatur sei. Bei einem Material,
590
C. fber,
dessen Widerstandscurve, wie beim Quecksilber, aus zwei
durch einen Sprung getrennten Zweig besteht, gilt diese
Voraussetzung natürlich für jeden einzelnen Zweig.
Diese beiden nahe geradlinigen Stücke haben ganz ver-
schiedene Neigungen gegen die Abscissenaxe, und die diese
Neigung charakterisirende Grösse a muss natürlich für jeden
Theil besonders berechnet werden; gerade wie wenn es sich
um zwei verschiedene Stoffe handeln würde. Die von mir be-
nutzte Formel: « = {fV—w)l(w T— Wt) führt einfach zu die-
sem Ziel; während die Berechnungsweise des Hrn. Grun-
mach a = {W-w)/ (tV0{T-t)); wo ff0 der bei 0° beobach-
tete Widerstand, dem flüssigen, W und w aber dem festen
Metall angehören, etwas ganz anderes gibt, als das, was
man gewöhnlich als Temperaturcoefficienten definirt.
Das auffallende Resultat des Hrn. Grunmach, dass der
Temperaturcoefncient nicht constant ist, sondern mit abneh-
mender Temperatur beständig abnimmt, wird aber durch seine
abweichende Berechnungsweise noch keineswegs erklärt.
Dies Resultat steht aber auch im Widerspruch mit den
von Grunmach selbst mitgetheilten Beobachtungen. Wenn
man in der einen 1. c. in extenso angeführten Messungsreihe
die innerhalb eines Temperaturintervalls von je 10° beobach-
teten Widerstände zu Mittelwerthen vereinigt und die ent-
sprechenden Temperaturmittel bildet, so ergibt sich folgende
Reihe:
Temperatur: 84,05 73,74 65,28 53,36 45,02
Widerstand: 1,15681 1,17127 1,18228 1,19050 1,19741.
Hieraus berechnen sich nach der von mir benutzten Formel
-die Temperaturcoefficienten in den einzelnen Intervallen:
zwischen: -84 u. -74° _74°u.-65° -65 u. -53° -53 u. -45°
«= 0,001 100 0,001 027 0,000 702 0,000 544,
also Zahlen , welche mit abnehmender Temperatur nicht
abnehmen, sondern im Gegentheil zunehmen, sodass wenig-
stens diese eine Reihe dem Schlussresultat des Hrn. Grun-
mach nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ wider-
spricht.
Aus diesen Gründen kann ich mich auch mit der
Schlussfolgerung des Hrn. Grunmach nicht einverstanden
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F. Braun. Löslichkeit.
591
erklären, sondern glaube, es sei als erwiesen zu betrachten,
dass das Quecksilber, wenn es erstarrt ist, sich in seinem
galvanischen Verhalten den übrigen, einfachen, reinen, festen
Metallen vollkommen anschliesst.
München, December 1888.
XVIII. Nachtrag zu meinem Aufsatz:
„Untersuchungen Über die Löslichkeit etc.";
von Ferdinand Braun,
Zu der in Wied. Ann. 30. p. 250. 1887 abgedruckten
Abhandlung muss ich eine Berichtigung hinzufügen, auf
welche ich durch eine Zuschrift von Hrn. W. Voigt und
besonders von Hrn. J. Lüroth in Freiburg aufmerksam ge-
macht wurde. Das specihsche Volumen v der gesättigten
Salzlösung ist eine Function vom Druck (p), der Temperatur (/)
und dem procentischen Salzgehalt (y). Letzterer ist wieder als
Function von p und t anzusehen, sodass v einmal explicite
Function von p und * und dann nochmals implicite Function
der gleichen Variabein ist. Dem entsprechend schrieb ich
z. B. :
dv dv de dg
dp ~~ dp dg dp
mit den 1. c. angegebenen Bedeutungen der Differentialquo-
tienten. Leider habe ich bei einer späteren nochmaligen
Differentiation übersehen, dieser doppelten Abhängigkeit wie-
derum Rechnung zu tragen. Berücksichtigt man dieselbe,
so kommt in Gl. (II) rechts und links noch je ein Glied
hinzu; zur linken Seite nämlich noch c d-vjdtdg und zur
rechten r( d*vjdtdg, wo die Differentiationen nach p und t
nur nach den explicite vorkommenden Variabein zu nehmen
sind. — In Gl. (III) heben sich alle Glieder weg; sie fällt
also vollständig aus, und damit verliert auch der p. 270 ge-
zogene Schluss A — A'= Const, seine Berechtigung.
592
H. Ebert.
XIX. Bemerkung zu Hm. Lang ley's Aufsatz:
„Energy and Vision";
von Hermann Ebert.
In seinem Aufsätze „Energy and Vision"1) untersucht
Hr. J. P. Lang ley die Energiemengen, welche in den ver-
schiedenen Spectralbezirken nöthig sind, um eine bestimmte
Empfindung, z. ß. die Minimalempfindung wachzurufen.
Ich freue mich ganz ausserordentlich, von Hrn. Lang-
ley meine früher in genau derselben Richtung angestellten
Messungen qualitativ-quantitativ aufs vollkommenste bestä-
tigt zu sehen. Hrn. Langley waren diese Messungen, wie
es scheint, entgangen. Dieselben finden sich aber bereits
10 Monate früher im ersten Hefte dieser Annalen vom Jahre
1888 p. 136 ausführlich mitgetheilt; ich habe über dieselben
bereits am 14. Februar 1887 in der physikalisch- medicini-
schen Societät zu Erlangen berichtet, wie aus den Mitthei-
lnngen dieser Gesellschaft zu ersehen ist. Ein kurzes Referat
über meine diesbezüglichen Versuche erschien ferner in der
Münchener medicinischen Wochenschrift Jahrg. 1887, p. 149.
Diesen Untersuchungen dürfte hiernach die Priorität vor
denen des Hrn. Langley zustehen, besonders auch die An-
wendung der erhaltenen Ergebnisse auf die Versuche der
Herren F. Weber und Stenger.
1) Langley, Amer, Joura. of Science. tfö. p. 3ö9. Nov. lf*&8.
i
l»rueL. von Metzffvr A Wittig in leip»i»r.
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1889. ANN ALEN M 3.
DER PHYSIK UND CHEMIE.
NEUE FOLGE. BAND XXXVL
I. Zur Theorie der Thermoelectricität:
von 2T. A. Lorentx,
In seinem Aufsatze : „Zur Theorie des Zusammenhangs von
Wärme und Electricität" l), hat Hr. Budde einige Einwände
erhoben gegen die Betrachtungen, welche ich früher über den-
selben Gegenstand veröffentlicht habe.2) Die Richtigkeit eines
dieser Einwände, und zwar des wichtigsten derselben, gebe ich
unbedingt zu. Es war nämlich in meiner Theorie die Bede
von zwei einander berührenden Körpern aus verschiedenem
Metall, zwischen welchen durch Aenderung der Capacitäten
ein Electricitätsübergang hervorgerufen werden konnte, und es
wurde die Contactstelle als der einzige Sitz der dabei auf«
tretenden Wärmeentwickelung betrachtet. Hr. Budde wies
nun darauf hin, dass auch dort, wo Electricität von der Ober-
fläche in das Innere tritt, Wärme entwickelt oder absorbirt
werden könnte, und nach den von ihm gemachten Bemerkungen
wird man das als wahrscheinlich oder wenigstens als sehr gut
möglich betrachten müssen.
Ich wünsche jetzt zu zeigen, in wie weit meine Schlüsse
durch die neue Annahme modificirt werden. Zu gleicher Zeit
finde ich dabei Gelegenheit, auf die weiteren Aeusserungen des
Hrn. Budde einzugehen, und auch einige andere Arbeiten
zu besprechen, welche in der letzten Zeit über den Gegenstand
veröffentlicht wurden.
§ 1. Zur Unterstützung seiner Behauptung, dass im In-
neren und an der Oberfläche eines Leiters sich die Electricität
in sehr verschiedenen Zuständen befindet, erinnert Hr. Budde
(p. 668) an die bekannte Thatsache. dass bei einer Franklin
sehen Platte die Ladung nicht auf den Belegungen, sondern
1) Budde, Wied. Anu. 30. p. 664. 1887.
2) Lorenta, Arch. Neerl. ÄO. p. 129. 1885; Beibl. 10. p. 120. 1886.
Ann. d. Phy«. u. Chtm. N. F. XXX VI. 38
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594
H. A, Lorentz.
auf dem Glase gefunden wird; er halt es für wahrscheinlich,
dass die Electricitat, welche wir einem Leiter zuschreiben,
immer in der angrenzenden Schicht des umgebenden Isolators
zu suchen ist.
Obgleich ich stillschweigend angenommen hatte, dass die
Nichtleiter keine Electricitat aufnehmen, kann man in Wirklich-
keit die Constitution einer electrischen Ladung und den Ort,
wo sich dieselbe befindet, bei meiner Theorie ganz unbestimmt
lassen, wenn man nur annimmt, dass ein Leiter einen umkehr-
baren Kreisprocess durchlaufen kann, wobei ihm abwechselnd
Electricität zugeführt und entzogen wird. Dazu muss der Zu-
stand an der Grenzfläche eines Leiters und eines Dielectricums
eindeutig durch Ladung und Temperatur bestimmt sein. Will
man dieses sogar für einen Leiter bezweifeln, der sich in einem
luftleeren Raum befindet, so kann man den zweiten Hauptsatz
der mechanischen Wärmetheorie nur auf die geschlossene
Thermokette anwenden, wie es Hr. Budde, unter Erweiterung
seiner früheren Anschauungen, wieder in der erwähnten Ab-
handlung thut
§ 2. Ich brauche meine Rechnungen hier nicht zu wieder-
holen, um so weniger, da ich weiter unten die dadurch ge-
fundenen Resultate noch in anderer Weise ableiten werde.
Nur sei es mir erlaubt, in möglichster Kürze an meinen „Ueber-
tragungsprocess" zu erinnern. Ich nenne also wieder Contact
eine Vereinigung zweier Stücke aus verschiedenen Metallen,
welche sich fortwährend berühren, und betrachte zwei derartige
Systeme, welche aus den nämlichen Metallen A und B zu-
sammengesetzt sind. Durch die Indices a und U gebe ich an,
ob sich eine Grösse auf das eine oder das andere Metall be-
zieht; dagegen deuten die Indices 1 und 2 auf den ersten
und zweiten Contact Die Bestandteile dieser letzteren heissen
demnach^j, Blt Aiy B2\ die Wärmereservoire von constanter
Temperatur, mit welchen sie verbunden sind, werden Ä, und
R2 genannt. Die Temperatur sei für das erste T, für das
zweite T +dT. Ich rechne immer mit absoluten Tempe-
raturen.
Die Contacte sind electrisch geladen, sodass die Potentiale <p
sehr verschiedene Werthe haben können. Die Differenz:
(pa — ffb = V
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Thermoelectricität.
595
ist jedoch bei jedem Contacte durch die Temperatur be-
stimmt
Es werden schliesslich zwei „Uebertrager" benutzt, bei
welchen durch relative Bewegung der Theile die electrosta-
tische Capacität geändert werden kann, sodass bei gegebenen
Ladungen ihre Potentialwerthe beliebig geregelt werden können.
Um dies auch fur die Temperaturen zu ermöglichen, ist jeder
Uebertrager mit einer Gasmasse versehen, deren Volumen
sich adiabatisch vergrössern und verkleinern lässt.
Die Uebertrager bestehen aus den Metallen A und B und
werden mit Ga und Gb angedeutet werden. Für jeden der-
selben sei v das Volumen und p der Druck der Gasmasse,
E die Ladung, <f das Potential, C die Capacität.
Eine etwaige Verbindung zweier Körper geschieht mittelst
langer dünner Drähte, sodass das Potential jedes Körpers nur
von seiner eigenen Ladung abhängt.
§ 3. In meiner früheren Abhandlung betrachtete ich die
Metalloberflächen als vollkommen rein und verstand unter <p
das Potential im Inneren eines Leiters. Ich will jetzt von
dieser Auffassung abweichen. Es ist bekannt, in wie hohem
Grade die Versuchsresultate über Contactelectricität von der
Oberflächenbeschaffenheit der Metalle abhängig sind, sodass
wohl nie die Differenz der Potentiale im Inneren der Metalle
gemessen wird. Ich komme später noch auf diese Frage
zurück, will aber jetzt unter <p die Potentiale verstehen, welche
wirklich der Beobachtung zugänglich sind, und dabei nur an-
nehmen: 1. dass die Natur der Oberfläche eines Metalles immer
wieder dieselbe wird, wenn man zu der gleichen Temperatur
zurückkehrt, und 2. dass die Oberfläche der Uebertrager gleich-
artig ist mit derjenigen der Contactstücke, mit welchen sie in
Verbindung zu setzen sind, sodass durch die Verbindung, wenn
die Temperaturen gleich sind, keine Potentialdifferenz hervor-
gerufen wird.
§ 4. Die Gleichungen, welche sich aus den beiden Hauptsätzen
der Thermodynamik ableiten lassen, enthalten die Energie U\
welche neben der gewöhnlichen electrostatischen Energie in
einem Uebertrager besteht; es ist diese Grösse als eine Function
von der Ladung und der Temperatur zu betrachten.
38*
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536
H. A. Lorentz.
Die erste der erwähnten Gleichungen lautet:
(.) — - + C.5). - CTJ =
sie gibt in Arbeitseinheiten die Wärme an. welche entwickelt
wird, wenn man, nachdem Ga und Gh die Temperatur eines
Oontactes und die Potentiale seiner Bestandteile erhalten
haben und mit letzteren verbunden sind, durch Aenderung
der Capacitäten eine unendlich kleine Electricitätsmenge * von
Ga nach (7* treibt.
Um den zweiten Hauptsatz der Wärmetheorie anwenden
zu können, ordnete ich einen Kreisprocess so an, dass mittelst
der Uebertrager ein Quantum e durch den ersten Contact von
Al nach Blf durch den zweiten von Bt nach getrieben
wurde. Berechnet man die Wärmemenge, welche dabei dem
einen der Reservoire Ä, und Ä, zugeführt, sowie diejenige,
welche dem anderen entzogen wird, so erhält man:
« (§ä-(»=^.-,,,
Dass die erste Gleichung richtig ist, wenn man nämliih
unter U' den nicht electrostatischen Theil der Energie ver-
steht, welche die mit Oberflächenladungen versehenen Ueber-
trager besitzen, wird von Hrn. Budde anerkannt. Die zweit?
Gleichung bleibt in seiner Abhandlung unerwähnt. Gegen die
Richtigkeit derselben hat Hr. Budde nichts angeführt, ob-
gleich es scheinen könnte, als ob er mit dem p. 679 über alle
Schlüsse, welche bei mir auf den § 16 folgen, gefällten
l rtheile auch diese Gleichung, welche sich inmeinem § 1^
findet, treffen wollte.
§ 5. Aus (I) zog ich einen Schluss, der ungeändert bleiben
kann, den ich aber etwas präcisiren will. Man denke sich
zwei Metalle mit beliebigen Oberflächenschichten und verstehe
unter y die beobachtete Potentialdifferenz beim Contacte. Es
lässt sich dann behaupten: Entweder r" ist eine lineare Function
der Temperatur, oder es ist, wenigstens für eines der Metalle.
dü' jdK von der Temperatur, mithin die Wärmecapacität von
der Ladung abhängig.
Damit ist zwar nichts über die thermoelectrischen Ströme
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597
gefunden, aber auch an und für sich scheint mir das Resultat
nicht ohne Interesse.
§ 6. Der Mangel an Beobachtungen über die Beziehung
zwischen w und T veranlasste mich dazu, die Grösse:
\6£)u
etr)
in Beziehung zu bringen zu dem Peltier-Effecte. Ich be-
trachtete die Berührungsfläche von A und B als den Sitz der
durch (1) bestimmten Wärmeentwickelung und hatte, wenn //
die daselbst auftretende Wärmeentwickelung angibt für den
Fall, dass die Electricitätsemheit von B nach A fliesst1):
«•> ''---ISft-fÄM-
Daraus, in Verbindung mit (1), folgt dann weiter:
fn*> (/j?öy)o- (t^t\ - " TM r) und:
(Hb) dT~^ ¥'
Um nun ill ) in der von Hrn. Budde angegebenen Weise
zu verbessern, nenne ich h die Wärmemenge, welche an der
Oberfläche eines Leiters entsteht, wenn die Einheit Electricität
von dort in das Innere tritt Um die Wärme zu erhalten,
welche in dem § 4 betrachteten Falle wirklich an der Contact-
fläche erscheint, hat man den Ausdruck (1) um e{ka — kb)
zu vermindern. Es wird demnach:
dD //--■- + (*.-*.)- {ß^-i^j.
und die Gleichungen (II») und (IIb') sind zu ersetzen durch:
u\ ( ö* u' \ l d* EL\ - _ T d \n~ (k° ~ kl) 1 A
{U*> [dEdtU [dEdTjh- ÄdT[ T J Unö:
<Ub) dT~ ~f~
Während lüerin »v von der Oberflächenbeschaffenheit der
Metalle abhängt, ist das natürlich mit 77 nicht der Fall ; den-
1) Ich werde die unrichtigen Formeln von den entsprechenden ver-
besserten Gleichungen dadurch unterscheiden, dass ich ihre Nummern
mit einem Strich versehe.
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H. A. JLorentz.
noch kann die Gleichung bestehen, weil auch k sich mit der
Natur der Oberfläche ändern muss.
Nehmen wir an, dass die Potentialdifferenz w bei be-
stimmten Metallen mit einem bestimmten Zustande der Ober-
flächenschichten unabhängig ist von der Gestalt und von den
absoluten Potentialwerthen, so zeigen die Gleichungen, dass
letzteres auch von k gelten muss.
Ich bemerke noch, dass mein IT mit dem U'm des Hrn. Budde
und mein k mit seinem d UJ s d£ - d Vi d£ identisch ist
§ 7. Den obigen Beziehungen lässt sich noch eine Glei-
chung hinzufügen für die Wärnieentwickelung, welche den
Electricitätstibergang zwischen zwei Punkten verschiedener
Temperatur in dem nämlichen Metall begleitet. Die Gestalt
dieser Gleichung hängt davon ab, ob im Gleichgewichtszustande
zwischen diesen Punkten eine Potentialdifferenz besteht oder
nicht
Ich habe schon früher hervorgehoben, dass letztere Frage
nach meiner Methode nicht beantwortet werden konnte, gerade
weil dabei Fälle ausgeschlossen blieben, in welchen Körper von
verschiedenen Temperaturen miteinander in Berührung stehen.
Dennoch machte ich in § 24 meiner Abhandlung eine Be-
merkung, welche mir gegen die Existenz der fraglichen Poten-
tialunterschiede zu sprechen schien. Ich sagte nämlich: „In
der That, wenn eine electromotorische Kraft beim Contact
einer warmen und einer kalten Stelle desselben Metalls auf-
träte, wie dies der Fall ist beim Contact zweier verschiedener
Metalle, könnte man erwarten, dass stets eine Arbeit nöthig
wäre, um eine Quantität Electricit&t von einer heissen zu einer
kalten Metallmasse überzufuhren, wenn beide auf gleichem
Potential sind, gerade wie, wenn ein Stück Zink und ein Stück
Kupfer das gleiche Potential haben, eine positive Arbeit geleistet
werden muss, um positive Electricität von Zink zum Kupfer
überzufuhren", und ich zeigte dann, dass man mittelst des
in meinen Betrachtungen angewandten Uebertragers Electri-
cität in umkehrbarer Weise von einem kalten nach einem
warmen Metall tiberführen kann, ohne dass ein Aufwand von
Arbeit erforderlich wäre.
In den angeführten Worten sprach ich mehr eine undeut-
liche Ahnung als einen klaren Gedanken aus. Bei näherer
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ThermotUctrieWit.
599
Ueberlegung stellt sich heraus, dass die Behauptung im Grunde
genommen eine Anwendung des zweiten Hauptsatzes der
Wärmetheorie auf einen Körper, der nicht überall die gleiche
Temperatur hat, enthalt, und dass sie, auch wenn man diese
Anwendung zulässt, nur dann richtig ist, wenn die oben durch
k vorgestellte Wärmentwickelung nicht existirt. Will man
aber das Carnot'sche Princip fur den in Frage stehenden
Fall benutzen, so kann das, wie ich weiter unten (§ 13) zeigen
werde, in einfacherer Weise geschehen. Ohne den Zusammen-
hang der Untersuchung zu stören, kann also der § 24 meiner
früheren Abhandlung fortgelassen werden.
§ 8. Im vorübergehen möchte ich noch eine Bemerkung
des Herrn Budde über meine in jenem Paragraphen vor-
kommenden Berechnungen beantworten. Dieselben sollten zeigen,
dass bei dem Uebertragerprocess, welcher dazu diente, Electri-
cität zwischen zwei Leitern gleichen Potentials, aber ver-
schiedener Temperatur überzuführen, keine mechanische Arbeit
geleistet zu werden braucht Herr Budde unternimmt nun
in seinem § 2 (p. 672) eine Berechnung zu einem anderen
Zwecke und sagt dabei: „Die eine Hälfte der folgenden Unter-
suchung hat Lorentz in § 24 der Arch. Neerl. bereits ange-
bahnt, aber seine Rechnung ist aus doppeltem Grunde nicht
correct: erstens ist der Unterschied zwischen Ui und ü{ nicht
beachtet, zweitens sind Grössen von der Ordnung edT einfach
vernachlässigt"
Auch bei sorgfältiger Prüfung habe ich keinen Fehler in
meiner Rechnung finden können. Die Unterscheidung von
Ui und Ui wäre gerade hier, wo es sich nur um die mecha-
nische Arbeit handelt und nicht um den Sitz einer Wärme-
entwickelung, unwesentlich. Auch glaube ich, keine Grösse von
der Ordnung edT vernachlässigt zu haben. Herr Budde kann
damit nicht Grössen gemeint haben, welche von einer mit dT
. proportionalen Potentialdifferenz herrühren; war es mir ja
gerade darum zu thun, die Arbeit zu berechnen fur den Fall,
dass solch eine Differenz nicht besteht
Soweit das bei der Verschiedenheit der von uns verfolgten
Ziele möglich ist, stimmt in der That das von mir in § 24
gefundene Resultat mit dem von Herrn Budde abgeleiteten
tiberein. Er lässt nämlich einen Uebertrager der Reihe nach
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<;00 H. A. Urentz.
sechs Zustandsänderungen erleiden (p. 673 — 676), welche den
Uebergang der Electricitätsmenge e von einem kalten nach
einem warmen Leiter vermitteln. Es wird dabei zwischen letz-
teren auch eine Potentialdifferenz (d<f jdT) dT vorausgesetzt.
Der Ausdruck (6) aut p. 676 gibt nun die Summe der äusseren
Arbeiten für die sechs Acte, vermindert um die Energie -
zunahmen derselben Acte. Da aber nach dem letzten Act
der Uebertrager wieder die gleiche Energie hat, wie zu An-
fang, stellt der Ausdruck auch die Arbeit vor. Will man, wie
ich es that, den ursprünglichen Zustand des Uebertragers in
jeder Hinsicht wiederherstellen, so ist noch eine Arbeit erforder-
lich, um dem Volumen des Gases die von Herrn Budde an-
gegebene Vergrößerung:
p 6 Ed T
zu ertheilen. Diese Arbeit ist:
d9ü'
— *BEätdT>
und addirt man sie zu (6), so erhält man:
edq dT
sodass, wenn keine Potentialdifferenz besteht, die Arbeit ganz
verschwindet
§ 9. Herr Budde fasst das Resultat seiner obenerwähnten
Rechnung folgendermassen zusammen (p. 678):
„Wir erhalten also vorläufig nichts weiter als das an-
scheinend unfruchtbare, in Wirklichkeit aber wichtige Resultat:
„„Der Lorentz'sche Process lässt die Wärmecapacität der
Electricität völlig unbestimmt"" Man erhält übereinstimmende
Gleichungen, wenn man die Differentialcoefficienten dUl\dE
und QUilbE als ganz beliebige Functionen von T ansieht"
Demgegenüber erlaube ich mir zu bemerken, dass die
Rechnungen des Herrn Budde darin bestehen, dass er auf.
zwei verschiedenen Wegen den ersten Hauptsatz der Wärme-
theorie auf den Electricitätsübergang zwischen ungleich warmen
Stellen eines jVIetalles A anwendet. Bei dem ersten dieser
Wege kann man sich auf den ersten und vierten Act be-
schränken. Bei den übrigen Acten ist nämlich der Ueber-
trager von dem Metalle A getrennt, und ist seine Energie-
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Thcr m oelectr icitäf.
601
zunähme ebenso gross wie die Arbeit der äussere» Kräfte,
sodass sich die darauf bezüglichen Glieder in der Bndformel
heben. Es wird denn auch angegeben, dass:
dl2 - dUi9 dl, = dWv dl, - dfV,t dl, - dl\
ist. und es können hier d fi\ und d W% auch durch die ent-
sprechenden Zunahmen dU.Ä und dU5 ersetzt werden.
Schlie8st man aber den zweiten, dritten, fünften und
sechsten Act von der Untersuchung aus, so sieht man leicht,
dass die erste Berechnungsweise im Grunde gleichbedeutend
ist mit der zweiten, welche man p. 676 und 677 findet. In
der That war es von vornherein zu erwarten, dass das Gesetz
der Energie nur eine Gleichung ergeben würde.
Wie man dann aber aus diesem Umstände schliessen
kann, dass mein Uebertragerprocess die Wärmecapacitüt der
Electricität unbestimmt l&sst, sehe ich nicht ein.
§ 10. Ich nehme jetzt die § 7 unterbrochene Unter-
suchung wieder auf und berechne die Wärmemenge, welche
entwickelt wird, wenn die unendlich kleine Electricitätsmenge
e einen Leiter aus dem Metalle A durchmesst, dessen End-
punkte A und Ä mittelst geeigneter Wärmereservoire auf den
Temperaturen T und T+ dT erhalten werden. Es bestehe
in dem Metallstücke electrisches Gleichgewicht, und es existire
<lann eine Potentialdifferenz, von welcher nur angenommen
werde, dass sie mit dT proportional ist. Das Potential habe
also für A den Werth y und ftir Ä den Werth -f /«/T,
wo x eme unbekannte Temperaturfunction ist.
Um das Quantum e von A nach Ä zu treiben, benutze
ich zwei Uebertrager G und G, welche aus dem betrachteten
Metall bestehen, und, nachdem ihre Potentiale auf y und
</ + und ihre Temperaturen auf Tund T+ dT gebracht
sind, resp. mit A und Ä verbunden werden. Ihre anfänglichen
Ladungen und Capacitäten mögen mit E und E\ C und C
bezeichnet werden, sodass:
E — Cfy ? ^- C{tf.+xdT).
Aendert man nun die Capacitäten um:
dC=-, dC = -
so geht das Quantum e von G' nach G, während die Poten-
tiale und der Zustand des Metallstückes {A, A') ungeändert
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602 H. A. Lorentz.
bleiben. Die Arbeit, welche man dabei zu verrichten hat, ist
ebenso gross, wie sie sein würde, wenn man die nämlichen Capa-
citätsänderungen bei constanten Ladungen vorgenommen hätte.
Sie hat also den Werth:
(2) - J r, .» dC - J (9 + X<iT)* dC = {eXdT.
Andererseits hat die electrostatische Energie von G und
G' sich vermehrt um:
und die anderweitige Energie um:
(4) *[('*'kr~(w)0.r+„]-
Die Bedeutung der angehängten G, T, u. s. w. dürfte
hier klar sein.
Aus der Gleichung (II) lässt sich indessen ableiten, daes
dU'jdE bei einer bestimmten Temperatur für alle Ueber-
trager, welche aus dem nämlichen Metall bestehen, den glei-
chen Werth hat Die Unterscheidung von {dU'jdE]a und
(dU'idE)o' ist also unwesentlich, und man erhält fur (4):
XT'
(5) -edEdfdT'
Aus (2), (3) und (5) schliessen wir, dass im ganzen eine
Wärmemenge :
e[* + Tmr\t,T
entwickelt und an die Wärmereservoire abgegeben ist. Nach
§ 6 ist aber an der Oberfläche von G verschwunden die Wärme-
menge ek, und an der Oberfläche von G' entwickelt die Wärme
c {k + dkjdT) dT. Mithin ist die Wärmeentwickelung im
Metallstücke {A, A ):
dT.
BEBT dT}
Bezeichnet man mit <i die Grösse, welche auch Sir W.
Thomson so nennt, und um welche es sich bei den Versuchen
verschiedener Physiker handelt, so wird:
/TTT\ , B*U' dk
Früher, als ich die durch k vorgestellte Wärmeentwickelung
nicht vermuthete, und % = 0 annahm, fand ich:
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Thermoelectricity.
603
(III')
ÖEdT'
§ 11. 1st eine beliebige geöffnete Thermokette gegeben,
so kann die Potentialdifferenz, welche im Gleichgewichtszu-
stände zwischen den Endpunkten besteht, mittelst der Grössen y
und x (§§ 2 und 10) angegeben werden. Man hat zu diesem
Zwecke nur die Potentialdifferenzen zu addiren, welche zwischen
den aufeinander folgenden Theilen der Kette gefunden werden.
Zur Bestätigung des Resultates, wozu man in dieser Weise
gelangt, kann man noch auf die geöffnete Kette die Betrach-
tungsweise anwenden, welche ich im letzten Paragraph und in
dem § 17 meiner früheren Abhandlung benutzt habe. Man
erhalt dann einen Ausdruck für die Wärmeentwickelung, welche
das Durchfliessen einer Electricitätseinheit begleitet, und diese
Wärmemenge lässt sich auch in II und a ausdrücken.
Bestehen die Endpunkte der Kette aus dem nämlichen
Metall, und haben sie gleiche Temperatur, so ist die erwähnte
Potentialdifferenz zu gleicher Zeit die electromotorische Kraft
in der geschlossenen Kette, welche man durch Vereinigung
der Endpunkte erhält. Ich werde diese electromotorische Kraft
mit F bezeichnen. Für eine Kette aus den Metallen A und
B, bei welcher die Löthstellen die Temperaturen Tx und Tt
haben, hat sie den Werth:'
Dabei ist F positiv, wenn der thermoelectrische Strom
durch den Berührungspunkt mit der Temperatur T, von B
nach A geht
§ 12. Bei Versuchen über thermoelectrische Ströme kann
man die Grössen II, F, aa und <x6 messen; aus y>, Xi * und
dU'jdE dagegen ist es nicht möglich, unmittelbar etwas
abzuleiten. Die erste Gruppe von Grössen ist nun mit der
zweiten verbunden durch die Gleichungen (I), (II), (III) und
(IV). Eis lässt sich (II) durch (II.) oder (IIb) ersetzen, und
aus (III) lässt sich ableiten:
Sind //, Fy na und ab aus den Beobachtungen bekannt,
(IV)
F=y[Tx)- w (7:,) + J{xa - /*) dT.
(III.) (Ta - <Tk = X* ~ Zb +
( d*U \ l d*U \ d
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604
Ä A. Loren*.
so müssen die unbekannten Grössen (dU','dE).
- {ßV >dE)hi ka - k> und y den Beziehungen (I), (II), (HU)
und (IV) genügen. Man kann nun aber aus diesen Formeln
alle Unbekannten ehminiren und erhält dabei:
Folglich besitzt man nur drei voneinander unabhängige
Gleichungen zur Bestimmung von z*-Z*i U' ldK)a—(dU'jdE)^
ka — kb und U'. In der That war es zu erwarten, dass man
diese Grössen, welche sämmtlich von der Oberflächenbeschaffen-
heit abhängen, nicht durch theoretische Betrachtungen aus den
Grössen //, F, aa und «r*, welche von jener Beschaffenheit
unabhängig sind, ableiten können würde.
Wohl lassen sich mittelst der gefundenen Beziehungen
drei der Unbekannten in die vierte ausdrücken. Wählt man
z. B. für letztere ka — khi so hat man zunächst die Formeln
(II») und (IIb) und ausserdem:
(VI) Za - /b - *a ~ «b + — + JT ~ T '
§ 13. Im Obigen ist alles enthalten, was man aus der
mechanischen Wärmetheorie ableiten kann, wenn man den
zweiten Hauptsatz nur dann anwenden will, wenn keine un-
gleich erhitzten Körper einander berühren. Benutzt man den
Satz auch in einem Falle, wo eine derartige Berührung wohl
besteht, so involvirt das immer die Hypothese, dass die be-
trachtete Erscheinung ganz unabhängig von der gleichzeitig
auftretenden nicht umkehrbaren Wärmeleitung verläuft, eine
Hypothese, welche z. B. auch den Betrachtungen des Hrn.
Budde in seinem § 3 (p. 682 — 684) zu Grunde liegt. Ein
Anhänger der Kohl rausch' sehen oder einer ähnlichen Theorie
würde diese Annahme zurückweisen und damit auch die Be-
rechtigung bestreiten, bei dem Studium der Thermokette von
dem Carnot 'sehen Princip auszugehen. Er würde indess
gegen die Schlüsse der vorhergehenden Paragraphen keine Ein-
wände erheben können.
Nach dieser Vorbemerkung gehe ich dazu über, zu unter-
suchen, was der mitgetheilten Theorie noch hinzugefügt werden
kann, wenn man auch Temperaturdifferenzen zwischen sich be-
(V)
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Therm otlectticität.
605
rührenden Körpern zulässt. In diesem Falle gilt die Gleichung
von Sir W. Thomson:
,VT \ II dü
\ » Im) *Ta — (Sh j, — j ,p «
und es verwandelt sich dadurch (VI) in:
(6) =
Zu dieser Gleichung gelangt man auch, wenn man von
der Betrachtung des § 10 behandelten Falles ausgeht.
Zur Vereinfachung nehme ich an, dass die dort erwähnten
Uebertrager G und G' sich zwar durch die Werthe der
variabeln Grössen. Ladung, Capacität, Temperatur und Gas-
volumen unterscheiden können, aber sobald diese gegebene
Werthe haben, einander gleich seien. Zu Anfang sei der
Zustand von G bestimmt durch:
T. r, ff, E,
und der Zustand von G' durch:
T+dT, v\ ff + z<iTi E+e.
Wir treiben nun zunächst in der § 10 angegebenen Weise
die Eiectricitätsraenge e von G' nach G. Es werden dann
folgende Electricitätsmengen entwickelt:
(7) in G9 - A>,
(8) in G\ +(jST+^rfr)e,
(9) und in (A. A\ *<t*T.
Nachdem G und G' also die durch:
Ty r, tf, E r und:
T+dT, r, <p+xdT. E
bestimmten Zustände angenommen haben, wollen wir erstens
durch Aenderung der Capacitäten das Potential von G um
yd T erhöhen und das Potential von G' um ebenso viel er-
niedrigen, und zweitens durch Aenderungen von v und v die
Temperaturen umwechseln. Nach diesen adiabatischen Vor-
gängen werden die Zustände gegeben durch:
(10) T+dT, v-^^^dTy <f+x<iT, tf-f-ound:
(11) T, ,h E.
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♦MO
H. A. Lorentz.
Wegen des Factors dT brauchen wir hier bei p und p
nicht zu unterscheiden, ob die Temperatur T oder T+dT
ist; wir können pv^p'v etwa = \ju setzen. Wählen wir
dann weiter, was uns freisteht:
(d U \
so wird das Gasvolumen des ersten Uebertragers ebenso gross,
als vorher das Gasvolumen des zweiten war, und ein Blick
auf (10) zeigt, dass in jeder Hinsicht der Endzustand von G
mit dem Anfangszustande von G' übereinstimmt. Dagegen
lässt sich für den neuen Werth von v schreiben:
'['♦■P/'l-I'-CMI'-Sf)."]
= r~ pB£^TetiT'
Bringen wir dasselbe noch durch eiue isotherme Aus-
dehnung auf den Werth v, so haben schliesslich G und G'
ihre Zustände getauscht, sodass der Process als ein Kreis-
process betrachtet werden darf.
Bei der erwähnten Dilatation entsteht nun aber noch eine
Wärmemenge :
(12) -aJJBT"ir-
Man hat es also nut den Wärmeentwickelungen (7), (8),
(9) und (12) zu thun. Beachtet man die Temperaturen, bei
welchen sie stattfinden — wobei, was (9) und (12) betrifft, eine
Unterscheidung zwischen T und T ' + dT unterbleiben kann,
so erhält man:
k dTdI ,rdT dEdTdi n
F + T + dT T T "~ '
oder, wenn man (III) berücksichtigt:
(VII) Ä - x T.
Es ist dieses das Resultat, wonach schon § 7 hingedeutet
wurde. Wäre U0, so hätte man auch % = 0, entsprechend
der in meiner früheren Abhandlung geäusserten Meinung.
Aus (VII) folgt dann weiter (6) und rückwärts (Via).
Freilich wird man fur die letzte Gleichung die Ableitung aus
der Betrachtung der geschlossenen Kette vorziehen.
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Thermoelectricitii t.
t>07
§ J 4. In den letzten Jahren hat sich auch Hr. Du he in
wiederholt mit der Theorie der thermoelectrischen Erschei-
nungen beschäftigt, und zwar zunächst in seinem interessanten
Werke: „Le potentiel thermodynamique et ses applications",
dann in einer Abhandlung: „Applications de la thermodyna-
mique aux phenomeneß thermo-electriques et pyro-electriquesu l)
und drittens in einer Arbeit: „Sur la relation qui lie l'effet
Peltier ä la difference de niveau potentiel de deux metaux en
contact".8) Ich brauche hier nur die letzte dieser Abhand-
lungen zu besprechen. In derselben findet sich (p. 445) über
meine Theorie oder vielmehr über eines der Resultate, zu
welchen sie führte, eine Bemerkung, welche durch eine, wie es
scheint, wenig gelungene Ausdrucksweise in meiner früheren
Abhandlung veranlasst wurde.
Hr. Duhem erwähnt nämlich der von mir abgeleiteten
Formel:
(13) //= -Tdd\,,
welche oben mit (IIb) bezeichnet wurde, und welche er in
der Gestalt:
anführt, und zweier anderen Gleichungen, welche in den Theo-
rien von Sir W. Thomson und Hrn. Budde auftreten, und
sich in der hier angewandten Bezeichnungsweise schreiben lassen :
r,
(14) F = j^dT, und:
In denselben ist F die electromotorische Kraft einer ge-
schlossenen Kette, in welcher die Contactstellen die Tempe-
raturen T0 und Tx haben.
Hr. Duhem sagt nun1): „Herr Lorentz gelangt zu der
Formel (13), welche er als identisch mit der Formel (15) von
1) Duhem .Ann. de l'ßcole normale (3) 2. p. 405. 1*85.
2) Duhem, Ann. de chim. et de phys. (6) 12. p. 483. 1887.
3) Ich habe hier die Ordnungszahlen der angeführten Gleichungen
so abgeändert, dass sie sich auf die Formeln der vorliegenden Abhand-
lung beziehen.
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G08
.//. A. Lurentz.
Sir W. Thomson und Herrn Budde ansieht, während nichts
in den Ideen von Sir W. Thomson die Identität der beiden
Formeln (13) und (15) beweist und dieselben nach den Ideen
von Herrn Budde miteinander unverträglich sind. HerrL orentz
hat diese Formeln ohne eine Annahme Uber die Existenz oder
Nichtexistenz einer Potentialniveaudifferenz zwischen zwei un-
gleich heissen Stellen derselben Metalle zu machen. Aber er
betrachtet diese Formel als unverträglich mit der Formel (14)
von Sir W. Thomson, wenn dergleichen Unterschiede existiren.
Sind die Formeln (14) und (15) identisch, so kann man sich
mit Recht wundern, dass Herr L orentz die eine als identisch
mit der seinigen, die andere als mit ihr unverträglich ansieht.
Später (p. 455 u. 456), wenn Hr. Du hem aus seiner
Theorie die Gleichung (13) abgeleitet hat, heisst es wieder:
..Dies ist das Resultat, welches Herr Lorentz gefunden und
mit der Formel von Sir W. Thomson conmndirt hat."
Die Formeln (14) und (15) sind natürlich vollkommen
gleichbedeutend, und ich habe denn auch an keiner Stelle einen
Unterschied zwischen denselben gemacht in dem Sinne, dass
die eine dieser Gleichungen mit den von mir abgeleiteten immer,
die andere nur unter gewissen Bedingungen in Uebereinstimmung
wäre. Ueberhaupt kommt die Formel in meiner Abhandlung
in der Gestalt (15) gar nicht vor.
Was nun aber das Yerhältniss meiner Formel (13) zu der
Gleichung (14) betrifft, habe ich (p. 27 u. 28), nachdem ich
die Beziehung (13) abgeleitet hatte, Folgendes bemerkt:
..Nimmt man an, dass in einem Kreise von zwei Metallen
electromotorische Kräfte nur an den Contactstellen wirken,
so leitet man aus dieser Gleichung fur die electromotorische
Kraft in einer solchen Anordnung die Formel
2\
ab. was wiederum das Resultat von Sir W. Thomson ist.
Ich verwies dabei auf einen früheren Paragraphen, wo das
Thomson'sche Resultat in der Form:
(16)
angeführt war.
Th er moelectric itä t
609
Allerdings kommt eine Gleichung, wie (16), in der Thom-
son'schen Theorie gjr nicht vor, da in derselben nie von
Potentialdifferenzen die Rede ist Was ich sagen wollte, hätte
ich besser so ausgedrückt:
„Nimmt man an, dass electromotorische Knifte nur an
den Contactstellen bestehen, so wird die electromotorische
Kraft in einer Kette aus zwei Metallen :
F — %p(Tx) — (p {7\).
Sie wird dann also gegeben durch die Gleichung:
F = f%<iT,
was mit der Thomson'schen Theorie übereinstimmt."
f 15. Wie bereits bemerkt wurde, hat Herr Du hem die
Gleichung (13) auch aus seiner Theorie abgeleitet. In der
That hat er auch, ähnlich wie ich es that, den zweiten Haupt-
satz der Thermodynamik auf die geöffnete Kette angewandt
und ist dabei von Voraussetzungen ausgegangen,- welche den
von mir eingeführten entsprechen. Nur erscheint der zweite
Hauptsatz bei uns in sehr verschiedenen Gestalten. Während
ich die bei einem Kreisprocess aufgenommene und abgegebene
Wärme betrachtete, geht der französische Physiker immer von
der Theorie des thermodynamischen Potentials aus. Unstreitig
ist diese Theorie in hohem Grade der Beachtung werth,
und gestattet eine recht einfache Behandlung vieler Pro-
bleme, aber sie bleibt doch immer nur eine Anwendungsform
des zweiten Hauptsatzes und kann nie zu Schlüssen führen,
welche man nicht auch in anderer Weise, etwa durch das
Studium von Kreisprocessen, gewinnen könnte. Damit soll
natürlich nicht verneint werden , dass in einzelnen Fällen die
Theorie des thermodynamischen Potentials wegen ihrer leich-
teren Handhabung zu Ergebnissen führt, welche sonst eher
unserer Aufmerksamkeit entgangen wären.
Der Fehler in meinen Betrachtungen, auf welche Hen*
Budde aufmerksam gemacht hat, kommt auch bei Herrn
Duhem vor; es ist auch bei ihm nie die Rede von einer
Wärmeentwickelung an einer Oberfläche, deren Ladung sich
ändert. Weiter ist noch zu bemerken, dass Hr. Duhem
eine offene Kette betrachtet, deren Theile ungleiche Tempe-
Ann. d. Phji. u. Chem. N. F. XXXVI. 39
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610
H. A. Lorentz.
raturen haben; in diesem Falle ist jedoch der einfachere, wo
ein System zweier Metalle ohne Temperaturdifferenz vorkommt,
enthalten.
Sind meine Rechnungen fehlerfrei, so müssen die Resul-
tate des Hrn. Du hem mit den Ergebnissen meiner Theorie
übereinstimmen, wenn man in dieser wieder k = 0 setzt Er
müsste also auch finden was auch daraus gefolgert
werden kann, dass Hr. Duhem einerseits den Thom Solschen
Ausdruck für die electromotorische Kraft in der Thermokette,
und andererseits die Formel (13) ableitet. Er findet also an
den Contactstellen Potentialdifferenzen, welche an sich schon
genügen, die ganze electromotorische Kraft zu liefern, welche
in der Kette besteht Es ist das nur möglich, wenn in keinem
Metalle electromotorische Kräfte zwischen den warmen und
kalten Stellen bestehen, oder wenn solche Kräfte in den beiden
Stoffen in gleichem Maasse vorhanden sind.
Das abweichende Resultat, zu welchem Hr. Duhem p. 459
gelangt, ist, wie mir scheint, einem Versehen in den algebra-
ischen Zeichen zuzuschreiben. In der zweiten Gleichung von
p. 455 und in den Formeln (14) auf jener 8eite sind nämlich
die Grössen dQajdTy dQhldT, u. 8. w. mit dem negativen
Zeichen zu nehmen. Aus der Gleichung (17) (p. 459) erhält
man nun:
' dt, TTX d!T + P{il)t
Da: H^-T^r
lässt sich hierfür schreiben:
6
>(TxtT0)_ T T d \K{TX){
Nach der Gleichung (10) des Hrn. Duhem (p. 453) hängt
also D{Tl9 T0) für alle Metalle in gleicher Weise von T„
und Tx ab; dieses ist nicht mehr in Widerspruch mit meinem
Resultate, nach welchem — wenn h = 0 ist — &{Txr T0) ver-
schwinden soll.
§ 16. Noch in einem anderen Punkt kann ich mich mit
den Schlüssen des Hrn. Duhem nicht vereinigen. Er schliesst
(p. 463) seine Betrachtungen über die Thermoelectricität mit der
Untersuchung des Falles, dass die Structur der Metalle sich mit
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T/iermoelectricitäf.
611
der Temperatur ändert Es werden dabei zwei Parameter x
und y eingeführt, welche für die beiden Metalle die Structur
bestimmen sollen, und von Punkt zu Punkt variiren. Indem
dann schliesslich diese Grössen als Functionen von T auf-
gefasst werden, geht der Verf. zu dem Fall über, dass die
Structur durch die Temperatur bedingt wird. Letzteres ist,
raeine ich, so zu verstehen, dass zu jeder Temperatur eine
ganz bestimmte Structur gehört, und dass keine Erwärmung
oder Abkühlung ohne eine entsprechende Struct uränderung
möglich ist.
Ist dem so, so sollen die Gleichungen (28) des Hrn. Du-
hem (p. 466) lauten:
//„(*, T) = -T *f<r)a{x/r) und:
In der That, wenn man (p. 454) die Temperatur eines
geladenen Conductors um dT erhöht, ändert sich auch die
Structur; es treten somit in der letzten Gleichung von p. 454
und in den Formeln (14) nicht partielle, sondern totale Diffe-
rentialquotienten auf.
Aus den Duhem' sehen Gleichungen (29) und (30) fallen
dann die Glieder fort, welche dxjdT und dyjdT enthalten
und die Resultate werden durch die vorausgesetzten Structur-
verschiedenheiten in keiner Weise geändert.
Das war auch von vornherein zu erwarten. Die Betrach-
tungen nämlich, welche bei Hrn. Duhem der p. 463 voran-
gehen, beruhen auf der Veränderlichkeit von h und H mit der
Temperatur, aber es ist bei denselben gleichgültig, durch welchen
Mechanismus jene Grössen von T abhängen, ob direct oder
theilweise auch mittelbar infolge einer Aenderung der „Structur",
welche selbst wieder eine Temperaturfunction ist.
§ 17. Nach dem § 15 Gesagten muss die Duhem'sche
Theorie auch zu den Resultaten führen, welche in der vorlie-
genden Abhandlung enthalten sind, sobald an ihr der von Hrn.
Budde nachgewiesene Fehler verbessert wird. Dm das zu zeigen,
will ich eine Methode benutzen, welche mir die Vorzüge meiner
früheren und der Duhem' sehen zu vereinigen scheint Ich
behalte nämlich die Uebertrager bei, entgehe aber der Noth-
39*
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612
H. A. Lorentz.
wendigkeit, jedesmal eineu Kreisprocess zu ersinnen, dadurch,
dass ich den Satz von der Entropie oder, was auf dasselbe
hinauskommt, die Theorie des thermodynamischen Potentials
zu Hülfe nehme. Zunächst berechne ich die Entropie 5 eines
Uebertragers. Haben C7, E> y , v, T und ü' die früher an-
gebene Bedeutung, so wird die Energie:
(17) U=\E<f+U',
in welcher Gleichung ich annehmen will, dass alles in T, E,
(f und v ausgedrückt ist Nehmen bei constanter Ladung T,
(f und v um dT, dq, dv zu, so leisten die äusseren Kräfte
eine Arbeit \Ed<f — pdv\ die zuzuführende Wärme ist also:
dQ=pdv+ dTdT+ d~d<p +-äVdv.
Aus der Bedingung, dass dQjT ein vollständiges Diffe-
rential sein soll, und in der Voraussetzung, dass p unabhängig
von der electrischen Ladung ist, findet man:
8 V = 6 ü ^ 0
dv dg
Mithin wird:
dQ = pdv + d T und:
Tg
wo S0 der Werth der Entropie ist bei einem bestimmten Vo-
lumen r0 und einer bestimmten Temperatur T0. Dieser Werth
kann noch immer von E abhängen, enthält aber bei gege-
benem E das Potential tp nicht.
Ich setze nun wieder die Ucbertrager Ga und Gb mit dem
Contacte {A, B\ (§ 4), der die gleiche Temperatur hat, wie
Ga und Crb, in Verbindung. Die Zustände von Ga und Gh
seien bestimmt durch die Grössen:
Pay '*«, Eat T, (f « , Und.'
pby vbl Eb, Tf (pb.
Bei beliebigen Werthen von <p„ und qb wird ein nicht
umkehrbarer Uebergang von Electricität stattfinden, wobei
das thermodynamische Potential des ganzen Systems abnimmt.
Gleichgewicht ist nur dann möglich, wenn bei jeder unendlich
Digitized
Thermoclectricität.
kleinen Aenderung der Electricitätsvertheilung das thermody-
namische Potential des Systems nicht variirt.
Beschränkt man sich auf Aenderungen, bei welchen t?„,
*>bf Cay Ch und T constant bleiben, so ist als thermodynamisches
Potential der Ausdruck:
J7- TS
zu nehmen1), wo U und 5 für das ganze System Euergie und
Entropie vorstellen.
Man betrachte nun eine virtuelle Aenderung, bei welcher
eine unendlich kleine Electricitätsmenge e auf Ga verschwindet
und auf Gb zum Vorschein kommt, so zwar, dass nach wie
vor die Electricität sich auf jedem Träger an sich genommen
nach den Bedingungen des Gleichgewichts vertheilt, und dass
am Zustande des Contactes selbst nichts geändert wird. Für
die Gleichgewichtsbedingung findet man dann:
düa + düh - T(dSa + dSb) = 0,
oder, da nach (17) und (18):
^.+rft4-.(T.-^+.[6ä-(aj
—♦ + •[(4?).- K)J
T
1) Da nämlich bei diesen Aenderungen die äusseren Kräfte keine
Arbeit leisten, wird dem Wärmereservoire von constanter Temperatur,
womit das System in Berührung steht, die Wärmemenge d (7 entnommen.
Die Entropie des Reservoirs nimmt also um — d U, T zu und die Oe*
sammtentropie des Systems und des Reservoirs um dti — d XJ\ 1. Diese
Grösse kann nur positiv oder Null sein; es ist demnach O — TS
die Function, welche bei einem nicht umkehrbaren Vorgang nur ab-
nehmen kann, und bei einem umkehrbaren stationär ist.
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614
A. I^orentz.
Da {dS0/dE)h- {dS0jdE)a unabhängig von T ist, fuhrt
Division durch T und Differentiation nach dieser Veränderlichen
auf die Gleichung (I) zurück.
§ 18. Auf ähnlichem Wege lässt sich auch das Problem
des § 13 behandeln; nur betrachte ich nicht das thermo-
dynamische Potential, sondern direct die Entropie. Es seien
jetzt die Anfangszustände von G und G\ im Momente, wo
diese Leiter mit dem Metallstücke {A, A') in Verbindung
gesetzt werden, bestimmt durch die Grössen:
T, u, <p, E, und:
T+dT, (f+z<tT, &
Die Temperaturen werden, sowohl für G und G' als für
die verschiedenen Punkte von (Ay Ä) durch Verbindung mit
geeigneten Wärmereservoiren constant gehalten. Geht die
unendlich kleine Electricitätsmenge e von G' auf G über,
unter den gleichen Bedingungen, wie im vorhergehenden Para-
graphen, so wird, wenn electrisches Gleichgewicht vorhanden
war, die gesanimte Entropie sich nicht ändern. Die Entropie
der Uebertrager ist nach dem § 13 über dieselben Pestgesetzten
und nach der jetzt gemachten Annahme, dass zu Anfang die
Ladungen gleich seien, S0 (§17) fur beide die nämliche Grösse;
iV0 ist ja auch von der Temperatur unabhängig. Nach (18)
wächst die Entropie von G um:
T
und die Entropie von G' um:
r + dT
fö50 fl d*ü Jrr]
e['dE + J T dEdTaJ\'
Die Summe der beiden Ausdrücke ist:
im -edT d%u
[ ' f ' dli d T '
Andererseits erhält man fur die Entropiezunahme der ver-
schiedenen Wärmereservoire, indem man die entwickelten
Wärmemengen (§ 10) durch die betreffenden Temperaturen
dividirt :
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Thtrmoelectrieität.
615
X +
d* U
BEBT
T
dt
<IT.
Setzt man die Summe von (19) und (20) — 0, so erhält man
wieder, wie früher:
§ 19. Die Frage nach dem Sitze der electromotorischen
Kräfte in der Thermokette muss, wie mir scheint, noch immer
theilweise unbeantwortet bleiben. Betrachtet man zwei Quer-
schnitte P und zwischen welchen sich eine Contactstelle
oder eine Aufeinanderfolge verschiedener Temperaturen be-
findet, so thut man, glaube ich, am besten, wenn man als
Maass fur die „electromotorische Kraft im Theile PQ" die
Potentialdifferenz betrachtet, welche im Fall des electrischen
Gleichgewichtes, d. h. also bei geöffneter Kette, zwischen zwei
in P und Q, und zwar im Innern des Metalls liegenden
Punkten besteht. Diese electromotorische Kraft kann aber
in keiner Weise aus den bekannten Thatsachen abgeleitet
werden, ebenso wenig aus der Wärmeentwicklung durch den
Strom als aus den Versuchen über Contactelectricität Die
erste Behauptung sprach ich schon in meiner früheren Ab-
handlung aus; ich bemerkte, dass die durch eine Contactstelle
iiiessende Blectricität nicht blos eine andere electrostatische,
sondern auch eine andere nicht electrostatische Energie an-
nimmt, und dass demzufolge die Wärmentwicklung für die
Electricitätseinheit durch die Formel:
bestimmt wird. In gleicher Weise ist auch die von Sir W.
Thomson entdeckte Wärmeentwicklung nicht ohne weiteres
der Potentialdifferenz zwischen den Endpunkten des in Betracht
kommenden Leiterstückes proportional und kann sogar be-
stehen, wenn diese Differenz = 0 ist
Mit der angedeuteten Erklärung fllr die Verschiedenheit
von II und tfh — tfa ist Hr. Budde einverstanden; nur be-
bemerkt er, indem er meine Schlüsse in der schon wiederholt
erwähnten Weise verbessert, dass in (21) unter dü'jdE
die nicht electrostatische Energie der Electricitätseinheit im
Innern der Leiter zu verstehen ist Er setzt dann weiter:
(21)
II = <pb — <f* +
(bu\ (dir]
\d£]b \BJSja
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616
H. A. Lorentz.
d ü\
sodass die Formel die Gestalt:
tl = Xb ~X«
annimmt, und weist nach, dass sämmtliche Formeln seiner
früheren Theorie giltig bleiben, wenn man in denselben die
Potentialtunction durch % ersetzt Für diese Grösse schlägt
Hr. Budde den Namen „thermoelectrische Kräftefunction"
vor und bezeichnet die Differenz Xb — Xa a^s »electromotorisehe
Kraft des Contactes". Diese Benennungen scheinen mir nicht
im Interesse der Klarheit zu sein. Die in x auftretende
Grösse dü'ijoE kann etwas ganz anderes sein, als was man in
der Mechanik „Kräftefunction" nennt, und die Benennung
„ electromotorische Kraft des Contactes" möchte ich auf
fpb — ffa beschränken, und andeuten als die Wärme-
entwicklung beim Uebergang der Electrieitätseinheit.
§ 20. Dass auch die Versuche Uber die Contactelectrici-
tät die Poteutialdifferenzen im Innern der Metalle unbestimmt
lassen, habe ich in meiner ersten Arbeit nicht berücksichtigt;
ich stellte mir wenigstens die Möglichkeit vor, dieselben aus
Versuchen mit an der Oberfläche „reinen" Metallen abzuleiten.
Erst nachdem ich in der Abhandlung des Hrn. Budde eine
Anregung fand zu weiterem Nachdenken über den Gegenstand,
ist es mir klar geworden, wie wenig Aussicht man hat, die
erwähnten Differenzen kennen zu lernen.
Stellt man sich die Electricitäten als Stoffe vor, und
schreibt man die Potentialdifferenz beim Contacte wenigstens
theilweise nach He Im holt z'scher Auffassung den Kräften zu.
welche diese Stoffe seitens der Metallmolecüle erleiden, so
kann man nicht umhin, derartige Kräfte auch in der dünnen
Schicht vorauszusetzen, mit welcher ein Metall an den um-
gebenden Isolator stösst; es besteht ja eine vollständige Ana«
logie zwischen jenen auf die Electricität wirkenden „Molecular-
kräften" und den Wirkungen in der Grenzschicht, welche in
der Theorie der Capillarität betrachtet werden.
Schon aus diesem Grunde niüsste sogar bei Metallen,
welche eine vollkommen reine Oberfläche haben, eine Potential-
differenz bestehen zwischen der Oberfläche und den inneren
Digitized by Goo
Thermoelec tr ic itä t.
Theilen, eine Differenz, welche sich mit jeder Modification der
oberflächlichen Schichten ändern wird. Man könnte nun ver-
suchen, diesen Umstand bei der Berechnung der Versuchs-
resultate zu berücksichtigen, ich glaube indess nicht, das* man
in dieser Weise zu Ergebnissen von einigem Werth gelangen
würde. Neben den erwähnten anziehenden Kräften müssen
gewiss noch Ursachen bestehen, welche die Electricität ver-
hindern, einen Leiter zu verlassen. Diese Ursachen sind uns
gänzlich unbekannt, und demgemäss bleibt uns auch die Con-
stitution einer oberflächlichen Ladung verborgen.
Während sich also das Potential im Innern eines Leiters
der Beobachtung entzieht, ist das Potential, wie ich es § 3
definirte, eine vollkommen bestimmbare Grösse; lässt sich doch
immer angeben, welche Arbeit erfordert wird, um die Ladung
eines Conductors um die Electricitätseinheit zu vermehren.
Will man von der Theorie alles ausschliessen, was von
der Oberflächenbeschaffenheit abhängt, und alles, was nicht
gemessen werden kann, so empfiehlt es sich, nach dem Vor-
gange von Sir W. Thomson nur die electromotorische Kraft
der geschlossenen Kette und nicht die unbestimmbaren Potentiai-
difterenzen in die Rechnung aufzunehmen.
§ 21. Im Vorhergehenden habe ich noch immer die Vor-
aussetzungen beibehalten, welche ich in der früheren Arbeit
hervorgehoben habe. Es ist nämlich angenommen worden:
1 . dass die Eigenschaften der Gasmasse, mit welcher ein Ueber-
t rager versehen ist, unabhängig sind von der Ladung dieses
letzteren ; 2. dass während wir einen isolirten Leiter erwärmen
oder abkühlen , seine electrische Ladung ungeändert bleibt ;
3. dass sich diese Ladung bei jeder Temperatur nach den
gewöhnlichen Gesetzen der Electrostatik vertheilt, und dass
aus diesen Gesetzen auch die mechanischen Wirkungen zwischen
verschiedenen Leitern oder Theilen eines Leiters abgeleitet
werden können. Obgleich nun kein Grund vorliegt, eine dieser
Hypothesen fallen zu lassen, will ich doch zeigen, wie man
die Untersuchung von der dritten befreien könnte. Die Be-
trachtung des thermodynamiscben Potentials oder der Entropie
führt dabei am einfachsten zum Ziele.
Ich beschränke mich auf den Fall, dass die geometrische
Gestalt des Uebertragers durch eine einzige Variabele. welche
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618 H. A. Lorcntz.
C heissen möge, vollkommen bestimmt ist. Für diese Grösse
kann man, wenn man die dritte Voraussetzung einführt, gerade-
zu die electrostatische Capacität wählen. Bei Beseitigung der
Hypothese ist das natürlich nicht mehr erlaubt, da dann von
keiner Capacität, welche nur von der geometrischen Gestalt
abhinge, die Rede ist Wir brauchen indess über C nichts
weiter vorauszusetzen.
Als weitere unabhängige Veränderliche führe ich die La-
dung E, die Temperatur T, und das Volumen v der Gas-
masse ein.
Soll der Uebertrager in einem bestimmten Zustande be-
harren, so sind zweierlei äussere Kräfte erforderlich, nämlich
erstens ein auf die Gasmasse wirkender Druck p *= RTfv (wo
R constant ist), und zweitens eine Kraft, welche eine Aenderung
von C durch die electrostatischen Wirkungen verhindert, und
deren Arbeit bei einer unendlich kleinen Zustandsänderung
durch adC vorgestellt werden kann. Dabei ist a im allge-
meinen als eine Function von E, T und C zu betrachten,
welche in jedem Falle aus den Beobachtungen abgeleitet
werden könnte.
Von den nämlichen Grössen hängt auch die totale Energie
des Uebertragers mit Einschluss der Gasmasse ab; dieselbe
heisse U.
Dass U und a nicht von v abhängen werden, sieht man
leicht ein.
Für einen isolirten Uebertrager, der eine bestimmte
Ladung E besitzt , wird nun die bei einer' unendlich kleinen
Zustandsänderung zuzuführende Wärmemenge bestimmt durch
die Gleichung:
dQ - h^dT + \0Ö dC+ RT^ - «dC,
und da hierbei nach dem zweiten Hauptsatze:
(22) Vc-"-Tsr
sein muss, erhält man für die Zunahme der Entropie
Für die betrachtete Ladung E sei nun S0 die Entropie
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Thernwelectricität.
619
bei bestimmten Werthen T0, C0, v0 der Variabein. Für jedes
andere Werthsystem wird dann:
Wünscht man die Entropie für eine andere Ladung zu
betrachten, so werde ich doch unter T0, C0, v0 immer dieselben
Werthe verstehen. Natürlich wird sich S0 mit E ändern.
Man denke sich nun wieder (§ 17) die Uebertrager Ga
und Gh bei der Temperatur T mit dem Contacte (A, B) in
Verbindung gesetzt 8oll electrisches Gleichgewicht bestehen,
so muss, wie man durch die § 17 mitgethcilte Betrachtung
findet, die Grösse:
also auch die Grösse:
1 d ü _ öS
T BE dE
für Ga und Gh gleiche Werthe haben. Die Differential-
quotienten sind bei constanten v, C und T zu nehmen. Die
Gleichgewichtsbedingung wird demnach:
T.C
ij-eu r r_L e*u *•« dJ*\
\T6E J [T 6EdTai dEdTa^\ dE\a
t23)
2V. C„
" fr dE J [T dEdTai d EdT j dElb
Bei gegebenen Ladungen enthalt diese Gleichung eine
Beziehung zwischen Ca und Man erhielte also, wenn man
die im Anfang dieses Paragraphen erwähnte dritte Hypothese
einführte, eine Relation zwischen den Capacitäten, d. h. zwischen
den Potentialen.
Aus dem Umstände, dass jedes Glied der Gleichung (23)
nur Grössen enthält, welche sich auf einen Uebertrager be-
ziehen, kann man auf das Gesetz der Spannungsreihe schliessen.
Sind nämlich drei Uebertrager Ga, Gh und Ge aus verschie-
denen Metallen und von der gleichen Temperatur gegeben,
welche mittelst geeigneter Contacte {A, B), {B, C) und {A, C)
miteinander in Berührung gesetzt werden können, so wird elec-
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020
H. A. Lotentz,
trisches Gleichgewicht zwischen Gb und Gc bestehen, sobald
der Gleichung (23) fUr Ga und Gh und der analogen Gleichung
für Ga und Gc gentigt wird.
Um den Einfluss einer Temperaturänderung auf das Gleich-
gewicht zwischen Ga und Gv kennen zu lernen, denke man
sich zunächst bei der Temperatur T die Grössen Ca und C\
so gewählt, dass Gleichgewicht besteht Bei einem zweiten
Versuche bei der Temperatur T + dT mögen die Ladungen
noch die früheren Werthe haben; es sind dann aber fur das
Gleichgewicht andere Werthe von Ca und Cb, etwa Ca + d (\
und Cb + dCh erforderlich. Selbstverständlich ist dabei eins
der Differentiale dCa und dt\ nach Belieben zu wählen. Die
Zuwächse der beiden Glieder von (23) müssen nun gleich sein ;
man erhält demnach, da dS0jdE nicht von T und C abhängt :
| 1 dU ,rr , 1 d*U ,r, fl'rr .A
\^TnidEai + T B£dC ^^dFTd^^ia
I 1 6U .rp, 1 dW ,r. ö'« ,r\
-\~ T'*dEai + T dEÖCaiy + dEdT(l^h1
oder mit Rücksicht auf (22):
Es ist dies die Gleichung, welche au die Stelle von (I)
tritt. In der That, wenn man die im Anfange dieses Para-
graphen genannte dritte Hypothese und die früheren Bezeich-
nungen wieder einführt, wird:
und man kommt dann auf (I) zurück.
Auch der § 18 betrachtete Fall liesse sich in ähnlicher
Weise behandeln.
§ 22. Es erübrigt mir noch der Arbeiten zu erwähnen,
welche in jüngster Zeit die Herren Lorberg1) und Parker3)
über die Thermoelectricität veröffentlicht haben.
Der erste Physiker vergleicht die Duhem'sche Theorie,
soweit dieselbe in dem Buche : „Le potentiel thermodynamique",
enthalten ist, mit der meinigen und weist nach, dass dieselben
1) Lorberg, Wied. Ann. 84. p. 662. 1888.
2) Parker, Phil. Mag. (5) 26. p. 853. 1888.
Digitized
Therm oelectricität.
621
miteinander übereinstimmen. Ich brauche nach dem oben
Gesagten darauf nicht zurückzukommen. Ebensowenig brauche
ich näher einzugehen auf die von Lorberg berührte Frage,
ob man berechtigt ist zu der Annahme, es habe die Potential-
differenz zwischen zwei Metallen einen bestimmten Werth,
einerlei, ob electrisches Gleichgewicht besteht (bei offener
Kette), oder der Contact von einem Strome durchflössen wird.
Ich hatte diese Annahme stillschweigend gemacht, indem ich
mir vorstellte, dass, wenn ein Strom besteht, die Gleich-
gewichtspotentialdifferenz zwischen zwei Stellen nur noch be-
gleitet wird von der Differenz, welche zur Ueberwindung des
Widerstandes zwischen jenen Stellen nöthig ist, eine Differenz,
welche vernachlässigt werden kann, wenn es sich um den Zu-
stand in unmittelbarer Nahe der Contactfläche handelt. Hr.
Duhem hat diese Ansicht ausfuhrlich begründet, und Hr.
Lorberg erklärt sich denn auch mit derselben einverstanden.
Dagegen hält er mein Bedenken gegen die Anwendung
des zweiten Hauptsatzes auf die geschlossene Thermokette,
auf den Fall also, dass Temperaturdifferenzen in den Leitern
vorkommen, für nicht begründet; dass neben dem reversibeln
Process noch ein irreversibler, nämlich die Wärmeleitung, neben-
her läuft, kann, wie er meint, die Anwendung des zweiten Haupt-
satzes auf den ersten Process nicht beeinträchtigen. Dabei setzt
Hr. Lorberg wieder voraus, dass die beiden Processe unabhängig
von einander sind (vgl. ob. § 13). Uebrigens wiederhole ich noch-
mals, dass ich nie die Richtigkeit der Thomson'schen Schlüsse
habe läugnen wollen; es war mir nur darum zu thun, eine
Betrachtungsweise anzugeben, welche jedenfalls unanfechtbar ist
Es giebt zwei Punkte in der Abhandlung des Hm. Lor-
berg, über welche ich seine Meinung nicht theilen kann.
Erstens will er beweisen, dass die Wärmeentwicklung an der
Oberfläche eines Leiters, auf deren Möglichkeit Hr. Budde
hinwies, und auf welche sich die jetzt von mir eingeführte
Grösse k bezieht, nicht besteht, während ich oben fand, dass
k völlig unbestimmt bleibt Bei Hrn. Lorberg findet man
die Gleichungen:
(24)
n
- T>
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622
H. A.. LtOte%itz.
1'-TJT-Z< U-X + H,
wo mit //, x> 7» und 7« die Grössen bezeichnet sind, welche
ich in dieser Abhandlung — //, w, {d U' jdE)a— (d U' ldE)t
und (d U' i d E)a — {d U' j d E)b — (ka — kh) genannt habe.
Durch Verbindung dieser Formeln findet man nun in der
That q{ =s qw, mithin ka = hb, also wahrscheinlich A = 0. Dabei
ist aber zu bemerken, dass, sobald zwischen ungleich erhitzten
Stellen eines Metalles eine Potentialdifferenz auftritt, die Glei-
chung (24) nicht mehr zutrifft. Sie ist dann durch meine
Gleichung (III) (oben § 10) zu ersetzen, und man kann nicht
mehr schliessen, dass qx = qw ist, sondern nur, dass zwischen
jenen Potentialdifferenzen und qw — (d. h. ka — h) eine Re-
lation besteht, welche schon in meiner Gleichung (VII) (oben
§ 13) enthalten ist.
Zweitens sagt Hr. L orb erg1), nachdem er fur die elec-
tromotorische Kraft einer geschlossenen Kette eine Gleichung
abgeleitet hat, die bei meiner Schreibweise die Gestalt:
(25) F— y{Tx) — w(Tt)
annimmt: „Die Gleichung ist bekanntlich von Avenarius für
solche Fälle, wo F als eine quadratische Function von Tx und
T2 betrachtet werden kann, experimentell bestätigt worden.
Aus dieser Gleichung aber zu schliessen, dass die electromo-
torische Kraft des Thermostromes nur an den Contactstellen
ihren Sitz habe, wie Lorentz thut, scheint mir nicht völlig
gerechtfertigt; denn dieser Schluss beruht auf der unbewiesenen
Annahme, dass der einer einzelnen Contactstelle entsprechende
Theil der electromotorischen Gesammtkrait gleich der daselbst
herrschenden Potentialdifferenz sei."
Dem gegenüber möchte ich bemerken, dass mir der Be-
griff : „electromotorische Kraft an einer Contactstelle", nur dann
klar zu sein scheint, wenn man als Maass für diese Kraft die
Differenz der Werthe betrachtet, welche das Potential zu
beiden Seiten der Beriihrungssteüe im Innern der Metalle be-
sitzt. Da ich nun in meiner ersten Arbeit meinte, unter »"
diese Differenz verstehen zu dürfen, war es auch gerechtfertigt,
aus (25) den von Hrn. L orb erg gerügten Schluss zu ziehen.
l) 1. c. p. 671.
Thermoelectricity.
Ii23
Dass ich diesen jetzt nicht mehr fur richtig halte, brauche
ich wohl kaum zu wiederholen.
Uebrigens ist durch die Versuche von Avenarius keines-
wegs bewiesen, dass sich die electromotorische Kraft F einer
Kette aus den Potentialdifferenzen an den Contactstellen zu-
sammensetzt; dazu wäre es nöthig gewesen, diese Differenzen
bei verschiedenen Temperaturen zu messen. Aus den Ver-
suchen lassen sich aber nur Werthe von F und ausserdem die
Potentialdifferenz bei einer Temperatur, nämlich bei jener,
welche die Oondensatorplatten hatten, ableiten.
§ 23. Hr. Parker hat den zweiten Satz der Thermo-
dynamik auf die ungeschlossene Thermokette angewandt, indem
er Kreisprocesse betrachtete, welche mit den von mir einge-
führten einige Aehnlichkeit haben. Dabei übersieht er die von
Hrn. Budde hervorgehobene Möglichkeit einer Wärmeent-
wickeluug an der Oberfläche eines Leiters, und es war also
zu erwarten, dass die Schlüsse mit den von mir abgeleiteten
übereinstimmen würden, wenn man in letzteren wieder die von
mir mit k bezeichnete Grösse — 0 setzt. Zum Theil besteht
wirklich diese Uebereinstimmung; man vermisst sie aber für
den Fall, dass ein einziges Metall an verschiedenen Stellen
ungleiche Temperaturen zeigt.
Hr. Parker gelangt nämlich (p. 357) zu der Gleichung
dVjdT— kt, welche bei meiner Schreibweise lauten würde:
(26) x - CT,
wo dann C eine Constante wäre, welche durch dio Theorie nicht
bestimmt werden kann. Andererseits gibt meine Formel (VII)
(oben § 13), wenn man k = 0 setzt:
X = o.
Die Betrachtungen, durch welche Parker die Gleichung
(26) ableitet, sind, wie mir scheint, richtig; nur liefern sie nicht
alles, was aus der Theorie gefolgert werden kann. Zwischen
zwei Leitern an demselben Metall lässt nämlich Hr. Parker
einen Austausch aus Electricität in der einen Richtung vor sich
gehen, während die Temperaturen t und t + x sind, und einen
Austausch in entgegengesetzter Richtung, nachdem beide Tem-
peraturen um ein unendlich kleines erhöht sind; dadurch werden
die Werthe von (1 \t){dV\dt) (d. h. von meinem z/77) bei ver-
schiedenen Temperaturen miteinander verglichen. Oben, § 13,
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024
M. Planck.
habe ich aber gezeigt, wie schon nach einmaligem Electri-
citätsübergang ein Endzustand erreicht werden kann, der sich
von dem Anfangszustande nur durch die Verwechslung zweier
gleichen Körper unterscheidet; dieses machte es mir möglich,
den Werth von y I T bei einer bestimmten Temperatur abzuleiten.
Leiden, November 1888.
Zusatz. Auch Herr Parken1) hat jetzt einen Kreis*
process beschrieben, wobei eine ungeschlossene Kette nur in
einer Richtung von Electricit&t durchflössen wird Aus der
Betrachtung desselben zieht er den Schluss, dass die Constante,
welche ich oben in der Gleichung (26) mit C bezeichnet habe,
für alle Metalle den gleichen Werth haben muss.
Januar 1889.
II. Zur Theorie der TttermoelectriciUit in me-
Udlischen Leitern; von Max Planck.
Einleitung.
Die Theorie der thermoelectrischen Ströme wurde zuerst
von W. Thomson2) auf die beiden Hauptsätze der mecha-
nischen Wärraelehre gegründet; sie fand ihren Ausdruck in
einer Reihe von Gleichungen, welche gewisse einfache Bezie-
hungen aussprechen zwischen der electromotorischen Kraft
eines Thermostromes, den Temperaturen der Löthstellen und
den verschiedenen Wärmewirkungen des Stromes, namentlich
der Pel tier' sehen Wärrae an der Grenze zweier Leiter und
der Thomson 'sehen Wärme im Innern eines Leiters. Diese
Theorie wurde zuerst von Thomson3) selber, dann von Le
Roux4), neuerdings von Haga6), Battelli6), Jahn7) durch
1) Parken, Phil. Mag. (5) 27. p. 72. 1889.
2) W. Thomson, Proc. Roy. Soc Edinb. Decbr. 1851 ^ PhiL
Mag. 14) 3. p. 529. 1852; Trans. Edinb. 21. p. 123. 1854 oder Phil.
Mag. (4) 11. p. 214. 281. 379. 433. 1856.
3) W. Thomson, Phil. Trans. 146. p. 649. 1856.
4) Le Roux, Ann. de chim. et de phys. (4) 10. p. 201. 1867.
5) Haga, Wied. Ann. 28. p. 179. 1886. Ann. de l'ecole polyt. de
Delft 3. p. 43. 18S7.
6) Battelli, Atti della R Accad. di Torino 22. p. 48. 369. 1887;
Rend, della R. Acc. dri Lincei 3. p. 212. 1887.
7) Jahn, Wied. Ann. 31. p. 755 1888.
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Theorie der Tkermoelectricität. 625
Versuche geprüft und im wesentlichen durch die Erfahrung
bestätigt Wie Tait1) gezeigt hat, kann nach ihr das thermo-
electrische Verhalten aller Metalle durch eine einfache gra-
phische Darstellung (das thermoelectrische Diagramm) voll-
ständig zum Ausdruck gebracht werden.
Während die Theorie von Thomson sich nur auf die
gegebenen Wärmeerscheinungen bezieht und die Frage nach
dem Ursprung der thermoelectrischen Kräfte unberührt lässt,
ging Clausius1) in seinen fast gleichzeitig mit Thomson be-
gonnenen Untersuchungen näher auf diese Frage ein, indem
er sowohl an den Contactstellen zweier Metalle als auch im
Innern eines ungleichmässig erwärmten Metalls electromoto-
rische Kräfte wirksam annahm — eine Auffassung, die von
Budde3) weiter ausgebildet wurde, und die, wie letzterer ge-
zeigt hat, genau zu den Thomson'schen Gleichungen fuhrt.
Andere Ableitungen, mit demselben Resultat, sind in neuerer
Zeit gegeben worden von Du hem4), aus seiner Theorie des
thermodynami8chen Potentials, und von Lorentz5), der die
Hauptsätze der Wärmetheorie nicht direct auf den thermo-
electrischen Strom, sondern auf einen Process anwendet, bei
dem die Electricität convectiv durch einen mechanisch bewegten
Leiter von einem System auf ein anderes übertragen wird.
Zu den genannten Theorien, welche sämmtlich die ther-
moelectrischen Kräfte auf Potentialunterschiede zurückfuhren,
steht im wesentlichen Gegensatz die von F. Kohl rausch6)
aufgestellte Hypothese, nach welcher die den Strom unter-
haltende Kraft nicht von electrostatischen Ladungen, sondern
direct von der Wärme geliefert wird, welche, indem sie in
den Leitern von wärmeren zu kälteren Stellen fliesst, stets
eine gewisse Quantität Electricität mit sich lührt, ebenso wie
1) Tait, Tran«. Edinb. 27. p. 125. 1873.
2) Cla usius, Pogg. Ann. 90. p. 513. 1853.
8) Budde, Pogg. Ann. 153. p. 348. 1874; Wied. Ann. 21. p. 277.
1884 ; 25. p. 564. 1885; 80. p. 664. 1887.
4) Duhem, Le potentiel thennodynamique, p. 191 ff. Paris, 1886.
Ann. chim. phys. 12. p. 488. 1887.
5) Lorentz, Beibl. 10. p. 120. 1886. Vgl. auch Lorberg, Wied.
Ann. 34. p. 662. 1888.
6) F. Kohlrausch, Pogg. Ann. 156. p. 601. 1875; Wied. Ann. 28.
p. 477. 1884.
Ann. d. Phyt. u. Ch«ro. N. f. XXXVI. 40
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626
M. Flauck.
umgekehrt strömende Eleetricität stets von einem gewissen
Wärmefluss begleitet sein soll. Hiernach kämen bei jeder
Wärme — und bei jeder Electricitätsleitung zwei verschiedene
Ursachen in Betracht, nämlich bei der Wärmeleitung ausser
dem Temperaturgefalle die stromende Electricität . bei der
Electricitätsleitung ausser dem Potentialgefälle die strömende
Wärme.
Einen gewissen Abschluss hat diese Controverse neuer-
dings gefunden durch die Untersuchungen von Boltzmann1,
welcher ausgeführt hat. dass die Entscheidung über die Zu-
lässigkeit der Theorie von Kohl rausch zusammenfallt mit
der Beantwortung der Frage, ob man die in einer Thermo-
kette vor sich gehende Electricitätsleitung und die stets gleich-
zeitig stattfindende Wärmeleitung als zwei voneinander unab-
hängige Vorgänge ansehen kann, die sich einfach gegenseitig
superponiren, oder ob das nicht erlaubt ist. Im ersten Fall ist
natürlich die Theorie von Kohl rausch unhaltbar, im zweiten
allgemeineren Fall dagegen führen die Hauptsätze der Wärme-
lehre zu gewissen Gleichungen, in denen alle genannten Theo-
rien: die von Kohlrausch und die übrigen oben angeführten,
ja sogar die von Thomson als specielle Fälle enthalten sind.
Boltzmann stellt diese allgemeinen Gleichungen auf und er-
örtert, in welcher Weise man zu einer experimentellen Ent-
scheidung zu Gunsten der einen oder anderen Theorie gelangen
kann, wobei er allerdings überall auf Fragen stösst. die bis
jetzt noch als offen zu betrachten sind.
Ein anderer Weg. als der von Boltzmann eingeschlagene
ist der, dass man nicht die allgemeinsten, sondern die ein-
fachsten Annahmen aufsucht, welche bei dem jetzigen Stande
der Forschungen die Resultate der Erfahrung befriedigend
wiedergeben, und dieselben bis in ihre letzten Consequenzen
verfolgt ; denn solange sie mit der Erfahrung in keinen Wider-
spruch treten, besteht nicht nur kein Grund, sie aufzugeben,
sondern sie verdienen sogar den Vorzug vor jenen. Ich will
daher im Folgenden einmal die bekannten Thomson'schen
themioelectrischen Gesetze aus den nach meiner Ansicht ein-
fachsten Annahmen entwickeln, die sich für die thermoelectrischen
1) Boltzmann, Wien. Bcr. SW. 2. Abth. p. l'JOS. 1^7.
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Theorie Her Thermoelectricität.
627
Kräfte aus den bekannten Gesetzen der Electrostatik und aus den
Hauptsätzen der Wärmelehre ergeben; dieselben schliessen sich
am nächsten den von Duhem und von Lorentz vertretenen
Anschauungen an; die hauptsächlichsten Abweichungen be-
ziehen sich auf die Formulirung des zweiten Hauptsatzes und
die Ableitung des Gesetzes der Spannungsreihe. Sodann werde
ich aus denselben Annahmen einige weitere bisher noch nicht
besprochene Folgerungen entwickeln, deren Untersuchung mög-
licherweise mit zu einer Entscheidung der Frage nach der
Natur der Thermoelectricität beitragen kann.
$ 1. Voraussetzungen.
Wir machen folgende Annahme: In einem System zweier
sich mit reinen Oberflächen berührender metallischer Leiter
a und b besteht an der Trennungsfläche eine electrostatische
Potentialdifferenz eab, — positiv, wenn das Potential von a
bis b wächst — , deren Werth abhängt von der Natur der Leiter
und von der absoluten Temperatur fr. Diese (die „wahre")
Potentialdifferenz zweier Metalle darf bekanntlich nicht ver-
wechselt werden mit der sog. Volta'schen Spannung, die durch
electroskopische Beobachtungen ermittelt .wird, da bei der
letzteren erfahmngsgemäss die von fremden Substanzen her-
rührenden Oberflächenschichten stets eine wesentliche Rolle
spielen. Dass auch bei absolut reinen Oberflächen eine Po-
tentialdifferenz vorhanden ist, wird durch alle Erfahrungen zum
mindesten recht wahrscheinlich gemacht.1) Wie dieselbe zu
Stande kommt, lassen wir vorerst dahingestellt, insbesondere
soll die Frage unerörtert bleiben, ob etwa die ponderablen
Molecüle durch gewisse Anziehungskräfte auf die Electricitäten
wirken, oder ob die lebendige Kraft der Wärmebewegung auf
irgend eine Weise die positive Electricität vorwiegend nach
dem einen Leiter treibt, Da eine sprungweise auftretende
electrische Potentialdifferenz eab immer das Vorhandensein
einer electrischen Doppelschicht von dem Moment eabjAn bedingt,
so müssen wir annehmen, dass eine solche an der Berührungs-
fläche zweier Metalle durch die in ihr stattfindenden eigen-
thümlichen molecularen Wirkungen gebildet wird.
1) G. Wiedemann, HlectricUät 2. p. 991. 1**3.
40»
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M. Planck.
Wenn die positive Electricitätsmenge « durch die Contact-
fläche vom Leiter a zum Leiter b übergeht, so wird infolge
des Potentialspi ungs die electrostatische Energie um t . eal ver-
grössert; das Energieprincip fordert daher, dass gleichzeitig
an derselben »Stelle derselbe Energiebetrag in einer anderen
Form zum Verschwinden kommt, und es kann sich die Frage
nur darum drehen, welche Energieart es ist, die diesen Ver-
lust erleidet, flier sind nun von vornherein verschiedene An-
nahmen möglich. Zunächst bietet sich zur Berücksichtigung
dar die Pelticr'ailie Wärme, die cifahningsgcnillss jedesmal
beim Durchgang von Elcctricität durch eine Contactrläcbe
auftritt und einem bestimmten Umsatz von thermischer Energie
entspricht. Ihre Grösse lässt sich durch ctt«* (in mecha-
nischem Maass) bezeichnen, wobei 7rab nur von der Temperatur
und der Natur der Leiter a und b abhangt. — Ausser diesen
bekannten Energiearten: der electrostatischen und der ther-
mischen, kann aber hier möglicherweise noch eine dritte Ener-
gieart ins Spiel kommen, deren Existenz in irgend einer Weise
auf der Wechselwirkung der Electricität und der ponderablen
Molecüle begründet ist. Wir können uns ja denken, dass
jedem Electricitätstheilchen, ganz abgesehen von der durch die
Wechselwirkung der Electricitäten unter sich bedingten elec-
trostatischen Energie, ein gewisser Energiebetrag zukomme,
abhängig von der Natur des Leiters, in dem es sich gerade
befindet, und der Temperatur, ohne Rücksicht auf dessen son-
stigen electrischen Zustand. Beim Uebergaug des Electricitäts-
theilchens in einen anderen Leiter wird dann diese Energie
um eine bestimmte Grösse verändert, und der Betrag der
Aenderung tritt dann mit ein in die Gleichung der Erhaltung
der Gesammtenergie.1) Wie man sich diese Energieart —
Budde2) nennt sie „thermisch-electrische" Energie, ich habe
sie a. a. 0. als „electromoleculare" Energie bezeichnet — am
anschaulichsten vorzustellen hat, bleibt von vornherein ganz
offen; so kann man mit Loren tz annehmen, dass die Elec-
tricität £ in den Leitern a und b verschiedene Wärmecapa-
citäten hat und daher durch den U ebergang von a zu b
1) Planck, Princip der Erhaltung der Energie, p. 213, Leipzig, 1887.
2) Budde, Wied. Ann. 80. p. 690. 1887.
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Theorie der Thermoelectricität. 629
(bei constanter Temperatur) zu einer Energieänderung An-
lass gibt
Das Einfachste wäre allerdings, diese dritte Energieart
als gar nicht vorhanden zu betrachten, und den Energieumsatz
allein auf die electrostatische und die thermische Energie zu
beschränken. Man würde dann zu dem Schluss genöthigt sein,
dass der Zuwachs teal an electrostatischer Energie ganz und
gar von der Pel tier 'sehen Wärme geliefert wird, d. h. dass
die letztere einfach das Maass der Potentialdifferenz bildet
Dem scheint freilich die Thatsache zu widersprechen, dass die
so aus der Peltier 'sehen Wärme berechnete Potentialdifferenz
eab durchaus nicht übereinstimmt mit der electroskopischen
Volta' sehen Spannung; allein seitdem es sich gezeigt hat, dass
die letztere gar nicht mit eab identisch ist, hat jener Wider-
spruch viel an Gewicht verloren. Daher gibt es eine ganze
Anzahl Physiker1), die sich zu der geschilderten einfachen
Ansicht neigen; auch ich habe sie früher fur durchführbar gehalten.
Nichtsdestoweniger dürfen wir die in dieser Annahme
liegende Beschränkung nicht einführen, sondern müssen hier
die allgemeinere Vorstellung offen halten. Es wird sich näm-
lich durch die fernere Untersuchung ergeben, dass die thermo-
dynamiseben Principien, unabhängig von jeder weiteren hypo-
thetischen Vorstellung, nicht nur die Existenz, sondern auch
die Grösse der elect romolecularen Energie bedingen. Die
Begründung dieses Satzes ergibt sich aus der folgenden
Darstellung, doch soll schon hier an einem Beispiel ge-
zeigt werden, dass man in der That mit der einfachen An-
nahme der Proportionalität zwischen Pel tier- Effect und
Contactdifferenz zu einem Widerspruch mit den Hauptsätzen
der Wärmetheorie kommt. Bekanntlich gibt es für jede Com-
bination zweier Metalle eine bestimmte Temperatur, den soge-
nannten neutralen Punkt, für welche die Peltier' sc he Wirkung
verschwindet; fur Eisen-Kupfer beträgt sie 284°. Denken wir
uns nun folgenden Kreisprocess ausgeführt. Zwei in rein-
metallischem Contact befindliche, im übrigen isolirte Leiter
von Eisen und von Kupfer, die ausser der Contactelectricität
1) Clerk Maxwell. KfcctricitUt, $ 249. Mascart u. Joubert,
Electricität, sj 248, § 286.
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G30
M. Manch.
keine Ladung besitzen, werden zusammen von 0° auf 284°
erwärmt, dann getrennt, einzeln auf Ü° abgekühlt und dann
wieder in leitende Berührung gebracht. Wollte man annehmen,
dass bei der Temperatur 284° ausser dem Peltier- Effect auch
die Contactdifferenz verschwindet, so wären die sich berühren-
den Leiter bei dieser Temperatur unelectrisch, ihre Trennung
wäre also von keiner mechanischen Arbeitsleistung begleitet,
und wir hätten in dem ganzen Process nur Wechselwirkungen
zwischen thermischer und electrostatischer Energie; jedesmal,
wenn sich letztere bildet, muss ein äquivalentes Quantum
Wärme verschwinden, und umgekehrt. Nun bildet sich die
electrostatische Energie bei 0° durch die Herstellung des
Contactes und verschwindet bei höheren Temperaturen, folglich
verschwindet Wärme bei 0° und bildet sich bei höheren Tem-
peraturen. Durch gehörige Wiederholung dieses Processes
Hesse sich also beliebig viel Wärme ohne Compensation von
0° auf höhere Temperatur schaffen. — Diesem Widerspruch
mit dem zweiten Hauptsatz entgehen wir durch die Annahme
der electromolecularen Energie, die sich übrigens auch in allen
neueren thermoelectrischen Untersuchungen, von Du hem,
Lorentz, Budde, Boltzmann, berücksichtigt findet.
Bezeichnen wir demnach die electromoleculare Energie
eines Electricitätstheilchens « im Leiter a mit *-mu. wobei
Ma nur noch von der Temperatur abhängen kann, so wird
beim Uebergang zu b die electromoleculare Energie €.(«& — «.)
gewonnen. Da nun nach dem Energieprincip die Summe aller
Energieänderuugen an der Coutacttiäche *= 0, so hat man, mit
Weglassung des Factors t:
(1) eab + Tlab + W* - M« = 0.
Weitere Voraussetzungen haben wir uicht nöthig.
?f 2. Stationärer thcrwoelectriacher Strom.
Wenn zwei oder mehrere ungleich erwärmte lineare Leiter
zu einer Schliessung vereinigt werden, so können wegen der
verschiedenartigen an den Grenzflächen der Leiter herrschen-
den Potentialdifferenzen eab die Bedingungen des electrise hen
Gleichgewichts im allgemeinen nicht sämmtlich erfüllt werden,
. und es tritt, falls die Temperaturen allenthalben constant ge-
■
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Theorie der Thermoelectricität.
halten werden, ein stationärer thermoelectrischer Struin ein;
seine Intensität ergibt sich aus dem Ohm' sehen Gesetz. Clau-
dius und Budde haben in ihrer Theorie der thermoelectrischen
Ströme angenommen, dass ausser den Contactdifferenzen an
den Berührungsflächen je zweier Metalle noch electrische
Spannungen im Innern eines ungleichmässig erwärmten Metalls
auftreten, und in der That wurden die eigentümlichen thermo-
electrischen Erscheinungen zu dieser Annahme nöthigen, wenn
ausser der thermischen nur die electrostatische Energie vor-
handen wäre. Durch die oben anderweitig begründete Ein-
führung der electromolecularen Energie sind wir aber der
Notwendigkeit jener Hypothese überhoben, und da electrische
Spannungen im Innern eines ungleich erwärmten isotropen
Leiters weder direct nachgewiesen sind, noch auch sonst sich
als wahrscheinlich zeigen, so sehen wir von ihnen ganz ab
und nehmen an, dass ungleichmässige Temperatur an und tur
sich noch keine electrische Spannung bedingt
Danach rührt die Kraft, weiche ein Stromtheilchen im
Innern eines Leiters vorwärts treibt, allein von der statischen
Electricität des Systems her; bezeichnen wir also mit y die
Potentialfunction, mit / die Stromintensität, so haben wir für
irgend einen Punkt eines Leiters a mit dem Widerstand u?«
nach dem Ohm' sehen Gesetz:
dif
wobei wir die positive Richtung des Längenelementes du stets
so wählen, dass i positiv wird. Ist ferner IV der Gesammt-
widerstand der Schliessung, so ist, über den ganzen Strom-
kreis integrirt:
d. h. die electromotorische Kraft des Stromes ist die algebrai-
sche Summe der Contactdifferenzen je zweier aufeinander-
folgender Leiter.
Die Wärmewirkungen des Stromes lassen sich aus dem
Energieprincip ableiten. Zunächst haben wir nach Gl. (1) für
die Peltier'sche Wärme an der Contactfläche <///, den Strom,
wie immer, von a nach b fliessend gedacht, in der Zeiteinheit:
inab mm - ieab + i{ua - ub).
Betrachten wir weiter die Energieverhältnisse im Innern
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632
Af. Planck.
eines ungleich erwärmten Leiters cu Jedesmal wenn die Elec-
tricitätsmenge i eine unendlich kleine Strecke dn des Leiters
durchläuft, in deren Anfangs- und Endpunkt die Werthe der
Potentialfunction <p und <p dyjdn.dn sind, wird die electro-
statische Energie um i.dyjdn.dn vermehrt; ferner haben wir
die Aenderung der electromolecularen Energie zu berück-
sichtigen, da dieselbe aus im« in i{ua + dua/dn .dn) übergeht
Ausserdem kommt nur noch die thermische Energie in Betracht;
daher beträgt nach dem Energieprincip die im Element dn in
der Zeiteinheit erzeugte Wärme:
— i * ' dn — i a dn
an an
oder, wenn wir die obige Ohm' sehe Gleichung benutzen und
ferner berücksichtigen, dass w« durch die Temperatur ft be-
stimmt ist:
Die im Leiter erzeugte Wärme besteht also aus zwei Theilen :
der eine, stets positive, ist die Joule 'sehe Wärme, der andere,
bald positive, bald negative, ist die Thomson' sehe Warme.
In einem Metall, für welches duajdft positiv (wie bei Kupfer)
ist die Thomson 'sehe Wärme positiv, wenn der Strom in
der Richtung der abnehmenden Temperatur fiiesst (dft/dn < 0).
Im ganzen Stromkreis wird erzeugt: die Joule'sche Wärme
i». JF= i J5>a6, die Peltier'sche Wärme: i.2nah und die
Thomson 'sehe Wärme: i . 2{ub — ua). Die Summe dieser
drei Beträge ist nach p. 566 = 0, wie es das Energieprincip
rar einen stationären Strom verlangt. Weitere Schlüsse, be-
sonders bezüglich des Zusammenhanges der Grössen e, n und
// gestattet unter unseren Voraussetzungen dies Princip allein
nicht; wir wenden uns daher nun zum zweiten Hauptsatz, dem
Princip der Vermehrung der Entropie.
Da wir von der einfachsten Vorstellung ausgehen, dass
die Leitung der Wärme und die Leitung der Electricität, eine
jede nach Maassgabe der besonderen rar sie in Wirksamkeit
tretenden Kräfte, unabhängig nebeneinander hergehen, so dürfen
wir das Entropieprincip auf jede der beiden Erscheinungen
gesondert anwenden. Denken wir uns einen thermoelec-
trischen Strom zwischen beliebig vielen linearen Leitern, der
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Theorie der Tkermoelectricität.
ÜH3
dadurch stationär bleibt, dass jedes Leitereleuient des Systems
durch äussere Abfuhr oder Zufuhr von Wärme auf constanter
Temperatur gehalten wird, so haben wir den Satz, dass die
Summe der Entropien aller Körper, die durch den Process
irgend welche Veränderungen erleiden, mit der Zeit wächst
Da der Strom stationär ist, so verharren alle Leiterele-
mente genau im nämlichen Zustand, ihre Entropien sind also
constant; die einzige zeitliche Veränderung, die vor sich geht,
findet vielmehr im umgebenden Medium statt, das beständig an
einigen Stellen Wärme aufnimmt, an anderen Wärme abgiebt. Nun
beträgt der durch die Aufnahme einer Wärmemenge d Q ver-
ursachte Entropiezuwachs dQ!&, folglich ist der Entropiezu-
wachs des ein Leiterelement dn umgebenden Mediums infolge
der durch den Strom erzeugten und nach aussen abgeleiteten
Wärme nach dem Ausdruck auf voriger Seite:
während er an einer Contactfläche vermöge der Peltie rächen
Wärme iitai,!& beträgt. Daher haben wir für die Summe
aller Entropieänderungen :
Dies ist der allgemeine Ausdruck für das Entropieprineip in
seiner Anwendung auf einen stationären thermoelectrischen
Strom zwischen beliebig vielen metallischen Leitern. Die
Summenzeichen beziehen sich auf die verschiedenen Leiter und
Löths teilen, das Integral (in der Richtung des Stromes zu
nehmen) auf die verschiedenen Elemente eines Leiters.
Das Princip gestattet aber noch weitere Schlüsse. Die
obige Ungleichung muss nämlich ihre Giltigkeit auch dann
behalten, wenn für t nicht mehr die Intensität des durch die
im ganzen Stromkreis wirkende electromotorische Kraft hervor-
gebrachten stationären Stromes, sondern irgend ein beliebiger
anderer Werth gesetzt wird. Denn wir können in dem näm-
lichen Stromkreis bei den nämlichen Temperaturen aller Leiter
nnd Löthstellen durch geeignete äu8sere_jeJectromotorische
Kräfte, etwa durch Bewegung eines Magnaten^ ganz beliebige
Stromintensitäten hervorrufen, und das Princip dW: Entropie
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634
M. Manch.
gilt auch in diesem Fall in der nämlichen Form, weil die auf-
gewendete äussere mechanische Arbeit keinen Einfluss auf den
Werth der Entropien hat, und weil die erzeugten Wärme-
mengen sich immer durch die oben angewendeten Ausdrücke
darstellen. Aus demselben Grunde muss die Formel sogar
bestehen bleiben t wenn wir den Strom in unigekehrter Rich-
tung messen lassen, wobei dann die Thomson'sche und die
Peltier'sche Warme ihr Vorzeichen umkehren, während die
Joule'sche stet6 positiv bleibt
Da tür kleine Werthe von t die letztere Oberhaupt gegen
die anderen verschwindet, so ist die Giltigkeit der Formel
in allen angeführten Fällen offenbar nur möglich, wenn all*
gemein das auf die Thomson'sche und Peltier'sche Wärme
bezügliche Glied verschwindet. Dies ergibt, mit Weglassung
des Factors i:
eine Function, die von der Natur des Leiters a und von der
Temperatur & abhängt, und in der noch eine additive lineare
homogene Function von & willkührlich ist, so ergibt sich:
Hier bedeutet die eckige Klammer, dass man in den
Ausdruck noch die Integrationsgrenzen einzusetzen hat, nämlich
als obere Grenze die Temperatur des Endpunktes (Austrittsstelle
des Stromes), als untere die des Anfangspunktes jedes Leiters,
sodass die ganze Gleichungsseite nur die Temperaturen der Con-
tactflächen enthält Da diese Temperaturen ganz unabhängig
voneinander sind, so folgt, dass jedes auf eine einzelne Contact-
fläche bezügliche Glied der Gleichung einen von ihrer Tem-
peratur unabhängigen Werth hat; daher haben wir z. B. für
die ContactÜäche ab mit der Temperatur tf:
Die Grösse der const richtet sich nach der in der obigen
Definition von 7ta und nb noch übrig gelassenen Willkür; wir
Detiniren wir nun allgemein:
■»-■»+ * =f0,lst-
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Theorie der Thermoelectricitäf. 635
wollen dieselbe so ergänzen, dass const. = 0, und haben dann:
itai = *b — ?T«. Mit Rücksicht hierauf lautet die Gleichung (1)
p- 56ü: eah + nb - na + ub - ua = 0,
und, wenn wir allgemein setzen:
(2) >u « - nu - m« = . f £ - ua = & . J £ •
^«i> = ~~ ^a«
Dies ist das Gesetz der Spannungsreihe. Dieses Gesetz ist
also hier eine Folge des Entropieprincips, es knüpft sich an die
Annahme, dass der Strom nur thermische Wirkungen äussert,
und verliert seine Gültigkeit, sobald andere, z. B. chemische
Bnergiearten ins Spiel kommen. Zugleich vermittelt das Princip
einen bestimmten Zusammenhang zwischen den Functionen e,
7i und u und setzt daher in den Stand, das ganze thermo-
electrische Verhalten eines Metalls auf eine einzige Tempe-
raturfunction zurückzuführen. Zunächst haben wir für die
electromotorische Kraft einer beliebigen Thermokette nach
p. 567: X/ \
Dieselbe setzt sich also zusammen aus lauter additiven
Gliedern, welche jedes für sich nur von einem einzigen Metall
und von einer einzigen Temperatur abhängen, wie es der Er-
fahrung entspricht. Wenn z. B. nur zwei Metalle a und b
vorhanden sind, deren Löthstellen auf den Temperaturen &
und &' gehalten werden, so ist die electromotorische Kraft
des Stromes, positiv, wenn er bei & von a zu b geht:
e i — ea + ea — e\.
Durch t'a lassen sich nun mit Hilfe der letzten Gleichungen
alle therinoelectrischen Functionen des Metalles a in einfacher
Weise ausdrücken, was wir im Folgenden thun, indem wir der
Kürze halber den Index a fortlassen. Zunächst erhält man
durch geeignete Differentiation von (2):
n — & — *>, daraus: n — — u — e — — »V . ,
wodurch der Peltier-Effect in seiner Abhängigkeit von der
electromotorischen Kraft gegeben ist Diese Gleichung hat
kürzlich Jahn1) durch Versuche bestätigt.
n Jahn, Wied. Ann. 34. p. 755. 1888.
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63«;
M. Manch.
Der Thum son -Effect im Innern eines ungleich erwärmten
Metalls wird bestimmt durch die Grösse:
du «> d*e n dn
dfr ~~ "r dt>* ~~ & ~ dt>>
welche Thomson und Lorentz die specifische Wärme der
positiven Electricität nennen. Man kann also durch Beobach-
tung der electromotorischen Kraft als Fuuction der Temperatur
alle anderen Grössen finden. Nach Avenarius*) ist e eine
ganze quadratische Function der Temperatur; daraus würde
folgen, dass dujdft proportional der Temperatur ist (Hypothese
von Tait3)), und dass n quadratisch von der Temperatur ab-
hängt. Das Gesetz von Avenarius scheint aber kein allge-
meines zu sein, es gilt gewiss nicht für Eisen und Nickel.
Für den sog. neutralen Punkt zweier Metalle a und b wird
d{fb — ea)/d& = o , und der Peltier-Effect verschwindet, nicht
aber die Contactdifferenz.
Wir haben also hier die bekannten Thomson'schen Glei-
chungen, die bisher von der Erfahrung im wesentlichen be-
stätigt sind.
§ 3. Geladeue Leiter.
Indem wir von der Absicht ausgehen, die Consequenzen
der geschilderten Vorstellungen mit Hilfe der thermodynamischen
Principien möglichst weit auszudehnen, wenden wir uns hier
noch zu der Untersuchung eines Systems beweglicher electri-
sirter metallischer Leiter, in welchen nicht, wie bei stationären
Thermoströmen, der electrische Zustand constant bleibt, son-
dern sich mit der Zeit ändert; wir haben dann nicht nur auf
Wärmewirkungen, sondern auch auf die electrischen Wirkungen
Rücksicht zu nehmen. Wenn wir uns auf die Betrachtung
von Gleichgewichtszuständen beschränken, so kommen nach den
oben von uns gemachten Annahmen hier ausser der mecha-
nischen Arbeit noch drei Energiearten in Betracht: die ther-
mische, die electromoleculare und die electrostatische Energie.5)
Letztere ist, wie bekannt, = lii2?t.q>, wenn « die electrische
O Avenarius, Pogg. Ann. 119. p. 406. 637. 1863; 122. p. 193.
1864; 149. p. 372. 1873.
21 Tait, Trans. Edinb. 1870-71. p. 308; 1871—72. p. 597.
3) Budde, Wied. Ann. 30. p. 664. 1887 berücksichtigt ausserdem noch
eine Energieart, die vom umgebenden Isolator abhängt. Dieselbe ist hier
im Interest der Einfachheit ausser Betracht gelassen.
Digitized by (
Theorie der Thermoelectricity.
Ladung irgend eines Leiterelementes, ff die Potentialfun et ion
an dem Orte des Elementes vorstellt, und die Summirung sich
auf die ganze Ladung des Systems erstreckt Falls im System
Contactflächen zweier Metalle vorkommen, so bestehen dort
electrische Doppelschichten, deren Ladungen im allgemeinen
bei der Berechnung obiger Summe auch mit berücksichtigt
werden müssen. Setzt man aber, wie wir es hier thun wollen,
die Grössen der Contactflächen als klein gegen die übrigen
Dimensionen der Leiter voraus, so kann man von der durch
ihre Ladung bedingten Energie absehen und braucht die e nur
auf die freien electrischen Ladungen der Leiter zu beziehen.
Dann äussert sich das Vorhandensein der Doppelschichten nur in
den Werthen von (f. Nach dem Princip der Erhaltung der Energie
ist die Summe der electrostatischen, electromolecularen, thermi-
schen und mechanischen Energie mit der Zeit unveränderlich.
Wenn nun sämmtliche Leiter einzeln electrisch isolirt sind
und sich unter dem Einfluss äusserer mechanischer Kräfte, so-
wie der von ihren Ladungen ausgehenden electrostatischen
Wirkungen bewegen, in der Art, dass jeden Augenblick im
ganzen System electrisches und mechanisches Gleichgewicht
besteht (also unendlich langsam), so findet der Umsatz nur
zwischen der mechanischen und der electrostatischen Energie
statt: jeder mechanischen Arbeitsleistung entspricht ein äqui-
valenter Zuwachs der electrostatischen Energie, und zwar offen-
bar in umkehrbarer Weise. Denn Wärmewirkungen können
nicht auftreten, weil die Bewegungen der Electricitäten nur
innerhalb der Leiter, und zwar stets bei gleichmässigem Poten-
tialniveau erfolgen, und die electromoleculare Energie kann auch
nicht verändert werden, weil die Gesammtladungen und die
Temperaturen der Leiter constant bleiben.
Wenn aber in dem System Contacte vorkommen, d. h.
metallisch verbundene, im übrigen isolirte Leiterpaare mit
beliebigen Ladungen, so wird bei einer derartigen Bewegung
die Herstellung des durch die augenblickliche Constellation
der Leiter bedingten electrischen Gleichgewichts einen Durch-
gang von positiver Electricität (die wir uns allein bevve^iieh
denken können) durch die Berührungsfläche nöthig nux-heu,
und dadurch wird ein Umsatz von thermischer (Pe 1 tie richer)
und electromolecularer Energie bedingt, der offenbar von der-
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63$
M. Planck.
selben Grössenordnung ist. wie die Aenderungen der mechani-
schen und electrostatischen Energie. Wir können uns übrigens
die Pel tier* sehe Wärme sofort in die Umgebung abgeleitet,
resp. aus ihr hergeleitet und dadurch die Temperatur der
Contactfläcbe constant erhalten denken; dann ist der Process
zugleich vollkommen reversibel, und wir haben liier den Fall
einer umkehrbaren wechselseitigen Umwandlung von Wärme,
Electricität und mechanischer Arbeit.
Gehen wir nun über zur Anwendung des Entropieprincips
auf Processe der betrachteten Art. Die Summe der Entropien
aller Körper, welche durch einen Process irgend welche Ver-
änderungen erleiden, muss nach dem Princip mit der Zeit
wachsen, für reversible Processe constant bleiben. Wenn
in einem Process ausser den mechanischen nur thermodyna-
mische Wirkungen vorkommen, so ist die Entropie eines
Körpers die aus der Wärmetheorie bekannte Function seines
molecularen Zustandes; wenn aber ausserdem electrische Ver-
änderungen auftreten, so wird man, um den Gesammtausdruck
der Entropie zu erhalten, eine neue Entropieart berücksich-
tigen müssen: die electrische Entropie, deren Existenz und
Grösse sich durch folgende Ueberlegung ergibt. Sobald durch
einen reversibeln Process Wärme in Electricität verwandelt
wird, bleibt die Gesammtentropie unverändert Da nun durch
Verschwinden von Wärme die thennodynamische Entropie ab-
nimmt, muss als Compensation eine andere Entropieart: die
electrische Entropie, um denselben Betrag wachsen. Hat man
einmal den allgemeinen Ausdruck der electrischen Entropie
als Function des electrischen Zustandes eines Körpers gefunden,
so muss unter Berücksichtigung dieser Entropieart für alle
electrisch- thermischen Processe das Princip der Vermehrung
der Entropie in vollständiger Allgemeinheit gelten.
Es ist leicht, für unseren Fall den Ausdruck der electri-
schen Entropie "aufzustellen. Die electrische Entropie eines
isolirten, geladenen, im electrischen Gleichgewicht befindlichen
Leiters wird abhängen können von seiner Ladung E —
seiner Potentialfunction y, seiner Temperatur # und von der
Natur des Leiters. Wenn sich der Leiter vollständig isolirt,
in der oben zuerst beschriebenen Weise bewegt, sodass
in jedem Augenblick electrisches und mechanisches Gleich-
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Theorie der Thermoelectricity.
639
gewicht besteht, so ist der Process reversibel, und die Gesammt-
entropie aller an dem Process betheiligten Körper bleibt con-
stant. Wärmewirkungen treten nicht ein, also bleibt die
thermische Entropie ungeändert, und infolge dessen die elee-
trische auch. Da aber bei der geschilderten Bewegung sich
die Potentialfunction im Leiter beliebig ändern kann, so ergibt
sich, dass die electrische Entropie des Leiters nicht von dem
Werth der Potentialfunction qp abhängt; es bleibt noch die
Abhängigkeit von E, & und der Natur des Leiters.
Betrachten wir weiter einen dem vorigen ähnlichen rever-
siblen Process, bei welchem aber, wie oben geschildert, Con-
tactflächen je zweier Leiter ins Spiel kommen, an denen Wärme,
«lectrostatische und electromoleculare Energie umgesetzt wird,
so bleibt ebenfalls die Gesammtentropie constant Nun wird
beim Durchgang der Electricitätsmenge t durch eine Contact-
fläche ab in der Richtung von a zu b die Peltier'sche
Wärme i.nab entwickelt, also die thermische Entropie um
«jTofc/i^ vergrössert; daher ändert sich die electrische Entropie
des Systems bei diesem Vorgang um den entgegengesetzten
Betrag, d. h. um - enahl& = - ei&(ni — *„)• Da aber die
electrische Entropie des Systems die Summe der bez. Entro-
pien der einzelnen Leiter sein wird, so wächst die electrische
Entropie des Leiters b bei der Aufnahme von e um — e.itb;&,
während die des Leiters a sich bei der Abgabe von « um
4- « . wa/# ändert. Daraus ergibt sich die gesammte electrische
Entropie eines der beiden Leiter durch einfache Summation
über alle Elemente e der Ladung, indem berücksichtigt wird,
•dass n nicht von t abhängt; wir erhalten dadurch fur die
electrische Entropie eines geladenen, im Gleichgewicht befind-
lichen Leiters den Ausdruck — njft.^t. Hierbei ist -2*€ *= E
die (positive oder negative) Ladung, n hängt in bekannter
Weise von der Temperatur und der Natur des Leiters ab,
nicht von seiner Ladung, während die Potentialfunction */
überhaupt nicht in den Ausdruck eingeht Danach ist
electrische Entropie eines Systems von Leitern mit den La-
dungen E: -ZE.7td- = 2E.dejdfr (s. p. 571).
Dieser .Satz lässt eine Menge von Folgerungen zu. indem
wir nun allgemein sagen können: In einem Process, welcher
beliebige mechanische, thermische und electrische Veränderungen
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»140
M. Planck.
herbeiführt, inuss die Summe der thermischen und electrischen
Entropien aller an dem Process betheiligten Körper mit der
Zeit zunehmen, im Grenzfall constant bleiben. Wenn wir die
Temperaturfunction — njfr = dejdf} die „electrische Valenz'*
des Leiters nennen so kommt jedem Leiter, unabhängig von
seinem electrischen Zustand, eine bestimmte nur von seiner
Natur und der Temperatur abhängige electrische Valenz zu,
und die electrische Entropie ist das Product seiner Ladung in
seine Valenz. Wir wollen von den Folgerungen, die sich hier
darbieten, nur einige aussprechen.
Die gegenseitige V er Wandlungsfähigkeit von mechanischer
Arbeit, Wärme und Electricität ist an bestimmte angebbare
Gesetzmässigkeiten geknüpft. Electricitat lässt sich vollkommen
umkehrbar in mechanische Arbeit verwandeln, wenn alle die
Electricitat enthaltenden Leiter gleiche Valenz besitzen, oder,
anders ausgedrückt: wenn die Electricität sich überall auf
gleicher Valenz befindet. Denn dann ist die electrische En-
tropie, wie die mechanische, = 0, weil die negative Electricitat
die entgegengesetzte Entropie hat, als die positive. In der
That lassen sich leicht derartige Processe beschreiben.1)
Wenn aber die positive Electricität sich auf höherer
Valenz befindet, als die negative, so lässt sich die electrische
Energie nicht ohne eine Compensation (im Clausius'schen
Sinne) in Arbeit verwandeln. So z. B. kann die Electricität,
die durch Berührung zweier vorher unelectrischer Metalle ent-
steht, niemals vollständig in Arbeit umgesetzt werden.
Wie die Wärme von höherer zu tieferer Temperatur, so
strebt die positive Electricität von Leitern kleinerer Valenz zu
solchen grösserer Valenz überzugehen; denn der umgekehrte
Vorgang lässt sich nicht ohne Compensation vollziehen. Dieser
Satz ist natürlich nur in dem Sinne zu verstehen, als er das
Gesetz der Vermehrung der Entropie in Worte fasst; sonst
könnte er zu Missverständnissen führen. So z. B. darf man
gptgen ihn nicht etwa den Umstand anführen, dass zwei sich
berührende Metalle sich nur bis zu einer gewissen Grenze
1) Diese Bezeichnung ist dem von Helmholtz'schen Ausdruck
„Galvanischer Werth" (Wied. Ann. 11. p. 748. 1880) nachgebildet, darf
jedoch nicht damit verwechselt werden.
2) Braun, Wied. Ann. *>. p. 190. 1878.
Digitized by Googl
Theorie der Tkermoelectricität.
641
entgegengesetzt laden. Denn durch Erregung von Electricität
wird immer anderweitige Energie verbraucht, so in diesem
Fall Wärme, und dadurch wird die thermodynamische Entropie
verkleinert. Der Process erreicht also dann sein Ende, wenn
durch weitere Scheidung der Electricitäten die Gesammtentropie
verkleinert werden würde. In der That Hesse sich leicht nach-
weisen, dass der thatsächlich eintretende Gleichgewichtszustand
dem Maximum der Gesammtentropie entspricht
Die wechselseitige Umwandlung von Electricität und
Wärme ist bedingt durch die Valenz der Electricität und die
Temperatur der Wärme, es kommt eben auf die Entropien
der betr. zu vergleichenden Zustände an. Der Uebergang
vollzieht sich ohne Compensation immer in der Richtung von
dem Zustand kleinerer Entropie zu dem Zustand grösserer
Entropie. — Betrachten wir noch zwei hierhergehörige reversible
Proce8se. Der eine besteht einfach in der Erwärmung eines
einzelnen geladenen isolirten Leiters durch äussere Wärmezu-
fuhr von der Temperatur & auf & -f dd: Während die La-,
dung E und mit ihr die electrostatische Energie ungeändert
bleibt (die Volumenänderung des Leiters kann vernachlässigt
werden), wächst die electromoleculare Energie Eu hierbei um
E.dujdfr .dft. Die äussere Wärmezufuhr muss also nachdem
Energieprincip um diesen Betrag grösser sein, als wenn der
Leiter ungeladen wäre (daher die Bezeichnung von dujdO- als
spezifische Wärme der Electricität). Da der Process rever-
sibel ist, so bleibt die Gesammtentropie constant.
In der That: die thermodynamische Entropie verändert
sich um — Ejö- .du ';d& ,d\tf weil das umgebende Medium ent-
sprechend mehr Wärme abgegeben hat, als der thermischen
Energie des Leiters zu Gute gekommen ist. Andererseits ver-
ändert sich die electrische Entropie E{de;dt/) um E.d[dejdO-).
Die Summe dieser beiden Beträge ergibt:
und ist = 0 mit Rücksicht auf die allgemein gültige Re-
lation p. 572.
flu „ d%e
welche auch hier hätte abgeleitet werden können.
Ado. d. Pbjra. u. Cbem. N. F. XXXVI.
41
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642
M. Planch.
Der andere zu erwähnende reversible Process besteht in
der ganz ähnlichen Erwärmung zweier in Berührung befind-
licher, im übrigen isolirter Leiter a und h, die nur durch den
Contact electri8ch sein mögen. Durch die Temperaturerhöhung
dft verändert sich die Potentialdifferenz eab um und da-
durch die Ladungen der beiden Leiter: Elt und Ea> wobei Eh
— — Ea — E, um dE, resp. — dE. Berechnen wir zunächst den
Betrag der von aussen zuzuführenden Wärme. Die electrostatische
Energie der beiden Leiter ist allgemein J^«y, also hier
\Eeah} ihre Aenderung beträgt mithin \d(Eeah), die electro-
moleculare Energie ist allgemein E{»b — na)y also ihre Aende-
rung d(E{nb — ua)). Daraus folgt nach dem Energieprincip.
dass ausser der Wärme, die zur Erhöhung der thermischen
Energie der Leiter von aussen zugeführt wird, noch das
Wärmequantum:
\d{Eeah) + d(E{ub- ua)) = dQ.
dem umgebenden Medium entzogen werden muss, um den mit
der Temperaturerhöhung verbundenen Zuwachs an electrosta-
tischer und electromolecuiarer Energie zu decken.
Die Gesammtentropie muss constant bleiben. Nun beträgt
die ganze Aenderung der thermodynamischen Entropie nach
der soeben angestellten Berechnung - dQft, die der electri-
schen Entropie:
also die Summe beider Aenderungen :
Dieser Ausdruck ist in der That identisch = 0, wie
sich leicht ergibt, wenn man die Relation zwischen u und e
benutzt, und ausserdem berücksichtigt, dass die Ladung E
proportional ist der Potentialdifferenz eah. Zugleich wird hier-
durch eine werthvolle Bestätigung der Verträglichkeit unserer
Annahmen mit den Principien der Thermodynamik geliefert.
Bemerkenswerth ist dabei noch besonders, dass die von Clau-
sius und Budde eingeführten electrischen Spaunungen im
Innern ungleich erwärmter Metalle zwar die Thomson'sche
Wärme erklären, aber bei der Untersuchung dieses letzten
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Theorie der Thermoelevtricitot.
643
Falles nicht genügen würden, was hier jedoch nicht naher
gezeigt werden soll.
Alle hier vorgetragenen Sätze sind strenge Folgerungen
der beiden Hauptsätze der Wärmetheorie aus den Vorstellungen,
von denen wir ursprünglich ausgingen. Dieselben sind unter-
einander verträglich und verdienen als die einfachsten so lange
den Vorzug vor allen übrigen, als sie allen Forderungen der
Erfahrung genügen. Sollte sich aber, wofür bis jetzt keine
Vermuthung zu sprechen scheint, einmal eine einzige Folgerung
als mit der Erfahrung in Widerspruch erweisen, so müsste man
sich entschliessen, auf dem von ßoltzmann bezeichneten Wege
zu einer weitergehenden Umgestaltung der aus den bisherigen
Erfahrungen hervorgegangenen Anschauungen zu schreiten, wie
sie durch die Mitführungstheorie von Kohl rausch bereits
angebahnt ist.
Kiel, December 1888.
III. üeber electrische Entladungen;
von E. Wiedemann und H. EberU
(Biers« T»f. VIII Fig. 1.2.)
Die . im Folgenden im Anschluss an unsere früheren
Beobachtungen1) beschriebenen Versuche hatten den Zweck,
festzustellen, ob gewisse Beziehungen zwischen dem Licht-
äther und der Electricität bei den Gasentladungen bestehen,
sei es, dass letztere sich an den Electroden anhäuft,
sei es, dass sie das (ras durchsetzt. An der Kathode ent-
wickelt sich bekanntlich ein eigentümlicher Zustand, welcher
dem Austritt der Electricität in den umgebenden Gas räum
einen ausserordentlich grossen Widerstand entgegensetzt.2)
Wir können uns denselben hervorgerufen denken durch Ver-
änderungen im freien Aether; jedenfalls ist zu untersuchen,
ob sich die optischen Eigenschaften des die Kathode
umgebenden Mediums hei der Ausbildung dieses Zustandes
ändern oder nicht.
1) E. Wiedemann und H. Ebert, Wied. Ann. 33. p. 241. 1888
und 35. p. 209. 1888.
2) E. Wiedemann, Wied. Ann. 20. p. 771. 1888.
41*
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(»44
E. Wiedemann u. H. Ebert.
Wir haben dies nach zweierlei Richtung hin gethao, in-
dem wir untersuchten:
1) ob die optische Dichte des Lichtäthers bei dem
L'ebergange der electrischen Entladungen durch ein verdünn-
tes Gas irgend eine Aenderung erfährt;
2) ob bei der Entladung eine Bewegung des Aethers,
eine Translation der lichtemittirenden Theilchen, sei es in
don Kathodenstrahlen, sei es in dem positiven Lichte in irgend
einem merklichen Betrage stattfindet.
Vor allem ist es der um die Kathode sich bildende
dunkle Raum, welcher dem Durchgang der Electricität einen
ungeheuren Widerstand entgegenstellt Wir haben uns da-
von aufs neue überzeugt, indem wir gleichzeitig zwei Ent-
ladungsröhren evacuirten. Bei der einen von ihnen lagen
die Electroden einander sehr nahe (bis auf 1 bis 2 mm);
sie waren aber bis fast unmittelbar an ihre Spitzen von
Glas eingehüllt; die andere enthielt zwei weiter (bis 20 mm
voneinander entfernte freie Electroden. Bei Parallel-
schaltung beider Röhren in denselben Inductionsstrom
geht von dem Momente an, wo der Druck so weit ge-
sunken ist, dass im erstgenannten Rohre der sich um die
Kathode herum weiter und weiter ausbreitende dunkle
Raum die Anode in sich einschliesst, die Entladung aus-
schliesslich zwischen den weiter entfernten Electroden über.
Sinkt der Druck so weit, dass auch im zweiten Rohre der
dunkle Kathodenraum die Anode mit in sich einschliesst, so
geht überhaupt kein Strom mehr durch die Entladungsröhren
hindurch.
Wir haben das Verhalten der Entladungen den Licht-
strahlen gegenüber mit der Methode der Fraunhofer'schen
Minima II. Classe2) und der Methode der hohen Interferenzen
untersucht. Unsere Hülfsmittcl gestatten uns einerseits noch
Aenderungen in dem Brechungsexponenten der von der Ent-
ladung durchsetzten Luft zu messen, wenn dieselben nur 1/e7000
des eigenen Betrages dieser Grösse ausmachen, andererseits
2) Es sind dies bekanntlich die lntcrferenzminima, wie sie bei Anwen-
dung zweier paralleler beugender Spalten durcli die Interferenz entspre-
chender Stellen der beiden gebeugten Strahlenbüudel in dem gewöhnlichen,
durch einen Spalt erhaltenen Bcugungsbilde auftreten.
GooqI
Ueber electrische Entladungen,
645
Geschwindigkeitsänderungen von 180 m noch mit Sicherheit
festzustellen.
Die Versuchsanordnung war die folgende:
Wir benutzten Entladungsröhren von verschiedenen
Formen.
1) Ein 25 mm weites, 25 cm langes Glasrohr A (Fig. 1) war
seitlich mit zwei kurzen, ebenso weiten, einander gegenüber-
stehenden Ansatzröhren versehen, auf welche zwei Glasfenster
Fl und F9 von 25 mm freier Oeffnung gekittet waren. Durch
zwei Schliffe Q und R waren die Zuleitungen eingeführt.
L ist ein Platindraht, der die Verbindung mit dem in
das obere Rohr gegossenen Quecksilber herstellte, in welches
der Zuleitungsdraht eingetaucht wurde.
Durch T stand das Rohr mit der Quecksilberluftpumpe
in Verbindung.
Auf den unteren Zuleitungsdraht wurden Electroden
von verschiedenen Formen aufgeschraubt. Gewöhnlich diente
hierzu eine 2 mm dicke Aluminiumplatte F von 6 mm Durch-
messer.
Wenn das Verhalten des Aethers längs der Kathoden-
strahlen geprüft werden sollte, wurde an Stelle der Platte F
entweder ein Ring oder eine drahtförmige rechtwinklig um-
gebogene Electrode aufgeschraubt (vgl. Fig. la, bezw. lb).
Der Ring hatte 5 mm inneren Durchmesser und war 3 mm
breit Seine Aussenfläche, sowie seine hohen Kanten waren
mit Papier beklebt, sodass nur die Innenfläche den Austritt
der Entladungen gestattete. War der Ring negative Elec-
trode, so drängten sich die Kathodenstrahlen beiderseits aus
dem Ringe heraus und bildeten zwei conaxiale, zur Ring-
ebene senkrecht stehende Bündel auf beiden Seiten der Ka-
thode.
Die Electrode 1 b bestand einem 1,5 mm dicken Alumi-
niumdraht, welcher an einen die Zuleitung besorgenden Pla-
tindraht angeschmolzen war; er war kurz vor seinem Ende
rechtwinklig umgebogen, die Endfläche war eben geschnitten
und polirt worden; sie stand senkrecht zur Längsaxe des
umgebogenen Stückes. Seiner ganzen Länge nach war dieser
Draht von einem Glasmantel umkleidet, der auch noch etwa
1 mm über das Ende hinausreichte. Diente der Draht als
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646
E. Wiedemann u. H. Ebert.
Kathode, so trat aus dem Glasmantel ein scharf begrenztes,
schwach divergirendes Bündel von Kathodenstrahlen heraus.
2) Für die Versuche, welche entscheiden sollten, ob
irgend eine Translation der leuchtenden Gastheilchen von
merklichem Betrage, besonders an der Kathode, stattfindet,
diente ein Entladungsrohr von der Gestalt (Fig. 2):
Auf die Enden eines cylindrischen, 26 mm weiten, 19 cm
langen Glasrohres A waren kreisförmige Spiegelglasplatten
Fx und F2 mittelst Siegellack senkrecht zur Rohraxe auf-
gekittet. Seitlich war das Rohr B mit der Platineleetrode
H angesetzt. Die andere Electrode bestand aus einer voll-
kommen ebenen, an einen Platindraht G genieteten Pla-
tinplatte D. Dieselbe war auf der einen Seite vollständig
mit aufgeschmolzenem Emailleglas bedeckt, welches sich mit
ihr fest verband. Dieser Emailleüberzug war gleichzeitig auf
die Capillarröhre E aufgeschmolzen, welche den Platindraht
G aufnahm. Die Dichtung wurde am oberen Ende der Ca-
pillarröhre bei J durch Siegellack hergestellt
So erzielt man, dass die an der Platte D sich entwickeln-
den Kathodenstrahlen nur nach einer Seite hin sich ver-
breiten; ein Abbrechen der Platte von der gläsernen Rück-
wand, etwa infolge der Erhitzung derselben während der
Entladung, ist nicht vorgekommen. Die Capillarröhre E ist
an dem eng anschliessenden seitlichen Ansatz K festgekittet
Bei gelindem Anwärmen des Siegellacks kann der Platte jede
beliebige Neigung gegen die Axe des Hauptrohres ertheilt
werden.
Durch T communicirt A mit der Pumpe.
3) Für die mit dem Interferentialspectrometer angestell-
ten Versuche dienten als Lichtquellen verschiedene Ent-
ladungsröhren mit gerader Durchsicht, die meist mit Spuren
von Quecksilber beschickt und sonst völlig leer gepumpt
waren. Die eine Electrode lag bei denselben in der Rohr-
axe, die andere war seitlich in die Kugel eingeschmolzen,
zu der sich der capillare Theil vorn erweiterte. Die
grüne Quecksilberlinie eignete sicli besonders für die hier
anzustellenden Messungen. Die Quecksilberröhren wur-
den in einem besonders construirten, röhrenförmigen Luft-
bade erhitzt; beiderseitige, mit Glimmerplatten versehene
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Ueber electrische Entladungen
647
Fenster gestatteten, die Beobachtungen bei Langsdurchsicht
auszuführen.
Zur Untersuchung der verschiedenen Theile der Ent-
ladung wurden die Entladungsröhren (Fig. 1 u. 2) mit den
beiden Fenstern b\ und Ft zwischen zwei Fernrohre B und
C (Fig. 1) gestellt. Das eine, C, von 65 mm freier Ohjectiv-
Öffnung und 106,5 cm Focalweite, diente als Collimator; das-
selbe war mit einer sich zweiseitig öffnenden Spaltvorrichtung
versehen, auf welche Sonnenlicht mittelst eines Heliostats oder
der geeignet concentrirte Strahlenkegel einer S c h u c k e r t'schen
Bogenlichtlampe geworfen wurde; der Doppelspalt lag hori-
zontal.
Das aus C austretende Bündel paralleler Strahlen fiel
senkrecht auf eine Metall platte S, in die zwei einander genau
parallele, horizontale, gleichweite Spalte eingeschnitten waren.
Die Breite der Spalte variirte bei den verschiedenen Ver-
suchen zwischen 0,4 und 2 mm. Die Mitten der Spalte waren
gleichfalls bei verschiedenen Versuchen verschieden weit von-
einander entfernt innerhalb der Grenzen 4 und 8 mm.
Das Entladungsrohr A (Fig. I) wurde so gestellt, dass
die den beiden seitlichen Ansätzen gemeinsame Axe genau
in die Axen der Fernrohre fiel, und dass von den beiden aus
den beugenden Spalten tretenden Lichtbündeln das untere
dicht über die Oberfläche der Platte />, das obere in grösserer
Entfernung von derselben verlief. Wurde in diesem Ent-
ladungsrohre nicht die Platte Pf sondern der Ring (Fig. 1»)
benutzt, so wurde er so gestellt, dass das untere Lichtbündel
gerade durch ihn hindurch, das andere über ihn hin ging. Die
spitzenförmige Aluminiumelectrode (Fig. lb) stand so, dass
das untere Bündel gerade über den Glasmantel hinweg ging;
dabei tauchte dieses untere Bündel noch vollkommen in die
divergirenden Kathodenstrahlen ein, das obere kam nicht mit
denselben in Berührung.
2* ach dem Durchgange durch das zweite Fenster Ft fielen
die beiden Bündel auf das Objectiv des Beobachtungsfern-
rohres B von 80 mm Durchmesser und erzeugten in der
Brennebene desselben das bekannte Beugungsbild. Der Schirm
U diente zur Abhaltung des bei dem Uebergange der Ent-
ladung in dem Rohre A sich entwickelnden Lichtes. Um
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G48
E. Wiedemann u, tl. Kbert
den Eintfuss dieses Lichtes auf die iin Beobachtungsfern-
röhre B zu Staude kommenden Fraunhofer'schen Minima
möglichst abzuschwächen, wurde das Fernrohr B immer
ziemlich weit von dem Entladungsrohre A aufgestellt (bis
30 cm weit). Von dem richtigen Gang der beiden beu-
genden Bündel durch die Entladungsröhre überzeugte mau
sich durch Zwischenschieben eines zur Axe des Ganzen um 45u
geneigten Spiegels zwischen A und B, wobei man die beiden
Oeffnungen des beugenden Schirmes und die vor dieselben
gestellten Electroden erblickte.
Das Beugungsbild wurde meist mit 40-facher Vergrösse-
rung betrachtet Die ersten in dem hellen Centrahtreifen
auftretenden Minima waren ausserordentlich scharf; auf einen
derselben wurde das Fadenkreuz des Fernrohres eingestellt.
Zu beiden Seiten desselben war noch eine ganze Reihe
scharfer Streifen zu erkennen, und es wäre wohl möglich
gewesen, noch eine Verschiebung des eingestellten Spectrums
um 1/4 des Abstandes zweier benachbarter Streifen zu erkennen,
d. h. das Eintreten einer Phasendiiferenz in den beiden Licht-
bündeln von */* Undulation nachzuweisen.
Neben der Methode der Fraunhofer'schen Minima
IL Ciasse wurde die Methode der hohen Interferenzen in
der von einem von uns früher vorgeschlagenen Form benutzt1);
das Interferentialspectrometer enthielt eine Doppelplatte von
7,495 mm Dicke, welche bei Anwendung des Quecksilber-
lichtes Gangunterschiede von 41700 Wellenlängen gibt.
Als Electricitätsquelle wurde hauptsächlich die Influenz-
maschine verwendet; zur Controle wurden alle damit erhal-
tenen Resultate noch mit einem Inductorium mittlerer Grösse
geprüft.
Die Anwendung derlnfluenzmaschine war deshalb angezeigt,
weil sich bei ihr durch die allmähliche Anhäufung der freien
Electricität die die Entladungen begleitenden Erscheinungen
allmählich vorbereiten und ausbilden; die Electroden sind
daher dauernd in dem durch die Ausbildung der Entladungen
bedingten Zustande, während dies bei Anwendung des Indue-
toriums nur zu den Zeiten, wo der Inductionsstoss erfolgt,
1) H. Ebert, Wied. Ann. 84. p. 54. 1888.
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Ueber electrische Entladungen.
649
der Fall ist; da diese Zeiten aber relativ kurz sind im
Vergleiche zu den Zwischenzeiten, in denen die Verhältnisse
an den Electroden die gewöhnlichen sind, so könnte es
kommen, dass für das Auge, welches ja die Einzelvorgange
nicht zu erfassen vermag und nur einen Gesammteindruck
erhält, der Unterschied bei dem Durchgange der Entladun-
gen und ohne dieselben unmerklich ist.
Bei unseren Versuchen ergaben übrigens beide Elec-
tricitätsquellen dasselbe Resultat.
Die angestellten Versuche sind die folgenden:
1) Wurden die Entladungen durch das Entladungsrohr A
(Fig. 1) geschickt und die Platte P dabei zur Kathode ge-
macht, so bildet sich bei hinreichend vermindertem Druck
um P der dunkle Raum kappenförmig aus. Bei der relativ
scharfen Begrenzung, welche die einzelnen Theile der Ent-
ladungserscheinungen in ihren Anfangsstadien aufweisen,
gelang es leicht, den Druck so zu wählen, dass die Glimm-
lichthülle des dunklen Raumes gerade zwischen die von beiden
beugenden Spalten ausgehenden Bündel fiel. Dabei durch-
lief das untere einen etwa 10 mm langen Weg im dunklen
Räume, das andere bewegte sich durch Gasschichten, welche
allen Erfahrungen gemäss sich von solchen im gewöhnlichen
Zustand nicht unterscheiden.
Hatte der Aether innerhalb des Mediums, welches in dem
dunklen Räume liegt, beim Einsetzen der Entladungen irgend
eine Veränderung erlitten, so mussten Verzögerungen des
einen Bündels gegen das andere und damit Verschiebungen
im Beugungsbilde eintreten.
. Von der Empfindlichkeit der Methode kann man sich
in folgender Weise Rechenschaft geben. Ist n der Brechungs-
exponent der Luft im Entladungsrohre unter gewöhnlichen
Umständen, n derselbe für die an der Kathode anliegenden
Luftschichten, so kommen auf eine Strecke von 10 mm
lOxn/0,0,6, resp. 10 X n'/0,036 Wellenlängen von mitt-
lerer Brechbarkeit, der Wellenlängenunterschied an beiden
Stellen ist also 10(n - n')/0,036 oder 10n«/0,036, wenn
man l-n'/w — e setzt. Eine Streifenverschiebung, die einem
Gangunterscbiede von */4 Wellenlänge entspricht, wäre sicher
noch bemerkbar gewesen. Aus 10n£/0,03 = 0,25 ergibt sich
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650
E Wiedemann u. H. EberL
« = 1/67000; dies entspricht also einer Aenderung des
Brechungsexponenten um Ve7o Proc.
Trotz dieser hohen Empfindlichkeit der Methode hat
*ich nie beim Schliefen und Oeffnen des Stromes eine Bewegung
im Beugungsbilde gezeigt. Es wurde bei den verschiedensten
Drucken beobachtet und dadurch, dass die beugenden Spalte
verschieden weit gemacht wurden, ihre Entfernung verändert
und der ganze Beugungsschirm verschoben wurde, wurden
der Reihe nach die verschiedensten Theile der Entladung
miteinander verglichen. Nie hat sich ein Unterschied im
Beugungsbilde bei geschlossenem und offenem Strome gezeigt.
Das Gleiche war der Fall, wenn P zur Anode gemacht
wurde. Alle Versuche wurden ferner mit der Abänderung
wiederholt, dass der eine oder andere Pol zur Erde abgeleitet
wurde; es ergab sich immer das gleiche Resultat.
Da hei Anwendung der Influenzmaschine die Zeiten, wo
der modificirte Zustand an den Electroden schon in merk-
lichem Grade ausgebildet sein muss, nicht unendlich kurz
sind im Vergleiche zu den Zeiten, wo nach erfolgter Ent-
ladung die Spannungen sich ausgeglichen haben, so müsste
bei Veränderungen des Aethers sich die mittlere Erscheinung
des Interferenzbildes während der Entladung von der Er-
scheinungsform ohne Entladungen wesentlich unterscheiden.
Wären keine Streifenverschiebungen erkennbar, so müsste
doch wenigstens das ganze Bild mit dem Einsetzen der Ent-
ladungen verwaschen werden.
Da davon nie etwas zu bemerken war, so kann man sagen:
Wie der modificirte Zustand, tcelcher an der Katkode zur
Bildung des dunklen Baumes und eines grossen Widerstandes
innerhalb desselben Veranlassung gibt, auch beschaffen sein mag,
jedenfalls hat der Aether dabei seine optische Dichte noch nicht
um l/«7ooo 8eines ursprünglichen Werthes verändert.
Für Veränderungen in der Elasticität des Aethers
gilt dasselbe.
Befremdlich könnte es hier erscheinen, dass man nicht
wenigstens infolge von plötzlich auftretenden Temperatur-
differenzen in den beiden benutzten Gasschichten Phasen-
differenzen der zur Interferenz gelangenden Bündel erhält.
Die Kathode wird unter dem Einflüsse der Entladungen
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Uebcr electrische Entladungen.
051
bekanntlich sehr heiss; ebenso findet eine starke Erhitzung
der ihr benachbarten Gasschicht statt.
Indessen überzeugt man sich durch folgende Betrachtung
davon, dass dieser Einfluss der Temperatur bei der grossen Ver-
dünnung desMediums (mindestens 1/,000 Atmosphäre) unmerklich
ist Nimmt man an, dass im Momente der Entladung die der
Platte unmittelbar benachbarten Gasschichten, welche von dein
einen Bündel durchlaufen werden, die Temperatur von 1000° C.
annehmen, und setzt man die Temperatur des übrigen Gas-
raumes, also auch der Partien, welche das andere Bündel durch-
läuft, gleich 0°, so wird die Dichte der erhitzten Gasschichten
ungefähr ein Viertel der ursprünglichen. Da wir die durch
Temperaturänderungen bewirkten Aenderungen des Brech-
ungsexponenten als äquivalent mit den durch die Dichten-
änderungen hervorgerufenen ansehen dürfen, so folgt für
den Gangunterschied der beiden Bündel bei einem Wege
von 10 mm:
ist, für n der Werth (n - 1)/(1 + at) + 1 zu setzen ist. Bei
den angegebenen Zahlenwerthen ergibt sich dieser durch
die Temperaturunterschiede veranlasste Gangunterschied
10 a t(n — l)/0ü36(l + at) zu rund Vsoo Wellenlänge. Gang-
unterschiede von dieser Grösse können aber nicht bemerk-
lich werden. Da bei noch höheren Temperaturen der eben
berechnete Gangunterschied sich 1/200 Wellenlänge als Grenz-
werth nähert, so kann niemals der Einfluss eventueller Tem-
peraturunterschiede merklich werden.
Die soeben beschriebenen Versuche wurden durch ana-
loge an der Entladungsröhre Fig. 2 bestätigt. Dabei wurde
die Platte D mit ihrer Ebene parallel der Axe des Rohres A
gestellt; die beugenden Bündel liefen vor und hinter D& vorbei.
2) Bei den Versuchen über eine eventuelle Fortführung
der leuchtenden Theilchen im Sinne der Stromrichtung inner-
halb der Kathodenstrahlen wurde die Methode der Minima
II. Classe verwendet. Dabei liess man das eine Bündel der
durch den beugenden Schirm tretenden Strahlen im Sinne
10 (n - /i')/0,036 Wellenlängen,
wo jetzt, weil:
und d'—
1 •+• at
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652
£, Wiedemann u, //. Ebert.
der Kathodenstrahlen oder gegen dieselben gehen. Bei der
in Fig. 1» gezeichneten Anordnung wurde das nach der ent-
gegengesetzten Ringseite austretende Kathodenstrahlenbtindel,
welches die Wirkung des anderen hatte aufheben können,
durch einen Magnet zur Seite gebogen. Bei der Electrode
Fig. lb genügte eine Drehung des Schliffes R (Fig. 1), um
180°, um die vom Collimator kommende Lichtbewegung
bald mit den Kathodenstrahlen, bald gegen dieselben laufen
zu lassen. Bei der Entladungsröhre, Fig. 2, wurde das Bündel
der Kathodenstrahlen gleichfalls durch einen Magnet bald in
den Bereich des einen, bald in den des anderen zur Inter-
ferenz beitragenden Lichtbündels gezogen. Es genügte aber
auch schon, der Capillarröhre E eine kleine Drehung zu
ertheilen, sodass die Kathodenstrahlen etwas schräg zur Axe
von A verliefen, um das eine Bündel bis auf eine Länge
von 3 bis 4 cm durch einen von Kathodenstrahlen erfüllten
Raum gehen zu lassen.
Niemals hat sich weder beim Oeffnen und Schliessen
des Stromes, noch bei einem Richtungswechsel der Kathoden-
strahlen, irgend eine Aenderung im Interferenzbilde gezeigt.
Die dadurch verbürgte Grenze der Geschwindigkeit,
welche die leuchtenden Theilchen sicher nicht überschritten
haben, berechnet sich wie folgt:
Ist die Geschwindigkeit der Lichtbewegung unter ge-
wöhnlichen Verhältnissen t>, die durch eine etwaige Be-
wegung der leuchtenden Theilchen modificirto v\ so ist der
Gangunterschied der beiden Bewegungen innerhalb einer
Strecke von 10 mm:
geworden.
Hierbei ist v = 3 X 1011 mm, T = j X 10" » v sei gleich
v -f- jr. Da der G;iDgunterschied noch nicht Wellenlänge
betragen hat, so gibt die Gleichung:
einen oberen Grenzwerth für x-, die genannten Zahlenwerthe
Hefern x — 5 X 106 mm » 5 km.
Aus diesen Versuchen folgt demnach:
10
10
10 x_
2' V
Digitize
(Jeher elcctrische Entladungen.
653
Die in den Kathodenstrahlcn leuchtenden Theilchen können
nicht Geschwindigkeiten besitzen, welche die mittleren in den um-
gebenden Gasräumen um mehr als 5 km übertreffen.
Der eine von uns1) hat aber schon früher darauf hin-
gewiesen, dass die Geschwindigkeit der Theilchen in den
Kathodenstrahlen andererseits nicht kleiner sein kann, wo-
fern man etwa annehmen wollte, dass die Entladung durch von
der Electrode fortgeschleuderte Theilchen bedingt sei.
3) Um zu prttfen, ob vielleicht bei dem Durchgange der
Electricitat durch ein Gas die ganze Masse des Licht«
äthers zwischen den beiden Electroden eine Verschiebung
in dem einen oder anderen Sinne erfährt, benutzten wir
die Methode der hohen Interferenzen in der schon oben
(vgl. p. 684) erwähnten Form. Die Interferenzstreifen waren
sehr deutlich zu sehen, ihr Abstand betrug 3,6 mm, sodass
eine Streifenverschiebung von l/l0 Streifenabstand zu messen
gewesen wäre.
Es sind von uns sehr zahlreiche Versuche mit den
p.582 erwähnten Röhren in der Weise angestellt worden, dass
rasch hintereinander der Strom gekehrt wurde; niemals
haben wir eine Streifenverschiebung bemerken können. Ent-
stände wirklich durch eine Fortreissung der Molecule in der
Stromrichtung ein Vorherrschen einer Richtung der durch-
einander fliegenden leuchtenden Theilchen, so könnte diese
Fortführung höchstens mit einer Geschwindigkeit von 180 m
in der Secunde stattfinden. Denn einer Streifen Verschiebung
von Vio Streifenabstand würde bei der jede Wellonlängen-
änderuug im doppelten Betrage zeigenden Interferenzplatte
(vgl. die oben citirte Arbeit) einer Aenderung der Wellen-
länge und damit der Fortpflanzungsgeschwindigkeit des Lichtes
von 1/20 x 1/41700, d. h. 1/834000 des eigenen Betrages,
d. h. um 3 X 108/834000 = 360 m entsprechen. Diese Aen-
derung in der Fortpflanzungsgeschwindigkeit würde sich bei
der Stromumkehrang orgeben, wenn die Theilchen durch den
Strom in einer Richtung im Mittel um 180 m fortgetrieben
würden. Jedenfalls wird durch die Versuche die Annahme
einer event. Fortführung der materiellen Theilchen durch
den Strom mit grösserer Geschwindigkeit ausgeschlossen.
1) Eilh. Wiedemann, Wied. Ann. 10. p. 246. 1890.
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654
E. Wiedemann u. H. Ebert.
4) Zum Schluss haben wir noch die Frage einer Prü-
fung unterworfen, ob geradlinig polarisirtes Licht bei irgend
einer Stellung der Polarisationsebene zu den verschiedenen
Theilen der Entladung, insbesondere zur Kathode, eine
Depolarisation , oder die Polarisationsebene eine Drehung
erfahrt Zu dem Zwecke wurde ein NicoTsches Prisma
vor den Spalt des Collimators gestellt, ein zweites hinter
das Ocular des Beobachtungsfernrohrs. Die Spaltplatte S
wurde dabei durch Schirme mit geeigneten Oeffnungen zum
Abblenden des Lichtes ersetzt. Bei Anwendung der Platte
P (Fig. 1) wurde die Polarisationsebene des Polar isators
senkrecht und parallel zu ihr gestellt. Ein kreisförmig be-
grenztes Bündel wurde ferner längs den aus der Spitze
(Fig. lb) austretenden Kathodenstrahlen und durch die Ring-
öffnung (Fig. U) geschickt. Alle Versuche wurden auch
hier sowohl mit der Influenzmaschine wie mit dem Induc-
torium angestellt; ferner unter Ableitung einer Electrode
zur Erde und nach Einschaltung von Funkenstrecken. Alle
Versuche wurden schliesslich im Entladungsrohre (Fig. 2)
wiederholt.
In gleicher Weise wurde die positive Lichterscheinung
untersucht.
Niemals hat sich eine Depolarisation oder eine Veränderung
in der Lage der Polarisationsebene bemerklich gemacht.
Unseren früheren Mittheilungen über den Einfluss des
ultravioletten Lichtes auf die Entladungen möchten wir noch
Folgendes hinzufügen:
Wie das von den Polen der Kohlen des Voltabogens
ausgehende ultraviolette Licht den Uebergang der Electricität
zwischen zwei beliebigen Spitzen erleichtert, so muss auch
das von der positiven Kohle ausgehende Licht den Austritt
der Electricität an der negativen Kohle begünstigen. Hierauf
ist bei Bestimmung des Widerstandes im Flammenbogen
Rücksicht zu nehmen.
Ferner möchten wir noch besonders bemerken, um Miss-
verständnisse zu vermeiden, dass die Betrachtungen des theo-
retischen Theiles p. 255 — 264 sich sowohl im allgemeinen
wie im speciellen, besonders auf p. 260, lediglich auf den
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lieber elcctrische Entladungen.
655
Uebergang der Electricität aus der Electrode in das Gas
beziehen, dass dagegen über die Ausbreitung der Electricität
im Gase selbst auch nach den a. a. O. mitgetheilten Ver-
suchsergebnissen die früher von dem einen1) von uns ent-
wickelten Anschauungen gelten.
Deragemäss würde auch der Satz p. 260 Zeile 18 v. o.
vielleicht besser wie folgt zu formuliren sein: »Belichten wir
die electronegative Electrode, so verlässt die negative Elec-
tricität dieselbe und geht zu der nahestehenden positiven
Electrode entsprechend dem Potentialgefälle u. s. w.« Ob bei
diesem Ausgleich der Electrici täten nur die convectiven Be-
wegungen, welche in dem Gase schon an sich immer vor-
handen sind, die Fortführung besorgen, oder ob daneben
andere Vorgänge eine überwiegende Rolle spielen, bleibe
zunächst dahingestellt.
Phys. Inst, der Univ. Erlangen, October 1888.
IV. Das electrolytische Verhalten des Glimmers
bei hoher Temperatur;
von Wilh. Hermann Schnitze.
(Hierin T»f. Till Hg. 8-4.)
Nach den Untersuchungen von Buff2) und Beetz3; über
die Abhängigkeit des electrolytischen Leitungswiderstandes des
Glases von der Temperatur hat schon Warburg4) gezeigt,
dass sich beim Durchgange des electrischen Stromes durch
eine Glasschicht, die sich zwischen Quecksilberelectroden be-
findet, bei hoher Temperatur (300° C.) auf der Anodenseite
t) Vgl. E. Wiedemann, Wied. Ann. 10. p. 254 1880 und 20.
p. 788. 1883.
2) Buff, Lieb. Ann. 90. p. 257. 1854.
3j Beetz, Pogg. Ann. 92. p. 452. 1854. u. Jubelbd. p. 23. 1874.
4) Warburg, Wied. Ann. 21. p. 622. 1884. u. 32. p. 442. 1887.
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W. H. Schnitze.
eine schlecht leitende Kieselsäureschicht ablagert , welche die
Intensität des Stromes sehr bald auf ein Minimum des frühe-
ren Werthes zurückführt und die sonst bekannte Oberflächen-
leitung des Glases, durch die bei mittlerem Feuchtigkeitsgehalt
der Luft ein Goldblattelectroskop momentan entladen wirdT
fast gänzlich aufhebt.
Diese Kieselsäureschicht, welche sich optisch bemerkbar
macht, wirkt wie das Dielectricum eines Condensators, bei
welchem das Quecksilber und die Glasmasse als Belegungen
anzusehen sind.
Hieraus ist die praktische Folgerung zu ziehen, dass durch
Erhöhung der Temperatur die Isolirfähigkeit des Glases für
den electrischen Strom vergrößert und die Oberflächenleitung
desselben Mediums bedeutend verringert werden kann.
Untersuchungen ähnlicher Art waren auch für den Glim-
mer wegen der mannigfachen Anwendungen, die derselbe in
neuerer Zeit erfahren hat, von einigem wissenschaftlichen
Interesse. — Im Folgenden mögen daher einige Versuche mit
ihren gewonnenen Resultaten Platz finden, zu deren Ausführung
mir der Herr Prof. Dr. A. Ober beck in seinem physikalischen
Institut zu Greifs wald Gelegenheit bot, wofür ich genanntem
Herrn zu grossem Danke verpflichtet bin. Gleich an dieser
Stelle möchte ich aber darauf aufmerksam machen, dass die
vorliegende Arbeit keineswegs als eine abgeschlossene ange-
sehen werden darf; ich fühle mich jedoch veranlasst, die er-
haltenen Ergebnisse auf der Stelle zu veröffentlichen, da ich den
Zeitpunkt der Wiederaufnahme der Untersuchungen nicht be-
stimmen kann.
Das Versuchsmaterial bestand in den meisten Fällen aus
Kaliglimmer; jenem wasserhaltigen Kalithonerdesilicat, das
unter dem Namen Muscovit bekannt ist. Dasselbe stammte
in hellen durchsichtigen Stücken aus Connecticut und in einer
dunkelgrünen Varietät aus Bengalen. Den weniger zu den
Versuchen herangezogenen Magnesiaglimmer (Biotit) mit seinen
meist dunklen Farben war der Fundort Monroe in New- York
beigegeben.1)
1) Die zu untersuchenden Gluninerplatten waren mir in liebenswür-
digster Weise von Herrn Prof. Cohen, Director des mineralogischen
Instituts der Universität Greifswald, zur Verfugung gestellt.
Digitized ^G°<_ '
Electrnlytisches Verhalten des Glimmers. 657
Alle untersuchten Glimmerstücke waren von vorzüglicher
Spaltbarkeit, sodass Platten von 0,035 mm Dicke zur Ver-
wendung gelangen konnten, was wegen der vielen Luftbläschen,
die dickere Platten aufwiesen, von Vortheil war. Zu den be-
nutzten Plättchen, deren Dicke sorgfältig mit dem Sphäro-
meter geraessen wurde, waren nur solche genommen, die an
verschiedenen Stellen der Peripherie eines darauf angenommenen
Kreises constante Zahlen ergaben. Die Platten wurden der
Einfachheit halber alle von gleicher Grösse geschnitten; ihre
Länge betrug 43,75 mm, ihre Breite 30 mm. Da die metal-
lische Belegung nicht ganz bis zum Rande reichen durfte,
um nicht der Gefahr einer directen metallischen Leitung aus-
gesetzt zu sein, so war die wirkende Fläche selbst eine kleinere,
sie besass nur 40 mm Länge und 25 mm Breite, sodass ihr
Inhalt 10 qcm gross war.
Da eine sorgfaltige Untersuchung über das Verhalten des
Glases bereits vorlag (s. oben), so war eine Vergleichung von
Glimmer- und Glasplatten von gleicher Grösse und gleicher
Belegungsoberfläche wohl angebracht.
Um dies zu erreichen, war die Einrichtung getroffen, dass
eine der zu untersuchenden Glimmerplatten mit zwei Metall-
beiegungen versehen wurde; auf die eine von diesen letzteren
wurde die Glasplatte und darauf ein drittes Metallblech ge-
legt. (S. Fig. 3.) Das zu den Untersuchungen benutzte Glas be-
stand aus weissem Spiegel- und dünnem Uhrglas. Die Ver-
bindungen der Belegungen waren dann solche, dass einmal
der galvanische Strom von der ersten Belegung durch die
Glimmerplatte zur zweiten oder von der dritten durch die
Glasplatte zur zweiten gehen konnte. Die sich aus beiden
Stromschlüssen ergebenden Ausschläge eines in die Kette ein-
geschalteten Galvanometers konnten getrennt und sehr schnell
nach einander abgelesen werden.
Diese ganze Vorrichtung wurde in einen Thonofen ge-
bracht, dessen dicke Seiten und doppelte Wände eine gleich-
massige Erwärmung zuliessen, ohne dass die Flamme mit den
zu untersuchenden Platten selbst in Berührung kam. (s.
Fig. 4.} Diese letzteren mit ihren sie trennenden Belegungen
ruhten auf isolirender, ebener Grundlage inmitten dieses Ofens;
sie waren mit ebenen, isolierenden Schichten bedeckt, wurden
A.m. d. Ph»fc v. Cheni. N. F. XXXVI. 42
//'. //. Schnitze.
durch starke Gewichte gleichmässig gegen einander gepresst
und so dem heissen Luftbade ausgesetzt. Die von den Be-
legungen, zu denen in allen Fällen Platinbleche benutzt wurden,
nach verschiedenen Seiten führenden Platindrähte waren an
die Bleche geschweisst und liefen in gebogenen Glasröhren
zwischen den beiden Wänden des Ofens durch kleine Aus-
buchtungen der Aussenwand in's Freie. Der ganze Apparat
wurde durch eine starke Gasflamme von unten her erwärmt,
sodass die Temperatur sehr bald auf 300° C. anstieg. Die
mittelste der Belegungen war mit dem einen Pole einer Kette
von Volta- Wasserelementen in Verbindung gesetzt, von denen
in den meisten Fällen zwanzig zur Verwendung kamen, welche
insgesammt eine electromotorische Kraft von 19 Volts reprä-
sentirten. Bei den Versuchen, wo der grossen und daher sehr
bald nicht mehr abzulesenden Ausschläge wegen eine geringere
Anzahl (5) genommen werden musste, ist in den beigegebenen
Tabellen die entsprechende t'inrechnung vorgenommen wordeu.
Wurden nun die Versuche, wie beschrieben, angestellt,
so zeigten sieh im allgemeinen, wie sich aus nachstehenden
Tabellen ergibt, folgende Erscheinungen:
Wurde der Ofen nicht der Flamme ausgesetzt und der
Strom geschlossen, sodass er abwechselnd eine Glasplatte und
ein Glimmerplättchen zu durchlaufen hatte, so zeigte das Gal-
vanometer zu Anfang einen bestimmten Ausschlag (s. Tab. A.),
Tabelle A.
Dicke des Glases d = 0,943 mm.
Dicke
des
Glimmers
d =
0,305 mm.
Zahl der Elemente
20
Ausschlage für (ilas
3
67
71
86 89 72 100
i
170! 255
Ausschlüge für Glimmer
3
■
24
33
37
55 44 43 48
50 95
der, sobald der Thonofen mit den darin enthaltenen Plättchen
stark erhitzt wurde, bei weiterem Oeffnen und Schliessen sehr
rasch bis zu grossen Ausschlägen stieg. Dabei zeigt sich ^mit
einer Ausnahme), dass die Ausschläge für das Glas bedeutend
grösser sind, als die für den Glimmer. Der eigentümliche
Verlauf der Zahlen, von einem constanten Minimalwerthe aus
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Kkrtrolytisches Verhalten des Glimmers.
<>59
zu wachsen, ist ein ziemlich regelmässiger. Namentlich ist zu
beachten, dass die Zahlen zu Anfang ungemein rasch anwachsen.
Sie ergaben sich der Reihe nach in kurzen Intervallen bei
stets zunehmender Temperatur. Die Tabellen B, C und D
Tabelle B.
Dicke des Glase« d » 0,310 mm.
Dicke des Glimmers d - 0,098 mm.
Zahl der Elemente
20
Ausschläge flir Glas
44 50 1 58 47 j 33 23
18
15
11 | 0
Ausschläge für Glimmer
23 28 29 | 25 j 22 19
14
12 '
9 , 6
Tabelle C.
Tabelle D.
Dicke des Glase« d = 1,250 mm.
Dicke des Glases d - 0,315 mm.
Dicke des Glimmers d = 0,085 mm.
Dicke des Glimmers d = 0,035 mm.
Anzahl
Ausschlüge für:
Glimmer:
Glas:
50
72
77
190
100
326
120
400
95
495
91 470
89 415
84
348
79
280
72
211
43
112
22
36
14
21
11
14
6
9
3
4
2
2
Elemente 20
Ausschläge für:
Glimmer: Glas:
8tro:n
Gewechselt.
Strom
1?
Strom
Gewechselt
Strom
15
5
10
39
41
41
60
57
58
125
149
66
80
220
234
84
70
280
274
90
76
300
296
90
72
272
260
60
50
243
214
38
34
120
94
38
34
60
50
46
64
40
20
20
26
24
zeigen ein gleichmassiges Verhalten. Bei allen dreien steigen
die Zahlen bis zu einem Maximalwerthe an und fallen alsdann
bis zu einem Minimum. Die ersten Werthe, die sich nach
vorgenommener Erwärmung ergaben, sind in allen Fällen so-
gleich ziemlich hohe, sie steigen dann auch stets sehr schnell
bis zu dem höchsten AVerth, der bei einigen zwei- oder drei-
42*
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H60
W. H. Schvltze.
mal auftrat. Bei anderen Versuchen waren die Zahlen in der
Nahe des Maximums oft sehr wenig von diesem verschieden.
Der Glimmer verhält sich hierhei wie Glas. Bei letzterem
ist schon Beetz1) zu ähnlichen Resultaten gelangt. Auch er
findet, dass die mitgetheilten Zahlen bei erhöhter Temperatur
anfangs eine erhebliche, bei noch höherer eine beträchtlich
geringere Abnahme des Widerstandes zeigen.
Der ganze Vorgang verlief bei meinen stets gleichen
Bedingungen in ungefähr 35 Minuten. Der Maximalwerth
wurde meist schon nach 9 — 11 Minuten erreicht. Aus den
Tabellen ist zu entnehmen, dass derselbe fur Glas und für
Glimmer bei fast gleichen Temperaturen erreicht wurde. (In
Tabelle A ist die Untersuchung gar nicht so weit geführt, dass
er erreicht werden konnte.)
Als Erklärung fur das bei höherer Temperatur anwach-
sende und allmählich versch windende Leitungsvermögen könnte
man eine mit der Zeit mehr und mehr zunehmende Polarisa-
tion des untersuchten Isolators annehmen, wie Buff*) dies bei
der Untersuchung des Glases gethan. "Warburg*) hat jedoch
diese Annahmen als unwahrscheinlich hingestellt. Er hat die
Ursache der genannten Erscheinung in einer durch den Strom
ausgeschiedenen nichtleitenden Substanz gefunden; eine solche
wäre eine dünne Schicht von SiO_,.
Wie aus Tabelle D hervorgeht, habe ich versucht, durch
Vornahme eines Stromwechsels die Entstehung dieser Schicht
näher zu bestimmen. Die Werthe, die der gewechselte Strom
ergibt, überragen bis nahe vor dem Maximum die anderen
entsprechenden; von diesem Punkte ab werden sie etwas kleiner
als die zugehörigen. Die Unterschiede der Zahlen sind aber
so geringe, dass unter Berücksichtigung der doch nicht ganz
constanten Temperatur bei den einzelnen entsprechenden Ab-
lesungen, die bei dieser Anordnung mehr Zeit erforderten,
sich ein wirklicher Schluss hieraus kaum ziehen lässt.
Um die Kieselsäureschicht . die ja auch beim Glimmer
Ursache der schlechten Leitung sein kann, zu beseitigen,
1) Beetz, Pogg. Ann. Jubelband p. 23. 1ST4.
2) Buff. Lieb. Ann. »«. p. 257. lt»M.
?>) Warburg. Bericht»' fib. d. Verb, der naturf. Ges. z. Frei-
burg VIII. 2.
EU ctroly inches Verhalten des Glimmert. 661
behandelte ich schon untersuchte Plättchen eiuige Zeit
mit heisser Kalilauge. Nach dieser Behandlung wurden die-
selben sorgfältig abgewaschen, getrocknet und in einem ge-
schlossenen Kaume verwahrt, der einen offenen Schwefelsäure-
behalter enthielt. Danach wurden diese Pl&ttchen wie früher
untersucht Wie kaum anders zu erwarten war, zeigte sich,
dass die schon sehr dünnen Glimmerstücke nach längerer Be-
handlung leitend wurden. Es konnte angenommen werden,
dass der Kieselsäuregehalt des Minerals an einigen Stellen
gelöst war, und dass dadurch leitende Punkte entstanden
waren. Dauerte die Einwirkung der heissen Kalilauge nur
kurze Zeit, so war eine Leitung bei der Untersuchung nicht
zu constatiren, vielmehr zeigte die untersuchte Platte dasselbe
Verhalten wie vor der ersten Untersuchung. Der Glimmer
seinen wiederum in seinen früheren Zustand übergeführt, d. h.
die Schicht von SiOa an der Oberfläche gelöst zu sein. —
Das Glas zeigte dies nach kurzer analoger Behandlung noch
nicht wieder; die Wertlie der Tabellen waren einander ziem-
lich gleich und nicht sehr hoch. Erst eine mehr als dreistün-
tlige Behandlung mit kochender Lauge rief den früheren Zu-
stand hervor.
Durch Bestimmung der Stromintensität in Ampere's und
der electromotorischen Kraft der Elemente in Volts, ferner
aus den Werthen des Querschnitts und der Länge der unter-
suchten Plättchen war die Möglichkeit gegeben, das speeifische
Leitungsvermögen der letzteren in Ohms ausgedrückt zu be-
rechnen.
Ist
/ = — und w « s ,
to 'l
wo E die electromotorische Kraft,
* die Stromintensität,
ir den Widerstand,
/ die Länge in Metern und
tj den Querschnitt
der untersuchten Platte in Quadratmillimetern, s aber den
speeihschen Leitungswiderstand des Körpers bedeuten, so er-
gibt sich:
7 E
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662
K. Schreber.
und das specifische Leitungsvermögen:
Die zu dieser Berechnung benutzten Maximalwerthe aus
den Tabellen für Glimmer ergaben resp.x= 1 . 10~15; x = 0,9. 10-15:
x = 12.10-".
Für Glas fand sich als höchstes speeifisches Leitungsver-
mögen: x= 196. 10-16.
Hiernach wäre das letztere (abgesehen von den verschie-
denen Dicken der benuteten Platten) mindestens 17 mal so
gross, als das des Glimmers.
Hier mögen die Ergebnisse der Versuche, die, wie schon
oben gesagt, und wie sich aus der Arbeit selbst ergibt, keines-
wegs erschöpfend behandelt sind, noch einmal ihren Platz
finden.
/. Parallel den Spaltung sßächen geschnittener Glimmer theilt
mit dem Glase die Eigenschaft, bei ansteigender Temperatur für
den electrischen Strom mehr uwl mehr leitend zu trerden. Nach
Erreichung eines Maximahcertlies nimmt seine Leitungsfähigkeit
ab und wird bei einer gewissen hohen Temperatur verschwin-
dend klein.
2. Vergleichung von Glimmer und Glas zeigt, dass erstercr
stets, auch bei hoher Temperatur, der bessere Isolator von
beiden ist.
Magdeburg, im December 1888.
V. Ueber die electroniotorischeu Kräfte dünner
Schichten von Superoxydhydraten;
von K. Schreber,
(Inauguraldissertation, fur die Annaleu bearbeitet vom Verfasser.)
(Biers« Tat VIII Flg. 6.*
I.
Von grossem Interesse für die Molecularphvsik ist die
Bestimmung der Grenzdicke einer dünnen Schicht, d. h. die
kleinste Dicke derselben, bei welcher sie sich noch in ihren
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Electro motorische Kräfte dünner Superoxydschichten. 663
Wirkungen ebenso verhält, wie eine Schicht von beliebig
grösserer Dicke. Je nach der Wirkung, welche man zur
Messung heranzieht, scheinen diese Grenzdicken sehr verschie-
den auszufallen.
Für Oapillarerscheinungen liegt die Grenzdicke nach
Plateau, Quincke, ferner nach Keinold und Küter unge-
fähr bei 50 fifi (Milliontelmilliuieter).
Für electromotorische Wirkungen wurde dieselbe von
Oberbeck zu 1 his 3 /up bestimmt.
Für optische Wirkungen (Phasenänderungen des Lichtes
an dünnen Silberschichten) fand AViener1) ungefähr 4 up.
Ausführlichere Angaben über die Literatur dieses Gegenstandes
sind in Abschnitt I meiner Dissertation enthalten.
II.
Im Anschluss an die Arbeit von Oberbeck2): .,Ueber
die electromotorischen Kräfte dünner Schichten und ihre Be-
ziehungen zur Molecularphysik", stellte ich mir die Aufgabe,
die electromotorischen Kräfte dünner Schichten der electroly-
tisch leicht zu erhaltenden Superoxyde von Mangan, Blei uud
Wismuth zu untersuchen, um vielleicht eine Abhängigkeit des
Bereichs der Molecularkräfte von der Art der Zusammensetzung
aus mehr oder weniger vielen Atomen zu constatiren. Diese
Verbindungen haben vor den Metallen gleichzeitig den Vorzug
der leichteren Behandlung, da sie, ohne verändert werden zu
können, mit Luft in Berührung kommen dürfen, und lassen
auch aus ihren Farben leicht erkennen, ob die Belegung hin-
reichend gleichmässig vertheilt ist auf dem Platin oder nicht.
Ferner war nicht zu befürchten, dass sie sich, wie die Metalle
bei der Untersuchung Oberbeck's, während der zur Bestim-
mung der electromotorischen Kraft nöthigen Zeit freiwillig in
der trotz aller Vorsicht dennoch niemals absolut neutral zu
erhaltenden Salzlösung auflösten.
Meine Versuchsanordnung war die folgende: Ks wurden
in ein Gefäss, welches die zur Electrolyse bestimmte Flüssig-
keit enthielt, als Anode eine mit aller Vorsicht gereinigte
1) Wiener, Wied. Ann. 31. p. 669. 1887,
2i OberUeck, Wied. Ann. 31. p. 837. 1*87.
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♦ , A*. Schreber,
Platinplatte und als Kathode auf beiden Seiten derselben je
ein Metallstreilen eingehängt, welcher, um eine möglichst gleich-
massig dicke Superoxydhydratschicht auf der Platinplatte zu
erzielen, etwa !/3 der Breite derselben besass und auch etwas
weniger tief in die Flüssigkeiten eintauchte. Durch ein gleich-
zeitig in den Strom eingeschaltetes Amperemeter von Edel-
mann und einen Stöpselrheostaten von Siemens war es leicht
möglich, die Intensität des Stromes constant auf derselben
Höhe zu erhalten.
Die electromotorische Kraft der so erhaltenen Superoxyd-
hydratschicht gegen möglichst gereinigte Platinplatten bestimmte
ich mit Hilfe der Compensationsmethode. Die bekannte elec-
tromotorische Kraft lieferten zwei Daniell'sche Eleroeute,
neben deuen sich stets ein Widerstand von 3000 S.-E. befand.
Den zu verändernden Zweigwiderstand bildete ein Stöpsel-
rheostat von Siemens. Da das Galvanometer, welches sich
neben dem zu untersuchenden Element in demselben Strom-
kreis befand, einen sehr grossen Widerstand, ungefähr 6000
S.-E., hatte, so war das Entstehen stärkerer Ströme überhaupt aus-
geschlossen, und die Compensation gelang daher immer sofort
und sicher.
Bezeichnet man den Zweigwiderstand mit »r, so ist bekannt-
lich nach dieser Methode, wenn man gegen die 3000 S.-E.
sowohl den Widerstand der beiden Elemente als auch den
der ziemlich dicken, kurzen, kupferneu Zuleitungsdrähte ver-
nachlässigt:
E = SOOoV « ' 2D
Die einzelnen Versuche verliefen durchweg folgeuder-
masseu. Es wurden die Platinplatten in Salzsäure chemisch
gereinigt, mit destillirtem Wasser abgespült, zwischen Fliess-
papier getrocknet und endlich in einem Gebläse tüchtig aus-
geglüht.
Regelmässig überzeugte ich mich von der Homogenität
der Oberfläche, die häufig durch das Trocknen zwischen Fliesa-
papier oder auch, sobald dieses nicht genügend geschehen war,
durch das Ausglühen gestört wurde, durch Beobachten der
Hauchbilder und setzte dieses Reinigungsverfahren fort so
lange, bis ich auf der ganzen Oberfläche einen gleichmäßigen
ElectrunioturUcke Kräfte dÜM^e^^^^^'^tbiJßtläni. tiü5
Hauchbeschlag erzielte. Waren die Platten drei- bis viermal
benutzt worden, so mitersuchte ich auf electrischein Wege, ob
ihre Oberflächen vollständig rein seien, indem ich ihre electro-
motorische Kraft ebenso bestimmte, als ob sie mit einem Nie-
derschlag bedeckt gewesen wären. Da Compensation meist
schon ohne Einschalten von Zweigwiderständen eintrat, so hielt
ich diese Methode der Reinigung für meine Untersuchungen
für vollständig ausreichend.
Eine so gereinigte Platinplatte wurde in das zur Electro-
lyse bestimmte Gefass gehängt und dem Strome, der meistens
auf ein Milliampere gehalten wurde, die beabsichtigte Zeit, die
zwischen 1 und 90 Minuten schwankte, ausgesetzt. Um einen
solchen Strom diese Zeit hindurch zu erhalten, genügten ge-
wöhnlich zwei Daniell'sche Elemente; es konnte dann noch
immer ein Widerstand bis zu 1000 S.-E. eingeschaltet werden,
der verändert wurde, wenn die Elemente nicht constant blieben,
oder die Polarisation der electrolytischen Zelle grösser oder
kleiner wurde.
War die Electrolyse die gewünschte Zeit vor sich gegangen,
so wurde der Strom unterbrochen, der Niederschlag vorsichtig
mit destillirtem Wasser abgespült und bei gewöhnlicher Tem-
peratur über Chlorcalcium getrocknet. Die so vorbereitete
Superoxydhydratschicht wurde dann zur Bestimmung ihrer
electromotorischeu Kraft in ein Gefäss gebracht voll destillirten
Wassers, das durch einen geringen Zusatz der zur Electrolyse
benutzten Lösung leitend gemacht worden war und für die
ganze Versuchsreihe des betreffenden Superoxides aufbewahrt
blieb. Die zur Compensation nöthigen Zweigwiderstände wurden
von fünf zu fünf Minuten notirt, bis die electromotorische Kraft
der einzelnen Platte eiuen constanten Werth erhalten hatte,
was nach ein bis zwei Stunden eintrat. Ein Beispiel für den
Verlauf während dieser Zeit möge die folgende Keihe geben:
Tabelle 1.
/ 0 5 lü 15 20 25 30 35 40 45 50
it J94 441 41H 386 3S3 373 370 356 355 353 850
( bb 60 65 70 75 SO bb 90 95 100 105
,r 347 344 340 339 340 337 332 327 321 31h Ml 4
t 110 115 120
tr 314 314 314
606
K. Svhuhrr.
Iii.
Wie schon oben erwähnt, benutzte ich zu meinen Unter-
suchungen die Superoxydhydrate von Hangen, Blei und
Wismuth. Die beiden letzteren erhielt ich aus weinsauren
Alkalidoppelsalzen, das erstere aus dem schwefelsauren Salz.
Das weinsaure Wismuthoxydnatron stellte ich genau auf dem
von Wernicke1) vorgeschlagenen Wege her; das weinsaure
Bleioxydkali dagegen auf einem etwas abweichenden, indem
ich aus dem essigsauren Salz das Blei durch AVeinsäure aus-
fällte und danu den Niederschlag iu Kalilauge vorsichtig
auflöste, um einen Ueberschuss derselben zu vermeiden.
Aus mehreren von mir angestellten Versuchen über das
Gewicht des erhaltenen Niederschlages war es mir nicht
möglich, die von Wernicke gegebene Formel über den
Wassergehalt der Superoxyde zu bestätigen. Da die zur
Aufnahme der Superoxydhydrate bestimmten Platinplatten
durchschnittlich eine in die Flüssigkeit tauchende Fläche von
2.70.35 qmm hatten, so darf man annehmen, dass bei der
dadurch hervorgerufenen geringen Stromdichte aller ausge-
schiedene Sauerstoff zur Bildung des Superoxydes verwendet
wird. Man erhält dann nach den von Kohl rausch5) ge-
gebenen Zahlen folgende Rechnung:
Es scheidet ab:
1 Ampere in 1" 1,118 mg Ag. also:
1 Milliampere in 1' : Ä 983 mS 0
und diese bilden:
0,004 993- ^ = 0,0481 mg Mu(OH)t
oder:
0,004 983 • 1014;4 = 0,0326 mg MnO,.H,0.
1 o *
Ebenso würden die ausgeschiedenen 0.004 983 mg Sauer-
stoff ergeben:
0,0854 mg Pb(OH), oder 0,0798 mg Pb02,H20
0,0866 mg Bi(OH), „ 0,0811 mg BiO„H*0.
1» Wernicke, Pugg. Aim. 141. 109— 128. 1x70.
2) Kohlrtiuscti. Leitt. d. prakt. Physik. 1884. \*. 346.
Digitized by Google
Electromotor ische Kräfte dünner Svperorydschichten. 667
Nun zeigten aber die von mir gewogenen Niederschläge
folgendes Gewicht.
Tabelle ».
a) Maiigausuperoxydhydrar.
\ ber. nach
gefunden | Mn0j H 0
14,5
13,3
13,0
12,3
7,7
7,6
7,1
6,9
6.1
6,0
12,74
10,76
11,74
10,76
5,87
5,87
5,87
5,87
4,30
4,30
Differenz
+ 2,76
+ 2,54
+ 1,26
+ 1,54
+ 1,83
+ 1,73
+ 1,23
+ 1,03
+ 1,80
+ 1,70
ber. nach
Mn(OH)4
13,72
12,58
13,72
12,58
6,86
6,86
6,86
6,86
5,03
5,08
Differenz
+ 0,78
+0,72
-0.72
-0,28
+0,84
+ 0,74
+0.24
+0,04
+ 1,07
+ 0,97
bl Bleisuperoxydhydrat.
gefunden
31,4
21,1
20,7
20,3
20,0
ber. nach
PbO„HaO
28,73
19,16
19,16
19,16
19,16
Differenz
+ 2,67
+ 1,94
+ 1.54
+ 1,14
+ 0.84
ber. nach
Pb(OH),
30.74
20,49
20,49
20,49
20,4!*
Differenz
+ 0,66
+0,61
+ 0,21
-0.19
-0,49
Hiernach schliessen sich die Formeln MOs + 2H20 den
Versuchen besser an, als diejenigen mit lfl2Ö und wurden
daher erstere zu den späteren Berechnungen benutzt.
Die Gewichte des electrolytisch ausgeschiedenen Wismuth-
superoxyds waren dagegen stets viel kleiner (etwa ein Zehntel)
als die berechneten Werthe. Dieses Metall konnte daher für
die beabsichtigten Versuche nicht benutzt werden.
IV.
Ich gehe nun dazu über, die Resultate meiner Unter-
suchungen zusammenzustellen.
Es bedeutet in den folgenden Tabellen:
M die auf der Flächeneinheit niedergeschlagene Menge,
berechnet nach der Formel:
Digitized by Google
A'. Sckreber.
wo 7 die oben schon angegebene in 1 Minute durch 1 Milli-
ampere erhaltene Menge der einzelnen Verbindung ist;
i die Intensität des benutzten Stromes in Milliampere;
t die Dauer der Electrolyse in Minuten;
2.a.6 die eingetauchte Oberdäche der zur Electrolyse
benutzten Platte in qmm.
d die Dicke der erhaltenen Schicht unter der Voraus-
setzung, dass das spec. Gew. (*) nach Wernicke für die be-
treffende Dicke richtig bleibe:
#
E die electromotorische Kraft in Tausendstel Daniell.
a) Mn(OH)r
Die Kathodenstreifen bestanden bei der Electrolyse des
Mangansalzes aus Messing, auf dem sich das Mangan in
glänzend schwarzer, ziemlich gleichmässig vertheilter Schicht
niederschlug. Wie gewöhnlich bei der Electrolyse von Mangan-
verbindungen beobachtet wird, so schied sich auch hier bei
längerer Dauer derselben Wasserstoffgas ab, das eine so starke
electromotorische Gegenkraft hervorrief; dass die von mir
benutzten zwei Elemente zu schwach waren und ich sie bei
den dicksten Schichten bis auf vier vermehren musste.
Tabelle 3.
Af. lo
• d
E
M . lo
* d
E
M. 10
* d
E
1,9
0,74
33
103
42,21
220
495
191,97
ly3
3,8
1.49
42
112
47,35
314
504
195,42
190
5,0
1,93
46
124
48,09
314
529
205,20
187
5,5
2,15
48
166
64,16
292
588
227,99
179
6,2
2.38
182
214
82,74
273
681
263,82
174
8,7
3,36
189
259
100,50
263
691
268,01
176
9,6
3,71
190
340
131,91
235
793
283,51
173
16,7
6,94
206
351
136,16
233
945
366,42
174
35,5
13,68
214
391
151,37
210
1067
413,62
174
53,6
20,76
219
420
1 62,35
201
1090
422,33
174
73,3
28,41
214
432
167,51
199
1146
444,30
174
97,5
37,80
222
Diese Zahlen finden sich auf Fig. 4 in Curve I dar-
gestellt, als Ordinate dient die electromotorische Kraft üi
Tausendstel Daniell, als Abscisse die Dicke der Schicht in ,uu.
Aus dem Verlauf der Curve ergibt sich, dass die elec-
tromotorische Kraft des Elementes:
Electromotorirche Kräße dünner buperorydschichten. 669
Pt | H20 | Mn(OH)t = 0,17 Dan.
ist, wenn die Dicke der Superoxydhydratschicht eine gewisse
Grenze überschreitet. Nehmen wir an, dass das spec. Gew.
der von uns betrachteten dünnen Schichten dasselbe ist, wie
das von Wernicke gefundene, nämlich 2,58, so ist die Dicke,
oberhalb deren die electromotorische Kraft jenen constanten
Werth hat, ungefähr gleich 250 u u. Lässt man die Schichten
dünner werden, so zeigt sich das überraschende Resultat, dass
die electromotorische Kraft grösser wird, bis sie bei einer
Dicke von 47 wju, wenn wir annehmen, dass die Belegung
noch immer dieselbe chemische Zusammensetzung und dieselbe
Dichte hat, ihren grössten Werth 0.314 Dan. erreicht. Von
diesem fällt sie plötzlich auf 0,22 Dan. und bleibt auf einem
diesem benachbarten Wege constant bis, noch immer unter
derselben Voraussetzung, zu einer Dicke von 2,3 pi*. Hier
fällt sie von neuem plötzlich bis auf einen Werth in der
Nähe von 0,04, auf dem sie blieb, soweit ich meine Unter-
suchung ausdehnte.
b) Pb(OH)r
Als Kathoden streifen wurden bei der Electrolyse des
Bleisalzes Bleistücke, welche in die passende Form gehämmert
waren, benutzt. Das Blei schied sich auf ihnen in kleinen
krystallinen Schüppchen ab, ohne jegliche Wasserstoffpolari-
sation, sodass nie mehr als zwei DanielPsche Elemente nöthig
wurden. Besondere Aufmerksamkeit verlangte in diesem Falle
<lie Reinigung, da das Platin nicht früher ausgeglüht werden
darf, ehe sich nicht das sofort entstehende Chlorblei im Ueber-
schuss der Säure vollständig aufgelöst hat. Es würde sich
sonst leicht eine Legirung von Platin und Blei gebildet haben
und somit das Platinblech unbrauchbar geworden sein.
M . 10* d E
13,7 1,51 0
15,4 1,71 «,6
23,1 2.55 64
30.7 3,32 98
36.8 4,04 110
48,6 4,82 162
117,9 13,03 1«:»
122,1 13.49 15«
Tabelle 4.
M . 10« d E
174.2 19,25 164
187.8 20,75 162
292.9 32,87 165
332.3 86,72 198
365.5 40,39 215
382.6 42,29 221
485,8 53.65 23 ♦
590,1 65,24 -J43
M . 10" d E
642,2 71,00 262
697,7 77,14 262
1046.2 115,66 263
1089.7 120,48 260
1298,9 143,05 265
1574.8 171,10 266
1783,1 179.14 266
2121.3 234,00 26«
A'. Schreöer.
Diese Zahlen sind in Kurve II mit denselben Koordi-
naten dargestellt.
Es hat sich also ergeben:
Pt | flaO | Pb(OH)4 = 0,2öD.
Der Grenzwerth der Dicke, oberhalb dessen jede Schicht
ebenso wirkt, wie eine beliebig dicke Platte, liegt, unter der
Voraussetzung, dass das spez. Gewicht 9,045 ist, ungefähr bei
71 uu. Wird die Schicht dünner, so nimmt die electro-
motorische Kraft, statt wie beim Mangansuperoxydhydrat zu,
hier sehr allmählich ab, bis sie bei einer Dicke von 40/iu,
wieder unter denselben Vorraussetzungen, die schon beim
Mangan gemacht wurden, den Werth 0,22 D erreicht hat Von
hier fällt sie viel schneller bis auf 0,1 7 D bei 33m«, auf wel-
chem Werth sie sich längere Zeit constant hält. Bei einer
Dicke der Schicht von 4,8 p/t fällt sie zum zweiten mal ganz
plötzlich, und zwar gleich bis auf 0, welchen Werth sie schon
bei l,5ju/i erreicht.
Eine mit Wisinuthsuperoxyd angestellte Versuchsreihe
zeigte zwar einen ähnlichen Verlauf, konnte aber aus dem
oben angegebenen Grunde zu einer weiteren Berechnung nicht
benutzt werden.
V.
Wenn man aus den mitgetheilten Versuchen die Grenz-
dicken in dem anfangs definirten Sinne angeben will, so müssen
diejenigen Werthe genommen werden, bei welchen der letzte
und bedeutendste Abfall der electromotorischen Kraft statt-
findet, also:
für Mn(OH)t:2.3 w/w
„ Pb (Ofl)4 : 4,8 ««.
Dieselben stehen den von Oberbeck gefundenen:
Zn:2,65, Cd: 1,73, Cu:0,63
sehr nahe und zeigen, dass sich zusammengesetzte Atomgruppen
in der hier untersuchten Beziehung nicht wesentlich von Ele-
menten unterscheiden.
Dagegen verhalten sich erstere anders als letztere, wenn
die Schichten eine etwas grössere Dicke besitzen. Die merk-
würdigen Aenderungen, welche die electromotorische Kraft als
Llectromutorische Kräfte dünner Superoxydschichten. t>7 1
Function der Dicke erfährt — Aenderungen, welche noch bei
J 300 min nachzuweisen sind — , wird man der Wirkung der
Molecu larkriifte im eigentlichen Sinne nicht zuzuschreiben
haben. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um Unter-
schiede in der chemischen Zusammensetzung der ausge-
schiedenen Schicht, vielleicht um einen veränderten Wasser-
gehalt der Superoxyde, sodass etwa bei Dicken, die zwischen
den beiden Discontinuitäten liegen, die Superoxyde wasserfrei
ausgeschieden werden. Ferner scheint ein langsames Eindringen
der Flüssigkeit in die dünne Schicht der Superoxyde statt-
zufinden.
Hierauf deuten die langandauernden Veränderungen (Tab. 1 )
hin, welche die electromotorische Kraft nach dem Eintauchen
erfährt.
VI
Zum Schluss mag noch erwähnt werden, dass die dickeren
Schichten die Farben der dünnen Blättchen in bekannter
Weise zeigten, und dass bis zu Dicken von etwa 150 up die
Färbung über die ganze Platte dieselbe war. Erst bei grösserer
Dicke traten am unteren Rande Streifen von etwas anderer
Färbuug auf. Bei geringer Dicke war die letzte, noch zu be-
obachtende Färbung schwach gelblich und hörte bei einer
Dicke auf sichtbar zu sein, welche etwas über der Grenzdicke
des letzten starken Abfalls der electromotorischen Kraft lag.
Physik. Instit. d. Univ. Greifswald, December 1888.'
VI. Zur Theorie der maynetelectrtechen Induction ;
von H. Lorberg in Strassbury.
§ 1. Zu den verschiedeneu Theorien der Induction durch
Drehung eines Magnets gegen einen Leiter oder umgekehrt
ist in neuerer Zeit noch eine von Edlund aufgestellte hiuzu-
getreteu, welche Anlass zu einer ausgedehnten Polemik zwischen
diesem und Herrn Hoppe gegeben hat. Hoppe1) hat den
n Hoppe, Wied. Ann. 2S. p. 498. 1886. und 20. p. 544. 18*0.
Wied. Ann. 32. p. 297. 1887.
672
//. Ijorbertj.
bekannten PI Ocker sehen Versuch wiederholt, bei welchem
ein Magnet — er nahm einen Hohlcylinder — um seine Axe
rotirt und die Enden des ruhenden Leitungsdrahtes auf zwei
an dem Magnet befestigten Scheiben schleifen, und hat die-
selben, mit der aus dem Web er 'sehen Grundgesetz abgeleiteten
Theorie übereinstimmenden Resultate gefunden wie frühere
Beobachter; er hat hierin einen Beweis gegen die Theorie
von Edlund sehen zu dürfen geglaubt, indem er aus einer
von ihm angestellten Rechnung schliesst, dass letztere einen
Strom von entgegengesetzter Richtung, als ihn die Versuche
ergaben, liefern würde. Die Richtigkeit dieser Rechnung hat
Edlund1) mit Recht bestritten; dass aber auch seine Theorie
mit den Beobachtungsresultaten übereinstimmt, behauptet er
ohne genügenden Nachweis, indem er nur auf die von Hoppe
vernachlässigte Induction in der Axe des Magnets aufmerk-
sam macht Eine ausführlichere Auseinandersetzung seiner
Theorie hat er an einem anderen Ort gegeben ;*) die dort ge-
führten Rechnungen sind aber höchst ungi*ündlich, sie berück-
sichtigen ausserdem nur einzelne Theile der Induction, und es
werden verschiedene unrichtigeBehauptungen aufgestellt, z. B. die,
dass, wenn der Magnet allein rotirt, die erzeugte electromo-
tori8che Kraft nur annähernd = o sei. Ich werde im Folgen-
den nachweisen, dass sämmtliche bisher aufgestellte Inductions-
gesetze (Weber, Edlund, Clausius. Maxwell, Riemann)
genau, zu demselben Werth für die electromotorische Kraft
führen, welche entsteht, wenn ein Magnet und ein ungeschlosse-
ner Leiter miteinander oder einzeln um die Axe des Mag-
nets rotiren; obwohl dies für einen besonderen Fall und fur
das Weber'sche. Clausius' sehe und Riemanirsche Iuduc-
tionsgesetz schon von Budde3) bewiesen worden ist, und ich
selbst schon viel früher den von Budde untersuchten Fall für
das Clausius'sche Inductionsgesctz behandelt habe'), so will
l) Edlund. Wird. Ann. 2«. p. 420. 1*86. Wied. Ann. :*0. p. <>M.
ISST.
2i Edlund. Phil. Mag. 189T. lh) 24. p. 401. ISsT.
3» Budde, Wied. Ann. 30. p. P.58 1887.
aus dem C lau einstellen Grundgesetz der Electrodynaniik". Wied. Aim.
Erg:iuzung*l>d. S. p. 5i»0. 1ST9. (Ich habe allerdings dort, wo es mir auf
1 ) L orbf rg.
MagneteUctriiche Induction.
673
ich doch der Vollständigkeit halber auch diesen Fall in den
allgemeinen Beweis einschliessen.
§ 2. Ich stelle zunächst die verschiedenen Inductionsge-
setze zusammen. Nach allen ist die electromotorische Kraft,
welche entsteht, wenn ein Inducent und ein Leiterpunkt sich
gleichzeitig irgendwie bewegen, gleich der Summe aus der-
jenigen, welche in dem ruhenden Leiterpunkt durch den be-
wegten Inducenten entsteht, und derjenigen, welche durch den
ruhenden Inducenten in dem bewegten Leiterpunkt erzeugt
wird. Es mögen SjtU und S>jdt zeitliche DüTerentialquotienten
bezeichnen, welche sich auf die Bewegung eines Leiterpunkte
(xyz) und eines Punktes (x'y'z) des geschlossenen Inducenten
beziehen; es seien die Componenten einer für alle Punkte
des Leiters gemeinschaftlichen Verschiebung, {aßy) die Com-
ponenten einer gemeinschaftlichen Drehung um die Coordinaten-
axen, sodass die Geschwindigkeitscomponenten des Leiter-
punktes sind:
lU = s + «y - ß*>
analog öx'jdt etc. für den Punkt {x'y'z) des Inducenten. Wir
setzen die Componenten des Vector potentials des Magnetfeldes:
Ft = i'J y ds ferner:
(3) »- + f,% + ,
und bezeichnen mit X, V, Z die Componenten der durch Be-
wegung des Leiterpunktes bei ruhendem Inducenten erzeugten
electromotori8chen Kraft, mit X\ Y', 7! die der durch Be-
wegung des Inducenten bei ruhendem Leiter inducirten.
das Unterscheidende der Clausius'scben und der Weber'schen
Theorie ankam, nur die Induction in einem mit dem Magnet fest ver-
bundenen Körper untersucht.)
Aon. d. Pbyi. u. Cb«n!e. N. F. XXXVI. 43
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H. Lorberg.
a) Nach dem Web ergehen Grundgesetz ist:
Aw~ 'J^ldtXr di dx)~ dx\r ds di j
(4)
1 dr ( d Ör
+ 757 [
dh\
Ö drY] öFz dtp
dt dx)\ *~ ' dt dx +
wo:
rf* rfy ' Ü=* dx ~~ d: >
die Componenten der Magnetkraft des Inducenten bezeichnen.
Ferner:
(4.) JL=.jA|^r rf,^J-4rrfVrf7jr-^ ~rfx>
wo xp sich auf diejenige gedachte Bewegung des Leiterpunktes
bezieht, welche derselbe haben würde, wenn er mit dem Indu-
centen fest verbunden, also Örjdt = — S1 rjdt wäre (wenn er mit
dem Inducenten eine „gemeinschaftliche Bewegung" hätte).
Bilden die zwei Bewegungen des Leiters und des Inducenten
eine gemeinschaftliche Bewegung, so ist:
dT = -df+ (ßF> ~ rF*\
also AV— — Xw, mithin die bei einer gemeinschaftlichen Be-
wegung des Inducenten und des Leiters erzeugte electromo-
torische Kraft Xw + AV = o. Aus (4) ergibt sich fur die durch
Bewegung des Leiterelements ds inducirte electromotorische
Kraft nach ds, wenn v dessen Geschwindigkeit bezeichnet:
(4b)
= vds ^(b cos vz — cos vy) ~ + ...j
- - vKcos(Kv) = vKY co8(KlCU),
wo AT die ponderomotorische Kraft des Inducenten auf das
vom Strom 1 durchflossene Element ds, Kx die ponderomoto-
rische Kraft des Inducenten auf ein in der Richtung v ge-
dachtes Element ds bezeichnet.
b) Edlund1) stellt für die electromotorische Kraft eines
ruhenden Magnetpols auf ein bewegtes Stromelement den We b e r-
l) Edlund, Phil. Mag. 1. c. p. 408.
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Magnetelectrische Induction.
675
scheu Ausdruck (4b) auf. Dagegen die electromotorische Kraft
eines um eine Axe gedrehten Magnetpols auf ein ruhendes Strom-
element setzt er1) gleich derjenigen, welche nach diesem Gesetz
der ruhende Pol auf den bewegten Leiterpunkt ausüben würde,
wenn man an beiden die Translationsgeschwindigkeit des
Pols in entgegengesetztem Sinne anbrächte ; während man nach
dem Webe r'schen Gesetz beiden die Drehungsgeschwindig-
keit des Pols in entgegengesetztem Sinne mittheilen muss.
Nach ihm ist also die durch jeden einzelnen Pol p' eines ge-
drehten Magnets in einem ruhenden Leiterpunkt inducirte
electromotorische Kraft, wenn Öxjdt und öxjdt sich auf eine
..gemeinschaftliche Bewegung" beider beziehen, nach Gl. (4)
+ M5:-X)-«(2?-X-)]-*-+^
wo, da nach Gl. (1):
dx fix dr a dr • .
dt' dt = "rT»-Prd* 18t>
qx = ar[bTy + cdi)-rdic{Pb + y
, d. ( dr , Qdr . dr\ dll
= ^ rA"d* + PTs + rTz)= d*'
Für ein magnetisches Molecül von der Axenrichtung dv'
und dem Moment u' dv ergibt sich hieraus:
, . . d ( dr \
und für einen Magnet vom Volumeneleraent dr' und den
Componenten m,', m9% mM' des magnetischen Moments der
Volumeneinheit :
p Ä (« L + ß dj +^di)f( ddi + < % + m'ii) dx-
Es ist also:
(5) Xt = Xw , X,' — XJ + ^ •
1) Edlund, 1. c. p. 412.
43*
676 H. Lorberg.
c) Nach C lau si us ist1) bei beliebiger gleichzeitiger Be-
wegung des Inducenten und des Leiterpunktes die electromo-
torische Kraft:
Ä-.v^fe^+...)-(Ä+a(^)].
also:
dY dt + dxdt^ dx dt dt
- - £ + + + «£) + ^ -
mithin nach (4) und (4a):
(6) Xe = A'w, AV= - = ^ •
d) Nach Maxwell2) ist die durch behebige gleichzeitige
Bewegungen des Inducenten und des Leiterpunktes inducirte
electromotorische Kraft:
h* = hTt-cTt - dt ~ dx'
•
wo die Function *f unbestimmt bleibt, da Maxwell den
Werth von Ex aus dem Ausdruck für die ganze an einem
geschlossenen Stromkreise inducirte electromotorische Kraft
ableitet ; er nimmt aber nachher V als von der Bewegung un-
abhängig an, sodass es nur das electrostatische Potential be-
deuten kann, welches, wenn es sich lediglich um electrodyna-
mische Induction handelt, = 0 zu setzen ist. Nach ihm ist also :
(?)
d. h. seine Ausdrücke sind mit den Clausius'schen identisch.
1> Clausius, Wied. Ann. 11. p. 612. 1880.
2) Maxwell, Electr. and Magnetism 2. Aufl. § 598.
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Magnetelectrüche Induction. 677
e) Nach Riemann1) ist bei beliebiger gleichzeitiger Be-
wegung des Inducenten und Leiters:
*-<*W£j';'(££ + ...) also:
(8) Xr — Xc =■ XWJ Xr'= Xw + -J^y wo:
.,Cd» [dx dx' , \ Cd» [dz ( dx dx'\ ,
X=f-'J -r{d,äi + ■■) = '] r [ä.[dt- «)+-]'
oder, da nach Gl. (1):
1 (dx dx'\ adr dr . .
r[it- dtrPd,-Y dl *t:
Für einen unendlich kleinen Strom von der Fläche da , der
Axenrichtung v und dem magnetischen Moment i'da^fidv
ist:
i'f. r £ ds=pdv (cos {vy) £ - cos (v'z) , also:
[d,'[adi +?dy +y dz)+ r («COS* * + ...)],
mithin für einen Magnet, dessen Moment componenten der
Volumeneinheit my', m,' sind:
(8b) x = p + 2 ( rfr' + /} / rfr' + y ' rfr) ,
wo p der Werth in GL 5») ist.
f) Hiernach lassen sich nach sämmtlichen Theorien die
zwei electromotorischen Kräfte folgendermassen darstellen:
(9 X=XW) A"=AV+^>
wo nach Weber a « o, nach Clausius und Maxwell <r= i^,
nach Riemann <r = £, nach Edlund <r = p ist Bei einer
gemeinschaftlichen Bewegung des Inducenten und des Leiters
entsteht also eine electromotorische Kraft:
(9.) X"=X + X'-d£,
welche nur nach dem Weber 'sehen Gesetz = o ist.
1) Clausius, ). c. p. 614.
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678 H. Lorberg.
§ 3. Der Inducent möge nun, entsprechend dem bekannten
Plücker'schen Versuch, ein magnetischer Rotationskörper M
um die z-Axe sein (z. B. ein massiver oder hohler Cylinder),
dessen magnetische Vertheilung rings um die Axe symmetrisch
ist, und welcher mit der Winkelgeschwindigkeit y im Sinne
des Uhrzeigers um diese Axe rotirt; derselbe sei mit einem
leitenden Rotationskörper a (dem „Mantel") isolirt verbunden,
welcher gemeinschaftlich mit ihm oder auch unabhängig von
ihm um die Axe rotiren kann, und auf welchem in zwei
Punkten 1 und 2 die Enden des ruhenden Leite rtheils b
schleifen; der eine oder beide Punkte können auch auf M
selbst liegen. Führen wir cylindrische Polarcoordinaten (p, z)
ein und zerlegen das Vectorpotentiai des Magnets nach diesen
Richtungen, so ist:
F,— F9cos& — F*mn&, F9 - sin & + F* cos
wo nach der Annahme Fft Fa, Fx von & unabhängig sind.
Dadurch wird:
1 öF dF
r de = ii£ = -F<sin&- F* C08 & - - F* •
also nach (4):
^ dx'
mithin nach (9) und (9a):
(10) x-£,X -'-<%*>, 2T-%.
Die einzelnen Fälle des Plücker'schen Versuchs sind nun
folgende.
a) M+a rotirt gemeinschaftlich. In einem Punkt {xyx)
des Körpers M+a entsteht dann eine stationäre Strömung
mit den Componenten (uow), und eine electrostatische Ladung
mit dem Potential ß1); dabei ist im Innern von M oder a:
und an der Oberfläche von M oder a:
(b) « C08 /. + V C08 jU + to COS V es 0,
wo (luv) die Winkel der Normale mit den Coordinatenaxen
bezeichnen. Diesen Gleichungen zufolge sind die inneren
1) Vgl. Lorberg, 1. c. p. 596.
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Maytietelectrische Induction.
679
Ströme geschlossen die in dem bewegten Punkt (xyz) wirkende
electromotori8che Kraft, welche theils von dem sich drehenden
Magnet, theils von den sich drehenden Strömen (u'v'w) her-
rührt, kann also nach Gl. (10) durch dojdx ausgedrückt werden.
Setzen wir a—il=H und bezeichnen die (fiir M und a ver-
schiedene) Leitungsfahigkeit mit A, so ist nach den Kirch-
hof f 'sehen Gleichungen :
LdH .dH ,JH
mithin nach den Gl. (a) und (b)
im Inneren von M oder a : A H -* 0,
an der Oberfläche von M oder a : ^ 0.
dN
Hiernach ist das über M oder a ausgedehnte Integral:
jW* - _/[(«)■ + (*)'+ (-)> +jV>-*
d. h. /[(^jf)* + . . .1 = 0, also // - Const - C, folglich Ü = <i + C.
An den Enden 1 und 2 von (b) entsteht also eine Poten-
tialdifferenz:
(C) Sit — ü2 = <Tj — <ra.
Ferner ist die in b direct durch den rotirenden Magnet
und das rotirende Stromsystem in der Richtung von 1 nach 2
inducirte electromotorische Kraft nach (10):
2
(d) E, = p^-^ + - ys>
1
wo, da ö nach den oben dafür angegebenen Werthen im ganzen
Räume continuirlich ist, ax nnd at dieselben Werthe haben
wie in Gl. (c). Die ganze electromotorische Kraft an dem
ruhenden Leitertheil b ist also:
(11) E=EX+ i\ - = yx -
d. h. sie hat nach summt lie hen Theorien denselben Werth.
Was den Werth von xp betrifft, so sind die Componenten
des Vectorpotentials eines Magnets, dessen magnetisches
Moment der Volumeinheit die Componenten m'xt m'9f m, be-
sitzt, in einem Punkt {xyz) nach Maxwell1) (2. Aufl. § 404):
1) Maxwell, 1. c.
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680 H. Urberg.
mithin, wenn wir die magnetischen Momente m'f und m'* nach
den Bichtungen q und welche im vorliegenden Falle blosse
Functionen von g' und z sind, mittelst der Gleichungen:
m'x = m \ cos ft' — tu ,* sin m'9 =* ro'# siu i'/' -f m', cos
einführen:
V' = re (— ^* siu # + Ft cos »V)
= yg J d r' ^ m't ^ cos »V + sin »9- j - ^ (m'x cos # + w'y sin #)j
= J ^'j^m'.^ - (in't cos — - w'*sin(#' - #)) j.
also, da : J m« sin (*' - ») rfr = 0 ist :
(12) v-reg-J— -Jr-rvij r
Ist der Magnet parallel der Axe magnetisirt, so geht
dieser Ausdruck über in:
<i2-> 7*-p4Jt*'
und wenn man ihn als einen in der Axe liegenden Linear-
magnet mit dem Moment der Längeneinheit m't und den in
den Punkten z, und z, befindlichen Polen — u und -f /u be-
trachtet, in:
(I2b) X- y> = u [cos [rz)]* - -frf-fr' rdz,
wovon der erste Theil der in der gewöhnlichen Theorie des
Versuchs angewandte Ausdruck ist.
b) M allein rotirt Hier ist die directe Wirkung in b:
also£l=0rf. = 9,-?1;
ferner in a oder M:
also nach dem Vorigen:
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MayneUUctrische Induction.
G81
mithin : E *= E, + - Ji, = o.
Daher erhält man denselben Werth J?= - t.«„ wie wenn
M + a gemeinschaftlich rotirt, auch dann, wenn AT und a un-
abhängig voneinander in beliebiger Weise rotiren (z. B. wenn
a allein rotirt), da dann die electromotorische Kraft in b die
Summe der zwei electromotori9chen Kräfte ist, welche durch
eine gemeinschaftliche Rotation von M -f- a und durch eine
Rotation von M allein hervorgebracht werden.
c) b allein rotirt. Hier ist in b nach Gleichung (10):
A' = dfx , also E = J </* *= Vj ,
also ebenso gross , wie wenn M + a gemeinschaftlich oder a
allein mit derselben Winkelgeschwindigkeit, aber in entgegen-
gesetzter Richtung rotirt Drehen sich also a und b gemein-
schaftlich, während der Magnet ruht, so ist E — o.
Dies sind die bekannten Beobachtungsresultate bei dem
Plücker'schen Versuch, welche sich somit nach sämmtlichen
Theorien der Induction gleichmässig erklären.
§ 4. In seiner Theorie der Dynamomaselüne hat Clausius
über die in der Masse des Ringes inducirten Ströme ohne Be-
weis einen Satz aufgestellt, dessen Richtigkeit ich bestritten
habe;1) er hat darauf seinen Satz durch eine Schlussweise zu
begründen gesucht2), deren Unrichtigkeit auf Grund des Weber'-
8chen wie des Clausius'schen Inductionsgesetzes ich ebenfalls
nachgewiesen zu haben glaube.3) Da ich indessen jetzt sehe,
dass eine richtige Schlussweise auf Grund des Clausius'schen
Inductionsgesetzes in der That zu dem Clausius'schen Satze,
nur in abgeänderter Fassung, führt, so will ich diesen Gegen-
stand nunmehr definitiv erledigen.
Clausius sagt4): „Bei der üblichen Einrichtung, die Um-
wickelung mit dem Eisenkern fest zu verbinden »sodass beide sich
nur gemeinsam bewegen können, kann durch ihre Bewegung, bei
1) Lorberg, Wied. Ann. 30. p. 389. 1887.
2) Clausius, Wied Ann. 81. p. 302. 1887.
3) Lorberg, Wied. Ann. 82. 521. 1887. (Ich habe in diesem Auf-
satz an Btelle des Clausius'schen Inductionsgesetzes das Maxwell'-
sehe unter der Annahme V = 0 gesetzt ; dasselbe ist aber dann mit dem
Clausius'schen identisch)
4) Clausius, 1. c. p. 303.
682
//. Lorbery.
welcher sie zu einander in relativer Ruhe bleiben, keine induction
veranlasst werden, und es bleibt daher nur die durch
die Stroraurakehrungen bedingte Inductionswirkung
übrig. In Bezug auf die letztere habe ich gesagt,
man könne nachweisen, dass die in dem rotirenden Eisenkern
inducirten electromotorischen Kräfte in dem Falle, wo die
Umwickelung an der Rotation theiluimmt und zugleich in
ihr jene Stromumkehruugen stattfinden, dieselben sein müssen
wie in dem Falle, wo die Umwickelung an der Rotation nicht
theilnimmt, aber auch die Stromumkehrungen nicht stattfinden."
In dieser Form ist der Satz unrichtig, und zwar gleichmässig
nach dem Clausius'schen, wie nach dem We herrschen In-
duct ion sgesetz, da beide sowohl für die Induction eines ruhen-
den Inducenten auf einen bewegten Leiter, als auch für die
Induction durch Intensitätsänderung dieselben Ausdrücke er-
geben; der Irrthum liegt in den gesperrt gedruckten Worten.
Um die beiden von Clausius als gleich bezeichneten electro-
motorischen Kräfte besser vergleichen zu können, will ich die
eine derselben in etwas anderer Form aufstellen, als ich es in
den beiden früheren Aufsätzen gethan habe. Ich nehme die
Verbindungslinie der zwei Contactpunkte zur x-Axe, die
Drehungsaxe zur z-Axe, und bezeichne mit {xyz) oder in
Polarcoordinaten mit (p & z) die Coordinaten eines Punktes
des Ringes, mit (x y' z) die eines Punktes einer Ringwindung,
mit + i die Stromstärke in der ersten Windungshälfte («V o
bis fr — n), resp. in der zweiten; der Strom möge bei fr = st
eintreten, bei & — o austreten, sodass er, falls die Spirale über-
all rechtsgewunden ist, in der ersten Windungshälfte oben von
aussen nach innen, in der zweiten von innen nach aussen geht
Setzen wir ftlr eine einzelne Windung fr':
wobei ds in allen WTindungen oben von aussen nach innen
als positiv gerechnet wird, und bezeichnen mit F* und F"
die Werthe von Fa für &'— o, resp. n, so entsteht, indem
beim Ueberschreiten des Querschnitts fr — o der Strom einer
Windung von — i in -f i übergeht, eine electromotorische Kraft
— 2*\F% und indem beim Ueberschreiten des Querschnitts
igraa
by C
Magnetelectrisclie Induction.
083
& = * der Strom von -f- i in — i tibergeht, eine electromoto-
rische Kraft + 2 iF* ; der Mittel werth der electromotoriflchen
Kraft der zwei Stromwechsel während eines Umlaufs ist also,
wenn h die Tourenzahl bezeichnet, für eine Windung
= - 2hi{F°-F^\ und für alle n Windungen:
(13) ÜY'= - 2nhi(Fx°- Ff).
^o ist, wenn wir:
' '•*) A=Sfl M d'' B = Pr ds d* SGtZen !
(b) Fx = A cos &', Fv= A sin /; = i?, also :
(c) -2nhi(4o + A„), E9"=o, E2 -2nhi(B0 - B„).
Ersetzen wir den Strom der Windung &' durch Elementar-
ströme von der Eläche da, und setzen für einen solchen
Elementarstrom : . i
so wird fur denselben:
mithin, da:
fi%«- -fr t«--"
ist, für die ganze Windung:
(d)
Da:
r r r r r r
d(f ~ dx ~ dx 1 dq dx' " dx 1
so wird schliesslich, wenn wir:
™ r-f(k+%"
setzen, wo r0 und rn die Werthe von r für o, resp. &' =n
bezeichnen, nach (c):
( 1 4) Ex" = - 2 nhi d£, E„" « o, - 2 nAi
1
6*4
H. Imberg.
Dies sind also die durch die Strom Wechsel erzeugten electro-
mo torischen Kräfte, mithin diejenigen, welche bei fester Ver-
bindung des Ringes und der Windungen Clausius in den
oben angeführten Worten als die allein stattfindenden bezeich-
net, und welche nach dem Weber'schen Inductionsgesetz in
der That in diesem Falle die einzigen sind.
Dreht sich dagegen der Ring bei ruhenden Windungen,
so sind die Oomponenten der electromotorischen Kraft einer
Windung &' der ersten Windungshälfte auf den bewegten
Punkt (x y z) des Ringes nach dem Weber'schen oder Clau-
sius'sehen Inductionsgesetz, den Gl. (4) und (6) zufolge:
und für eine Windung der zweiten Wiudungshälfte gelten die-
selben Werthe mit entgegengesetztem Vorzeichen. Die ganze
electromotorische Kraft sämmtlicher Windungen auf einen
Punkt des gedrehten Ringes, mithin, da diese Kraft bei der
Drehung des Ringes in jedem Punkt ungeändert bleibt, auch
ihr Mittelwerth für einen Umlauf, ist:
Die Ausführung der Integration unter Einsetzung des Werthes
(d) gibt:
oder nach den Gl. (b):
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Maymtelectrische Induction. 68f>
Ex - 2/iAi cos + A)co6 # + ^ J(/-„ - r0)
oder wenn wir:
d a
(15.) ^-/(^ -rM
setzen:
(16)
Ex= - 2 cos#^'> - -2«A^sin^^
is, — 2nhio
wo —niVjn das magnetische Potential der Windungen be-
zeichnet
Die Vergleichung der Werthe (14) und (15) zeigt, dass
sie wesentlich verschieden sind; daher ist der Satz von Clau-
sius in der obigen Form, in welcher er die Identität beider
Ausdrücke behauptet, nach seinem ebensowenig wie nach dem
Weber'8chen Inductionsgesetz richtig; und auch in der Form,
dass die ganze Induction im Ringe gleich der bei ruhenden Win-
dungen stattfindenden sei, würde er nach dem Clausius'schen
oder Max we ITschen Inductionsgesetz unrichtig sein, wenn die
obige dem Web er 'sehen Inductionsgesetz entnommene Be-
hauptung von Clausius, dass „durch eine gemeinschaftliche
Bewegung der Windungen und des Ringes keine electromoto-
riache Kraft erzeugt werde", nach dem von ihm aulgestellten
Inductionsgesetz richtig wäre. (Diese Behauptung war es,
welche mich veranlasste, in meinen beiden Aufsätzen auf das
Clausius'sche Inductionsgesetz keine Rücksicht zu nehmen.)
Nun wird aber nach dem Clausius'schen Inductionsgesetz
(vgl. oben § 2) durch die gemeinschaftliche Drehung der Win-
dungen und des Ringes eine electromotorische Kraft im Ringe
erzeugt, welche zu der durch die Gl. (14) ausgedrückten hin-
zutritt; dass die Berücksichtigung dieses Umstanden in der
That zu dem Clausius'schen Satze führt, wird sich am ein-
fachsten durch Betrachtung der Schlussweise, durch welche
Clausius seinen Satz zu begründen sucht, ergeben. Er sagt1):
„Wenn ein in der Nähe eines Leiters befindlicher geschlosse-
1) Claußiua, I. c. p. 304.
686 H. Lorberg.
ner Strom sich bewegt und Aenderungen seiner Inten-
sität — wozu auch Aenderungen der Stromrichtung ge-
hören — erleidet, aber zu Ende einer gewissen Zeit wieder
dieselbe räumliche Lage und dieselbe Intensität hat wie zu
Anfang, so werden während dieses Vorganges in dem Leiter
electromotorische Kräfte inducirt, die in solcher Weise wech-
seln, dass in jedem Punkt des Leiters die auf eine bestimmte
Richtung bezügliche Componente der electromotorischen Kraft
den Mittelwerth o hat". Das ist (vgl. oben § 2) nicht nach
dem Web er 'sehen, wohl aber nach dem Cl au siu s 'sehen In-
duetionsgesetz richtig; nach diesem ist nämlich die durch eine
Windung infolge Bewegung und Intensitäteänderung in einem
ruhenden Leiterpunkt erzeugte x-Componente der electromo-
torischen Kraft:
*'F* Ji F = - d '{iI>m)-
— i
de dt '* ~ dt
mithin der Mittelwerth für einen Umlauf der Windung = o.
also auch der Mittelwerth der Kraft sämmtlicher Windungen
fur einen Umlauf. Bezeichnen wir also diesen Mittelwerth für
die Bewegung mit EK' , für die Stromwechsel wie oben mit
Ex" , so ist:
Gx = Ex' + Et"— o.
Clausius sagt dann weiter1): „Wenn hiernach in dem Falle,
wo relative Bewegung und Stromumkehrungen gleichzeitig statt-
finden, im ganzen genommen keine electromotorische Kraft in-
ducirt wird, so muss man annehmen, dass die durch die rela-
tive Bewegung allein und die durch die Stromumkehrungen
allein inducirten electromotorischen Kräfte einander gleich und
entgegengesetzt sind. Hieraus folgt unmittelbar der von mir
ausgesprochene Satz, denn auch in ihm werden die durch die
Stromumkehrungen und die durch die relative Bewegung indu-
cirten electromotorischen Kräfte unter einander verglichen, nur
ist dort nicht von gleichen und entgegengesetzten, sondern von
gleichen Kräften die Rede, weil die dort angenommene rela-
tive Bewegung der hier vorausgesetzten entgegengesetzt ist".
In dieser Schlussweise übersieht Clausius, dass nach seinem
Inductionsgesetz nicht blos durch die relative Bewegung, son-
lt Clausius, 1. c. p. 305.
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Magnetelectrische Induction.
087
dern auch durch die absolute Bewegung des Inducenten elec-
tromotori8che Kräfte entstehen; er nimmt die durch Drehung
der Windungen in dem ruhenden Ringe erzeugte electromo-
torische Kraft gleich und entgegengesetzt derjenigen, welche durch
die Drehung des Ringes bei ruhenden Windungen entsteht,
was wohl nach dem Web er 'sehen, nicht aber nach dem von
ihm selbst aufgestellten Inductionsgesetz stattfindet; indem er
demgemäss in der vorstehenden Gleichung Ex = — Ex setzt,
erhält er die, wie oben nachgewiesen, unrichtige Gleichung
Ex = Ex. Der Schluss muss vielmehr folgendermassen lauten:
„Dreht sich der Ring zugleich mit den Windungen, so ist die
ganze in ihm inducirte electromotorische Kraft gleich der
Summe aus derjenigen, welche durch die gedrehten und strom-
wechselnden Windungen, und derjenigen, welche durch Drehung
des Ringes bei ruhenden Windungen erzeugt wird; erstere ist
= o, letztere gleich dem Werth von Ex in Gl. (15), mithin
die ganze electromotorische Kraft bei gleichzeitiger Drehung
der Windungen und des Ringes = Ex". In dieser Form ist
also der Satz von Clausius nach seinem oder dem Max-
well'sehen Inductionsgesetz in der That richtig.
In dem zweiten der oben erwähnten Aufsätze habe ich
gezeigt, dass die obige Schlussweise von Clausius, welche
sich auf die Gleichung Ex — — Ex stützt, nach dem Max-
weli'schen Inductionsgesetz richtig sein würde, wenn man in
diesem die unbestimmte Function W = i/' annähme und statt
der ersten der Gleichungen (7) setzte:
X - X - - ^ •
Diese Annahme ist indessen unzulässig, da dann die Gl. (10)
Xm = Xm'— o geben würde, also durch Rotation eines Leiters
um die Axe eines Magnets oder eines Magnets um seine Axe
keine electromotorische Kraft entstehen würde, was der Beob-
achtung widerspricht.
§ 15. Edlund hat nachweisen zu können geglaubt, dass
das Weber' sehe Gesetz der Induction durch einen bewegten
Jnducenten dem Princip der Erhaltung der Kraft widerspreche.
Seine — ziemlich unklar ausgedrückte — Schlussweise ist im
wesentlichen folgende1): „Wird der Magnet M allein gedreht,
1) Edlund, L. c. p. 410.
688
H. Lorberg»
so entsteht in dem Mantel a und dem ruhenden Leiter-
theil b kein Strom, entsprechend der Thatsache, dass ein
durch b -f a fliessender Strom den Magnet nicht um seine
Axe dreht Wird also a zugleich mit M gedreht, so kann
die Induction nicht durch die Drehung von AI entstehen,
sondern sie muss dieselbe sein, als ob M ruhte, muss also an
a stattfinden. Fände sie, wie die „alte" — d. h. die Web er-
sehe — Theorie annimmt, an b statt, wurde sie also durch die
Drehung von M bewirkt, so würde sie ohne Arbeitsleistung
stattfinden, da bei Drehung von AI keine Arbeit gegen die
ponderomotori8chen Kräfte verbraucht wird." Das Irrige dieses
Schlusses ist leicht einzusehen. Daraus, dass durch einen
durch b + a fliessenden Strom AI nicht gedreht wird, und dass
demgemäss auch eine blosse Drehung von M keinen Strom
erzeugt, lässt sich nur schliessen, dass die Drehung von AI
gleiche und entgegengesetzte electromotorische Kräfte in a und
b inducirt; nach dem Weber' sehen Gesetz sind diese von 0
verschieden, entsprechend der Annahme des Weber'schen oder
Ampere' sehen ponderomotorischen Gesetzes, dass a und b
gleiche und entgegengesetzte Drehungsmomente auf AI aus-
üben; wird a mitgedreht, so verschwindet nach dem We her
sehen Gesetz die Induction an o, und es bleibt nur die an b
übrig, entsprechend der Thatsache, dass das fest verbundene
System AI + a durch einen durch b a fliessenden Strom ge-
dreht wird, was nach Weber deshalb stattfindet, weil dann
das Drehungsmoment von a auf AI durch das gleiche und ent-
gegengesetzte von AI auf a aufgehoben wird, und das Aequivalent
der übrigbleibenden, bei der Drehung des Systems AI + a gegen
die ponderomotorischen Kräfte des Leitertheils b verbrauchten
äusseren Arbeit ist eben die in b inducirte electromotorische
Kraft.
Die Folgerung, welche man aus dem Princip der Energie
über die Induction durch einen permanenten Magnet ziehen
kann, ist bekanntlich die, dass die in einem bewegten Strora-
element durch einen ruhenden Magnet, resp. in einem ruhen-
den Stromelement durch einen bewegten Magnet inducirte
electromotorische Kraftcomponente nach ds> Eds, resp. Erdsf
gleich der negativen Arbeit sein muss, welche die pondero-
motori8che Kraft des Magnets an dem von einem Strom 1
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Mugnetelectrische Induction.
6S9
durchtiossenen bewegten Stromelement, reap, die Kraft des
Stromelementes an dem bewegten Magnet in der Zeiteinheit
leistet. Um zu zeigen, dass sowohl das Weber' sehe als auch
das Clausius'sche Inductionsgesetz dieser Forderung genügt,
stelle ich zunächst die betreffenden ponderomotorischen Gesetze
auf, indem ich den Magnet durch ein geschlossenes Strom-
system i' ds ersetzt denke. Nach dem Web er' sehen oder
Ampere 'sehen Gesetz fällt die ponderomotorische Kraft von
ds' auf ds in die Verbindungslinie, und ihre .r-Componente ist:
, , ,,\d~r (dxdx , \ d(\ dx\ d ( \ drdr\\
(a) {„- II d*d* I ^ +'~) " d\r ds ) + di {r dsdx)\'
Nach Clausius greift dieselbe Kraft ebenfalls an ds an, fallt
aber nicht in die Verbindungslinie, und ihre .r-Componente ist:
(b) fc-S.-,7*A^.(i**).
Die Kraft von ds auf ds' ist hiernach:
(c) s.= -i.-r, = r. + "rf.<.('
Bezeichnet also A, resp. Ä, die Arbeit, welche an ds in der
Zeiteinheit geleistet wird, wenn dasselbe mit den Geschwindig-
keitscomponenten dxjdt etc. bewegt wird, resp. an dem
Magnet, wenn dessen einzelne Punkte (x y z) die Geschwin-
digkeitscomponenten öx'-dt etc. haben, und setzen wir wieder
die Componenten des Vectorpotentials des Magnets:
so ist nach Weber:
. , \(dx öFx . \ föx dFx \-i
A' = tl'[[ds"di +--)~[dt ds + "j
nach Gl. (4). Da ferner, wenn die Bewegung des Magnets
und des Leiters eine „gemeinschaftliche. Bewegung" bilden,
Ana. d. Phyt. a. Ch»ro. N. P. XXXVI. 44
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690
H. Lorberg,
A J — — Aw, EJ — — Ew ist, so ist auch A J = — EJ ds. Nach
Clausiu8 ist, der Gl. (b) zufolge, Ac = Am und nach GL (6)
Ec =a Ew, also auch Ac = - J&rf*. Schliesslich ist nach GL (c):
a ' a ' . d (*.,,, \ dr d'r
A, = A. - ,1, d,J>ds.r it. T<
j ' i j & C « j ' \ dr ( dr Öx \
= A.+ d.-j-J ,d..r d, {dx d/ + ... j
< ' j d C " j ' 1 (dx öx . \
= x-</»T,J.rf».r(?77<- + ...),
wo wieder <?x/</l sich auf eine gedachte, mit der des Magnets
gemeinschaftliche Bewegung von rf« bezieht, also nach Gl. (6):
a; = Aj-£ds = - [ej + £t-rff.
Dadurch ist die Uebereinstimmung mit dem Princip der Ener-
gie für das Weber' sehe und Clausius'sche Inductionsgesetz
nachgewiesen.
Maxwell stellt keinen Ausdruck fur die ponderomotorische
Kraft zwischen zwei Stromelementen auf, sondern nur für die
auf ein Stroraelement in einem Magnetfelde, also seitens ge-
schlossener Ströme, wirkende Kraft1), und zwar ist sein Aus-
druck mit dem Weber'schen oder Clausius'sehen identisch,
ebenso wie sein Ausdruck für die electromotorische Kraft auf
einen bewegten Leiterpunkt; nach ihm ist also ebenfalls
An, — — £m ds. Da er ferner nach Gl. 7 auch für die Induction
durch einen bewegten Magnet denselben Atisdruck aufstellt
wie Claus ius, so muss nach ihm, um dem Princip der Energie,
d. h. der Gl. A'm = - E'mds zu genügen, auch die pondero-
motorische Arbeit eines Stromelements an einem Magnet
denselben Werth haben wie nach Claus ius, es müssen also
die Kraftcomponenten und Drehungsmomente eines Strom-
elementes auf ein magnetisches Molecül oder einen geschlossenen
Strom nach ihm dieselben Werthe haben wie bei Claus ius.
Ein wesentlicher Unterschied dieses Clausius- Max well' sehen
ponderomotorischen Gesetzes von dem Weber- Ampere'schen
1) Maxwell, l.c.2, Aufl., § 490 b.
Mwjnetelectriiche Induction
691
besteht darin, dass, weil nach ersterem die resultirende Kraft
und das resultirende Drehungsmoment eines ungeschlossenen
Stromleiters auf einen geschlossenen Strom und die des ge-
schlossenen Stromes auf den Stromtheil nicht gleich und gerade
entgegengesetzt sind, die Wechselwirkung zwischen beiden eine
Kraft und ein Drehungsmoment giebt, wodurch das System
beider, wenn sie fest miteinander verbunden sind, verschoben
und gedreht wird. Bei der Umkehrung des PI tick er 'sehen
Versuches, wo ein geschlossener Stromleiter aus einem ruhen-
den Theil b und einem mit einem Magnet M fest verbun-
denen Theii a besteht, und wo durch die ponderomotorischen
Kräfte das System M + a um die Axe des Magnets gedreht
wird, geht daher nach Weber die Wirkung lediglich von b
aus, nach Clausius-Maxwell der Haupttheil der Wirkung
(bei einem Linearmagnet die ganze Wirkung) von der Wechsel-
wirkung zwischen « und M. Indessen lässt sich leicht zeigen,
dass auch hier wieder beide Theorien genau zu demselben
Resultat führen. Es seien nämlich M und a wieder, wie in
§ 8, Rotationskörper mit gemeinschaftlicher Axe, und die Enden
1 und 2 von b mögen auf a schleifen. Bezeichnen wir den
von 1 nach 2 fliessenden Strom in b mit i, das im Rotations-
körper M + a von 2 nach 1 fliessende verzweigte Stromsystem
mit A, das ganze Drehungsmoment auf den Rotationskörper
M + a nach Weber mit Dw, das Drehungsmoment von i auf
M mit Z>!f, so ist nach Weber:
Dw = ti? + Dt
Nach Clausius ist:
Nun können wir uns den Strom i in einzelne Stromfäden /.
zerlegt denken, welche mit je einem Partialstrom ft, von k einen
geschlossenen, constanten Strom bilden; fur jeden dieser ge-
schlossenen Ströme ist, der Gl. b zufolge, das Drehungsmoment
auf k nach Clausius gleich dem nach Weber, also:
da in dem Drehungsmoment von k auf sich selbst das Drehungs-
moment von k, auf k, und das von kg auf k, nach Weber
entgegengesetzt gleich sind, also l£* — 0 ist. Ebenso ist
44»
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692 G. Tammann.
/>« + * * = z£+**, D?k = Z>r = - Vi", also:
(16) A = l£ + Zt4"* * - = /tf + Z^* « A,.
Hierin ist JD» von der constanten Strom vertheiluug im
Körper «V + a abhängig und pflegt in der gewöhnlichen Theorie
des Versuches vernachlässigt zu werden: ist ferner iÄ die in
der Zeiteinheit von b an M geleistete ponderomotorische Arbeit
so ist D'J* — iA'jy, mithin, wie oben nachgewiesen:
2 2
ti? - -if*.' * - ±jK.,b,
l l
also nach 61. (10):
(17) -7 <*.-*.>'
1
wo wjy durch eine der Gl. (12), (12.), (12b) bestimmt ist.
Strassburg, Dec. 1888.
VII. lieber die Gesetze der Dampfspannungen
wässeriger Salzlösungen von Babo und Wüllner;
von G. Tammann.
In einer früheren Arbeit J) habe ich auf Grundlage meiner
Messungen der Dampfspannungen wässeriger Salzlösungen die
Ungültigkeit der Verallgemeinerungen v. Babo's2) und Wüll-
ner's3), die mit den Forderungen der mechanischen Wärme-
theorie im Widerspruch stehen, nachzuweisen gesucht. Beiden
Gesetzen kommt nur der Werth grober Annäherungsregeln zu.
Die Abhängigkeit der Spannkraftserniedrigungen von der Con-
centration der Lösungen habe ich späterhin4) eingehend verfolgt.
1) Tammann, Wied. Ann. 24. p. 523. 1885.
2) v. Babo, Bcr. d. GesclUch. a. Beförd. d. Naturwiss. Freiburg i. B.
17-18. 1857.
8) Wüllner, Pogg. Ann. 103. p. 529. 1858; 105. p. 85. 1858; 110.
p. 564. 1860.
4) Tammann, Mean, de l'Acad. de St. Peterebourg (7) 85. Nr. 9.
Dampfspannungen wässeriger Salzlösungen. 693
und kam zum Resultat, dass die Wüllner'sche Proportiona-
litatsregel für keinen von den 185 untersuchten Stoffen die
Abhängigkeit der Spannkraftserniedrigungen von der Concen-
tration der Lösungen befriedigend darzustellen vermag.
Als Wüllner sein Gesetz aufstellte, bemerkte er, dass
mehrere Stoffe sich der Hegel nur dann fügen, falls man diese
als Hydrate in der Lösung annimmt Diese Idee Wü liner's
schien rar die Constitution der Lösungen von Bedeutung zu
werden, als Rüdorff1) und später de Coppet-) aus den Ge-
frierpunkten wässeriger Lösungen, die in denselben existirenden
Hydrate abzuleiten suchten. In neuester Zeit hat D. Men-
delejew6) eine schon von Graham benutzte Methode zur
Feststellung der in Lösungen existirenden Hydrate weiter aus-
gearbeitet und mit einigen in der That sehr schlagenden Bei-
spielen belegt. Beide Methoden werde ich im Folgenden auf
die Dampfspannungen der Lösungen zu übertragen suchen.
Die Abhängigkeit der Dampfspannung einer Lösung von
der Temperatur wird durch v. Babo's Gesetz dahin geregelt,
dass bei allen Temperaturen die Dampfspannung der Lösungen
proportional der Dampfspannung des Lösungsmittels bleibt.
Für die meisten, besonders aber für fast alle concentrirten
Lösungen ergaben meine früheren Messungen Abweichungen
vom Babo'schen Gesetz, die um so weniger auf Versuchsfehler
zurückgeführt werden konnten, als dieselben den theoretischen
Forderungen Kirch hoffs entsprechen. In jüngster Zeit sind
Raoult4) und Emden6) für die Gültigkeit des v. Babo'schen
Gesetzes eingetreten. Raoult untersuchte einige ätherische
Lösungen und behauptet, dass das Verhältniss zwischen der
Dampfspannung der Lösung und der des Lösungsmittels {TJT),
von der Temperatur unabhängig sei, trotzdem die von ihm
bestimmten Quotienten Tx / T mit wachsender Temperatur ab-
1) Rüdorff, Pogg. Ann. 114. p. 63. 1861; 110. p. 55. 1862; HS.
p. 599. 1871.
2) de Coppet, Ann. de chim. et de phys. (4) 23. p. 866. 1871;
25. p. 502. 1872; 2«. p. 98. 1872.
3) Mendelejew, £tude des dissolutions aqueuses, fondee sur les
changements de leur poids speci6ques. 8t Peterebourg 1887.
4) Raoult, Zeitschrift f. phys. Chemie. 2. p. 368. 1888.
51 Emden, Wied. Ann. 31. p. 145. 1887.
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694
G. Tammann.
nehmen. Bei den Lösungen von Perchloraten!» und Benzoe-
säure nimmt Tx / T mit steigender Temperatur zwischen 0° bis
20° um 1 Proc. ab, beide Losungen bilden sich, wie die Theorie
es fordert, unter Wärmeabsorption. Bei den Lösungen von
Terpentinöl und Anilin in Aether bleibt TJT bei Variation
der Temperatur fast unverändert, die Lösungen bilden sich
unter Wärmeentwickelung. Emden untersuchte die Dampf-
spannungen wässeriger Salzlösungen und kam zum Resultat,
dass die Abweichungen vom B ab o' sehen Gesetz für die von
ihm untersuchten Lösungen innerhalb der Beobachtungsfehler
liegen. Indem Emden auf eine Reihe von Fehlerquellen, die
frühere Beobachter nicht vermieden hätten, hinwies, suchte er
den Widerspruch zwischen seinen Erfahrungen und denen an-
derer zu erklären. Ein Vergleich der jetzt vorhandenen Mes-
sungen wird am besten den Werth derselben beurtheilen lassen,
und somit zur Entscheidung der Frage über die Gültigkeit des
v. Babo'schen Gesetzes beitragen. Wir werden sehen, dass
gleich wie das Gesetz von Wüllner, so auch das von Babo
der Wirklichkeit nicht entspricht, dass aber die Sätze von
Kirchhoff über die Abhängigkeit der Dampfspannungen von
der Temperatur durch die Beobachtungen bestätigt werden.
I. Ein Vergleich der Messungen verschiedener
Beobachter.
Bekanntlich weichen die Resultate verschiedener Beobach-
ter sehr erheblich voneinander ab, und da man sich meistens
damit begnügt hat, die gewonnenen Verallgemeinerungen mit
denen anderer zu vergleichen, so fehlt fur's erste ein Urtheil
über den Werth der verschiedenen Beobachtungsreihen. Nur
indem wir diese einem Vergleich unterziehen, dürfen wir hoffen,
zur Erkenntniss der offenbar vorhandenen Fehlerquellen zu
gelangen.
Speciell zur Ergründung des Einflusses der Concentration
und der Temperatur auf die Dampfspannungen der Lösungen
sind sechs grössere Beobachtungsreihen angestellt worden.
Ausserdem besitzen wir noch eine Anzahl von Beobachtungen,
die zu anderen Zwecken von Reguault,1} Moser,2) R. von
1) Regnault, Ann. de chim. et de pays. (8) \b. p. 179. 1345.
2.1 Moser, Wied. Ann. 14. p. 76. 1881.
Dampfspannungen wässeriger Salzlösungen. 695
Helmholtz1) und Bremer ausgeführt wurden. Die Dampf-
spannungen der Schwefelsäurelösungen hat Regnault bis zu
+ 35° C, und die für Lösungen von Zinnchlorid, Jodcadmium
und Zinksulfat Moser bei 80° C. gemessen. Da bis jetzt die
Verdünnungswärnien dieser Lösungen bei 100° nicht bekannt
sind, so ist ein Vergleich jener Dampfspannungen mit meinen
entsprechenden Messungen bei 100° für's erste nicht durch-
führbar. Betreffs der Dampfspannungen von Chlornatrium-
lösungen hat R. v. Helmholtz gezeigt, dass die aus seinen
Messungen abgeleiteten relativen Spannkraftserniedrigungen mit
den aus meinen Messungen berechneten in genügender Ueber-
ein8timmung sich befinden.
Wir werden uns in Folgendem besonders mit den Mes-
sungen Wüllner's, Pauchon's, Nicol's und Emden's,
ferner mit meinen beiden Beobachtungsreihen zu beschäftigen
haben. Da bei höheren Temperaturen die Ablesungsfehler
gegenüber den Dampfspannungserniedrigungen verschwinden, so
wird ein Vergleich der Dampfspannungen bei 100° C. etwaige
methodische Fehler besonders deutlich hervortreten lassen.
Ich werde soweit als möglich alle Beobachtungen bei 100° C.
mit meiner letzten Beobachtungsreihe bei 100° C. vergleichen,
und zwar, indem ich die directen Messungen anderer Beob-
achter mit den entsprechenden aus meiner letzten Beobach-
tungsreihe interpolirten Werthen zusammenstelle.
1. Entnimmt man den Tabellen Wüllner's die in der
Xähe von 100° C. beobachteten Spannkraftserniedrigungen,
reducirt diese auf 100° C. und interpolirt für dieselben Lösun-
gen aus meinen graphischen Darstellungen die entsprechenden
Spannkraftserniedrigungen, so überzeugt man sich, dass beide
Versuchsreihen genügend übereinstimmen.
Eine noch bessere Uebereinstimmung ergibt ein Vergleich
der aus Wüllner's Interpolationsformeln berechneten Spann-
kraftserniedrigungen mit den von mir direct gemessenen. Nur
die Dampfspannungen der Lösungen von Kali und Natron
weichen stark voneinander ab. Wüllner's Messungen ergeben
bedeutend grössere Werthe derselben als meine. Diese auf-
fallende Abweichung findet ihre Erklärung in dem eigenthüm-
!) R. v. Helmholt«, Wied. Ann. 27. p. 582. 1836.
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696 G. Tammann.
lichen Verhalten der Kali- und Natronlösungen bei einer Ver-
grö8serung der Dampfräume über denselben. Während bei einer
Vergrösserung der Dampfräume über all den anderen Lösungen
die Flüssigkeitssäulen ruhig sanken, so kochten sie bei jenen
stürmisch auf.1) Die entwickeltenDämpfecondensiren sich grössten
Theils an den Manometerwänden und verdünnen so die oberen
Lösungsschichten.
NaCl
KCl
Wüllner
44,0 61,7 90,6
w.
30,5
61,3
Tammann
44,0 GH,5 94,0
0,0 -6,8 -3,4
Na,804
T.
»
•
32,5
-2,0
65,7
-4,4
K,S04
W. 9,5
18,8 28,3 36,3
46,9
W.
8,8
17,6
T. 9,0
18,8 26,4 35,2
43,5
T.
8,3
15,8
+0,5
—0,5 +1,9 +1,1
+ 8,4
;w.
+ 0,5
+ 1,8
NaN08
KN03
W. 27,0
53,7 78,3
11,0
20,6
31,3
80,5
T. 27,8
54,1 79,0
T.
J
10,1
21,0
-0,8
-0,4 -0,7
+ 0,9
-0,4
+ 0,8
39,3
39,5
In der That waren die nach einer Dilatation des Dampf-
raumes gemessenen Dampfspannungen bei diesen Lösungen
10 — 50 mm grösser als sonst.2)
KCl KNO, K.S04
\V. 12,2 24,8 36,7 W. 11,4 18,1
T. 11,8 24,5 35,1 T. 10,1 15,4
Wüllner 8,1 15,9 39,7 63,2
Tammann 8,1 15,2 39,7_ 63^2
0,0 +0,7 0,0 0,0 +0,4 +0,3 +1,6 +1,8 +2,7
NaCl NaNO, Na,S04 CaCL
\V.26,6 52,8 77,9 W. 18,0 32,2 65,7 |W. 9,1 22,5 39,8 W. 16,7 44,2" 73,0
T.25,1 50,3 78,7 ! T. 15,8 30,2 61,0 1 T. 9,0 22,1 38,2 T. 15^3 44,2_ 76,0
+ 1,5 +2,5 -0,8 +2,2 +2,0 +4,7 +0,1 +0,4 +1,1 ; +1,4 O^Ö -3,0
KHO
W. 8,9 18,2 28,3 32,6 37,9 51,6 58,0 69,9 129,0 211,0
T. 13,1 25^8 34,0 49,2 55,5 76,5 84,1 102,8 191,1 294,2
-4^2 -7,6 -10,7 -16,6 -17,6 -24,9 -26,1 -32,9 -62,1 -83.2
NaHO
W. 9,2 15,9 42,8 82,7 t37,4 143,7
T. 10^ 17,5^ 47^ 94,5^ _158,6 180,5
-1,0 -1,6 -4,4-11,8 -21,2 -36.8
1) Tammann, Mein, de l'Acad. de St. Petersbourg 7. 35. Nr. 9.
p. 13—18. 1887.
2) Um jede Vergrösserung oder Verkleinerung des Dainpfraumes vor
den Messungen zu vermeiden, verringert man den Druck in den Mano-
metern so viel als nöthig und erwärmt sie alsdann.
Digitized by VjOO<^I
Google
Dampfspannungen wässeriger Salzlösungen.
2. Ferner hat Nicol1) nach einer dynamischen Methode
die Dampfspannungen mehrerer Salzlösungen bei 5°— 95° C.
untersucht Ich entnahm den Tabellen Nicol's die bei 95° C.
gemessenen Spannkraftserniedrigungen, reducirt sie auf 100°C.
und verglich sie mit den aus meinen Bestimmungen inter-
polirten Werthen. Die Spannkraftserniedrigungen Nicol's
sind fast durchweg um 1 — 2 mm grösser als meine. Doch
glaube ich, da die dynamischen Methoden für Lösungen häufig
zu kleine Werthe der Dampfspannungen ergaben, Nicol's
Messungen als eine Bestätigung meiner betrachten zu dürfen.
•.
NaCl KCl
N. 29,5 60,2 75,9 92,3 128,5 163,6 1 N. 26,7 55,2 84,7 114,1 144,8
T. 28,0 58,3 74,5 91,4 125,0 161,6 I T. 26^ 54,3 83,0 113,3 142,2
+ 1,5 +1,9 + i",4~+0,9~ +8X" +2,0 -^ÖT +0,9 +1,7 +0,8+276
217,3 255,3
215,9 256,0
+ 1,4 -0,7
KNO,
N. 13,3 25,4 35,1 46,8 55,8 130,5 161,0 184,6
T. 11,5 23,8 34,0 43,9 53,8_ ^30,4 159,2__ 185,5
+ 1,8 +1,6 +1,1 +2,9 +2,0 +0,1 +1,8 "-0,9
X. 28,5 52,9 78,6
T. 26,0 51,4 81,7
+ 2,5^-1,5 -3,1
NaNOs
102,7 123,9 173,5
100,1 122,0 173,4
+ 2,6 +1^ +0,1
3. Um meine beiden Beobachtungsreihen unter einander
vergleichen zu können, habe ich die früher2) bei ca. 100° ange-
stellten Messungen auf 100° C. reducirt (I) und die diesen
entsprechenden Spannkraftserniedrigungen (II) aus den graphi-
schen Darstellungen3) entnommen. Man bemerkt, dass die
grösste Menge der Differenzen innerhalb der früher vermutheten
Fehlergrenze 2,0 mm bleibt. Die mittlere Abweichung be-
rechnet sich aus 127 Differenzen zu ± 1,31 mm; davon sind
in 66 Fällen die Differenzen negativ (mittlere Abweichung
— 1,6 mm) und in 61 Fällen positiv (mittlere Abweichung
+ V).
1) Tammann, Wied. Ann. 24. p. 523. 1885.
2) Tarn mann, Mem. d. l'Acad. de St. Petersbourg |7) 35. Nr. 9.
Taf. I-IV.
3) Die Abweichungen sind zufälligen analytischen Fehlern zuzuschreiben.
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698
G. Tammann.
I
II
A
KCl
45,1
90,0
93,2
45,3
89,9
92,0
- 0,2
+ 0,1
+ 1,2
KBr
50,7
73,5
96,8
51,2
76,7
97,8
- 0,5
- 3,2
- 1,0
KJ
18,7
56,8
111,7
19,8
57,5
113,0
- 1,1
- 0,7
- 1,3
KCNS
54,1
116,6
137,0
52,5
119,5
136,0
+ 1.6
- 2,9
+ 1,0
KNO,
30,3»)
53,8*)
122,8«)
163,1
35,5
75,3
132,4
162,5
- 5,2
-21,5
- 9,6
+ 0,6
KF
88,2
88,7
35,8
86,0
+ 2,4
+ 2,7
RbCl
30,4
72,5
94,8
167,9
31,2
73,8
92,0
170,0
— 0,8
- 1,8
+ 2,3
" 2,1
NaCl
66,3
102,8
179,3
67,3
104,2
180,5
- 1,0
- 1,4
- 1,2
NaBr
48,4
92.2
122,8
180,7
48,2
92,5
124,0
182,3
+ 0,2
- 0,3
>
- 1,2
- 1,6
NaJ
23,1
92,3
126,6
.inn r
208,5
23,0
93,0
129,8
212,5
+ 0,1
- 0,7
- 8,2
~ 4,0
KCIO,
20,1
24,5')
20,0
29,0
+ 0,1
- 4,5
NaülO,
54,0*)
123,6
226,9»)
57,0
123,2
198,5
— 3,0
4- 0,4
+ 28,4
NaNO,
•
41,0
71,7
133,7
209,0
41,2
71,0
134,7
210,0
- 0,2
+ 0,7
- 1,0
- 1,0
NH4C1
23,4»)
102,1
123,8
26,5
108,0
126,0
- 3,1
- 5,9
- 2,2
NH4Br
K,S04
KtCr04
KtC08
Na,804
Na, SA
(NH4)4S04
LiCI
LiBr
LiJ
LiNO,
BaCL,
1
36,0
73.2
189,6
152,4
18,0
21,6
40,1»)
59,5
79,4
112,7
117,2
219,0
24,4
36,8
66,1
78,83)
28,3
57,3
72,4
90,7
35,7
61,5
24,2
57,3
57,4
70,6
51,8
94,3
153,5
218,2
62,4
122,0
186,8
22,0
70,1
126,5
147,4
66,1
158,7
19,3
60,1
74.1
II
35,5
73,5
138,2
151,8
17,8
22,5
39,0
58,0
77,0
106,0
118,0
223,5
23,8
35,5
64,5
85,0
28,3
55,0
70,3
89,0
86,5
63,5
100,0«) 106,0
173,5 172,0
25,1
57,*
58,4
71,3
49,7
93,5
158,5
218,8
02,0
118,6
183.8
22,5
71,0
130,8
146,5
66,0
157,8
18,0
58,2
59,0
76,0
A
- 0.3
- 0.3
+■ 1,4
+■ 0.6
+• 0.2
- 0.V
+ 1.1
+ 1.3
4- 2,4
+ e.;
- o>
- 4.5
4- 0.6
+ 1,3
4- 1,6
- 6,2
0,0
+ 2.3
+ 2,1
+ 1,"
- 0.8
- 2.0
- 6.0
+ 1,4
- 0.9
- 0.3
- 1.0
- 0.T
+ 2.1
+ 0.8
0,0
- 0,K
+ 0.4
+ 3,4
+ 8.0
- 0.5
- 0,9
- 4.3
+ 0.9
+ 0.1
+ 0.9
+ 1.3
+ 0.4
+ 1.1
- 1.9
1) Nicol, Phil. Mag.
22. p.
502. 1886.
2) Beim Erkalten der Leaving hatte sich ein Theil des Salze* aus-
geschieden, und nach der Wiederauflösung desselben war die Homogenität
der Lösung nicht erreicht worden.
8) Das Kaliumchromat enthält 3—4 Proc. Kaliumsulfat.
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Dampfspannungen
I
II
J
SrCl,
21,0
57,4
91,1
21,5
59,5
98,5
- 0,5
- 2,1
- 2,4
CaCl,
•
25,8
53,4
64,4
144,2
26,0
54,0
66,0
145,0
- 0,2
- 0,6
- 1,6
- 0,8
MgCl,
45.0
98,3
140,5
246,7")
45,0
102,3
148,0
258,0
0,0
- 0,4
- 2,5
-11,8
BaBra
35,4
78,3
122,1
184,6
34,0
77,8
121,5
184,0
+ 1,4
+ 0,5
+ 0,7
+ 0,6
8rBrs
29,4
70,5
118,9
221,8
29,0
65,5
117,5
217,0
+ 0,4
+ 5,0
+ 1,4
+ 4,8
CaBr,
*
51,4
93,7
215,7")
266,2
51,4
97,0
226,0
299,0
+ 0,4
- 3,3
-10,3
-32,8
MgBr,
38,0
72,0
123,1
218,0
38,0
74,0
126,0
223,0
0,0
- 2,0
- 1,9
- 5,0
Salzlösungen. 699
I
II
A
MgSOt
9,6
18,4
19,8
26,5
11,1
18,2
19,5
25,4
- 1,5
+ 0,2
4- 0,3
+ 1,1
BeSO,
15,3
34,3«)
56,8
80,9«)
15,8
38,0
58,5
94,5
+ 0,5
+ 3,7
+ 1,7
+ 13,7
NiS04
20,1
39,8
18,9
41,0
+ 3,2
- 1,2
CoSO«
19,6
42,2
19,0
41,0
+ 0,6
+ 1,2
Zn804
22,7
51,6
19,0
50,5
+ 3,7
+ 1,1
MnS04
23,2
45,9
24,0
46,0
- 0,8
- o,i
CaS04
14,6
22,9
16,0
23,0
- 1,4
— 0,1
FeS04
19,4»)
40,2
16,2
88,0
+ 3,2
+ 2,2
6,2
11,6
31,0
54,9
6,8
14,5
32,0
56,0
- 0,6
- 2,9
- i,o
- 1,1
4. Vergleicht man bei Temperaturen von 45— 55° C. die
von Emden und mir gegebene relative Spannkraftserniedrigun-
gen, so findet man eine sehr befriedigende Uebereinstimmung;
bei steigender Temperatur schwindet diese mehr und mehr.
Aus den von Emden gegebenen Mittel werthen der relativen
Spannkraftserniedrigungen habe ich die Spannkraftserniedrig-
ungen bei 100° berechnet und diese mit den aus meinen neueren
Messungen interpolirten Werthen zusammengestellt Ferner
halie ich für jede Lösung die von Emden bei der höchsten
Temperatur direct beobachtete Spannkraftserniedrigung auf
760 mm Dampfspannung reducirt, und gebe diese Erniedrigungen
in der ersten Reihe der Tabellen.
4) Die angewandte analytische Methode, starkes Glühen des Beryllium-
Sulfates, ergibt leicht zu hohe Concentrations wert he.
5) Das Ferrosulfat war nicht neutral.
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7<iO
G. Tammann,
NaCl KCl
VnAcr* f24y'° 48-> 71>5 136>3 157'3 F '32>9 68>6 101'*2
rjnaen 125,1 48,6 71,4 99,6 136,8 157,4 |33,4 69,2 101,9
Tammann 22,0 44,5 67,0 94,2 K'8,8_ T. 33,0 65,9 102,0
+ 34 TT, 1+4,4 +5,4 +8.Ö~T9,9 + 0~4 + 3,3 -~CÜ
NaNO, KNO,
p, 132,8 31,7 55,9 111,0 151,1 189,4 p 1 12,9 23,1 33,0 42,6 51,1
^ 133,4 31,9 56,3 111,7 151,2 190,0 Ä"fl2,9 23,5 33,5 43,3 51,7
T. 26,8 26,8 53,5 109,2 153,0 190,0 T. 10,8 21^2 30^3 39,7 48,0
+ 6,6 +5,1 +2,8 +2,5 -1,8 0,0 I +2,6 +2,3 +3,2" +3,6 +3.7
K,S04 ZnSO« CuS04
P 1 12,1 19,2 « f 17,6 19,5 v | 8,3 13,2 17,7
*" \\2,d 19,M ^* 1 18,3 27,4 31,2 ^18,3 13,7 18,2
T. 8,2 15,0 T. 9,9 15,9 15,9 T. 5,2 9,3 13,0
+ 4,7 +4,8 +8,4+11,5 +15,3 +3,1 +4,4 +5,2
E.
CaCL
1 61,8 68,3 89,7 89,1 93,0
152,5 63,8 89,7 89,7 93,5
T. 45,0 57,0 82,5 _80,0 84^0
+ 7,5 +6,8 +7,2 +9,7 +9,5
Gestützt auf 9eine Messungen der Spannkräfte des Dampfes
aus reinem Wasser, die eine ausgezeichnete Uebereinstimmung
mit den Messungen von Regnault und Magnus ergeben,
glaubt Emden seinen Messungen der Spannkräfte des Dampfes
aus wässerigen Salzlösungen einen ähnlichen Werth beimessen
zu dürfen. Die Differenzen zwischen seinen und meinen Be-
obachtungen erklärt Emden durch die Annahme, dass ich die
Messungen nach einer Verkleinerung des Dampfraumes an-
gestellt hätte. Dem gegenüber erkläre ich nochmals, nie eine
Beobachtung nach einer Compression des Dampfes, sondern
stets nach einer Dilatation, und zwar nie früher als zehn Minuten
nach dieser angestellt zu haben. Hätte ich in der von Emden
vermutheten Weise beobachtet, so wären die Differenzen
zwischen beiden Beobachtungsreihen ungefähr zehnmal grösser
ausgefallen.
Der Umstand, dass Em d en's Bestimmungen der Spann-
kräfte des Dampfes aus reinem Wasser so gut mit den Be-
stimmungen von Magnus und Regnault übereinstimmen,
während die von ihm gegebenen Dampfspannungen der Salz-
lösungen bei höheren Temperaturen von den Daten aller ande-
rer Beobachter erheblich abweichen, wird durch die Versuchs-
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Dampfspannungen wässeriger Salzlösungen. 701
anordnung Emden' s genügend erklärt. Emden hat nicht ab-
gewartet, bis sich das Gleichgewicht zwischen den in ihrer
Concentration gestörten Lösungsschichten eingetreten war, son-
dern hat schon zwei Minuten nach der Bildung eines Dampf-
raumes seine Beobachtungen angestellt. Nun kann man sich
aber leicht überzeugen, dass nach einer Vergrösserung des
Danipfraumes über einer Lösung die Spannkraft der Dämpfe
20 Minuten lang zunimmt Die während der Verdampfung er-
folgende Temperaturerniedrigung ist in Manometern, deren
Dimensionen den Em den' sehen gleichkommen, schon nach
einer Minute wieder ausgeglichen. l) Dagegen dauert der Aus-
gleich der Concentrationsstörungen weiter fort, und die Spann-
kraft des Dampf es über der Lösung nimmt bei 100° C. von
der zweiten bis zur zwanzigsten Minute um 3— 6 mm zu.
Emden' s Versuchsanordnung muss demnach für reines
Wasser richtige Daten , für Lösungen aber um 3 — 6 mm zu
grosse Spannkraftserniedriguugen ergeben. Sinkt die Tempera-
tur, so gleichen sich die jetzt schwächer auftretenden Concen-
trationsstörungen schneller aus. Von etwa 60° C. an stimmen
meine Beobachtungen mit denen Emden's überein; die Ab-
weichungen betragen selten mehr als wenige Zehntelmillimeter.
D. Emden's Beobachtungen wurden für niedere Tempera-
turen noch von einer zweiten Beobachtungsreihe, die von
Pauchon2) herrührt, bestätigt. P auch on hat seine Messungen
zwischen 0—50° angestellt und gibt seine Resultate in Form
von Interpolationsformeln. Diese ergeben zwischen 30 und 35°
brauchbare Werthe (wie man aus der Uebereinstimmung der
relativen Spannkraftserniedrigungen von Pauchon und Emden
ersieht). Für höhere Temperaturen sind Pauchon's Formeln
nicht mehr brauchbar; bei 100° erhält man viel zu kleine
Dampfspannungen, dieselben werden sogar negativ.
NaCl NaN08 KCl KNO,
P. 5,84 5,33 4,85 P. 3,38 3,06 4,16 ! P. 4,26 4,05 3,9 i P. 3,24 2,78 2,48
E. 6,77 6.5** 6,39 ' E. 3,12 8,80 3,49 j E. 4,43 4,50 4,30 E. 3,16 3,08 3,22
R,S04
P. 1,39 1,24
E. 2,50 3,06
T. 1,51 1,66
1) Tammann, Wied. Anu. 32. p. 684. 1887.
2) Pauchon, Compt. rend. 89. p. 752. 1879.
Digitized by Google
I
702 G. Tammann.
6. Schliesslich hat noch Bremer1) die Dampfspannungen
einiger Chlorcalciumlöeungen gemessen. Vergleicht man die
Spannkraflserniedrigungen Bremer's mit denen von Wüliner
und mir, so ergibt sich, dass jene durchweg um 10— 20°,0
kleiner ausgefallen sind als diese. Der Grund der Abweichung
ist in dem Verfahren Bremer's zu suchen. Bremer benutzte
ein Differentialmanometer. Dieser Apparat ist aber fur die
hier in Frage kommenden Messungen ungeeignet, denn bei
*teigender Temperatur wird der Dampfraum über den Lösungen
beständig verkleinert. Die stetige Condensation von Wasser-
dampf über der Lösung erklärt genügend die gefundenen Diffe-
renzen.
t = 67,81° C. CaCL, Bremer 5,7 11,3 18,5
Wüliner 6,2 13,2 20,8
Tammann 6,1 12,3 20,3.
Das Resultat unseres Vergleiches ist meinen Messungen
günstig gewesen. Bei niederen Temperaturen stimmen sie ge-
nügend mit denen Wüliner 's und Emden's, bei höherer mit
denen Wüllner's und Nicol's überein. Vermeidet man vor
einer Beobachtung jede unnütze Compression oder Dilatation
des Dampfes, kurz sorgt man dafür, dass sich das heterogene
Gleichgewicht zwischen Dampf und Lösung wirklich herstellen
kann, so wird es leicht gelingen, die Beobachtungsfehler inner-
halb der genannten Grenzen einzuschränken.
II. Die Spannkraftserniedrigungen in ihrer Ab-
hängigkeit von der Concentration.
Um die Spannkraftserniedrigungen der Dämpfe aus Lösungen
als Functionen der Concentration darzustellen, genügen häutig,
besonders für Stoffe, die sich nicht reichlich lösen, parabolische
Ausdrücke zweiter Ordnung. Doch gibt es eine Anzahl von
Fällen, in denen auch Gleichungen dritter und vierter Ordnung
zur genügenden Darstellung nicht ausreichen würden.
1) Bremer, Recueil d. travaux chiiniqaee d. Pays-Bas. 6. p. 122.
1887.
Digitized by Google
Dampfspannungen wasseriger Salzlösungen. 703
Die relativen Spannkraftserniedrigungen l) ju Bind propor-
tional den Differentialquotienten der Dampfepannungsernied-
rigungen nach der Concentration. Die u-Werthe werden also
durch lineare Gleichungen ausdrückbar, wenn die Spannkrafts-
erniedrigungen durch parabolische Gleichungen dargestellt wer-
den können. Die graphische Darstellung der u-Werthe in ihrer
Abhängigkeit von der Concentration (n) ergibt fur viele Salze
über das ganze mögliche Concentrationsintervall gerade Linien.
Für andere Salze genügen zwei gerade Linien zur Darstellung
der u Werthe, diese Linien schneiden sich in einem Punkte,
dessen Abscisse entweder der eines Knickes oder der eines
Inflexionspunktes fur die Curve der Dampfspannungserniedrigung
entspricht. Schliesslich gibt es noch eine dritte Gruppe von
Stoffen, deren p-Werthe nur bis zur Concentration n « 2 — 5
gerade Linien bilden, die dann bei höheren Concentrations
in Curven, die ausgeprägte Maxima besitzen, übergehen. Als
Beispiele fur den letzten Typus der Erniedrigungscurven sind
besonders die der folgenden Salze zu nennen: LiCl, LiBr,
LiJ, LiN03, KHO, NaHO, H,SOt, B3POv K,C03, BeC^,
MgCU, CaClj, CaBr2, Sr2CL„ BaBr2, Co(N03)2, PeCl2.
Man bemerkt, dass nur Stoffen, die sich in grosser Menge
im Wasser lösen, Curven vom dritten Typus zukommen. Die
Stoffe, deren Erniedrigungscurven den beiden ersten Typen
angehören, sind im aügenieinen weniger löslich. Ihre Ernied-
rigungscurven stellen sich nur als Specialfalle des dritten
Typus dar.
Um eine Uebersicht über die soeben geschilderten Ver-
hältnisse zu geben, habe ich im Folgenden die linearen Glei-
chungen, die die u-Werthe als Functionen der Concentrationen
n darstellen, die Abscissenwerthe der Knicke und Inflexions-
punkte und die Grenzen des untersuchten Concentrations-
intervalles zusammengestellt. Im Falle die /i-Curven zum
dritten Typus gehören, habe ich nur die Gleichung für das
lineare Stück der Curve gegeben und sowohl die Abscisse des
Uebergangs der Geraden in die Curve als auch das Maximum
der letzteren verzeichnet
1) p = T— Tx 1000/ Tm. Hier bedeuten T und 1\ die Spannkräfte
der Dämpfe aus dem Lösungsmittel und der Lösung, tn die in 100 g
Wasser gelöste Salzmenge.
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704
G. Tammarut.
Die /i-Werthe der Kali- und Natronsalze der Monocarbon-
säuren bilden für Concentrationen von n = 1 bis n = 7 flache
Curven, deren Maxima tabcllirt wurden. Von n — 7 bis n = 23
lassen sich fi-Wertbe für Kalium- und Natriumformiat als ge-
rade Linien darstellen. Aehnliches scheint auch fur die anderen
Salze diesen Gruppe zu gelten, doch habe ich aus Mangel an
Beobachtungen auf eine eingehende Darstellung verzichten
müssen. Zur Aufstellung der folgenden Gleichungen benutzte
icb meine letzten Messungen.1) Dieselben sind bei 100° C.
ausgeführt Indem ich die Manometer in ein Dampfbad tauchte,
gelang es mir, die Fehler, welche durch Temperaturschwankungen
bedingt werden, innerhalb der Grenzen von ±0,6 mm einzu-
schränken. Man hat, wenn man von den bier gar nicht in Betracht
kommenden Messungsfehlern absieht, noch zwei Fehlergruppen
zu berücksichtigen. Die einen entspringen der häufig nicht
genügend verwirklichten Bedingung, dass die Lösung homogen
ist Die anderen sind auf analytische Fehler bei der Concen-
trationsbestimmung zurückzuführen. Diese sind je nach der
analytischen Methode von Fall zu Fall verschieden. Jene sind
bei den vorliegenden Messungen vollständig verschieden. Da
nach einer Vergrößerung des Dampfraumes eine halbe Stunde
vor dem Beginn der Messungen verstrich, war erfahrungsgemäß
genügeud Zeit zur Herstellung der Homogenität geboten.
Berechnet man aus den tabe Hirten Interpolationsformeln
die Dampfspannungen und vergleicht diese mit den direct
beobachteten, so erhält man für Lösungen bis zu 30% eine
mittlere Abweichung von ±0,5 mm, für concentrirtere Lösungen
eine solche bis zu ±1,5 mm. Diese Differenzen, die die
Summe aller aus verschiedenen Quellen herstammenden Fehler
darstellen, sind ein wenig kleiner, als die der Messungen ver-
schiedener Beobachter.
(Folgt Tabelle p. 641.)
Wie früher bemerkt, giebt es zwei Methoden zur Berech-
nung der in den Lösungen hypothetisch angenommenen Hy-
drate. Die auf verschiedenem Wege errechneten Hydrate
stimmen unter einander durchaus nicht überein.
1) Tammann. M<Sm. d. l'Acad. de St Peterebourg 7. 35. Nr.
p. 21-141. 1887.
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Dampfspannungen wässeriger Salzlösungen.
70
luterpolationsformeln der relativen Spannkrafts-
erniedrigungen für begrenzte Concentrationsgebiete und
die Knicke der Erniedrigungscurven.
NaCl . .
NaCNS .
NaBr
NaJ . .
KCl . .
KCNS .
KBr . .
KJ . .
KF . .
NH4Ci .
NH4CNS
NH.Br .
N114J .
LiCl . .
LiBr . .
LiJ . .
RbOI. .
KNO, .
KNO, .
KC10a .
KHS04 .
NaNO, .
NaNO, .
NaCIO, .
NaBrO, .
NaHS04
Formel
If.
If*
If.
If*
f.
If.
If*
Jf.
If*
f.
If.
If*
If.
If*
If.
f,
f.
If
If,
If.
f.
in
lf.»
If* =
f. =
u, = 2,48 + 0,327 n
Maximum
fix - 2,70 + 0,024 »
fi , = 2,751 - 0.010 n
j/i, - 3,47 -- 0.000»
j/i, = 3,75 - 0,065 n
= 2,7ö - 0,075 n
lv, = 2,41 - 0,0445 »
fi = 2,38 - U,056 n
ft = 2,13 — 0,006 n
u, = 4,42 4- 0,091 n
ii, = 5,25 - 0,094 »
(ftl = 3,52 - 0,012 n
|m« =* 3,83 - 0,071 a
u = 2,94 + 0,016 n
u = 2,21 + 0,039 n
Iii, = 2,29 + 0,154»
|uv = 2,95 - 0,040»
N. Y. XXXVI.
5.44 + 0,199»
8,69 + 0,281 »
5.71 - 0,062 n
3,04 + 0,243 n
3,84 + 0,068 n
1,94 + 0,313»
Maximum
4,16 + 0,070» *;
3,07 + 0,097 »
3,93 — 0,063 »
2,39 -f 0,159 »
2.90 - 0,004 »
1.91 + 0,080»
4,75 + 0,354 »
5,88 + 0,076 »
5.72 + 0,086 n
6,18 - 0,088»
4,75 - 0,070 n
3,12 + 0,007 n
3,53 - 0,045 »
2,23 + 0,083 »
2,64 - 0,045 n
7,20 + 0,774 /*
Maximum
3.45 + 0,502 »
Maximum
Knicktod.
Beflee-
Joofpunkt
firro«n^dw
Cunceniratloii»-
irvbiete«
1-6
5.9
0,6 — 12
3,4
0,5—9,5
9,3
0 7— 16
0 3—6 9
5,3
*
0,7-27
3,5
0,5-7,3
4,5
7-8
0.6-12
•
4,1
0,8-9
3,7
1-11
0,9-20
7,9
0,6-12
5,3
4,5
8,3
2,0
6,8
9,6
5,9
10,3
2,8
4,2
2.6
4,5
5,2
3,4
0,8—14
1-23
0,4-15
0,8-12
1-10
1,5-26
0,4-21
0,3-4
0,8—8,5
0,4—16
0,7-14
0,«— 8
0,6-5
1,5-11
45
TOO
G. Tammann.
Formel
Knicke od.
lnfleiiona-
punkt
Grt'tizen dw
unt*r«acht*n
CaH5S04Na
NH4NOs .
NH4HS04 .
fi = 1,56 + 0,047 «
w, = 3,72 - 0,069 n
Ht = 3,25 - 0,043 n
px = 2,61 + 0,029 »
«4 = 2,90 - 0,040 »
NH4FBFS .... u - 8,01 — 0,099 n
LiNO, ii, = 4,42 + 0,384 n
Maximum
I,iHS04 u = 3,02 + 0,304 »
RbNO, u = 2,01 - 0,081 n
RbH804 « - 1,59 -0,018«
HCOÖK .... *~
. . . * Maximum
u = 4,84 - 0,080 »
CH.COOK Maximum.'
C,H5COOK
C;HtCOOK (normal)
C,H7COOK (iao)
C4H„COOK. . . .
C,H,COOK. . . .
HCOONa Maximum
/i, = 5,69 - 0,106 n
I«, = 3,54 + 0,332»?
CHjCOONa . . . Ut = 4,15 + 0,091 n
\pt = 5,00 - 0,060 »
C?H,COONa Maximum
C3H7COONa (normal) Maximum . . .
C,HTCOONa (iso)
0,H9C00Na
C.H^COONa
NH?CH,HC1
N(CHS)4C1 .
CN8H5HC1
NHSC0H8HC1
NHsCeHsHNO;
LiHO .
KHO. .
NaHO .
BaOH.0
H,S04 .
H,P04 .
H3Aa04 .
u =» 2,05 — 0,028 »
|u, = 3,60 + 0,279»
j/t. = 5,08 - 0,082 »
J/i, - 2,60 + 0,148»
= 3,25 + 0,005 »
1«, = 3,25 - 0,140»
\ftt = 2,98 - 0,043 »
ft = 2,12 - 0,056 »
f/u, = 1,72 — 0,114 »
(m4 = 1,38 - 0,039 »
I«,
K
ti
- 15,07 + 4,M5 »
= 20,92 + 0,22 »
r= 6' 74 + 0,348 »
Maximum
= 7,47 + 0,319»
Maximum
^ = 2,02 — 0,258 »
u = 2,02 — 0,01 1 » «
17,9
4,1
3,5
7,3
8,4
T,3
4,3
2,7
6,0
4,9
3,4
2,5
5,7
5?
2,4
4,0
1.4
4,1
4,5
2,8
0,8-4
0,6- 24
0,8—12
1—8
0,3—18
0,7—5
0,7-6
0,5-5
1—23
0,8—28
1—13
1- 11
2— 15
1—16
1,5-6
1,5-22
l-U
1 — 15
1-12
1—12
0,6-5
0,6-14
1—10
1-14
1-12
|«, = 3,29 + 0,415»
)'«, = 4,38 + 0,187 »
Maximum
u, = 1,70 + 0,099 n
Maximum
«, = 1,31 + 0,044»
t ■
4,4
1-8
1,2
0,5-2,5
1
7
0,5—13
9,0
0,5-19
0,5—2
M
7,6
8,4
2-33
18
1-4
Dampfspannungen wässeriger Salzlösungen, 707
Formel
HsBOs «, = 2,59 + 0,030 n
/i, = 1,90 - 0,070»
Maximum
ft = 1,88 — 0,009»
ft - 1,28 + 0,035»
,u, = 1,17 + 0,078 n
Maximum
ft = 1,33 + 0,037 »
ft = 0,93 + 0,060 »
Milchsäure .
Bernsteinsäure
Aepfelaäure . .
Weinaäure rechts
Traubenaaure . .
( 'itronensäure . .
Oxalaaures Kali
Bernsteinsaures Kali
Pt
Bernstein aaurea Natron
P =
Weinaaurea Kali .
Brechweinatein . .
Weinaaures Natron .
Citronenaaurea Kali
P\
Pt
Pi
u,
P
Ii".»
Citronenaaurea Natron u
KH,P04 . . . . f\
KH,As04 .
NaH4P04 .
NaH,As04 .
Na,HP04 .
Na,NAa04 .
Na,P04 . .
(NaPÖ,), .
K ._,Mo04 .
KaCr04 .
K,804 . .
KfSgOs •
K.CO, . .
4KOyFeCya
Na,W04 .
Na,Mo04 .
Na,Cr04 .
Na,S04 . .
Na,8,0. .
Na.S.CV .
\Pt
Ii",
\Pi
P
Mi «
\P* -
ft =
ft =
P *
2,18 + 0,103 »
2, »3 + 0,276 n
3,40 — 0,050 n
2,57 + 0,272 »
3.08 + 0,067 »
1.71 + 0,033 n
1,99 — 0,029«
0,60 - 0,070 n
2,01 - 0,045 »
1.34 + 0,290»
1,90 + 0,059»
1,67 + 0,113»
1,78 — 0,0«8 »
1,66— 0,131 »
1.86 — 0,030 »
2.35 — 0,153 »
1,82 — 0,009»
1,59 - 0,022»
Knick
Minimum
2,18 — 0,255»
1,80-0,010»
2,78 — 0,263 »
1,48 - 0,370»
1,42 + 0,083 »
1,44 + 0,254 »
1,70 + 0,142»
2,29 — 0,236 »
1.72 + 0,130»
1,40 - 0,049»
2,15 - 0,150»
1,95 - 0,134 n
1,72 + 0,059»
2,38 - 0,042 »
2,62 + 0,258 n
1.09 + 0,202 n
1,34 + 0,131 n
1.87 + 0,211 »
2,22 + 0,207 n
2.88 - 0,034 »
1,66 + 0,172»
2,28 + 0,136 »
3,40 - 0,066 n
Urenxen des
unt«r»ucht*-n
Concentrationa-
ireblctas
1-4
0,6-4
1-9
0,6-5
1-5
1 — 11
1-5
0,4-1,2
0,3—10
0,5-11.
708
G, Tum mann.
Formel
Knick« od.
Infleiioi»-
pnnkt
<>*r«iiren de«
ante* luehten
Concentrations-
Na.COs . . .
Na,W043W08
Na,B,Or .
(NH4),SO, .
(NH4),sA
(NH4F),SiF4
Li.0rO4. .
L^SO, . .
Rb4S04 . .
AIC13 . .
CeCl, . .
BeCL, . .
BeBr. . .
MgCI, . .
MgBr, . .
Mg(NOs), .
CaCl; . .
CaBr^
Ca(NO,i1 .
SrCL, . .
SrBr4 . .
Sr(N03i, .
BaCl, .
BaBr, . .
Ba(NOs)4 .
Ba(Cl03)4 .
BaF,(BFs)a
BaiCsHsSO.)s.
Ba(QH,OSOa),
Ba(CH,eOO),
NiCl,. .
Nif NO,),
CoCU .
l/i, -
\P* =
l>l =
l>t =
P =
P =
,» =
fi «=
f =
" =
\fh =
,"t "
fx =
.«« =
,"i =
«• =
,«i =
/"i ~
,«» =
=
fi -
fh =
I«* =
."i =
fi«, =
\f*i =
« =
Hi =
!* -
Ii«* =
P =
" =
3,74
3,11
(»,38
0,00
3,29
1.98
2,80
1,83
1,78
2,80
3,18
1,80
2,40
1,47
- 0,258 n
4- 0,080 n
- 0,126 »
4- 0,158 »
- 1,175 n
- 0,137 »
4- 0,004 «i
+ 0,050 n
- 0,091 n
4- 0,377 a
4- 0,128 »
4- 0,855 »
4- 0,512 »
- 0,064 «
3,06 4- 2,830 n
8.61 + 0,560 »
1,86 + 0,861 »
4.74 4- 2,104 u
6,88 4- 1,414 »
2.72 4- 1,037 n
5,22 4- 0,289 n
8,91 4- 1,518»
Maximum
2,10 4- 0,857 n
4,15 4- 0,309 n
2,69 4- 0,962 n
3.39 4- 0.577 n
3.48 4- 1.052 »
Maximum
1,95 4- 0,769 »
2,67 4- 0,164 n
3.40 — 0,027 a
2,45 4- 0,650 n
Maximum
1,64 4- 0,523«
2,94 4- 0 155 »
1,85 4- 0,030»
2,17 4- 0,150 »
1,29 4- 0,405»
Maximum
1 ,35 - 0.025 n
1 ,32 4- 0,0H6 n
1.62 + 0,100 n
1,83 4- 0,<»42 n
1.75 4- 0.142 n
1.73 4- 0,060«
1,54 - 0,071 n
\fix = 2.93 4- 0,709 »
j«, ~ 4,35 4- 0 246 »
«,* = 2,22 4- 0,505 n
l^i, ~ 2,77 4- 0,714 n
\fit = 4,48 4- 0,055 »
1,9
1.3
1,3
1,4
2,4
2,4
4,0
3,3
3,4
5,2
3,2
1,8
2,8
6,1
2,8
3,8
2,6
4,1
3,5
1,3
3,2
1.8
3,1
2,6
0,5-4
0,2-3
0,3—2,5
0,4—6
0,5-4
0,6-2,5
0,3-45
0,5-2,7
0,5 — 4
0,4—2,5
0,5-3,4
0,3-3,8
0,4-5
0,7-4.6
0,7-6,2
0,4-4,7
0,3-3,4
0,5-6.5
0,3-5,6
0,4-10
0,5-5,4
0,4 -4,tl
0,3-3,7
0,5-2,4
0,4-4.4
0,2-1..'
0,3-2,8
0,6-3
0,5-1
0,4 -2
1—3
0,5-5
0.5-4,7
3,5-4,4
Digitized ^yCoqfllg
Dampfspannungen wässeriger Salzlösungen. 709
r
Uiyuzod des
Formel
Co.NO,),
FeCl, .
ZnCl, .
Zn(N0,),
CdCL .
CdBr, .
CdJ, . .
Cd(NO,)t
ÜOtlNü,)s
HgiCX),
Pb N0,)t
Pb(CH.CÖO),
CaS.O, .
SrS,0„ . .
BaS.O« . .
Al,(804), .
BeS04 . .
MgS04H,S04
NS04 . .
CoS04 . .
i cb04 . .
MnS04 . .
ZnS04 . .
CdS04 . .
USOe . .
USO,H,804
Salicin
]ft =
\Hi =
»i =
Ht =
u =
Mi =
=
."i =
\P\ =
" =
F
Hi -
u —
\fh =
H =
ft «
M =
f» =
l.^i =
I."* =
M =
ii =
t)'t =
Ii!"
il"* =
ii«, «
ii", =
.».■ =
f, «
.u =
2.25 4- 0,480 *
3,31 4- 0,157 u
3,01 + 0,460 n
4,38 - 0,004 »
3,13 + 0,578»
Maximum
1,60 4- 0,270 m
2,37 + 0,148 »
1,98 4- 0,670 n
2,69 + 0,304 *
1,41 - 0,063 n
1.12 4- 0,1182 »
0,"9 + 0,038»
0,51 + 0,045 »
1,57 + 0,406 n
1,90 + 0,148 »
1,60 4- 0,290»
1,10 + 0,2«!0 n
0,71 - 0,055«
1,00- 0,055»
0,69 - 0,100»
0,47 - |.,005 »
1,03 +
0,62 4-
0,55 +
0,62 4-
1,00 +
1.49 -
0,58 4-
2,91 4-
0,S6 4-
0,92 4-
0,22 4-
1,75-
0,82 4-
1,18 -
«»,60 4-
0,45 4-
0,55 4-
0,29 4-
0,89 4-
0,410 n
0,312 m
0,125»
0,751 y,
0,394 »
0,165»
0,874 »
0,572 n
0,000»
0,000»
0,336 n
0,33 .» »
0,321 »
0,187 »
0,163 n
0,210»
0,000»
0,070 «
0,342 »
k.i.keod., uu„
Infleilon*. , ConcentrtUon«-
punkt ^biet«»B
3,3
3,0
2,1
4,8
6,3
1,9
' 2,8
■
i
1,2
2,3
1,7
2,1
M |
I
1,5
I -
0,5-6,6
0,7-5,8
0,8-7
1-9
0,5- 4
0,7 - 5,0
1-4
1-3
03-4
0,5-5
0,4—1,2
0,4—1,2
0,6-3,4
1-6
0,6 - 3,3
0,6—2,3
1 — 1,8
0,3—1,2
1-6
1-4
0,3-2
0,7-2,5
0,7-3,4
0,6-3,5
0,3-2,7
1-5
1-2,4
0,6—5
0,3-2
u = 0,58 4- 0,062 n
0,4-3,«
Die erste Methode ist bisher wohl nur auf Eigenschaften
cumulativer Natur, wie die Gefrierpunkte und Dampfspannungs-
erniedrigungen angewandt worden. Ihre Grundlage bilden die
Befunde RtidorffV): 1. Die Gefrierpunktserniedrigungen meh-
1) Rädorff, 1.
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710
G. Tammann.
rerer wasserfrei krystallisi render Salze sind proportional der
Concentration. 2. Die Gefrierpunktserniedrigungen der Salze,
die mit Krystallwasser verbunden sich aus ihren Lösungen ab-
scheiden, nehmen schneller als die Concentration zu. Rüdorff
stellte, gestützt auf jene Verallgemeinerungen, den Satz auf:
Die Gefrierpunktserniedrigungen sind direct proportional den
gelösten Hydratmengen, und berechnete mit Hülfe deren Vor-
aussetzung die Formeln der gelösten Hydrate. Für jedes Salz
berechnete Rüdorff nur ein Hydrat, wahrend deCoppet auf
Grundlage seiner Bestimmungen, um die Proportionalität zu
erzwingen, häufig die Existenz mehrerer Hydrate annehmen
musste. Bestände innerhalb eines grösseren Concentrations-
intervalls in der Lösung ein Hydrat von constanter Zusammen-
setzung, so müssten sich die relativen Spannkraftserniedrigungen
in ihrer Abhängigkeit von der Concentration (n) durch Stücke
einer gleichschenkligen Hyperbel darstellen lasseu, es genügen
aber zu diesem Zwecke häufig gerade Linien. Aus Rüdorffs
Formel folgt nämlich, wenn ju und p' zwei relative Spannkrafts-
erniedrigungen , n und ii die zugehörigen Concentrations)
und r die Anzahl Wassermolecüle des Hydrates bedeuten,
r = (iij — u) / (mj n, — fjtn). Setzen wir hier fur ein gewisses Con-
centrationsgebiet r als unveränderlich voraus, so folgt, indem
wir von Differenzen zu Differentialen übergehen, pdn + n/ift
= du I r und nach einer Integration 1 / ^ = 9ft (n — 1 / r). Man
müsste demnach, um eine Proportionalität zwischen den Er-
niedrigungen und den Hydratmengen zu erzwingen, mindestens
zwei Hydrate, deren Mischung von der Concentration abhängig
ist, annehmen. Der Rechnungsweise von Rüdorff scheinen
heute alle Stützen entzogen zu sein. Einerseits sind fur manche
Salze, die sich wasserfrei aus ihren Lösungen abscheiden, rela-
tive Erniedrigungen bekannt, die zuerst mit wachsender Con-
centration zunehmen, dann aber abnehmen. Andererseits nehmen
für stark concentrirte Lösungen, auch der als Hydrate bekann-
ten Salze, die relativen Spannkrafteerniedrigungen bei wachsen-
der Concentration sehr häufig ab. Erklärt man diese Abnahme
durch Bildung von Doppel molecülen, so fällt, da man nicht
weiss, bei welcher Concentration die Bildung polymerer Molecüle
beginnt, jede Stütze der Rechnungsweise Rüdorffs.
Die zweite Methode zur Berechnung der hypothetischen
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Dampfspannungen wässeriger Salzlösungen. 711
Hydrate in Lösung, die besonders Mendelejew1; auf die spe*
einsehen Gewichte der Lösungen angewandt hat, läset sich auf
jede Eigenschaft der Lösungen anwenden. Stellt man irgend
eine Eigenschaft der Lösungen als Function ihrer Concentra-
tion dar, so bemerkt man häufig in den Curven Knicke. Zur
Erklärung dieser Knicke nimmt Mendelejew eine Reihe von
Hydraten in der Lösung an. Jede Concentration, bei der ein
Knick eintritt, giebt nach Mendelejew die Zusammensetzung
des innerhalb jenes Concentrationsgebiets in der Lösung existi-
reuden Hydrates. Stellt man verschiedene Eigenschaften der
Lösungen in ihrer Abhängigkeit von der Concentration als
Curven dar, so wäre, wenn wirklich Hydrate das Auftreten
von Knicken bedingen, eine allgemeine Uebereinstimmung der
Knickabseissen zu erwarten. In der That besteht für die
Dampfspannungen und die speeifischen Gewichte eine solche
Uebereinstimmung. Doch scheint, besonders wenn man noch
andere Eigenschaften zum Vergleich heranzieht, die Ueberein-
stimmung keine allgemeine zu sein.
ich tabellire im Folgenden die Abscissen der Knicke für
die Curven der Dampfspannungen und der speeifischen Gewichte.
Die Curven sind auf die gleiche Abscisseneinheit ein Gram-
molecül Salz in 10UU Wasser, w,) bezogen. Zwar sind die
Temperaturen, bei denen beide Eigenschaften bestimmt sind, sehr
verschieden (Die speeifischen Gewichte sind den Zusammen-
stellungen Gerlach's2) entnommen, sie beziehen sich auf
Temperaturen von 15— 20° C. Die Dampfspannungen wurden
bei 100° C. gemessen.), doch geht aus den Bestimmungen der
Dampfspannungen bei verschiedenen Temperaturen hervor, dass
sich die Knicke dieser Curven bei Variation der Temperatur
nicht wesentlich verschieben. Man bemerkt, dass bald die aus
den Dampfspannungen abgeleiteten Knickabscissen n D grösser
sind als die aus den Curven der speeifischen Gewichte ge-
wonnenen nSf bald der umgekehrte Fall eintritt. Sind wirk-
liche Hydratbildungen die Ursache der Iuflexionspunkte, so
wäre anderen Analogien nach bei steigender Temperatur eine
1) Mendelejew, 1. c.
2) Ger lach, Zeitschrift für analyt. Chem. 8. p. 246. 1871; 27.
p 271. 1888.
Digitized by Google
712
G. Tarn mann.
Bildung von wasserärmeren Hydraten, eine Vergrösserung der
Knickabscissen zu erwarten.
KCl
KBr
KJ
NaCl
NaBr
NaJ
NH.C1
LiCl
LiBr
LiJ
NaN03
N1LNO,
NaCjH.Oj
KHO
NaHO
KXr04
K,CO,
Na.S.0,
Na^O,
(NH4i,S04
nD
7-8
8,5
Ii5
3,4
3,4
3,7
4,5 8,3
2,0 6,8
5,9 10,3
5,2
1.8
2,5
8,5
9,0
1,6
5.?>
5,5
1,9
2,5?
5,7
9,0
T 8
nS
2,6
2,6
3,0
3,0
4,0
2,8
3,S
8,2
4,5?
3,0 7,5
4,5
8,2
2,0 4,3
9,8
8,5
1,9
3,2 7,1
3,7
2,0
2,2
MgBr.
MglNO.),
CaCL.
CaBr,
Ca<N09)4
SrOlt
SrBr,
Sr(NO$).
BaCi;
BaBr,
Zu(N08lt
Cd(N05),
Pb(OOCCH,»2
MgSOi
MnS04
ZnSO«
H.,80,
n8
4,6
q 9
2,4
3,8
3,4
3,0
3,2
1,8
1,8
1,7
2,8
2,7
2,8 4,2
2,5 4.0
3,8
?
2,6
1,7
3,5
1,7?
1.7
1,7
0,8
1,3
1,5
1,9
2,5
1,2
2,3
1,2
1,7
1,7
1,5
2,0
1,5?
1,0 2.1
4,8 7,6
3,4 6,7
III. Die Resultate der Beobachtungen und die
Forderungen der Thermodynamik.
Nach Kirchhoff1) kann man die Bildungswärme einer
Lösung berechnen, wenn die Beziehung zwischen der Temperatur,
der Concentration und dem Dampfdruck derselben bekannt ist
Da aber weder die Abhängigkeit der Dampfspannungen, noch
die der Bildungswärmen von der Temperatur genügend be-
kannt ist, muss man auf die Durchführung jener Rechnung
verzichten. Doch werden wir sehen, dass zum wenigsten in
qualitativer Beziehung die theoretischen Forderungen von der
Erfahrung durchweg bestätigt werden.2) Der Theorie nach
sollen die ji-Werthe für verdünnte Lösungen, deren Ver-
dünuungswärme Null wird, bei Variation der Temperatur un-
verändert bleiben. Ferner sollen die u -Werthe mit steigender
Temperatur abnehmen, wenn die Bildungswärme der gesättigten
Ii Kirch hoff, Pogg. Ann. 103. p. 200. 1858.
2) Berechnet man aus der Formel Kirchhoff's für gesättigte
Lösungen den Werth der Differentialquotienten (ö log nat Tx}Tv,B *>
stimmen diese mit den aas meinen Messungen für concentrirte Lösungen
abgeleiteten Differentialquotienten der Dimension nach überein.
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Dampfspannungen wässeriger Salzlösungen
713
Lösungen positiv sind, und mit der Temperatur wachsen, wenn
die Bildungswärmen negativ sind.
1. Nach Kirchhoff sind die jz-Werthe von der Tem-
peratur unabhängig, wenn die Verdünnungswärmen unendlich
klein sind. Folgende experimentellen Befunde bestätigen K irch-
hoffs Fordern ngen.
a) Die fur verschiedene Temperaturen geltenden /i-Ourven
der Schwefelsäure- und Jodcadmiumlösungen schneiden sich
bei der Abscisse n = 0.
b) Es coincidiren für verdünnte Lösungen die bei 17° C.
bestimmten isosmotischen l) Curven mit den analogen Curven
gleichen Dampfdrucke, die sich auf 100° C. beziehen.
c) Gilt jener Satz, so stehen nach Guldberg die rela-
tiven Gefrierpunkts- (r) und Spannkraftserniedrigungen (u) ver-
dünnter Lösungen in der Beziehung >•/« » 104,5.
Nach der Dissociationstheorie von Arrhenius müssen
die relativen Spannkraftserniedrigungen für verdünnte Lösungen
mit wachsender Concentration abnehmen. Dieses Concentrations-
gebiet bleibt fürs erste unerforscht, und die Extrapolation der
p-Werthe fur n 0 ist nicht möglich. Eine solche ist aber
zum vorliegenden Zweck gar nicht nöthig, denn schon fur
Lösungen von der Concentration n = 0,5 wird der Einfiuss der
Verdünnungswärme auf die Veränderlichkeit innerhalb der
Temperaturgrenzen von 0° bis 100° C. so gering, dass er gegen-
über den Versuchsfehlern vollständig zu vernachlässigen ist.
Im Folgenden gebe ich eine Zusammenstellung der Quo-
tienten t ju für die Concentration n ~ 0,5. Zur Interpolation
der v-Werthe dienten die Versuchsdaten Rüdorff s und de
Coppet's, zu der der n-Werthe die gegebenen Formeln.
KCl KCNS KBr KJ KNO, NaCl NaBr NaJ NaNO. NH4C1
105 100 119 108 97 101 104 109 106 113
NH4CN8 NH4NO, CH.COONa NaHO KHO H,S04 K,S04 Na^SO»
114 110 123 112 91 10? 100 121
( NH4),S04 K^CrO, K,C05 Na,CO, MglNO,), CaCl, Ca(N08), SrCl,
123 91 113 97 117 118 98 115
SriNO,), BaCl, Ba(NO,), CdJt CdiNOs)4 Zn(NO,», NiCl, NiiNO.),
100 102 88 102 120 119 120 111
CoCI4 Pb(N08), M*804 MnS04 ZnSO, Cu804
128 92 114 lOi 119 115
1) Tammann, Wied. Ann. 84. p. 299. 18s.S.
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714
G. Tammann.
Für i'iu ergiebt sich als Mittelwerth die Zahl 108,8, diese
ist um 4 Proc. grösser als der berechnete Werth. Der beob-
achtete Gefrierpunkt einer Lösung liegt immer tiefer al6 der
wahre Gefrierpunkt Denn die sich aus einer Lösung aus-
scheidenden Eiskrystalle werden von concentrirteren Lösung*-
schichten umschlossen. Ein Umstand, der die Abweichung zu
erklären scheint.
2. Um den zweiten Theil der Forderungen Kirchhoff s
zu prüfen, muss die Abhängigkeit der Lösungswärmen von der
Temperatur bekannt sein. Für diese hat J. Thomsen1) eint-
einfache Kegel gegeben: 1st die Lösungswärme wasserfreier
Salze positiv, so nimmt sie mit der Temperatur stets zu; ist
die Lösungswärme negativ, so nimmt sie mit steigender Tem-
peratur ab und kann sogar positiv werden. Wir haben daher
nach Kirch ho ff für Salze, deren Lösungswärme positiv ist
immer eine Abnahme der u-Werthe mit wachsender Tem-
peratur zu erwarten. Sowohl meine Messungen der Dampf-
spannungen bei verschiedenen Temperaturen, als auch ein Ver-
gleich der relativen Spannkrafts- und Gkfrierpunktserniedrigungen
veriticiren ausnahmslos die Forderung Kirchh off s. Dagegen
können die «-Werthe jeuer Lösungen, deren Bildungswärme
negativ ist, mit steigender Temperatur nur wachseu oder erst
wachsen, dann aber abnehmen. Die Beobachtungen ergeben
Beispiele für beide Fälle. Betreffs der Einzelheiten verweise
ich auf meine frühere Zusammenstellung. 2) In 50 Fällen
stimmen die Forderungen der Theorie mit den Befunden des
Experiments überein, und nur in vier Fällen ist die Entscheidung
von einer Feststellung der Beziehung der Lösungswärme zur
Temperatur zu erwarten.
Dorpat, 30. November 1888.
1) J. Thomsen, Tbermochem. Untersuch. 1. p. 8.
2) Taminann, Mem. de l'Acad. de Sf. Pätersbourg. (7) &">. No. 9,
p. 154-168.
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Wärmestrahlung durch trübe Medien. 715
VilL Beobachtungen über die Durch straJUung von
Wärme verschiedener Wellenlänge durch trübe
Medien; von Knut Angström.
t Vorgelegt »l. k. Akad. d. Wisa. zu Stockholm am t>. Juni 18«8.»
Einleitung.
Wenn Wärmestrahlen l) durch ein vollkommen homogenes
Medium gehen, wird im allgemeinen ein Theil davon absorbirt
und diese Absorption folgt für eine gewisse Wellenlänge dem
einfachen Gesetz, dass jede Schicht des Mediums denselben
Bruchtheil der an sie gelangten Strahlung absorbirt, oder also
dass die Intensität / der durch die Schicht / durchgehenden
Strahlung durch die Gleichung / = lx)e~kl ausgedrückt werden
kann, wobei /, die einfallende Strahlung, r die Basis der na-
türlichen Logarithmen und k eine für jedes Medium und für
jede Wellenlänge bestimmte Constante bezeichnet.
Enthält dagegen das Medium discrete Theilchen, deren
optische Eigenschaften verschieden von denen seiner Umgebung
sind, so entsteht dabei im allgemeinen eine Diffusion der
Strahlung nach allen Richtungen. Wenn aber die Masse der
diffundirenden Theilchen klein genug ist, geht auch in diesem
Falle ein grösserer Theil der Strahlung in der Richtung des
einfallenden Strahles hindurch, was sich auch dadurch zeigt,
dass man durch ein solches Medium ganz scharfe Bilder sehen
kann. Die Intensität der direct durchgelassenen Strahlung
nimmt mit wachsender Dicke der diffundirenden Schicht
immer ab. Diese Abnahme kann in zwei Ursachen begründet
sein: die wirkliche Absorption und die schon erwähnte Diffusion.
Die Frage ist dann: Folgt auch hier das Abnehmen der In-
tensität oder mit anderen Worten die scheinbare Absorption
bei der direct durchgehenden Strahlung demselben Gesetze wie
bei vollkommen durchsichtigen Medien, und steht die Durch-
sichtigkeit des Mediums etwa in einem einfachen Verhältniss
zur Wellenlänge der Strahlung?
Für die sichtbaren Strahlen ist diese letztere Frage schon
von Goethe in seiner Farbenlehre bei der Betrachtung der
1) Unter diesem Namen verstehen wir in dem Folgenden Strahlung
beliebiger Wellenlangen, hell oder dunkel.
Tit;
K. Angstriim.
trüben Medien im durchgehenden und reflectirten Licht, dann
von Clausius1) und Lord Rayleigh2) für die Erklärung der
Farbenerscheinungen der Atmosphäre behandelt worden. Der
»•rstere geht von Reflexion und Brechung als Grund der Diffusion
aus, der letztere aber zeigt, dass, wenn die Theilchen klein im
Verhältniss zur Wellenlänge sind, die gewöhnlichen Gesetze
der Reflexion und Brechung nicht gelten, und betrachtet darum
die diffundirenden Partikeln als Störungscentra der einfallenden
Wellenbewegung. Die beiden Theorien leiten indes9 zu ähn-
lichen Beziehungen für die directe durchgehende Strahlung.
Während aber die erstere8) die Formel:
ergibt, wobei A die zu untersuchende Wellenlänge, x eine
Constante repräsentirt, und die übrigen Bezeichnungen dieselben
wie in der vorigen Formel sind, ist dagegen nach der leteten
Experimentelle Untersuchungen über diese Fragen sind
in der letzten Zeit von Dr. E. L. Nichols*) und Dr. Mänz6)
auf spectrophotometrischem Wege ausgeführt, wobei ersterer
hauptsächlich das zurückgeworfene difluse Licht, letzterer das
durchgehende Licht bei einer grossen Zahl von trüben Medien,
besonders bei Flüssigkeiten untersucht hat
Diese Untersuchungen umfassen jedoch nur Wellenlängen
von 0,4 bis zu 0,7. 10-3 mm.c)
Eine von Abney und Fes ting7) mit Hülfe eines em-
pfindlichen Thermostaten ausgeführte Untersuchung über in
Alkohol aufgelösten Mastix ist bis zu /. = 1,17 ausgedehnt
1) Clausius, Pogg. Ann. 72. p. 188 u. 294. 1847; 76. p. 161. 1849;
SN. p. 548. 1853.
2) Lord Rayleigh, Strutt, Phil. Mag. 41. p. 107. 274 iL 447. 1871.
3) Lord Rayleigh, 1. c. p 107 u. f.
4) Nichols, Trans. Kansas Acad, of Science 10. 1886.
5i Münz, Speetrophotometriache Untersuchungen an trüben Medien.
Inaug.-Diss. Marburg, 1885.
6 | Hier wie überall in dem Folgenden ist die Wellenlänge in 0,001 mm
angegeben.
7) Abncy u. Festing, Proc. Roy. Soc. Lond. 40. p. 378. 1886.
7 =
Theorie :
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Wärmestrahlung durch trübe Medien. 717
und scheint die von Lord Rayleigh aufgestellte Theorie zu
bestätigen.
Ich habe unter Hinzunahme der umfassenden Bestimmun-
gen des Um. Langley über den Brechungsindex des Stein-
salzes diese Untersuchungen mit Anwendung des Spectrobolo-
meters wieder aufgenommen und dabei Medien benutzt, welche
ohne die etwa zweifelhafte Methode der Vertheilung kleiner
Partikeln in einer Flüssigkeit hergestellt werden können.
2. Instrument und Methode.
Die Wärme absorbirende Fläche in dem Spectrobolometer
besteht aus einem einzigen Platinstreifen von ungefähr 0,1 mm
Breite, 0,02 mm Dicke und 12 mm Länge, der galvanisch pla-
tinirt und danach mit Stearinruss überzogen ist, Derselbe bil-
det den verticalen Theil des Fadenkreuzes des auf einem ge-
wöhnlichen, mit einem Prisma versehenen Spectroskopes be
fiiidlichen Fernrohres. Alle optischen Theile dieses Spektro-
skopes, das Ocular ausgenommen, sind aus Steinsalz von Steeg
und Reuter in Homburg. Das zum grössten Theil dem bis-
her von mir angewandten ähnliche Bolometer') selbst ist fest
mit der Theodolitenaxe verbunden; auf dem um die Axe herum
beweglichen Arm ist die Collimatorlinse mit der Spaltöffnung
befestigt und vor derselben eine mit Rundbrenner versehene
Oaslampe, umgeben zuerst von einem Thoncylinder mit einem
kreisförmigen Loch vor der Spaltöffnung und danach von einem
ebenso mit kreisförmigen Löchern vor der Spaltöffnung ver-
sehenen Doppelschirm von Messing. Zwischen den beiden Wän-
den dieses Schirms befindet sich ein kleinerer beweglicher Schirm,
bestehend aus einem kleinen Kästchen von Zinkblech, durch
welches während der Versuche mittelst feiner Kautschuk-
schläuche ein ununterbrochener Wasserstrom geleitet wird, und
vermittelst dessen man die Strahlen der Lampe beliebig durch-
lassen oder abblenden kann. Zwischen der Spaltöffnung und
dem beweglichen Schirm wird das Beobachtungsobjoct, eine
plange^chliffene und polirte Steinsalzplatte, befestigt, auf wel-
cher die zu untersuchende Substanz angebracht ist.
l> Angstrom, Up.^ala Univ. Ärsekrift 1885 und Wied. Anu. 26.
p. 253. 1885; Bihang till K. Vet. Akad. Hand!. 13. 1887.
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718
A". Angstrom.
Bei der Einstellung des Apparates wird die Graslampe
durch eine Natriumtiamme ersetzt, das Prisma von 60° 2'
brechendem Winkel wird auf das Minimum der Ablenkung ein-
gestellt, sodass die Natriumlinie auf den verticalen Faden des
Fernrohres, d. h. auf den Messfaden des Bolometers fallt,
sehr genau mit Hülfe des Oculars ausgeführt werden kann.
Danach entfernt man das Ocular des Fernrohres, ersetzt es
durch einen Ebonitpfropfen und beobachtet die Stellung des
Collimators auf dem graduirten Theilkreise. Die Einstellung
auf die aus der Wellenlänge zu berechnenden Ablenkungen
der Strahlen von anderen Wellenlängen kann von diesem Aus-
gangspunkte aus mit Hülfe von Spiegel und Scala mit einer
Genauigkeit von 10" bewirkt werden. Eine graphisch con-
struirte Tabelle diente hierbei zur Feststellung der jeder Wellen-
länge entsprechenden Einstellung. Für das sichtbare Spectrum
sind die Brechungsindices der Prismas hierzu in gewöhnlicher
Weise bestimmt worden. Für die ultrarothen Strahlen habe
ich mich der von Langley in seinen Untersuchungen hierüber
gefundenen Werthe des Brechungsindex bedient1) Da indess
die direct bestimmten Werthe des Brechungsindex sämmtiich
ca. 0,034 höher als die entsprechenden von Langley ange-
gebenen sind, habe ich für das nun angewendete Prisma auch
die Brechungsindices der ultrarothen Strahlen um diese Grösse
0,084 erhöht. Die etwa hieraus resultirenden Fehler sind für
die vorliegende Untersuchung ganz ohne Bedeutung. Die
Untersuchung Lang ley 's über Brechungsindices geht indess
nur bis zu l — 5,3; die Curve aber, die das Verbältniss zwi-
schen Ablenkung und Wellenlänge darstellt, geht schon bei
X as 3,0 in eine gerade Linie über und läuft in dieser Weise
zwischen /. = 3 und k = 5 fort Prof. Langley hat bei Be-
stimmungen von grösseren Wellenlängen als wahrscheinlich an-
genommen, dass diese gerade Linie weitergezogen werden kann,
und so habe ich mich auch dieser Extrapolation bedient, in-
dess die Unsicherheit der Bestimmung der Wellenlängen mit
einem * bezeichnet. Die folgende Tabelle enthält die nach
der graphischen Construction erhaltenen Bestimmungen der
Wellenlängen l für eine Ablenkung D von 30 zu 30 Minuten
von der D- Linie nach Roth fortschreitend.
1) Langley, Phil. Mag. 9. p. 438. 1886.
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Wärmestrahlung durch trübe Medien.
710
Tabelle I.
D 0° 0°,6 1°,0 1°,5 2*0 2°,5 3°,0 4°,0
k 0,59 0,69 0,90 1,70 4,< 0 6,50») *8,90 *\S,$b
/0 2,2 7,1 53.8 224,0 64,4 20,2 10,2 8,8
Die von mir untersuchten Medien sind: Russ, Magnesium-
oxyd und Zinkoxyd. Von diesen Medien kann man ohne all-
zugrosse Schwierigkeiten homogene und so ziemlich gleich-
förmige Schichten herstellen, indem man sie als Rauch auf
eine plangeschliffene und polirte Steinsalzplatte niederschlagen
lässt. Vor und nachdem die Schicht auf die Platte ange-
bracht ist, beobachtet man dieselbe durch ein grosses Mikro-
skop. Die Differenz der beiden Einstellungen wird auf der
Mikrometerschraube des Mikroskopes abgelesen und gibt nach
einiger Uebung die Dicke der Schicht bis auf 0,002 in in an.
Nur Schichten, weiche an drei verschiedenen Stellen eine mög-
lichst gleiche Dicke haben, werden zu den Versuchen verwendet.
Selbstverständlich ist damit die Dicke der Schicht nicht ganz
bis zu obiger Grenze sicher.
Hierauf wurde der Ausschlag des Bolometers für ver-
schiedene Wellenlängen bestimmt, theils mit der präparirteu
Platte vor der Spaltöffnung, theils ohne diese Platte. Da in
einer vorläufigen Untersuchung die Absorption der Steinsalz-
platte für verschiedene Wellenlängen bestimmt war, konnte
man den Einfluss der diffundirenden Schicht bestimmen.
Die dritte Columne der obigen Tabelle enthält den Ausschlag
des Galvanometers bei directer Strahlung und mit der gewöhnlich
von mir angewendeten Empfindlichkeit des Messinstrumentes.
Hieraus sieht man, dass die Genauigkeit der Bestimmungen
entsprechend der Kleinheit des Ausschlages am kleinsten für
die grössten und kleinsten Wellenlängen ist.
t
3. Resultate.
Die folgenden Tabellen enthalten eine Uebereicht der
Beobachtungsresultate. In der obersten Horizontalcolumne ist
die Dicke der Schicht /, in der ersten Verticalcolumne die
1) Diese Wellenlänge liegt freilich ein wenig aus*er dem von Lang-
ley bestimmten Gebiete, aber so wenig, dass ich deu extrapolirten Werth
als ziemlich sicher annehmen darf.
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72(1
A". Änqtiröm.
Wellenlänge der Strahlung k angegeben. Ausserdem enthalten
die Tabellen die durchgelassene Strahlung y in Procenten der
einfallenden Strahlung, und die Quantität k, berechnet nach der
Formel: p = 10O-fci, also unter Annahme der Gültigkeit des
gewöhnlichen A bsorptionsgesetzes.
Russ. — Die Schicht wurde durch Berussen mit einer
Stearinflamme hergestellt. Eine ganz dünne Schicht dieser Art
besteht nach Beobachtung unter einem stark vergrössernden
Mikroskope aus ganz kleinen Partikeln von ungefähr gleicher
Grösse. Die wahrscheinliche Grösse dieser Partikeln schätzte
ich mit dem Ocularmikrometer im Mittel zu ungefähr 0,0S3 mm.
Tabelle IL
l = 0,009
l =
0,023
l =
0,038
k
K
V
k
P
k
P
: *_
Med.
(»,69
11,7
238,0
1 "
238.0
0,90
19,1
184,0
3.1
151,0
167,5
1,70
44,3
90,"»
16,8
77,6
3,9
85,4
84,5
4,00
64,4
48.9
34,5
46,3
17,4
46,0
47,1
6,50
6S,8
41,6
42,5
37,2
26,2
35,2
88,Ü
*S,90
67,9
43,0
44,0
35,7
82,0
30,0
86.:*
Eine grosse Schwierigkeit bietet hier die Berechnung der
Dicke der Schicht, welche wegen der Absorption äusserst dünn
sein muss und naturgemäß nie von ganz gleicher Dicke erhalten
werden kann. Deshalb ist ohne Zweifel die erste der in der
Tabelle enthaltenen Schichten yl = 0,009) etwas dicker als an-
gegeben ist. In Anbetracht dieser Fehlerquellen darf ich in-
dess das Resultat als ziemlich befriedigend ansehen. Die
Quantität k ist innerhalb der Fehlergrenzen für jede verschie-
dene Wellenlänge constant. Also auch hier ist das Absorp-
tionsgesetz anzuwenden. Ausserdem nimmt k mit wachsender
Wellenlänge stetig ab, also ist die Russschicht um so durch-
sichtiger, je grösser die Wellenlänge ist.
Magnesiumoxyd. — Durch das Hin- und Herführen
einer Steinsalzplatte über einem brennenden Magnesiumbaude
wurde die Schicht hergestellt. Unter dem Mikroskope zeigten
sich die Partikelchen von ziemlich verschiedener Grösse, etwa
0,0_,16— 0,034 mm im Durchmesser. Mit wachsender Schicht
wird hier der Werth von k immer kleiner, das Medium scheint
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Wärmestrahlung durch trübe Medien.
721
immer durchsichtiger für eine gewisse Wellenlänge zu werden,
sodass das Absorptionsgesetz nicht ohne weiteres anzuwenden
ist. Der Grund dafür ist nicht schwer zu finden. Was wir
als direct durchgehende Strahlung schätzen, ist eine Summe
von zwei Termen: die direct durchgehende Strahlung und die
in derselben Richtung diffundirte Strahlung. Mit waclisender
Dicke der wirksamen Schicht wächst auch die letztere und er-
reicht bei einer für jede Wellenlänge bestimmten Dicke der
Schicht ein Maximum, um danach wieder abzunehmen. Da
nun das erste (jlied der Summe stetig abnehmen muss, kann
die Summe selbst dem gewöhnlichen Absorptionsgesetze nur
in dem Falle folgen, dass das andere im Vergleich zu dem
ersten vernachlässigt werden kann. So verhält es sich beim
Russ, wo die Diffusion für jede Wellenlänge unbedeutend ist
Bei Magnesiumoxyd ist dies nicht der Fall, und das Absorp-
tionsgesetz gilt nicht mehr. Mit dem Zuwachs der Dicke der
Schicht macht sich die Diffusion im Vergleich mit der direct
durchgelassenen Strahlung mehr geltend, und folglich muss
auch die Schicht mehr durchsichtig scheinen.
Tabelle III.
/ =
0,05
l =
0.127
1 =
P
0,264
P
k
*
P
\ k
0,90
3,4
67,6
1,70
6,2
55,7
3,2
27,1
1,04
17,3
4,01)
52,0
13,1
31,9
9,0
9.6
8,9
♦;,50
81,4
4.1
64,8
3,4
41,6
3.3
"»,90
81,2
4,1
75,7
2,2
62,0
1,8
"13.65
80,9
4,2
71,9
2,6
61,3
1.9
Auch hier nimmt die Durchsichtigkeit mit wachsender
Wellenlänge stetig zu.
Zinkoxyd. — Ein schmales Band von Zinkblech wurde in
eine starke Gebläseflamme gehalten und die Steinsalzplatte dem
dadurch enstandenen Rauch ausgesetzt. Nach der mikroskopi-
schen Untersuchung sind die Zinkoxydkörnchen äusserst klein,
die grössten ungefähr 0,0,4 mm dick, die kleineren schwer zu
tixiren. Diese Schichten sind übrigens von sehr gleichmässiger
und guter Beschaffenheit gewesen.
Ann. d. Pby». u. Ctaemte. N. F. XXXVI. 46
722
K. Angström.
Tabelle IV.
/ = 0.002?*
l = 0.093
/ = 0.213
/ = 0,318
i. —
P *
P *
P *
P *
j
12.6 : 6.3
69.8 l.l
87.9 0,4
83.7 O.Ii
71.0 l.l
0,59 59,1 18.8
0,67 67.1 14.2
0,90 - -
4*00 -
6,50
•8,90 - -
33.8 11,7
52.9 8,6
92,9 0.8
96.0 0,4
92.1 0,9
94.1 0,7
18,1 6,3
79.0 1,1
94.1 0.3
86,9 0,6
80,9 1.0
Hier zeigt sich das eigentümliche Verhältniss. dass k für
grosse Wellenlängen beinahe constant ist. für kleinere aber
mit wachsender Dicke der Schicht wie in dem obigen Falle
abnimmt. Dies erklärt sich leicht aus dem oben Erwähnten. Das
Zinkoxyd hat für grosse Wellenlängen dieselbe Eigenschaft
wie Russ, es besitzt keine eigentliche Diffusion, für kürzere
Wellenlängen dagegen ist die Diffusion stärker, und die Um-
stände werden identisch mit denen beim Magnesiunioxyd. Die
Durchsichtigkeit nimmt auch hier mit wachsender Wellenlänge
zu bis zu ). = 4 , scheint danach aber wieder ein wenig ab-
zunehmen.
Aus dem oben Mitgetheilten darf ich den Schluss ziehen,
dass bei einem difrundirenden Medium, wo die durchgelassene
Strahlung in zwei, die directe und die diffus durchgelassene
zerfällt, die erste dem gewöhnlichen Absorptionsgesetz folgt,
die Summe derselben oder die ganze beobachtete Strahlung
nur in dem Falle diesem Gesetze annäherungsweise folgt,
wenn die diffuse Strahlung im Vergleich mit der durchgelese-
nen vernachlässigt werden kann.
Dies gilt ohne Zweifel für die Absorption an der Atmos-
phäre. Dass man hier nicht das Absorptionsgesetz auf die
Sonnenstrahlung im ganzen anwenden kann, ist mehrmals
bemerkt und in der letzten Zeit ausführlich von La n gier
behandelt worden.1) Dieses Gesetz findet, wie bekannt, nur
aut eine homogene Strahlung von einer bestimmten Wellen-
länge Anwendung. Aus dem hier Mitgetheilten geht aber
hervor, dass wir es auch mit dieser Einschränkung nicht ohne
Ii Laugley. Phil. Mag. IN. p. 2rx 18*4.
Wärmestrahlung durch trübt- Medien.
723
weiteres anwenden können, wenn eine merkliche Diffusion hiu-
zutritt. Dies dürfte bei hellem Himmel und reiner Atmos-
phäre fur den grössten Theil des Spectrums der Fall sein,
darf aber doch nicht a priori auch fur die brechbarsten Theile
desselben angenommen werden. Weitere Untersuchungen
müssen dies entscheiden.
Die Grösse der Quantität k nimmt nach den Tabellen
bei den hier untersuchten Medien im allgemeinen mit wach-
sender Wellenlänge ab. oder mit anderen Worten, das Medium
ist mehr durchsichtig, je grösser die Wellenlänge ist. Um
die Uebersicht der gefundenen Werthe zu erleichtern, habe
ich die Curven, die den Zusammenhang zwischen Ä und A zeigen,
ausgezogen. Die Werthe von k fur Russ in ihrer Abhängig-
keit von X sind in beistehenden Curven px ps für die
drei Schichten von / = 0,009: 0,023 und 0,038 mm Dicke in
der Weise angegeben, dass /. als Abscisse, die Procente der
durchgelassenen Wärme als Ordinaten verzeichnet sind. In
der mit A bezeichneten ununterbrochenen Curve ist 1 ttk als
Ordinate genommen. Die vier Curven zeigen einen ganz regel-
mässigen Verlaul*.
Ich habe untersucht, ob die mit A bezeichnete Curve durcli
eine Gleichung der Form k = x)~x sich darstellen lasse. Die
nach dieser Formel für die Punkte /. « 1. k = 140 und /. = 4>
k — 48 berechnete Curve, für welche x = 140. x = 0.77 wird,
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724
A*. Auystrüm.
ist in der Figur punktirt gezeichnet. Die Uebereinstiuunung
zwischen den beiden Curven könnte ohne Zweifel besser sein.
Jedenfalls hat <• den von der Theorie verlangten Werth nicht.
Für die Berechnung des Verhältnisses von /. und k für die
anderen Medien ist das Beobachtungsmaterial zu klein. Indess
ist nach einem Versuch in dieser Richtung x ganz gewiss auch
in diesen Fällen kleiner als 2.
Eine völlige Uebereinstiuunung mit einer der angeführten
Theorien hätten wir auch wohl nicht erwarten können, und
zwar aus mehreren Gründen. Die Grössen der Partikeln des
trüben Mediums sind ohne Zweifel von grosser Bedeutung bei
diesem Phänomen. Bei Magnesiumoxyd nimmt die Durch-
sichtigkeit mit wachsender Wellenlänge bis zu X — 8,9 schnell
zu, wonach das Verhältnis ziemlich unverändert bleibt. Diese
Grenze tritt für Russ bei ). = 0\5 und für Zinkoxyd schon bei
/. = 1,7 ein. Die mikroskopische Untersuchung der Grössen
der Partikeln der drei Medien zeigt auch, dass dieselben die
gleiche Reihenfolge haben. So lauge die Partikeln von derselben
Grösseordnung wie die Welleiüänge der Strahlung sind, scheint
die Aenderung der Durchsichtigkeit mit zunehmender Wellen-
länge gross und stetig zuzunehmen. Sind die Partikeln da-
gegen klein im Vergleich zu der Wellenlänge, wie es der Fall
bei den hier untersuchten Medien für die grössten Wellenlängen
ist, so hat das Medium die Eigenschaft eines homogenen
Mediums mit wirklicher Absorption gewonnen. Für diese Be-
trachtung sprechen auch die sehr interessanten Untersuchungen
des Herrn Prof. C. Christiansen über die optischen Eigen-
schaften der weissen Medien.
Stockholms Högskolas Fysiska Institut, Juni 188JS.
1 1 Ich habt* es als nutzlos angesehen, die Berechnung dieser Curve
mit grösserer Genauigkeit auszuführen, besonders da die Punkte der
Iteobachteten Curve nicht alle mit derselben Genauigkeit bestimmt sind.
Die für die Bestimmung der Constanten gewählten Punkte halte ich für
sehr sicher.
2) K. Dan*ke Vidensk. Selek. Forh. 18H2, und Wied. Ann. 23.
p.298. 1884.
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Zur Elasticüätsthetiru:
725
IX. Zur Masticitätsthearie; von K. Wesetidonck.
In dem 35.Bd. der Wied. Ann. für 1888 p. 124—125 habe icli
mir erlaubt, auf ein Versehen in den von 0. E. Meyer heraus-
gegebenen Vorlesungen über Elasticität von Hrn. F. Neumann
hinzuweisen und zugleich die Bedingungen anzugeben, denen
die Coefficienten des sogenannten elastischen Potentiales ge-
ntigen müssen, damit dieses definit ist Hier will ich nur
kurz angeben, dass die von Hrn. Voigt gemessenen Elasti-
citätsconstanten in der That jene Bedingungen erfüllen.
Bei dem regulär krystallisirenden Stoffen, wie Steinsalz,
haben wir bei passender Wahl der Coordinaten bekanntlich:
! «u "« an 0 o 0
"?s "n a23 0 0 0
_ "i.s "r* "n 0 0 0
ft-/'-i- o o o flu o o
.0 0 0 0 au 0
0 0 0 U 0
wenn wir die Bezeichnungen von Kirchhot'f1) annehmen.
Für Steinsalz ist nun in runder Zahl nach Voigt-,:
an = 4,75, «23 = 1,3, au = l,29r
die alle drei dasselbe Vorzeichen haben. Wir wollen mit
Hm. Voigt das positive wählen, also für die Spannungen
setzen — A'x « df\djex u. s. w., wo f das elastische Potential
bedeuten soll, X9 u. s. w., a x u. s. w. den bekannten Siu» habe.
Dann ist f eine stets positive Grösse, und es dürfen keine
negativen pM auftreten, weil sonst negative Quadrate bei der
Verwandlung der Form in eine Summe von Quadraten er-
scheinen wurden.
Nun ist nu positiv = ;»0, ferner =* an5 — a_..,2 ebenfalls,
da ftn > niV
Ii Kirchboff. Vorl. üb. Mecb. p. 35*1. Leipzig 1»76.
2\ Voigt. Ber. der Berl. Acad. 1884. p. 989. 0. E. Me y«rr Vöries,
von Neumann, p. 201. Die neuesten Werthe. Wied. Ana. Bd. &G.
p. «5.\ 1S8H, find nur unmerklich abweichend.
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726
K. IVesendimck. •
Nimmt man «/u nur gleich 4, so ist //n3 « 64 uud 3tfn</23;,
selbst wenn an = 5, u23 = 1,3 genommen wird, noch nicht
gleich 25,5, also pt ebenfalls positiv. Die weitereu p sind,
wie man sofort sieht, alle > 0.
Bei Flussspath fand Herr Voigt rund an = 14,5. 'i£1 = :?,3^,
«44= 3.4 oder nach soeben veröffentlichten Messungen2), resp.
16,7. 4,57 und 3,45. au.aiS ist hier 6, resp. 3,6 circa, während
bei dem Steinsalz uiva.,s = 4 1,3 ca. 3, wie eben gezeigt, schon
genügte, dies ist also bei Flussspath um so mehr der FalL
Dieselbe gilt von den Messungen Klang's für Flussspath:
au — 14,50 und '/,.,— 4,25, ebenso für die Werthe, die Voigt
für Sylvin3) erhalten, nämlich «n = :-t750.1Ü3 </,,= 19S.101,
«u= 655.10*.
Für Kupfer fand Herr Voigt die (allerdings nur als vor-
läufig bezeichneten) Werthe </n= 13,42. «23 = 6.575, nl4 = 5,59.
Da au a23>2. so können wir setzen: an=2, ars = \, das
gibt "n8= 8 und 3</11</.i,2=« 6.
Den Grrenzwerth für das Verhältniss On/«S2 = £, das steu
seinem absoluten Werthe nach grösser als eins sein muss, können
wir finden aus: p., = 0 oder 0 = 1 + :)E-, welche Gleichung
die Wurzel E s 1 hat. Zwischen + cc und -f 1 liegt, wie
man leicht sieht, keine weitere Wurzel, also genügt für das
reguläre System jeder Werth «23<«ll? wenn orl>U.
Die zwischen 0 und 1 gelegene Wurzel hat für unseren
Fall keine Bedeutung, eine dritte Wurzel liegt zwischen 0 und
— 1. Indessen können Werthe ^ — 1 nicht in Betracht
kommen, wohl aber solche zwischen — 1 und — er. Es
genügt also, dass der absolute Werth von ari< als der
von «,r
\) In den Vorlesungen von F. Neumann, herausgegeben vou
0. E. Meyer, steht irrthümlich p. 202. «/_.,= 23.
2i Voigt, Wied. Ann. 35. p. f>49.
J.» Voigt, ). e. p. MO.
Zur Elasticitat&theorie,
727
Ein Beispiel mit negativem a.iS bietet der Pyrit dar. tlir den
Herr Voigt1), an=3,68, au— 10,75, «23= —4,83, erhielt.
Für den dem hexagonalen System angehörigen Beryll ist
die Determinante:
«u ai2 «13 0
13
«IS «11
«13 «]3 «33 0
0 0 0 a„
0 0 0 0
0
0
0
0
'/
44
0
0
0
0
0
O 0 U 0 0 "-ü-
«11 - <*«
zu betrachten. Nach Voigt3) ist zu setzen: an = 2746, «12= 980,
„13 « 674, a33 = 2409. = 666 , alle mit 104 multiplicirt.
au2 — al22 ist positiv.
Dit* Determinante p., hat die positiven Glieder: «n2w33,
('ntl\}2i n\iaM2 un(^ negativen ^uo^2t a\2~aw «11 «132
au = 2700^ «33 = 2400 genommen, giebt an2a33 = 17496.10«.
Setzen wir in den negativen Gliedern an = 3000 = a.w
,/12 = au = 1000, so ist 3.3000. 10« = 9000.10* die ganze
negative Grösse. Da (an — aVi) 2 ebenfalls positiv, so sind pv
pi und j>5 auch positiv.
Bei dem Bergkrystall, der der rhomboedrischen Hemiedrie
angehört, hat man für p!t :
"1:
«1,,
0
0
<':■:
"a
«11
0
0
«H
«n
an
0
0
0
«n -
«:»
0
«4»
0
0
. 0
1
0
•»
0
«44
«II
( U
0
0
0
«H
«11 - «Ii
2
«W s
= 10,745.
«14
5,823, «l2
«J; = 8,682, ./w = 10,745. «I4 = 5,823, uxi = 0.709,
= 1.438, «,, = 1,715. alle mit 10" multiplicirt. sind die
Werthe, welche Voigt3) gelunden. p: ist positiv, p, hat die-
1; Voigt, 1. tr. p. 661.
2) Voigt. Wied. Ann. 31. p. 493. 1**7.
3) Voigt, ]. c. p. 721.
'28
A". Wesendmick.
selbe Form wie beim Beryll, es ist sieber positiv bei der
relativen Kleinheit der Werthe a12 und air Setzt man
an = 8, a38 = 10, ai% = 5. für positive, und = 9. =11. = 6
ftir negative Glieder, so ergibt sich />3 leicht als ebenfalls
positiv. Denn :
Vi =
«15
«II
Ii
12
'll
— a
"13
«13 ~
«33
0
hi Pi - «n
a
a,
11 "13 H
«12 fli3 — «n +
«1« «3, <>
«1,,
n
«12
«13
«14 j
«11
«13-
«U 1
«1«
«33
0
p*au ist sicher > 0, die negativen Glieder darin sind:
uu(2all ax32 + o122a33), wie wir soeben gesehen, hierzu kommen
noch weiter als negative Glieder: 2all*(alla33 + anaj3). Setzen
wir al2 = l, o18 = 2a14 = 4, so kommt: 6 (18,4 + 11) + 80 1 +99)
= 498 + 880= 1378. Das Diagonalglied «n2assa4« mit obigen
Werthen ist aber allein schon = H200.
/?j = ^.au ist positiv, ferner ist:
«44 "n
114
au— «tt
welch letztere Determinante ebenfalls positiv ist.
Dem rhombischen Systeme gehören Topas und Baryt an.
es ist dann:
/>3
«11
«12
«13
0
0
0
«1*
««
«23
0
0
0
«13
«32
«33
0
l>
0
0
0
0
"u
u
0
0
0
0
0
«H
0
0
0
0
0
0
0
Für Topas gilt1):
«11 -
«22 =
«33 =
28,7
35.6
30,0
44
«55 =
11.0
13,5
«12 = 12.8
8.<>
'13
13.3 = 9,ü
l) Voigt, Wied. Aon. 34. p. 100:>.
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Zur Elosticitätst/itorie.
72»
Also ist pl > 0, und in pt das der Determinante:
1 «n U\i «13
«12 «23 «23
«13 «2* «33
gleich ist, sind die negativen Glieder: <tn o^-, </.,, «2, aVA%.
Betrachten wir die Werthe für Baryt1):
a.,3 = 2.7 an = 9.0 «M = 1,2
4-2,1 8,0 «„«2.9
"is - 4,6 «s3 = 10,7 aw = 2.8
Dann sei «M = «13 = 3. w,2 = ö genommen, also: an n.,A- = 81
«33 «i22 = 275 (mit «n = 1 1) ati «132 = 72, also zusammen = 428,
«u «22 «äs ist aDer > ?20, also />2 positiv und damit die übrigen
p ebenfalls. Beim Topas ist dasselbe der Fall, denn die Ver-
hältnisse: anjat3, uTi </13, o.i3lav, sind dort noch grösser als
die angenommenen.
Weitere hierher gehörige Bestimmungen von Elasticitäts-
t-onstanten sind mir nicht bekannt.
X. Subjective Interferenzstreifen im objectiven
Spectrum ; von E. Lommel.
(Aus lien Sitzungsber. der K. bayer. Acad. dir WUseiusc-h. , math. -phys.
Classe, vom 2. Juni 1888; mitgeteilt vom Herrn Verf.»
Wenn man Licht, das irgendwo auf seinem Wege durch
ein hinreichend dünnes durchsichtiges Blättchen (Glimmer,
Glas) gegangen oder an einem solchen zurückgeworfen worden
ist. zu einem Spectrum ausbreitet, so erscheint dieses bekannt-
lich parallel den Fraunhofer* sehen Linien von dunklen Inter-
ferenzstreifen durchzogen. Diese Streifen sind in dem Spec-
trum objectiv vorhanden; sie entsprechen denjenigen homogenen
i) Voigt, l. c. p. 1022
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IM)
E. LummtL
Lichtarten, welche in dein einfallenden Strahlenbündel durch
Interferenz bereits ausgelöscht waren, ehe das Spectrum ent-
stand.
Weniger bekannt dürfte sein, dass in einem objectiv auf
einem Schirme entworfenen Spectrum solche Interferenzstreifen
subjectiv gesehen werden, wenn man das Farbenbild durch
ein dünnes Blättchen betrachtet Die Streifen, welche man in
diesem Falle sieht, sind nicht im Spectrum selbst vorhanden,
sondern entstehen erst dadurch, dass von den an irgend einer
Stelle des Farbenbildes diffus reflectirten homogenen Strahlen
die das Blättcheu direct durchlaufenden mit den nach zwei-
oder mehrmaliger innerer Reflexion durchgegangenen inter-
feriren. Die Streifen ändern ihre Stelle im Spectrum und
rücken enger zusammen, wenn man das Blättchen zur Sehlinie
mehr neigt. Sie sind, als Interferenzen im durchgehenden
Licht, nicht vollkommen dunkel, sondern blass. Von ganz
schwarzen Streifen dagegen, welche durch Interferenz der an
der Vorder- und Hinterseite des Blättchens reflectirten Strah-
len entstehen, sieht man das im Blättchen betrachtete Spiegel-
bild des Spectrums durchzogen.
Bedeckt man das auf dem Schirme entworfene Spectrum
mit einem Glimmerblatt, so sieht man gleichzeitig zwei Streifen-
systeme, ein objectives, entstanden durch die Interferenz der
zur Bildung des Spectruras auf dem Schirme zusammenlaufen-
den Strahlen, und ein subjectives, herrührend von der Inter-
ferenz der vom Farbenbilde nach dem Auge zurückgesendeten
Strahlen. Bei Verschiebung des Auges bleiben die Streifen
des ersteren Systemes unverändert stehen, weil sie durch das
.Grlimmerblatt an den Stelleu gesehen werden, wo sie wirklich
vorhanden sind, die des letzteren dagegen ändern begreiflicher
Weise ihre Lage und ihren Abstand.
Digitized I
Mtssvnij der Drehung der Pnlarisationsebeur.
r.n
XI. Neue Methode zur Messung der Drehung der
Polarisationsebene für die Fraunhofer" scheu
Linien; von E. Lommel.
(Au*, den Sitzungsber. der K. bayor. Acad. der Witwenach., uiath.-phys.
Ciasee. vom 2. Juui 1S8S; initgetheilt vom Herrn Verfasser.)
Durch ein NicoTsches Prisma, dessen Hauptschnitt einen
Winkel von 45" mit der Horizontalebene bildet, fällt polari-
sirtes Sonnenlicht auf den verticalen Spalt eines Spectroskops
oder Spectrometers. Dicht vor dem Spalt befindet sich ein
Quarzkeil von ca. 7° bis s°. dessen Kante, parallel zur opti-
schen Axe, zum Spalte senkrecht gerichtet ist, unmittelbar
hinter ihm innerhalb des Collimatorrohres ein zweites Nicol,
dessen Hauptschnitt zu dem des ersten gekreuzt oder parallel
steht, also ebenfalls unter 45° zur Horizontalebene geneigt
ist. Die ablenkende Wirkung des Quarzkeiies kann durch
einen mit ihm in entgegengesetzter Lage vereinigten Glaskeü
aufgehoben werden. Wie leicht begreiflich, zeigt sich nun das
durch das Beobachtungsfernrohr gesehene Spectrum von zahl-
reichen, etwas gekrümmten, dunkeln Interferenzstreifen schief
zu den Fraunhofer* sehen Linien durchzogen, es erscheint
durch feine schwarze Linien gleichsam schräg schraffirt.
Dreht man das inmitten eines verticalen Theilkreises au-
gebrachte poiarisirende Nicol um 45°, so verschwindet die
Schraftirung durch das ganze Spectrum (Nullstellung).
Schaltet man sodann einen die Polarisationsebene drehen-
den Körper, z. B. eine mit Zuckerlösung gefüllte Köhre,
zwischen den Polarisator und den Quarzkeil ein, so kommen
die Streifen wieder zum Vorschein.
Versucht man jetzt, durch Zurückdrehen des Polarisatörs
die Streifen wieder zum Verschwinden zu bringen, so kann
dies wegen der Rotationsdispersion der activen Substanz nur
für eine einzige oder einige einzelne homogene Farben ge-
lingen, und es zeigt sich an der entsprechenden Stelle auf
dem schraftirten Grunde des Spectrums ein heller verticaler
von Schraftirung freier Streifen, der, wenn man weiter dreht,
dem Spectrum entlang wandert.
732
E. Lommel.
Indem mail nun den hellen Streifen mit den einzelnen
Fraunhofer'schen Linien der Reihe nach zur Deckung bringt
sodass die Linie jedesmal die Mitte des Streifens einnimmt,
und den zugehörigen Winkel, den der Hauptschnitt des Po-
larisators mit der Nullstellung bildet, am Theilkreis abliest
erfährt mau den Drehungswinkel für die betreffende Fraun-
hofer'sehe Linie.
Da jedoch der helle Sreifen no th wendig eine gewisM*
Breite besitzt, weil an seinen beiden Rändern die Schraffirung
erst da leise beginnt, wo der Helligkeitsunterschied zwischen
den Streifen und ihrem hellen Untergrund die Empfindlichkeits-
grenze des Auges erreicht, so würde diese Einstellung der
Linie auf die Mitte des 8treifens um so unsicherer ausfallen,
je breiter der Streifen (bei schwächer drehenden Mitteln
erscheint.
Man verfahrt daher auf folgende Weise. Man führt die
Grenze der Schraffirung zuerst von der einen, dann von dei
anderen Seite an die Fraunhofer 'sehe Linie, für welche die
Drehung gemessen werden soll, dicht heran, sodass die
Spectrallinie jedesmal die Grenzscheide bildet zwischen dem
helleu Streifen und dem schraffirten Grund, und nimmt da<
Mittel aus den beiden entsprechenden Ablesungen.
Die oben gemachte Annahme, dass im prismatischen
Spectrum die homogene Farbe, fur welche die Drehung auf-
gehoben ist, die Mitte des hellen Streifens einnehme, sowie
das soeben angegebene Verfahren rechtfertigen sich durch
folgende Ueberlegung. Die Stellen im Spectrum, an welchen
die Schraffirung beiderseits sichtbar zu werden beginnt, ent-
sprechen dem gleichen Helligkeitsunterschied zwischen den
Interferenzstreifen und dem helleu Grunde des Spectrums.
Vermöge des Gesetzes vom Quadrate des Cosinus müssen da-
her die Schwingungsrichtungen von derjenigen der Nullstellung
nach der einen und der anderen Seite hin um gleichviel ab-
weichen. Da nun, in erster Annäherung, die Differenzen der
Drehungen in derselben Weise von der Wellenlänge abhängig
sind, wie die Differenzen der zugehörigen Brechungscoöfficien-
ten. nämlich beide proportional der Differenz der reeiproken
Quadrate der zugehörigen Wellenlängen (erstere nach dem
Bio t' sehen Gesetz, letztere nach der C au chy* sehen Disper-
Digitized by Ci
Interferenz durch circular e Doppelbrechung.
733
sionsibrmel), so folgt, dass gleichen Drehungsdifferenzen auch
gleiche Differenzen der Brechuugscoefficienten oder, was das-
selbe ist, gleiche Abstände im prismatischen Spectrum ent-
sprechen, und dass sonach die Stelle, wo die Drehung völlig
aufgehoben ist, in der Mitte des hellen Streifens liegt. Für
das Gitterspectrum würde nicht dasselbe gelten.
An einer Rohrzuckerlösung nach dieser Methode aus-
geführte vorläufige Messungen haben Resultate ergeben, welche
mit denjenigen von Stefan und Arndtsen sehr befriedigend
übereinstimmen.
Die neue Methode unterscheidet sich von der bisher an-
gewendeten Broch'scheu Methode dadurch, dass bei dieser
ein dunkler Streifen im hellen Felde mit der jeweiligen
Fraunhofer' sehen Linie, die er einhüllt und unsichtbar
macht, zur Deckung gebracht wird, während bei jener ein
heller Streifen auf schrafhrtem Grunde auftritt, innerhalb
welches die Fraunhofer'sche Linie mit vollster Schärfe sicht-
bar bleibt.
Mit Wild's Polaristrobometer hat die neue Anordnung
das Princip des Verschwindens von Interferenzstreiten gemein;
sie kann sogar ganz in derselben Weise wie jenes benutzt
werden. Beleuchtet man mit homogenem, z. B. Natriumlicht,
und macht den Spectroskopspalt sehr weit, so erscheint das
homogen beleuchtete rechteckige Gesichtsfeld von horizontalen
dunklen Streifen durchzogen, welche nun ganz in derselben
Weise benutzt werden, wie bei dem Wild' sehen Instrumente.
XII. Interferenz durch cir ciliare Doppelbrechung ;
van E. Lommel.
<Aus den Sitzungsber. der K. bayer. Acad. der Wissensch., math.-phys.
Claese. vom 2. Jnni 1888; mitgetheilt vom Herrn Verfasser.)
Lässt man ein paralleles Bündel geradlinig polarisirten
Lichtes auf ein Quarzprisma fallen, dessen optische Axe auf
der Halbirungsebene des brechenden Winkels senkrecht steht,
so erscheinen, wenn das Prisma auf kleinste Ablenkung ge-
I'M
K. Lommel.
stellt ist, auf der 2ur optischen Axe parallelen Kückenfläche,
die in unserem Falle matt geschliffen war, sehr schöne, zur
brechenden Kante parallele Interenzstreifen. Die Streifen
zeigen sich in gleicher Schönheit, welches auch die Schwiii-
gungsrichtung des einfallenden polarisirten Lichtes sein mag:
sie ändern sich jedoch beim Drehen des Polarisators derart
dass sie bei einer Drehung desselben um 90° in die comple-
i
mentären tibergehen.
Die Erklärung der Erscheinung lässt sich in sehr einfacher
Weise geben. Aus dem einfallenden geradlinig polarisirten Licht-
strahl (SP, 8. Fig. auf pag. 737) entstehen zwei entgegengesetzt
kreisförmig polarisirte Strahlen, welche, indem sie das Prisma
in der Richtung der optischen Axe (PQ) mit verschiedenen
Fortpflanzungsgeschwindigkeiten durchlaufen, einen Gangunter-
schied gewinnen, vermöge dessen sie, nachdem sie an der Au^
trittsfläche des Prismas durch innere Zurückwerfung theilweise
polarisirt worden, auf ihrem Wege (QB) zur Rückenfläche
interferiren.
die durch die Vorderfläche (bei P) eingetretene geradlinige
Schwingung, welche zum Hauptschnitt des Prismas unter dem
Winkel v geneigt sei, so kommen an der Austrittsttäche
(bei Q)f nach Durchlaufung des Weges PQ = c. die vier ge-
radlinigen Schwingungen:
an, von welchen die Componenten mit dem Sinuszeicheu im
Azimuthe diejenigen mit dem Cosinuszeichen im Azimuthe
n> -f- 90° schwingen, und paarweise zusammengefasst die beiden
entgegengesetzt circularen Strahlen darstellen, welche sich nut
den Geschwindigkeiten c' imd c" längs der Krystallaxe fort-
pflanzen. Zerlegt man dieselben senkrecht und parallel zur
Einfallsebene (oder zum Hauptschnitt des Prismas-, so ergeben
sich als senkrechte Componenten:
Sei:
1 • / 2n z\ 1 ' 2ns \
Digitized by Google
Interferenz durch circulare Doppelbrechung. 735
— sin i" sin I <f — , n z , y cos t" cos y — -v w
l . • / 2n \ 1 / 2rr „ \
ySinu>sinU- k-n z\ co$>/<cosU- ^ » r),
und als zur Einfallsebene parallele Componenten:
1 . / 2/1 . \ 1 . Ä f 2n , \
Y cos t£» sin I </: — - - m z ) , — — sin v cos I r/> — ^ /i z 1
1 . / 2n „ \ 1 • /' 2n „ \
•g- cos i/' sin l(p — Ä 7* z), — sin i/> cos y — . n z\
wo noch statt der reeiproken Werthe der Geschwindigkeiten
c' und die zugehörigen Brechungscoöfficienten n' und v"
geschrieben wurden.
Bezeichnet man mit ju und v die Schwäehungscoeffieienten
für die Reflexion an der Austrittsfläche des Prismas für zur
Einfallsebene senkrecht und dazu parallele Schwingungen, so
besteht demnach der zurückgeworfene Strahl (QW aus den
beiden zu einander senkrecht schwingenden Strahlen:
~ fi ^cos((jp - 2.n m' z — v») — cos {ff — 2" n"z -f t/»)j
und :
* f ^sin - 2^ n z — i/') -h sin (y - 2." w"z -f »4»: j
Der erstere, nämlich:
u sin ^ («' - n) z + y) «in ('/■ - y (*' + n") *)
besitzt die Lichtstärke:
A/2=.w2sin2^- («' - n")z+
der zweite, zu diesem senkrecht schwingende, nämlich:
v . cos («' — n") z -f sin — (« ' + »") "j
die Lichtstärke:
,V- - r- cos 2 {«' - »"j z + i/<) ■
Mit der Summe A/2 -f- Ar:i dieser Intensitäten wird ein
Punkt (#) der Rückenfläche des Prismas erleuchtet. Wäre
y ss ii, so würde diese Summe von dem (J angunterschiede
(y/ — z unabhängig, und Interferenzstreifen könnten nicht
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73Ö
£. Loinmel.
auftreten; ebenso wenig, wenn bei verschiedenen Werthen von
/u und v zu dem im Azimuth \v polarisirten einfallenden Strahl
noch ein gleich starker, dazu senkrecht polarisirter hinzu-
käme, d. Ii. wenn naturliches Licht auf das Prisma fiele. Ist
jedoch das einfallende Licht geradlinig polarisirt, so wird nie-
mals v = u sein, sondern v3<u-y und es erscheinen Li tar-
iere uzstreifen , deren Minima und Maxima mit denjenigen von
M~ zusammenfallen
Es ist bei dieser Darlegung angenommen worden, dass die
beiden interferirenden Strahlen parallel zur optischen Axe den-
selben Weg {PQ) mit ungleichen Geschwindigkeiten durch-
laufen und an der Austrittsfläche des Prismas (in Q) nach
dem gewöhnlichen Reflexionsgesetz ebenfalls nach einer und
derselben Richtung [QR) zurückgeworfen werden. In Wirk-
lichkeit aber schlagen die beiden circularen Stridden, in welche
sich der einfallende lineare Strahl zerlegt , vermöge der Ver-
schiedenheit ihrer Brechungsindices ri und n" verschiedene
Wege ein, indem der eine stärker, der andere schwächer ge-
brochen wird, als der Strahl, welcher bei Abwesenheit des
Drehungs Vermögens kraft des ordinären Brechungsindex n
die Axenrichtung selbst einschlagen würde. Während also
bisher, unter a den brechenden Winkel des Prismas und un-
ter / den Einfallswinkel des parallelen Strahlenbündels ver-
standen, die Richtung der interferirenden Strahlen {PQ) der
Gleichung:
sin i = n sin y u
entsprechend angenommen wurde, bestimmen sich diese Rich-
tungen vielmehr durch die Gleichungen:
sin i = ri sin ^ a — d j und sin i = ri' sin ^ « + <*) ;
die sehr kleinen Winkel, um welche diese Richtungen von der
Krystallaxe abweichen, sind nämlich in erster Annäherung
einander gleich ( = <?), nämlich bis auf Grössen zweiter Ord-
nung hinsichtlich der Grösse S. Mit derselben Annäherung
gilt auch die Beziehung1):
n + /l
n = o
1) Lommel, Wied. Ann. 20. p. 5S1. 1883.
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Interferenz durch circular e Doppelbrechung. 7Ö7
In dem Punkte (R) der Rückenfläche des Prismas kommen
daher zwei Strahlen zur Interferenz, welche, zwei verschie-
denen einfallenden Strahlen S' P' uud S" P" entstammend,
von der einfallenden Welle P" M aus die verschiedenen Wege
MP Q'R und P" Q" R durchlaufen haben. Auch die kleinen
Winkel, welche die Strahlen Q'R und Q'R mit dem Strahle
QR bilden, sind, wenn wir die gegenwärtige Betrachtung auf
zum Hauptschnitt senkrechte Schwingungen beschränken, die
sich im Quarz in von der optischen Axe so beträchtlich
abweichenden Richtungen dem Index n gemäss fortpflanzen,
in erster Annäherung als einander gleich anzusehen ( = y) ;
sie wurden, wenn an der Austrittsfläche gewöhnliehe Zurück
werfung stattfände, jeder = 8 sein; da aber Krystallreflexion
eintritt, so ist y von <5 verschieden, und zwar ergibt die
Huyghens'sche Construction, wiederum in erster Annäherung,
y = 20.
Der Gangunterschied der beiden in R zusammentreffenden
Strahlen ist nun (s. Fig.):
J= {PF + PP')smi : + Pf Q' .n+Q'R.n-P'Q". Q'R . n.
P'Q = P T.-Q'Tt,
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738 E. Lommel.
QR = QR • * Q'R = -7* 4— i
^ COSffrft+f) ^ C0S(fra—
^ 1 ^ sind cosUo+y) x 2 * sind cos(fra — r>
Hiemach ergibt sich zunächst:
J = sinisin<* — t— L -Vl + ri * ^
\COS(frrt — d) COS(froft-dv
„ . ( PI, QTt \
— n cos A a , - , TT
» \C08(fra + d) COS(fra-d)/
+ Q/?.ncosA«( * . v * , ] >
oder, wenn man:
PT^z + QT,, PT^z + QTs
einführt:
. _ /sintsind-t-ncosfra sin i sind - n" cos fr «\
^-2\ C08(frcr-d) + C08(i«-M) J
/sin» sind + n'cosfr a n' cos fr « \
+ V 1 V cos(frr.-d) cos(fr« -f-d)J
[sini sind — «"cos Ja n" cos fr « \
" 2\ C0S(fra + d) COs(fra-d)/
+ QR . n C03 A a ( — ,t
* V cos (fr a +
1 1
f) COS(fr« — y)j
Es ist aber:
sin i sin d + »' cos fr« _ , sin (fr « — d)sin d + cos | «
cos(fr«— d) cos(frn — d)
— 7. " — 1\ (sin i ff sin d cos d - cos 1 « sin2£ + cos I «)
cos(fr«-d)v a a • s /
n cos d / 4 v • « • va ' v
= /. Ts (cos i « cos <> + sin i ff sin <?) = n cosd;
cosffro — d) v 11 2 /
und ebenso:
sin/ sind — n "cos fr « „ sin (fr a + 6) sind — cos fr a „ <
- . v . - = 71 • 7. ■ — = — n cos ö .
cos(fra + d> cos(fra-fd)
Hierdurch wird zunächst:
ä = (n - n) z cos S + Q T, . r! (cos 3 - '-^
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Interferenz durch circular e Doppelbrechung. 739
+ QR .ncosla ( — - — , ~ J
und weiter, wenn man QR statt QTX und QT2 einfuhrt:
A = (n - n") r cos 5
.no «' 8in r cosii « + d) ( x cos* « \
* Sin Ö COS(J n + r1 V <"'08ti a + «5»/
*\ tj ,/Sinr cosset — <5)/ v cos Ja \
— QR.n - V • ' ; cos*) - ,J
sind coelia — f)\ coa(ta-t)J
_ ; i ! \
-f Q/?. neos la • , — - ■— —
= (n — n )z cos ö — QR - — ^— — — - '
»"iin(<>a — 3)8injr
^ ' COS(ia-v)
+ QÄ.ncosJ«( -- . ).
Setzt man nun:
n -f- n
"- 2 '
so wird der Factor von QR:
(t „-^cosu o+f) J " cos J « - sin (J « + *) cos(* a - y))
4- n (sin } « cos { a — sin (J « — <J) cos ({ a +
- («' + sin a sin8 J {y - *)].
Es ergibt sich also schliesslich:
A = (n — n") z cos Ö
[(«' - n") (cos y sin d — sin8 J u sin (y — <?))
COS(*rt— y)C08(|rt+y)
— (n' + »") sin a sin2 } {y — S)]
oder fur den hier speciell betrachteten Fall y — 20:
[(n' — n") (cos 2 5 — sin8 j «) sin d — (n -f »") sin a sin8 } 5],
47»
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740
E. Lommel.
Wie man sieht, weicht dieser Ausdruck von dem Gang-
unterschied:
A =a (n — n") z ,
wie ihn die obige einfache Darstellung ergibt, nur in Gliedern
von zweiter und höherer Ordnung ab, und es erscheint da-
her bei der Kleinheit des Winkels <$ (er betragt nur wenige
Secunden) gerechtfertigt, an jener so überaus einfachen Theorie,
welche sich auf die Betrachtung des Strahlenganges PQR
beschränkt, festzuhalten.
Der brechende Winkel des benutzten Quarzprismas beträgt
sehr nahe 60°. Der minimal abgelenkte Strahl trifft daher
auf die Austrittsfläche unter einem Winkel, der vom Polari-
sationswinkel nur wenig verschieden ist, sodass v2 im Ver-
gleiche zu fi* sehr klein wird, und die Intensität der Inter-
ferenzerscheinung einfach durch :
^/a= wlsin2(-* («'-»")* + ,/,)
ausgedrückt werden kann.
Dunkle Streifen treten auf, wenn:
* (»' — n")Z -f V ' = TT171 ,
Maxima der Lichtstärke oder helle Streifen, wenn:
* (n - n") z + \p = (m -f- J) n
ist, unter m eine ganze Zahl verstanden. Wenn sich das
Azimut i" um einen rechten Winkel ändert, so rücken die
dunkeln Streifen an die Stellen, wo vorher die hellen waren:
d. h. die Erscheinung geht bei Anwendung von weissem Licht
in die complementäre über.
Die Entfernung zweier benachbarter dunkler Streifen
oder die Streifenbreite £ ergibt sich:
Um dieselbe bei homogenem Lichte zu messen, wurden
auf der mattgeschliffenen Kückenfläche des Prismas Bleistift-
linien senkrecht zur brechenden Kante, also auch senkrecht
zu den Streifen, gezogen, auf diesen mit der Bleistiftspitze die
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Interferenz durch circulare Doppelbrechung. 741
Mitten der dunkeln Streifen bezeichnet, und sodann mittels
des Zirkels die Breite von 2, 3, 4 oder 5 Streifen auf einem
Millimetermaassstab abgemessen. Für Natriumlicht ergab sich
£=*8,8 mm, für das durch ein rothes Grlas gegangene Licht
^ = 9,4 mm.
Um die Streifenbreiten für die Fraunhofer'schen Linien
zu bestimmen, wurde das durch das Nicol gegangene Sonnen-
licht auf einem mit verticalem Spalt durchbohrten Schirme zu
einem Spectrum ausgebreitet, dieser Spalt nach der Reihe auf
die Fraunhofer'schen Linien eingestellt und das durch
diesen Spalt gegangene homogene Licht, durch eine Linse
parallel gemacht, auf das Prisma gelenkt, welches jedesmal
auf die kleinste Ablenkung eingestellt wurde. Die Streifen-
breiten lur jede Farbe wurden sodann auf die oben beschriebene
Art gemessen. Kennt man aber für die Wellenlänge l die
Streifenbreite so ergibt sich aus:
n-n = \
die Differenz der Brechungsindices der beiden circular polari-
sirten Strahlen. In der folgenden kleinen Tabelle sind die
gemessenen Werthe von £, die Wellenlängen X. und die hieraus
berechneten Werthe n — n" angegeben.
Fraunhofer'ache X „ 180°
Linien
» - H
B 11,5 0,0,6867 0,0,0597 15,7°
C 10,4 6563 06S1 17,3
D 8,3 5896 0710 21,7
E 6,5 5270 0811 27,7
b 6,3 5184 0823 28,6
F 5,5 4861 0884 32,7
G 4,25 4308 1014 42,4
Die Drehung der Polarisationsebene für die Quarzdicke
z beträgt:
D y ("' — w") * ♦
also für die Dicke l mm:
O-f (»'-■"),
oder:
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742
E. Lommel
Man findet also die Drehung der Polarisationsebene fur
1 mm Quarzdicke, indem man 180° durch die Streifenbreite
dividirt
In der letzten Columne der vorstehenden Tabelle sind die
so berechneten Drehungswinkel angegeben. Nach den directen
Messungen von Soret und Sarasin1) betragen dieselben:
B C D E F G
15,75° 17,32° 21,70° 27,54° 32,77° 42,60°.
Durch diese Interferenzstreifen sind wir also in den Stand
gesetzt, die Drehungswinkel durch eine blosse Längenmessung
zu ermitteln.
Ueber das Verhalten der Streifen sei noch folgendes be-
merkt. In voller Schönheit zeigen sie sich nur, wenn das
Prisma im Minimum der Ablenkung steht. Dreht man das-
selbe aus dieser Stellung heraus, so werden sie enger und
blasser und verschwinden bald. Dem Minimum der Ablenkung
entspricht demnach das Maximum der Breite und Schärfe der
Streifen.
Im circular polarisirten Licht verschwinden die Streifen,
weil alsdann nur ein Strahl mit einer einzigen Geschwindigkeit
längs der optischen Axe sich fortpflanzt, und ein Gangunter-
schied daher nicht zu Stande kommt. Auch im un polarisirten
Licht, z. B. im directen Sonnenlicht, sind sie nicht zu sehen.
Dagegen zeigen sie sich, allerdings blasser, auch ohne N'icol
in dem Lichte, welches vom Heliostatspiegel kommt, weil das-
selbe thcilweise polarisirt ist, ebenso im Sonnenlicht, welches
durch eine Fensterscheibe gegangen ist. Ein solches Quan-
prisma verräth also durch das Auftreten der Interfereuzstreifen
das Vorhandensein geradlinig polarisirteu Lichtes und könnte
daher auch als Polariskop dienen.
Ist die RückfJäche des Prismas polirt, oder kittet man
auf die matte Fläche mittelst Canadabalsam eine planparallele
Glasplatte, so treten die reflectirten Strahlen (Qfl) aus, indem
sie mit den einfallenden Strahlen parallel werden, und man
kann das Interferenzbild auf einem Schirme auffangen und
mittelst einer Linse vergrössert projiciren.
1) Soret und Sarasin, Areh. de Gen. S. p. 5. 1862.
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Interferenz durch circulare Doppelbrechung. 743
Auch in dem aus dem Prisma bei Q austretenden Strahlen-
bündel zeigen sich Interferenzstreifen, welche gegenüber den
durch Reflexion entstandenen um eine halbe Streifenbreite
verschoben sind, weil hier der im Hauptschnitt schwingende
Strahl an Intensität überwiegt. Dieselben sind jedoch viel
blasser, weil die Intensitäten der beiden zu einander senkrecht
schwingenden Componenten hier nicht sehr voneinander ver-
schieden sind.
XIII. Leber adiabatische masHciUttsconstanten;
von W. Voigt.
Den Unterschied zwischen isothemiischen und adiabati-
schen Elasticitätsconstanten hat bereits Maxwell1) gemacht;
aber er beschränkt sich dabei auf specielle Fälle. So gut
man indess von Volumenänderungen durch allseitigen Druck
bei constanter Temperatur oder bei constanter Wärme reden
kann, hat dieser Unterschied für jede Art elastischer De-
formation Bedeutung, und er gewinnt praktisches Interesse,
da je nach den Umständen beobachtbare Erscheinungen von
den isothermischen oder adiabatischen Constanten abhängig
sind, — Gleichgewichtserscheinungen im Allgemeinen von
den ersteren, gewisse Bewegungserscheinungen hingegen von
den letzteren.
Die von mir an verschiedenen Orten mitgetheilten Be-
stimmungen der vollständigen isothermischen Elasticitäts-
constanten für isotrope und krystallinische Körper gestatten
nun die Aufstellung der bezüglichen vollständigen Systeme
der adiabatischen Elasticitätsconstanten und daher auch der
adiaba tischen Deimlings- undDrillungscoefficienten. Neben-
bei findet sich auch der allgemeine Werth der specifischen
Wärmen jener Körper.
Im Folgenden gebe ich zunächst die Entwickelung der
Gleichungen der mechanischen Wärmetheorie für krystalli-
1) J. C. Maxwell, Theorie der Wärme, Brauiwchweig 1878, p. 197.
744
W. Voigt
nische Körper, die nach den Arbeiten von Thomson1).
Schiller1), Planck3) und v. Helmholtz*) Neues nicht
bringt, gehe dann speciell auf den Fall ein, dass die Tem-
peraturänderungen von der Ordnung der Deformationen,
also sehr klein sind, bilde hierfür die allgemeine corrigirte
Fouri ergehe Wärmegleichung und die allgemeine Bedingung
der adiabatischen Deformation. Hierdurch gelange ich zu
dem Werthe der adiabatischen Elasticitätsconstanten und
denjenigen der aus ihnen gebildeten für alle Anwendungen
massgebenden Determinanten Verhältnisse. Es schliesst sich
daran eine Zusammenstellung von Zahlenwerthen fur einige
isotrope und krystallinische Körper.
Endlich wird der Einfluss grösserer Temperaturände-
rungen und der Abhängigkeit der Elasticitätsconstanten von
der Temperatur in Betracht gezogen.
Bezeichnet man mit Zx, H9} ZK — die ganzen thermisch-
elastischen Drucke, bezogen auf die Flächeneinheit, mit X
Z und AT, i; Z die äussern, resp. OberHächenkräfte, so
gilt bekanntlich für jede Stelle im Innern eines elastischen
Körpers:
für die Oberfläche hingegen
(2) X + 5, « 0, . . . .
Als natürlichen Zustand bezeichnen wir denjenigen, der
sich bei constanter Temperatur SQ einstellt, falls keine äusse-
ren Drucke wirken. Die Verschiebungen, die bei anderen
Bedingungen eintreten, seien mit «, v, w bezeichnet.
Dann ist der innere Zustand an jeder Stelle völlig be-
stimmt durch die sieben unabhängigen Variabein:
du dr du*
fltc , ör flu Sic ör . flu
1) W. Thomson, Quart. Jouni. of Math. Vol. I. p. 57. 1857.
2) N. Schiller, Journ. d. rues, ptays. Ges. 11. p. 6, 1879, Beiblatter 4.
p. 423. 1880.
3) M. Planck, Gleichgewichtszustände isotroper Körper, Manch 1880.
4) H. v. Heimholt!, Berl. Ber. v. 2. Febr. 1882.
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Adiabatische Elasticitätsconsta nten.
745
und die absolute Temperatur 0, oder statt letzterer die re-
lative Temperatur 0 — @0 = &.
"Wird mechanisch und calorisch auf den betrachteten
Körper eingewirkt, so gilt fur die Aenderung seiner Energie
E durch die zugeftihrte Arbeite und W&rmerfQdie Gleichung:
(3) dE-dS+ AdQ.
Wir wenden sie auf eine beliebige Stelle des Körpers
an und beziehen sie auf die Volumeneinheit.
Dann ist, falls noch fl die Geschwindigkeit an der Stelle
x, y, z bezeichnet :
ÖJ? j i dJ£ , BE , , BE , , dE ,
dE = y ■ - ^ + -d- dyy + ^ rf,. + rfy . + ^ rfx,
(4) ö£ , ,ö , edSl'
(5) ar/, ö<7, dU.^ BU.^Ä
und nach leicht ausführbarer Berechnung:
(6) dS= ~ (Zxdxx + H9 dyy + Zt dz, + Hx dyM + Zx cfc, + JTyr£r,)
+ 2 '
Setzt man diese Werthe in Gleichung (3) ein und dann
die Coeföcienten der einzelnen Differentiale, die von einan-
der unabhängig sind, fur sich gleich Null, so erhalt man:
BE T A(ABV
(?)
6E - Af,BV
BE__ AadU- AU+AdU*
quo fi\\at'
Hieraus folgt:
r _ B0 r B_0 AU ÖJ>
(8) „y= - au - ee,
1) Es wird angenommen, dass die Wärmebewegung in einer Weise
stattfindet, die sich nur unendlich wenig von einem umkehrbaren Process
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746 W. Voigt
wo (p — E — AO U eine Function von xz . . . xy und B (die
freie Energie nach v. Helmholtz) bezeichnet; daher gilt
also auch:
W Ad7x-dü' ' Ad7y " W
Dies ergiebt, in (5) eingesetzt:
Da hier links dQ = eCdO ist (unter C die speciÜBche
Wärme verstanden), so ergibt sich durch Nullsetzen aller
dxa . . . dx9
(11) ® = ec = °d& = ~ÄdW*'
falls c die sogenannte wahre specifische Wärme, (£ die wahre
Wärmecapacität der Volumeinheit bezeichnet, d. h. die Wärme-
menge, welche die Temperaturänderung Eins hervorbringt,
während die Gestalt sich nicht ändert.
So ergibt sich schliesslich:
ß mm ^ —
(12) dQ « « CrfÖ = «crfö + §( ~£ dxa + • • . + ^ tf *r) ,
oder kürzer:
Hieraus folgt eine zweite specifische Wärme, wenn man
die Erwärmung bei constanten Spannungen 5*, be-
trachtet.
Man erhält:
(13) c = c + ^\ ö(9 + ' ' " + 00 däj*
Dabei ist in den ersten Differentialquotienten xx . . . s„
in den zweiten . . . Iy constant zu lassen.
Setzt man in (12) dQ = 0, so erhält man die Bedingung
der adiabatischen Aenderung, d. h. die Temperaturänderung
durch blosse Deformation.
Gehört das betrachtete Volumen einem wärmeleitenden
Körper an, so ist in leicht verständlicher Bezeichnung:
also die obige Gleichung:
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Adiabatische Elasticitätsconstanten.
747
X 1
Diese Formel gibt die allgemeine Correction der Fou-
rier 'sehen Wärmeleitungsgleichung.
Als Randbedingung bleibt:
(W) «+G.-0.
Ein wichtiger Fall ist der, dass die Temperaturänderung
ausschliesslich Folge der Deformationen und demgemäss fr
mit jenen erster Ordnung ist. Dann wird man für die Func-
tion </> eine homogene Function zweiten Grades der sieben
Argumente xm . . . xv und & zu setzen haben, die in Rück-
sicht auf (11) so geschrieben werden mag:
2 </>=*cn xx2 + 2cl2xxyy+2cizxxz, H
+ c^zr-\r2c^ztyt-\
15) \ + t^2+2r»fiyazx + 2cwy,.ry
- 2^(?iX,+93yy+93ZI+yl.yI+^rx+7flj'y)- A-*£*--
(16;
Hieraus folgt dann:
-Ix = c, j xx+ cl2y„ + c, 3z, 4- c14y, + c,5zx + c^-ft # ~(XZ + qx fr),
-Iy = c^xx + c6iyy + c63z, + c8|y, -f ce6rx + cMxy -q6fr = -(X y + qa &),
(17) + ^4*7 = A0-+{qlx,+ q2!/y + a3zt+qii/,+ q!izx + q(ixy),
Letztere Gleichung bestimmt also in unserem Falle voll-
ständig die Entropie; der Werth derselben fur den natür-
lichen Zustand ist gleich Null eingeführt. Die allgemeine
speeifische Wärme C folgt daraus gemäss:
(17') sCdfr=edU.
0 ist in diesen Gleichungen als Constante anzusehen —
nämlich als sehr gross gegen die Aenderung # ; c ist con-
stant, d. h. unabhängig von 6 und xa . . . xy.
Die Xs . . . X„ bezeichnen die bei constanter Normal-
temperatur 0=0° oder & =* 0 durch Deformationen hervor-
gerufenen elastischen Drucke.
Ist & von x, y, z unabhängig, und wirken auf den Körper
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I
748 W. Voigt
keine äusseren Drucke, so wird den Hauptgleichungen genügt
durch :
(18) Sm = . • • - Z, = 0,
d. h. zm = ax tf, . . ., xt = &,
wo as, a, die Coefficienten der thermischen linearen
Dilatationen parallel den Coordinatenaxen, a4, «5, afi die dor
thermischen Winkeländerungen dieser Axenrichtungen sind.
Die lineäre thermische Dilatation in einer durch die
Richtungscosinus tc, ßt y bestimmten Richtung ist dann ge-
geben durch:
(18') V = afr= (a, a* + a£jP + a,/2 + + *4 y « + ,9 :
analog bestimmt sich die thermische Winkeländerung zwischen
zwei Richtungen ^ und A,, die durch alt ßl , und c*2, ;s
gegeben sind:
(18") { Vii " ö ^ ™ PKCia!+"2/?l^ + flSM/'l)
l + a4 (ft ft + Ti ft ) + o6 (y , «2 + «! y,) + a« («, ft + ft «,)] •> •
Es findet sich nach (16):
(19) qh = aicA1 + ... + fl«cfc6 für A=l, 2... 6,
und durch Umkehrung:
(20) — + • • • + 7«*/,6 .
wo die Skk leicht angebbare Determinantenverhältnisse in
den sind.
Ihre Benutzung lässt aus (16) sogleich hervorgehen das
System:
— rz — su Hx H 1- sin Zy — a} ti .
(21) _
— xy = Ä6i H *~ *«« ~* — öe f / :
(22) ^ f7 = - {a, Zx + . • • + aH Jr),
worin c, die specifische Wärme bei constanter Spannung, sich
ergibt in Uebereinstimmung mit (13):
(23) + + +7«««)
Wie c von a-e . . . xy und &, so ist also auch c von
Am • * > £y und # unabhängig; man kann daher die Spannun-
gen, welche darin vorausgesetzt sind und constant erhalten
werden sollen, gleich den bei allseitig gleichem Druck p ein-
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Adiabatische ElasticitaUconstanten.
749
tretenden nehmen ohne den Werth zu ändern , also c mit
dem gebräuchlichen Cp ohne Weiteres vertauschen.
Nicht ebenso ist c mit dem gebräuchlichen c9 identisch
zu setzen, denn es sind, wie sich zeigen wird, bei Krystallen
Deformationen denkbar, die ohne Volumenänderung statt-
finden und doch auf die specilische Wärme Einfluss haben.
Unser c ist also specieller als c9; um es cp entsprechend an-
schaulich zu bezeichnen, wollen wir:
c s= cd
setzen, was heissen soll: specifische Wärme bei constanter
Deformation.
Das allgemeinere c„ ist durch (17) und (17') gegeben,
wenn darin:
dxs + fit/y + dz, = 0;
c9 kann also unendlich viele Werthe annehmen.
Setzt man in die Gleichung dQ— <-)d(J:
Ühi dx dy dz
und für dü den aus (17) oder (22) folgenden Werth, so
resultirt die speciellere, d. h. für sehr kleine Temperatur-
änderungen gültige Differentialgleichung der Wärmebewegung.
Für dreifach symmetrische Krystalle ist q^q^q^O,
04=o6«a6«0, und folgt, falls xux2,x3 die Wärmeleitungs-
fähigkeiten parallel den Hauptaxcn bezeichnen, aus (17):
d» d>& d'& d*tt
iCd dt Ä *» öx» + *« Jf + *3 Tz*
(24)
Bf Bxx dy 6z,\
während gleichzeitig gilt:
qh = «i<fci + "2fM + «8cw für h = 1, 2, 3, und
(25) h , x
Für reguläre Krystalle und unkrystallinische Medien ist:
^ = ^2 = 93 = 7^ = «3=«, Xl = x2=x3=x und
(2b) €Cd^ = -j^ ,
worin d = xx+yt + zs gesetzt ist. Wegen der Gleichheit der
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750 W. Voigt
qk ist nach (17) bei regulären Krystallen und unkrystallini-
8chen Medien c„ mit cd identisch.
Ferner ist:
a{cn + 2c„) = a/(*n + 2*12),
ZgaS
(27)
c, - c9 = cp - cd A
und daher Gleichung (26) auch:
(27-) tc„_=xJ*__U_ •)_.
3 a ist hierin der thermische cubische Ausdehnungscoefncient.
Ist die Wärmeströmung im Inneren und durch die Ober-
fläche des Körpers unmerklich, wie z. B. bei Oscillationen,
bei denen die Zustände sich schneller ändern, als dass eine
Ausgleichung der eingetretenen Differenzen möglich wäre,
so kann man aus der Gleichung (17), die, wenn U gleich
Null ist, lautet:
(28) i Cd '> = - -j {qJ xx + . . . + y6.r,),
i? als Function der xx . . . ts bestimmen und in die Formeln
für die Componenten Z% . . . S9 einsetzen.
Man erhält hieraus:
(29)
I - * - (^+5ri)*-+(^+^3"+(<i*+^*-
I + (««+ + («..+ -+(«-+
u. s. f., kurz Formeln derselben Gestalt, wie für — Xx,... — X,
gelten, nur steht an Stelle der isothermischen Elasticitats-
constanten cw eine andere, die ad i abatis che Elasticitäts-
constante
IOf\\ ^
(30) y«-ctt+
Genau ebenso treten an Stelle der (für die Anwendung
so besonders wichtigen) isothermischen Constanten die
adiabatischen o^*, die aus dem System (21) hervorgehen, wenn
man darin & gemäss der in (22) eingesetzten Relation
U = 0 eliminirt; man erhält:
(31) ^ = ^--27^-
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Adiabati&che Elasticitätsconstanten. 751
(32)
Diese Gleichung gibt Anlass zu zwei merkwürdigen und
einfachen Sätzen.
Der isothermische Dehnungscoefficient ist für einen be-
liebigen Krystall in einer durch die Richtungscosinus a, ßr y
gegebenen Richtung:
+ *l*nß'Y2 + y««f +
+ Y1{h*ßY + *nY« + h*<*ß)\
Bildet man hieraus den adiabatischen Dehnungscoöfncien-
ten E, indem man einfach die 4* mit den <rtt vertauscht,
und benutzt die Werthe (31), so resultirt in Hinblick auf
(18') leicht der allgemeine Satz:
(33) E = E-Z7v
wo a der thermische lineäre Dilatationscoefficient für die
Richtung X ist
Ferner ist der isothermische Drillungscoefficient T für
ein rechteckiges Prisma, dessen Längsaxe «, ß, y, dessen
grössere Querdimension ap ßv y, zu Richtungscosinus hat:
T - 4(#n a*a* + *„0V,2 + WW) + *4i(ßyl + Y ßxY
+ '66 (r «1 + « Xl)' + *6« (<*ß\+ß
+ 4(^y, + rft)(*u«<ii + *iö/?Ä + *je Y Y\)
+ 4 (y <*, + « y,) (*24 + + st€ y yj
+ 4 (<*ß + /9a,) (*34 et er, + *35 /9 ßx + *36 y y,)
+ «, («Ä + (/?y, +yft)
Verfahrt man hier wie bei E, so erhält man sogleich
aus (18"):
(35) T-T-2£,
wo (f0l die thermische Winkeländerung zwischen der Längs-
und grösseren Querrichtung des Prismas ist
Für einen Kreiscjlinder tritt neben dem obigen T das
entsprechende auf, in welchem die Richtung av ßv yx mit
der dazu und zu a, ß, y normalen av ßv y2 vertauscht ist;
die Summe beider, die wir als Drillungscoöfficienten T° für
(34)
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752
W. Voigt.
den Kreiscylinder bezeichnen wollen, ist nur von a, ß. y
abhängig. Man erkennt, dass hier die Relation gilt:
(36) T° = T° — ,
wenn a die thermische Winkeländerung der Längsaxe gegen
die Ebene des Querschnitts bezeichnet. Beide Sätze zeigen,
in welchen Fällen allein der isothermische und adiabatische
Torsionscoöfficient verschieden sind.
Für Kry8talle mit zwei oder drei zu einander normalen
Symmetrieaxen ist, falls man die Coordinatenaxen in die-
selben legt:
C14> °2V CiV C\&7 C2V C35> Cl«> C2e^ CS«> CM> C«4> CW
gleich Null, ebenso, wie schon oben benutzt:
9* = 75 = % Ä °» a* = °5 — °e = °-
Es wird hier also der Unterschied zwischen isother-
mischen und adiabatischen Constanten nur für die in
**} Vyi z'i re9P« Är Hv, Zt multiplicirten Factoren der Glei-
chungen (16) resp. (21) stattfinden und gelten:
= cu » Yu - cu . y = cö6 , ebenso:
GVk = Ä44 » °"56 Ä *65 » ffö6 = *«« *
Für reguläre Krystalle ist:
Cll = C22 5=4 C33 » C23 ~ C31 = C12 » C44 = C68 Ä C66
und gilt analoges für die <ikk\ ferner ist:
a\ *= "2 = «3 = a , 9i = ?2 = ft ? >
zugleich hier auch cd = ct.
Daher wird:
y'6> y*0
zugleich folgt aus (33) und (35) resp. (36):
E = E-.<"V T = T,
die Differenz der adiabatischen und isothermischen Dehnungs-
coefficienten ist constant, die Drillungscoöfficienten sind
identisch.
Das System der Druckkräfte aber lautet, wenn
J*x + y* + z-> Ä ^ gesetzt wird :
Adiabatische Elasticitatsconstanlen,
75B
— //• — cu yt .
Dasselbe gilt für isotrope Medien, nur ist da specieller
cu — (cn — cl2)/2 und dem entsprechend si4 = 2(*n — *12);
man erhält so für E das lang bekannte specielle Resultat.
Man erkennt, dass hier ein Unterschied zwischen adia-
batischen und isothermischen Deformationen nur dann ein-
tritt, wenn bei denselben die räumliche Dilatation S von
Null verschieden ist.
Im Folgenden gebe ich für die von mir bisher unter-
suchten Krystalle, sowie für zwei Glassorten die Zahlwerthe,
die nach den vorstehenden Formeln berechnet sind.
Die Elasticitätsconstanten Ca* und die Detenninanten-
verhältnisse skk sind den unten vermerkten Abhandlungen1)
entnommen, und die ihnen zu Grunde liegenden Einheiten —
Grammgewicht als Kraft, Millimeter als Längeneinheit —
auch in den übrigen benutzt, auch die Masse eines Grammes
als Masseneinheit zugefügt. Demgemäss drückt sich die
Dichtigkeit in einer tausendmal kleineren Zahl aus, wie
gewöhnlich — das mechanische Wärmeäquivalent in einer
tausendmal grösseren; A ist —426000 gesetzt. Indem Gramm-
calorien vorausgesetzt sind, geben sich die specifischen
Wärmen in den gebräuchlichen Zahlen.
Für die Dichtigkeiten sind die Werthe angenommen,
die Kopp gefunden hat, für die specifischen Wärmen, soweit
sie vorliegen, gleichfalls; für Beryll und Topas habe ich
letztere nach der Mischungsmethode bestimmt.
Für die thermischen linearen Ausduhnungscoefficienten a
sind die Werthe für Flussspath, Pyrit, Baryt nach Pfaff,
für Beryll, Bergkry stall, Topas nach Fizeau eingeführt;
für die Glassorten, für Steinsalz und Sylvin sind sie mit
Hülfe von Hrn. Pockels hier neu bestimmt. Die Coefficien-
ten qh der thermischen Drucke sind aus ihnen nach Formel (20)
berechnet.
1) W. Voigt, Wied. Ann. 81. p. 474 und 701. 1S87. 84. p. 981.
1888. 35. p. 642. 1888.
Ann. d. Phjt. n. Ch«ra. N. F. XXXVI. 4g
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754
W. Voigt
Die benutzten Dichtigkeiten, specifischen Wärmen, Äus-
dehnungscoSfficienten sind zum grössten Theil nicht an
demselben Material bestimmt, welches die Elasticitätscon-
stanten geliefert hat; dies iet unbedenklich, da es sich um
die Bestimmung nur kleiner Variationen handelt, die sich
der Beobachtung fast entziehen.
Glas.
1. Guinand'sches grünes Glas.
« = 2,54. 10-5». c,«0,19, a = 9,8.10-«, 9=111.
*„ = 15,4. 10-8, *12= -3,3.10-8, ,44 = 2(*ll-*]2) = 37,4.10-
*\\ ~ a\\ = *i3 ~~ ffi2 — 0,014. 10~8.
rn = 6,23 . 10e, c12 = 1,88 . 10«, c44 - J (cu - c]2) = 2,17 . 10*
Tu- cn=Yu-cn = 0,018. 10«
cp- cv = 0,0009, x = 1,0046.
2. Weisses rheinisches Spiegelglas.
f = 2,56 . 10-*, c, = 0,19, a = 8,0 .10-«, 7 = 100.
*n = 13,6.10-8, *12=-2,8. 10-*. *44«2(*X1-#„)«32,8.10-*
sn ~ an ~ 8n ~ an ~ 0,009 . 10~8.
cu = 8,27 . 10«, clf = 2,18 . 10«, c44 = | (cn - cn) = 3,05 . W
Yn-*v =rn-<i2 = 0014.10«
cp - ce = 0,0006, x = 1,0034.
Reguläre Krystalle.
1. Fl us ss path (vom Brienzer See).
e = 3,18 . 10-8, c, = 0,209, a = 19,5 . 10"«, q = 505;
sn = 679 . 10-8, *12 = - 1,46 . 10-8, s„ = 29,02 . 10-8
Än ~~ ^11 = *it ~ au — 0,040. 10~ s.
cn = 16,70 . 10«, c12 = 4,57 . 10«, c44 = 3,45 . 10«
Yn ~ °n = ru — c\2 O»27 • 106
cp-cr = 0,0065, x= 1,031.
2. Pyrit (aus Cornwall is).
* = 5,03.10-3, cp= 0,126, « = 10,1.10-«, 7 = 273;
*n = 2,83 . 10-8, sl2 = 0,43 . 10-8, su = 9,30 . 10-8
*n - = si3 - ai2 = 0,011 . 10-8.
cu = 36,80 . 10«, cia = - 4,83 . 10«, c44 = 10,75 . 10«,
Yn ~ cn = Ym ~ cn = 0,083 . 10«,
cp- cv = o,oorj, 1,009.
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Adiabatische Elasticitäbtconstanten
755
3. Steinsalz (aus Stassfurth).
e = 2,15 . 10-3, c, = 0,219. a = 40,6 . 10-«, q = 301,
#n - 23,82 . 10-8, *12 = - 5,16 . 10-8, su = 77,29 . 10~8,
*n — au — sn — o*u = 0,25 . 10-8.
c„= 4,77.10«, cia = 1,82.10* cu = 1,29 . 108,
- cn 0 rit - cu ä °>135- lü*'
cp - c9= 0,0120, x =* 1,048.
Bei Steinsalz haben also alle Differenzen zwischen iso-
thermischen und adiabatischen Constanten einen sehr bedeu-
tenden Werth.
Die DehnungscoeTficienten parallel der Würfel-, Grana-
toöder- und Octaedernormale sind resp.:
W. G. 0.
isothermisch 23,82 . 10~8, 28,65 . 10~8, 30,26 . 10"8,
adiabatisch 23,57 . 10~8, 28,40 . 10"8, 30,01 . 10"8,
analog die Elasticitätscoöfficienten oder Dehnungswiderstande:
W. G. O.
isothermisch 4,198 . 108, 3,489 . 108, 3,306 . 108,
adiabatisch 4,243 . 108, 3,522 . 108, 3,832 . 108.
Bestimmungen dieser Grössen durch Schwingungsbeob-
achtungen sollten also wohl den Unterschied direct zu con-
statiren vermögen. Hr. Groth1) hat dergleichen leider nur
zur Bestimmung des Verhältnisses E0/E« angewandt, das sich
von E,/E* nur um 1/600 unterscheidet, d. h. um eine nicht
sicher nachweisbare Grösse.
4. Sylvin (aus Stassfurth).
« = 1,98.10-*, = 0,171. 10-8, a = 37,1.10, q = 154.
*n = 26,85. 10-8, *l2= — 1,35.10-», s„ = 153,0. 10"8,
*n — = *i2 ~~ an — 0>29 ' IG"*«
cn = 3,75.108, c12 = 0,20.108, cu = 0,655 . 108,
Yn- '» - 0,043. 108,
Cp - cv - 0,0061 , *= 1,036.
Hexagonale Kryatalle.
1. Beryll (aus Nertschinsk).
e = 2,70.10-8, r, = 0,212, a, = a2 = 1,37 . 10"8,
a3--l,06.10-8, ^ = ^=+43,9, g3= - 7,10.
1) P. Groth, Berl. Ber. v. 5. Aug. 1875.
48*
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756 W. Voigt.
sn = 4,83 . 10-8, *„ = - 1,34 . 1Ü-8, .v13 = - 0,84 . 10~*,
«33 = 4,62 . 10~«; *u = 15,00 . 10-«,
sn - *i i *ii - *i2 - 0,00023 . 10-8,
*is ~ ffi3 = - 0,0001 7 . 10-8, «38 - <783 = 0.00014 . Hi-«
fn = 27,5.106, c12= 9,80. 10fl, cls - 6,74 . 10«,
c33 = 24,1 . 10«, c44= 6,66.10«.
?'n-cn = ri2-^ = 0,0023. 10^,
^13 - ci3 = - 0,00036 . 10«, yn - cM = 0,00006 . 10«.
Cp - cd - 0,000033, x = 1 ,000 1 6.
2. Bergkrystall (aus Brasilien),
e - 2,65 . 10-*, c, = 0,186, ax = a, = 14,2 . 10"«, a, = 7,8 . 10"*
ft = ?2 = 144, 93=125.
*n = 12,73 . 10-8, sl2 = - 1,63 . 10-8, #l8 = - 1,49 . 10"«
#u 4,23.10-«, *33= 9,71.10-«, su= 19,67.10^,
*n — °n = *i2 ~ ffi2 = 0,028. 10 -*
*i3 - <^i3 = 0,016. 10-«, *s3 - <r33 = 0,0085 . 10-*.
cu = 8,68 . 10«, clt = 0,71 . 10«, c18 = 1,44 . 106,
cn = 1,72 . 10fl, c33 « 10,75 . 10«, c44 = 5,82 . 10«,
yii-cii = ria-^ia = 0,029. 10«,
7ia ~ *is = 0.026 . 10«, r„ - <fc = 0,022 . 10«.
cP-cd= 0,0013, x= 1,0070.
Rhombische Krystalle.
1. Topas (aus Mursinka).
6 = 3,54.10-*, cp = 0,206,
^=4,84.10-«. «3 = 4,14.10-6, «3=5,92.10-«.
qx = 243, o2 263, q3 = 256.
*n = 4,34. 10"«, *22 = 3,46. 10-8, *33 = 3,77.10-*,
«23 = - 0,65 . 10-8, *31 = - 0,84 . 10-« sl2 = - 1,35 . 10"«,
su= 9,06.10-«, ,ß5= 7,39. 10-8, *fifl = 7,49.10-8;
su ~ °n = 0.0023 . 10-8, s2i - <t22 = 0,0016 . 10-«,
«33-^33 = 0,0031.10-«,
*23 ~ *23 = 0,0023 . 10-«, tn - a9l = 0,0026 . 10"«,
s]2 -fflf- 0,0019. 10-«.
c, j = 28,7 . 10«, ca2 = 35,6 . 10«, c33 = 30,0 . 10«,
r23= 9,0.10«, c31 = 8,6.10«, c„- 12,8.10«,
ru = 11,0. 10«, cM = 13,5. 10« c66 = 13,4 . 10«,
^1-^1 = 0,055.10«, ytt-cu= 0,066.10«, 7^3- c33 = 0,062. 10«.
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Adiabatische Elasticitäüsc on stauten. 757
Yn- cn = 0,060. 10«, y3l-csl = 0,058. 10", ;-12- c]2 = 0,061 .10«
Cp - td = 0,00037, x = 1 ,0039.
2. Baryt (aus Cumberland).
e = 4,48.10-«, cp = 0,108,
= 14,3 . 10-«, «2 = 22,5 . 10 «, a3 = 14,9 . 10"«,
9i = 276, y2 = 288, ?3 = 263.
*n= 16,13.10-«, j22= 18,57.10-«, *33 = 10,42.10-«,
siS = - 2,46 . 10-8, *3l = - 1,88 . 10-«, sn = - 8,80 . 10"«,
t44 = 82.30.10 », *ßS = 34,16.10-«, #ea = 35,86.10-«,
-<?,,= 0,029 . 10-«, s2i - <r,2 = 0,072 . 10~«,
«33 - ff33 = °>032 • 10"8>
*»S - ffM = 0'048 • 10~8» *31 - *31 Ä 0 030 ' 10"*'
*\%- ff,, = 0,046. 10-«.
cn = 9,07 . 10«, c,2 = 8?00 . 10«, c33 = 10,74 . 10«,
c23 = 2,78.10«, c31 = 2,75.10«, c12 = 4,68.10«,
c„ = 1,22 . 10«, cs6 = 2,93 . 10«, c6fl = 2,83 . 10«,
Yn~ cn = 0,108. 10«, y22-c22 = 0,118.10«, y33-cS3= 0,098.10«,
^3-^3=0,108.19«, ^-^=0,103.10«, ^-^ = 0,113.10«.
cp- Cd =0,00220, x= 1,020.
Für grössere Temperaturänderungen, aber noch immer
sehr kleine Deformationen (eine Annahme, die in praxi wohl
nie aufgegeben zu werden braucht), kann man Ansatz (15)
noch immer benutzen, wenn man nur die dort als constant
angenommenen Factoren als Functionen der Temperatur ein-
führt. Die Werthe der Druckcomponenten £m...59 bleiben
dann gleichfalls in derselben Form, nur der Werth von U
complicirt sich.
Nimmt man die Elasticitätsconstanten als lineare Func-
tionen der Temperatur:
Chk =» Chk&j
und betrachtet das zweite Glied als eine neben dem ersten
kleine Grösse — Beobachtungen für Krystalle, welche die
Aenderung aller Constanten mit & ergeben, liegen noch
nicht vor, daher ist die Tragweite dieser Annahme noch
nicht zu übersehen — , und setzt man ebenso den Coefficien-
ten des thermischen Druckes:
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758 W. Voigt
(]h — gk° + qh'ft ,
die Coefficienten der thermischen Dilatationen:
so lassen sich einige einfache Folgerungen ziehen.
Man erhalt durch die Beobachtungen zunächst die Deter-
minantenverhältnisse :
aus diesen folgen die Elasticitätsconstanten chk.
Setzt man die Determinante:
*n • • • *i«
= P
und hierin den Coefficienten des A ten Elementes der k ten
Reihe gleich «P» und kürzt ab:
P**/P = f>»,
so ist: = Phk
oder: chk*> + &C» = PhkQ + fr o ,
indem die Voraussetzung benutzt wird, dass mit dem zweiten
Glied abgebrochen werden kann. Es folgt also:
o o , (dPhk\
Letzteres lässt sich ausrechnen. Da nämlich & nur in
den Verbindungen in j?w vorkommt, so ist:
Nun gelten z. ß. für die cu...cie die Formeln:
1 — Cll *11 Id 1 6
0 . /• 0 X 0 -l- .#»°jcw
— Cll *21 T • • • c\9 *26
ähnlich für die übrigen, und hieraus folgt leicht:
de.
fl^n — C12 C13 Cll C23 » • ' *
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Adiabatische EUuticitätsconstanten. 759
Demgemäss wird schliesslich:
cut = - ^s'Mnchm°ckn°,
HR
die Summe über alle Combinationen m, n mit Wiederholungen
genommen.
Diese Formel ist zu benutzen, um aus den Beobachtungen
die Variationen der Elasticitätsconstanten mit der Tempe-
ratur zu berechnen.
XIV. Heber die KircMioff* 'sehe Formel für die
Capacität etiles Schutzring con denna tor s ;
von F. Himstedt.
In einer Arbeit: „Ueber die Bestimmung der Capacität
eines Schutzringcondensators in absolutem, electromagnetischem
Maasse"1). hatte ich versucht, die Formeln, welche für die
Capacität eines solchen Condensators von Kirchhoff') und
von Maxwell3) aufgestellt sind, durch eine Reihe von Ver-
suchen zu prüfen, und war zu dem Resultate gekommen, dass
die Maxwell'sche Formel die Beobachtungen entschieden
besser wiedergibt, als die Kirch hoff sehe, ja dass die letztere
vielleicht überhaupt unbrauchbar sei.
Obgleich ich in der Kirchhof f sehen Ableitung der
Formel trotz wiederholten Durchrechnens keinen Fehler finden
konnte, ein solcher bei der bekannten Sorgfalt Kirchhoffs
auch von vornherein ausgeschlossen schien, so glaubte ich das
obige Resultat doch veröffentlichen zu sollen, weil ich zu dem-
selben schon bei einer früheren Gelegenheit geführt war, und
weil meine neueren zahlreichen Versuche, die von den früheren
ganz unabhängig nach anderer Methode und mit anderen
Apparaten angestellt waren, wieder die gleichen Differenzen
zwischen Rechnung und Beobachtung ergeben hatten, wie die
früheren.
Ii Himstedt, Wied. Aun. 85. p. 126 188«.
2) Kirchhoff, Der. der Berl. Acad. 1877 p. 144.
3i Maxwell, Electr. u. Magn., dtach. v. Weinstein 1. p. 820.
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7c>0
F. Himstedt.
Herr Prof. F. Kohlrausch hatte nun die Freundlichkeit,
mich darauf aufmerksam zu machen, dass ich bei der Benutzung
der Kirchho ff sehen Formel ein Versehen begangen habe.
Kirchhoff leitet im ersten Theile der citirten Abhandlung
einen Ausdruck für die Capacität eines Plattencondensators
ab und bezeichnet hierbei den Radius der Collectorplatte mit R.
Ich hatte früher1) diese Formel mehrfach benutzt und mich
daran gewöhnt, bei meinen Rechnungen den Radius der
Collectorplatte stets mit R zu bezeichnen, und so ist es ge-
kommen, dass ich auch in der sich daranschliessenden Formel
für den Schutzringcondensator, wo Kirchhoff wieder den-
selben Buchstaben R benutzt, hierunter wieder den Radius
der Collectorplatte verstanden habe und trotz des häufigen
Durchlesens der Abhandlung es immer wieder übersehen habe,
dass Kirchhoff in dieser Formel unter R nicht mehr den
Radius der Collectorplatte verstanden wissen will, sondern
das arithmetische Mittel gebildet aus dem Radius der Collector-
platte und dem inneren Radius des darum gelegten Schutz-
ringes. Gibt man dem R aber nun diese Bedeutung, so
stimmen die nach der Kirchhoff'schen Formel be-
rechneten Werthe sehr gut mit den beobachteten
überein.
Ich hatte Versuche angestellt mit einer Collectorplatte,
deren Radius gleich 24,9735 cm war, und um diese bei drei
Versuchsreihen Schutzringe gelegt, deren innere Radien waren2):
R, = 25,005cm Rx " = 25,107 cm /?,"'= 25,240cm.
Es muss deshalb in der Kirchhoff'schen Formel für R
der Reihe nach gesetzt werden:
24,989 cm 25,040 cm 25, 1 07 cm
Es ergibt sich dann für die Capacitäten Cx C, C\ nach
Kirchhoff
r, = 449,36
C,= 451,05
(;= -153,03
Maxwell
449,37
451,02
452,92
Ii F. Himstedt, Wied. Ann. 29. p. 579. 1886 u. 33. p. 1. 1*8$.
2> F. Himstedt, Wied. Ann. 35. p. 128. 188«.
Schutzringconrtensator
761
und bilden wir wieder das Verhältniss C, : C2 : Cv so finden wir:
1:1,00376:1,00817 berechnet nach Kirchhoff
1:1,00367:1,00790 „ „ Maxwell
l : 1,00241 : 1,00864 beobachtet.
Die Kirchhoff' sehe Formel gibt also die Beobachtungen
ebenso gut wieder, wie die Maxwell' sehe.
Ich bemerke noch, dass ich bei der Bestimmung der
Grösse vv" die Maxwell' sehe Formel benutzt habe, dass
also die a. a. O. für v gefundenen Werthe nicht berührt werden
von dem Verseheu, das ich bei Benutzung der Kirch ho ff sehen
Formel begangen habe.
Giessen, December 1888.
XV. Ein Barimieter mit Contactablesuny ; van
J. J. Bogus hi und Lad. Natanson.
Beim Einrichten des physikalischen Laboratoriums des
Museums für Gewerbe und Agricultur zu Warschau wurde
(bei Fue8s in Berlin) ein Barometer construirt, dessen Ab-
lesevorrichtung, von Hrn. Ed. Natanson vorgeschlagen,
wesentlich von den gewöhnlichen abweicht. Da dieses Baro-
meter zu unserer vollen Zufriedenheit wirkt, so erlauben wir
uns, dasselbe hier kurz zu beschreiben.
Das Ablesen geschieht hier vermittelst electrischer Con-
tacte. ACB ist ein gewöhnliches Heberbarometer; in die
Glaswand seines oberen Schenkels ist ein dünner Platin-
draht a eingeschmolzen, der nach unten in eine Spitze endigt.
Im unteren Schenkel ist eine Mikrometerschraube AT befestigt,
die Hundertstel Millimeter angibt; sie ist mit einer Stahl-
spitze versehen und wird mittelst einer beigesetzten Scala N
abgelesen. Ein Hülfsgefäss DK ist mit einem Schlauch mit
dem unteren Schenkel verbunden; es trägt eine zweite Mikro-
meterschraube Dy die jedoch keine Theilung zu haben braucht.
Mit derselben ist ein Stahlcylinder E verbunden. Die Mikro-
meterschraube M und der Platindraht a spielen die Rolle von
Polen; ein Strom, der in O entsteht und ein Galvanoskop G
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762
J. J. Boguski u. L. Natanson.
durchmesst, wird durch dieselben dem Quecksilber zu- und
abgeführt. Diese Stellen sind untereinander noch mittelst
eines anderen Schliessungskreises leitend verbunden, der
jedoch einen ziemlich grossen Widerstand R enthält (Wir
haben eine Säule von pulverförmigem Graphit angewandt,
die zwischen zwei Stöpseln in einem Glasröhrchen zusammen-
gepresst wurde; dieser Widerstand entspricht 233,7 S.-E.)
Das Röhrchen HF endlich findet bei der Füllung des Baro-
meters Anwendung: das Barometer wird evacuirt, mit Queck-
silber gefüllt, und dieses letztere zum Ueberfliessen durch
HF gebracht, wie in der Töpler'-
schen Quecksilberpumpe geschieht.
Sollte mit der Zeit das Vacuum im
Barometer schlechter werden, so bietet
sich die Möglichkeit, durch dasselbe
Verfahren diesem abzuhelfen.
Wir wollen voraussetzen, das
Quecksilber befinde sich in A unter
dem Platindrahte, ohne ihn zu berühren,
und in B sei das Mikrometerende in
das Quecksilber eingetaucht. Lm Baro-
meter ist der Strom geöffnet, und zwar
in A\ es fliesst nur ein schwacher
Strom durch R. Senken wir D, so
verdrängt der Cylinder E das Queck-
silber, und wir bringen es leicht dazu,
dass der Meniscus in A den Platindraht
berührt. Dies wird vom Galvanoskop
augenblicklich angezeigt. Ohne den
Stand der Schraube D weiter zu ändern,
schrauben wir die Mikrometerschraube
M aus dem Quecksilber heraus; im
Momente, in welchem der Contact
erreicht ist, ersehen wir es aus dem Galvanoskopausschlage.
Dem Schlagen von Funken ist selbstverständlich bei dieser
Einrichtung vorgebeugt. In dieser Weise werden beide Contacte
erzielt. Die Entfernung der Platinspitze vom Mikrometerende
in der Nulllage ist ein für allemal ausgemessen, und man hat
nur die Mikrometerablesung zu dieser Constante zu addiren
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Ein Barometer mit ContactabUsung.
(oder sie von derselben zu substrahiren, je nach der Lage
des Mikrometers), um den Barometerstand zu finden.
Bekanntlich muss ein genaues Barometer sehr weite
Schenkel haben; bei Kathetometerablesung beeinträchtigen
aber weite Schenkel die Schärfe der Einstellung. Bei obiger
Construction können die Schenkel beliebig weit gewählt
werden. Eine zweite Fehlerquelle wird dabei beseitig?,
indem das Vacuum des Barometers bei dessen Ablesung stets
das gleiche Volumen einnimmt, die Correction also constant
bleibt. Und es wäre denkbar, dass man das Barometer voll-
ständig in Eiswasser eintauchen könnte, um die Reduction
auf 0° C. und die damit verbundenen unvermeidlichen Fehler
vollständig zu unterdrücken.
Das Barometer, welches in Fig. 1 schematisch abgebildet
ist, entspricht, wie wir fanden, unseren Erwartungen. Um die
Contacte mit voller Exactheit einzustellen, muss das Queck-
silber in vollständiger Ruhe sein; mit den Schrauben muss
also mit Vorsicht manipulirt werden; andererseits muss die
Aufstellung des Instrumentes fest sein. Unter diesen Be-
dingungen und bei geeigneter Behandlung lässt sich die
Sicherheit der Contactstellungen auf 0,01 mm schätzen.
Warschau, Phys. Laborat d. Museums f. Gewerbe u.
Agricultur.
XVII. Velber ein neues Baromter und Luftthermo-
meter; von Friedrich C. G. Müller.
(Hlerai T»f. Till Flg. «.)
Das zu beschreibende Quecksilberbarometer besteht aus
der Röhre A von 5 mm Weite, welche oben in einer Kugel
i? von 50 mm Durchmesser endigt. Das heberförmig gebo-
gene untere Rohrende enthält noch die Kugel C von 40 mm
Durchmesser. Die Mittelpunkte beider Kugeln haben einen
Verticalab8tand von etwa 810 mm. Unterhalb C befindet
sich der mit Glashahn versehene Rohransatz D von etwa
30 mm Länge. Die Füllung wird von unten in ähnlicher
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764
F. C. G. miler.
Weise bewerkstelligt, wie beim gewöhnlichen Stubenbaro-
meter. Nachdem das gefüllte Barometer in sein Gestell
eingesetzt ist, lässt man aus dem Hahn soviel Quecksilber
abfliessen, dass die obere Kuppe mitten in der Kugel B
steht. Nunmehr functionirt das Instrument als ein umge-
kehrtes Gefassbarometer, indem die Luftdruckschwankungen
sich am unteren Niveau kundgeben, während das obere
wegen des hundertmal grösseren Querschnitts nahezu unver-
änderlich ist. Die am unteren Schenkel angebrachte Scala
enthält auf 101 mm 100 Striche.
Wegen des relativ grossen Volumens der Leere — bei
den angegebenen Dimensionen gleich 1670 mm der Röhre —
ist ein Auskochen nicht erforderlich. Die Kugel C, deren
Inhalt halb so gross, wie der von B, ist zu dem Zweck an-
geordnet, dass beim Tragen und Neigen des Instruments
keine Luft eintreten kann. Soll es transportirt werden, so
lässt man durch starkes Neigen das Quecksilber aus C in B
steigen und verschliesst unten das Rohr durch einen einge-
führten Stopfen, genau wie beim Heberbarometer.
Obgleich das umgekehrte Gefassbarometer als solches
ein bequemes und zuverlässiges Instrument ist, zeigt sich
sein wesentlicher Vorzug erst in seiner Verbindung mit dem
Luftthermometer. Es hat nämlich die interessante Eigen'
thümlichkeit, dass alle Punkte des offenen Schenkels unter-
halb der Kuppe unter einem constanten , von den Luftdruck-
schwankungen unabhängigen Druck stehen.
Wie das Luftthermometer mit dem beschriebenen
Barometer verbunden wurde, ist aus der Figur leicht zu
ersehen. Die nicht zu dickwandige Thermometerröhre E
erhielt etwa 1 mm, die Kugel G etwa 25 mm Durchmesser.
Am offenen Ende ist an die Thermometerröhre eine 5 mm
weite Röhre F angesetzt, welche rechtwinklig gebogen und
mittelst eines Schlauchstücks mit D verbunden wird. Als
Sperrflüssigkeit dient mit Indigo gefärbte concentrirte Schwe-
felsäure. Die Füllung des Thermometers geschieht in der
Weise, dass man mit Hülfe einer kleinen Pipette 2 ccm
Säure in die Krümmung von F bringt und dann die Schlauch-
verbindung mit D herstellt. Wird darauf die Spitze an der
Thermometerkugel abgebrochen und der Hahn langsam ge-
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Barometer und Luftthermometer. 765
Öffnet, so füllt 9ich F mit Quecksilber, und die Säure wird
bis zu der gewünschten Höhe in E getrieben. Nachdem
schliesslich die Spitze wieder zugeschmolzen, muss das Luft-
thermometer richtig functioniren. Die Scala wird empirisch
hergestellt, indem man die Kugel zugleich mit einem feinen
Quecksilberthermometer in ein Gefäss mit Wasser eintau-
chen lässt und dessen Temperatur in nicht zu engen Grenzen
verändert. Der Apparat, welchen ich benutze, erhielt eine
Reaumurscala, deren Gradstriche einen Abstand von 10,9 mm
haben.
Die so erhaltene Scala bedürfte eigentlich noch «iner
kleinen Correction wegen des Luftinhalts der Röhre und des
mit der Temperatur veränderlichen specifischen Gewichts der
Schwefelsäure und des Quecksilbers. Beide Einflüsse cora-
pensiren sich indessen ziemlich genau, und der Rest lässt
sich, eben weil er der Temperatur proportional ist, leicht
durch Vergleich mit dem Quecksilberthermometer bei mög-
lichst weit auseinander liegenden Temperaturen der um-
gebenden Luft ermitteln. Der aus der geringen Veränder-
lichkeit des oberen Barometerniveaus entspringende Fehler
beträgt erst für 30 mm Luftdruckschwankung 0,1° C. Dem-
nach lassen sich die Temperaturen an der Thermometerscala
mit grosser Genauigkeit unmittelbar ablesen. Uebrigens
habe ich das beschriebene Instrument zwei Monate lang täg-
lich beobachtet und mit einem feinen Quecksilberthermometer
verglichen, wobei sich trotz bedeutender und plötzlicher
Schwankungen des Luftdrucks und der Zimmertemperatur
niemals Differenzen von mehr als 0,1° R. wahrnehmen liessen.
Die von mir beliebte Aufstellung des ganzen Instru-
ments, welche namentlich eine vollkommene Uebersichtlich-
keit aller Theile erstrebt, ergibt sich ohne weiteres aus der
Zeichnung. Beim Gebrauch wird es mit Hülfe eines an der
Säule befestigten Lothes und der Fussschrauben in die Ver-
ticale gebracht Soll es versandt werden, so wird der Hahn
geschlossen, die Kugel B durch Neigen gefüllt, der Stöpsel
unten eingeführt, das Ganze liegend mit dem Barometer
nach unten eingepackt und schliesslich der Hahn ein wenig
wieder geöffnet. Natürlich muss beim Transport immer die-
selbe Seite oben bleiben.
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706
F. C. G. Müller.
Das beschriebene Luftthermometer zeigt beim prak-
tischen Gebrauch zuerst den wesentlichen Vortheil einer
äusserst bequemen Ablesung. Der schwarze Säurefaden und
die weit abstehenden Gradstriche sind so deutlich sichtbar,
dass man bei normaler Sehschärfe noch aus 6 m Entfernung
auf den ersten Blick die Temperaturen bis auf 0,1 0 genau
erkennt. Zweitens übertrifft es das Quecksilberthermometer
bei weitem an Empfindlichkeit gegen plötzliche und schnell
vorübergehende Temperaturschwankungen. Demnach dürfte
es sich für meteorologische Stationen, für Laboratorien, so-
wie alle Räume, deren Temperatur beständig zu überwachen
ist, sehr empfehlen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der
Apparat neben dem Luftthermometer gleichzeitig auch ein
gutes Barometer enthält. Die Herstellungskosten sind ver-
hältnissmassig gering. Mich kosteten die Glastheile 4 Mark,
das Stativ 6 Mark, 1360 g reinstes Quecksilber 9 Mark. Die
Scalen zeichnete ich selber mittelst Zirkel und Reissfeder
auf Cartonstreifen.
Zum Schluss sei noch bemerkt, dass ich bereits im
Februarheft 1888 der Zeitschrift für den physikalischen und
chemischen Unterricht ein nach dem Principe des Jolly -
sehen conBtruirteB einfaches Luftthermometer für Unterrichts-
zwecke beschrieben habe, in welchem schwarzgefarbte con-
centrirte Schwefelsäure, ähnlich wie beim obigen Instrument,
als weithin sichtbarer Indicator zur Verwendung kommt.
Dieser Apparat hat sich in vielseitigem Gebrauche gut be-
währt. Er gestattet, noch aus 8 m Entfernung die absoluten
Temperaturen bis auf 1°C Temperaturdifferenzen aber bis
auf 0,1° genau zu beobachten, sodass man calorimetrische
Versuche, wie z. B. die Bestimmung der latenten und spe-
zifischen Wärme fester und flüssiger Körper, schnell und
exact in einer für ein grosses Auditorium sichtbaren Weise
ausführen kann.
Brandenburg, im Mai 1888.
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Rotationsdispersion.
767
XVIII. Bemerkung zu der Abhandlung
des Hrn. G. H. von Wyss: „Ueber eine neue
Methode zur Bestimmung der Botationsdispersion
einer aetiven Substanz und über einen Fall von
anomaler Mspersimi" ; von F. Lippich.
Die Methode, welche fir. v. Wyss in der unter obigem
Titel l) veröffentlichten Experimentaluntersucbung angewendet
hat, ist identisch mit derjenigen, die ich vor mehr als drei
Jahren in meiner Abhandlung: „Ueber polaristrobometrische
Methoden, insbesondere über Halbschattenapparate " 2), aus
führlich beschrieben und begründet habe Ausserdem wurde
die Zusammenstellung eines Spectralapparates mit einem Po-
larimeter, wie sie diese Methode erfordert, von mir in einem
Vortrage während der Naturforscherversammlung in Berlin
demonstrirt. Es ist eben, wie ich an verschiedenen Stellen
hervorgehoben, eine der wesentlichen Verbesserungen, die
ich durch meine Anordnung der Halbschattenpolarimeter
erzielt zu haben glaube, dass sie das Halbschattenprincip mit
der spectralen Auflösung des Lichtes zu verbinden gestat-
tet, und zwar bei hinreichender Grösse der verglichenen
Gesichtsfeldhälften, was für die Erzielung höherer Genauig-
keit sehr wesentlich ist.
Dem Urtheile, welches v. Wyss am Schlüsse seiner
Abhandlung über die fragliche Methode fällt, kann ich mich
nicht anschliessen. Vielmehr darf auf Grund von Versuchen,
sowie einfacher Ueberlegungen behauptet werden, dass auch
für absolute Bestimmungen des Drehungsvermögens in seiner
Abhängigkeit von der Wellenlänge die Halbschattenmethode
an Genauigkeit dem Broch'schen Verfahren überlegen bleibt,
sofern die Rotationsdispersion nicht sehr gross wird. Im
letzteren Falle würde die erstgenannte Methode eine so be-
deutende Dispersion des Spectrometers oder so enge Spalt-
stellung erfordern, dass die nöthige Helligkeit des Gesichts-
feldes schwer zu erreichen wäre.
1) G. H. v. Wyss, Wied. Ann. 33. p. 554. 1888.
2) F. Lippich, Wien. Ber. 91. 2. Abth. p. 1068-1071. 1885.
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768
F. Lippich.
Die Untersuchungen des Hrn. v. Wyss beanspruchten
keine so vollkommene Homogenität des aus dem Ocularspalt
tretenden Lichtes, wie sie bei absoluten Bestimmungen und
grösserer Rotationsdispersion nöthig und auch erreichbar ist.
wovon ich mich durch Versuche mit einer Quarzplatte von
1 mm Dicke überzeugte. Die Reinigung des Lichtes konnte
durch passend gewählte absorbirende Mittel für die verschie-
denen Stellen des Spectrums in genügender Weise erreicht
werden. Als Spectrometer verwendete ich ein solches mit
gerader Durchsicht, da sonst, bei geradlinigem Ocularspalt
gekrümmten Spectrallinien, die Zusammensetzung des aus-
tretenden Lichtes längs des Spaltes variiren würde. Der
Spalt war so eng gestellt, dass die seinen Rändern ent-
sprechenden Wellenlängen beiläufig um yinoo ihres Werthes
differirten.
Bei sehr schmalem Spalt treten allerdings im Gesichts-
felde die bekannten fliegenden Schatten stark hervor. Si^
beeinträchtigen zwar, wenn man sich an sie gewöhnt hat, die
Genauigkeit der Einstellungen nicht wesentlich, machen sie
aber doch mühsamer und zeitraubender. Man kann diese
Schatten ganz beseitigen. Zu diesem Zwecke stellte ich vor
den Ocularspalt eine Concavlinse parallel der Spaltebene
und befestigte sie an der einen Zinke einer grösseren Stimm-
gabel so, dass sie parallel der Spaltebene und senkrecht zur
Länge des Spaltes schwingen konnte. Während der Bewe-
gung der Gabel verschwinden dann die genannten Schatten
vollständig, und das Gesichtsfeld erscheint bei der Beleuch-
tung durch den linearen Lichtspalt ebenso rein und gleich-
förmig hell, wie bei Beleuchtung durch eine Lichtquelle von
grösseren Dimensionen.
Prag, den 30. December 1888.
Druck Ton Mattier 4 Wlttlg- »n Ulpitg.
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1S89. A N K A L E N .W 4.
DER PHYSIK UND CHEMIE.
NEUE FOLGE. BAND XXXVI.
I. lieber Strahlen elect Hsvher Kraft;
von H. Hertz.
(Alis den Sitzungsberichten der Berliner Atad. vom IX Dec. 1888; mit-
getheilt vom Hrn. Verf.»
(Hteria Taf. IX Flg. 1-2.»
Unmittelbar nachdem es mir geglückt war, zu erweisen,
dass sich die Wirkung einer electrischen Schwingung als
Welle in den Raum ausbreitet, habe ich Versuche angestellt,
diese Wirkung dadurch zusammenzuhalten und auf grössere
Entfernungen bemerkbar zu raachen, dass ich den erregenden
Leiter in die Brennlinie eines grösseren parabolischen Hohl-
spiegels aufstellte. Diese Versuche führten nicht zum Ziel. •
und ich konnte mir auch klar machen, dass der Misserfolg
nothwendig bedingt war durch das Missverhältniss. welches
zwischen der Länge der benutzten Wellen. 4—5 na, und den
Dimensionen bestand, welche ich dem Hohlspiegel im besten
Fitlle zu geben im Stande war. Neuerdings habe ich nun
bemerkt, dass sich die von mir beschriebenen Versuche noch
ganz wohl mit Schwingungen anstellen lassen, welche mehr
als zehnmal schneller, und mit Wellen, welche mehr als zehn-
mal kürzer sind, als die zuerst aufgefundenen. Ich bin des-
halb auf die Benutzung von Hohlspiegeln zurückgekommen
und habe nunmehr besseren Elf »ls gehabt, als ich zu hotten
wagte. Es gelang mir. deutliche Strahlen eleetriscuer Kraft
zu erzeugen und mit denselben die elementaren Versuche
anzustellen, welche man mit dem Lichte und der strahlenden
Wärme auszuführen gewohnt ist. Ueber diese Versuche soll
in Folgendem berichtet werden.
Die A p i> arat *•.
Die Methode, nach welcher kurze Wellen erregt werden,
ist die gleiche, nach welcher wir auch längere erregten. Der
Ann. d l'hj«. u. ('hem. N. I. XXXV], 4.»
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■
770 //. Hertz.
benutzte primäre Leitor wird am einfachsten beschrieben in
folgender Weise: Man denke sich einen cylindrischen Mes-
singkörper l) von 3 cm Durchmesser und 26 cm Länge in der
Mitte seiner Länge unterbrochen durch eine Fun kenstrecke
deren Pole beiderseits durch Kugelflächen von 2 cm Radius
gebildet werden. Die Länge des Leiters wird nahezu der
halben Wellenlänge gleich sein, welche der zugehörigen
Schwingung in geraden Drähten entspricht; schon hieraus
kann man ein angenähertes Urtheil über die Schwingungs-
< lauer gewinnen. Es ist wesentlich, dass die Polflächen der
Funken8trecke häufig neu polirt und während der Versuche
vor der Belichtung durch gleichzeitige Seitenentladungen
sorgfältig geschützt werden, es versagen sonst die Schwin-
gungen. Der Anblick und der Klang der Funken lässt stets
erkennen, ob die Funkenstrecke in genügendem Zustande ist.
Die Entladung wird den beiden Hälften des Leiterajugeführt
lurch zwei dick mit Guttapercha überzogene Drähte, welche
nahe der Funkenstrecke zu beiden Seiten derselben münden.
Als Inductorium verwandte ich nicht mehr den grossen
Ruh mkortf 'sehen Apparat, sondern mit Vortheil einen
kleinen Funkengeber von Keiser und Schmidt, dessen
stärkste Leistung Funken von 4,5 cm Länge zwischen Spitzen
war. Er wurde durch drei Accumulatoren getrieben und
konnte dabei zwischen den Kugelflächen des primären Lei-
ters Funken von 1 —2 cm Länge geben. Zu den Versuchen
wurde dann die Funkenstrecke auf eine Länge von 3 mm
zusammengeschoben.
Der Nachweis der electrischen Kräfte im Raum geschah
•auch hier mit Hülfe der feinen Funken, welche dieselben in
einem secundären Leiter auftreten lassen. Zum Theil diente
wie früher ein in sich 'selber drehbarer Kreis, welcher mit
dem primären Leiter ungefähr gleiche Schwingungsdauer
hatte. Derselbe hatte jetzt nur 7,5 cm Durchmesser und
war aus einem Kupferdraht von 1 mm Dicke gebildet. Das
eine Ende des Drahtes trug eine polirte Messingkugel von
einigen Millimetern Durchmesser, das andere Ende war zu-
1) Vgl. die Abbildungen, Fig. 1. 2a, 2b, Taf. IX und deren Erläu-
terung am Schlüsse der Arbeit.
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Strahlen electrischer Kraß.
771
gespitzt und wurde durch eine von dem Drahte isolirte feine
Schraube auf äusserst kleine Abstände von der Messingkugel
eingestellt. Es handelt sich begreiflicherweise stets nur um
Fünkchen von einigen Hundertstel Millimetern Länge, und
man urtheilt bei einiger Uebung mehr nach der Helligkeit
der Funken, als nach ihrer Länge.
Der kreisförmige Leiter gibt nur eine Differenzwirkung
und ist ungeeignet, in der Brennlinie eines Hohlspiegels an-
gebracht zu werden, es wurde deshalb hauptsächlich gearbeitet
mit einem anderen secundären Leiter von folgender Einrich-
tung: Zwei gerade Drahtstucke von 50 cm Länge und 5 mm
Durchmesser waren in einer und derselben Geraden so an-
geordnet, dass die einander zugekehrten Endpunkte einen
Abstand von 5 cm hatten. Von diesen Endpunkten führten
zwei 15 cm lange, 1 mm starke Drähte parallel miteinander
und senkrecht zu den erstgenannten Drähten zu einer Funken-
strecke, welche ähnlich eingerichtet war, wie die des kreis-
förmigen Leiters. In diesem Leiter war auf die Wirkung
der hier überhaupt wenig hervortretenden Resonanz ver-
zichtet. Es wäre einfacher gewesen, die Funkenstrecke un-
mittelbar in der Mitte des geraden Drahtes anzubringen,
aber die Funkenstrecke hätte alsdann nicht im Brennpunkt
des Hohlspiegels gehandhabt und beobachtet werden können,
ohne dass der Beobachter die Oeffnung des 8piegels verdeckt
hätte. Aus diesem Grunde war die beschriebene Anordnung
einer an sich vortheilhafteren vorgezogen.
Die Erzeugung des Strahles.
Stellt man nun die primäre Schwingung in einem grösse-
ren freien Räume auf, so kann man mit Hülfe des kreis-
förmigen Leiters in ihrer Nachbarschaft alle diejenigen Er-
scheinungen in verkleinertem Maassstabe wahrnehmen, welche
ich früher in der Nachbarschaft einer grösseren Schwingung
beobachtet und beschrieben habe.1) Die grösste Entfernung,
bis zu welcher sich in den secundären Leitern noch Funken
wahrnehmen lassen, beträgt 1,5 m, bei günstigem Zustand der
primären Funkenstrecke auch wohl 2 m. Die Wirkung nach
1) H. Hertz, Wied. Ann. 34. p. 155. 551 u. 609. 1888.
49«
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772
H. Hertz.
einer Seite wird verstärkt, wenn auf der entgegengesetzten
Seite der primären Schwingung eine ebene leitende Wand
parallel der Schwingung in passendem Abstände aufgestellt
wird. Wird allerdings der Abstand sehr klein oder etwas
grösser als 30 cm gewählt, so wirkt die Wand schädlich, sie
wirkt kräftig fordernd bei 8 — 15 cm Abstand, schwach for-
dernd bei 45 cm Abstand und ist einflusslos bei grösseren
Abständen. Wir haben diese Erscheinung bereits früher
gedeutet und schliessen aus derselben, dass die der primären
Schwingung entsprechende Welle in der Luft eine halbe
Wellenlänge von etwa 30 cm hat. Eine weitergehende Ver-
stärkung dürfen wir erwarten, wenn wir die ebene Wand
ersetzen durch einen Hohlspiegel von der Gestalt eines para-
bolischen Cylinders, in dessen Brennlinie die Längsaxe der
primären Schwingung fällt. Soll der Hohlspiegel die Fern-
wirkung recht concentriren, so ist es vorteilhaft, seine Brenn-
weite so klein als möglich zu wählen. Soll aber nicht die
directe Welle die Wirkung der reflectirten sogleich wieder
aufheben, so darf die Brennweite auch nicht viel weniger
als ein Viertel Wellenlänge betragen. Ich wählte deshalb
als Brennweite 12l/2 cm und stellte den Hohlspiegel her,
indem ich ein Zinkblech von 2 m Länge,- 2 m Breite und
ll2 mm Dicke über einem Holzgestell von genauer Krümmung
in die gewünschte Gestalt bog. Die Höhe des Spiegels ergab
sich so zu 2 ra , die Breite seiner Oeflnung zu 1.2 m,
seine Tiefe zu 0.7 m. Die primäre Schwingung wurde im
Mittelpunkt der Brennlinie befestigt. Die Drähte, welche
die Entladung zuführten, liess ich den Spiegel durchsetzen;
das Inductorium und die Elemente befanden sich demnach
hinter dem Spiegel und störten nicht. Untersuchen wir nun
wieder die Nachbarschaft der Schwingung mit unseren Lei-
tern, so finden wir hinter dem Spiegel und seitwärts desselben
überhaupt keine Wirkung, in der Richtung der optischen
Axe des Spiegels aber bleiben die Funken wahrnehmbar bis
zu Abständen von 5—6 m. Bis auf weitere Abstände, näm-
lich bis etwa 9 — 10 m, können die Funken wahrgenommen
werden in der Nähe einer ebenen leitenden Wand, welche
wir senkrecht den fortschreitenden Wellen entgegenstellen.
Es verstärken nämlich dh von der Wand zurückgeworfenen
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>
Strahlen tlectriscktr Kraft.
773
Wellen die ankommenden in gewissen Punkten. In anderen
Punkten wiederum schwächen die beiden Wellen einander.
Man nimmt vor der ebenen Wand mit dem geradlinigen
Leiter sehr deutliche Maxima und Minima und in dem kreis-
förmigen Leiter die für stehende Wellen charakteristischen
Interferenzerscheinungen wahr, welche ich früher beschrieben
habe. Ich war im Stande, vier Knotenpunkte zu unterschei-
den, welche in die Wand, in 33, in 65 und in 98 cm Abstand
von derselben helen. Mit grosser Annäherung beträgt also
die halbe Wellenlänge der benutzten Wellen 33 ein und ihre
Schwingungsdauer 1,1 Tuusendmilliontei der Secunde, unter
Voraussetzung der Lichtgeschwindigkeit für die Geschwindig-
keit der Ausbreitung. In Drähten ergab die Schwingung
eine Wellenlänge von '29 cm. Es erscheint also auch bei
diesen kurzen Wellen die Geschwindigkeit in Drähten ein
weniges geringer als die Geschwindigkeit im Luftraum, aber
das Verhältniss beider Geschwindigkeiten kommt dem theo-
retischen Werthe Eins äusserst nahe und weicht davon nicht
entfernt so stark ab, als unsere Versuche es für längere
Wellen wahrscheinlich machten. Diese auffallende Erschei-
nung bedarf noch der Aufklärung. Da sich die Erscheinun-
gen lediglich in der Nähe der optischen Axe des Spiegels
zeigen, so bezeichnen wir das erzeugte Gebilde als einen aus
dem Hohlspiegel austretenden electriscben Strahl.
Ich stellte nun einen zweiten, dem ersten genau gleichen
Hohlspiegel her und brachte den geradlinigen secundären
Leiter so in demselben an, dass die beiden 50 cm langen
Drähte in die Brennlinie tielen, die beiden zur Funkenstrecke
führenden Drähte aber auf dem kürzesten Wege die Wan-
dung des Spiegels isolirt durchsetzten. Die Funkenstrecke
befand sich alsdann unmittelbar hinter dem Spiegel, und der
Beobachter konnte sie einstellen und betrachten, ohne den
Lauf der Wellen zu stören. Ich vermuthete, dass, wenn ich
mit dieser Vorrichtung den Strahl auffinge, ich denselben
noch auf grössere Entfernungen würde wahrnehmen können,
und ich fand, dass ich mich nicht getäuscht hatte. In den
Räumen, welche mir zu Gebote standen, konnte ich nunmehr
die Funken von einem Ende zum anderen wahrnehmen. Die
giösste Entfernung, bis zu welcher ich unter Benutzung einer
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H. Hertz.
Thtiröffnung den Strahl verfolgte, betrug 16 in; nach den
Ergebnissen~der sogleich zu besprechenden Retiexionsversuche
unterliegt es aber keinem Zweifel, dass in offenen Bäumen
sich mindestens bis zu 20 m müssen Funken erhalten lassen.
Für die weiteren Versuche sind so grosse Entfernungen nicht
nöthig, und es ist angenehm, wenn der secundäre Funken-
strom nicht allzu schwach ausfällt; eine Entfernung von
6—10 m ist für die meisten Versuche die vortheilhaf teste.
Wir wollen jetzt die einfachen Erscheinungen durchgehen,
welche sich ohne Schwierigkeit an dem Strahl vorweisen
lassen. Wo nicht das Gegentheil ausdrücklich bemerkt ist.
werden stets die Brennlinien beider Spiegel als vertical
gestellt angenommen.
Geradlinige Ausbreitung.
Stellt man in die gerade Verbindungslinie der Spiegel
senkrecht zur Richtung des Strahles einen Schirm von Zink*
blech von 2 m Höhe und 1 m Breite, so verlöschen die se-
cundären Funken vollständig. Einen ebenso vollkommenen
Schatten gibt ein Schirm von Stanniol oder von Goldpapier.
Ein Gehülfe, welcher den Strahl kreuzt, lässt die secundäre
Funkenstrecke dunkel werden, sobald er in den Raum des
Strahles eintritt, und lässt dieselbe wieder aufleuchten, so-
bald er den Raum des Strahles verlässt. Isolatoren halten
den Strahl nicht auf, durch eine Holzwand oder eine höl-
zerne Thür geht er hindurch, man sieht nicht ohne Verwun-
derung im Innern geschlossener Zimmer die Funken auftreten.
Stellt man zwei leitende Schirme von 2 m Höhe und 1 m
Breite symmetrisch rechts und links neben den Strahl senk-
recht zu dessen Richtung auf, so beeinträchtigen dieselben
die secundären Funken durchaus nicht, solange die Breite
des Spaltes, welchen sie zwischen sich lassen, nicht kleiner
wird, als die Oeffnung der Spiegel, nämlich als 1,2 m. Wird
der Spalt enger gemacht, so nehmen die Funken ab und
verlöschen, wenn die Breite des Spaltes unter 0,5 m sinkt.
Wird die Breite des Spaltes auf 1,2 m belassen, aber derselbe
seitlich aus der geraden Verbindungslinie der Spiegel ver-
schoben, so erlöschen die Funken ebenfalls. Dreht man
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Strahlen electristher Kraß.
775
die optische Axe des gebenden Spiegels nach reohts oder
links um etwa 10° aus der richtigen Lage, so werden die
secundären Funken schwach, bei einer Drehung um etwa 15°
verlöschen sie.
Eine geometrisch scharfe Grenze hat der Strahl, und
haben die Schatten nicht, leicht kann man Erscheinungen
hervorrufen, welche einer Beugung entsprechen. Maxima
und Minima am Rande der Schatten zu beobachten, ist mir
indessen bisher nicht gelungen.
■
Polarisation.
Dass unser Strahl durch Tran>ver.salschwingungen ge-
bildet wird und geradlinig polarisirt im Sinne der Optik i^t,
daran haben wir freilich schon nach der Art, in welcher wir
ihn erzeugen, keinen Zweifel. Wir können die Thatsache
aber auch durch den Versuch erweisen. Drehen wir unseren
empfangenden Spiegel um den Strahl als Axe. bis seine
Brennlinie und somit auch der secundäre Leiter in die hori-
zontale Lage gelangt, so verschwinden die secundären Funken
mehr und mehr, und wir erhalten bei gekreuzter Lage der
beiden Brennlinien keine Funken, selbst wenn wir die Spiegel
auf geringe Entfernung zusammenrücken. Die beiden Spiegel
verhalten sich wie Polarisator und Analysator eines Polari-
sationsapparates. Ich Hess nun einen achteckigen Holzrahmen
von 2 m Höhe und 2 m Breite herstellen und denselben mit
Kupferdrähten von 1 mm Dicke bespannen, alle Drähte waren
einander parallel, und jeder stand von seinen Nachbarn um
3 cm ab. Wurden jetzt die beiden Spiegel mit parallelen
Brennlinien aufgestellt und der Drahtschirm senkrecht zum
Strahl so in denselben eingeschoben, dass die Richtung der
Drähte die Richtung der Brennlinien senkrecht kreuzte, so
beeinträchtigte der Schirm die secundären Funken so gut
wie gar nicht. Wurde aber der Schirm dem Strahl in sol-
cher Weise entgegengestellt, dass seine Drähte den Brenn-
linien parallel waren, so fing er den Strahl vollständig ab.
In Hinsicht der hindurchgehenden Energie verhält sich also
der Schirm gegen unseren Strahl genau wie eine Turmalin-
platte gegen einen geradliuig polarisirten optischen Strahl.
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776
//. Hertz.
Es wurde nun wieder die Brennlinie des empfangenden Spie-
gels horizontal gelegt, Funken traten dann, wie erwähnt, nicht
auf. Solche Funken wurden auch durch das Einschieben des
Schirmes in den Strahl nicht hervorgerufen, sobald die Drähte
desselben horizontal oder vertical gerichtet waren. Wurde
aber der Holzrahmen so aufgestellt, dass die Drähte in einer
der beiden möglichen Lagen unter 45" gegen die Horizontale
geneigt waren, so wurde durch Einschiebung des Schirmes
die secundäre Funkenstrecke sogleich erhellt. Offenbar zer-
legt der Schirm die ankommende Schwingung in zwei Com-
ponenten und lässt nur diejenige Componente hindurch,
welche auf der Richtung seiner Drähte senkrecht steht.
Diese (.'ompnnente ist unter 45" gegen die Brennlinie des
zweiten Spiegels geneigt und vermag, nochmals . durch den
Spiegel zerlegt, auf den secundären Leiter zu wirken. Die
Erscheinung ist vollkommen gleichartig der Aufhellung -des
dunkelen Feldes zweier gekreuzten Nicols durch eine in
passender Lage eingeschobene Turmalinplatte.
Es sei in Hinsicht der Polarisation noch die folgende
Bemerkung gestattet: Mit den in der gegenwärtigen Unter-
suchung benutzten Mitteln vermögen wir nur die electrische
Kraft wahrzunehmen. Die Schwingungen derselben erfolgen
bei verticaler Stellung der primären Schwingung unzweifel-
haft in der durch den Strahl gelegten Verticalebene und
fehlen in der Horizontalebene. Nach den Erfahrungen,
welche wir an langsam veränderlichen Strömen raachen,
können wir aber nicht zweifeln, dass die electrischen Schwin-
gungen begleitet sind von Schwingungen magnetischer Kraft,
v,' eiche in der durch den Strahl gelegten Horizontalebene
stattrinden und Null werden in der Verticalebene. Die Po-
larisation des Strahles besteht also nicht sowohl darin, dass
Dur in der Verticalebene Schwingungen stattfanden, als viel-
mehr darin, dass die Schwingungen in der Verticalebene
electrischer, in der Horizontalebene magnetischer Natur sind.
Die Frage schlechthin, in welcher von beiden Ebenen in
unserem Strahl die Schwingung erfolge, ohne Angabe, ob man
L ieh der electrischen oder der magnetischen Schwingung
trage, lässt eine Antwort nicht zu. Dass in dieser Ueber-
leguny; auch die Re?ultatlnsigkeit einer alten optischen Streit-
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Strahlen dectrischer Kraft. 777
frage begründet sei. ist wohl zuerst klar von Hrn. Kolacek1)
ausgesprochen worden.
, Reflexion.
Wir haben die Reflexion der Wellen von leitenden Flachen
bereits durch die Interferenz der zurückgeworfenen Wellen
mit den ankommenden nachgewiesen und auch in der Con-
struction unserer Hohlspiegel bereits angewandt. Jetzt ist
es uns aber auch möglich, die beiden Wellen Systeme von-
einander zu trennen. Ich stellte zunächst in einem grösseren
Räume die beiden Hohlspiegel so nebeneinander, dass ihre
Oeffnungen nach derselben Seite blickten, und dass ihre Axen
auf einen etwa 3 in vor ihnen liegenden Punkt convergirten.
Die Punkenstrecke des empfangenden Spiegels blieb selbst-
redend dunkel. Nunmehr stellte ich eine ebene verticale
Wand aus dünnem Zinkblech von 2 m Höhe und 2 m Breite
im Kreuzungspunkt der Axen so auf, dass sie senkrecht auf
der Mittellinie der Axen stand. Ich erhielt einen lebhaften
Funkenstrom, herrührend von dem von der Wand reflectirten
Strahle. Der Funkenstrom erlosch, sobald die Wand um
eine verticale Axe um etwa 15° nach der einen oder anderen
Seite aus der richtigen Lage herausgedreht wurde, die Re-
flexion ist also eine regelmässige, nicht eine diffuse. Wurde
die Wand von den Spiegeln entfernt, indem die Axen der
letzteren auf die Wand convergent gehalten wurden, so nah-
men die Funken sehr langsam ab. Ich vermochte noch
Funken wahrzunehmen, als die Wand 10 m von den Spiegeln
abstand, die Wellen also einen Weg von 20 m zu durchlaufen
hatten. Diese Anordnung dürfte mit Vortheil verwandt wer-
den, wenn es gilt, die Ausbreitungsgeschwindigkeit durch die
Luft mit anderen langsameren Fortpflanzungsgeschwindig-
keiten, z. ß. solchen durch Kabel, zu vergleichen.
Um eine Reflexion des Strahles unter einem von Null
verschiedenen Einfallswinkel herzustellen, führte ich den
Strahl in einem Saale parallel einer Seitenwand, welche durch
eine Flügelthür durchbrochen war. In dem benachbarten
Zimmer, zu welchem die Thür führte, stellte ich den em-
l'. F. Kolacek, Wi.-d. Ann. :J4. p. «Tt>. 1>8ü».
778
H. Hertz.
pfangenden Hohlspiegel so auf, class seine optische Axe die
Mitte der Thür durchsetzte und senkrecht die Richtung des
Strahles kreuzte. Wurde nun im Kreuzungspunkte die ebene
leitende Wand vertical so aufgestellt, dass sie sowohl mit
dem 8trahl, als mit der Axe des empfangenden Spiegels einen
Winkel von 45° bildete, so trat im secundären Leiter ein
Funkenstrom auf, welcher auch durch das Schliessen der
Thtire nicht unterbrochen wurde. Drehte ich die spiegelnde
Wand um etwa 10° aus der richtigen Lage, so erloschen die
Funken. Die Reflexion ist also eine regelmässige, und Ein-
falls- und Reflexionswinkel sind einander gleich. Dass der
Weg der Wirkung von der Quelle der Erregung zum ebenen
Spiegel und von dort zum secundären Leiter führt, konnte
auch dadurch erwiesen werden, dass man auf die verschie-
denen Punkte dieses Weges schattengebende Schirme stellte.
Die secundären Funken erloschen alsdann stets; während
eine beliebige Aufstellung der Schirme im übrigen Baume
sie nicht schädigte. Mit Hülfe des kreisförmigen secundären
Leiters ist es möglich, im Strahl die Lage der Wellenebene
zu bestimmen, dieselbe fand sich vor und nach der Reflexion
senkrecht zum Strahl, hatte also in der Reflexion eine Schwen-
kung um 90° ausgeführt.
Bisher standen die Brennlinien der Hohlspiegel vertical,
und die Schwingungsebene war also senkrecht auf der Ein-
fallsebene. Um auch eine Reflexion zu erzeugen, bei wel-
cher die Schwingungen in der Einfallsebene erfolgen, legte
ich die Brennlinien beider Hohlspiegel horizontal. Ich be-
obachtete die gleichen Erscheinungen wie in der bisherigen
Lage und vermochte auch nicht einen Unterschied in der
Intensität des reflectirten Strahles in beiden Fällen wahrzu-
nehmen. Ist hingegen die Brennlinie des einen der Spiegel
vertical, die des anderen horizontal, so beobachtet man keine
secundären Funken. Die Neigung der Schwingungsebene
gegen die Einfallsebene wird also durch die Reflexion
nicht geändert, sobald diese Neigung einen der beiden er-
wähnten bevorzugten Werthe hat; allgemein aber wird diese
Behauptung nicht zutreffen. Es darf selbst als fraglich be-
zeichnet werden, ob der Strahl nach der Reflexion im allge-
meinen noch geradlinig polarisirt sei. Die Interferenzen.
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Strahlen electrischer Kraft. 779
welche die sich kreuzenden Wellensystenie vor dem Spiegel
bilden, und welche, wie ich bemerkte, in dem kreisförmigen
Leiter zu charakteristischen Erscheinungen Anlass geben,
können vielleicht am ehesten auf die dem Optiker geläufigen
Fragen nach Aenderung der Phase und der Amplitude durch
die Reflexion Aufschluss geben.
Wir erwähnen noch eines Versuches über die Reflexion
von electrisch anisotropen Flächen. Die beiden Hohlspiegel
wurden wieder nebeneinander aufgestellt, wie in dem zuerst
beschriebenen Versuch über die Reflexion; ihnen gegenüber
aber wurde jetzt als reflectirende Wand der erwähnte Schirm
aus parallelen Kupferdrähten aufgestellt. Es zeigte sich, dass
die secundäre Funkenstrecke dunkel blieb, wenn die Drähte
die Richtung der Schwingungen senkrecht durchschnitten,
sich aber erhellte, sobald die Drähte in die Richtung der
Schwingungen fielen. Die Analogie zwischen unserer ein-
seitig leitenden Fläche und der Turmalinplatte beschränkt
sfch also auf den durchgelassenen Theil des Strahles. Der
nicht hinduTcbgelassene Theil wird von der Turmalinplatte
absorbirt, von unserer Fläche aber reflectirt. Kreuzt man
in dem letztbeschriebenen Versuch die Brennlinien der bei-
den Spiegel, so kann man durch Reflexion an einer isotropen
Wand keine Funken im secundären Leiter hervorrufen; ich
überzeugte mich aber, dass dies gelingt durch Reflexion an dem
anisotropen Drahtgitter, wenn man nämlich dasselbe so aufstellt,
dass die Richtung seiner Drähte gegen beide Brennlinien
unter 45° geneigt ist. Der Versuch findet nach dem Voraus-
gegangenen leicht seine Erklärung.
Brechung.
Um zu versuchen, ob eine Brechung des Strahles beim
Uebertritt aus Luft in ein anderes isolirendes Medium nach-
zuweisen wäre, Hess ich ein grösseres Prisma aus sogenann-
tem Hartpech, einer asphaltartigen Masse, herstellen. Die
Grundfläche war ein gleichschenkliges Dreieck von 1,2 m
Bchenkellänge und einem brechenden Winkel von nahezu 30".
Die Höhe des ganzen Prismas, dessen brechende Kante ver-
tical gestellt wurde, betrug 1.5 m, Da 'das Prisma aber un-
gefähr 12 Centner wog und als Ganzes zu schwer beweglich
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780 //. Hertz.
gewesen wäre, so war es aus drei übereinander gestellten
Theilen von je 0,5 m Höhe zusammengesetzt. Die Masse
war in Holzkisten eingegossen, welche, da sie sich nicht als
schädlich erwiesen, um die Masse belassen wurden. Das
Prisma wurde auf einer Unterlage in solcher Höhe aufgestellt,
dass die Mitte seiner brechenden Kante in gleicher Höhe
mit der primären und der secundären Funkenstrecke lag.
Nachdem ich mich überzeugt, dass eine Brechung stattfinde
und eine Schätzung. über die Grösse derselben gewonnen hatte,
stellte ich die Versuche in folgender Weise an: Der gebende
Hohlspiegel wurde in 2,6 m Abstand vom Prisma gegen die
eine brechende Fläche gewandt, so aufgestellt, dass die Mit-
tellinie des Strahles möglichst genau auf den Schwerpunkt
des Prismas hinzielte und die brechende Fläche von der Seite
der Hinterfläche her unter einem Winkel von 65° trat
Neben die brechende Kante des Prismas und neben die
gegenüberliegende Seite wurden zwei leitende Schirme aufge-
stellt, welche dem Strahl jeden anderen Weg, als den durch
das Prisma, abschnitten. Auf der Seite des durchgetretenen
Strahles wurde auf den Boden um den Schwerpunkt der
Prismenbasis als Mittelpunkt ein Kreis von 2,5 m Radius
gezeichnet, in diesem wurde nun der empfangende Spiegel
*o herumbewegt, dass seine Oettnung beständig gegen den
Mittelpunkt des Kreises gerichtet blieb. Wurde der Spiegel
zunächst in der Verlängerung des einfallenden Strahles auf-
gestellt, so waren in ihm Funken nicht zu erhalten, nach
dieser Richtung warf das Prisma einen vollkommenen Schat-
ten. Es traten aber Funken auf, wenn der Spiegel gegen
die Hinterrläche des Prismas hin verschoben wurde, und zwar
zuerst, wenn die im Kreise gemessene Winkelverschiebung
aus der Anfangslage etwa 11° betrug. Der Funkenstrom
nahm an Intensität zu bis zu einer Ablenkung von etwa 22°,
um dann wieder abzunehmen. Die letzten Funken waren be-
merklich bei einer Ablenkung von etwa 34°. Wurde der
Spiegel in der Richtung der stärksten Wirkung aufgestellt
und nun auf dem Radius des Kreises vom Prisma entfernt,
konnten die Funken auf einen Abstand von 5 — 6 m ver-
folgt werden. Ein Gehülfe, welcher sich vor oder hinter das
Prisma stellte, Hess die Funken unfehlbar verlöschen, ein
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Strahlen elf drisch fr Kraß.
781
Beweis, dass die Wirkung thatsächlich durch das Prisma,
nicht auf anderem Wege zu dem secundären Leiter gelangte.
Die Versuche wurden wiederholt, nachdem, ohne die Stellung
des Prismas zu ändern, die Brennlinien heider Spiegel hori-
zontal gelegt worden waren. Eine Abweichung von den bis-
her beschriebenen Erscheinungen wurde dabei nicht bemerkt.
Einem brechenden Winkel von 30° und einer Ablenkung
von 22° in der Nahe des Minimus der Ablenkung entspricht
der Brechungsexponent 1.69. Der optische Brechungsexpo-
nent wird für pechartige Körper zwischen 1.5 und 1,6 an-
gegeben. Die Ungenauigkeit unserer Bestimmung und die
Unreinheit des benutzten Stoffes lässt nicht zu. dass man
der Grösse oder dem Sinn der Abweichung weitergehende
Bedeutung' beilege.
Wir haben die von uns untersuchten Gebilde als Strah-
len electrischer Kraft eingeführt. Nachträglich dürfen wir
dieselben vielleicht auch als Lichtstrahlen von sehr grosser
Wellenlänge bezeichnen. Mir wenigstens erscheinen die be-
schriebenen Versuche in hohem Grade geeignet. Zweifel an
der Identität von Licht, strahlender Wärme und electro-
dynamischer Wellenbewegung zu beseitigen. Ich glaube, dass
man nunmehr getrost die Vortheile wird ausnutzen dürfen,
welche sich aus der Annahme dieser I,den$ität sowohl für
das Gebiet der Optik, als das der Klectricitätslehre ziehen
lassen.
Erläuterung der Abbildungen. — Um die Wieder-
holung und Erweiterung dieser Versuche zu erleichtern,
füge ich in Taf. IX. Fig. 1, 2a und 2b Abbildungen der
von mir benutzten Apparate bei. obwohl dieselben ohne
Rücksicht auf Dauerhaftigkeit nur für den augenblicklichen
Versuch zusammengestellt waren. Fig. 1 stellt in Grundriss
und* Aufriss (Durchschnitt) den gebenden Spiegel dar. Man
erkennt, dass das Gerüst desselben aus zwei horizontalen
Rahmen von parabolischer Gestalt (a. a) und vier senk-
rechten Stützen (A. h) besteht, welche mit jenen Rahmen
verschraubt sind und dieselben zugleich zusammenhalten und
tragen. Das spiegelnde Blech i^t zwischen die Rahmen und
Stützen eingeklemmt und durch zahlreiche Schrauben gegen
782
//. Hertz.
beide befestigt. Die Stützen stehen oben und unten über
das Blech vor, um bei der Handhabung des Spiegels als
Griffe benutzt zu werden. Fig. 2» stellt die Einrichtung
des primären Leiters in etwas grösserem Maassstabe dar.
Die beiden Metalltheile gleiten mit Reibung in zwei Hülsen
von starkem Papier, welche durch zwei Kautschukbänder
geschlossen gehalten werden. Ihrerseits sind diese Hülsen
durch vier Stützen Ton Siegellack auf einem Brettchen be-
festigt, welches wiederum durch Kautschukbänder gegen
eine auch in Fig. 1 sichtbare Holzleiste des Gerüstes gepresst
wird. Die mit Guttapercha überzogenen Zuleitungsdrähte
münden in zwei Löchern, welche in die Kugeln des primären
Leiters gebohrt sind. Die Vorrichtung gestattet den Theiien
des Leiters die nothwendige Beweglichkeit gegeneinander
und kann in wenigen Minuten auseinander genommen und
wieder zusammengesetzt werden, was wegen des häufigen
Aufpolirens der Polflächen noth wendig ist. Dort, wo die
Zuleitungsdrähte den Spiegel durchsetzen, umkleiden sie sich
während der Entladungen mit bläulichem Lichte. Um das-
selbe von der Funkenstrecke, deren Erregungsfähigkeit es
merklich schädigt, fern zu halten, ist der Schirm s, bestehend
aus glattem Holze, angebracht. Fig. 2b endlich stellt die
sccundäre Funkenstrecke dar. Die beiden Theile des secun-
dären Leiters sind wiederum durch Siegellackstützen und
Kautschukbänder an einer Leiste des Gerüstes befestigt.
Von den inneren Enden dieser Theile aus sieht man die
Zuleitungsdrähte, von Glasröhren umgeben, den Spiegel
durchsetzen und sich einander zuwenden. Der obere Draht
trägt als Pol eine kleine Kugel von Messing. An den
unteren Draht ist ein Stück einer Uhrfeder gelöthet, welches
den zweiten Pol, eine feine Spitze von Kupfer, trägt. Es
ist absichtlich die Spitze aus weicherem Metall als die
Kugel gewählt; ohne diese Vorsicht drückt sich leicht die
Spitze in die Kugel ein, und die winzigen Fünkchen ent-
ziehen sich in dem entstehenden Grübchen der Betrachtung.
Man erkennt aus der Figur, in welcher Weise die Spitze
durch eine Schraube bewegt wird, welche auf die Feder
drückt, jedoch durch ein Glasplättchen von derselben isolirt
ist. Die eigenthümliche Krümmung der Feder hat den
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Strahlen clevtrischer Kraß.
783
Zweck, die BewegUDg der Spitze noch feiner zu machen,
als es die Benutzung der Schraube allein gestatten würde.
Ohne Zweifel lassen sich die hier beschriebenen Appa-
rate in weitem Sinne abändern, ohne dass deshalb der Erfolg
der Versuche ausbliebe. Auf befreundeten Rath habe ich
auch versucht, im secundären Leiter die Funkenstrecke durch
einen stromprüfenden Froschschenkel zu ersetzen; es scheint
aber dieses unter anderen Verhältnissen so empfindliche
Mittel unter den gegenwärtigen zu versagen.
Karlsruhe, im December 1888.
II. Beobachtungen Uber Aende rangen des elektri-
schen Leftangs Vermögens nach starkem Erwärmen
der Metalle mit Hülfe der In Auctions wage ;
von J. Bergmann.
Die bisherigen Untersuchungen über den Einfluss, wel-
chen starkes Erwärmen oder Ausglühen der Metalle auf
ihre electrische Leitungsfahigkeit ausübt, haben zum Theil
voneinander abweichende Resultate ergeben. E. Becquerel,
Siemens und Matthiessen l) beobachteten an allen von
ihnen untersuchten Metallen — Silber, Kupfer, Gold, Eisen,
Platin und Messing — , dass sie nach der Einwirkung der
Wärrae die Electricität besser leiteten, als vorher. Im
Gegensatz hierzu fanden Pouillet, Mousson und Barus,
dass bei Kupfer und Stahl durch Ausglühen und Ablöschen
der electrische Widerstand vermehrt wird.
Um diese Widersprüche zu lösen, führte Chwolson
Widerstandsbestimmungen aus an einer grösseren Zahl von
Metallen2), nachdem sie zuerst schwach, danach stark ge-
glüht, sodann abgelöscht worden waren. Von Ausnahmen ab-
gesehen, zeigte sich nach schwachem Glühen eine Vermin-
derung, nach starkem Glühen eine Vermehrung des Wider-
1) Siehe die Zusammenstellung der Literatur bei ö. Wiedemann:
Die Lehre von der Electricität 1. p. 522. 1882.
2» Chwolson, Bull, de 8t Peterebourg. 23. p. 465. 1»77. Beibl. 1.
p. 363.
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./. Bergmann.
Standes, nach dem Ablöschen war der Widerstand abermals
gewachsen.
Das Verhalten zweier Metalle, von Zink und Cadmium,
hat Kalischer geprüft.1) Für Zink ergab sich nach dem
Erwärmen auf 300° als Mittel aus sechs Beobachtungen eine
Abnahme des Widerstandes um 3 Proc; für Cadmium, wel-
ches verschieden hohen Temperaturen (Maximum 250°) aus-
gesetzt wurde, desgl. eine Abnahme von 0,16 — 0,19 Proc.
Die vorstehend erwähnten Resultate hat man erhalten
theils mit Hülfe des Differentialgalvanometers, theils mit
Anwendung der Wheatstone' sehen Brücke durch Mes-
sungen an Drähten. Bei der Abhängigkeit der electrischen
Leitungsfähigkeit von der Molecularstructur der Metalle
dürften Beobachtungen über die in Rede stehenden Wir-
kungen der Wärme auch an anderen körperlichen Formen
als Drähten von Interesse sein.
Im Folgenden soll berichtet werden über Versuche,
welche an kreisförmigen Platten angestellt wurden, und zwar
mit Hülfe der Inductionswage. Die Platten waren aus ge-
walztem Blech ausgeschnitten und hatten, entsprechend den
Durchmessern der Stücke des angewendeten electrischen
Gewichtssatzes, 70 mm Durchmesser. Untersucht wurden
Kupfer, Aluminium, Magnesium und Zink, ausserdem noch
Neusilber. Das Magnesium war chemisch rein, das Kupfer
enthielt 1 Proc, das Aluminium 2 Proc. qualitativ nicht
näher bestimmbare fremde Beimengungen. Zink und Neu-
silber sind dem im Handel verkommenden Material entnommen.
— Die Inductionswage war dieselbe, welche für die Zwecke
einer im Verein mit A. Oberbeck über das relative elec-
trische Leitungsvermögen der Metalle ausgeführten Unter-
suchung hergestellt worden war. In der hierüber veröffent-
lichten Abhandlung2) sind die Versuchsanordnung und die der
Wägung völlig analoge Untersuchungsmethode näher beschrie-
ben. Als Messinstrument diente das Electrodvnaniometer.5,
1» Kalischer, Carls Rep. 1H. p. u. 292. 1^2. Beibl. 0. p.44l.
2) Obei beck. Wied. Ann. 31. p. 792. 1867.
3i Kine einfache Form eines selbsthätigeu Disjunctors zur Verbin-
dung der Induetionßwage mit dem Galvanometer wird Verf. bei einer
anderen Gelegenheit mittheilen.
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Widerstand der Metalle nach dem Erhitzen.
785
Für jede untersuchte Platte wurde bestimmt: 1) der
Durchmesser d mit Hülfe eines Kathetometers, 2) das spe-
cifische Gewicht 3) das Gewicht p. Daraus berechnet sich
die Dicke »5 = 4/> /r/2^r
Vor Beginn der Untersuchung mit der Inductionswage
wurde der electrische Gewichtssatz einer Prüfung unter-
zogen. Dabei ergaben sich für die einzelnen Stücke wieder
die schon 1. c. mitgetheilten Werthe, sodass sofort zur Be-
stimmung der Inductions werthe der Platten übergegangen
werden konnte. Sie wurde für jede Platte zweimal ausge-
führt, und aus dem arithmetischen Mittel beider Beobach-
tungen der Inductionswerth für 1 mm Plattendicke abgelei-
tet. Hieraus folgt dann die electrische Leitungsf&higkeit,
bezogen auf Quecksilber als Einheit, durch Division mit dem
Inductionswerthe, welcher einer kreisförmigen Quecksilber-
schicht von 70 mm Durchmesser und 1 mm Dicke entspricht.
Als solcher ergab sich 10,185 bei einer Temperatur von 17°.
Wenn die Durchmesser der Platten den Betrag von
70 mm nicht genau ausmachten, so wurde die Abweichung
in Rechnung gezogen und die anzubringende Correction einer
nach der Gleichung:
J = AD*-{[ + BD2)
berechneten Tabelle entnommen, wo J den Inductionswerth,
D den Durchmesser einer Platte bedeutet. Versuche über
die Abhängigkeit der Inductionswerthe von den Durchmes-
sern der Platten hatten ergeben, dass die ersteren etwas
schneller wachsen, als die Quadrate der letzteren.1)
Um die Leitungsf&higkeit auf 0U zu reduciren, wurde
der bei t° beobachtete Inductionswerth multiplied t mit dem
Factor:
1 - 0,00367 /
1 - 0,001 /
Nur bei Neusilber ist hierin an Stelle von 0,00367 der zu-
gehörige Temperaturcoefticient 0,0335 gesetzt.
In den Tabellen sind mit ABC die einzelnen Platten
bezeichnet; feiner bedeutet:
d die Dicke der Platten, ausgedrückt in Millimetern,
s das specitische Gewicht,
1) Vgl. die eben citirte Abhandlung p. 804.
Ana. d. Pays. a. Ch«m. N. f. XXXVI. M)
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786
J. Beryrnaiin.
./, und J2 den bei jeder Bestimmung mit der Inductions-
wage gefundenen Inductionswerth, dividirt durch die Dicken
der Platten,
JM das Mittel von und Jt,
X die aus Jm berechnete Leitungsfähigkeit des Metalles
für 0°, bezogen auf Quecksilber von 0° als Einheit
Die erste Untersuchung der Platten in dem Zustande,
in welchem sie aus den Blechen ausgeschnitten und an der
Oberfläche durch Abreiben mit feinem Smirgelpapier gerei-
nigt waren, ergab:
Tabelle I.
1 Matte
Kupfer.
i
0,0542
0,054
0,0545
9,048
9,057
9.086
514,82 511,85
514,81 516,03
529,31 , 527,70
Aluminium.
513,34
515,42
528,51
52,79
53,01
54,29
A
B
0,416
0,417
2,746
2.745
277,52
285,96
278,30
287,54
277,91
286,75
28,58
29,48
Maguesiuin.
A
B j
0,947
0,940
1,741
1,743
175,63
171,33
Zinkt
175,23
171,54
175,43
171,44
18,04
17,63
B
0,793
0,795
7,185
7,1 $2
149,09
148,92
149,42
149,00
149,26
148,96
15,35
15,32
Neusilber.
A
B '
1,032
1,017
8,583
8,585 ,
72,26
72,71
71,80
72,55
72,08 7,41
72,63 7,47
Wie zu erwarten war, stimmen die für A gefundenen Zahlen
mit den für die electrische Leitungsfähigkeit der betreffenden
Metalle bekannten gut tiberein. Nur das untersuchte Neu-
silber zeigt einen verhältnissmassig hohen Werth.
Hierauf wurden die Platten im Luftbade bis zu einer
Durchschnittsteroperatur von 300° eine Stunde lang erwärmt
Die Erwärmung wurde in einem doppelwandigen, mit Glim-
mer ausgelegten Kupferkasten vorgenommen, der so einge-
richtet war, dass die innerhalb herrschende Temperatur be-
stimmt werden konnte. Zur Beobachtung derselben dienten
zwei Quecksilberthermometer. Die Angaben des einen
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Widerstand der Metalle nach dem Erhitzen. 787
schwankten zwischen 288 und 306°, die des anderen zwischen
298 und 314°.
Nach langsamer Abkühlung und Entfernung der bei der
Erwärmung -entstandenen Oxydschichten wurden alle Unter-
suchungen in ganz derselben Weise wiederholt. Dann ergaben
sich die in der folgenden Tabelle mitgetheilten Resultate.
Tabelle IL
Platte
4
A
B
C
A
B
A
B
A
B
A
B
0,0540
0,0540
0,0543
0,416
:i 0,418
0,944
I 0,937
0,792
0,793
1,031
1,017
t
9,000
8,976
8,938
2,741
2,739
1,743
1,743
7,188
7,189
8,578
8,583
Kupfer.
532,37 581,50
528,53 527,83
532,52 534,28
Aluminium.
296,69 298,9
294,69 299,8
Magnesium.
531,94 54,71
528,18 54,32
533,40 54,85
185,7
183,34
Zink.
152,71
152,29
Neusilber.
71,93
72,46
188,6
183,2
158,14
152,91
72,05
72,58
297,80
297,25
187,15
188,27 '
152,93 i
152,6
71,99
72,52
30,62
30,57
19,24
18,85
15,73
15,69
7,40
7,4G
Vergleicht man die Werthe l beider Tabellen, so erkennt
man bei den Metallen liberall eine durch die Einwirkung der
Wärme hervorgebrachte Steigerung der electrischen Lei-
tungsfäbigkeit, während die Legirung eine geringe Abnahme
derselben erfahren hat. Der Betrag der Aenderung in Pro-
centen ist für die einzelnen Platten:
Kupfer .
Aluminium
Magnesium
Zink . .
A
3,63
7,14
6,65
2,48
B
2,47
3,69
«,92
2,42
C
1,03 Proe.
Neusilber . . -0,13 -0,13 — „
Die Ursachen dieses Processes sind auf gewisse, durch
die Wärme bedingte Vorgänge in der Molecularstructur der
Metalle zurückzuführen. Letztere geben sich zu erkennen
durch eine Erscheinung, auf welche Kalischer hingewiesen
50*
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788 J- Bergmann.
und mit ihr, soweit es sich um Drähte handelt, die A ende -
rungen des electrischen Leitungsvermögens erklärt hat.1)
Mehrfache Untersuchungen haben Kalischer zu folgenden
Resultaten geführt:
1) Dor natürliche Zustand der meisten Metalle ist der
krystallische oder krystallinische, welcher ihnen durch mecha-
nische Einwirkung, den einen leicht, den anderen schwer,
einigen vielleicht gar nicht, genommen werden kann.
2) Unter dem Einfluss der Wärme können viele Metalle
in die infolge mechanischer Einwirkung verschwundene kry-
stallinische Structur wieder übergeführt werden.
3) Aus der unter diesem Einfluss erfolgenden Annahme
der krystallinischen Structur der Drähte einiger Metalle
erklärt sich mindestens zum Theil die grössere electrische
Leitungsfähigkeit derselben, die sie durch Erwärmen, Glühen
erlangen.
In den auf p. 784 unter 1) citirten Abhandlungen ist
die durch Wärme bewirkte krystallinische Structur sowohl
an D/ähten, als namentlich an Blechen für viele Metalle
und mehrere Legirungen nachgewiesen worden. Die Methode,
die Structur sichtbar zu machen, besteht in dem Anätzen
der Oberriächen mit Salzlösungen oder verdünnten Säuren,
ein Verfahren, das sich mit Hülfe des electrischen Stromes
noch fördern lässt, wenn man die zu ätzenden Objecle aU
Anoden verwendet.
Im Anschluss an das Mitgetheilte liegt die Frage nach
dem Verhalten von Material nahe, welches mechanischen
Einwirkungen, wie Walzen, Ziehen, Hämmern und derpl.
möglichst wenig ausgesetzt war. Dieselben sind gänzlich
ausgeschlossen, wenn die Metalle in compacter Form aus
ihren Lösungen electrolytisch ausgeschieden wurden und in
diesem Zustande zur Untersuchung kommen. Mit der In-
duetionswage hat der Verfasser in dieser Weise Bestim-
mungen an Kupfer ausgeführt.
Zunächst handelte es sich darum, das Metall wieder in
kreisförmigen Platten von geeignetem, durch den electrischen
Gewichtssatz bedingten Durchmesser zu erhalten, was sich
auf gal van orgastischem Wege folgendermassen erreichen Hess.
1) Kalischer, vgl. p. 784 dieser Abh.
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Wider stand der Metalle nach dem Erhitzen.
im
Mattes Glas von möglichst feinem Schliff wurde ver-
mittelst gewöhnlicher Schreibstifte auf der angeschliffenen
Seite mit einer Graphitschicht überzogen. Auf die graphi-
tirte Seite wurde ein aus sehr dünnem Kupferblech ge-
schnittener, mit einem Ansatz versehener Ring von ca. 80 mm
innerem Durchmesser gelegt und darüber wieder passend
ausgeschnittene Glasplatten, sodass eine kreisförmige Gra-
phittiäche von 70 mm Durchmesser frei blieb. Das Ganze
wurde zusammengebunden, der vorstehende Ringansatz mit
einem Guttaperchaüberzug versehen und der Zwischenraum
zwischen den äusseren Rändern der Platten mit Paraffin
ausgefüllt. Man übersieht, dass die so hergestellte Electrode
beim Einsenken in die Kupferlösung mit der Flüssigkeit in
leitender Berührung war nur an der grapbitirten Kreisfläche,
zu welcher an ihrem ganzen Umfange der electrische Strom
durch den aufliegenden Kupferring Zutritt hatte.
Als Electrolyt diente die Lösung des Sulfates. Nach
Beendigung der Electrolyse konnte der entstandene Kupfer-
niederschlag leiiht und bequem von der Kathode losgelöst
werden, und die Platten hatten die gewünschte Form.
Ein Uebelstand erforderte noch eine Vorsichtsmaass-
regel. Während die Graphitseite der Kupferplatten völlig
eben war, zoigte die nach der Flüssigkeit zugekehrt gewesene
Oberfläche, wenn die Electroden vertical gestanden hatten,
jedesmal kleine, höckerartige Erhebungen, welche reihenweise
und alle in gleicher Richtung angeordnet waren. Gewisse
infolge der Concentrationsänderungen entstandene stationäre
Strömungen hatten zu jenen Unregelmässigkeiten Veranlas-
sung gegeben. Um sie zu vermeiden, wurde deshalb die
Kathode in der Lösung horizontal und nahe unter der
Oberfläche angebracht, und der Strom durch eine auf dem
Boden des Gefässes liegende Anode zugeleitet. Dadurch ge-
lang es, Platten von ganz gleichmässiger Dicke zu erzielen.
Die Oberflächen waren nunmehr von Höckern ganz frei, da-
gegen, wie man mit Hülfe des Mikroskops wahrnehmen
konnte, mit unzähligen kleinen Krystallen bedeckt.1)
1) Hr. W. Üeecke, welcher die krystallographischen Eigenschaften
untersucht hat, Hess mir darüber nachstehende Mitteilungen zugehen.
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790
J. Bergmann.
Im Folgenden werden die Resultate der Beobachtungen
mitgetheilt, welche an vier electroly tisch hergestellten Kupfer-
platten ausgeführt wurden. Die Untersuchungen geschahen
in der oben beschriebenen Weise, und die ersten Bestim-
mungen der Platten ergaben die in Tabelle III enthaltenen
Zahlen.
Tabelle III.
Platte ö
. ....
Jt
1
i
~~ " |
A
B
C
D
0,222
1 0.242
0,219
0,178
8,873
8,896
8,836
8,809
519,4
512,8
494,5
488,6
519,95
514,92
496,4
491,3
519,68
513,86
495,45
489,95
53,45
52,95
50,96
50,38
Die Leitungsfthigkeit dieses electrolytisch dargestellten
Kupfers bei 0°, bezogen auf Quecksilber von 0° als Einheit
lag also zwischen den Grenzen 53,45 und 50,38. Bemerkens-
werth sind die niedrigen Werthe, welche die Platten C und
„Die vorliegenden Kupferplatten sind mit zahlreichen kleinen, etwa
0,015—0,03 mm messenden Kryställchen desselben Metalles bedeckt. Da
dieselben anscheinend parallel aufgewachsen sind, so erzeugen sie im
rcflectirten Lichte trotz der geringen Grösse der einzelnen Individuen
dennoch einen bestimmt oricntirten seiden- oder atlasartigen Schimmer,
welcher in jedem Falle die ganze Platte umfasst. Unter dem Mikroskope
erkennt man, daas Pyramidenwürfel vorliegen, welche mit einer OctA&ler-
ecke aufgewachsen sind, und deren trigonale Axe also senkrecht steht.
Bei voller horizontaler Drehung der Platte spiegeln nacheinander sechs
Flächen mit 3 + 3 in einer Spitze sich vereinigenden Kanten ein. Die
Flächen sind häufig nach der Würfelkante gestreift und wegen rascheren
Krystallwachsthume in der Richtung der Kanten mitunter schwalben-
schwanzartig ausgebuchtet Ganz vereinzelt erscheint als Abstumpfung
der Ecke das Octaeder und ist dann regelmässig rauh und undeutlich
ausgebildet. Zur näheren Bestimmung des Pyramidenwürfels wurde der
orientirte Schimmer benutzt. Die ganze Platte, auf das Goniometer ge-
setzt und, so gut es ging, justirt, ergab bei Schimmermessung mit ziem-
licher Constanz Winkel von im Mittel 65°. Will man aus diesen Mes
sungen ein Zeichen für den Pyramidcnwürfel ableiten, so könnte man
auf ooü5 schliesseu, wo der Flächen winkel an der Würfelkante 113*8'.
resp. 66° 52' beträgt. Daas in der Tbat ein stumpfes Tetrakishexaeder vor-
liegt, erkennt man auch unter dem Mikroskop, wo deutlich zu beobach-
ten ist, dasa die Würfelkanten schärfer sind, als die Polkanten. Auch
an natürlichen Krystallen sind Pyramidenwürfel mit zur Unterlage senk-
rechter trigonaler Axe nicht selten."
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Widerstand der Metalle nach dem Erhitzen. 791
D für X zeigen. Soweit dem Verfasser bekannt, sind andere
Beobachtungen, als die vorstehenden, über diesen Gegen-
stand nicht vorhanden.
Nachdem alle vier Platten gleichfalls wieder im Luft-
bade eine Stunde lang auf 300° erwärmt und von den dabei
entstandenen Oxydschichten befreit waren, lieferten die wie-
derholten Untersuchungen die folgende Tabelle.
Tabelle IV.
Platte
ö
s
i
A
B
C
D
' 0,217
, 0,240
0,M3
0,174
8,846
8,832
8,854
8,741
537,8
530,6
521,7
512,5
540,4
531,8
526,1
515,8
"i r
539,1
, 531,2
523,9
514,15
!
55,44
54,63
58,88
52,87
Hieraus geht hervor, dass auch Kupfer, in schon aus-
geprägt krystallischem Zustande einige Zeit lang einer hohen
Temperatur ausgesetzt, durch die Erwärmung besser leitend
geworden ist. Im vorliegenden Falle beträgt die Erhöhung
der Leitungsfähigkeit
für Platte A B C D
3,72 3,17 5,73 4,94 Proc.
Wie auf das electrische Leitungsvermögen, so hat die
Wärme auch auf eine andere physikalische Eigenschaft der
Metalle eine Wirkung ausgeübt, worauf kurz hingewiesen
werden mag.
Die Reihen für s in Tabelle II und IV lassen beim
Vergleichen mit den entsprechenden Reihen von Tabelle I und
III eine mehrfach nicht unerhebliche Aenderung des speci-
fischen Gewichtes erkennen, welches theils grösser, theils
geringer geworden ist. Auch Siemens und Kali scher
haben derartige Wärmewirkungen beobachtet. l)
Der Ausdehnung der an electrolytischem Kupfer ange-
stellten Versuche auf andere Metalle stellen sich nur die mit
der electrolytischen Ausscheidung der Metalle in compacter
Form verbundenen Schwierigkeiten entgegen. Soweit es sich
um die Inductionswage handelt, gehen die Untersuchungen
leicht und sicher von statten.
Physikal. Inst, der Univ. Greifswald, Dec. 1888.
1) Vgl. die oben citirton Abhandlungen.
792
& Tereschin.
III. Die Diefectricitätsconstanten einiger organi-
sch en Tliissi gke i ten ;
eon S. Tereschin aus St. Petersburg.
<tll*r*u T»f. IX Hg. 8-4».
In einer in diesen Annalen veröffentlichten Abhandlung1)
haben die Herren Cohn und Arons gezeigt, auf welche
Weise die Silow'sche Methode zur Messung der Dielectrici-
tätsconstanten leitender Flüssigkeiten angewandt werden kann.
Es war dort als nächste Aufgabe bezeichnet: 1) Salzlösungen
bis zu einer möglichst grossen Concentration zu untersuchen
und die Beziehungen zwischen derselben und der Dielectrici-
tätsconstantc festzulegen. 2) Die Messung auf einige homo-
loge Reihen auszudehnen, um zu erforschen, ob den gesetz-
massigen Structurunterschieden homologer Verbindungen auch
regelmassige Aenderungen der Dielectricitätsconstanten ent-
sprechen, wie es in Bezug auf andere physikalische Constan-
ten der Fall ist.
Auf Veranlassung der genannten Herren und durch
ihren Rath unterstützt, habe ich zunächst die zweite Aufgabe
in Angriff genommen.
Beobachtungsvorfahren und Apparate.
Die von Cohn und Arons angewandte Methode besteht
im wesentlichen darin, dass man die Ablenkungen eines
Quadrantelectrometer8, das mit der Flüssigkeit gefüllt wer-
den kann, zuerst in der Luft, dann in der zu untersuchenden
Flüssigkeit bestimmt. Die entsprechenden Potentialdiffe-
renzen zwischen Nadel und Quadranten werden gleichzeitig
an einem zweiten Electrometer abgelesen. Aus diesen Daten
lässt sich dann die Dielectricitätsconstante der Flüssigkeit
berechnen.
Dieses Verfahren hat seinen Mangel darin, dass man
oft zur Beobachtung sehr kleiner Ausschläge genöthigt ist,
Sind nämlich die Empfindlichkeiten der beiden Electrometer
so abgeglichen, dass die gleichzeitigen Ausschläge in Luft
ungefähr gleich gross sind, so werden dieselben, sobald das
1) Cohn u. Arona. Wied. Ann. 33. p. 14. 1888.
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Diclectrieitatsconstanten organischer Flüssigheiten. 793
Flüssigkeitselectrometer gefüllt wird, sehr verschieden. In-
folge dessen muss der Ausschlag des einen sehr klein genom-
men werden, damit der des anderen die messbare Grenze nicht
tiberschreite. Hat man dagegen die Empfindlichkeiten der
Apparate so verändert, das* man gleich grosse Ausschläge
an den beiden nur nach der Füllung des Flüssigkoitselectro-
meters hat, so wird die Luftbcobachtung (in beiden Electro-
metern Luft) durch den grossen Unterschied der Ausschläge
gleichfalls erschwert. Besonders macht dieser Umstand sich
bei den Versuchen mit Wasser merkbar. In diesem Falle
wird der Ausschlag nach der Füllung des Apparates im Ver-
hältnisse 1 zu ca. 80 gesteigert.
Um diese Unbequemlichkeit womöglich zu vermeiden,
bin ich bei diesen Messungen so verfahren, dass eine directe
Vergleichung mit Luft nur für eino Flüssigkeit — Aothyl-
alkohol von 98 Proc. — ausgeführt wurde. Mit demselben
wurden dann die anderen untersuchten Flüssigkeiten in Be-
zug auf ihre Dielectricitätsconstante verglichen. Deingcmäss
war meine Anordnung der Messung folgende.
Es wurden zwei ähnlich gebaute Flüssigkeitselectrometer
nebeneinander in den Stromkreis geschaltet. Der eine von
mir verwendete Apparat war dersolbe, dessen die Herren
Cohn und Arons sich bei ihrer Untersuchung bedienten,
und der in der oben erwähnten Abhandlung beschrieben ist.
Das zweite Electrometer war in folgender Weise coustruirt.
Auf einem massiven Messingdreifusse ist eine starke Messing-
platte cc (Fig. 3) befestigt, die die weiteren Theile des In-
. strumentes trägt. Durch diese Platte gehen zunächst isolirt
vier cylinderförmige verticale Kastenquadranten aaay von
der Form, wie es in der Fig. 4 in perspectivischer Ansicht
gezeigt ist. Die Quadranten tauchen in das gläserne, zur
Aufnahme der Flüssigkeit bestimmte Reservoir dffd, das
von unten mittelst eines Messingringes und Bajonnettver-
schlusses leicht angesetzt werden kann. Das Reservoir
wurde in möglichst kleinen Dimensionen gebaut, damit auch
die Untersuchung einiger theurer Flüssigkeiten möglich wäre.
Der Boden des Rerservoirs ist deshalb in der Mitte bis //
eingezogen. Der zur Aufhängung der Nadel dienende feine
Kupferdraht geht durch die in der Mitte der Platte cc be-
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794
«S\ Ter eschin.
findliche Oeffnung und ein über derselben befestiges Glas-
rohr gy zu der Suspensions Vorrichtung, die mit einem Tor-
sionskopfe versehen ist. Der Aufhängedraht dient zugleich
als Zuleitung; sein Widerstand beträgt etwa 2 8.-E. Die
Nadel nn besteht ebenfalls aus zwei verticalen, cylinderför-
migen Quadranten, die an einem horizontalen Bügel befestigt
sind. Die Nadel wie auch alle in die Flüssigkeit eintauchen-
den Theile sind mit Platin überzogen. Der ganze mit Flüs-
sigkeit gefüllte Raum ist dicht geschlossen, wodurch die Ver-
dampfung der Flüssigkeit wie auch jede Verunreinigung der-
selben verhindert wird.
Die Construction des anderen Apparates ist in den
Hauptzügen dieselbe. Nur besitzt er anstatt der Kasten-
quadranten einwandige, cylinderförmige Quadranten, die iso-
lirt in radialen Schlitzen verschiebbar sind. Dadurch ist es
möglich, die Empfindlichkeit des Apparates im Verhältniss
1:10 zu variiren.
Die Nadel und ein Paar Quadranten jedes Electro-
meters waren dauernd zur Erde abgeleitet, während die
übrigen vier Quadranten miteinander durch eine Leitung von
geringem Widerstand verbunden waren und mittelst eines
Schlüssels mit der Electricitätsquelle in Verbindung gesetzt
werden konnten. Es hat sich gezeigt, dass das von den
Herren Cohn und Arons als Electricitätsquelle benutzte
Inductorium sich mit Vortheil durch eine Batterie von Accu-
mulatoren, deren Strom mittelst eines rotirenden Commuta-
tors schnell gewechselt wird, ersetzen lässt. Die Gleich-
mässigkeit der in dem Stromkreise verlaufenden Wechsel-
ströme war genügend, um eine feste, dauernde Einstellung
der Nadel zu erreichen. Dies war von grosser Wichtigkeit,
da ich allein die Ablesungen an den beiden Electrometern
machte.
Der Commutator wurde durch einen Wassermotor in
Gang gesetzt und gestattete, die Stromrichtung bis 38 mal
per Secunde zu wechseln. Er bestand aus einem auf einer
verticalen Axe drehbaren Kautschukcylinder mit zwei auf-
gelegten und voneinander isolirten Halbcylindern aus Mes-
sing, auf welche vier Messingfedern drückten. Die letzteren
waren mit vier Klemmen metallisch verbunden. Zu zwei von
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Dielectricitätsconstanten organischer Flüssigkeiten. 795
diesen Klemmen gingen die Drähte von den Polen der Bat-
terie; die dritte stand mit den Electrometern in Verbindung,
während die vierte zur Erde abgeleitet war.
Die Dielectricit&tsconstanten wurden durch folgende Ope-
rationen ermittelt. Zunächst wurden die beiden Electro-
meter mit einer und derselben Flüssigkeit X gefüllt und,
nachdem die Nadeln sich beruhigt hatten, mit der Electrici-
tätsquelle in Verbindung gesetzt. Es wurden die gleich-
zeitigen Ausschläge abgelesen. Dann wurde z. B. das Elec-
trometer I entleert, mehrmals mit Alkohol abgespült, ge-
trocknet und mit Flüssigkeit Y gefüllt.1) Die Ausschläge
wurden wieder bestimmt. Die wegen der unvollständigen
Symmetrie der Apparate nothwendigen Correctionen wurden
vorher durch Calibrirung der beiden Instrumente ermittelt
und dann jedesmal bei der Berechnung der Resultate berück-
sichtigt.
Bezeichnen wir die Potentialdifferenz zwischen Nadel
und Quadranten der beiden Electrometer bei der ersten
Operation mit Va bei der zweiten mit Vb, seien Al und Bx
die der ersten, resp. zweiten Operation entsprechenden corri-
girten Ausschläge des Electrometers I, A.t und Bt des Elec-
trometers II; seien Kx und Ky die Dielectricitätsconstanten
der^lüssigkeiten X und Y, so haben wir die Gleichungen:
4 _ rA* At _ ry
somit ist dann:
Ist die Dielectricitätsconstante irgend einer Flüssigkeit
aus dem Vergleich mit Luft bekannt, so lassen sich nach
dem obigen Verfahren die Dielectricitätsconstanten anderer
Flüssigkeiten ermitteln.
Für jede Flüssigkeit wurden mehrere Bestimmungen ge-
macht, und dabei variirten die Ausschläge von etwa 30 bis
000 Scalentheile. Aus den Verhältnissen der gleichzeitigen
1) Ob das empfindliche oder weniger empfindliche Electrometer mit
dor zu untersuchenden Flüssigkeit gefüllt wurde, hing von der Grösse der
zu erwartenden Dielectricitätsconstante ab.
5. 'Jereschin.
Ausschläge {Al At und B^jB^) wurden Mittel berechne^
welche in nachstehenden Tabellen unter Af0 und AT einge-
führt sind.
Bevor ich zu den Messungen gelangte, habe ich zur
Prüfung der Apparate und des Veifahrens einige Control-
versuche angestellt.
a) Es hat sich zunächst gezeigt, dass der Nullpunkt des
Electrometers nach seiner Füllung stets um einige Scalen-
theile verlegt wurde; es war daher noth wendig, sich zu über-
zeugen, dass die Empfindlichkeit des Apparates bei dem Ein-
füllen durch irgend welche mechanische Störungen nicht be-
einflusst wurde. Es wurden die Empfindlichkeiten der Elec-
trometer in Luft, Wasser und Alkohol verglichen. Wurde
die Nadel stets durch Drehen an dem oben angebrachten
Torsionskopfe zurückgeführt, so gaben die drei Versuchsreihen
übereinstimmende Resultate, wie aus folgender Tabelle zu er-
sehen ist. Hier bedeuten die unter V angegebenen Zahlen
die Verhältnisse der gleichzeitigen Ausschläge.
Luft
El. I. El. II. V
Ausschläge
613,0 207,6 3,15
633.7 199,4 3, i b
466.7 146,0 3,19
265.8 83,1 , 3,17
255,8 81,9 I 3,12
Mittel 3,16
Tabelle I.
W asser
El. I. El. II. V
Ausschläge
212,0 67,0 3,18
148,0 ! 47,0 3,15
401,0 130.0 3,07
94,5 30,0 3,12
»> >' »»
3,13
Alkohol
El. I. El. II. K>
Ausschläge
100.0 ; 30,5 3,18
183,0 60,3 3,03
309,0 97,0 3,18
480,0 150,0 3,20
•? V 1?
3,15
Beim Eingiessen der verschiedenen Flüssigkeiten ver-
legte sich der Nullpunkt nur sehr wenig.
b) Es wurden Messungen an einer und derselben Flüs-
sigkeit bei verschiedener Empfindlichkeit der Apparate an-
gestellt. Die letztere konnte auf doppelte Weise verän-
dert werden: 1) durch Verschieben der Quadranten des
Electrometers II; 2) durch Aenderung des Aufhängedrahtes
in jedem Apparate. Die Uebereinstimmung der verschiedenen
Bestimmungen war stets eine ganz befriedigende. Hierfür
liefert fast jede der unten folgenden Tabellen den Beweis.
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Dielectricitätsconstanten organischer Flüssigkeiten. 797
c) Einige Versuche bei verschiedener Stromstärke und
'verschiedener Anzahl Umdrehungen des Commutators, wobei
•die Zahl der Stromwechsel zwischen 12 und 38 in der Secunde
variirte, mögen den Beweis dafür liefern, dass die an der
Nadel und an den Quadranten auftretende Polarisation, welche
'durch alternirende Ströme nur theilweise ausgeschlossen wer-
den kann, auf das Resultat meiner Versuche keinen merk-
lichen Einfluss hatte. Es ergab sich u. a.:
Tabelle II.
(z-Zahl der Stromuntcrbrechangen per Secunde.)
z « 12
El. I. El. II.
Ausschläge
z = 88
El. I. El. II.
Ausschläge
In beiden Walser.
440,0 133,5 3,29 301,0
209,0 63,0 3,32 201,0
108,5 33,0 3,29 IU>,0
Mittel 3,30
Im El. I. Aethylalkohol, im El.
426,0 402,0 1,06 I 401,0
217,0
108,0
2U8.0
100,0
Mittel
1,04
1,08
93,0 3.25
62,0 3,25
33,0 3,83
3,28
II. Wasser.
382,0 1,05
132,0 121,0 1,09
93,0 89,0 1,04
1,04
1,06
Resultate.
Als Vergleichsflüssigkeit wurde Aethylalkohol von 98 Proc.
gewählt, weil diese Flüssigkeit eine mittlere Dielectricit&ts-
constante besitzt. Sie ist ausserdem rein zu bekommen und
zeitlichen Aenderungen, wenn sie gut aufbewahrt wird, wenig
unterworfen.
Zur Bestimmung der Dielectricitätsconstante des Aethyl-
alkohols wurde zunächst das Electrometer II mit Aethyl-
alkohol von 98 Proc gefüllt, während das andere Electrometer
Luft enthielt. Es wurde bei verschiedenen Potentialdifferenzen
<ler Ausschlag des Electrometers II beobachtet; der gleich-
zeitige Ausschlag des Electrometers I wurde aus fünf Schwin-
gungen bestimmt. Die Empfindlichkeiten der Apparate wur-
den vorher und nachher sorgfältig verglichen, indem die
beiden Electrometer dieselbe Flüssigkeit enthielten.
7P8
& Tereschin.
In der nächstfolgenden Tabelle, wie auch in allen spä-
teren ist folgende Bezeichnung eingeführt:
;t Zahl der Beobachtungen.
M0^AljAi Mittel werth aus den Verhaltnissen der cor-
rigirten Ausschlage des Electrometers I zu denjenigen des
Electrometers II, wenn beide mit einer und derselben Flüs-
sigkeit gefüllt sind.
M — BJ B2 Mittelwerth aus diesen Verhältnissen, wenn
die Apparate verschiedene Flüssigkeiten oder (in Tab. III)
der eine Flüssigkeit, der andere Luft enthält.
AM0 und AM die grössten Abweichungen einzelner
Werthe dieser Verl ältnisse von ihren Mittelwerthen M01
resp. M.
K die Dielectricitätsconstante der zu untersuchenden
Flüssigkeit.
t° ihre Temperatur (Cels.).
Zwischen den Beobachtungen verschiedener Horizontal-
reihen, welche sich auf die' gleiche Flüssigkeit beziehen, liegen
Aenderungen an dem einen oder anderen Electrometer, die
das Empfindlichkeitsverhältniss beeinflusst haben (vgl. oben
p. 796).
Tabelle III.
M0: in beiden Electro metern Aethylalkohol,
M: in I Luft, in II Aethylalkohol.
M
AM
i •
M9
AM,
~M !
t
10
7
0,133
0,122
0,002
0,003
10
1
3,55
3,32
0,05
: 0,04
26,8
27,2
14
14
Es ergibt sich also im Mittel für den 98procentigen
Aethylalkohol die Dielectricitätsconstante Ka 27,0.
In der folgenden Tabelle sind die Dielectricitätsconstanten
einer Reihe von Alkoholen und Estern, sowie verschiedenen
anderen Flüssigkeiten angegeben. Bei den Messungen der-
selben waren zunächst beide Electrometer mit Aethylalkohol
gefüllt {M0 = ^Ma), sodann wurde das Electrometer I mit
der zu untersuchenden Flüssigkeit gefüllt (M**BJBt)\ MlM0
gibt dann die Dielectricitätsconstante der untersuchten Flüs-
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Dielertricitätscomlanten organischer Flüssigkeiten. 799
sigkeit, bezogen auf Aetbylaikohol ; hieraus erhalten wir
diejenige auf Luft bezogen ah:
Tabelle IV.
Substanz
M
AM
n
3f.
M
0,04
- ;-
10
. - -
1,41
0,03
5
l,'i3
0,03
6
1,41
ft 02 <'
1ft
1 40
0,022
9
1,60
0,008
5
3,85
0,019
9
1,«j0
0,010
,»
>»
0,014
»
>»
0,020
5
3,85
0,015
10
2,35
0,004
9
1,60
0,008
7
1,61
0,011
10
1,60
0,014 (
9
>»
0,024
6
3,20
0,018
»»
3,56
0,006
»»
1,77
0,004
»
3,34
0,006
7
3,20
0,010
0,012
»
0,005
9
1,16
0,003
3
1,77
0,007 i
10
3,55
J I Methyl.
Methyl-
iL
Aethyl- . . .
Isobutyl- . .
Amyl- ....
( Methyl- . . .
»»
\ethyl-
Propyl-
Isobutyl-
Amvl .
3 I Methyl- . . .
o I Aethyl- . . .
= j Isobutyl- . .
3Q I Amyl . . . .
Aethyl propionat .
Aethyl buty rat . .
Aethylvalerat . .
Anilin
Kohlenstofftctra-
chlorid
Xylol
10
5
5
11
8
5
10
10
1,69
1,47
1,19
0,82
0,595
1,400
0,540
0,498
10 0,455
5 \ 1,09
10 0,684
10 I 0,386
8 0,378
10 | 0,352
10 ! 0,306
6 I 0,852
0,661
0,395
0,638
0,708
'< 0,627
| 0,585
0,320
0,143
0,309
7»
9
3
10
0,01
0,03 ,
0,01
»
0,06 i
0,03 1
»»
0,06
0,05
0,03
0,06
0,03
»»
0,08
0,04
0,05
0,01
0,07
»»
0,03
0,05
I
32,7
32,6
22,8
15,9
10,0
9,8
9,1
8,4
7,7
7,7
7,8
6,5
6,3
5,8
5,2
7,2
6,5
6,0
5,2
6,0
5,3
4,9
7,5
2,2
2,35
14,0
?»
„
13,5
13,5
14,0
„
13,5
15,0
14,0
'5
„
13,0
14,5
13,0
13,5
14,0
»»
14,0
'»
13,5
Xylol wurde zur Controlc in die Zahl der untersuchten
Flüssigkeiten aufgenommen. Die Dielectricitätsconstante des-
selben ist von Cohn und Arons nach drei verschiedenen
Methoden bestimmt worden; ihre Messungen ergaben 2,36;
2,36 und 2,37; der von mir erhaltene Werth 2,35 fällt mit
derselben zusammen.
Weitere Messungen galten der Bestimmung der Dielec-
tricitätsconstante des Wassers.
Bei diesen Versuchen enthielten zunächst wieder beide
Electrometer Aethylalkohol (Af0 = Ax j At), sodann wurde das
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800
S. Tereschhi.
Electrometer II mit Wasser gefüllt (A/= iV, ; E> ergibt
sich für die Dieleetricitätsconstante des Wassers:
£-27,0
Tabelle V. Wasser.
n
.1/
JA/
n
, J-v0
i
! t
6
21
1,13
1,25
0,06
0,03
I)
3,51
3,91
0,03
0J-9
93,1
84,5
13,0
13,5
Es ist also im Mittel A',,, = 83,8.
Um diesen Werth zu controliren, wurde die Dieleetrici-
tätsconstante des Wassers auch durch Vergleich mit Methyl-
und Amylalkohol bestimmt. Es enthielten zunächst beide
Electrometer Wasser (M0 = AJA«) ; darauf wurde Electro-
meter I mit dem betreffenden Alkohol ix) Refüllt. (M**Bxilh>\
es ergibt sich hieraus: Kaq ; Kx — M0 / 37; Kai orgibt sich
hieraus durch Mulliplication mit dem betreffenden KX} das
aus Tabelle IV entnommen ist.
Tabelle VI.
-
M
AM
M
Methyl» lkohol
Amylalkohol
6
6
1,510
0,755
0,020
0,007
10
10
3,92
3,91
0,07
0,09
aq
2,60
5,18
84,9
82,4
13.0
14.0
Das Mittel ist Kaq = 83,6, in völliger Uebereinstimmung
mit dem oben erhaltenen Werthe. Schliesslich kam eine
Reihe von Mischungen aus Wasser und Aethylalkohol (98 Proc.)
zur Untersuchung. Zunächst enthielten beide Electrometer
Aethylalkohol (iV/0 = Al j A2), sodann wurde Electrometer 1
mit dem Gemisch gefüllt. Im Folgenden bezeichnet »v und
ra die zu den Mischungen verwendeten Volumentheile Wasser
und Aethylalkohol (98 Proc), wobei die Summe r„. 4- rt! = 1
gesetzt ist; auf die Contraction bei der Mischung wunle
Hceine Rücksicht genommen.
Die Dieleetricitätsconstante der Mischung ergibt sich als:
A'-£-27,0.
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Dislt'i (ricitätscovatauten or annischer fTüssipknttn. 801
Tabelle VTI.
too va
Af
JA1
— ~ • !
K
}— -
; .
10,2
^9.8
. . ■— ■ r
3,19
0,03
1,11
0,01
29.9
70, t
2,75
0,02
»J
3H.7
«o.s
2,63
0.04
, »
1»
49,6
50,4
2,33
O.Ol
•1
V
69,5
30,5
2.04
0,05
•"
82,2
17,8
1.47
0,07
••
80,0
20,0
1.58
0.03
1,13
••
56,3
4H,7
2,16
11.02
■■
92,6
1.42
0,03
1.23
*«
80,0
20.0
1,76
0,04
HH,7
18,3
1,58
0,01
/ * Woob. lr bor.
15 n 77,5 77.»
14° 66,9 66,8
«4.0 61.2
56,7 55.6
49,6 44.4
35,* 37,1
37. H , 3t>,4
13.5* 51,6 51,8
1 1 " 31.2 Hl. 2
38.6 38.4
34.7 34,5
E3 liegt nahe, zu versuchen, ob sich die D. C. der Mischun-
gen darstellen lassen durch eine Formel (a) k — vjk» -f va'ka',
worin vj und va' der Gehalt an Wasser und Alkohol. kw und
ha die entsprechenden D. C. bedeuten. Sehen wir von der
Contraction bei der Mischung ab. so ergibt sich «v' = tv4-0,02ya
und t7a'=0.98va und fa) geht Über in (b) h = vmkK -f- va{0y02k,g
-f 0.08 Aa'), Der Ausdruck in der Klammer ist, wenn unsere
Annahme sich hewähren soll, die D.C. des 98 proc. Alkohols k*\
nach der hieraus folgenden Formel (c) k = vwkw -\- vaka sind die
in der letzten Columne (tfber.) enthaltenen Werthe berechnet.
Die Uebereinstimmung ist eine gute. Mithin dürfen
wir, extrapolirend, V =* (Äa - 0 02 km) / 0.98 = 25 8 als D. C. des
al)Soluten Alkohol ansehen.
Aus dem niedergelegten Material lassen sich folgende
Schlüsse ziehen.
1) Für die von mir untersuchten homologen Verbin-
dungen hat sich ergeben, dass die Dielectricitätsconstanten
in jeder homologen Reihe mit dem wachsenden Molecular-
gewicht abnehmen — und zwar im Gegensatz zu den Dielec-
tricitätsconstanten der Reihe der aromatischen Kohlenwasser-
stoffe, für welche Hr. Tomaszewski ein Wachsen der
Dielectricitätsconstante mit wachsender Molerulargrösse ge-
funden hat.1)
2) Die Dielectricitätsconstanten metamerer Verbindun-
gen sind verschieden.
1) F. Tomasjsewski. Wied. Ann. p. 33. 1**8.
Ann. d. I'hn. a. Them. N F. XXXV;. 51
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H»V2
Atthylformiat — 0,5
M*thylacetat — 7,8
•S*. Tereachhi.
Tabelle XI.
Isobutylformiat - 8,4
Propylacetat - 6,3
Aetnylpropionat — 6,0
C,H14Os
Amylacetat 5,2
Aethylvalerat 4,9
Amylfortniat — 7.7
Isobutylacetat — 5,8
Aethylbutyrat — 5.3
3) Die Differenzen zwischen den Dielectricitätsconstan-
ten der entsprechenden Glieder der Foriniate und Acetate,
sowie der Formiate und Benzoate sind ungefähr gleich gross.
Tabelle XII.
Metbrl
■
Aethjl
Uobutyl
Am/1
Mf thjl
;
Itobutr)
Amy'
Formiate
9,9
9,1
8,4
7.7
Formiate
9,9
9,1
8.4
4 . i
A co täte
7,8
«,5
5,8
5,2
Benzoate
7,2
6,5
6,0
5.2
Differenz
2,1
2,6 "|
2,6
2,5
Differenz
2,7
1 2,6 ~
2.4
2,r,
4) Der Versuch, irgend eine Relation zwischen der
Dielectricitätsconstante und der Moleculargrösse oder anderen
Constanten zu finden, hat nicht zu Formeln geführt, die
mehr als annäherungsweise die Beobachtungen darstellen.1)
lt In der folgenden Tabelle gebe ich einige Berechnungen. Es be-
deuten a M und » die Dichtigkeit, das Moleculnrgewicht und den
Brechungsexponenten der Substanz. Die Formel K=n'i\\ + A.ajM\
ist mit Rücksicht darauf gewählt, das*« sie für kleiue a i bei Gasen) oder
für A - 0 zu der bekannten Beziehung K = m* führt. Immerhin ist be-
merkenswerte, dass sie eine ebenso gute Uebereinstimmung liefert, wie
die andere Formel K = a + b . aj M, obgleich bei dieser zwei , bei jener
nur eine Constante zur freien Verfügung ist.
n »' A'(beob.> K.
f ,T
a + hM
A
Methyl
Aethyl
Propyl
Amyl
0,82
0,81
0,82
0,83
Alkohole?.
32 0,0256 1,34.1,8g 32,7
46 0,0176 1,37 1,88 25,8
60 0,0137 1,39 1.93 22,8
88 0,0094 1,42 2,02. 16,0
Formiate.
Methyl
Aethl
Isobutyl
Amyl
0,998 60 0,0166 „ » 9,9
0,936 74 0,0127 1,35 1,82 9,1
0,885 102 0,0087 „ 8,4
O.«80 1160,0072 1,41 2,00 7,7
7,»1: b
33,3
25,4
21,5
17,2
0.12; fc
10,0
9,1
8,2
7,s
A 707/)
32,9
25,2
20.6
15,5
A 7*6
32,7
25,8
20,3
16.6
234.«
A - 34t;
«♦
9,f
7,0
Digitized by Google
Dii-b't lricitüi* con »tan ten or t/an isch er Flüssigkeiten .
mi
Betrachtet man aber die Gesamratheit der erhaltenen Zahlen
in Zusammenstellung mit anderen Constanten, so bemerkt
man immerhin , dass in den meisten Fällen die Dielectrici-
tätsconstante, wenn man in einer Reihe fortschreitet, den
anderen Constanten analoge Aenderungen zeigt. So kann
man zum Beispiel auf den Gang des specifischen Gewichtes
und der Dielectricitätsconstante bei Acetateu hinweisen, wo
die Dielectricitätsconstante der Methylverbindung ihrem
hohen Werthe nach dem hohen specifischen Gewichte der-
selben entspricht. Für die folgenden Glieder ändern sich
die beiden Constanten nur langsam.
In der Reihe der Alkohole nimmt der Methylalkohol,
*owohl nach seiner chemischen Structur, wie auch nach
seinem specifischen Gewichte und seinem Brechungsvermögen,
*ine besondere Stelle ein. Seine Dielectricitätsconstante
zeigt ebenfalls eine auffallend hohe Differenz gegen das
nächste Glied der Reihe. In den zwei folgenden Tabellen
sind unter n die Brechungsexponenten für die Linie //
angegeben.
Tabelle XIII.
Acetate.
Sp. G. 0,95« 0,907 0,90« 0,905 »),Sb»i
A*. 7,8 6,5 6,3 •%« 5.2
Acetate.
a 2,W»: I. 352,*
.1=241.6
Methyl 0,9»; 74 0,0l30|l,87 1,9 7,8 7,5
Aethyl 0,91 88 0,0103 1,38 1,9 6,5 6,6
Propyl 0,91 102 0,0089 1,39 1,9 «,3 fi,l
Isobatyl|0,91 116 0,0078 1,40 2,0 5,8 5,7
Ainyl 0,90 130 0,0069 1,41 2,0, 5,2 ' 5,3
7,9
•3,6
0.0
5.S
5,3
Benzoiitr.
« 8,27; fc=43«l,4
Methyl 1,103 136 0,0061 1,54,2,4 7,2 «,S
Aetbyl 1,066 150 0,0071 1,33 2,4 6,5 6.4
Jsobutvl 1,041 178 0.0058 » » 6,0 5.s
Aravl" 1.004 192 0.0052 » » 5,2 5,5
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H04
I). GoUlliammrr.
Tabelle XIV.
Sp. G. n I K
Methylalkohol 0,92 1,336 32,5
Aethvlalkohol 0.81 1,370 25,8
Prop'vlalkohol 0,82 1,386 [ L'2,8
Amylalkohol 0,83 1,417 16,0
Dein auffallend hohen Werthe der Dielectricitätsc^u-
stante des Aethylformiats entspricht ein Brechungsexponent,
der viel kleiner ist als zu erwarten ware.
Tabelle XV.
I!
. .•
1
K
Aetbylfonniat
1,3504
9.1
Aethylacetat
1,3807
H,S
Aetbylpropionat
1
6,0
Aethylbutyrat
t,404t>
5.3
Aethylvalerat
1,4058
4,9
Str. iss burg i. R.. Physik. Inst.
IV. lieber den Einfluss der JtagnetUirung
auf die electrisvhe Leittnujsftih iykeit der Metall*';
von &. Goldhammer ans 3To*hman.
(Zweite Mittheilung.)
(HUria Tal. IX Klg. 5-14.)
■
In meinem ersten Aufsatze1) habe ich einige qualitative
Ergebnisse über die Widerstaudsänderungen, die beim Mag-
uetisiren von Platten aus Wismuth, Antimon, Tellur. Nickel,
Eisen und Cobalt auftreten, veröffentlicht. Es sei mir er-
laubt, jetzt einige weitere Beobachtungen, von einem mehr
quantitativen Charakter, betreffs derselben Erscheinung mit-
zutheilen.
Die Untersuchung wurde vom Mai bis October 1887 im
physikalischen Institut der Universität Strassburg i. E. aus-
geführt. Ich will hier die Gelegenheit benutzen, um dem
l) D. GoHhamnier. Wied. Ann. 31. p. WK 1887.
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Mtignetitirung und elrctrUchr Leitung.
805
damaligen Director des genannten Instituts, Hrn. Prof.
Kundt, für die gütige Aufmerksamkeit, die er mir während
meines zweijährigen Aufenthalts zu Strasbourg erwies, sowie
fur alle Mittel, die mir bei der Ausführung dieser Arbeit
zur Verfügung standen, meinen herzlichsten Dank auszu-
sprechen.
§ 1. Es wurden wegen Mangel an Zeit nur die drei,
eben das grösste Interesse darbietenden Metalle, Wismuth,
Nickel und Cobalt untersucht; die Platten von Ni und Co
wurden genau wie früher auf platinirtes Uhs electrolytisch
niedergeschlagen, die Bi-Platten ebenso wie früher nach dem
Kighi 'sehen Verfahren hergestellt. Die Dimensionen der
Platten betrugen ca. 1,5 x 1.0 cm.
An die äusseren Seiten einer solchen rechteckigen Platte
wurden mit Wood'schem Metall geradlinige Messingstreifen
von 0,1 — 0,2 cm Breite und 0,01 cm Dicke als Electroden
angelöthet, deren amalgamirte freie Enden entweder in der
Plittenebene lagen oder senkrecht dazu standen (Fig. 5 und 6)
Dem entsprechend konnten die Platten in einem Magnetfelde
mit horizontalen Kraftlinien entweder vertical oder horizontal
stehen.
Durch Drehen der Platte im Felde um eine verticale
Axe konnte man leicht in beiden Fällen den electrischen
Strom in der Platte sowohl den Kraftlinien parallel, als
auch senkrecht dazu fliessen lassen.
Die Platten wurden mittelst einer Glasröhre gegen Luft-
zug geschützt; ein Baudin'sches Thermometer, das 0,05° C.
unmittelbar angab, erlaubte, den Temperaturgang in der
Nähe der Platten während der Beobachtung zu verfolgen
und an die gemessenen Widerstandsänderungen durch Mag-
netisirung betreffende Correctionen wegen der Temperatur-
änderungen anzubringen.
§2. Um die Platten in dem magnetischen Felde auf-
stellen, resp. drehen zu können, wurde eine specielle Vor-
richtung construirt, die in der Fig. 7 abgebildet ist.
Die amalgamirten Electrodenenden der Platten tauchten
ins (Quecksilber bei ss. Der electrische Strom (von einem
Daniell'schen Element) wurde mit Hülfe der Klemmen rr
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800
J). Göhl Ii (immer.
zu-, re.<p. abgeleitet und ging innerhalb eines Hartgummi-
Stabes // durch zwei dicke Drähte bis in die eisernen Queck-
silbernäpfchen Ith und kh, von dort durch zwei Drähte kh
und dann durch die dicken, viereckigen Messingstäbe oo in
die Platte, abba ist eine Hartgummiplatte, die die Messing-
stäbe oo, d. h. auch die Röhrchen mit Quecksilber sx, von-
einander isolirte.
dd,fff mn sind dicke Platten auch aus Hartgummi.
Der untere Theil des Apparates ddcc war um eine ver-
ticale Axe (die y-Axe) drehbar, und der ganze Apparat
konnte vertical zwischen den Polschuhen eines Electromagnets
an einer Messingstange cta befestigt werden.
Beim Drehen des unteren Theiles ddcc gingen die En-
den der Drähte Ith im Quecksilber {kh) um die ;/-Axe
herum.
§ 3. Zum Magnctisiren der Platten diente ein Electro-
magnet mit verticalen Eisenkernen von 60 cm Höhe, an
deren oberen Flächen zwei horizontal liegende, viereckige .
massive Eisenprismen mit cylindrischen (6 cm Durchmesser)
Polschuhen angeschraubt wurden. Der Polabstand wurde
constant auf 3 cm gehalten .
Zur Messung der Stärke des Magnetfeldes wurde eine
bewegliche Inductionsrolle construirt. Dieselbe stand zwischen
den Magnetpolen vertical, sodass ihre Windungsebene senk-
recht zu den Kraftlinien war, und konnte mittelst einer
Schnur, die über einige Rollen lief, schnell aus dem Felde
heraus in eine horizontale Lage gebracht worden.
Obgleich der Radius des dabei durch die bewegte In-
ductionsrolle beschriebenen Kreises mehr als 20 cm betrug,
ergab sich die Stärke des Magnetfeldes //0 in der horizon-
talen Rollenlage etwa 10 Proc. der Stärke // zwischen den
Polen des Electromagnets. Ich musste daher den Werth //<,
besonders durch den Schliessung*-, resp. Oeffnungsinductions-
strom bei horizontaler Rollenlage bestimmen.
Der Induct ionsstrom in der Rolle wurde direct mittelst
einer Gaugain'schen Tangentenbussple gemessen.
Die Windungsfl&che der Inductionsrolle Hess sich durch
Vergleichen zweier Induetionsstrftme beim Herausziehen der
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Mnynetuirnng und clectrisvhe Leitung. 807
Rolle aus dem Magnetfelde bestimmen, einmal wenn die
ganze Windungstiäche wirksam war, sodann wenn statt der
Rollenwindungen nnr eine Windung aus dickem Kupferdraht
benutzt wurde; natürlich war bei diesen Versuchen die Gau -
gain' sehe Bussole so gut wie gar uicht brauchbar; es ge-
nügte aber dem Zweck ein empfindliches Galvanometer von
Kohlrausch mit einem Stahlspiegel vollständig.
§ 4. Dil der Zwischenraum der Magnetpole zu klein
war, um den Plattenhalter und den Inductionsapparat gleich-
zeitig zu enthalten, und da allerdings die Feldstärke gleich-
zeitig mit der Widerstandsänderung gemessen werden sollte,
T-o habe ich das Quincke'sche ') Oalibrirungsverfahren be-
nutzt.
Zunächst wurden die Magnetpole entmagnetisirt, und in
ca. 1,5 m Entfernung von denselben ein Kohlrausch'sches
Magnetometer, welches aus einem massiven eylindrischen, an
zwei Silberfftden aufgehängton Magnet von 10 cm Länge be-
stand, so aufgestellt, dass der Magnet etwa in der Höhe der
Polschuhe, senkrecht zur Axe des Magnetfeldes hing. Schickte
man nun verschieden starke electrische Ströme durch die
Rollen des Electromagnets, mass mittelst der Inductionsrolle
die Feldstärke in O.-G.-S. und beobachtete mit Spiegel und
Scala die betreffenden Ablenkungen des Magnets am Mag-
netometer aus seiner ursprünglichen Ruhelage, so konnte man
eine Curve mit der Gleichung:
$ « A*)
coustruiren und während der Messungen der Widerstands-
änderungen nur die Ablenkungen t? ablesen, um später auf
dem graphischen Wege, resp. durch Interpolation die be-
treffenden Werthe von § zu berechnen.
Es ergab sich aber, dass man in dieser Weise wirklich
sehr constante Ablesungen am Magnetometer nur dann be-
kommt, wenn man nach jeder Stromschliessung den Electro-
magnet wieder entmagnetisirt (etwa durch immer schwächere
Ströme von verschiedener Richtung).
Es muss auch bemerkt werden, dass die -remanente-
l) Quincke. Wied. Ann. 24. p. 347.
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808
D. Goldhammer.
Feldstärke, d. h. eine solche, die durch den remanenten Mag-
netismus der Polschuhe verursacht ist, in keiner Weise durch
die Ablenkungen des Magnetometers gemessen werden kann.
In diesem Falle scheint schon die un regelmässige Vertheilung
des Magnetismus in den Polscliuhen selbst eine zu grosse
Rolle zu spielen.
Ich schätze die Genauigkeit einer solchen Messung von
£ ca. auf 1 Proc. Zwei Reihen von Beobachtungen, welche
drei Wochen auseinander lagen, während welcher Zeit der
Electromagnet auf verschiedenste Weise magneti«irt, re>p.
entmagnetisirt wurde, gaben zwei Reihen von $ für verschie-
dene Werthe von die fast genau auf einer und derselben
Curve liegen.
§ 5. Zur Messung der Widerstandsänderung der Plat-
ten durch Magnetisirung habe ich, wie früher, die Wheat-
stone-Thomson'sche Brücke benutzt, aber mit einer Ab-
änderung, auf welche ich etwas näher eingehen muss.
Auß dem Schema (Fig. 8) ist mit Hülle der Kirch -
hoff sehen Sätze leicht abzuleiten1;:
worin r, resp. r, die Widerstände der Zweige AC, resp.
rx und ry — dieselben von Aa und Ba, {>* und oy — die-
selben von Ä D und B'D, endlich r0 den Widerstand ties
Drahtstückes an — bedeuten.
Aus der Formel (1) ist nun klar, dass man bei der
Messung von r die Widerstände ux und py genau kennen
muss; leider gehen aber in diese Werthe auch die Contact-
widerstände bei «, a ein, was natürlich auf die Messungen
von r sehr störend wirkt. Es lässt sich aber dieser (Je bei-
stand dadurch beseitigen, dass man die (Jontacte bis a, a un-
beweglich, die Zweige Aa (rr) und Ba (ry) dagegen veränder-
lich macht.
1) VergL Maicart t?t Joubt rt, Leco"« ielectricite et le iu^-
iietisim- II.
-r
Hz + k'y + '*«
vx + e* +
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Mag netisi rung und electrische Leitung.
600
§ b. Diese Idee habe ich benutzt, um folgenden Apparat
zu coDstruiren (Fig. 9).
aa und au sind zwei Platindrähte (von 1 m Länge und
5 — 0 S.-E. Widerstand), auf welchen sich Quecksilbercontacte
A und B befanden. Von a und a gingen zwei Messing-
streifen (1 cm Breite, 1 mm Dicke) bis A' und B'\ diese
letzten Punkte wurden durch einen Neusilberdraht mit einem
gewöhnlichen verschiebbaren Oontacte D verbunden.
Aus der Figur ist ersichtlich, dass die Widerstände von
oA, resp. aB rzy resp. ry sind; von aA'D und a B' D — ox
und Qy. Man kann endlich die Punkte a und a beider Pla-
tindrähte durch einen beliebigen Widerstand abba verbinden,
der die Rolle r0 spielt.
£s war r0 so gewählt, dass rofr0 -f gx -f ry circa 0,01
betrug.
Es wurde bei der Widerstandsmessung in folgender Weise
verfahren: Man macht r, angenähert gleich rr schliesst das
Galvanonieter durch einen Nebenschluss und sucht solche r
und rx, resp. ry, dass beim Schliessen des Stromes in der
Kette das Galvanometer keinen Ausschlag gibt; nun nimmt
man den Nebenschluss weg und bringt das Galvanometer
wieder auf 0 durch Verschieben des Contactes D, Aendert
sich der Widerstand r durch die Magnetisirung von Jr, so
kann man das Galvanometer auf Null bringen mittelst einer
Verschiebung von D um Aox.
§ 7. Wir logarithniiren und ditiereuziien darauf die
Gleichung (1), bemerken, dass r», ry, rv r0, yx + constant
bleiben und setzen der Kürze wegen r0/ yx + yv + r0 = Ö.
Dann linden wir:
oder, da d.yx<rx und S.f)yjry kleine Brüche sind: *
Dal aus folgt, dass die relative Wider standsänderung Ar fr
/Ar Verschiebung des Contartts D, A (>« . genau proportional ist.
810
D. Gold hum itier.
Will man nun rx und ry in mm des Platindrahtes qx und oi
in mm des Neusilberdrahtes ausdrücken, so müssen alle
Drähte calibrirt und das Verhältniss der Widerstände vou
gleicher Länge von Platin und Neusilberdraht bestimmt wei -
den. Es war gefunden für dieses Verhältniss der Werth
0.307 Jl -f 0.004 [t - 22.5) ) und für d die Zahl 0,00989. so-
dass endlich:
• a A ox ,
u = J 1 (l -0,00304 *'|
0,00304 j 1 - 0,004 (f - 22..Y J .
Es musste noch ein Umstand berücksichtigt werden.
Da der Widerstand der Zuleitungsdrähte y gegen den-
jenigen der Platten r nicht verschwand, so mass man durch
die Verschiebung von D um A gx eigentlich nicht Arir.
sondern Ar (/ = dr, r{l+yjr) = drl Ar, sodass wirklich:
(3; y = akAox = AA(ix.
Es wurden daher für jede Platte r und y direct gemessen.
Während der Beobachtungen befand sich das ganze Draht-
system in einem geschlossenen Pappkasten; es wurden auch
Ablesungen an drei Thermometern gemacht: in der Nähe
der Platte, im Pappkasten und im Widerstandskasten rt.
§ 8. Wismuth (Bi). Es wurden sechs gleichzeitig
angefertigte Platten von verschiedener Dicke untersucht. DL'
Resultate der Beobachtung sind in den Tabellen zusammen-
gestellt.
7=0 bedeutet, dass der Strom in der Platte parallel,
(f = 90, dass er senkrecht zu den Kraftlinien des Feldes floss
Das Zeichen || bedeutet, dass die Plattenebene den Kraft-
linien parallel, _L dass sie denselben senkrecht stand, -f be-
deutet eine Zunahme des Widerstandes der Platte. Mit
einem Stern * sind die durch Interpolation gefundenen Zah-
len bezeichnet. Die Feldstärke ist in C.-G.-S. angegeben.
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Magnetisimug und electrische Leitung.
811
Die vierte und fünfte Columne stellen die Werthe von Jr/r
nach der Formel:
berechnet, dar, worin für den Werth von C das arithmetische
Mittel der Zahlen in beiden letzten Columnen genommen
wurde. Je nach der Stellung der Platte im Magnetfelde i>t
auch C, resp. durch Ctf CK, CJ bezeichnet: C, bezieht sich
auf den Fall <p « 0 || ; Cz' auf den Fall rf. = 90 _L ; CT auf
den Fall 7 = 90 || .
Bi 1.
r «0,077 S.-E. ; X » 2,889;
.4 « 0,8781.10-».
beob.
Jr//'
bor.
7 =0|,
= 90 ±
</ ou
<f - 901
407,0
+ 0,00032"
+ 0,00032
41x,7
4-0,00032"
0,00087
+ 0,00027
0,00032
1.84 . 10
1,61
<h4,2
0,00072'
0,00079
716,3
0,00081
0,00087*
0,000X0
0,0009X
1,61
VHJ5
0,00121*
0,(>0165
1,47
955
0,00131
0,00183*
0,00144
0,00178
1,44
1030
0,00166*
0,00204
1,57
1135
0,00205
0,00233*
0,00203
0,00244
1,59
12X7
0,00254
000325*
0.00257
0,00314
0.0034*.
1,54
1339
0,00354
C:C/ = 0,830.
1.5X4.10
1,93. 10
2,14
1.75
1,70
2,00
2,00
1,"4
1,84
1,97
1,908.10
r = Ü.103 S.-E.:
Bi If.
/. = 2.411;
^ = 0.7522.10-».
Jr >' beob.
= 0 ! q = 90 I!
Jr/r bcr.
,f 0 |, v = 90 1.
417,2- +0,00023 — — - 1,88.10
422,2 0,00024* +0,00037 + 0,00026 4-0,00041 1.34
0,00084 0,00149* — —1,35
0,00085* ' 0,00151 0,00091 0,00145 1,35
0,00170 0,00254* - — 1,59
0,00176» 0,00264 0.00160 0,00253 1,60
0,00252 0,00398* . — — 1,49
0.00254* 0,00407 0,00254 0,00400 1,48
0,00345 0.00517* 0.00330 0,00519 1.51
0,00852 0,00338 1,51
1,455.10
488,5
792,0
1035
1051
1304
1320
1504
1520
2,00.10 7
2,37
2,37
2.37
2.37
2,33
2,35
2,29
2.3177ÜT '
Digitized by Google
812
D. Goit/htimmrr.
Hi 3.
0,5967 .
r
Cz
1
1,45 . 10
1 2,35 . 10 7
1,47
2,30
1,32
2,28
1,31
2,3"
1.S6
2,22
1.35
2^4 1
1,39
2,11
1,3»
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0,00264
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7 -_ 0 II = 90 !:
0,0007 5 0.00
0.00126 0,00:
o.ooi >o o,oo:
0.0o2'»s o,oo
(\:CX = O.uiS.
Bi 4.
/ = 0.240 S.-E.; = 1,005; A = 0,5226 . 10~4.
182,9
378,4
400,0
546,1
577,1
716,3
734,0
850,4
858
963
UU
1078
1147
1180
1370
1415
J /•; /•
if = 0 ü
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0,00018
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0,00041
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0,00078*
0,00080
0,00103*
0,00107
0,00127
0,00148
0,001 tO*
",002" r
0.00212
beob.
</ = 90 I!
+ 0,00024
0.00034*
0,00053*
0,00057
0,00101*
0,00107
0,00132*
0,00133
0,00166*
0,0016»
0,00189*
0,00230
0,002 17 *
".00331
Jr,r ber.
,fl ^ 0 (I ,f = 90 ,
+ 0,00016
0,0001 8
0,00032
0,00038
0,00058
0,0 062
0,00081
0,0O0S4
0,0010'i
0,00108
0,00129
0,00150
0,00156
0.00214
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1,7»
</.: G = 0.017.
1.123.10 5 1. 820. 10
Digitized by Google
Magnetisirung und eiectrische Leitung.
813
Bi 5.
r =i 0.U13 S.-E.; /. - 11.1**2; A = 3.7554 . lU k.
718
932
934
1128
1251
1339
Jr/r bcob.
Jr> her.
= 0
+ 0,00142
0,«;0142*
0,00262
0,0 295»
0,003 1<
7 - 90 1
+ 0,00132
0,001 W
0,00168
0,00291
0,0o365
- 0
90 1
+ (»,00112 —
«,0019» 1,65.10
0,00198 1,65
0,00279 2,10
0,00352 1.89
- 1.7?
1 .8OO.10 » 2.240 .in
+ 0TO0155
0,00157
• ».00228
0.O028J
0.0(»323
2,60
1,94
1,94
2.33
2,39
1«
/• = 0.197 S. E.:
Bi 6.
). = 1.737; A = 0.53S4. U> *.
Jr/r ber.
^ I Jr/r beob. w.. ^
7 = 0 II | 7 =• 90 1 7 = 0 H 7 = 90 _L
392,8 +(».00020 — — — —
402,0 '+0,00020 0,000»!' +0,00018 +0,00022 1,25.10 »'1,32.10
721,0; 0,0006 1*
728,0
919
963
1129
1166
1345
1379
0,00065
0,00089* !
0,0(095 ,
0,00139*
0,00149
0,00204*
0,00214
0,00072
0,00074*
0,00132
0.00146*
0,i 0 02
0,0021 4"
0,0027 m
0,00062 0,
1,39
1.41
1.5«
1,18
1,24
1,06
0,00105 0,00137 1,04 1,58
1,09 l,5S
o.OOlV, 0.0O20I 1,10 1,57
- 1,12 1,53
«.00216 0,00279 1,13
1.134.10 » 1.493'."i( 7
§ 9. Die Uebereinstimmung der beobachteten Zahlen
mit den berechneten scheint wohl befriedigend zu sein: es
ist also bei Wismuth die Widerstandszunahme in beiden
untersuchten Richtungen dem Quadrate der Feldstärke pro-
portional; da aber bei diesem Metall auch die Magnetisirung
der Feldstärke proportional läuft, so kann man sagen, dass
die Wider Standszunahme dem Quadrate der Magnetisirung pro-
portional ist. Aus dorn Vergleichen der Werthe von t'„ CXf Cx'
für verschieden dicke Platten lässt sich der Schluss ziehen,
dass die grösste Widerstandszunahme in der zu d«n mag-
netischen Kraftlinien senkrechten Richtung geschieht.
D. (wiiltlhammer.
§10. Nickel (Ni). Es wurden im ganzen mehr als
20 Platten untersucht, deren Verhalten aber quantitativ (nicht
qualitativ) verschieden gefunden wurde.
Diese Verschiedenheit scheint theils durch die grössere,
theils kleinere Härte des electrolytisch abgeschiedenen Me-
talles verursacht zu sein, die dasselbe je nach den Umstan-
den der Ab8cheidung haben konnte. Man könnte glauben,
dass auch sehr kleine Löcher, die in meinen Platten immer
vorhanden waren, nicht ohne EinÜuss auf das Verhalten der
Platten blieben; nach einer speciellen Untersuchung ergab es
sich aber, dass das kaum der Fall ist. In der That habe
ich oft bemerkt, dass die Platten, die durch die Zahl, resp.
Grösse der Löcher vollständig verschieden waren, quantitativ
sehr nahe übereinstimmende Resultate lieferten, z. B. Ni 18.
Ni 2.
Die .Nickelplatten standen im Maguetfelde immer den
Kraftlinien parallel, wobei entweder (f = 0 oder <f = 90 war.
Bei den stärksten mir zugänglichen Feldern (etwa § = 154)0
('. Cj.-S.) konnte ich weder in Ni-, noch in Co- Platten einen
Einfluss der Transversalmagnetisirung auf den Widerstand
bemerken.
Nachdem der Strom im Electromagnet geöffnet und der
letztere entmagnetisirt worden war, blieb immer eine rema-
nents Widerst&ndsandernng sowohl in Nickel-, als auch, und
zwar eine besonders starke, in Cobaltplatten.
Diese remanente Aenderung ist aber beim Benutzen eines
Electromagnets überhaupt gar nicht zu messen. In der That,
schickt man durch den Electromagnet, um denselben zu ent-
magnetisiren , eine Reihe immer schwächerer Ströme von
verschiedener Richtung, so bezieht sich jene remanente Wi-
derstandsänderung auf eine vollständig unbekannte Feld-
stärke. Es schienen mir solche Messungen der remanenten
Aenderung allerdings nicht ohne Interesse, obgleich genaue
Messungen nur mit Hülfe einer Magnetisirungsrolle ausfahr-
bar sein würden. Solche Untersuchungen wären höchst
wünschens werth.
Die Beobachtungsresultate für fünf Ni-Platten sind wie-
der in den Tabellen zusammengestellt und in Fig. 13 und 14
angegeben* Alle Bezeichnungen sind wie früher. Durch u
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MatjnethiruMj und tlectrische Leitumj.
H5
ist das Verhältnis« dor Widersfeandsänderung bei y = 0 /.w
derjenigen bei (p = 90 bezeicbnet, also:
Das — Zeichen bedeutet eine Widerstandsabnahme.
Ni lb.
/• = 0,240 S.-E. I = 1,578; A = 0,4583 . UM.
Jr'r U>tal
At V
remanent
.«
if = yo :i
<+ - o
i/ - 9o ii
208,3
-0,00142
20H.3
+ •»,00654
0,00144* +0,00004
-0.00050
— 4,54
4 16.2
O.0I343'
0,00329
0,00064
1.0!»
724,0
0.0190M
0,00440*
0.001 10
4,31
0,01!) 10*
0,00442
4,3i>
944,5
0,01981
0,00458*
0,00128
4,33
968,3
0,01983*
0,00460
4,31
137«
0,02023
0,00487*
0,00115
0.00165
4,28
13*3
0.00487
0,00145
Ni 2..
r
- 0,467 S.-E.
/. = 1,727; A--
= 0,5216. 10-
•
Jr r total
Jr r
remanent
„ = 0
,( = no h
7=0
7 ^ 90 ü
156,0
KO.O
230,0
234,0
551
564
651
655
;»02
980
103»
1067
1208
1268
1336
1410
+ 0,01032
0,01159
0,01167*
0,01764*
0,01789
0,01805'
0,01807
0,01844*
0,01*55*
0,01864
0,01859
0,01861*
0,01861*
0,01864
0,01*64
-0,0042t)
0,00431*
0,00470*
0,00471
0.00591
0,00591*
0,00595
0,00595*
(»,00595
0,00601
0,00611
0,00626*
0,00645
0,0062'i
+ 0.00260
o.hO2«0
0,00 .'26
0.OD230
•2,39
2,47
2.50
2,97
3,02
3,03
3,03
:*,09
3,09
3,05
3,00
3,
3.00
Digitized by Google
810
D. (ittldha miner.
r = 0.421 S.-E.; /
Ni 2.
= 1 344;
A « 0,410*«. 10-
Jr'r total
Jr c remanent
1
1
<f = 0
7 - 90 ||
=0
<l = 90 1!
1
58.0
-< ',00011
i '
i
187,0
+ 0,005 7 ?<
0,00140
-4,13
359,0
0,01175*
0,00268
4,38
367,0
0,01210
0.1.0271*
4,46
027,1)
0,01749*
0,00343
5.10
674
0,01846
0,00345*
5,3f.
776
0,0181*2*
0.00351
5,39
5,47
838
0,01920
0,00351*
0.00351
1141
0.01926*
•
■ 5.48
1211
0.01928
' -
Ni 5.
0,566 S.E.; X - 1.255;
A = 0,3731 . 10-*.
22,1
62,0
196
208
344
389
69ii
717
949
960
1408
1412
Jr'r total
+ 0,00011
0,00037
0,00195'
O.00209
.j.
I
Jr'r
90 II <i = 0
if = 90 B
7*
O.0H3S
0.OO579
0,01042*
0,01083
0,01363
0,01370*
0,01643
r = "2,336 S. E.;
0,00022
0,00029*
0,00101
0,00112*
0.00183
0,00188*
0,00222*
0,00224
0,00242*
0,00243
Ni 6.
/. = 1.052;
_ t _
i
A = 0,2975.10 -«.
8,S6
7.<K>
4,82
5,17
5.K9
5.76
6,14
6.11
6.79
15,2
55,5
195,0
202,0
393,7
406,5
734.7
752,3
974
997
1361
1393
Jr'r
'/ - 0 ,
total
<jr = 90 !i
+ 0,00011
0.00069
0,00495
0,00506*
0,00803
0,00820*
0,01048
0,01052*
0,01110
<»,011 12*
i ».oil 39
-0,00210
0,00305*
0,00312
0,00316*
0,00316
0,00319*
0,00320
0,00330*
o!o0331
Jr'r remanent
^ _ ^ _
<r = o ; r - w u
+ 0,00000 —
0,00009 -
0,00122
-0,00103
0,00125 -
- 0.00125
0.00122 . -
- 0.00133
(»,00127 -
0.00122
0.00140
2.41
2.65
2.63
x.30
3,31
3,47
3.4S
3.4«
DigitizedjD^flßglg
Magnelisirung und eltctrische ] .eilung. 81V
§ 11. Aus den Tabellen ersehen wir, dass der Wider-
stand bei Nickelplatten in der Richtung der Kraftlinien zu-,
in der dazu senkrechten Bichtung abnimmt, wobei immer
u > 1 ist. Da ferner überhaupt die Widerstandsänderung
der Metalle von der Richtung von § unabhängig ist, so ist
im allgemeinen Jr/r eine gerade Function von § oder eine
Function von §*:
und das ist die Gleichung der Curven in Fig. 10 und 11.
Nun zeigen diese Curven einen merkwürdigen Lauf: sie
sind nämlich alle asymptotisch, d. h. es nähert sich Jr/r
bei grossen £ an ein Maximum.
Berücksichtigen wir nun zwei Umstände: erstens, dass
der Curvengang in Fig. 10 und 11 im grossen und ganzen
demjenigen der sogenannten Magnetisirungscurven (der Cur-
von mit der Gleichung J = F{$) , worin J das magnetische
Moment pro Voluraeneinheit bedeutet) sehr ähnlich ist;
zweitens, dass drjr bei Wismuth dem Quadrate der Magne-
tisirung proportional war, so liegt die Vermuthung nahe,
dass diese Proportionalität auch bei Nickel stattfindet. In
der That, wäre das wirklich der Fall, so muss die Gleichung
unserer Curven lauten:
r
oder da J « k§} worin k die Magnetisirungsfunction bedeutet,
so folgt:
und es wird sich Arjr beim Wachsen von $> schnell an ein
Maximum nähern, was eben unsere Curven zeigen. Eine
solche Proportionalität wäre auch a priori nicht unwahr-
scheinlich. Leider kennen wir gar nichts über die Grösse
von k bei den zur Untersuchung benutzten Nickelsorten.
§ 12. Cobalt (Co). Es wurden zuerst drei Platten
untersucht, Co 5, Co 4, Co 2, die schon früher mehrmals in
verschiedenen Richtungen magnetisirt wurden. Dann habe
ich die Beobachtungen über Has Verhalten einer ganz frisch
ausgefertigten Platte (Co 6) angestellt. Alle Platten, ebenso
Ann. d. l'hyi. ii. Chem. N. F. XXXVI. y>
Digitized by Google
818
D. Goldhammer.
wie Ni- Platten, waren den Kraftlinien des Magnetfeldes
parallel. Die Resultate finden sich wieder in den Tabellen
und durch die Curven 12 und 18 dargestellt Alle Bezeich-
nungen sind wie früher.
Co 6.
r = 1,349 S.-E.; Ä = 1,107;
A 0,3376. 10-*.
24,4
26,7
45,8
48,1
125,4
128,9
207,3
208,5
394,0
407,0
1202
1304
1806
+ 0,00098
0,00130*
0,0039«
0,00400*
0,00470
0,00471*
0,00492*
0,00492
0.00504*
0,00513
0,00529
0.00529
0.00529*
I
-0,00388
0,00685*
0,00721
0,00799*
0,00799
0,00813
0,00822*
0,00822
0,00823*
0,00850*
0,00853*
0,00853
Jr/r remanent
*-0
<f 90 II j
+0,00061
—0,00236
-0,33
0,00330 ;
0,58
0,00550
0,56
0,00875
0,60
0,00698
0,5«
0.00712
0,61
0,00382
0,60
0,62
0,00714
0,00394 ,
0,00408
0,62
0,62
0,00408
0,62
0.00721
0.62
Es wurde von 7=0 angefangen.
Co 5.
r » 0,553 S. E.: /. - 1,262; A = 0,3685 . 10-*.
20,0
25,4
57,0
70,0
182,0
212
368
413
713
956
985
1483
1504
Jr/r total
(j ^ 0 q 90 II
+ 0,00239
0,00506*
0,00715
0,00739*
0,00823
0,00835*
0,00875
0,00876*
0,00879*
0,00910
0,00910*
0.00927
E> w
Ar r remanent
-0,00593
0,00820^
0.00855
(»,00932*
0,00942
0,00978*
0,00979
0,00991
0,00994*
0,00995
; 0,01000*
0,01000
tirde von ff
<P - 0
' +0.00071
0,00444
0,00619
0,00639
90 i|
r _
- 0,00306
0,00623
0,0078«
0,00639 i
0.00650
0,00719
0,00790
0,00754
0,00786
0 angefangen.
0,86
0,87
0,86
0.88
0,89
0 89
0.89
0,90
0,92
0,92
0.93
Digitized by Google
Maynetisirnng wul electrische Leitung.
H19
Co 4.
r « 0,781 S.-E.; X - 1,186;
A » 0,3534 . 10-4.
21,0
64,5
199
884
6ti9
678
89S .
908
1285
126«
Arjr total
<T = 0
+ 0,00301
0,00429
0,00522
0,00515*
0,00513
0,00526»
0,00541
<f, = 90 ||
—0,00017
0,00188
0,00385
0,00441
0,00480*
0,00481
0,00502*
0,00508
0,00512*
0,00513
Ar\r remanent
5 ip = 90 ll
+ 0,00198
0,00198
•0,00237
0,00808
0,00336
0.00361
0,78
0,97
1,09
1,08
U,98
1,05
1,07
— 0,0039M
Es wurde von rp = 90 angefangen.
Co 2.
#•- 0.013 S.-E.: /.= U59;
J = 0.3507. 10-*.
Ai jr total
17,5
22,1
54,7
62,1
187,0
197
367
38a
666
919
930
1279
1493
if — 0
+ 0,00228
0,00269*
0,00614
0,00618*
0,0070»*
0,00694
0,00729
0,00732
0,00735»*
0,00750
0,00750
0,00761
90
drjr remanent
<l = 0 (/ = 90 i|
-0,00188
0,00648*
0,00666
0,00732
0,00733*
0,00760
0,(X)763*
0,007*9
0,00802
0,00802*
0.00805*
0,00805
I
+ 0,00542
0,00542
0,00545
0,00549
0.00553
-0,00486
0,00596
0,00« 16
1
0,00596
0,00616
0,00584
Es wurde von tf = 0 angefangen.
-0,95
0,93
0,96
o,95
0,96
0,96
0,94
o,93
0.93
0,94
Aus diesen Daten geht zunächst hervor, was ja auch
zu erwarten war, dass die Cobaltplatten sich in ähnlicher
Weise wie Nickelplatten verhalten. Für beide Metalle
nimmt der Widerstand in der Richtung der Kraftlinien zu,
in der dazu normalen Richtung ab. Es war aber bei Ni
immer /i > 1; bei Cobalt ist oft das Umgekehrte der Fall,
und fi < 1. Die maximale Widerstandsänderung tritt bei
Cobalt viel früher, also bei viel kleineren Werthen von
$ auf.
52*
Digitized by Google
820
D. Goklliammer,
Der Werth von pi ist. wie aus den Tabellen für Ni und
Co hervorgeht, bei kleinen § keine Constante. Anderer-
seits, wäre unsere Vermuthung richtig, dass, sowohl bei y ; ■= 0:
als auch bei y = 90:
= BJ* , so mtisste u constant
sein. Die Veränderlichkeit von ju zeigt nun, dass entweder
Jrjr dem Quadrate von J nicht proportional ist. oder es
fällt J überhaupt verschieden aus. je nachdem <p ~ 0, oder
<f ss 90 ist. Specielle Versuche ergaben, dass die letzte Be-
hauptung die richtigere ist.
§ 13. Es wurden zwei Cobalt- und eine Nickelplatte
ganz frisch angefertigt, alle drei bei qp = 90 zum ersten Mal
niagneti8irt und die entsprechenden Widerstandsanderungen
gemessen; dann wurden die Platten in der Lage qp 0
untersucht, wieder bei qp = 90, nochmals bei <jp =* 0 etc.
Es ergab sich das Folgende: die Widorstandsänderung
fallt überhaupt viel grösser aus in einer Richtung (y — 0
oder ff » 90), wenn die Platte schon früher in einer dazu
senkrechten Richtung magnetisirt wurde. Beginnen wir z. B.
mit dem Falle 7 =«0 (1), so folgt:
indem {J r/r)vr-9(>(2) sich von (Jr/r)?=w(4) schon nicht
merklich unterscheidet. Dasselbe gilt für ( Ar , r)VT (> (3) und
{dnr)* .o (5).
Beginnen wir aber von rp = 90, so rinden wir ganz
nnalog:
indem (J/ /r)v=0(2) nahezu (Jr/>)f,0 (4; gleich wird etc.
In den Tabellen sind alle solche Resultate für Ni 12,
Co 7 und Co 8 (p. ö21 und 822) angegeben. Die dazu be-
züglichen Curven suche man in der Fig. 14.
Digitized by Google
Mapnetisiruny und clectrütche Leitung.
821
Ni 12.
r = 0,891 S.-E.; A - 1,162; A = 0,3496 . 10-*.
19,8
22,1
26.8
38,6
«4
48,0
57,4
68,0
107,o
122,1
178,8
191,0
193,7
198,2
328,6
352.4
865,0
367,4
551
588
634
770
792
86»
983
q =90(1)
Jr r total
tf. m 90 (3) <p = 0 (2) «, *= 0 (41
19,8
—
—0,00087
—
—
22,1
-0,00022
—
+0,00159
-
26,8
—
—
+ 0.00171
38,6
0,00458
—
—
42,1
48,0
0,00054
—
0.00472
—
—
-
. -
(1,00489
57,4
-
0.00563
—
—
68,0
-
—
0,00788
107,0
i
o.ootise
—
—
122,1
178,3
—
—
0,01832
0.0067 1
191,0
0,00185
193,7
0,01660
198,2
0,01692
328,6
1
*
0,00706
•
352,4
>
0.01940
365,0
367,4
0,00245
0,01958
551
0,00727
588
•
0.02081
634
0,00262
1
770
i _
0,02038
792
0,00269
• 0,02063
800
0,00788
*
983
\ 0,00294
J r-r remanent
0,00084
»oiixiii
0,00000
0,00042
0,00042
0,00042
?
y
0,00881
0,00420
0,00498
0,00507
0,00610
0,00510
+0,00049
0,00084
0,0060S
0,00563
0,00510
0.00619
+ 0,00025
0,00101
(»,00101
0,00339
0.00594
0.00594
0,00423?
0,00496?
Digitized by Google
822
D. Gobi hammer.
Co 7.
r = 0,284 S. E. A * 1,512; A = 0,4577 . 10-*.
19,0
22,1
24,4
40,2
45.2
141,0
195,0
196,0
200,0
342,3
363,7
367,4
371,»
380.4
760
82«;
844
S63
1002
1101
1117
Jr r total
7^ = 90(1) 9 =-90 13) tf = 90(5) <j> = 0(2) <p ^ 0 (4)
-0,00045 - -
— — +0,00041 +0,00036
0,00020 0,00249 - — -
_ _ -0,00295 0,00276 0,uO267
0.00333 — -
-0.00000
0,00639
0,00390 —
0,00657
0,00657
0.00738
0,00852
0,00734
I
0,0034" --
- 0,00693
0,00417
0,00709 0,00689
Co 7. (Fortsetzung.)
0,00838
0.00931 -
—
0,00928
0,001*28
0,00942
19,0
22.1
24,4
40,2
45,2
141,0
195,0
196,0
200,0
342,3
363,7
367,4
371,8
380,4
760
826
844
863
1002
1101
1117
drir remanent
<p ^ 90 (l l (f = 90 t3) = 90 (5) v - 0 (2). (4)
-0,00014
0,00216
_ ;
0,00198
0,00018
0,00072
0,00508
-0,00122
0,00453
0,(
0,00512
0,0020fr
0,00216
0,00512
0,00543
0.00539
. +0,00084
0,001 31
0,00535
0,00535
0,00548
0,00503
0,00535
0,00548
—
0,00525
0,00521
Digitized by Google
Magiietitirung und electrüche Jaibing. 823
Co 8. .
0,998 S.-E.; * - 1,145; A = 0,3437 . 10"*.
13,9
20,5
23,3 _
31,4
40,2
45,5
198,0
202,0 i
208,5
401,0
413,01
969
1346
1365
Ar r total Jr/r remanent
7 = 90(1) 7=90(3) 7=0(2) 7 = 90(1) 1 7 = 90(3) 7-=0(2)
- -0,00022
0,00008
0,00 166
0,00316
0,00329
0,00336
0,00339
0,00339
+ 0,00203 —
t
0,00312 —
- 0,00447
0,00571
— 0,(>0637
0.00673
0,00702
0,00571
micu
I
3
0,00129
0,00237
0,00214
0,00217
0,00214
0,00214
-0,00007 . -
— + 0.00058
?
?
0,00492
0,00264
0,00568
0,00580
0.00597
Dieselbe Erscheinung lässt sich auch leicht in dem Ver-
halten anderer Platten erkennen: man vergleiche die Tabellen
für Co 2, Co 5, Co 6 u, a. Es ist ja auch wohl möglich,
dass die oben erwähnte Verschiedenheit des Verhaltens von
verschiedenen Platten eben theils durch jene Thatsache
hervorgerufen wurde. Leider war es mir unmöglich, weitere
Untersuchungen hierüber anzustellen.
§ 14. Es ist bekannt, dass das magnetische Moment
von Fe, Ni und Co sehr stark beeinflusst wird dadurch, ob
die Metallplatte zum ersten oder zum zweiten mal raagne-
tisirt wird. Da nun derselbe Einfluss auch bei der Wider-
standsänderung von Ni und Co sich ergab, so ist natürlich
darin eine Bestätigung der von uns ausgesprochenen Meinung
anzusehen, dass:
oder vielleicht einfach Ar\r*= AJ* ist.
Würde diese letztere Vermuthung durch spätere Beob-
achtungen bestätigt, so würde im Zusammenhang mit den
früheren Untersuchungen von Du-Bois1) folgender Satz be-
wiesen sein: „In einem magnetischen Felde erleiden die Me-
talle Aenderungen ihrer physikalischen Eigenschaften, die in
lt Du-Bois. Wied. Arm. 31. p. 941. 13*7.
Digitized by Google
824
M. Kundt.
verschiedenen Richtungen verschieden ausfallen. Sind diese
Aenderungen von dem Sinne der Magnetisirung abhängig
(wie z. B. die electromagnetische Drehung der Polarisations-
ebene des Lichtes), so wird die Aenderung einfach der Mag*
netisiruny proportional sein\ hängen aber diese Aenderungen
(wie z. B. die Widerstandsänderung) von dem Sinne der
Magnetisirung gar nicht ab, so wird die Aenderung dem
Quadrate der Magnetisirung proportional sein."
Ich hoffe, bald an einer anderen Stelle auf diesen Satz
zurückzukommen.
Kasan, Anfang October 1888.
V. lieber die Aenderung der Lichtgeschwindigkeit
in den Metallen mit der Temperatur;
ron A. Kundt.
(Aus den Siteungaber. der konigl. preus». Acad. der Wise, zn Berlin vom
20. Dec. 1888; mitgetheilt vom Hrn. Verf. I
In meiner Mittheilung über die Brechungsexponenten
der Metalle1) habe ich darauf hingewiesen, dass eine Be*
ziehung zu bestehen scheint zwischen der Geschwindigkeit
des Lichtes in den Metallen und dem Leitungsvermögen der-
selben für Eiectricität und Wärme.
Bei den sechs Metallen Ag, Au, Ou, Pt, Fe, Ni ergab
sich die Geschwindigkeit des rothen Lichtes annähernd pro-
portional dem galvanischen Leitungsvermögen. Für Wismut h
ist das Verhältniss erheblich andere, als bei den obigen Me-
tallen; doch bemerkte ich, dass möglicher Weise das galva-
nische Leitungsvermögen des Wismuths der von mir benutz-
ten Prismen, welches electroly tisch niedergeschlagen wurde,
ein anderes sein könne, als dasjenige von gegossenen Wis-
muthstangen, an denen man bisher das Leitungsvermögen ge-
messen hat. Auch mit Einschluss des Wismuths ist wenig-
stens die Reihe der genannten Metalle, geordnet nach ihnr
1) A. Kundt, Sirztingsber. d. Berl. Acad. 1888. p. 255.
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Licht gm hwinriigkeit in tUn Metallen. S25
Lichtgeschwindigkeit, die gleiche, wie wenn die Metalle nach
ihrem galvanischen Leitungsvermögen angeordnet werden.
Am Schlüsse meiner Mittheilung habe ich dann hervor-
gehoben, dass, wenn wirklich ein verhältnissmässig einfacher
Zusammenhang zwischen Lichtgeschwindigkeit im Metall
und Leitungsvermögen für Elect ricit&t und Wärme vorhan-
den ist, derselbe auch wohl in der Aenderung der betreffen-
den Grössen mit der Temperatur hervortreten müsse.
Die Aenderung, welche das Wärmeleitungsvermögen mit
der Temperatur in den verschiedenen Metallen erfahrt, ist
ziemlich verschieden.1) Die galvanische Leitungsfähigkeit
der reinen festen Metalle nimmt, wie Arn dt sen zeigte, für
1°C. im Mittel um 0,0037 ab. Clausius hat zuerst da-
rauf aufmerksam gemacht, dass dieser Werth nahezu mit
dem Ausdehnungscoöfficienten der Gase, welche dem Ma-
riotte-Gay-Lussac'schen Gesetze folgen, Obereinstimmt,
und mithin das Leitungsvermögen der Metalle der absoluten
Temperatur umgekehrt proportional sei. Hr. Siemens2)
vermuthet. dass die kleinen Abweichungen von dieser Regel
durch geringe chemische Verunreinigungen der Metalle und
dadurch, dass die Metalle nicht alle im Zustand völliger
Weichheit untersucht wurden, bedingt seien. Die Bestim-
mungen von Arndt8en an fünf Metallen geben mit Aus-
schluss des Eisens für den Temperaturcoefticienten 0,003678.
Matthicssen, der die Aenderung mit der Temperatur durch
ein der Temperatur proportionales Glied und ein zweites,
welches das Quadrat der Temperatur enthält, darstellt, gibt
für den Coefficienten des ersten Gliedes als Mittel der Unter-
suchung von zehn Metallen 0,003 764. Benoit findet bei
seinen Versuchen ungefähr die gleiche Aenderung.
Endlich findet Hr. Lorenz in seiner umfangreichen,
sorgfaltigen Untersuchung der Elect ricitäts- und Wärme-
leitung der Metalle den Teraperaturcoi'fficienten des galva-
nischen Leitungsvermögens der gut leitenden Metalle nicht
sehr verschieden von 0,0037. Zugleich zeigt er, dass auch
für die schlecht leitenden Metalle und Legirungen, bei denen
1) Vgl. Lorenz, Wied. Ann. 13. p. 598. 1*81.
•2 Si. -Mien*. fle»:iiuineln' Al.hamllg. p. 259.
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/
826 A. Kundl.
eine Proportionalität zwischen Leitungsvermögen für Eiec-
tricität und Wärme nicht mehr vorhanden ist, doch das Ver-
häitniss:
h 100 ho
/mö : /o'
wo hO und 10 die Leitungsvermögen fur Wärme und Elec-
tricität bei 0° C. und h 100 und /100 dieselben Grössen bei
100° C bezeichnen, das gleiche, nämlich 1,367 ist. Eisen ist
hierbei stets ausgeschlossen; es zeigt einen ziemlich abwei-
chenden Coefficienten , sei es, weil die benutzten Sorten nie
gauz rein waren, sei es wegen des magnetischen Verhaltens
des Eisens.
Es entsteht nun die Frage, wie ändert sich die Licht-
geschwindigkeit in den Metallen mit der Temperatur?
Aeussert sich der Einfluss der Temperatur in der Weise
wie bei der Wärmeleitung oder wie bei der Leitung für Elec-
tricität, oder besteht überhaupt keine einfache Relation zwi-
schen diesen Aenderungen?
Nehmen wir als Mittel des Temperaturcoefncienten für
die gut leitenden Metalle den Werth 0,0037, so würde, falls
die Lichtgeschwindigkeit in einem und demselben Metall
4jrirklich dem Leitungsvermögen für Electricität proportional
ist, der Brechungsexponent bei Erwärmung von 0° C. bis
100° C. im Verhältniss von 1 zu 1,37 zunehmen, eine Zu-
nahme, die selbst bei den von mir benutzten Prismen mit
einem sehr kleinen brechenden Winkel sehr wohl messbar
sein muss.
Ich habe, um wenigstens den ersten Schritt zur Beant-
wortung der oben gestellten Frage zu thun, versucht, von
einigen Metallen die Aenderung des Brechungsexponenten
mit der Temperatur zu bestimmen, und gebe im Nachstehen-
den die Resultate.
Apparate und Biobachtungsmothode.
Die Messungen sind im allgemeinen in derselben Weise
ausgeführt wie früher, doch wurden einige Aenderungen vor-
genommen, die erwähnt werden mögen. Statt des in Strass-
barg benutzten Spectrometers von Meyerstein stand mir
hier in Berlin ein vorzügliches Instrument von P ist or und
Digitized by Google
Lichtgeschwindigkeit in den Metallen.
827
Martins zur Verfügung. Das Instrument hat ein Fernrohr
von 42 mm Oetfnung; ebenso gross ist die Oeffnung des Colli-
mator o b j ective8. Der Kreis ist in 5 Minuten getheilt, und
die an demselben befindlichen Mikroskope gehen mit Trom-
melablesung noch 2". Für die Messung der Ablenkung der
Strahlen durch die Prismen wurden indess die Mikroskope
nicht benutzt, sondern das gewöhnliche Ocular des Fernrohrs
war durch ein Ocular mit Fadenmikrometer ersetzt. Ein
Scalen werth der Trommel des Mikrometers ergab sich zu
0,88 ", während bei dem Strassburger Instrument, bei wel-
chem die Messung der Ablenkungen der Strahlen durch die
Mikroskope am Kreise erfolgte, ein Trommeltheil 1,945" be-
trug. Die Ablesung war also etwa auf das Doppelte ver-
feinert. Die Winkel der Prismen mussten in der früheren
Weise mit Hülfe eines Gauss' sehen Oculars und Ablesung
der Mikroskope am Kreise gemessen werden. Um die Ab-
lenkungen bei verschiedener Temperatur beobachten zu können,
war auf den Tisch des Spectrometers ein länglicher Kasten
aus 5 iura dickem Kupfer befestigt. Die Länge des Kastens,
d. h. die Richtung desselben senkrecht zu den Lichtstrahlen,
betrug 260 mm, die Höhe ">0mm, die Tiefe im Lichten 13 mm.
Deckelplatte und Vorderwand konnten, um das Prisma be-
quem in dem Kasten befestigen und justiren zu können,
weggenommen werden. Die Glasplatte mit den Doppelprismen
wurde an der Hinterwand des Kastens durch Federn fest-
gehalten. Die Vorder- und Rückwand enthielten oblonge
Oeffnungen zum Durchgang des Lichtes, die, um Luftzug zu
vermeiden, mit völlig planparallelen Glasplatten geschlossen
waren. Im Deckel waren zwei Hülsen angebracht, durch
welche luftdicht zwei Thermometer mit ihren Gefässen in das
Innere des Kastens hineinragten. Geheizt wurde der Kupfer-
kasten durch zwei kleine, unter den Enden desselben ange-
brachte GasHammen. Die grosse Kupfermasse ermöglichte,
die Temperatur im Inneren des Kastens überall ziemlich
gleich zu machen, wenn die Heizung auch nur an zwei Stellen
erfolgte. Die GasHammen wurden immer so lange regulirt, bis
die Thermometer während 20 — 30 Minuten nur kleine Schwan-
kungen zeigten, und erst dann wurde beobachtet. Um Tem-
peraturänderungen durch äussere Luftbewegungen nach Mög-
Digitized by Google
828
A. Kumlf.
lichkeit auszuschliessen, war der Kupferkasten noch mit einem
Mantel aus dünnem Eisenblech umgeben.
Ich habe bereits in meiner ersten Mittheilung angegeben,
dass man besondere Sorgfalt darauf verwenden muss, das
beobachtende Fernrohr bei Messung der Ablenkungen genau
auf das Bild des Spaltes einzustellen. Dies hat deshalb seine
Schwierigkeit, weil das Bild des Spaltes, wenn das Licht
durch die schmalen Prismen hindurch geht, durch Beugung
verbreitert wird. Ich habe daher schon bei meinen früheren
Versuchen und ebenso bei den jetzigen ein besonderes „Colli-
mations verfahren" angewandt, welches hier kurz erläutert
werden mag.
Auf der Glasplatte, welche das zur Beobachtung die-
nende Metalldoppelprisma enthält, wird zunächst der von
diesem Prisma brauchbare Theil durch einen 2 bis 3 mm
breiten Hand von schwarzem Lack mit einem feinen Pinsel
umgrenzt, dann umgrenzt man mit dem Lack rechts und
links von dem Prisma je einen 5 — 8 mm breiten Raum,
dessen Höhe dem der Prismen gleich ist, endlich schwärzt
man die ganze Glasplatte mit dem Lack, sodass nur das
Doppelprisma und die beiden seitlichen Fenster frei bleiben.
Sollte sich auf letzteren noch etwas von dem electrolytisch
niedergeschlagenen Metall befinden, so wird dies leicht mit
Hülfe einer Cyankaliumlösung oder einer anderen geeigneten
Flüssigkeit weggewischt. Diese seitlichen Fenster dienen
zum ..Colli miren" des Beobachtungsfernrohres. Man lässt
das Licht, indem man die Fenster abwechselnd abblendet,
entweder nur durch das eine oder das andere Fenster gehen,
und verstellt das Ocular des Fernrohrs durch seinen Trieb
so lange, bis das Spaltbild genau an derselben Stelle des Ge-
sichtsfeldes, d. h. zwischen zwei Parallelfaden im Ocular bleibt,
mag das Licht durch das eine oder das andere Fenster
gehen. Wenn das Objectiv wirklich aplanatisch ist, so liegt
nach dieser Justirung das Fadensystem auch genau in der
Brennebene. Bs ist unerlässlich, diese Collimirung mit der
grössten Sorgfalt vor jeder Messungsreihe vorzunehmen. Dass
ausserdem dafür gesorgt wurde, dass der Spalt möglichst
genau in der Brennebene der Objectivlinse des Spaltrohres
stehe, ist wohl selbstverständlich. Die angegebene Justirung
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Lichtgeschwindigkeit in den Metallen. 829
•
<les Beobachtungsfern rohres wurde nicht blos dann ange-
wandt, wenn die Ablenkung der Strahlen gemessen wurde,
sordern auch dann, wenn der Winkel des Doppelprismas be-
stimmt werden sollte. Auch hierbei erhält man bei Benutzung
eines Gauss' sehen Oculars noch deutliche Spiegelbilder eines
Fadenkreuzes, wenn auch das Fernrohr merklich falsch ein-
gestellt ist, und ist die angegebene Oollimirung, bei welcher
nunmehr die Spiegelbilder von den beiden seitlichen Fenstern
zur Deckung gebracht werden, daher unerlässlich.
Ich will bemerken, dass die Objective des benutzten
Spectrometers bezüglich Aplanasie nicht von der Vollkom-
menheit sind, wie sie erreicht werden kann, und wenn die
Genauigkeit der Messung weiter getrieben werden soll, ah
ich sie bisher anstrebte und erreichte, so würden die Ob-
jective des Apparates durch vollkommenere ersetzt werden
müssen.
Zur Oollimirung des Fernrohres und dann zur Messung
der Ablenkung durch die Prismen war es nöthig, während
die Glasplatte mit den Prismen in dem Kupferkasten 'sich
befand, entweder je eins der Fenster oder eins der Prisnien
für den Durchgang oder die Reflexion des Lichtes frei zu
haben, während die anderen Theile verdeckt waren. Zwei
Schieber, welche mittelst Stangen, die durch die kleinen
Seitenwände hindurchgingen, von aussen verschoben werden
konnten, ermöglichten in jedem Falle die gewünschte Ab-
biendung. An jeder der Stangen war durch Hrn. Dr. Rap*,
der mir bei diesen Versuchen behülflich war, eine einfache
sinnreiche, ohne Figur nicht wohl zu erläuternde Arretirungs-
vorrichtung angebracht, welche, wenn sie vorher für das be-
treffende Prismenpaar richtig eingestellt war, erlaubte, ohne
die Prismen zu sehen, die gewünschte Abbiendung mit Sicher-
heit vorzunehmen. Es erwies sich als nöthig, wenigstens
geschah es der Vorsicht halber stets, die Oollimirung bei
jeder Temperatur, bei der die Ablenkung beobachtet werden
sollte, besonders vorzunehmen. Die Prismenwinkel sind nur
bei Zimmertemperatur, wenn die Vorderttäche des Kupfer-
kastens entfernt war, bestimmt. Die Messung bei höherer
Temperatur bot wegen der mehrfachen Reflexionen an dem
Ol as in der Vorderwand dos Kastens und wegen Luftschlie-
Digitized by Google
830
A. Kumlt,
ren, her?orgerufen durch kleine, zuweilen auftretende Tem-
peraturungleichheiten im Inneren des Kastens bisher zu viel
Schwierigkeit. Es wird daher angenommen, dass sich die
Prismenwinkel mit der Temperatur nicht merklich ändern.
Ich halte diese Annahme für ganz unbedenklich; die kleinen
Winkeländerungen, die dadurch entstehen könnten, dass die
Prismen nicht ganz frei sind und auf dem Glas, welches
einen etwas anderen Ausdehnungscoefficienten als die ein-
zelnen Metalle hat, haften, sind jedenfalls völlig zu vernach-
lässigen.
Ich werde übrigens unten einen indirecten Beweis geben,
dass innerhalb der Grenzen der Bebbachtungsfehler die
Prismenwinkel als mit der Temperatur unveränderlich an-
zusehen sind.
Die nachstehende Tabelle enthält die Resultate der aus-
geführten Beobachtungen. Unter S ist die Summe der Winkel
der benutzten Doppelprismen, unter / die Temperatur in
Celsiusgraden, unter a die Ablenkung der Strahlen durcfi
die Prismen gegeben, also ebenso wie in der früheren Mit-
theilung der Winkel, welchen die durch die beiden Prismen
gehenden Strahlenbündel nach dem Hindurchgang miteinander
inachen. Die Werthe von u und S sind in dieser Mittheilung
stets in Bogensecunden angegeben. Unter n befindet sich der
in der früher angegebenen Weise berechnete Brechungsexpo-
nent; unter ß die Temperaturcoefficienten für w. Dieselben
sind in der Weise berechnet, dass, wenn t die niedere und
t' die höhere Temperatur bedeutet, gesetzt ist:
Beobachtungen und Kesultate.
»,— »,(1 +ß{t'-t)).
t
n
Gold |
rothes Licht j
j , 16,55
18° - 8,00 0,52
118 - 3,52 0,79
0,i »)35
i
Gold
blauen Licht
18 + 1,00 | 1,06
76 + 5,63 1,34
78 + 6,54 1,39
118 4- 9,98 1,60
128 +11.84 1,72
0,0045
0.0052
0,0051
0,0056
Mittel
0,0051
Digitized by Google
Lichtgeschwindigkeit in den Metallen.
A
L _
n
Platin
weisses Licht
1
1
28,31
22°
109
. 4-19,90'
+ 31, t0
1,70
2,10
0,0027
Nickel
rothes Licht
!
25,90
20
112
+ 31.07
+ 43,64
2,20
2,69
0,0026
Eisen
rothes Licht
1
1
32,60
20
102
29,96
50,08
1.92
2,54
O.tHMO
Silber
weisses Licht
1
\
17,92
22
92
-12,19
— 9,71
(»,32
0,46
0,0064
Das benutzte Golddoppelprisma ist das gleiche, welches
in der ersten Mittheilung als Nr. 1 bezeichnet ist. D r
Winkel wurde neu gemessen und ergab sich zu 10.55". In
StrasBburg hatte sich ergeben 9.65 Trommeltheile, d.i. 18,91".
Das Platindoppelprisma ist das Prisma Nr. 3 der frühe-
ren Untersuchung; der Winkel ist nicht neu bestimmt, sondern
ist fur denselben der frühere Werth 14.52 Trommeltheile,
gleich 28,11" genommen.
Das Nickel prisma wurde neu electroly tisch angefertigt;
leider gab die eine Seite kein gutes Spiegelbild, sodass der
Winkel nicht bestimmt werden konnte. Es blieb daher nichts
übrig, als aus der Ablenkung bei Zimmertemperatur und
dem früher bestimmten Breehungsexponenten für Ni den
Winkel zu berechnen und diesen zu Grunde zu legen für
die Berechnung von n bei höherer Temperatur.
Das Eisendoppelprisma wurde neu electrolytiseh nieder-
geschlagen und der Winkel der Prismen durch Spiegelung
bestimmt. Das Prisraa oxydirt sich bald, sodass nur wenige
Versuche ausgeführt werden konnten.
Das Silberprisma ist neu angefertigt; es war schön blau
durchsichtig und gab bei den Reflexionsbeobachtungen zur
Winkelbestimmung sehr gute Spiegelbilder.
Wie oben schon angegeben, wurden die Winkel immer
nur bei Zimmertemperatur bestimmt.
Sämmtliche angegebenen Werthe von u und 8 sind die
Mittel aus mehreren Einzelbestimmungen, meist 3 bis 4.
Als Lichtquelle diente, wie früher, eine electrische Lampe,
das rothe Licht wurde durch Einschalten eines rothen Glases,
das blaue durch Einsehalten einer Lösung von schwefelsaurem
Kupferoxydamraoniak erhalten.
Digitized by Google
83-J
A. Kuntit.
Wie man sieht, sind die Beobachtungen bei Zimmer-
temperatur in hinreichender und guter Uebcreinstimmung mit
den früher erhaltenen Werthen. Für die Ermittelung eines
Temperaturcoefficienten ist Silber nicht wohl brauchbar,
wenigstens nicht bei den Fehlergrenzen der jetzigen Beob-
achtungen. Infolge des kleinen Brechungsexponenten des
Silbers ist die Aenderung" der Ablenkung mit der Tempe-
ratur sehr gering, sodass sie fast in die Beobachtungsfehlei
fallt. Dem Werthe /?=0;0064 ist daher eine Bedeutung nicht
beizulegen. Eine kleine Aenderung in u oder ö würde ß
schon beträchtlich ändern.
Die Werthe von ß für die anderen Metalle sind mit
erheblich grösserer Sicherheit bestimmt, da die Aenderungcn
von a mit der Temperatur sehr viel grössere sind als bei
Silber. Man sieht nun, dass die Zahlen für ß nicht nur der
Grössenordnung nach, sondern wirklich sehr nahe mit den
Temperaturcoefficienten zusammen fallen, welche für die Aen-
derung des galvanischen Widerstandes der Metalle bestimmt
sind. Nimmt man für n blau bei Gold das Mittel der Beob-
achtungen, 0,0051, so ist das Gesammtmittel aus den Werthen
von ß = 0,0036. Dass diese Zahl fast genau mit dem Mittel
der Temperaturcoefficienten für das galvanische Leitungs-
vermögen stimmt, ist wohl nur Zufall. Innerhalb der Beob-
achtungsgrenzen schliessen sich aber die sämmtlichen ß diesem
Mittel hinreichend nahe an. Man kann daher sagen, dass,
soweit bis jetzt die Beobachtungen reichen, die Brechungs-
exponenten der Metalle nahe den gleichen Temperaturcoefti-
cienten, 0,0036, haben, oder es ist die Lichtgeschwindigkeit
in einem und demselben Metall der absoluten Temperatur
umgekehrt proportional. Die gleiche Beziehung zur absoluten
Temperatur zeigt, wie die oben citirten Versuche ergeben,
das galvanische Leitungsvermögen. In ein und demselben
Metall bleiben daher bei Aenderung der Temperatur Licht-
geschwindigkeiten und galvanisches Leitungsvermögen ein-
ander wirklich proportional.
Um die durch die bisherigen Untersuchungen für die
verschiedenen Metalle nur im allgemeinen angedeutete Be-
ziehung zwischen Lichtgeschwindigkeit und galvanischem Lei-
tungsvermögen wirklich aufzufinden, sind genauere Versuche
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Lichtgeschwindigkeit in (Zeit Metallen.
<S33
erforderlich, als sie bisher ausgeführt werden konnten. Solche
werden sich anstellen lassen, wenn es gelingt, bessere Pris-
men aus Metall herzustellen. Dahin zielende Versuche sind
in Vorbereitung. Es wird dann aber auch nöthig sein, an
demselben Stück Metall, für welches der Brechungsexponent
ermittelt wurde, das galvanische Leitungsvermögen zu be-
stimmen.
Der Umstand, dass bei den bisherigen Versuchen die
Prismenwinkel nur bei Zimmertemperatur gemessen sind und
nicht auch bei der höheren, bei welcher die Ablenkung beob-
achtet wurde, kann die obigen Resultate nicht wohl fälschen.
Würden die Prismenwinkel sich bei Erhöhung der Tempe-
ratur ändern, so würde doch wohl bei den meisten Metallen,
oder vielleicht bei allen entweder eine Vergrösserung oder
eine Verkleinerung der Winkel eintreten. Damit sind aber
die obigen Resultate bei Prismen mit Brechungsexponenten
kleiner und grösser als Eins in Widerspruch.
Weshalb Hr. Sissingh1) eine Aenderung der Reflexions-
constanten am Eisen bei Temperaturänderung nicht beob-
achten konnte, während ich bei Zunahme der Temperatur
eine erhebliche Zunahme des Brechungsexponenten erhielt,
vermag ich nicht anzugeben. Schliesslich möchte ich noch
darauf hinweisen, dass die Aenderung der Brechungsexpo-
nenten der Metalle mit der Temperatur sehr viel grösser ist,
als diejenige, welche die Exponenten anderer Materialien
zeigen. Bei den verschiedenen Glassorten, die untersucht
sind, ändert sich n für 1°C. um ungefähr + 0,053 bis 0,057,
bei Steinsalz um — 0,0437 und bei einer Anzahl von Flüssig-
keiten um 0,034 bis 0,036.
Eine Aenderung der Dispersion der Metalle mit der
Temperatur ist durch die obigen Versuche nicht sicher con-
statirt. Auf die Differenz der Werthe von ß für rothes und
blaues Licht bei Gold, nämlich 0,0035 und 0,0051 möchte
ich vorläufig keinen Werth legen, da diese Differenz noch
durch Beobachtungsfehler entstanden sein kann.
1) Vgl. meino erste Mittheilung p. 271.
Ann. d. Phyi. n. Chtm. N. F. XXXVI. 53
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8H4
A/. Wien
VI. Veber die Messung der Tonstärke;
von Max Wien,
(Hieras Taf. X Flg. 1—7.)
Die bisherigen Versuche1), die Stärke des Schalles zu
messen, gingen darauf aus, die lebendige Kraft zu bestimmen,
welche zur Hervorbringung eines Schalles verwendet wurde;
eine grosse Schwierigkeit besteht dabei darin, dass ein
grosser, aber unbekannter Theil der lebendigen Kraft durch
Reibung, Depression u. s. w. verloren geht Daher wohl
auch die sowohl mit der Theorie wie untereinander wenig
im Einklang stehenden Resultate.
In neuerer Zeit hat Oberbeck') versucht, die eigent-
liche Schallstarke zu messen, d. h. zu bestimmen, wie gross
die Energie der Luftschwingungen an irgend einer Stelle des
Raumes ist. Für Geräusche erhielt derselbe brauchbare, für
Töne sehr unsichere und inconstante Resultate. Ein Ge-
räusch jedoch erscheint von vornherein zu Versuchen viel
weniger geeignet, weil es im Gegensatz zu dem mathematisch,
physikalisch und physiologisch scharf definirten Ton eine
complicirte und unklare Erscheinung ist. Die im Folgenden
beschriebenen Versuche beziehen sich daher ausschliesslich
auf Töne. Bevor ich zu denselben übergehe, will ich die
Intensität eines Tones analytisch den'niren.
Nach Rayleigh3) ist die Intensität J fortschreitender
Wollen gleich der Arbeit, die in der Einheit der Zeit durch
die Einheit der Fläche geht, also wie sich aus den Grund-
gleichungen der Wellenbewegung leicht ableiten lässt*);
1) Scbafhäutl, Abhandl. d. bayr. Aead. d. Wiss. 7. p. 501;
K. v. Vierordt, Zeitschr. f. Biol. 14. p. 300; 17. p. 3H u. 387;
Wied. Anu. 17. p. 471. 1882; IS. p. 201. 1883; 21. p. 509. 1884. u. a.
Tischer, Unterscheidung vou Sehallstärkeu. Inaugurnldiss. Leipzig 1882;
Wundt, Wied. Ann. 17. p. 695. 1882; Kundt, Pogg. Ann. IM.
p. 563. 1865; Töpler u. Boltzinanu, Pogg. Ann. 141. p. 5H3. 1870.
2) Oberbeck, Wied. Ann. IS. p. 222. 1883. Vgl. hierüber auch
meine Inauguraldissertation: „Ueber die Messung der Tonstärke" Berliu,
1888.
8) Kavleigh, Throry of Sound. 2. § 254.
4) Vgl*. Dissertation. *
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■
Mesmnt/ der Tonstärke. 835
oder, wenn d die grösste Drackänderung bedeutet und
d!D0 = J Normaldruck):
Es wäre demnach A ein sehr bequemes Mass der Ton-
intensität, da man dabei von der Tonhöhe unabhängig ist.
Es ist die hier definirte Intensität diejenige von fort-
schreitenden Wellen. Ist das Medium, in welchem dieselben
auftreten, irgendwie begrenzt, so entstehen durch Reflexion
Störungen. Dieselben sind jedoch unter der Bedingung zu
vernachlässigen, dass die Dimensionen der störenden Gegen-
stände klein gegen die Wellenlänge des Tones sind.1) Diese
Bedingung ist überall, wo wir im folgenden die Tonintensität
in absolutem Maasse berechnen, erfüllt.
Im freien Raum sind die Luftverdickungen und Ver-
dünnungen eines Tones ausserordentlich klein. In einem
Helmholt z'schen Resonator, dessen Eigenton mit dem Ton
aussen übereinstimmt, erfahren sie jedoch eine bedeutende
Verstärkung, deren Grösse, wie wir unten sehen werden,
sich theoretisch und experimentell bestimmen lässt. Auch
diese Druckdifferenzen beabsichtige ich vorläufig noch nicht
selbst zu messen, sondern eine ihnen proportionale Grösse
dem Auge sichtbar und damit messbar zu machen, also eine
Grösse, deren Quadrat der Intensität deB zu messenden
Tones proportional ist.
Zu diesem Zwecke wurde die Oeffnung des Resonators,
welche sonst in das Ohr gesteckt wird, erweitert und daran
die obere Hälfte der Kapsel eines Aneroidbarometers luft-
dicht angelöthet, sodass dieselbe gewissermassen die Stelle
des Trommelfells einnahm. Aussen war der Druck constant,
innen änderte er sich, es musste demnach die dünne elastische
Metallplatte sich bewegen. Diese Bewegungen waren im
allgemeinen sehr klein, sie wurden jedoch bedeutend grösser,
wenn der Eigenton der Platte mit dem des Resonators in
Uebereinstimmung gebracht wurde. Nun waren die Aus-
1) Kayleigh, 1. c. II. § 334.
53'
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836 M. Wien.
schläge eines in der Mitte der Kapsel angebrachten Stiftes
durch ein Mikroskop von fünf hundertfacher Vergrösserung
wohl sichtbar, aber nicht genau mesibar. — Hierzu wandte
ich eine empfindliche Spiegelübertragung ähnlich derjenigen
an, welche von Röntgen1) für Aneroidbarometer vorge-
schlagen ist, mit dem Unterschied, dass der Spiegel 5
(s. Fig. 1) nicht bei A um eine Axe, ± zur Zeichnung dreh-
bar ist, sondern bei A ein Stück feinsten Uhrfederblechs ein-
geklemmt wurde, an dessen Ende ein sehr leichter Spiegel £
autgekittet war. Auf dieses wirkte der Stift, und zwar wurde
die Feder so stark gegen denselben gedrückt, dass sie sich
auch bei den stärksten Tönen nicht von ihm entfernen
konnte, sondern genau seinen Bewegungen folgen musste.
Zwischen B und A muss sich das Blech biegen. Es lässt
sich nun theoretisch und experimentell3) beweisen, dass der
Winkel, um den sich der Spiegel infolge der Biegung des
Blechs dreht, proportional dem Ausschlage des Stiftes und
noch a/2-mal so gross ist, als wenn der Spiegel sich um eine
Axe dreht.
Erklang nun irgendwo in der Nähe des Resonators sein
Eigenton, so gerieth die Platte in Schwingungen, und der
Spiegel drehte sich schnell hin und her. Deshalb erschien
in dem Fernrohr, durch welches in dem Spiegel das Bild
eines stark beleuchteten Spaltes betrachtet wurde, dieses
Spaltbild nicht als einfache Lichtlinie, sondern als breites,
helles Band, dessen Ränder besonders stark beleuchtet waren,
weil der Spiegel sich dort am langsamsten bewegte. Die
Druckdifferenz des Tones ist proportional der Breite dieses
Bandes. Um dieselbe messen zu können, wurde in den
Brennpunkt des Fernrohroculars eine mit dem Diamant auf
0,2 mm getheilte Glasplatte gebracht. Es waren 50 Theil-
striche im Gesichtsfelde sichtbar und konnte auf etwa
7l0 Theilstrich abgelesen werden. Die Abhängigkeit der
Breite des Spaltbildes von der Entfernung des Spaltes [b)
und des Fernrohrs (c) von dem Spiegel ergibt sich sofort
aus Fig. 2 als:
1) Röntgen, Carl's Repert. 20. p. 44.
2) Vgl. Dissertation.
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Messung der Tonstärke.
837
c J
Es ist also die Breite nur von dem Verhältniss cjb der
beiden Entfernungen abhängig, und wenn c < b genommen
wird, so übt eine kleine Aenderung einer der beiden Ent-
fernungen eine nur sehr geringe Wirkung aus, was für
länger dauernde Versuche sehr bequem ist Im allgemeinen
wurde c = 90cm, b = 120 cm gewählt. Wenn man eine
Millimeterscala an den Ort des Spaltes brachte, so fielen
auf 10 Scalentheile der Theüung im Ocular des Fernrohrs
11,5 mm. Hieraus lässt sich berechnen1), dass bei einer
Breite des Spaltbildes von einem Sealentheil der Ausschlag
des Stiftes 1j9M0mm = 159ju/i beträgt. Da man auf Vi0 Sealen-
theil bequem ablesen konnte, so liesse sich diese Methode
auch allgemein zur Messung sehr kleiner Längsdilatationen
gut anwenden.
Es wurden zu den Versuchen drei Resonatoren benutzt.
Die Töne der stärksten Resonanz hatten ca. 220, 337, 440
Schwingungen, entsprachen also etwa den Tönen a, e'f a. —
Um den Ton der Kapsel mit dem des Resonators in Ueber-
einstimmung zu bringen, wurde dieselbe von geeigneter Grösse
und Stärke gewählt. Das feinere Einstimmen geschah durch
mehr oder weniger starkes Aufdrücken der Feder des Spiegels
gegen den Stift, wodurch der Ton in geringen Grenzen
geändert werden konnte. — Die Spiegel wurden möglichst
leicht genommen und wurden zu diesem Zweck Stückchen
von Deckgläsern, wie sie zu mikroskopischen Präparaten
benutzt werden, versilbert. Sie waren etwa 3 mm lang und
2 mm breit und wogen mit Feder zusammen in keinem Fall
mehr als 0,012 g.
Ich kann hier auf die ausführlichen theoretischen und
experimentellen Beweise für die Proportionalität zwischen
der Breite des Spaltbildes und der Amplitude dos Tones
nicht näher eingehen*) und will nur einen summarischen
experimentellen Beweis bringen. — Zu diesem Zweck muss
jedoch zuerst die gewöhnlich benutzte Tonquelle beschrieben
1) Vgl. Dissertation.
2) Vgl. Dissertation.
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838 M. men.
werden. Da Pfeifentöne sich als nicht genügend constant
in der Höhe erwiesen, wurde ein Telephonton angewendet,
der dadurch zu Stande kam, dass eine auf den Ton des
Resonators eingestimmte Stimmgabel electromotorisch getrie-
ben und in eine Zweigleitung das Telephon eingeschaltet
wurde. Der Ton war naturgemäss constant in Höhe und
Intensität, sodass bei einer Breite des Spaltbildes von 100 Sca-
lentheilen noch immer auf etwa 0,2 Scalentheile abgelesen
werden konnte. Ausserdem hat diese Tonquelle die Vor-
theile, dass sie im Raum leicht beweglich ist, dass ihre Inten-
sität durch eingeschaltete Flüssigkeitswiderstände beliebig ge-
ändert werden kann, und man ausserdem in der Oeffnung
des Telephons einen bestimmten Ausgangspunkt der Schall-
bewegung hat. Der Ton war stark mit Obertönen behaftet^
weshalb die Oeffnung des Telephons durch einen Kork mit
einem kleinen Loch verschlossen wurde, sodass der Raum
zwischen der Platte des Telephons und der Holzverkleidung
eine Art Resonator bildete. Das Loch im Kork wurde nun
so gross gemacht, dass der abgeschlossene Luftraum gerade
auf den Telephon ton resonirte, wodurch statt des ziemlich
complicirten Klanges ein annähernd einfacher, kräftiger Ton
entstand.
Mit Hülfe dieser Tonquelle können wir den versproche-
nen Beweis führen, indem wir die Grundbedingung jeder
Messung: die Möglichkeit der Addition darlegen. Zwei
Töne addiren sich nach dem Amplitudengesetz Ai =* Oj*
+ Oj* -f- 2ax a2 cos& Ich erhielt zwei solche Töne, indem
ich zwei Telephone nebeneinander in den Stromkreis ein-
schaltete und beide in dieselbe Entfernung von dem Reso-
nator brachte. Ging der Inductionsstrom in derselben Richtung
durch die Windungen der Telephone, so wurden die Platten
zu gleicher Zeit angezogen, resp. abgestossen. Wurde jedoch
eins umgekehrt eingeschaltet, so trat eine Phasendifferenz
von w/2 ein, es musste demnach der Resonator das erste
mal die Summe, das zweite mal die Differenz der Ampli-
tuden der einzelnen Töne angeben. Ich erhielt folgende
Werthe in Scalen theilen:
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Messung der Tonstärke.
839
«5 — 0. A = a, + a,.
«, a, ^i+a^ ^ Diff.
18,1 22,8 40,9 40,2 -0,7
16,1 24,5 40,5 40,0 - 0,5
27,0 19,1 46,1 46,0 +0,1
11,5 19,5 31,0 30,5 -0,5
8,5 17,3 25,8 25,5 -0,3
5,2 10,0 15,2 15,3 +0,1
ü = 7i,2. A = ax — a,.
at J, a,-«, A Dift".
11,2 17,0 5,8 5,9 +0,1
7,5 7,0 0,5 0,8 +0,3
10.2 10,2 0,0 0,2 +0,2
30.3 30,3 0,0 0,0 ±0,0
24,0 8,5 15,5 15,4 -0,1
14,3 9,6 4,7 4,5 -0,2
Wie die Tabellen zeigen, liegen die Differenzen inner-
halb der Beobachtungsfehler.
Ehe ich zu den Anwendungen dieses Apparates Über-
gehe, möchte ich noch einen Versuch besprechen, die zweite
Aufgabe zu lösen, die Druckdifferenz eines Tones in abso-
lutem Maass zu messen und damit auch die Intensität von
Tönen verschiedener Höhe zu vergleichen.
Wir müssen dazu erstens die Druckdifferenzen in dem
Resonator in absolutem Maasse angeben können und zweitens
das Verhältniss derselben zu denen ausserhalb, im freien
Räume kennen.
Um ersteres zu erreichen, müssen wir etwas auf die
erzwungenen Schwingungen elastischer Platten eingehen.
Ist p die Periode der erzwungenen Schwingungen, n die
der freien, d. b. des Eigentons der Platte, so ist die Am-
plitude l):
E
»* — />'
Ist p=*0t d, h, lasse ich eine constante Kraft auf die
Platte wirken, so ist!
?-»-(*)'•
Wird n bedeutend grösser als p, so nähert sich das
Verhältniss immer mehr der Einheit. Ist z. B. die Differenz
drei bis vier Octaven, so ist der Fehler, den man macht,
wenn man die wirkende periodische Kraft direct durch den
Ausschlag der Platte misst, nicht grösser als (1/10)*= 1 Proc.
Es wurde nun zu jedem der „empfindlichen" Resona-
toren ein anderer „absoluter" Resonator verfertigt von ganz
denselben Dimensionen und auf den anderen genau ein-
gestimmt mit dem einzigen Unterschiede, dass die Kapsel
1) Raylcigh, 1. c. 1. §43. n. F.
«40
M. Wien.
einen drei bis vier Octaven höheren Eigenton hatte. Es
wurde dies dadurch erreicht, dass dieselbe von bedeutend
grösserer Dicke und aus weniger elastischem Metall war. —
Liess ich aus derselben Entfernung auf beide Resonatoren
einen Ton einwirken, so konnte ich die Ausschlage des
empfindlichen Resonators auf die des absoluten reduciren.
Es ergab sich aus mehreren Messungen das Verhältniss der
Ausschläge für die Resonatoren 1 : 29,6 für die a 1 : 40,6.
Durch Vergleich mit einem Wassermanometer, indem
der Resonator verschlossen und der Druck in ihm vermehrt
und vermindert wurde, ergab sich für einen Scalentheil-Aus-
schlag bei dem absoluten Resonator a ein erforderlicher
Wasserdruck von 0,83 mm, für Resonator a von 1,60 mm.
Es sind dies die Ausschläge bei einer constanten Kraft:
«0. Wie wir oben bewiesen, unterscheiden sich die Aus-
schläge a, welche bei denselben Druckdifferenzen entstehen,
wenn sie durch einen Ton hervorgerufen werden, um weniger
als 1 Proc.
Auch von der Uebertragung durch den Spiegel war kein
Fehler zu erwarten, da derselbe so leicht wie möglich ge-
macht war und mit seiner Feder einen ganz hohen Eigenton
besass, sodass beide, Platte sowohl wie Spiegel Übertragung,
gegenüber dem tieferen Ton der erzwungenen Schwingung
6ich so verhielten, als ob eine constante Kraft auf sie ein-
wirkte.
Ferner ist bei der Reduction des empfindlichen Reso-
nators auf den absoluten die Voraussetzung gemacht, dass
das Verhältniss zwischen den Ausschlägen beider dasselbe
bleibt. Der Ausschlag des absoluten Resonators ändert sich
bei einer eventuellen Aenderung der Elasticität der Platte
naturgemäss nur wenig. Anders bei dem empfindlichen: hier
würde sich zugleich der Eigenton der Platte ändern, und da-
mit der Ausschlag sofort kleiner werden. Jedoch blieb der
Ausschlag auch hier lange Zeit durchaus constant, da gut
gearbeitete Kapseln ihre Elasticität nicht verändern, ebenso
wie ein Aneroidbarometer ja auch Jahre lang den Luftdruck
richtig angeben kann. — Mit einem der Resonatoren habe
ich sogar über sechs Monate gearbeitet, ohne dass sein Aus-
schlag ein merklich anderer wurde, wie öfter durch Vergleich
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Messung der Tonstärke.
841
mit dem absoluten Resonator oder durch Anwendung eines
Tones von bestimmter Intensität cohstatirt wurde.
Schliesslich kann noch mit Hülfe der R ayle ig h' sehen
Formeln über die Bewegung der Luft in Resonatoren1) ge-
zeigt werden, dass der zur Messung dienende Apparat keinen
Einfluss auf die zu messende Grösse hat, d. h. dass die zur
Bewegung der Platte des absoluten Resonators erforderliche
Energie verschwindend klein ist im Vergleich zu der der
Luftbewegung in demselben.8)
Unsere zweite Aufgabe bestand darin, das Verhältniss
der Druckdifferenzen im Resonator zu denen ausserhalb zu
bestimmen.
Aus den Helmholtz'schen Formeln3) für die Luft-
bewegung in einem Resonator ergibt sich dasselbe als:
Ja J4 i*n55\2_ 2 7?»
J] "~ V «' I ~ n'S"
R Radius der Oeffnung, S Inhalt. Wenn der Resona-
tor kugelförmig:
in"- >'}
Die Druckdifferenzen verhalten sich wie die Wurzeln
aus den Intensitäten:
4, 4a««^ , / 3 /ÄV' /2Ä*
J, "~ as ~ V 2n3\r) \ n8S '
Hieraus berechnet sich für Resonator a :
4„:Jt- 1:52,1.
für Resonator a : *
J„ : * 1 : 43,6.
Wir können dies Verhältniss auch experimentell be-
stimmen. Wenn man die Oeffnung des empfindlichen Reso-
nators verschliesst, so kann von aussen keine Schallbewegung
in den Resonator hineindringen, und der Ausschlag rührt nur
von dem Mitschwingen der eingestimmten Platte her, ver-
ursacht durch die direct von aussen gegen die anschlagenden
Wellen. Bringt man die Tonquelle in gleiche Entfernung
♦
1) Rayleigh, 1. c. 2. §. 304.
2) Helmholtz, 1. c. 1. p. 37b.
3) Vgl. Dissertation.
842
M. Wien,
von Oeffnung und Kapsel, 60 wird man bei verschlossener
Oeffnung einen Ausschlag q erhalten, welcher nur von der
äusseren Bewegung herrührt; öffnet man den Resonator, so
erhält man einen Ausschlag p — q, herrührend von der inne-
ren Bewegung, weniger der äusseren. Danach bestimmte
sich das Verhältniss p.q — da>di aus mehreren Messungen
für Resonator a als 1 : 36,2, für Resonator a als 1 : 27,0.
Es sind diese Wer the bedeutend kleiner, als die von der
Theorie geforderten. Diese letzteren sind entschieden zu
gross, da bei der Ableitung der Formeln die Reibung un-
berücksichtigt geblieben ist, und auch sonst die Forderungen
der Theorie nicht ganz erfüllt werden können. Die experi-
mentellen Werthe sind hingegen entschieden zu klein, weil
wir ja das Verhältniss der Druckdifferenzen bei dem abso-
luten Resonator suchen, bei dem empfindlichen aber die Be-
wegungen der Kapsel viel grösser sind, weshalb ein Theil
der Energie verloren geht. Wir werden daher wohl keinen
allzu grossen Fehler machen, wenn wir das arithmetische
Mittel beider Werthe nehmen. Dann ergibt sich das Ver-
hältniss der Druckdifferenzen bei Resonator a als 1 : 44,2,
bei Resonator a als 1 : 35,3.
Jetzt haben wir alles, was wir brauchen, um die Druck-
differenz eines Tones, welcher in dem empfindlichen Reso-
nator einen Ausschlag von einem Sealentheil gibt, in Queck-
silberdruck anzugeben.
Für Resonator a war: Aussen : Innen = 1:44,2, absolut:
empfindlich = 1 : 40,6. Sealentheil des absoluten = 0,83 mm,
Wasser = 0,83/13,6 mm Quecksilber. Demnach beträgt die
grösste Druckänderung = 72 Druckdifferenz =*
6 '= I -i?^: 18,6 mm Ä 17>°-^Queck8ilber-
Für Resonator a d = 58,0^ Quecksilber.
Wir hatten oben die physikalische Intensität eines
Tones detinirt als:
J= 115 Jakg« ll,5.1010z/8 mg. mm,
J = n , D0 — 760 mm Quecksilber.
Gribt also Resonator a einen Ausschlag von n Scalen-
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Mesnmg der Tonstärke,
S43
theilen, so bedeutet dies, dass der Ton an der Oeffnung des-
selben eine Intensität von:
J = 0,0458 n2 mg . mm
besitzt Für Resonator a ist:
J = 0,0867 n- mg . mm.
Bei der Herleitung dieser Zahlen sind natürlich beträcht-
liche Fehler nicht zu vermeiden, da dieselben durch mehr-
fache Reduction kleiner Werthe auf grosse gewonnen sind.
Diese Fehler sind jedoch Beobachtungsfehler, keine Fehler der
Methode, welche jedesmal durch Theorie und Versuch als rich-
tig nachgewiesen wurde. Der wahrscheinliche Fehler jeder ein-
zelnen Messung war niemals grösser als 8 Proc. Es wird dem-
nach der Fehler des Gesammtresultats auch nicht allzu gross,
jedenfalls die Grössenordnung der Luftdruckdifferenzen eines
Tones mit Sicherheit hierdurch gegeben sein.
Wir haben somit in dem empfindlichen Resonator einen
Apparat, mit dem die relative Amplitude eines Tones mit
grosser Genauigkeit gemessen werden kann. Mit Hülfe des
absoluten Resonators kann man die Intensität mit einiger
Sicherheit auch in absolutem Maass erhalten.
Wir kommen jetzt zu einigen möglichst verschiedenartigen
Anwendungen, um die Brauchbarkeit der Apparate zu beweisen.
Ich begann damit, unser natürliches Instrument zur
Messung der Tonstärke, unser Ohr, als solches zu prüfen.
Diese Aufgabe besteht erstens darin, zu untersuchen, in
welchem Verhältniss unsere Empfindung mit der Stärke des
Reizes, also mit der Intensität des Tones wächst; dann wie
bei gleicher physikalischer Intensität die Stärke der Empfin-
dung von der Tonhöhe abhängig ist, und schliesslich in der
Bestimmung der Reizschwelle, d. h. wie viel lebendige Kraft
erforderlich ist, um überhaupt eine Empfindung zu erregen.
Der erste Theil fällt mit der Prüfung des Weber-
Fechn er* sehen Gesetzes zusammen. Die beiden Formen
desselben lauten, auf zwei Töne verschiedener Höhe ange-
wendet:
AE=CX. J*', Ex - C, log nat * ,
IE=C, A£, £2 = C2 log nat .
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84*
iV. Wien.
Machen wir Rx \ax = Ä,/a2 oder annähernd Bl = Ä2, so
ergibt sich aus obigen Gleichungen1):
Es verhalt sich demnach bei gleicher physikalischer In-
tensität die Stärke der Empfindung zweier Töne verschie-
dener Höhe wie C, : Ca oder JRJR2 : A RJRV Wir erhalten
also in diesen Grössen ein Maass für die Empfindlichkeit
unseres Gehörs für Töne verschiedener Höhe.
Wir haben diese Formel abgeleitet, indem wir das Ge-
setz AE—JRjR.C als richtig angenommen haben. Für
Geräusche ist dasselbe schon vielfach untersucht, wir müssen
es jetzt noch für Töne prüfen.
Die Grundbedingung sind zwei Reize, die kurz hinter-
einander auftreten, und deren Stärke einander beliebig ge-
nähert werden kann. Ich erhielt zwei solche Töne durch das
Telephon, indem die Wechselströme vermittelst eines Um-
schalters einmal durch einen, das andere mal durch einen
anderen Flüssigkeitswiderstand geschickt wurden, welche be-
liebig geändert werden konnten, sodass man beiden Tönen
beliebige Intensitäten ertheilen konnte. Der Umschalter wurde
durch zwei Gummibändchen in einer solchen Gleichgewichts-
lage gehalten, dass er für gewöhnlich keine der beiden Lei-
tungen schloss. Durch längeres oder kürzeres Schliessen
einer derselben, durch schnelleres oder langsameres Um-
schalten konnte sowohl die Dauer jedes der Töne, wie die
Dauer der Zwischenzeit beliebig geändert werden.
Die Differenz der beiden Töne wurde mit dem Resonator
gemessen, dem das Telephon so weit genähert wurde, dass
ein Ausschlag von 200, bei schwächeren Tönen auch von
100 oder 50 Scalentheilen entstand. In den ersten Fällen
war natürlich nur ein Theil des breiten Lichtsreifens in dem
Gesichtsfelde des Fernrohrs sichtbar; der Rand dieses Strei-
fens wurde in die Mitte des Gesichtsfeldes gebracht, ging er
beim Umschalten um einen Sealentheil weiter, so bedeutete
dies, dass der zweite Ton eine um 1, resp. 2 oder 4 Proc. stär-
1) Vergleiche hierüber, wie überhaupt über den gauzen psychophy
»isehen Theil die Dissertation.
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Messung der Tonstärke.
845
kere Amplitude hatte, als der erste. Da ich auf 0,2 Scalen-
theile ablesen konnte, so war damit die Amplitude der bei-
den Töne bis- auf mindestens 0,5 Proc mit Sicherheit ge-
geben. Zur Messung von Tönen, welche nicht mehr einen
Ausschlag von 50 ScaJentheilen gaben, wurde der Flüssig-
keitswiderstand empirisch graduirt. Es waren somit die Töne
für den ganzen Reizumfang von der Höhe bis zur Schwelle
bis auf Bruchtheile von Procenten messbar. Die einzelnen
untersuchten Tonstärken wurden untereinander verglichen,
indem das Telephon jedesmal in eine bestimmte Entfernung
von dem Resonator gebracht wurde.
Zur eigentlichen Untersuchung des Fechner'sches Ge-
setzes wandte ich die Methode der Minimaländerungen an,
die der wahren und falschen Fälle nur, um die Resultate
ihres subjectiven Charakters zu entkleiden.
Der Ton a von 440 Schwingungen wurde von der Reiz-
schwelle an bis zu einem sehr starken Ton untersucht, der
schon in der Nähe der Reizhöhe lag, da die Empfindlichkeit
hier schon erheblich abnahm. Jeder untersuchte Ton hatte
die zehnfache Intensität des vorhergehenden; für jeden wur-
den 40 Einstellungen gemacht, und zwar in Gruppen zu je
vier. Ein Flüssigkeits widerstand war constant, der andere
variabel. Der von letzterem herrührende Ton wurde zuerst
stärker genommen, als der constante. Einstellung 1) es
wurde von einem merklichen zu einem eben untermerk-
lichen Unterschied der beiden Töne übergegangen; 2) von
einem untermerklichen zu einem eben übermerklichen. Dann
war der variable Ton schwächer wie der constante. 3) von
einer merklichen zu einer eben untermerklichen Differenz;
4) von einer nicht merklichen zu einer eben merklichen. —
Diese Folge von vier verschiedenen Einstellungen trägt,
glaube ich, viel dazu bei, die subjectiven Fehler zu verrin-
gern. Auch die Fehler, welche durch Ermüdung des Ohres
und allmählich erworbene Uebung entstehen konnten, wurde
durch geeignete Versuchsanordnung möglichst vermieden.1)
Obgleich jede einzelne Einstellung mit der grössten
Sorgfalt gemacht wurde, war doch der wahrscheinliche Feh-
1} Vgl. Dissertation.
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M6
M. IVien.
2) D
3) J)
4) 1>
5,2
7,0
& o
0,_
6,1
3,9
5,6
3,2
7,5
6,2
3,6
4,8
5,7
4,3
6,5
5.0
3,6
6.5
5,2
6,5
4,0
7,0
5.7
5,4
4,0
4,4
3,8
5,3
3,8
7,4
4,5
46,8
59.0
4tU
ler der einzelnen 15 — 20 Proc. Ich will bier eine ganze Ver-
suchsreihe ausführlich mittheilen, die übrigen sind dieser
durchaus analog. Hierin ist der Ausschlag des constanten
Tones » 100, der des variablen A, also gibt die Differenz
D den Unterschied der beiden Töne in Procenten der Am-
plitude an. ZP/lOO *= JÄ/Ä, R = Intensität des Tones.
R - 10».
5,6
4,8
7,6
5,3
6,6
7,0
7,2
6,8
5.0
6,4
62.3
M + « _ 5 45 (.OM5,.-.oo< _ „ , proc _
In dieser Art ergaben sich folgende Zahlen:
Ton a = 441» Schwingungen:
R 1,6 5,0 20,0 10» 10» 10«
ARR Reüschwelle 13,f>(?; 10,8 11,2 11,8 11,6
R 10' 10* 10» 10» 10» 10'° 10" tV)
AR R 13,1 14,0 15,3 16,1 17,8 22,5 35.0
Ton a = 220 Schwingungen:
R 10« 10* 10*
AR Ii 18,2 22,4 27,0
Ton r = 337 Schwingungen:
R 10- AHR 17,6
Um die Resultate nicht subjectiv erscheinen zu lassen,
wandte ich noch die Methode der wahren und falschen Fälle
bei mehreren Personen an, und zwar in der Weise, dass ich
die beiden Töne mit einer constanten Differenz ungefähr
gleich der mittleren von mir gefundenen Unterschiedsschwelle
ertönen Hess in willkürlicher Reihenfolge, bald den starke
ren, bald den schwächeren zuerst. Der betreffende Beob-
achter gab dann an, welcher von beiden ihm als der stärkere
erschienen sei. Als Mittel sämmtlicher Beobachtungen er-
hielt ich:
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Messung der Tonstärke.
*47
R
Diff. 25,4 Proc. | 10« 55 » | fal8Che *Äl,e
Ton ° in« ig \
Diff. 16,5 Proc. 10 43'° "
£8 gibt dies nach der Wahrscheinlichkeitsrechnung als
Unterschiedsschwellen :
Ton a Tou a
H =2.10» 10» 10*
Jf* = 21,3 28,3 14,2
Nach der Methode der Minimal&nderungen hatte ich
oben erhalten:
J£ = 18,5 24,5 11,6
Offenbar sind die letzteren Werthe absolut kleiner, wahr-
scheinlich infolge meiner grösseren Uebung; jedoch stimmt
das Verhältniss gut.
Aus den Werthen von JRjR für den Ton a sehen wir,
dass das Fechner'sche Gesetz überall annähernd, nirgends
aber genau gilt Es laset sich folgende Gleichung aus ihnen
empirisch ableiten:
AE = c { a* - a J/i°gÄ - li,-**1»«'*} •
Hieraus Form II:
Setzen wir hier für Rja — 10, E 1, so ist für:
— l 10 10' 10° 10" Reizhöhe
a
E 0 1 2,9 5,4 7,7 ca. 9,0
Auffallender Weise scheint die Empfindlichkeit bis dicht
an die .Reizschwelle immer noch zuzunehmen, und dürfte die
grösste Empfindlichkeit danach etwa an dem ,,Cardinalpunkt"
liegen, also dort, wo Reiz und Empfindung einander propor-
tional wachsen.
Der Reizumfung ist ausserordentlich gross, wohl grösser,
als bei irgend einem anderen Sinne. Nehmen wir die Inten-
sität 10" als Reizhöhe, so erhalten wir einen Reizumfang
von 625 000 Millionen. Wir können demnach mit ungefähr
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848
M. Wien.
derselben Genauigkeit prozentuale Aenderungen eines Tones
mit unserem Ohre merken, der nahe an der Reizschwelle
liegt, wie eines, der 625000 Millionen mal so stark ist. Rie-
mann berechnete den Reizumfang aus der Hörweite eines
menschlichen Rufes als 10 Millionen, wobei jedoch die Reiz-
höhe noch lange nicht erreicht war.
Die Empfindlichkeit des Ohres für Töne verschiedener
Höhe ist, wie wir oben gesehen haben, näherungsweise um-
gekehrt proportional /IR/R. Für mittlere Tonstarke 105
finden wir demnach, wenn wir die Empfindlichkeit für den
Kammerton </■» 100 setzen:
Empfind!. Empfindl.
Ton a Jg'J • 100 = 100, Ton a • 100 = 58,5 ,
Ton ff }£J • 100 = 74,4 , Geräusche ^ . 100 - 37,4.
Die letzte Zahl für Geräusche ergibt sich aus den oben
angeführten Untersuchungen von Vierordt u. a. — Wir
finden also, dass die Empfindlichkeit ziemlich schnell mit der
Tonhöhe wächst — Deshalb erscheint es vorteilhaft , bei
akustischen Signalen hohe Töne anzuwenden; und es ist dies
wohl auch der Grund dafür, dass von jeher in der Akustik
zur Melodie die höheren Töne, die tieferen zur Begleitung
benutzt wurden.
Diese letzten Betrachtungen fussen auf der Gleichung
Ex\E2^Cl:Ci^JB2IR2:ARllRl, deren Richtigkeit wieder
davon abhängt, dass die Schwellenwerthe für Töne verschie-
dener Höhe nicht allzusehr voneinander abweichen. Wir
kommen damit zu unserer dritten und letzten physiologischen
Aufgabe, die absoluten und relativen Schwellenwerthe der
Töne zu bestimmen.
Mit Hülfe der oben abgeleiteten Reduction eines Aus*
Schlages von einem Sealentheil bei den beiden Resonatoren
auf absolutes Maass konnte ich in folgender Art die Reiz-
schwellenwerthe selbst direct bestimmen.
Es war die Empfindlichkeit des Resonators nicht ganz
so gross, wie die des Ohres; es wurde deshalb der Resonator
an einen Ort A in der Nähe der Tonquelle gebracht, das
Ohr an einen entfernteren Punkt B. Das Verhältniss der
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I
Messung der Tonstärke. 849
Druckdifferenz in A und in B wurde einfach festgestellt,
indem der Resonator das eine Mal in A, das andere Mal
in B aufgestellt wurde: das Verhaltniss war dann direct
durch das der Ausschlage gegeben. Bei der Untersuchung
selbst konnte mit der einen Hand durch Aenderung eines
Alkoholwiderstandes der Telephonton beliebig geschwächt
werden; mit der anderen konnte durch Oeffnen und Schliessen
des Stromes mittelst eines Quecksilbercontactes der Ton
intermittirt werden, da man einen solchen viel besser ver-
folgen kann, als einen constanten. Nun wurde von einem
hörbaren zu einem nicht mehr hörbaren, dann von einem
nicht mehr hörbaren zu einem gerade hörbaren Ton über-
gegangen und die Ausschläge des Resonators in beiden Fällen
beobachtet. Das Mittel gab die Reizschwelle. Um subjective
Einflüsse zu vermeiden, geschah auch das Oeffnen und Schliessen
des Stromes, wie die Aenderung des Widerstandes von einer
anderen Person, welcher durch Druck der Hand angegeben
wurde, wann der Ton gehört wurde und wann nicht. Für mein
Ohr war die Reizschwelle gleich in absolutes Maass umgerechnet
bei dem Ton a als Mitte mehrerer Beobachtungen: <>=0,59 pp
Quecksilber ; bei anderen Personen war die Zahl meist etwas
grösser, bei einem — musikalisch gebildeten — Ohr etwas
kleiner. Dieser Werth war etwa halb so gross, wie der
grösste, sodass sich für normale Ohren in Anbetracht des
grossen Reizumfanges nur sehr geringe Differenzen der -
Schwellen werthe ergeben.
Aus dem Werthe ergibt sich die Geschwindigkeit eines
Theilchens beim Durchgänge durch die Gleichgewichtslage
als u =s 0,19 p sec~l; die Amplitude a = 0,066 pp. Stellen
wir diese Werthe mit dem oben gefundenen Reizumfang zu-
sammen, so finden wir, dass die Töne, welche unser Ohr
treffen, Druckdifferenzen zwischen ca. 1 pp bis 10 p Queck-
silber haben, d. i. Amplituden von 0,1 pp bis p.
Lord Rayleigh1) berechnet aus der Hörweite eines
Pfeifentones u— 1,4 p sec-1, also bedeutend grösser wie unser
Werth. Jedoch sind bei seiner Methode verschiedene Fehler-
quellen zu berücksichtigen, die alle das Resultat vergrössern. 2)
1) Lord Rayleigh, Proc. of the Roy. Soc. 31. p. 248.
2) Vgl. Dissertation.
Ann. d. Phj«. o. Cham. N. P. XXXVI. 54
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9
830 M. Wien.
Die Intensität des Schwellentones ergibt sich als:
J « 0,068 piu mg.
Da das Trommelfell des Ohres etwa 83 qmm Fläche hat,
so trifft dasselbe eine Energie von 2,2 ftp mg. Es würde
diese Energie gerade hinreichen, um 5,1 . 10-18 mg Wasser
um 1° C. zu erwärmen. Nehmen wir die Intensität der Reiz-
höhe 1012 mal so gross wie die der Reizschwelle, so erhalten
wir für dieselbe eine Arbeit von 5,1 mg Wasser 1° C.
Um sich von diesen Arbeitsgrössen in etwas paradoxer
Weise eine Vorstellung zu machen , lässt sich berechnen *).
dass wir alle sehr wohl einen Grashalm wachsen hören
können, d, h. wenn die Arbeit, welche derselbe beim Wachsen
aufspeichert, in Form von Schallwellen unser Ohr träfe, so
würden wir einen Ton hören, welcher der Reizhöhe näher
läge wie der Reizschwelle.
Es wäre interessant, die absolute Empfindlichkeit des
Ohres mit der des Auges zu vergleichen; leider fehlen bis
jetzt die Zahlen fur letztere. Es lässt sich jedoch mit roher
Annäherung die Energie der Strahlen berechnen1), welche
die eben noch sichtbaren Sterne sechster bis siebenter Ord-
nung in das Auge senden, deren Ausstrahlung photometrisch
mit der der Sonne verglichen ist. Es ergibt sich daraus die
Reizschwelle des Auges etwas kleiner, aber von derselben
Grössenordnung, wie die des Ohres.
Für den Ton a erhielt ich in ganz derselben Weise als
Reizschwelle b = 0,70 fip. Das Verhältnies der Intensitäten
der Schwellenwerthe von aund «j , also = 1 : 1,5. Die ver-
hältnissmässig geringe Differenz der Schwellenwerthe zeigt
die Berechtigung der Gleichung:
Wir kommen jetzt zu einer anderen wichtigen Aufgabe
der Tonstärkemessung, nämlich zu bestimmen, wie die Inten-
sität eines Tones sich mit der der Tonquelle zugeführten
Energie ändert.
Es wurde die Sirene und die Pfeife untersucht, und zwar
in der Weise, dass einmal die Energie des zugeführten Luft-
stromes gemessen wurde, das andere mal die Intensität des
1) Vgl. Dissertation.
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Messung der Tonstärke.
entstehenden Tones mit Hülfe des Resonators. Ersteres
geschah durch ein Wassermanometer auf Grund der Formel
E — c .v* = c h'* , worin E die Energie, v die Geschwindig-
keit, h den Druck bedeutet, welche sich leicht aus den hydro-
dynamischen Grundgleichungen ableiten lasst. Es ist somit
in der dritten Columne der folgenden Tabelle c.A^jh*"- das
Verhältniss zwischen Intensität und lebendiger Kraft in Pro-
centen des Maximums dieses Verhältnisses, also der grössten
erhaltenen Ausnutzung:
h 0.57 1,7 2,85 5,25 7,0 13,5 19,0 24,0 35.0
A 3,8 8,5 11,5 19,0 24,0 39,0 47,0 54,0 66.0
c . A- , hVt Proc. 100 97,2 94.6 89,2 92,7 91,8 80,5 73,9 62,7.
Die entsprechende Curve ist in Fig. 3 gegeben. Es
ergibt sich, dass die Intensität des Tones bei schwachem
Druck ziemlich genau proportional der lebendigen Kraft
wächst: bis h « 13,5 nur ein Verlust von ca. 10 Proc, was
für das Ohr noch nicht wahrnehmbar wäre. Dann wächst
wegen der grösseren Geschwindigkeit des Luftstromes die
Reibung, sodass bei h — 35,0 schon ein Energieverlust von
37,3 Proc. eintritt.
Bei der gedackten Pfeife ändert sich die Höhe des Tones
mit dem Drucke; es wurde deshalb durch einen beweglichen
Stempel die Höhe des Tones jedesmal so regulirt, dass ein
Maximum des Ausschlages im Resonator eintrat. Die Re-
sultate waren besonders von der Stellung der Lippe der
Pfeifenöffnung abhängig. Für eine bestimmte feste Stellung
derselben bekam ich folgende Resultate: es ist c.A1)^1* in
Procenten der bei dieser Pfeife überhaupt erreichbaren Aus-
nutzung der Energie angegeben.
Tabelle III^
h 3 5 6 7,5 8,5 9,5 14,0 25,0 30,0 35.0
A 0,0 0,5 5,0 12,0 16,0 20,0 30,0 44,0 36,0 30,0
c .^/Ä^Proe. 0.0 0,1 3,6 13,7 24,8 29.5 36,8 33,2 16,9 9,3.
Wenn die Lippe jedesmal so verschoben wurde, dass
ein möglichst starker Ton entstand, erhielt ich folgende
Tabelle.
Tabelle III,.
h 6,5 9,0 15,5 19,0 21,0 23,0 35,0 43,0
A 8,0 19,0 41,0 61,0 67,0 72,0 88,0 95,0
c. J,/Ä,;»Proc. s.3 30,2 59,1 96,3 100,0 98.4 85,2 68.6.
54*
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852
M. Wien.
Es wächst, wie die Curven (Pig. 4) zeigen, die Intensität
durchaus nicht proportional der Energie, sondern es steigt die
Ausnutzung von einem bestimmten Druck (6—7 mm) an, wo
überhaupt die Pfeife erst zu tönen beginnt, ziemlich schnell
bis zu ihrem Maximum, um dann langsamer wieder abzu-
fallen, infolge der grösseren Reibung und dadurch, dass ein
grösserer Theil der Energie auf den ersten Oberton über-
geht. Wie (2) zeigt, ist die betreffende Pfeife so beschaf-
fen, dass sie von Natur bei etwa 20 mm Druck am besten
angiebt. Durch die falsche Stellung der Lippe ging im Fall
(1) bei stärkerem Druck soviel lebendige Kraft verloren,
dass die Ausnutzung zwischen 9 und 25 mm Druck immer
ca. 30 — 35 Proc betrug. Es folgt demnach, dass nur bei
einer bestimmten Stellung der Lippe und einem bestimmten
Druck ein Maximum der Ausnutzung erhalten wird, die
Intensität eines Pfeifentons also nicht durch die zugeführte
Energie gemessen werden darf.
Um das gleichzeitige Anwachsen des ersten Obertons mit
dem Druck, speciell das Umschlagen des Pfeifentons zu unter-
suchen, wurde die Mundöffnung eng genommen, sodass der
Ton schon bei mittlerem Druck umschlug. Die Ausschläge
des Grundtons sind auf die des Obertons reducirt (Fig. 5):
Gruudton (1).
Oberton (2).
h
A
A*
h
A
A*
10
1,3
4,3
9
1,0
1.3
15
3.9
9,6
30,2
15
3,0
5,1
16
tf,0
18
4,7
10,2
22
9,7
40,0
19
7,0
21,3
26
10.6
37,6
20
10,0
40.2
34
12,5
34,4
24
12,0
49,0
37
12,0
28,41
30
16,0
56,0
39
4,5
3,0 1
37
20,0
63,9 1
40
3.0
39
26,5
98,2)
i
44
28,5
100,0
Schon vor dem Umschlagen geht immer mehr Energie
von dem Grundton auf den Oberton über, sodass ihr Ver-
bal tniss, welches anfangs etwa 1 : 1 war (h 20) kurz vor
dem Umschlagen 1 : 2,3 wird (h = 37). Die Intensität des
Obertones ist hier also schon mehr als doppelt so gross wie
die des Grundtones, und doch trägt für unser Ohr der Ge-
sammtklang noch immer den Charakter des Grundtons. In
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Messung der Tonstärke.
853
diesem Fall war die verhältnissmassig grosse Stärke des
Obertones durch die Stellung der Lippe bedingt; jedoch ist
überhaupt die Stärke der Obertöne, welche wir auch nach
einiger Uebung nur mit Mühe heraus hören, durchaus nicht
zu unterschätzen. Bei der Sirene z. ß. ist der erste Ober-
ton beinahe so stark, wie der Grundton und ganz aulfallend
ist er beim Singen des Vocals o auf den Ton a. Bei einem
(reducirten) Ausschlag des Grundtones, von 15 — 20 Scalen-
theilen fand sich beim Singen der Vocale als Ausschlag des
ersten Obertones: a = c. 7,0, e = 11,0, * = 12,5, o «= 25,0,
u — 3,5, ü = 5,0, ä = 10,0, also beim Vocal o der Oberton
bedeutend starker, wie der Grundton.
Trotz der grossen Empfindlichkeit der Resonatoren er-
hielt ich leider ein durchaus negatives Resultat, als ich mit
ihnen die objective Existenz der Combinationstöne zu be-
weisen versuchte. Obgleich ich den durch zwei Pfeifen oder
durch ein Telephon und eine Pfeife entstehenden Oombina-
tionston deutlich hörte, erhielt ich doch keinen merklichen
Ausschlag, sodass man wohl daraus schliessen muss, dass
der bei weitem grösste Theil der Intensität eines Combina-
tionstones erst im Ohre entsteht.1).
Als letzte Anwendung der Resonatoren komme ich jetzt
zur Untersuchung der wichtigen Frage nach der Verbreitung
der Schallintensität im Raum. Das Grundgesetz derselben
ist theoretisch, dass der Schall, wenn er sich ohne Hinder-
nisse ausbreitet, proportional dem Quadrat der Entfer-
nung abnimmt. — Eine experimentelle Bestätigung hat
dieses Gesetz noch nicht gefunden: im Gegentheil erhalten
v. Vierordt und Ober beck das Resultat, dass die Schwä-
chung bei Geräuschen eher proportional der Entfernung
selbst sei.3) Die Untersuchungsmethode mit den Resona-
toren war sehr einfach; es waren Schallquelle und Empfänger
in verschiedene Entfernungen voneinander zu bringen; wenn
die Theorie richtig ist, so musste das Product aus Ausschlag
und Entfernung immer constant sein. Nur die Bedingung
der freien Ausbreitung des Schalles war nicht so leicht zu
Ii Vgl. v. Helmholtz, Tonempfindungeu.
2) v. Vierordt u. Oberbeck, I. c.
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854
M. Wien
erfüllen. — Im Zimmer störte natürlich, wie schon oft, die
Reflexion an den Wänden, welche Maxima und Minima
hervorrief, worauf wir vorerst kurz eingehen wollen. Cm
ihre Grösse und Lage zu bestimmen, wurde in dem einiger-
niassen kahlen Zimmer der Resonator in der Mitte aufge-
stellt und das Telephon von ihm senkrecht auf eine der
Wände zu entfernt. Es ergaben sich folgende Ausschläge
{A). E ist die Entfernung vom Telephon. Ton a:
E
A
E
A
E
A
E
A
cm
<m
cm
•26
27,0
10«
2,5
182
4,5
262
3.1
30
18,0
110
1,5
200
-,o
275
2,5
40
',5
115
2,0
4,5
210
IS
287
2,7
55
12,0
127
218
8,0
299
4,4
67
18,0
144
7,5
230
7,0
311
5,0
90
11,0
155
6,5
3,8
242
5,0
322
5,6
86
7,5
175
250
4,0
330
4,3
95
5,0
Aehnlich Ton a. In den Curven (Fig. 6) ist die Inten-
sität {Ä*) als Ordinate, die Entfernung als Abscisse aufgetra-
gen. Dieselben zeigen, wie gross die Differenzen zwischen
den Intensitäten an den Maximis und Minimis sein kann.
Z. B. ist das Verhältniss des zweiten Maximums und zwei*
ten Minimums des Tones ö'= 70:1. — Die Entfernung
zwischen je zwei Maximis oder Minimis ist ungefähr gleich
der Wellenlänge. Z. B. beträgt beim Ton a die Länge von
drei stehenden Wellen — Minimum IV — Minimum I —
= 275 -40 « 235 cm ; also die Länge einer 78 cm, während
die Wellenlänge des Tones 76 cm beträgt. Dieselben Er-
scheinungen in etwas geringerem Maasse zeigte der grosse
Hörsaal des Berliner physikalischen Instituts. Auffällig war
die geringe Abnahme der Tonstärke nach dem anderen
Ende des 8aales hin, sodass z. B. die durchschnittliche In-
tensität auf der vorletzten Bank V3 der der zweiten betrug,
während die Entfernung die vierfache war. Es ist demnach
in einem geschlossenen Raum die Entfernung von dem
Sprechenden von verhältnissmässig geringem Einfluss auf die
Hörbarkeit.
Um nun wieder zu dem Ausgangspunkt dieser Betrach-
tung zurückzukehren, so konnte das Grundgesetz der Schall-
verbreitung im Zimmer jedenfalls nicht untersucht werden.
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Messung der Tonstärke.
855
und auch im Freien dürfte die Bedingung der gänzlich un-
gestörten Fortpflanzung des Schalles schwer zu erfüllen sein.
— Um einen möglichst passenden Ort aussuchen zu können,
inusste vor allem festgestellt werden, wovon besonders grosse
Störungen zu erwarten waren, und welche vernachlässigt
werden durften. Die Theorie1) ergibt, dass von Gegenstän-
den, wie Stangen, Drähten, Steinen, kleinen Büschen und
dergleichen keine Fehler zu befurchten sind. Ebenso auch
nicht von den Gegenständen, welche zur Beobachtung des
Ausschlags in der Nähe des Resonators aufgestellt werden
mus8ten. Es waren dies das Fernrohr nebst Tisch, die zur
Beleuchtung des Spaltes dienende Petroleumlampe, der Reso-
nator nebst Stativ und der Beobachter: alle konnten wegen
ihrer constanten und geringen Entfernung von dem Ton-
empfänger und meist auch wegen ihrer geringen Dimensio-
nen gegen die Wellenlänge vernachlässigt werden. Hingegen
inusste ich mich hüten vor Häusern, Bäumen, hohen Zäu-
nen und dergleichen, auch wenn sie sich in grösserer Ent-
fernung befanden.
Es fand sich ein einigermassen geeigneter Platz in der
Charlottenburger Rennbahn, deren Benutzung mir freund-
lichst freigestellt wurde. Er bot weite, kahle Flächen, wo
als einzige bedenkliche Gegenstände die „Hindernisse" waren,
und diese dürften für den flüchtigen Schall leicht zu nehmen
sein, da ihre Höhe meist nicht so gross wie X war, und ich
ausserdem mit der beweglichen Tonquelle ihre gefährliche
Nähe möglichst mied. Als Tonquelle wurde eine gedackte
Pfeife mit besonders kräftigem Ton benutzt, welche auf einen
kleinen Blasebalg gesteckt war. Bei den Versuchen wurde
derselbe in die verschiedenen Entfernungen getragen, auf-
geblasen und der Luftstrom geöffnet, worauf die betreffende
Person schnell mehrere Schritte hinter die Pfeife trat Die
Entfernungen wurden auf einem zwischen Tonquelle uno\
Empfanger gespannten Faden jedesmal bezeichnet und später
zu Hause gemessen. * Es wurden für jede Entfernung zwei
oder mehr Ablesungen gemacht, wovon das Mittel genommen
und die Spaltbreite abgezogen wurde. Wegen des hellen
1) Bayleigh, 1. c. 2. § 384 u. 843.
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856
M. Wien.
Tageslichtes und der im Wind etwas flackernden Flamme
mus8te der Spalt bei grösseren Ausschlagen sehr breit ge-
nommen werden (bis zu 0,8 Scalentheilen). Da der Luftstrom
des Blasebalgs nicht ganz constant war, wurde jedesmal das
Maximum des Ausschlags abgelesen, welches, wie vorher im
Zimmer constatirt war, beim jedesmaligen Aufblasen nicht
um 3 Proc. voneinander abwich. In den folgenden Tabellen
bedeutet r die Entfernungen in Metern, a die Ablesungen,
A corrig. Mittel. Ich erhielt:
Versochsreihe I. Massiger Wind von Tonempfanger nach Quelle.
r 28,1 44,4 62,0 76,6 93,0 107,8 162 6 m
| 19,0 14,5 10,5 7,5 6,0 4,6 3,7
| 19,5 14,0 10,5 7,5 6,3 4,9 3,3
44,4
62,<>
76,6
14,5
10,5
7,5
14,0
10,5
7,5
18,7
9,8
7,0
536
604
590
A 18,8 18,7 9,8 7,0 5,5 4,6 3,8
A.r 580? 604 590 536 509 496 501
Versuchsreihe II.') Stärkerer Wind senkrecht zu Tonempfanger
nach Quelle.
r 19,1 30,3 51,7 71,5 102,3
f 27,0 16,5 11,0 7,3 5,2
°\ 28,5 14,0 10,0 7,5 5.8
A 27,2 15,0 10,0 6,9 5,0
A.r 523 455 517 495 511
Versuchsreihe II. Leiser Zug von Tonquelle nach Empfänger.
r
;i
A.r
23,1
33.2
48,1
61,5
88,7
137,8
21,5
15,5
10,5
7,5
4,8
2,8
>>•> "»
21,3
14,8
9,0
6,8
4,5
3,0
14,4
9,5
457
7,0
4,5
2,7
485
478
43f,
377
375?
Aus Tabellen und Curven (Fig. 7) ergibt sich eine etwas
schnellere Abnahme der Tonstarke, als die Theorie es ver-
langt, wahrscheinlich hervorgerufen durch die Reibung an
dem mit Gras bewachsenen Boden, durch die Unruhe der
Luft und theilweise wohl auch durch kleine Unebenheiten
des Terrains. Dass die Abnahme der Intensität nicht pro-
portional der einfachen Entfernung erfolgt, ist wohl am
besten aus der Zusammenstellung der Ausschlage zu ersehen,
welche in jenem Fall (AYr = Const.) hatten entstehen müs-
sen (A") mit denen, welche ich wirklich erhielt (A) und
<lenen A', welche die Theorie vorschreibt:
1) Vielfach durch deu Wind gestört.
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Messung der Tonstärke.
857
A 21,3
A 21,3
A 21,3
14,4
14,5
17,0
9,5
10,0
15,2
7,0
4,5
5,6
12,1
2,7
3.5
8,8
Hierdurch ist wohl das Grundgesetz, dass die Inten-
sität eines Tones umgekehrt proportional dem Quadrat der
Entfernung abnimmt, mit Sicherheit bewiesen.
Schliesslich will ich nicht unterlassen, meinen hochver-
ehrten Lehrern, Hrn. Geheimrath v. Helmholtz und Hrn.
Prof. Dr. Kundt für die Unterstützung und das Interesse,
welches sie meiner Arbeit stets zu Theil werden Hessen,
meinen ehrerbietigsten Dank zu sagen.
Phys. Inst, der Univ. Berlin, Juni 1888.
VII. XJeber das von Hrn. H. F. Weber
aufgestellte Strahlungsgesetz ;
von L. Oraetz.
Hr. H. F. Weber hat in den Berichten der Berliner
Academie l) eine empirische Formel veröffentlicht, welche einer-
seits die Gesammtstrahlung fester Körper in ihrer Abhängig-
keit von der Temperatur, andererseits die Vertheilung der
Energie im Spectrum bei allen Temperaturen darstellen soll,
und zwar in dem ganzen Intervall der Temperaturen und
Wellenlängen, fur welche Messungen vorliegen. Er rühmt von
diesem Ausdruck, dass er alle Messungsreihen über Strahlung
„von der Temperatur des schmelzenden Eises bis zu der Tem-
peratur des schmelzenden Platins und fur das ganze lange
Intervall der Wellenlängen, von der Wellenlänge des Violett
bis zu den 30 — 40 mal längeren Wellen, welche Langley
gemessen hat, mit grosser Treue in allen Einzelheiten wieder-
giebt", dass insbesondere „die Abweichungen zwischen den
Consequenzen der Formel und den Daten der Beobachtungen
nicht grösser sind als die Unsicherheiten der betreffenden Beo-
bachtungen". Hr. Weber hält es daher nicht für unstatthaft,
in diesem Zusammenhang zwischen Strahlungsstärke, Tem pe-
il H. F. Weber, Ber. d. Berl. Acad. 1888. p. 5f,5.
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85*
L. Graetz.
ratur und Wellenlänge das wirkliche Naturgesetz zu sehen.
Es sollen speciell die Messungen von Schleiermacher, Bot-
tomley, Graetz, Violle, Langley, Nichols, Garbe,
Tyndall eine ausgezeichnete Bestätigung dieser Formel bieten.
Eine eingehende Prüfung der Weber 'scheu Formel hat
mir dagegen gezeigt, dass erstens für die Gesammtstrahlung
die Web er' sehe Formel die vorhandenen Beobachtungen zum
Theil viel weniger gut darstellt, als das Stefan'sche Gesetz
(nämlich meine eigenen Beobachtungen), zum Theil, soweit die
Beobachtungen (des Hrn. Schleiermacher) Abweichungen
von dem Stefan' sehen Gesetz zeigen, sie auch von derWeber'-
schen Formel Abweichungen in nahe gleicher Grösse ergeben;
zweitens, dass rar die Vertheilung der Energie im Spectrum
das Gesetz nur als eine empirische Formel mit zwei Constanten
angesehen werden kann, welche zum Theil nicht mehr leistet,
als eine vorhandene Formel mit nur einer Constante, zum
Theil erhebliche Differenzen gegen die Beobachtungen ergiebt.
Es sollen diese Punkte bewiesen werden.
1. Das Gesetz der Gesammtstrahlung eines festen Körpers
ist nach Weber:
5= CFTe"
worin S die ausgestrahlte Wärmemenge, T die Temperatur,
F die Oberfläche des strahlenden Körpers, «die Zahl 0,0043
und C eine den Körper charakterisirende Constante, die Euris-
sionsconstante, ist. Die Richtigkeit dieser Formel wird in der
Mittheilung des Hrn. Weber an den Versuchen des Hrn.
Schleiermacher über die Strahlung -von blankem und von
mit Kupferoxydul bedecktem Platindraht zu erweisen gesucht.
Da nach Angabe des Hrn. Weber auch meine Versuche über
die Strahlung einer Glasfläche1) sich durch diese Formel ge-
nügend darstellen lassen sollen, der Beweis für diese Behaup-
tung jedoch in der Arbeit nicht geführt ist, so habe ich zu-
nächst an meinen eigenen Beobachtungen die Formel geprüft.
Das Resultat ist, dass der Formel von meinen Beobachtungen
durchaus widersprochen wird. Es wurde bei meinen Ver-
suchen der zeitliche Verlauf der Abkühlung eines Thermometers
in einer Hülle geraessen, die in drei Versuchsreihen auf 0°,
1 Graet», Wied. Ann. 11. p. »13. 1880.
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Strahlungsgesetz.
100°, 182,7° gehalten wurde. Bestimmte man für jede der
Versuchsreihen die Constante m des Dulong- Petit' sehen
Strahlungsgesetzes, so ergaben sich die drei Werthe:
w? j = 0,01253, m2 = 0,01381 , m3 = 0,01353,
weiche um 10 Proc. voneinander abweichen und daher be-
weisen, dass das Dulong-Petit'sehe Gesetz die Beobachtun-
gen, die auf 1—2 Proc. zuverlässig sind, nicht genügend dar-
stellt In gleicher Weise ergaben sich fiir die Constante n
des Stefan'schen Gesetzes die drei Werthe:
rr, = 1,086. 10-", <t, = 1,057 . Kr-", a3 = 1,085. 10-",
welche im Maximum um 2,7 Proc. differiren und beweisen, dass
dadurch eine erheblich bessere, nahezu vollkommene Darstel-
lung der Beobachtungen gegeben ist
In derselben Weise habe ich nun die Constante C der
Weber'schen Formel aus den drei Beobachtungsreihen be-
stimmt, und es ergab sich:
C, = 1,369.10-», C; = 1,733.10-*, Q = 2,000. 10-*.
Die drei Werthe, welche einander gleich sein sollten, wenn
die Weber' sehe Formel den Beobachtungen genügte, weichen
um mehr als 30 Proc. voneinander ab und zeigen einen
ausgesprochenen Gang mit der Temperatur. Die Weber' sehe
Formel stellt daher in keiner Weise meine Beobachtungen dar.
Die Constante C wurde aus der Differentialgleichung:
-cdT= 4nriCdt{TeaT- 7>flT)
berechnet, in welcher T0 die absolute Temperatur der Hülle
ist. Indem man T- 7*0-»x setzte, Hess sich auf der rechten
Seite der Gleichung:
der Factor von dx in eine Reihe entwickeln, von der noch die
Glieder mit x* zu berücksichtigen waren, der Ausdruck inte-
griren und so C berechnen.
2. Da meine Versuche also die Weber 'sehe Formel nicht
bestätigen, so war es wichtig zu sehen, wie weit die Sehl ei er-
mach er 'sehen Beobachtungen durch diese Formel genügend
dargestellt werden. Sieht man vorläufig von den Einwänden
ab, die gegen die Zahlen von Schleiermacher zu erheben
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860
L. Graetz.
sind1), so würde ein guter Anschluss der Formel an diese
Beobachtungen doch jedenfalls verlangen, dass die Abweichun-
gen nicht viel grösser sind, als die Fehler, die Hr. Schleier-
macher selbst seinen Beobachtungen zuschreibt. Hr. Weber
hat aus den Beobachtungen eine Mittelcurve frei construirt und
dieser die Constante der Formel angepasst. Berechnet man
jedoch mit dieser Constante die direct beobachteten Wärme-
mengen, so findet man folgende Abweichungen der berechneten
von den beobachteten Zahlen in Procenten der letzteren.
1. Für d. blanken Platindraht 2. Für den Draht mit Kupferoxydul
II III IV
+ 14% +1 6° o + 2,8° o + 35%
+ 4 +5,5 ,-1,5 +27
J
«
III ' IV ' V VI
+ 17%
+ 13,5
+ 10
-1.1
-5
+ 2,5
-17%
+ 7
+ 11
0
-6,6
-2
+ 16<V-30%
0 -29
+ 1,2 -6
-7 -9
-6 -10
+ 1 -5
+ 100% +90%
+ 50 1 + 42
+ 25 1 + 22
0 1 0
-8,9 -3
+ 7 ,-4
-5 -6,8 -6 +1,7
-5,3 -7 -10 -3,7
+ 8 +5 +2,3 -1,0
Die Abweichungen gehen also bei dem blanken Platindraht bis
zu 35 Proc., bei dem mit Oxydul bedeckten Draht bis zu 100
Proc. der beobachteten Werthe. Ungefähr von derselben Grösse,
nur unbedeutend grösser, sind aber auch die Abweichungen,
welche das Stefan'sche Gesetz gegenüber diesen Beobachtun-
gen ergiebt. Legt man nämlich flir die Constanten a die
Mittelwerthe zu Grunde, für den blanken Draht a - 7,401. 10 ~6.
für den bedeckten a ■= 45,6. 10"e, so erhält man in derselben
Weise folgende procentische Abweichungen.
1. Für den blanken 2. Für den mit Kupferoxydul
Platindraht. bedeckten Draht
1
»J
III 1
IV
Proc.
Proc.
Proc.
Proc.
+ 6
+ 6
+ 3
-6
-25
+ 6,7
+ 6,2
+ 0,8
-6
-26
+ 11
+ 8
+ 6,7
zl
+ 33
+ 27
+ 8
-4
-27
1
II 1
1
III
IV
V ! VI
Proc.
Proc.
Proc.
Proc.
Proc. j Proc
+ 17,5+40,1 -8,3 + 38,6 -100 - 100
+ 15,51+21 | +2,31+29,6 -70,l|-72
+ 7,6 1+9,2 —1,0! +5,9 -41,8 -33
+ 1 '+2,7 -1,5 +8,6 -10,5-9,5
+ 0,9 +1,8 0 +2,3 -3,7 -3,6
+ 2 +2,9 +3,5 +5,3 +2,6 +0,4
1) Gegen die Versuche des Hrn. Schleiermacher über die Strah-
lung bei hohen Temperaturen ist der erhebliche Einwand zu macheu, dass
durch den Strom erwärmte Drähte zerstäuben. Diese Zerstäubung er-
fordert einen Theil der Energie, welche also in der Joule' «hon Wärme
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Strahlungsgesetz,
861
Man sieht, dass die Abweichungen des Stefan'schen Gesetzes
wohl grösser sind, als die der Weber' sehen Formel, aber doch
nicht in dem Maasse, dass man berechtigt wäre, zu sagen, die
eine Formel stelle die Beobachtungen gut dar, die andere nicht.
Keine von beiden Formeln lasst sich auf diese Beobachtungen
anwenden. Nicht anders ist es bei den neueren Versuchen
Scbleiermacher's über die Strahlung im Intervall von 0°
bis 170° C. Hier zeigen dieselben gegen das Stefan 'sehe Ge-
setz einen ausgesprochenen Gang und weichen bis zu 25 Proc. ab.
Aber auch gegen die Weber' sehe Formel ergaben sich fol-
gende Abweichungen, welche namentlich bei der höheren Tem-
peratur erheblich genug sind.
Draht I: 1+2,6 +1,2 -1,8 +8 +2 -0,3 Proe.
II -12 -25 -20 -7 -12 Proc.
Draht II: I -4 +1,2 -4,5 -2,7 +2,2 +3,5 +20 Proc.
II -10 -18,7 -12 -33 Proc.
Also auch die Schleier mac her' sehen Beobachtungen können
nicht als Beweis für die Richtigkeit der Weber' sehen Formel
dienen.
3. Eine scheinbar sehr schlagende Bestätigung seiner For-
mel erhält Hr. Weber aus den Beobachtungen von Vi olle
über das Verhältniss der Gesammtstrahlung des schmelzenden
Platins zu der des schmelzenden Silbers, eine Bestätigung,
welche ihm die Gültigkeit seiner Formel bis nahe an 1700° C.
beweist. Diese» Verhältniss, das experimentell zu 56,7 von
Weber gefunden wurde, drückt sich aus durch:
c W _-)
worin Tx = 2048, T3 = 1227 die Schmelzpunkte von Platin
und Silber, T0 = 290 die Temperatur der Umgebung ist. Nun
ergiebt sich der Factor von CllCi allein zu 57,6; es kommt
nicht erscheint Die Versuche über Strahluug bei niedrigen Temperaturen
und über die Wärmeleitung der Gase sind ebenfalls durch die Zerstäubung
beeinflusst, indem die materiellen Theilchen des zerstäubten Drahtes einen
Theil der Leitung übernehmen. Nach dem experimentellen Studium dieser
Verhältnisse werde ich auf die Arbeit des Hrn. Schleiermacher zurück-
kommen.
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*62
Graetz.
also allein auf den Werth von Cu Cit das Verhaltniss der
Emissionsvermögen von Platin und Silber an. Dieses Verhalt-
niss bestimmt Hr. Weber für möglichst reine Metalle zu
1,032, sodass sich der Werth 59,1 statt des beobachteten 56,7
berechnet, eine unwesentliche Abweichung. Die Zahl 1,032
aber ist ganz wesentlich verschieden von den anderen Bestim-
mungen des Verhältnisses dieser Emissionsvermögen. De la
Provost aye und Desains1) fanden für das Emissionsvermögen
(Russ «100 gesetzt) von gewalztem Platin 10,74, gewalztem
Silber 2,94 also CxlC2 = 3,69. von geglättetem Platin 9,09, ge-
glättetem Silber 2,38 also t\/C4 = 3,81. Aus Reflexionsver-
suchen2) fanden sie für das Absorptionsvermögen, das dem
Emissionsvermögen gleich ist, Werthe, die zwischen 4 und 7
schwanken. Die Constanten C hängen ja, wie man weiss, sehr
wesentlich von der Oberflächenbeschaffenheit dei Substanz ab:
aber dann ist es auch nicht zulässig, die Oberflächenbeschaffen-
heit einer Metallplatte bei 100° gleich derjenigen zu halten,
welche sie bei nahe an 2000° besitzt. Uebrigens ergiebt
sich der Einfiuss der Oberflächenbeschaffenheit aus Weber's
Zahlen selbst. Er berechnet nämlich für drei blanke Platin-
drähte von Hrn. Schleiermacher als Emissionsconstanten
die Werthe: C=2,29, 3,44, 4,45.
Der Werth 1,032. den er für die beiden Metallblecbe ge-
funden hat, ist also ein ganz zufälliger uud exceptionell kleiner;
er kann leicht um das Doppelte, Dreifache und mehr variiren.
Um selbst einen Werth von C, j C., zu erhalten, habe ich
die zwei gegenüberliegenden Seiten eines Messingwürfels galva-
nisch mit den Metallen stark überzogen, die eine mit Platin,
die andere mit Silber, dieselben polirt und mittels der Thermo-
säule das Verhältniss der Strahlungen bestimmt, wenn der Würfel
mit Wasser von 100u gefüllt war. Es ergaben sich in meh-
reren Beobachtungen die Verhältnisse:
3,2; 3,6; 3,5; 2,9: 2,8 im Mittel 3,2.
Indess hat auch diese, wegen der Kleinheit der Strahlungen
unsichere Bestimmung nur Gültigkeit für die beiden unter-
suchten Platten.
1) De la Provostaye und Desains. Compt.rend. 22. p. 825. 1846.
2) De la Provostaye und Desains, Ann. de chin, et de phys.
(3) 30. p. 431. 185t.
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Strahlunggyeselz.
863
Man muss sogar sagen, dass die Stetan'sche Formel auf
diese Versuche angewendet weniger abweichende Resultate gibt,
als die Weber' sehe, falls man nicht den exceptionellen Werth
des Emissionsverhältnisses von Weber, sondern den Mittel-
werth der Zahlen von de la Provostaye zu Grunde legt.
Mit dem Werth Cx j Cz (resp. ttl ( a2) — 4 ergiebt sich nämlich
die Vio lie' sehe Zahl, die zu 56,7 beobachtet wurde, aus der
Weber 'sehen Formel zu 230,4, während sie aus der Stefan '-
sehen Formel sich zu 32 berechnet.
Solange über das Verhältniss der Emissionsvermögen nicht
grössere Sicherheit vorliegt, ist diese Violle'sche Beobachtung
zur Entscheidung über Strahlungsgesetze nicht geeignet.
4. In Bezug auf die homogene Strahlung stellt Hr. Weber
die erste Prüfung seiner Formel an den La n gl ev' sehen Mes-
sungen der Strahlungsintensität der Kohle für verschiedene
Wellenlängen an. Er schätzt die Unsicherheit der Langley'-
schen Zahlen auf 1 — 2 Proc. und ist von dem Anschluss seiner
Formel an die Messungen befriedigt Indess ergeben sich,
wenn man den Werth von £3 = 0,202. 10-6 mittelst kleinster
Quadrate berechnet, doch folgende procentische Abweichungen
gegen Langley's Messungen:
0, -5,6, -13, -15, -13, -12,5, -12, -10, -12,
- 12, -12, - 1U Proc.,
was kaum als eine befriedigende Darstellung angesehen werden
dürfte.
Einen besonders guten Beleg für seine Formel findet aber
Hr. Weber endlich in den Messungen von Garbe über den
Zusammenhang zwischen der Lichtstärke H für bestimmte
Wellenlängen und der verbrauchten Arbeit A bei Swan- und
Maxiraiampen. In der That schliesst sich die Formel von
Weber diesen Beobachtungen gut an. Es ist jedoch leicht
einzusehen, dass dieser Anschluss nothwendiger Weise ein guter
sein muss, da Weber zur Darstellung der Beobachtungen zwei
willkürliche Constanten benutzt, während Garbe selbst diese
Werthe schon durch eine Constante dargestellt hat
Hr. Weber stellt nämlich das Verhältniss der Helligkeiten
für dieselbe Wellenlänge bei zwei verschiedenen Temperaturen
nach seiner Formel dar durch:
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864 L. Graetz. Struhlungigettt:.
die darin vorkommenden Temperaturen wurden bestimmt durch
die Gleichung:
A — CFTeaT,
worin C eine neue, fur die Kohle zu bestimmende Constante
ist Entnimmt man aus dieser letzten Gleichung die Werthe
von T und trägt sie in die erste ein, so wird hl J H% dargestellt
als Function der Al und At mit zwei Constanten b und Q
welche von der Substanz abhängig sind.
Nun hat aber Hr. Garbe selbst seine Resultate durch
die Formel:
dargestellt, woraus sich ergiebt:
H% \At-h)
In dieser Formel kommt nur die eine fur die Substanz
charakteristische Grösse h vor. Wenn auch die Form der
Gar be' sehen Darstellung nicht rationell ist, so beweist sie
doch, dass man die Beobachtungen, soweit sie das Verhältniss
der Helligkeiten betreffen, schon durch eine Constante genügend
darstellen kann, sodass die Darstellbarkeit durch zwei Constanten,
wie in der Weber 'sehen Formel nichts Merkwürdiges enthalt.
Die Zahl 0,522 spielt bei Garbe dieselbe Rolle wie die Zahl
a =0,0043 bei Weber, ist also keine von der Substanz ab-
hängige Grösse.
Die vorstehenden Bemerkungen in Bezug auf die Weber'-
sehe Arbeit können den Werth nicht schmälern, den die zu-
sammenfassende Betrachtung, wie sie Weber giebt, sowohl für
die vorhandenen Beobachtungen, wie namentlich als Fingerzeig
für neue Probleme und Messungen besitzt. Es sollte nur ge-
zeigt werden, dass die gegebene Lösung des Strahlungsproblem-
nicht in genügender Weise den vorhandenen Beobachtungen
entspricht, und dass für die Gesammtstrahlung das Stefan'sche
Gesetz bisher noch ebenso viel, oder da es einigermasseu theo-
retisch begründet werden kann, mehr Recht besitzt, als die
neue Formel.
München, Januar 1889.
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P. Drude. Oberflächenschichten.
8öf>
VIII. Heber Oberflächenschichten. II. TheU;
von P. Drude.
<Ht«rx«Taf. X Hf. 8-14.)
In einer früheren Arbeit1) habe ich experimentell den
Einfiuss von Oberflächenschichten auf die Reflexion des
Lichtes, sowohl an durchsichtigen, wie absorbirenden Medien
zu ermitteln gesucht. Es hat sich herausgestellt, dass sie
an natürlichen unberührten Spaltungsflächen fast völlig
fehlen, dagegen an polirten Flächen vorhanden sind.
Ersteres spricht dafür, dass die natürliche Oberflächen -
Schicht, wie sie z. B. durch continuirlichen Uebergang des
einen Mediums in das andere hervorgerufen werden könnte,
bei festen Körpern sehr gering ist. Bei Flüssigkeiten hat
sie aber wesentlichen Einfiuss, und da man auch bei den
meisten festen Körpern, um sie als Spiegel zu gebrauchen,
auf Poliren angewiesen ist, eine* Polirschicht sich aber nie
ganz entfernen lässt, so scheint es mir von Interesse, auch
theoretisch den Einfiuss der Oberflächenschichten zu ermitteln,
um ihn eventuell durch geeignete Methoden eliminiren oder
wenigstens taxiren zu können.
Es soll Über das Verhalten der optischen Constanten
der Oberflächenschicht gar keine specielle Annahme gemacht
werden. Es kann also das eine Medium in das andere auch
continuirlich tibergehen. Da dies aber nicht durch dazwischen
liegende Werthe der optischen Constanten zu geschehen
braucht, so wähle ich auch in diesem Falle das allgemeinere
Wort Oberflachenschicht anstatt des Wortes Uebergangs-
schicht.
Da die zu benutzenden Gleichungen sämmtiieh linear
sind, und in diesem Falle die Behandlung absorbirender
Medien sioh von der der durchsichtigen nur formell unter-
scheidet, falls man coraplexe Grössen einfuhrt, so scheint
die Bestimmung der reflectirten Amplitude bei continuir-
1) P. Drude, Gott. Nachr. 11. p. 275. 1888 und Wied. Ann. 36.
p. :>32. 1889.
Aop. il. l'tayi. u. Chem. X. F. XXXVI. 55
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P. Drude.
liebem U ebergang im wesentlichen schon durch die Arbeiten
der Herren von der Mübll1) und H. Lorenz8) erledigt
zu sein. Ich möchte schon hier den Unterschied des
Nachstehenden gegen die genannten Arbeiten hervorheben.
Hr. von der Mühll benutzt als Grenzbedingungen die
sechs sich aus der Elasticitätstheorie ergebenden Bedingungen
der Gleichheit der Verschiebungen der Aethertheilchen und
der der Druckkräfte zu beiden Seiten der Grenze, infolge
dessen longitudinale Wellen einzufahren nöthig sind. Hier
wird die Voigt'sche Lichttheorie zu Grunde gelegt, d. h. als
Grenzbedingungen die Gleichheit der Verschiebungen und
das Kirchhoff'sche Princip angewandt. Die Resultate sind
demnach auch verschieden.
Hr. H. Lorenz legt die FresneTsche Definition der
Polarisationsebene zu Grunde, d. h. Verschiedenheit der
Dichtigkeit des Lichtäthers in beiden Medien. Die Be-
trachtungen wären ebenso leicht nach der Neumann 'sehen
Vorstellung auszuführen; allein die Art der Herleitung ist
hier insofern anders und, wie mir scheint, kürzer, weil die
Summation der einmal, dreimal, fünfmal etc. retlectirten
Lichtstrahlen, wie sie Hr. H. Lorenz durch Aufstellung
einer Functionalgleichung und durch Integration einer aus
ihr abgeleiteten Differentialgleichung ausführt, vermieden
wird und eine Differentialgleichung direct, oder auch das
Resultat ganz ohne eine solche hergeleitet wird.
Strenge Formeln für «-Schichten endlicher
Dicke. — Es sollen n parallele Schichten 1, 2,...n zwischen
zwei Medien 0 und n + 1 vorausgesetzt werden, ihre resp.
Dicken seien ^ , lt , . . . /„ und ihre optischen Constanten
uv a2, . . . <*„, wo die a complexe Zahlen sind und die früher
definirte3) Bedeutung haben. Analog seien die Constanten
des ersten und letzten Mediums a0 resp. crw+i.
Es soll ein rechtwinkeliges Coordinatensystem xt y, r,
zu Grunde gelegt werden, die yz-Ebene den Grenzen parallel,
die xz- Ebene in der Einfallsebene, den Coordinatenanfang
1) K. von dor Mühll, Mathem. Ann. 5. p. 471. 1872.
2) H. Lorenz, Pogg. Ann 111. p. 460. 1860.
3i P. Drude, Wied. Ann. 82. p. 596. 1887.
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Oberfläclienschichten. 867
auf der ersten Grenze (zwischen den Medien 0 und 1), die
z-Axe von 0 nach 1 gerichtet. Die Zugehörigkeit zu den
einzelnen Medien soll durch entsprechende Indices bezeich-
net werden.
Die Verrückungen der Aethertheilchen, parallel den
Coordinatenaxen x, y, zf seien u, v, w. Dieselben sind die
reellen Theile gewisser complexer Ausdrücke. Da alle auf-
tretenden Gleichungen linear sind, so setze ich u, v, w diesen
Ausdrücken gleich, wobei dies aber die obige Bedeutung hat.
Es sollen ebene Wellen in 0 nach 1 hin einfallen. Die
Schwingungen parallel und senkrecht zur Einfallsebene lassen
sich gesondert behandeln. Ich nehme zunächst letztere vor
und setze, indem der Index r reflectirte, der Index d ge-
brochene, e die ursprünglich einfallende Welle bezeichnet:
(l— ft*T*»* ) U — iMx — »v- )
(1)
7/1 = 1, 2, . . . 71,
*' _ n * t* *
Hierin ist t = T/271, wo jT die Schwingungsdauer be-
deutet E, R, D, ju, w sind complexe Zahlen, in den späteren
Anwendungen wird E, p und n0 reell angenommen werden,
da das Medium 0 dann als durchsichtig vorausgesetzt wer-
den wird.
Wegen der Differentialgleichungen der Bewegung des
Aethers ist:
(2; ^ + nj = J , /// = 0, 1 . . . h + 1 .
D e Grenzbedingungen lauten:
Für r = 0 ist:
„ « 4. v r _ „ « + v r a *V+ O = „ + 0 .
0 0 1 t 1 > »o — U\ ß: '
(■')
für z = /, :
ü, + üj — v2 vt % dz - ut dz
55
»
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868 P. Drwff,
l für z « lx + /2:
(3)
r Ä /, + k H + '»:
Setzt man für v die Werthe aus den Gleichungen (I)
ein, so entsteht aus (3):
c/0^(E0'-B0')-«1/t1(D1'-R1');
-• w,l, J- it, t, — nst, — —
D,v f + R/* =D.,*e 1 + R2'<- ,
-«^A1» J-«2^2lD^ r -R2V * );
D2'e r + R2'* =DS'* + R3v '
— a2 ?r2
= «3 7T3
[Da'e ' -K/e ' J
IV « 1 -B,-e f J;
D,/e + B.'e
- -^w+i<l,+l.4-..+»1,)
= </n+l Jfn+1 *
Setzt man:
w = 2 , 3 j . . 7i
und dividirt je zwei untereinander stehende Gleichungen, so
erhält man:
FV-V «iW|'d/-V
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Oberßächetuchichten.
*Ö9
(4)
+ - 1 1 (,
D,V 1 - R,V 1
— — »« C 1 '„
Diese « + 1 Gleichungen genügen zur Bestimmung der
n + 1 Unbekannten:
V Dg' D„'
Es möge nun die in der Einfallsebene schwingende
Componente betrachtet werden. Wir setzen:
W + V .
um = - Die ,
«m = - K£<? ,
(5)
e
w\* = -
- (l-i/i*-.,,,!))
D
rn = 1, 2, . . . w.
Digitized by Google
870
P. Drude.
Ate Grenzbedingungen genügen hier die Gleichheit der
Verrückungen, die der Arbeiten der auf den Aether wir-
kenden Ki&fte folgt von selbst daraus. Es ist also:
für * = /, +/2 + .. + /.:
d , r d , r d , r d r
"« + "m = w»+i + «.x l, w. + — m+l + rrÄ+1.
Setzt man wieder:
(6)
Dp ...l.+«rh..+«^i) _ B^+7 -.11.+«,+. 1>_ RJ>
so erhält man die Gleichungen:
E0P + V = rro D,p+ R/
— I * I + - "ill .
D/e « + Rpe ' rr, Dt>+ R»>
D,1
— »i'i
R,p e 1
'n • + »n'n
+ Rpr r
- Rp«
n-4 1
Diese n + 1 Gleichungen genügen zur Bestimmung der
« + 1 Unbekannten:
R/ V R„p
E/' Dp' ' ' D*p
Setzt man:
(8)
R*
= A*
Rp
m
* Dp
= ap» w = 0, 1,2..«,
wobei D0'=E0 gesetzt ist, so kann man beide Gleichungs-
systeme (4) und (7) in der gemeinschaftlichen Form schreiben:
i + V =
i - V
2i ,
t + A,Vr
1 - A,Vl
i + n
b.i 1 + A,
1 + r?
1.2 1 + A/
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Oberftächenschichten.
871
n, i»-fl
n, n+1
wo der Index v beliebig p oder * sein kann.
Die rMtm+x haben, falls alle Medien durchsichtig sind,
die Bedeutung der Schwächungscoefncienten des Lichtes,
wenn es an der Grenze der Medien m und m+1 unter dem
Winkel, dessen sin den Werth u /Vp* + n*? hat, reflectirt wird.
Für absorbirende Medien, wo r complex ist, ist dies in über-
tragener Bedeutung zu verstehen, der Modul von r ist der
eigentliche Schwächungscoefficient, das Argument ist die bei
der Reflexion eintretende Verzögerung.
Will man nur die im Medium 0 reflectirte Amplitude
(und Verzögerung) erfahren, so kommt es nur auf Kenntniss
vonA0> d.h. Elimination der Alf A3 A„ aus den n+1
Gleichungen (9) an.
Diese Elimination ist in jedem Falle, von der letzteren
der Gleichungen anfangend, leicht auszuführen. Es hat kein
wesentliches Interesse, den Ausdruck explicit hier zu ent-
wickeln, da er zu verwickelt ist, um allgemeine Folgerungen
daraus zu ziehen. Jedenfalls ist die Aufgabe als gelöst an-
zusehen, da Aq, d. b. die bei der Reflexion an den n Schich-
ten eintretende Schwächung und Verzögerung als Function
der Constanten «0, ax . . . «» und p, die als gegeben anzusehen
sind, zu berechnen ist.
Die Formeln umfassen auch die Fälle, wo einige der n-
Schichten durchsichtig sind, und wo an ihnen Totalreflexion
eintritt. Die entsprechenden nm sind in diesem Falle ima-
ginär.
Continuirlicher Uebergang des einen Mediums
in das andere. — Es sollen jetzt die Formeln (9) auf den
Fall angewandt werden, dass das Medium 0 continuirlich
durch die Vermittelung der Medien 1, 2, . . n in das Medium
»4-1 übergeht.
Wir setzen demnach:
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S72
P. Drude.
Nach (8) ist dann:
(10) rl.m+l = - <
Läset man die oberen und unteren Indices nun fort, so
erhalt man aus (9) sofort die Differentialgleichung:
falls L die Dicke der Schicht bezeichnet, innerhalb deren
u variirt, und falls auf diese keine andere optisch unterschie-
dene Schicht folgt.
Es sollen hier nur die Fälle betrachtet werden, wo
die Aendernng der optischen Constanten mit der Dicke des
Zwischenmediums sehr rasch erfolgt, was bei natürlichen
Oberflächenschichten jedenfalls stattfindet
Es ist demnach (rc/r)rf/ klein gegen dr, und es ist ge-
stattet, in dem mit dl behafteten Gliede denjenigen N&he-
rungewerth Ä für A einzusetzen, den man aus (11) erhalt,
wenn man dort dl = 0 setzt.
Die Gleichung lässt sich sofort integriren und liefert
mit Berücksichtigung der Grenzbedingungen:
so ergibt sich:
wenn et', n' die Werthe von a und n im zweiten Medium
bedeuten, welche es in grösserem Abstand von der Grenze
besitzt.
Diese Näherungswerthe von A sind also diejenigen, die
man bei einem plötzlichen Uebergange deB einen Mediums in
<las andere erhält.
dl)
0.
Dabei bestehen die Greozbedingungen :
A = A0 für / = 0,
A = 0 für / = /,,
L
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Oberflächenschichtcn. 873
Nach Einsetzen der Näherungswerthe (12) in den Factor
von dl in (11) erhält man durch Integration:
L
i r a'*m^ — .«*j»'-4
1— A' *n'
(13) ' 9 L
1-V n
Benutzt man die Relationen:
so läset sich (13) schreiben:
L
l — V » "
(14)
L
* \ r ,i l
1 + V n. * - Jdt(-
1 - A0" *
Allgemeinste O ber f 1 äch e n s ch i ch t e n. — Die
zuletzt gefundenen Resultate können auch ohne Zuhilfe-
nahme einer Differentialgleichung abgeleitet werden. Zugleich
soll die Voraussetzung, dass die optischen Constanten
der m ten Schicht sich nur unendlich wenig von denen
der vorangehenden unterscheiden sollen, fallen gelassen wer-
den und ein System von Grenzschichten vorausgesetzt wer-
den, welches ausser stetigen Uebergangen auch beliebig viele
Discontinuitäten aufzuweisen hat.
Dabei soll aber die Dicke des ganzen Systems eine gegen
die Wellenlänge X kleine Grösse sein, sodass das Quadrat
der Dicke gegen A2 zu vernachlässigen ist.
Dies ist offenbar die allgemeinste Vorstellung, die man
sich von einer Oberilächenschicht bilden kann.
Eine solche kann man sich zerlegt denken in ein System
von 7» -Schichten der Dicken dlt..dlni in welchen die
optische Natur constant ist.
Das Formelsystem (9) liefert, wenn man den oberen
Index v fort lässt, nach dlv1 di2.. entwickelt und deren
Quadrate fortlässt, die Gleichungen:
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874
P. Drude.
0')
1 + 1 4- r0 i 1 4- A,
l_A" ~ 1 - r^'l^Ax '
1 4- A, /' 4 1 A,
\^_ri,i 1 4- A*
1 - r,
1 - A, [ 1 + t *l rf/* 1- A,'] - F--rl>a * 1 - A, '
i - a. I1 + t rf/-i^?J - i - ^ ;„+1-
Hierbei ist es gestattet, in den mit dl* behafteten Glie-
dern fllr A. diejenigen Näherungswerthe Am einzuführen,
welche aus (9') erhalten werden, wenn man dort alle d/m=0
setzt. Man erhält aus (JT) für die Km die Gleichungen:
l 4- A0 = 1^roA \ 4- A,
l-Ä0
1 + Ä,
l-Ä.
1 - r0>1 l - A,
1 + ri* 14- A,
1 - r
1.2 1 - A,
1 - Aw 1 - 'V»»-H 1 -Äm+1
I _+ A,
l - Ä.
1 + 'W»
1 - '\n+l
Durch Multiplication der n + 1 — m letzten Gleichun-
gen erhält man, da nach (8) ist:
1 + rm.»+ l 1 + rw-fl, «4-2
1 4- r
1 + V
1 - r
1 4- A
1 + r
n, «4-1
4 A.
4 /'
" = ' "V", folglich: m.= •
Durch Multiplication der Gleichungen (9') erhält man
daher, wenn man die Werthe für r4,„ und rj,n aus (8) ein-
führt und an+i = u'j 7in^\ = n setzt:
1 — Ae « 7i \ r ^ ««« ■»
(13')
1 - A/ a' V r ^ a" /
Fur continuirlichen U ebergang erhält man so die frühe-
ren Formeln (13). Zugleich definiren die hier gewonnenen
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übet flächenschkhtf>nt
875
Formeln die Bedeutung der in (13) auftretenden Integrale,
falls innerhalb der Integrationsgrenzen beliebig viele Discon-
tinuitäten liegen.
Im Folgenden soll wieder an Stelle des Zeichens J£ das
Zeichen f gesetzt werden.
Nennt man die wirklich stattfindenden absoluten Ver-
zögerungen und Schwächungsverhältnisse J\ A* und o% «*,
d. h. setzt man:
A/= o,eiJ-y Af-9,eiJ'9
bezeichnet man ferner die Werthe von rp und die ein-
treten würden, falls keine Oberflächenschicht vorhanden wäre,
mit q und d, setzt man schliesslich:
(15)
. I dl = 0, + tdt .
r 7i J ttn
so nehmen die Gleichungen (13) die Form an:
V = .9
Ar und fV sind kleine Grössen, deren Quadrat man gegen
Eins vernachlässigen kann. Man erhält so aus der letzten
Gleichung, wenn man n, = tg v\ setzt:
(l«)
- , • . / / cos J„ i sin J '
(««in J,, / cos J \
cos Jv , »in J
tg2«^ mn2^
Bei durchsichtigen Medien ist bei gewöhnlicher
Reflexion cz, </, n reell, daher <V=0. Ferner ist J»=0,
d. h. (16) ergibt:
(17)
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87 Ü F. Drude.
Es ist also q von der Uebergangsschicht in erster Ord-
nung unabhängig.
Es erklärt sich so, dass die Experimente über die abso-
luten Intensitäten des reflectirten Lichtes völlige Ueberein-
stimmung mit der Theorie ergeben.
Ist ifjp— 0, d. h. für den Polarisationswinkel, so sind die
Formeln (17) nicht gültig. Aus (16) folgt leicht in diesem Falle:
Die Behauptung des Hrn. Voigt1), dass das Zusammen-
fallen von Polar isationswinket und Haupteinfallsuinkel kein Kri-
terium fur ein Fehlen von Oberflächenschichten bietet, welche 1. c,
für eine specielle Annahme über die Constitution der Ober-
flächenschicht bewiesen war, ist somit auch für die allgemeinste
durchsichtige Oberfläche nschicht gerechtfertigt. *)
Da tg2t/', stets viel kleiner als tg2wp ist, so lehrt
Formel (17), dass A, stets weit grösser, als Jp sei. Dies
stimmt mit allen bis jetzt gemachten Beobachtungen überein.
Die Formeln (15) und (14) lehren, dass öp das Zeichen
wechselt, je nachdem 1 / a — 1 ja ^ 0 ist. So ist auch die Ver-
schiedenheit des Vorzeichens der von Jamin entdeckten ellip-
tischen Reflexion durchsichtiger Körper erklärt, da es je nach
dem Brechungsexponenten der Oberflächenschicht wechselt.3)
1) W. Voigt, Wi.d. Ann. 31. p. 32'J. 18*7.
2) Dies Resultat ist plausibel, weil die Wirkung einer allgemeinen
Oberflächenschicht sich stets durch die einer Schiebt derselben Dicke er-
setzen lässt, deren optische Natur constaut ist, und dereu optische Cod-
stanten gewisse Mittelwerthe der der allgemeinen Obertfächenschieht sind;
denn die Integrale lassen sich als Mittelwerthe auffassen. Diese sind
aber in den drei Fällen *, p uud *:p, ja sogar bei s für verschiedene
Einfallswinkel verschieden ; bezeichnet man die ersetzenden optischeu
Coustanten durch einen horizontalen oberen Strich, so gilt:
L L
-■ +'— er = (1-»*«*)| + -
it a J J <t a J
■: -r '
für Fall 1: L
für Fall II:
tt
V
L
für Fall III: L - " j = f
o
3) Das Nähere hierüber s. W. Voigt, Wied. Ann. 23. p. 121. l«*4.
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Oberßächenxthii hten. 877
Für Totalreflexion der durchsichtigen Körper
ist «f, a, 7i reell, ri imaginär. Daher d = 0. So folgt:
gv = c\ = 1 , J„ = J„ + *V sin /f.,
d. h. auch hier wird nur ^ durch die Uebergangsschieht
beeinflusst.
Wir wenden uns wieder zum allgemeinen Fall.
Für die weitere Discussion ist es nothwendig, A0 aus
den Gleichungen (13) zu bilden. Man erhält aus ihnen mit
Rücksicht darauf, dass L eine kleine Grösse ist, deren Quad-
rat zu vernachlässigen ist:
(18)
(19)
A0r- • - - 1 + — - r° - / *a- .
o
Mit Benutzung der Relationen (2) wird dies zu:
AGP= -°- - 1- -11 A -°. -,!//
Ist E* = Ep. d. h. ist das einfallende Licht linear unter
dem Azimuth 45° polarisirt, so wird:
/.
— • - - I i nop I — •
R„P "0*0 + « ^o— " * r J « («0— «') ((l ~ ."*(«. + «'»V
o
oder mit Benutzung von (2):
(20) R-'.',,"^s,'fi+ 2,'.-° .... ^ . r^-'0'"-^^^
o
Hieraus ergibt sich, da jU4— jj«2«'' — * ju2(«0H-a')— l ist:
(2D ,+R{= --.(i- ' - . rV--2n-^ 4
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878
P. Drude.
Aus Formel (18) und (20) folgt, dass, wenn a constant
gleich a ist, die Integrale über dl verschwinden. Dies muss
ja auch eintreten, da in diesem Falle keine Uebergangsschicht
vorhanden ist. Eine solche ist aber auch nicht vorhanden,
wenn a constant gleich a0 ist, und doch sehen wir, dass in
diesem Falle nur in (20) das Integral über dl verschwindet,
in den Formeln (18) nicht.
Dies rührt daher, dass A0 in diesem Falle sich nicht
auf die genaue Grenze der Medien o und ' bezieht, sondern
auf eine um L entfernte Ebene. Will man es auf die Grenze
beziehen, so muss man es mit dem Factor e% mul-
tipliciren. Man erhält dann in der That auch Ausdrücke,
die L nicht enthalten. Dieses hat natürlich keinen Einfluss
auf das Verhältniss der beiden Grössen A9, d. h. auf die
relative Schwächung und Verzögerung, und daher verschwin-
det in Formel (20) für u=*u0 das Glied von der Ordnung/,.
Elimination dei Wirkung der Uebergangsschicht.
— Es sollen jetzt die aufgestellten Formeln für die bei der
Rettexion eintretenden Schwächungen und Verzögerungen
darauf hin untersucht werden, ob man sich durch gewisse
Bedingungen des Experimentes vom Einfluss der Uebergangs-
schicht frei machen kann.
Wir wollen zunächst voraussetzen, dass das Licht anstatt
im Medium o im Medium ' einfalle und an o reflectirt werde,
und zwar sei der Einfallswinkel derjenige, der der Brechungs-
winkel zu dem früheren Einfallswinkel, falls das Licht in o
einfällt, sei.
In diesem Falle seien die refiectirten Amplituden mit
R' bezeichnet.
Die Bedingungen dieser Versuchsanordnung sind nur
bei zwei durchsichtigen Medien zu erfüllen möglich. Für
diese ist es sehr leicht, die Uebergangsschicht zu eliminiren:
denn es ist nach Früherem q von ihr unabhängig. Ausser-
dem bestimmt man bei durchsichtigen Körpern die Brechungs-
exponenten genauer durch Brechung als durch Reflexion; die
jetzt aufgestellten Formeln bieten sonach kein rein praktisches
Interesse, bieten aber guten Anlass, die Theorie durch das
Experiment zu prüfen.
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Oberflächenschichten. 879
Um die Werthe für R' zu erhalten, sind die Buchstaben
mit dem unteren Index 0 und dem oberen ' gegenseitig zu
vertauschen, ebenso die Grenzen in dem Integrale Ober dl
Hierdurch würde aber erst der Werth des Verhältnisses
R'/E an der Grenze des Mediums' und der Uebergangs-
schicht erhalten werden. Will man ihn an derselben Grenz-
flache ermitteln, auf den sich die früheren Formeln beziehen,
nämlich an der Grenze des Mediums o und der Uebergangs-
schicht, so muss man noch den Factor e-2i/r m'L bei R'* und
R> hinzufügen (cf. p. 878).
Berücksichtigt man dies, so lassen sich durch Hinein-
ziehen jenes Factors unter das Integralzeichen die Werthe
für R' schreiben:
E*
{22))
nonu~ <* n
non<> + a n
A>-!L'__----;f1_li„'/,=:.--JL(,/)I
EP 71 0 + 71 \ r J tt u0— IX J
und für E* = E*:
Setzt man:
V*
R' = „W, - if**'" , R'D - "V",
Ep ' E* H.'p
so folgt aus den Formeln (19), (20) und (22) für durchsichtige
Medien:
j o0'=-p\ o0p= -(>'*, o0 = o',
(23) I J/ _ ^» C08 V a ^ _ «o "o = r3 COSjVc ?
I J'1* 7i cos g 4' tin COSq'
falls <p0 der Einfallswinkel im Medium o,
» M » »
iu der Brechungsexponent vom letzteren gegen das erstere ist.
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880
P. Drude.
Es erpeben sich so Beziehungen, welche von der optischen
Natur der Uebergangsschicht völlig unabhängig sind, und welch
leicht experimentell geprüft werden können.
Bei absorbirenden Medien ist diese Anordnung des Ver-
suches nicht möglich. Es sei das Medium o durchsichtig
und das Medium ' absoibirend. Es ist dann zu berücksich-
tigen, dass in allen bis jetzt beobachteten Fällen a klein
gegen a0 ist1), sodass es in einem Correctionsgliede jeden-
falls neben cca vernachlässigt werden kann. Bezeichnet q>
den Einfallswinkel, so ist:
(24) m2- ™lfL.
In der Formel (14) ist daher u in dem Factor u 2 [u + a)— 1
fortzulassen, et variirt von a0 bis a, ist also anfangs nicht
klein. Für diese ersten Elemente hat nach (24) p*a die
Bedeutung sins<jr. Für kleine Einfallswinkel kann man daher
auch a in jenem Factor fortlassen.
Man erhält so aus den Formeln (14) durch Multiplication
die Gleichung:
l-A/l-A* an* t -«'«•'
d. h. einen von der Uebergangsschicht unabhängigen Ausdruck.
Es würde sich so ein Mittel bieten, durch Beobachtung
der absoluten Schwächungen und Phasenverzögerungen der
Reflexion über kleinem Einfallswinkel die eigentliche optische
Constante a des zweiten Mediums zu berechnen.
Indessen ist diese Methode unpraktisch, weil die Beob-
achtungen unter kleinen Einfallswinkeln ungenaue Resultate
geben, und weil sich die absoluten Verzögerungen sehr schwer
beobachten lassen.
Dagegen bietet die Beobachtung der relativen Verzöge-
rung wenig Schwierigkeit, die weiteren Untersuchungen sollen
daher an den Formeln (20) und (21) anknüpfen. Es wäre
zu versuchen, ob sich der Einfluss der Uebergangsschicht
durch Variiren des Einfallswinkels eliminiren Hesse.
1) P. Drude, Gött. Nachr. 11. p. 284. 1888 u. Wied. Ann. 3*.
p. 543. 1889.
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Oberflächenschichten, 881
Hetzt man: q « tg uv,
sin üf tg 2\» = tg Q, cos A sin 2 »f = cos 7', so ist *):
(26)
i +
1_v
Der Eintiuss des Einfallswinkels auf Reflexion an einem
Medium, welches keine Uebergangsschicht besitzt, macht sich
dann nach früheren Untersuchungen *) so geltend, dass nahezu
Q und tg } /> sin 9> tg vom Einfallswinkel unabhängig sind.
Dies wird dadurch begründet, dass:
nahezu vom Einfallswinkel y unabhängig ist.
Formel (21) lehrt nun, das» in dem von der Uebergangs-
schicht abhängigen Gliede der einzige Factor, der if> enthält,
n ist, sodass auch hier Q und S constante Werthe haben.
Durch Variation des Einfallswinkel» kann man also den Einflnss
der Uebergangsschicht nicht eliminiren. Hierdurch ist zugleich
erklärt, warum die Beobachtungen an polir/en Spiegeln mit der
Theorie stet» gestimmt haben.
Die constunten Werthe von Q und S hängen aber von
der Schicht ab. Es ist daher zu versuchen, wenn man an
die Stelle des Mediums o ein Medium, welches gegen o den
Brechungsindex n0 besitzt, setzt, den Einfluss der Schicht zu
eliminiren, vorausgesetzt, das» letztere völlig unverändert bleibt.
Wird für u der Werth aus Formel (24) eingeführt und
werden die Verhältnisse a Ja und aju0 jetzt einfach mit a
und a bezeichnet, d. h. setzt man a0, also die Fortpflan-
zungsgeschwindigkeit im Medium o gleich Eins, sodass T=X
(Wellenlänge) ist, so wird nach (21) und (20), wenn im Cor«
rectionsgliede a neben 1 vernachlässigt wird:
L
(27) 's -vi-„sinvl1 + u«J - riL
0
Bezeichnet man die Werthe von Q und S, wenn das
1) P. Drude, Wied. Ann. »2. p. 615. 1887.
2) P. Drude, Gott Nachr. 11. p. 285. 18*8: Wied. Ann. 86.
p. 544. 1889.
Ana d. Phjfc u. Ch«n. N. F. XXXVI. 56
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882 F. Drude.
Medium o ersetzt wird durch ein solches, welches gegen
ersteres den Brechungsexponenten n„ besitzt, mit Q9 und S9,
so ist an Stelle von a und a zu setzen an0*, ct'n0%.
Demnach ist:
(28) f -.V-; /! + ./■«- V<lT!^r--.'rf/).
V ' «<, Vi -n/a sin Vi AnoV«'^ " /
Durch Division von (28) in (27) folgt:
Die Formel (29) lehrt, wie die für ein reines Metall bei
kleinen Constanten a' gültige Formel1):
Q= Q0, S=n0S0
bei Vorhandensein einer Oberflächenschicht zu corrigiren ist.
In manchen Fällen, z. B. wo es sich um die Wirkung
einer durch Poliren entstandenen künstlichen Oberflächen-
schicht handelt, wird man diese als durchsichtig, d. h. et als
reell annehmen können. Macht man ausserdem die aus an-
deren Gründen1) wahrscheinliche Voraussetzung, dass der
Brechungsexponent der durchsichtigen Oberflächenschicht
nicht sebr hoch sei, sodass er ungefähr dieselbe Grösse, wie
bei den bis jetzt beobachteten durchsichtigen Medien besitze,
so ist im Correctionsgliede auch a neben a zu vernach-
lässigen.
Man erhält so, falls (n0l— 1)«' neben Eins fortgelassen
wird:
^ V l — a sin V * ^
L
(30)'
Äo l/l-n0a'sinV
L
§."•-«• = 1 [4 + <2.n • ' .SV- '« f{\ + «..«) rf/] .
1) Drude, Gött. Nachr. 11. p. 287. 1888. Wied. Ann. 3«.
p. 547. 1889.
2) Aus Jam in's Beobachtungen hat der Brechungsexponent der
meisten Polirschichten ungefähr die Grösse 1,45.
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Oberfläctunschichten. 883
Wenn man noch in einer dritten Flüssigkeit beobachtet,
so kann man die beiden Unbekannten L und f a dl eiimi-
o
niren und ist so von der Oberflächenschicht frei. — Eine
andere Methode wäre auch die, durch längeres Poliren nur
L zu vergrößern, während a constant bleibt.
Aus der letzten der Formeln (30) folgt:
(31)
" f = 1 + sin Q. s\» \ lf (1 + n.«)dl
0 0
L
Q- & « cos Q . S \n \~lf(\ + n0u) dl.
Es ist also für n0 > 1 :Q > Qot n0 S0 > S, da Q = arctg x,
wo x die Absorptionsconstante bezeichnet, stets positiv ist.
— Die letzten Relationen können zur Prüfung dienen, ob
die angewandte Flüssigkeit der hier gemachten Voraus-
setzung entspricht, die Obernachenschicht nicht zu inoditi-
ciren. Im allgemeinen scheint dies nicht der Fall zu sein,
die Flüssigkeiten werden stets selbst natürliche Oberflächen -
schichten besitzen. — Ich hoffe an einer anderen Stelle
meine hierüber angestellten Versuche ausführlicher angeben
zu können, bemerke vorläufig nur, dass sich aus Beobach-
tungen von Kupfer in Luft, Wasser, Alkohol, Schwefel-
kohlenstoff und Cassiaöl stets Q < Qo, n0S0< S ergeben
hat, sodass diese Flüssigkeiten in Berührung mit Kupfer
nicht den gemachten Voraussetzungen entsprechen. — Ich
halte daher die Reflexionsbeobachtungen in Flüssigkeiten,
selbst wenn der Spiegel frei von einer Uebergangs- oder
Oberflächenschicht wäre, zur Prüfung der Theorien der
Metallreflexion nicht geeignet, da sich stets die Oberflächen-
Schicht der Flüssigkeit geltend machen wird, wie ja schon
die starke elliptische Reflexion der Flüssigkeiten an der
Grenze von Luft zeigt.
Wir haben gesehen, dass es noch nicht gelungen ist, die
Wirkung der Oberflächenschicht bei Metallen zu eliminiren,
wenigstens durch alleinige Beobachtung der relativen Schwä-
chungen und Verzögerungen. Es ist daher schon von Nutzen,
dass man den Sinn festzustellen sucht, in welchem A und u> ,
56*
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864 P. Drude.
durch die Schicht verändert werden, da man dadurch wenig-
stens in Stand gesetzt ist, zu heurtheilen, wie ein Spiegel
behandelt werden muss, um eine möglichst kleine Ober-
ttächenschicht zu haben, und da man so entscheiden kann,
welche von den berechneten Werthen für n und x der Wahr-
heit am nächsten kommen.
Aus der ersten der Formel (30) folgt, wenn man die
Werthe, welche Q und 5 annehmen, falls eine Oberflächen-
schicht fehlt, mit Q und 6' bezeichnet:
L
sin Q + 2" J (\ - a) dl
coa Q cos Q sin Q o
<32) T = g ' S ~ S
Da nun ist1):
cos Q l ein Q x
so lehrt Formel (32), dass der durch Beobachtungen aus
Reflexion und Luft8) gewonnene Werth von n(l+x*) nahezu
richtig, dass dagegen x zu gross, also n zu klein berechnet
sein wird.
Aus Formel (20) folgt, wenn diejenigen relativen Schwä-
chungen und Verzögerungen, die_ ohne Oberflächenschicht
stattfinden würden, mit tgi/f und 2 bezeichnet werden:
(33) tg^^-tg^O-^is^J^.-jf-:
0
Da u klein ist, so ist es gestattet, a'2sin*qp neben cos2qp — </
fortzulassen.
Setzt man:
a = a} + ialf u = a + «V,
und bezeichnet Brechungs- und AbsorptionscoSfficient der
Oberflächenschicht mit n und x, so ist8):
1 -je» 2x
a ~ »* (l + x V» a ~~ »' (l + x*)» *
1) P. Drude, Gött. Nachr. 11. p. 285. 1888. Wied. Ann. 86.
p. 544. 1889.
2) Es ist dann jedenfalls « <1.
3) P. Drude, Wied. Ann. 82. p. 616. 1887.
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Oberflächenschichten. 885
Wir wollen voraussetzen, dass die Oberflächenschicht
nur mässig absorbire, sodass xs neben 1 zu vernachlässigen
sei. Durch Trennung des Reellen und Imaginären gewinnt
man dann aus Formel C33):
i . — [ . 4n CO« ur MUsop
•r{«1'(i-»»ai)"'Ti_2x»'<*
- [( ÜS^ - «,][«,'(»'- 1)+ £ (1-«,. !«)]}«</],
« ^/ 4 n coa <f> sin *</
~" i (co8fi/« — a,i* + a,'*"
+ al'«(»,-l) + 2",'(l-«1n*)}^.
Es ist a, bei stark absorbirenden Körpern, z. B.
Metallen, entweder eine sehr kleine positive oder eine nega-
tive Zahl. Ferner ist, wenn man die Beobachtungen in Luft
anstellt, sehr wahrscheinlich n > 1. Bei kleinem x ist also:
(l - n'ay'"1 -2*nV>«>
Da a,' stets positiv ist, coa'y. — a, für nicht sehr
grosse Einfallswinkel ebenfalls, so zeigt die letzte der For-
meln (34), dass für diese A durch die Oberflächenschicht
stets verkleinert wird.
Diejenige Behandlung eines stark absorbirenden Körpers,
welche bei nicht sehr grossen (< 70n) Einfallswinkeln die grösste
relative Verzögerung ergibt, ist also als eine solche anzusehen,
welche dem Körper die kleinste Oberflächenschicht belässt und die
richtigsten Constanten «, , x, liefert.
Es sei daran erinnert, dass die Formeln stets für die in
gewisser Weise willkürliche Annahme gelten, dass bei senk-
rechter Incidenz die relative Verzögerung den Werth ny bei
streifender den Werth 0 besitzt.
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886
P. Drude.
Discussion der Wirkung einer durchsichtigen
Oberflächenschicht. — Die Betrachtungen knüpfen an
die Formeln (34) an. Es ist dort x = 0 zu setzen. Da aber
tgi/- durch die Beobachtung nicht direct geliefert wird, son-
dern 2y>, so soll die erste der Formeln (34) dementsprechend
umgeformt^ werden. Dazu dient die Bemerkung, ^ass, wenn
tg \p= tg y(l + S) ist, 2u> durch dieGleichung 2y/«2 \p + Jsin2^<
gegeben wird.
Es soll ferner berücksichtigt werden, dass al und a1/
kleine Zahlen sind, sodass n2aY neben 1 und n2^/2 neben
Oj zu vernachlässigen sei.
Man erhält so aus (34):
o
fiächenschicht erzeugten Zuwachse von 2y und A mit D2t/»
und DA, so lehren die Formeln (35) sofort Folgendes:
Da klein gegen 1 ist, so ist für kleine Einfallswin-
kel DJ weit grösser als D2i/>. Mit wachsendem Einfallswinkel
wachsen DA und D2i// und für einen Einfallswinkel, dessen
Cosinus von der Grössenordnung wie Val ist, werden sie
von der Ordnung 1/Ya1} d.h. sie erreichen hier ihre Maxima
und werden von gleicher Grössenordnung.
Für kleine Einfallswinkel ist D2tp sehr klein und
negativ, für grössere ist es grösser und positiv, sodass im
wesentlichen D2v> positiv ist. Der Verlauf von DA ist ein
verschiedener, je nachdem a^O, d.h. x,^l ist. In ersterem
Falle ist es für kleinere Einfallswinkel negativ, für cosay — a^
ist es 0, für grössere Einfallswinkel positiv. Ist ax< 0. wie
bei allen bis jetzt beobachteten Metallen, so ist DA stets
negativ.
0
Dabei folgt aus (20), dnss ist:
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Oberfläckenachichten.
887
Für streifende und senkrechte lncidenz ist sowohl D2y/
als DJ gleich Null.
Es soll jetzt untersucht werden die Lage und Grösse
eventueller Maxima von D2t^ und DJ. In diesem Falle,
da es sich, wie wir vorhin sahen, nur um grosse Einfalls-
winkel handelt, kann man die Formel (35) für D2t// ein-
facher schreiben, indem man /i'cos'qr neben 1 fortlässt.
Aus (36) folgt nun:
rfsin2y =2 8inVtgVVV+<»i',-» j VV+ a, ' + tf,) (1 +co»'y)tg,y
o> (•mVtgVV«iVal,*+l)» VK'+fl/^inVtgV^siÄVtgV +1 '
Berücksichtigt man dies, so folgen die Werthe von <jp,
für welche D2ii< ein Maximum erreicht, aus der Gleichung:
2 (Va,* -f ff,'* + «,) (1 4- cos* r/ ) sin * (f tg* fjr . sin* <? tg* <jr> \al % + a x ' * — 1
(a,* H-ff,'*) Bin4 qr> tg1«? - 2a, sin1 v tg1^ + 1 sin* <jp tg'v * + + 1
[(cos* <jp — a, )*_+ a, [2cos'y - sin* + 4 coa' qp sin' («o»1 <F - « i ) ft
+ (cos9 ff - ax )■ + ff , » ~
Setzt man nun cos2«/- =3 und vernachlässigt d und höhere
Potenzen neben 1, so gewinnt man für <5 die cubische
Gleichung:
(38) 6* + a*^1' + J* ~ 4tfl + *fl»' + V - J VV + <,3= 0.
Setzt man Va^-Ha,'* =6, so kann man diese Gleichung
in der Form schreiben:
(39) + i (d - a, ) + - Ä«) (* ^ + ) - 0 .
Ueber die Wurzeln dieser Gleichung kann man geomet-
rischen Aufschlu8S erhalten, wenn man:
(» + }*') }(A - «,) (a> - **) = x
setzt und in ein Coordinatensystem, dessen Abscissenaxe die S
repräsentirt, die Werthe von y und x einträgt. Die Schnitt-
punkte der Curven x und ;/ geben die Wurzeln. Es ist
nun b > a, man erhält demnach Curven von der Gestalt,
wie sie in Fig. 8 und Fig. 9 gegeben sind, d. h. stets und
nur einen positiven Wurzelwerth d, d. h. einen Einfalls-
winkel, für den D2i^ ein Maximum erreicht. Die Wurzel <5
muss zwischen a und b liegen.
Die Grösse dieses Maximums ist in derselben Annäherung,
wie wir sie bisher benutzt, gegeben durch:
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888
F. Drude,
(40) l)2v=C -VAifL .-___L ,
wo C eine reelle Constante bedeutet.
Aus der Formel (85) ergibt sich ferner die Lage der
Maxima von DJ durch Differentiation nach (p. Setzt man
cos*<p mt t, so erh< man in der angewandten Näherung
für e die cubische Gleichung:
(41) *> - fll «» - (V + SO « + fll (V + O = 0.
Man kann sie in der Form schreiben:
(c + «,)(€ - o,)« + «/' («, - 30 = 0.
Setzt man:
(6 + #»,) (e - a,)3 = * , <2(3« - a,) » y
und wendet die im Vorigen benutzte graphische Methode
an, so erkennt man aus den Fig. 10 und 11, dass für ax > 0
zwei positive Wurzeln €, für ^ < 0 nur eine existirt. Im
ersteren Falle erreicht also DJ für zwei Einfallswinkel ein
Maximum, resp. Minimum, im letzteren Falle nur für einen.
Die Grössen derselben werden gegeben durch:
(42) D^--.c.?^>r4?-..-
Vergleichung mit Beobachtungen. — Es können
D2v und DJ beobachtet werden an solchen natürlichen
Spaltung8fläehen, die sich im Laufe der Zeit von selbst mit
einer Obertiächenschicht , vielleicht durch Oxydation oder
Adsorption von Gasen, bedecken. Es hat sich als wahr-
scheinlich herausgestellt1), dass frische natürliche Spaltungs-
flächen frei von einer Oberflächenschicht sind, sodass man
also bei ihnen die ursprünglichen Werthe qr> und A kennt.
Ich habe früher') bei Mittheilung der Beobachtungen
über Reflexion des Lichtes am Antimonglanz angegeben, in
welcher Weise sich 2 t// und J mit der Zeit änderten. Ich
hatte damals diese Untersuchungen noch nicht angestellt
und habe dort gesagt, dass sich diese Veränderungen erklären
lassen durch Wachsen der Absorption sconstan ten x, während «
1) P. Drude, Gött Nachr. 11. p. 283. 1*88 und Wied. An«. Stf.
p. 542. 1889.
2) P. Drude, Wied. Ann. 34. p. 489. 1888.
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Okerflär.hensch ich ten.
S«9
constant bleibt. In der That erhält man dadurch dieselben
Formeln für D2i/> und DJ wie hier. Diese Erklärung ist
aber bedeutend weniger wahrscheinlich, als die hier gegebene.
Bei allen absorbirenden Körpern nämlich, die ich bis jetzt
beobachtet habe, ändert sich A nur in dem einen Sinne, es
ist aber nicht einzusehen, weshalb nur auf x ein Einfluss
ausgeübt werden sollte und auf n nicht, und zwar nur in
dem einen Sinne, dass * yergrössert würde. Dagegen bietet
die Annahme einer Oberflächenschicht von geringem Ab-
sorptionsvermögen nichts Unwahrscheinliches, sowohl für die
Veränderungen, welche sich mit der Zeit von selbst voll-
ziehen, als auch für künstliche durch Poliren her?orgerufene.
Selbst wenn das Absorptionsvermögen der Oberflächen-
schicht zu berücksichtigen wäre, so ändert sich nach dem
p. 885 Gesagten J stets nur in einem Sinne, sodass die
Erklärung jener Aenderungen durch Oberflächenschichten
wohl ausser Zweifel steht. Das Gleiche gilt für die im I. Theil
mitgetheilten Beobachtungen am Steinsalz und Bleiglanz.
Streng genommen sind die hier entwickelten Formeln
deshalb nicht auf den Antimonglanz anwendbar, weil hier
die Voraussetzung gemacht ist, dass das Medium isotrop sei.
Indessen zeigen die Formeln (3) und (4) der eben citirten
Abhandlung1), dass für grosse Einfallswinkel, mit denen wir
es hier nur zu thun haben, die Gesetze der Reflexion in
der ersten rcsp. zweiten Hauptlage annähernd die gleichen
sind, als ob ein isotropes Medium mit den dort bezeichneten
Constanten ß resp. a reflectire. Dabei bezeichneten die
Hauptlagen diejenigen Lagen der rcflectirenden Krystall-
fläche, in denen ihre Symmetrieaxen parallel und senkrecht
zur Einfallsebene standen. In beiden Fällen soll also in
den hier abgeleiteten Formeln für d = ax + die dort
gegebenen Werthe von ß, resp. a substituirt werden.
lieber die Grösse von DJ und D2i/j verweise ich auf
die citirte Arbeit. Ich habe in Fig. 12 und 13 die Werthe
graphisch dargestellt, die Figuren unterscheiden sich von
den bei der früheren Arbeit gegebenen nur dadurch, dass
auch DJ in Geraden anstatt in Wellenlängen ausgedrückt
ist. Die beobachteten Werthe sind durch X und 0 markirt.
1) P. Drude, 1. c. p. bid.
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P. Drude.
Ein Blick auf die Figuren 12 und 13 genügt, um die
Resultate der Discussion der p. 886 aufs vollständigste be-
stätigt zu finden. Es gilt für beide Hauptlagen die Relation
Oj > 0. Hinsichtlich der Werthe von D2i/; sei bemerkt, dass
die Theorie für kleine Einfallswinkel negative Werthe ver-
langt, während sie in Fig. 12 und 13 Null sind. Indessen
nach den Werthen der Tabellen VII und VIII der citirten
Abhandlung1) hat in der That D2y anfangs negative Werthe,
bis ungefähr ^«50°, aber sie sind so klein, wie ja auch
die Theorie verlangt, dass ich sie nicht für genügend sicher
bestimmt halte und daher in den Figuren nicht angedeutet
habe.
Aus Formel (35) folgen die Werthe von y , für welche
DJ verschwindet, zu:
Vl - 77° SO', V, - 79v 0',
(die angehängten Indices sollen sich auf die erste, resp. zweite
Hauptlage beziehen), nach (41) nimmt DJ Maximal werthe
an für:
s 75° 0' und 79° 35', <ya -* 77° 33' und 80° 13',
und erreicht in ihnen die Werthe (nach (12)):
D Ax « - C . 0,72 und + C . 0,50 ; D ät = - C . 1 ,2 1 und + C. 0,95.
Nach (38) nimmt 2\p Maximalwerte an für:
<fx = 77° 15', cf% = 78° 55',
und zwar sind dieselben nach (40):
D2y, = C.0,22, D2y/8 C.0,26.
Alles, auch die relativen Verschiedenheiten der beiden
Hauptlagen, findet sich in den Figuren 12 und 13 bestätigt
nur hinsichtlich der Grösse der Maximalwerthe kommen
einige numerische Abweichungen vor, die aber unerheblich
sind, und auf deren Grund ich nicht weiter eingehe.
Ich habe in letzter Zeit auch an natürlichen Spaltungs*
flächen von Tellurwismuth eine Veränderung mit der Zeit
wahrgenommen. Bei ihm ist x>l, d.h. o,<0, daher bieten
diese Beobachtungen ein ergänzendes Beispiel zu dem vorigen.
Auf die Bestimmung der Constanten ist im Anhaug
1) P. Drude. 1. c. p. 504.
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Oberfläch ensch ichien.
891
näher eingegangen. Aus den dort angegebenen Beobach-
tungen folgt:
Folgende Tabelle gibt die Differenzen von A und 2 wf
wie sie an einer Fläche sechs Tage nach der Spaltung beob-
achtet wurden, gegen die ursprünglichen Werthe derselben
frischen Flache:
ff 30° 35" 55° ß0° 65° 70° 75° 80°
-DJ 4«.)' 1°25' 2° 38' 3° 51' 5° 4' 5° 59 74 12 9° 12'
D2y -2 -21' -9' -22 7' 1° 0' 1°30' 2° 4
Diese Werthe sind in Fig. 14 dargestellt. Nach For-
mel (38) erreicht D2w sein Maximum für tp « 70" 43', nach
(41) DJ für 9 = 77° 35'. Nach den Formeln (42) und (40)
betragt das Verhältniss der Werthe D/f:D2i^ für <f =80°:
Nach der Beobachtung roüsstc dies grösser sein, die
Abweichung kann durch eine geringe Absorptionsfähigkeit
der Oberflächenschicht erklärt werden; denn nach Formel (34)
wird dadurch D2tp verkleinert, DJ vergrössert — Im übri-
gen stimmt der Verlauf der Curve der Fig. 14 völlig, mit
dem für den Fall Oj < 0 theoretisch sich ergebenden Resultat.
Ich habe schliesslich auch am Blei Veränderungen mit
der Zeit beobachtet. Dieselben sind aber zu bedeutend, als
dass man auch hier noch voraussetzen könnte, dass die Dicke
der Oberflächenschicht gegen die Wellenlänge klein sei. Ich
will hier nur bemerken, dass DJ und D2y> ganz ähnlich
verlaufen wie beim Tellurwismuth.
Für Blei ist n = 1,78, nx = 3,15, x = 1,77, d. h. ax < 0.
Daher muss sich Blei analog wie ersteres Mineral verhalten.
Auf die Bestimmung der hier angegebenen Constanten hoffe
ich an einer anderen Stelle näher eingehen zu können.
Reflexion an einer einzigen homogenen dicken
Schicht. — Dies Thema ist in einer Arbeit des Hrn. Voigt1)
jüngst behandelt. Ich gebe die Resultate, obgleich dieser
Fall nicht unter den der Oberflächenschichten zu rechnen
Ii W. Voigt, Wied. Ann. p. 76. 1888.
ax = -0,0170
«/ = + 0,0336.
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892
F. Dm dt .
ist, da endliche Dicke angenommen wird, trotzdem hier noch
einmal an, weil sie sich mit Leichtigkeit aus den aufgestellten
Formeln ableiten lassen, und zwar durch Anwendung von
zulässigen Vernachlässigungen in einer fur die Rechnung
höchst bequemen Form. Die Endresultate sind demnach
nicht identisch mit den Voigt'schen, sind vielmehr als An-
näherungen zu betrachten, die aber für Beobachtungen an
absorbirenden Mitteln Gültigkeit besitzen. Ich hoffe, dem-
nächst die Formeln praktisch verwerthen zu können.
Das Formelsystem (9) liefert, wenn nur eine Zwischen-
schicht vorhanden ist:
Ii
(43,
»,t,
1 - A*e
Hieraus folgt durch Elimination von A, :
(44) A.* - ß* - r°:i + ^ '
■* — *i »i
Diese Formel gilt noch völlig streng und umfasst alle
Fälle, auch z. B. den dreier durchsichtigen Medien. In die-
sem Falle hat sie die bekannte Gestalt. *) Formel (44) zeigt
somit, dass durch Einführung der complexen Schwächungs-
verhältnisse r die bekannte Formel auch auf absorbirende
Medien auszudehnen ist.
Wir wollen nun die Annäherung eintreten lassen, dass
aljaQ und «2/ao geKen 1 zu vernachlässigen seien. Dieser
Fall bezieht sich demnach auf die Reflexion an einem
Metall, welches von einem anderen Metall überdeckt ist.
Es hat sich bis jetzt stets herausgestellt, dass, selbst
wenn die Constante a des Metalls verhältnissmässig gross
ist, d. h. klein (etwa gleich 10), die Unsicherheit der
Beobachtungen grösser als die hierdurch bedingte Un-
genauigkeit ist. Für durchsichtige Medien wäre allerdings
l) W. Voigt, I. c. p. 84.
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Oberflächenschichte». 893
jene Annahme unzulässig, da in diesem Falle aja0=^lln2 ist
wo n den Brechungsexponenten bedeutet.
Nach den Formeln (8) wird so, falls «,/«0 und utj vt%
wieder mit «, und u% bezeichnet werden:
f $ _ C08 (J) - V^l CO« <f> V «, - l
r , _ V^m - V«, r p = V ^ - \ ~t
Es ist also r12 vom Einfallswinkel unabhängig. SeUt
man :
v«! + V«, v«, + y«; *
so liefern die Formeln (43), da ru' = - r,/ ist:
(45)
1 + A0* 1 + r0* 1 + z co*<f l+j
I-Ao ~~ l-x~ ^
1 - A/ 1 - 1 + * ' 1 1 -
0,1
Setzt man:
sin J, tg 2 I/-, = tg Q. , sin Av tg 2 \pv -> tg ^ ,
cos tg sin 2 = cos cos sin 2 = cos /J, ,
so wird (cf. p. 881 Formel (26)):
1 + A0'_ eiQ» 1 + A/_ e1«*
l - ad- = tg i>; i - a0" " tg 4 p/
Nach Formel (45) sind also Q und tg J /* . cos y con-
stante, von <jp unabhängige Grössen, gerade wie bei der ein-
fachen Reflexion an einem Metall. Die Abhängigkeit dieser
constanten Grössen von der Dicke lx der zwischenliegenden
Metallschicht ergibt sich sofort, wenn man in dem in (45)
auftretenden complexen Factor (l-f;r)/(l— .r) das Reelle und
Imaginäre trennt
Für die relativen Schwächungen und Verzögerungen ge-
winnt man aus (44) ebenso die Gleichung:
1) Durch Maltiplicatiou dieser beiden Gleichungen ergibt eich eine
von beiden Metallen unabhängige Relation, cf. oben p. 880.
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894
P. Drude.
(4tf)
Hier ist P und Q analog detinirt wie bei den absoluten
Schwächungen und Verzögerungen. Es sind also auch hier
Q und 5 = tg^Psin (p tg<p constante, von tp unabhängige
Grössen, analog wie wir oben p. 881 es für eine unendlich
dünne, aber sonst ganz willkürliche Obertiachenschicht con-
statirt haben.
Die Abhängigkeit des Q und S von der Dicke lx ergibt
sich auch hier in einfacher Weise durch den Factor (1 — -f x).
Es ist dies zur Vergleichung mit der Beobachtung höchst
geeignet, da Q und S als Mittel werthe aus Beobachtungen
für mehrere Einfallswinkel zu erhalten, und alle Rechnungs-
operationen höchst einfach sind, genau so, wie bei der Re-
flexion an einem einzigen Metall.
Ich hoffe, demnächst Beobachtungen hierüber angeben
zu können.
Der bequemen Uebersicht halber fasse ich die wichtigsten
Resultate hier noch einmal kurz zusammen:
Unter Oberflächenschicht wird eine durchsichtige oder absor-
birende Schicht verstanden , deren optische Constanten eine ganz
beliebige stetige oder unstetige Function der Dicke sind, und deren
Gesammtdicke gegen die Wellenlänge klein ist
1) Für die Wirkung einer Oberflächenschicht auf die reflec-
tirten Amplituden und Phasenverzögerungen ist eine Formel auf-
gestellt, sodass sich die Wirkung berechnen lässt, wenn man die
optische Natur der Oberflächenschicht vollständig kennt
2) Bei der gewöhnlichen sowohl wie. der Totair eflection an
durchsichtigen Medien werden nur die Phasenverzögerungen durch
eine (durchsichtige) Oberflächenschicht beeinflusst
3) Bei absorbirejiden Medien kann man durch Beobachtuno
beider absoluten Phasenverzögerungen und Schwächungen die Wir-
kung der Oberflächenschicht eliminiren. Durch alleinige Beob-
achtung der relativen Phasenverzögerung und Schwächung kann
man dies nicht, weder durch Variation des Einfallswinkels, noch
durch Beobachtung in verschiedenen Flüssigkeiten.
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Oberflächenschichten
895
4) Setzt man Jest, dass bei streifender Incident die relative
FhasenverzÖgerung den Werth Null habe, so wird dieselbe bei ab-
iorbirenden Körpern für massig grosse Einfallswinkel durch eine
Oberflächenschicht stets verkleinert.
o) Die am Antimonglanz und Tellurwismuth beobachteten
Aenderungen der relativen Phasenverzögerung und Schwächung
mit der Zeit lassen sich vollständig durch die Wirkung einer
durchsichtigen Oberflachenschicht erklären.
Anhang.
Bestimmung der optischen Constanten des Tel-
lurwi8muths. — Es wurde mir durch die Güte des Hrn.
Prof. Dr. Liebisch ein Exemplar aus Deutsch-Pilsen in
Ungarn von ca. l/i °*cm Grösse zur Verfugung gestellt, wel-
ches ausgezeichnet spaltete. Da aber die Flächen kleine
Unebenheiten zeigten, so erwies sich homogenes Licht, selbst
im Sauerstoffgeblase, ab zu schwach, und es musste mit
"Sonnenlicht beobachtet werden. Es war dies zulässig, indem
bei richtiger Einstellung ein dunkelvioletter Streifen im Ge-
sichtsfelde erschien, der roth und blau gesäumt war. Die
Beobachtungsmethode war sonst die frühere.
Das Tellurwismuth ist hexagonal, es spaltet nach der Basis.
Es galt sonach für die optischen Constanten a und yt welche
sich auf die zur Hauptaxe senkrechte und parallele Rich-
tung beziehen, die Formel1):
(47)
V a cos q> 4- Vi — o ain*^ ^ coe q> — V« V1 — f ain'y
^j» Va cos 9 — Vi — o sin*<7> coaqp + Vo Vi — f «n'qp
Macht man wieder die durch die Beobachtung noch zu
bestätigende Annahme, dass a und y so klein seien, dass
ihr Quadrat gegen 1 zu vernachlässigen sei, so wird:
1 + 1' l \
(48) -S-w* sin? tg? Va[\ + l«sin>).
Nach früher2) gegebenen Formeln ist:
1) P. Drude, Wied. Ann. 32. p.619. 1887.
2) P. Drude, Wied. Ann. 32. p. 615. 1887.
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896 P. Drwlr.
np cos 2yt 8in2t!'8iuJ «• v
K4 ~ I - sin 2 u> cos J I — 8in2 i/; cos A ~~ tg } P '
wo Q und /* wie in dem I. Theil der „OberHächenschich-
ten" definirt sind, d. h.:
sin A tg 2 1/» = tg Q, cos A sin 2 1/7 = cos P.
In erster Annäherung, d. h. mit Vernachlässigung Ton
a und y ge8en l> stimmt also die Formel (48) mit der für
Metalle gültigen1) überein, ob die durch Formel (48) gege-
bene zweite Annäherung durch die Genauigkeit der Beob-
achtungen zu erreichen möglich ist, hängt davon ab, ob sich
in den beobachteten Q und 5, wo = tg J/*sin <p tgy ist,
•eine der Formel (48) entsprechende systematische Aenderung
mit tf ergibt oder nicht. Im ersteren Falle kann man dann
u in zweiter, / in erster Näherung berechnen.
Folgende Tabelle enthält die Beobachtungsresultate:
,f 30° 35° 40° 4ö° M)° 55°
2y 86° 43 85° 34' 83° 50' 8'J" 9' 79° 30 77° 8'
n-J 5 14 7 28 10 18 18 31 17 84 22 38
logtgQ 0,1414 0,2243 0,2188 0,2292 0,2117 0,2266
\ogS 0,7314 0,7243 0,7103 0,7128 0,7061 0,7071
60° 65° 70» 75° 80°
2y 73° 52' 70° 20 66° 4' 01° 1 60° 36'
n-d 28 33 3ti 38 48 25 «5 36 n-19°12
logtgQ 0,2181 0,2227 0,2267 0,2156 0,2413
V
Ü 0,7124 0,7168 0,7175 0,7212 0,b755
Es zeigt sich keine systematische Aenderung von Q
und 5 mit (p. Daher ist es nur möglich, Vct oder vielmehr
y a (\ -\- \{u — y)) ia erster Näherung zu berechnen. Dass
die zweite Näherung nicht gelingt, liegt an der Grösse von
S, d. h. der Kleinheit von a, sodass die p. 895 gemachte
Annahme auch hier noch berechtigt ist.
Da es sich nur um die erste Näherung handelt, so ist
J(a — y) gegen 1 zu vernachlässigen, d.h. aus der berechne-
ten Constanten Ya findet man den Brechungs- und Absorp-
tionscoefticienten n und * gerechnet für eine Richtung senk-
recht zur Hauptaxe.
HP. Drude, Gott. Nachr. 11. p. 284. 1888. Wied. Ann. 36.
p. 543. 188!).
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Oherflächenschichten. 897
Nach den im I. Theil der „Oberflächenschichten" gege-
benen Formeln finden sich als Grenzwerthe:
n, =2,666 n,, =2,716
n,*, == 4.440 »s*,- 4,359
als wahre Werth? der Constanteii des Tellur trismuths fur weisses
Licht:
n = 2,70; nx = 4,39: x = / fi3: = 2tf,22.
Phys. Inst, zu Göttingen, December 1888.
IX. lieber die Veränderlichkeit der specifischen
Wärme des Quecksilbers mit der Tempertttur;
von Julius Mil thai er.
Einleitung.
Regnaul t1) fand nach der Mischungsmethode für die
mittlere specifische Wärme des Quecksilbers zwischen 0° und
100° den Werth 0,03332. Die Abhängigkeit derselben von
der Temperatur suchte er nach der Erkaltungsmethode zu
bestimmen; jedoch die Fehlerquellen dieser Methode bewirk-
ten, dass die berechneten Zahlen zu klein wurden. Reg-
nault*) erhielt nämlich:
c\a = 0,0282 , cj« - 0.0283 , c» = 0,0290 :
wenigstens aber scheint aus diesen Zahlen zu folgen, dass
die specifische Wärme des Quecksilbers mit der Temperatur
zunimmt. Ausgedehntere Untersuchungen in dieser Richtung
wurden nach der Misch ungsraethode von Dulong und Petit5)
angestellt. Sie fanden folgende Werthe:
c01M = 0.0330 , <v,<w = 0,0350 ,
d. h. nach ihren Messungen wächst die mittlere specifische
Wärme des Quecksilbers für 100° etwa um 3 Proc. Dagegen
beobachtete Winkelmann4) eine Abnahme der specifischen
1) Regnault, Pogg. Ann. öl. p. 237. 1840.
2) Regnault. Pogg. Ann. «2. p. 79. 1844.
3) Dulong u. Petit, Journ. de lecole polytcchn. 11. p. 22ß. 1820.
4) Winkelmann, Pogg. Ann. K>9. p. 152. ls7f».
Ann. d. Phy«. a. Chem. N. F. XXXVI. ;>7
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J Milt/mler,
Wärme mit der Temperatur und gab dafür die Formel: die
wahre specifische Wärme des Quecksilbers bei /° ist:
nt = 0,03B6 - 0,0669/,
also die mittlere zwischen 0° und /°:
c0'=: 0,0336 - 0,0635/.
Pettersson1) bestreitet diese Aenderung, jedoch, wie mir
scheint, mit Unrecht. Er giebt nämlich folgende Zahlen:
,■» = 0,033266, <f « 0,033 262, cf = 0,033 300, <f = 0,033 299.
Die grösste vorkommende Abweichung2) beträgt in Proc.
des Werthes c08 angegeben nur 0,36 Proc; nun sind die
Beobachtungen nach seiner eigenen Angabe3) bis auf 0,65
Proc. genau, also kann aus den obigen Zahlen nur ge-
schlossen werden, dass bei einer Genauigkeitsgrenze von 0 65
Proc. die mittlere specifische Wärme des Quecksilbers in
dem Intervall von 0° bis 36° unveränderlich ist, und nicht,
wie Pettersson will, dass dieselbe wenn auch nur in sehr
geringem Maasse mit der Temperatur zunimmt.
Ich habe zur Entscheidung dieser Frage neue Ver-
suche nach der Methode der Mischung angestellt. Die Ar-
beit zerfällt in zwei Theile: im ersten werde ich die Instru-
mente und Apparate, die ich gebraucht, beschreiben, ins-
besondere den neuen Erhitzungsapparat; im zweiten Theile
werde ich untersuchen, bis zu welcher Genauigkeit iqh die
specifische Wärme beobachten kann, und die Resultate der
Beobachtungen angeben.
I. Beschreibung der Apparate.
Die Bestimmung der specitischen Wärme des Quecksilbers
geschah nach der Mischungsmethode: das Calorimeter enthielt
Quecksilber von der Zimmertemperatur; in dieses wurde
Quecksilber, welches auf Temperaturen zwischen 100° und
200° erhitzt war, geschüttet. Die Erhitzung des Quecksilbers
erfolgte in einem neu construirren Apparat Bei der Con-
struction desselben waren hauptsächlich zwei Punkte im Auge
zu behalten: einmal musste der Apparat die Erhitzung auf
1) Pettersson, Journ. f. prakt. Chem. N. F. 24. p. 146. 1881.
2) Pottersson, 1. c. p. 147. Nr. V.
3) Pettersson, 1. c. p. 143.
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Speci/uche Wärme von Quecksilber. 899
hohe Temperaturen, jedenfalls über 100°, gestatten, und es
inuBäte möglich sein, die Temperatur des erhitzten Queck-
silbers willkürlich zu ändern; sodann musste der Apparat,
um eine möglichst genaue Bestimmung der Erhitzungstempe-
ratur zu sichern, so eingerichtet sein, dass der zu erhitzende
Körper sich in einem von allen Seiten gleichmassig erwärm-
ten Raum befindet, eine Forderung, die von allen bis jetzt
construirten Erhitzungapparaten nur der Neumann'sche
Dampfapparat erfüllt. Der Regnault'sche Erhitzungsapparat
dagegen ist in- dieser Beziehung mangelhaft: die deshalb gegen
ihn erhobenen Einwürfe sind neuerdings auch von Velten1)
in vollem Umfange bestätigt worden. Es wurde daher der
neue Apparat ähnlich construirt, wie der Neumann'sche,
welcher von Pape2) gemiu beschrieben ist. Die Erhitzung findet
bei dem neuen Apparat aber nicht durch Dampf, sondern durch
Wärmeleitung in Kupfer statt, was die Anwendung höherer
Temperaturen als 100° und die willkürliche Veränderung der-
selben innerhalb weiter (irenzen gestattet. Der Apparat
wurde von dem Mechaniker des Instituts Prill angefertigt
und ist nachstehend in natürlicher Grösse gezeichnet. Die
Theile desselben sind folgende: Ein äusserer an beiden En-
den offener Hohlcylinder A A mit doppelter Wandung aus
starkem Kupferblech; die Wände desselben sind durch vier
zwischengelegte kupferne Hinge aa von quadratischem Quer-
schnitt verbunden. Im Innern des Hoblcylinders liegen genau
innerhalb der Ringe ua vier fast ebenso dicke kupferne
Ringe ßß. In dieselben hinein passt ein innerer Hohlcylinder
BBy welcher an einem Ende mit doppeltem Boden C, sonst
aber mit einfacher Wandung versehen ist und in der Mitte
seines Mantels eine ovale Oeffnung w hat. Der Hohlcylinder
BB und die Ringe ßß sind schwach conisch geformt, damit
beim Hineinschieben ein fester Schluss ermöglicht wird.
Innerhalb dieses Hoblcylinders BB befindet sich das eben-
falls kupferne Aufnahraegefäss DD' des zu erhitzenden Queck-
silbers. Dasselbe ist cylindrisch, doch ist ein Theil des Man-
tels aufgebogen und so geformt, dass er in die ovale Oeff-
nung to hineinpasst. An die beiden Enden des Aufnahme-
1) Veiten. Wied. Ann. «1. p. 37. 1884.
2) Pape, Pogg. Ann. 120. p. 351 1863.
57'
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»00
J. Milthaler.
gefässes sind starke rechtwinklig gebogene Kupferstreifen yy
angenietet Durch vier Schrauben dd, welche die Kupfrr-
streifen yy mit dem Cylindermantel BB verbinden, und deren
Köpfe in denselben versenkt sind, um das Ineinanderschieben
der beiden Hohlcylinder nicht zu hindern, wird das Auf-
nahmegefass DD' im Innern des Hohlcylinders festgehalten.
■I A
Das eine Ende D' des Aufnahmegefasses hat eine kreisförmige
Oeffnung, durch welche das in einer Kupferhülse k mit As-
best dicht befestigte Stabthermometer T hineingesteckt wird.
Der innere Hohlcylinder wird an seinem offenen Ende durch
einen hineinschiebbaren Boden C mit doppelter Wandung,
welcher mit einer Oeffnuog für das Thermometer versehen
ist, geschlossen; an dem anderen Ende C des Hohlcylinders
befindet sich ein stabförmiger Ansatz E von quadratischem
Durchschnitt, auf den eine Kurbel aus Messing aufgeschoben
werden kann, mit welcher man den inneren Hohlcylinder um 1 80°
dreht. Damit bei dieser Drehung das im A ufnahmegefäss befind-
liche Quecksilber in das darunter geschobene Calorimeter ans-
tiiessen kann, ist in den Mantel des äusseren doppelten Cy-
linders ein von unten bis nach der Mitte sich hinziehender
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Specifuche Wärmt von Quecksilber
901
Ausschnitt £2 von etwa 90° gemacht worden, dessen Breite
ein wenig mehr betragt, als die der Oefinung <a. Die Ringe
ßß und der Theil des Cylinder mantels B&, welcher von
ihnen berührt wird, ist sorgfältig polirt und wurde ausserdem
öfter mit angefeuchtetem Graphitstaub dünn bestrichen, um
die Reibung bei der Drehung des inneren Cylinders
möglichst zu verringern. Wenn derselbe dann mit Hülfe
der Kurbel nicht zu schnell und ganz stetig gedreht wird, so
findet bei dem Hineinfallen des erhitzten Quecksilbers in das
Calorimeter absolut kein Herausspritzen von Quecksilber-
tröpfchen statt Um den äusseren Hohlcylinder greifen zwei
starke kupferne Arme, die sich zu einem 34 cm langen Kupfer-
stabe mit quadratischem, 2 cm dickem Querschnitt vereinigen.
Derselbe dient zur Zuleitung der Wärme und ist etwa in
der Mitte und am Ende zwischen je zwei starken, etwa 2 cm
breiten Eisenplatten, welche durch Schrauben zusammenge-
halten werden, befestigt. Zwischen die Eisenplatten und den
Kupferstab sind starke Scheiben Asbest und ausserdem noch
1 cm dicke Schieferstücke gelegt. Dieselben haben den
Zweck, die Nebenableitung der Wärme zu verhindern, und
erfüllen denselben so gut, dass die Eisenplatten selbst bei
den stärksten Erhitzungen des Kupferstabes nur mässig warm
wurden. Die beiden unteren Eisenplatten haben je einen
dicken, cylindrischen Fortsatz, welcher in je eine Klemme
passt. Die beiden Klemmen sind auf Stativen, welche durch
Schraubenzwingen auf dem Tisch festgehalten werden, ver-
schiebbar. Diese Art der Aufstellung des Apparates bietet
verschiedene Vorzüge: zunächst besitzt das System eine grosse
Starrheit und Festigkeit, sodass auch bei mehrmaligem,
schnellen Herumdrehen des inneren Hohlcylinders nicht die
geringsten Schwankungen eintreten; sodann ist der Platz un-
ter dem Erhitzungscylinder vollkommen frei und gestattet
ein bequemes Herunterschieben des Holzkastens, in dem sich
das Calorimeter befindet; endlich kann der Kupferstab mit
dem Hohlcylinder verschieden hoch gestellt und dadurch die
Fallhöhe des zu erhitzenden Körpers geändert werden. Da
das Kupfer vom Quecksilber angegriffen wird, so durfte das
Aufnahmegefäss nicht aus blankem Kupfer bestehen; ea
wurde daher vor dem Einsetzen in den inneren Hohlcylinder
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902
J. Milthuler.
mit Salpetersäure, in der Kupfer aufgelöst ist, bestrichen
und dann erhitzt; dadurch bildet sich eine mattschwarze
Oxydschicht auf dem Kupfer, welche sich gegen Quecksilber
nicht netzend verhält. Durch mehrmalige Anwendung des
obigen Verfahrens konnte immmer eine ganz gleichmässige
Oxydschicht erzielt werden. In diesem Falle wurde das
Kupfer auch nach einer Reihe von Versuchen, in denen das
Quecksilber bis zu 200° erhitzt wurde, nicht angegriffen.
Sollte durch Verletzung der Oxydschicht doch an einer
Stelle Amalgamirung eintreten, so ist es leicht, durch Lö-
sung der vier Schrauben öd das Aufnah in egefass aus dem
inneren Cylinder herauszunehmen', durch Ausglühen das
Quecksilber zu entfernen und eine neue, gleichmässige Oxyd-
schiebt herzustellen. Zur Erhitzung des im Aufnahmegefass
befindlichen Quecksilbers bis auf 150° genügte ein Bunsen-
brenner, welcher unter dem Zuleitungsstabe etwa in der
Mitte zwischen dem Hohlcylinder und der ei sten Befestigung
stand. Zur Erzielung höherer Temperaturen waren zwei
Bunsenbrenner nöthig: der eine behielt seine frühere Stelle
bei, der andere war etwa in der Mitte zwischen beiden Be-
festigungen aufgestellt. Um von den Flammen den Luftzug
abzuhalten, waren zu beiden Seiten der Zuleitungsstange
dünne Bretter aufgestellt. Die Temperatur wurde durch
Stellen des Gashahnes und für kleine Aenderungen durch
Verschieben der Brenner unter dem Kupferstabe regulirt.
und zwar so genau, dass bis auf einen Grad die gewünschte
Erhitzungstemperatur erreicht werden konnte. Die Constanz
der Temperatur trat nach einer Stunde ein, wenn man keine
Aenderung an den Brennern während der Erhitzung vor-
nahm, wurden dagegen die Brenner verschoben, oder der
Gaszufluss geändert, so dauerte es 1V2 bis 2 Stunden. War
Constanz eingetreten, so wurden bis unmittelbar vor dem
Hineinwerfen des erhitzten Quecksilbers in das Calorimeter
Temperaturablesungen von 2 zu 2 Minuten gemacht. Die
folgenden Beobachtungen, welche ich ganz willkürlich heraus
greife, werden zeigen, zwischen welch' engen Grenzen die Er-
hitzungstemperatur schwankte. (Vgl. hierzu die Tabelle der
Beobachtungen im zweiten Theil.)
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Specifische Wärme von Quecksilber.
903
0 Miu. 183,3° 138,7° , 179,2° i 184,2° 126.f>° 194,»° 127,1°
2 „ 183.3 138,6 179,3 i 181,2 126,5 194,9 127,0
4 - 183,4 13M,7 179,2 ' 184,2 126,5 195,0 126,9
»i 183,5 185,9 179,2 • 184,3 126,6 195,2 126,8
* » 183,6 138.8 179,3 184,2 126,« 195,2 126,8
1U 183.5 138,0 179.4 . 184,2 126,6 195,2 126,8
Diese Tabelle zeigt, dass innerhalb 10 Minuten die
Erösste Schwankung 0,8°, die kleinste 0,1° beträgt; ferner,
daas während zwei Minuten die grösste Schwankung 0,2°,
die kleinste 0,0° ist, ja dass in mehreren Fällen die Tem-
peratur sogar innerhalb eines Zeitraumes von vier Minuten
vollkommen constant blieb, ^.usserdem beweisen diese Er-
gebnisse, dass es möglich ist, durch eine ähnliche Anordnung,
wie bei dem obigen Apparat, nämlich durch Ineinander -
schalten von kupfernen Kammern einen Raum herzustellen,
in welchem die Temperatur während einiger Zeit mit grosser
Genauigkeit constant bleibt, was für manche Zwecke, z. B.
zur Vergleichung der Quecksilberthermometer mit dem Luft-
thermometer, besonders bei höheren Temperaturen, nöthig
ist. Es scheint jedoch die Anwendung der vorzüglichen
Wärnieleitung des Kupfers zur Construction von Apparaten
nach der obigen Methode bis jetzt selten stattgefunden zu
haben; am bekanntesten sind wohl die Versuche Fizeau's1)
mit ähnlichen Apparaten über die Ausdehnung der Körper
durch die Wärme, auf welche auch Maxwell in seinem
Buch: „Theorie der Wärme"2), hinweist.
Das Calorimeter ist ein cylindrischea Gefäss von 7 cm
Durchmesser und 7,7 cm Höhe. Als Material wurde Kupfer
gewählt, weil -bei der guten Wärmeleitungsfähigkeit desselben
anzunehmen ist, dass selbst in der kurzen Mischungszeit das
ganze Gefass die Maximumstemperatur angenommen hat, und
daher der in die Rechnung einzuführende Quecksilberwerth des
Calorimeters genau zu bestimmen ist. Da die specifische Wärme
des Kupfers etwa dreimal so gross als die des Quecksilbers
ist, so musste sehr dünnes Blech angewandt werden: das
1) Fizeau, Pogg. Ann. 119. p. 103 1863 und 12*. p. 572. 1866.
2) Ueberaetxt ron Auerbach $ 77.
904
J. Milthaltr
von mir benutzte ist nur 0,13 mm dick, sodass das Calori-
meter nur 31,51 g wiegt. Um dem Gefass Festigkeit zu
geben, wurde der obere Rand zweimal umgelegt, und ebenso
der Boden rund herum mit einem Falz versehen. So wurde
es möglich, mit Hülfe zweier kreuzförmig übereinander ge-
legter Stücke Gurtenbandes, welche als Trage dienten, das
Calorimeter, trotzdem dasselbe durchschnittlich 3450 g Queck-
silber enthielt (siehe die Tabelle im zweiten Theil), leicht zu
hantiren. Bei den ersten Vorversuchen mit diesem Calori-
meter zeigte sich eine unerwartete Erscheinung: es war
schwierig, das Temperaturmaximum genau zu beobachten,
weil der Anstieg der Temperatur und ebenso das Sinken
derselben plötzlich und ruckweise erfolgte. Eine weitere
Untersuchung dieser Erscheinung ergab, dass mehrere Tem-
peraturmaxima entstanden: die Temperatur stieg sehr schnell
an, um ebenso schnell bis zu einer gewissen Stelle zu fallen,
dann erhob sie sich sehr langsam wieder bis zu einem
zweiten Maximum und sank von da langsam und stetig;
ausserdem war die Lage der Maxima und die Schnelligkeit
des Anstieges von der Art des Hühl ens abhängig. Die
Ursache für diese Unregelmässigkeiten sind jedenfalls Strö-
mungen im Innern der Quecksilbermasse : das erhitzte Queck-
silber iällt nämlich beim Hineinschütten nicht senkrecht in
das Calorimeter hinab, sondern in schiefer Richtung genau
auf das Thermometergefass, sodass dasselbe zunächst mit
heissem, dann mit kaltem Quecksilber und nach Ausgleichung
der Temperatur wieder mit wärmerem in Berührung kommt.
Um diese Strömungen vom Thermometer abzuhalten, wurde
vor demselben in dem Calorimetergeiäss ein Schirm aus
eben jenem dünnen Kupferblech wie das Calorimeter be-
festigt. Er war durch zwei von ihm ausgehende schmale
Streifen an die Wand des Calorimeters genietet; doch
stand er selbst da, wo er derselben am nächsten kam, immer
noch cm von ihr ab, sodass durch Bewegung des Rührers
eine starke Circulation zwischen dein Quecksilber, welches
sich in dem von dem Schirm abgegrenzten Theile des Calori-
metergefässes befand, und der Quecksilbermasse in dem
übrigen Räume hervorgerufen werden konnte. Der Schirm
hat eine gewellte Form, um die Strömung des gegen ihn
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Specifische Warme von Quecksilber.
fallenden erhitzten Quecksilbers nach beiden Seiten abzu-
lenken und dadurch zu verhindern, dass ein Theil desselben
direct durch den breiten Spalt zwischen dem Schirm und
der Wand des Calorimeters an das Thermometergefäss
gelangt. Nach Anbringung dieses Schirmes in dem Calori-
meter war der Gang des Thermometers vollkommen regel-
mässig, ganz unabhängig von der Art des Rührens und in
der Nähe des Maximums sehr langsam, sodass dasselbe mit
der grössten Genauigkeit beobachtet werden konnte.
Der Rührer besteht aus einer kreisförmigen Scheibe
aus demselben dünnen Kupferblech, in welche Löcher aus-
geschlagen sind; die Ränder derselben sind nicht gerade
gehämmert, sondern stehen gelassen, um dem Rührer mehr
Steifigkeit zu verleihen. An die Scheibe sind vier 1 mm
dicke Drähte genietet und die Enden derselben in einem
«luadratischen Holzrahmen befestigt, welcher als Handhabe
des Rührers dient. Um Amalgamirung zu vermeiden, ist
sowohl das Innere des Calorimetergefässes als auch der
Rührer auf die oben angegebene Methode „schwarz ge-
brannt". Das Gewicht des Rührers wurde vor seiner Be-
festigung in dem Holzrahmen bestimmt: es beträgt 5,99 g;
Gefäss und Rührer zusammen wiegen also 37,50 g. Nimmt
man die mittlere specifische Wärme des Kupfers zwischen
15° und 30° gleich 0,09233 nach Bede1) an und die speci-
fische Wärme des Quecksilbers innerhalb derselben Grenzen
gleich 0,03327 nach Pettereson und Hedelius2), so beträgt
der Quecksilberwerth der gesammten Kupfermasse 103,97g.
Dies Gewicht repräsentirt, wenn man die geringe Masse des
Thermometerglases, welche mit dem Quecksilber in Berührung
kommt, vernachlässigt, die gesammte Calorimetercorrection.
Da in dem Calorimeter sich durchschnittlich 3450 g Queck-
silber befanden, so beträgt der Quecksilberwerth des Ge-
lasses und Rührers nur lfM des ganzen Gewichts, wodurch
der Fehler der Calorimetercorrection möglichst klein ge-
macht wird.
Das Calorimetergefass befindet sich in einem starken,
1) Physichem. Tab. v. Landolt u. Börnstein p. 178.
2) Pettersson u. Hedelius», Journ. f. prakt. Chem. N. F. 24.
p. 142. 1881.
J. Mtl/haler.
mit Grin" versehenen Hdzkasten von 16 cm Länge. 16 cm
Breite und 11 cm Höre; es steht in demselben auf vier
hölzernen Ständern, deren oberer Theil keilförmig geformt
ist. Zur Verminderung des Wärmeverlustes durch Strahlung
sind die Innenwände des Kastens mit Stanniol beklebt. Dir
Kasten wird mit Hülfe von Leitschienen an die passende
Stelle unter den Erhitzungsapparat geschoben; an der hinteren
Querschiene ist eine Feder angebracht, um den Rückstoss
bei etwaigem, zu starken Herunterschieben des Kastens zu
mildern. Zur Beobachtung der Temperatur diente ein
mehrere Jahre altes Einschlussthermometer aus Jenaer Glas,
dessen Scala mit einer Theilung in Vio0 versehen ist.
Der Nullpunkt dieses Thermometers wurde während zweier
Monate fast täglich beobachtet, und die Correctionen in
Bezug auf das Luftthermometer waren durch mehrere Beob
achtungsreihen genau bestimmt. Das Thermometer war
durch Pfropfen in einer Messinghülse befestigt, welche auf
dem Deckel des Holzkastens angeschraubt war, sodass es
zugleich mit dem Deckel abgehoben werden konnte. Die
Temperatur des erhitzten Quecksilbers wurde mittelst zweier
Stabthermometer beobachtet, von denen das eine von 100°
bis 150°, das andere von 150° bis 200° reicht; beide Thermo-
meter, ebenfalls aus Jenaer Glas, waren in mehreren Beob-
achtungsreihen mit dem Luftthermometer verglichen.
II. Genauigkeitsgrenze und Resultate.
Zur Bestimmung der speeifischen Wärme nach der
Mischungsmethode sind zwei Wägungen und drei Temperatur-
ablesungen nöthig. Sei:
/>,, Tu c das Gewicht, die Temperatur und die zu be-
stimmende speeifische Wärme des erhitzten Körpers;
/>, t, C das Gewicht, die Temperatur und die der
Messung zu Grunde gelegte speeifische Wärme der Flüssig-
keit im Calorimeter;
7t der Flüssigkeitswerth des Calorimeters und der Neben-
theile, d. h. das Product aus dem Gewicht derselben mit
ihrer speeifischen Wärrae. bezogen auf die Mischflüssigkeit,
ferner = n. und
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Specifische Wörme von Quecksilber. 907
& die nach der Mischung entstandene Maximumstem-
peratur im Calorimeter, so gilt, unter der Voraussetzung,
dass die beiden specifischen Wärmen in den beobachteten
Intervallen unveränderlich sind, folgende Formel:
ft (r, - 9)
Setzt man noch C — 1 , d. h. nimmt man die speci-
fische Wärme der Flüssigkeit im Calorimeter als Einheit an,
so wird:
Durch Differentiation erhält man hieraus den Fehler
des Resultates dcf ausgedrückt durch die einzelnen Elementar-
fehler dPt dpiy dr, drAt d&:
dc= 1 (^-;)^~ *(!L-')dPl-*i 1 )rfT
ft U -<>/ Pi*\n-#f tl p\
P (,<> - , P U, - i) , a
P\ ('i 1 ft ('i -
Aus der Tabelle der Beobachtungen in der zweiten
Hälfte dieses Theiles entnimmt man folgende Durchschnitts-
werte für Pf p] , r, rlf (fr — r):
/>, = 126 g, /> = 3450 g, ist nach Theil I = 103,97 g,
also P = p-\-n etwa — 3550 g;
r = 20°, und bei einer Erhitzung bis auf:
(130° loi ,<> \ |3,7(»
T» ~ \ 180° 1 T) ~~ \ 5.3° *
Bei Einsetzung dieser Werthe erhält man:
rfc=0,ü027 4P- 0.00750 dp, - {«J« rfr - {»g J rfr, + {»J Jrf# .
Um den Fohler de des Resultates als Zahl darzustellen,
muss man die Grösse der einzelnen Elementarfehler kennen:
dp setzt sich aus zwei Fehlern zusammen: 1) dp, dem Wä-
gungsfehler des kalten Quecksilbers im Calorimeter, welcher
sehr klein «0,01 g ist, und 2) dn, dem Fehler bei der
Bestimmung des Quecksilberwerthes des Calorimeters und
Rü lirer 8, welcher bedeutend grösser, etwa 0,7 g ist; dP ist
also 0,71 g; ferner ist dpx1 da sich pl als Differenz der Ge-
wichte des Calorimeters vor und nach der Mischung ergibt,
etwa =»0,025 g, endlich rfr=0,01°, rfr, etwa =0,3°, rf#=0?015°.
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908
J. MilthaUr.
Folglich ist:
0,0040
0,0028 *
Hieraus ist zunächst ersichtlich, class der Einfluss der
Wägungsfehler dP und dpl sehr gering ist, im Verhältniss
zu dem der Fehler bei den Temperaturbestimmungen, ferner,
dass das Resultat hauptsächlich von dem Fehler der Maxi-
mumstemperatur beeinflusst wird, und endlich, dass die Fehler-
wirkungen der Temperaturbestimmungen auf das Resultat
bei wachsender Erhitzungstemperatur abnehmen. Nimmt man
den ungünstigsten Fall an, dass nämlich die einzelnen Be-
obachtungsfehler solche Vorzeichen erhalten, dass alle Glie-
der positiv oder alle negativ werden, so kann selbst bei der
niedrigeren Erhitzungstemperatur drx = 130°, de höchstens
± 0,0097 werden , d. h. die Bestimmung der speeifischen
Wärme ist in der vorliegenden Arbeit bis auf 1 Proc. genau.
Damit die einzelnen Elementarfehler die oben angegebe-
nen Werthe nicht übersteigen, ist es nöthig, sowohl an der
Maximumstemperatur &, als auch an der Anfangstemperatur r
des Calorimeters Correctionen anzubringen. Die erste, d&t
wird hervorgerufen durch den Wärmeverlust des Calorimeters
während der Mischung; derselbe wurde nach Regnault's
Methode bestimmt: es wurde die Zeit, welche vom Hinein-
schütten des erhitzten Quecksilbers in das Calorimeter bis
zum Eintritt der Maximumstemperatur vertloss, in Theile
zerlegt, und für jeden Theil einzeln der Wärmeverlust unter
Annahme der Proportionalität desselben mit dem Temperatur-
überschuss berechnet. Die zweite Correction A r wird dadurch
veranlasst, dass das Calorimeter bei dem Hinunterschieben
unter den Erhitzungsapparat Wärme aufnimmt. Diese Wärme-
menge wurde dadurch geschätzt, dass man das Calorimeter
so lange unter dem Erhitzungsapparat stehen Hess, bis eine
messbare Temperaturerhöhung eingetreten war, und daraus
die Wärmezunahme für die wenigen Secunden ableitete, welche
sich das Calorimeter unter dem Erhitzungsapparat befand.
Anstatt diese Correction an der Anfangstemperatur r an-
zubringen, kann man sie auch, da es bei der Berechnung
der speeifischen Wärme nur auf die Differenz (&—r) ankommt,
mit der ersten Correction für die Maximumstemperatur &
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Specißsche Wärme von Quecksilber. 909
▼ereinigen, sodass die Gesammtcorrection 3 = A& — Ax wird.
Auf diese Weise sind die Zahlen S der siebenten Spalte der
folgenden Tabelle berechnet. Fügt man zu den dort angegebe-
nen Zahlen noch den Quecksilberwerth des Calorimeters und
Rührers 103,97 g, so hat man alle zur Bestimmung der
specifischen Wärme nöthigen Zahlen.
10.
u.
1. 'i 125,73g! 126,8° 3402.75p 20,78° I 24,38° [ +0,010° 1 -0,0,156
2. ;| 124,77 I 188,5 3897,74 20,4» ! 25,94 1 +0,018 -0,0,156
3. 126,03 ,152,6 3425,77 19,70 24,20 +0,012 -0,0,117
4. !j 125,15 ! 187,3 3489,57 18,99 24,53 +0,019 -0,0,113
5. i 128,18 138,6 3388,99 . 20,49 1 24,58 +0,011 -0,0,164
6. 124,84 199,1 3534,17 19,87 25,68 +0,020 -0,0,111
7. ' 12«,54 131,1 3395,69 19,34 23,18 +0,010 -0,0,117
8. 125,58 j 179,4 3494,84 19,85 25,0« +0,018 -0,0,144
9. ! 127,37 119,7 ; 8534,68 j 19,95 23,28 +0,009 -0,0,104
125,27 18*,2 3458,03 20,56 I 25,96 +0,0lH -0,0,159
125,94 142,4 3509,90 20,26 24,28 +0,011 -0,0,166
12. il 124,93 I 192,2 3539,f>0 20,84 26,36 +0,019 -0,0,149
13. '126,42 ! 122,4 3427,81 19,78 23,27 +0.009 —0,0,133
14. 126,04 , 180,2 3548.42 19,95 25.14 +0,018 — 0,o,l64
15. , 126,88 126,6 3408,33 19,65 23,32 +0,010 ' -0,0,125
16. 126,07 175,0 3518,84 19,34 24,44 +0,018 -0,0,146
17. i 126,20 141,0 3438,68 19,04 , 23,17 +0,011 -0,0,108
18. ! 125,09 j 195,2 3473.03 19,24 25,03 +0,020 -0,0,132
19. |126,81 j 181,9 (3443,59 18,74 i 22.58 i +0,010 j -0,0,128
20. 125,90 184,9 '3540,70 . 19,36 24,74 +0,019 -0,0,148
21. 125,97 126,8 3434,17 20,59 24,17 +0,010 -0.0,161
Es wurde aus diesen Zahlen nicht die specifisehe Wärme
des Quecksilbers, sondern direct der Coefficient der Ver-
änderlichkeit derselben mit der Temperatur berechnet. Da
nämlich die Aenderungen der specifischen Wärme beim
Quecksilber sehr gering sind, so darf man dieselbe als lineare
Function der Temperatur ansehen; setzt man noch die spe-
eifische Wärme bei 0° = 1, so schreibt sich die am Anfang
dieses Theiles benutzte Formel folgendermassen:
Pl 0, (1 + «r,) - .9- (1 + a ,*)] = (1 + a fr) - r (1 + *r)],
woraus sich ergibt:
Die nach dieser Formel berechneten Wertlie von <*,
welche in der achten Spalte der obigen Tabelle stehen, sind
zunächst sämmtlich negativ, d. h. die speeifische Wärme des
Quecksilbers nimmt mit wachsender Temperatur ab; sodann
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Ji MiUhtiler.
weichen sie erst in der fünften Decimalstelle von einander ab,
was in Einklang steht mit den am Anfang dieses Theiles
genlachten Angaben über die Grosse und den Einfluss der
einzelnen Beobachtungsfehler, endlich rechtfertigen sie die
obige Annahme, dass die specifische Wärme des Quecksilbers
eine lineare Function der Temperatur sei. Nach meinen
Beobachtungen ist also die mittlere specifische Wirme des
Quecksilbers zwischen 0° und t°, c0', die specifische Wärme
bei 0° « 1 gesetzt:
c0«= 1 -0,03138/.
Nach den sehr genauen Untersuchungen von Pettersson
und Hedelius1) ist die mittlere specifische Wärme des Queck-
silbers zwischen 0° und 5°, bezogen auf die specifische Wärme
des Wassers bei 0°:
cj= 0,033 266.
Daraus folgt für die mittlere specifische Wärme des Queck-
silbers, die specifische Wärme des Wassers bei 0° als Einheit
genommen:
c0< = 0,033 266 -0,0546f,
also für die wahre specifische Wärme des Quecksilbers bei /°:
0,033 266 -0,0692*,
wo der Coefficient u « — 0,0592 gültig ist für das Tempera-
turintervall von 0° bis 200°. Hierdurch werden die Beob-
achtungen Winkelmann's3) bestätigt, nach welchen die
specifische Wärme des Quecksilbers mit wachsender Tem-
peratur abnimmt; allerdings ist der von ihm gefundene
Coefficient a = - 0,0669 kleiner als der aus meinen Beob-
achtungen berechnete; allein der Unterschied beider CoSffi-
cienten liegt innerhalb der durch die Beobachtungsfehler
gegebenen Grenze der Unsicherheit; die Formel Winkel-
mann's nämlich, bezogen auf die specifische Wärme bei 0°
als Einheit, würde lauten:
c0'= 1 -0,03105*.
Die obige Formel erklärt auch die schon in der Ein-
leitung erwähnten Beobachtungen von Pettersson3); denn
1) Pettcrsaon u. Hedelius, Journ. f. prakt Chem. N. F. 24.
p. 135. 1881.
2) Winkelmann, Pogg. Ann. 15». p. 152. 1876.
3) PettersBon, Journ. f. prakt Chem. N. F. 24. p. 146. 1881.
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Sptcißsche Wärmt von Quecksilber. 911
nach derselben ist die speeifische Wärme des Quecksilbers
bei einer Genauigkeitsgrenze von 0,5 Proc. in dem Intervall
von 0° bis 36° unveränderlich, und zwischen 10° und 30° ist
sie es sogar bei einer Genauigkeitsgrenze von nur 0,25 Proc.
Zu demselben Resultat, dass die speeifische Warme des
Quecksilbers mit wachsender Temperatur abnimmt, gelangt
auch Naccari1), dessen ganz kürzlich veröffentlichte Beob-
achtungen mir erst nach Einsendung meiner Arbeit an die
Redaction der Annalen für Physik und Chemie bekannt
wurden; der von ihm angegebene Coefficient der Veränder-
lichkeit ist ein wenig kleiner als der von Winkelmann
gefundene.
Die vorliegenden Untersuchungen unternahm ich auf An-
regung des Hrn. Prof. Pape. Für die gütige Unterstützung,
die mir derselbe durch seinen freundlichen Rath während
des Verlaufs der Arbeit zu Theil werden Hess, spreche ich
demselben meinen innigen Dank aus.
Königsberg i. Pr.. Physikal. Inst, der Universität, den
18. Nov. 1888.
X- Veber die Isothermen ein iff er MUfehunt/en von
sehwefliyer Silur e und Kohlensäure;
von Ad. Blttmeke,
(Hlcriu Tftf. X Flg. Ii-10 i
In meiner letzten Arbeit2) theilte ich eine Reihe von
Zahlen mit, welche indirect beweisen, dass die Dämpfe eines
Gemisches von schwefliger Säure und Kohlensäure sich nicht
wie die gesättigten Dämpfe einer einheitlichen Flüssigkeit
verhalten. Die Constatirung dieser Thatsache ist deswegen
von Bedeutung, weil bei Ermittelung des Nutzeffectes von
Kältemaschinen die Spannung der Dämpfe der in denselben
verwendeten Flüssigkeiten zur Bestimmung der Temperaturen
benutzt wird.
1) Naccari, Mem. delta R. Accadcrnia di Torino. Adunanza «lel
17 tiiuguo 1888.
2) Ad. Blümckc, Wied. Ann. 34. p. 10. 1888.
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912
A. Illümcke.
Bei Maschinen, die mit einer einheitlichen Flüssigkeit
arbeiten, ist das wenigstens vom theoretischen Standpunkt
aus gerechtfertigt; hat man es aber mit einer Maschine zu
thun, welche ein Flüssigkeitsgemisch enthält, so muss man
sich vorher vergewissern, ob die Dampfspannung von der
Temperatur allein und nicht auch vom Volumen abhängig
ist; namentlich dann, wenn derartige Messungen zur Prüfung
des zweiten Hauptsatzes der mechanischen Wärmetheorie
dienen sollen.
In der vorliegenden Arbeit habe ich nun zwei
Mischungen:
die eine von ungefähr 1 Vol. S02 auf 1 Vol. C02,
die andere von ungefähr 3 Vol. SOs auf 7 Vol. C02
etwas eingehender untersucht
Ich bediente mich dabei des C ail letet 'sehen Apparates.
Da häutig (behufs Abkühlung und leichterer Condensation),
plötzliche Druckverminderungen, bei welchen in einem Luft-
manometer der Quecksilberfaden zerrissen wäre, vorgenom-
men wurden, so verwendete ich ein Bourdon'sches Metall -
manometer, welches mit Hülfe der Verflüssigungsdrucke der
schwefligen Säure und der Kohlensäure geprüft wurde. Es
zeigte sich, dass seine Angaben um ± 0,5 Atra. falsch sein
konnten; aber selbst wenn der Fehler fünfmal so gross
gewesen wäre, so würde doch diese Genauigkeit für den
vorliegenden Zweck weitaus hinreichend sein. Uebrigens
würde eine Druckbestimmung bis auf ein Millimeter Queck-
silber durch den Umstand illusorisch werden, dass beim
Comprimiren immer Gas-, bezw. Flüssigkeitstheilchen an
den Rohrwandungen hängen bleiben, sodass die Zusammen-
setzung des Gemisches, wenn auch nur um sehr geringfügige
Beträge, geändert wird.
Als Compressionsrohre benutzte ich theils vonDucretet
in Paris bezogene von der bekannten Form, theils von
J. Gr ein er in München hergestellte, welche einen etwas
weiteren Durchmesser im oberen Theil hatten.
Um die Rohre bequem calibriren zu können, war eine
Theilung auf ihnen angebracht.
Vor dem Einbringen der Gase wurden sie auf das
sorgtältigste getrocknet. Die Füllung geschah in der Weise
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Gemische von C02 und S02
913
(siehe Fig. 15), dass an den Haken mittelst eines Stückes
Kautschukschlauch ein Glasrohr angesetzt wurde, welches
mit dem Druckrohr zusammen ein communicirendes Rohr
bildete; dann wurde so viel Quecksilber eingefüllt, dass für
das zuerst einzubringende Gas (schweflige Säure) der ent-
sprechende Raum übrig blieb.
Um die Luft soviel wie möglich zu verdrängen, liess
man durch das angesetzte Glasrohr mehrere Stunden lang
schweflige Säure durchströmen, worauf die Spitze des Druck-
rohrs zugeschmolzen wurde. Hierauf wurde der Haken des
Druckrohrs unter Quecksilber gebracht und der Kautschuk
mit einer blanken Scheere unter dem Quecksilber durch-
geschnitten. Die Kohlensäure wurde dann in einfacher
Weise eingebracht, indem man sie aus einem dünnen Glas-
rohr ausströmen Hess, welches in den Haken gesteckt wurde;
ist der Druck stark genug, so dringen immer einige Blasen
in das Druckrohr ein.
Die schweflige Säure sowohl wie die Kohlensäure waren
fabrikmässig hergestellt, enthielten aber keine nachweisbaren
Mengen permanenter Gase.
Die Temperaturen wurden mittelst eines Wasserbades
bei 13° C. constant erhalten, mittelst Aetherdampfes bei
34° C, mittelst Alkoholdampfes bei 76° C.
Ich glaube, dass es mir in sehr hohem Grade gelungen
ist, die Gase frei von incompressiblen Beimengungen, nament-
lich von Luft, in den Apparat zu bringen, denn dieselben
Hessen ohne jede Schwierigkeit Siedeverzüge und Ver-
flüssigungsverzüge zu. Um Missverständnissen vorzubeugen,
bemerke ich hier Folgendes: Ist ABCDEFG H die „theo-
retische", AB CEGH die empirische Isotherme eines Körpers,
so bezeichne ich das Verweilen auf der Strecke CD als
Siedeverzug, das Verweilen auf der Strecke GF als Ver-
flüssigungsverzug (siehe Fig. 16).
Dass Siedeverzüge durch vorsichtiges Erwärmen von
recht reinen Flüssigkeiten herbeigeführt werden können, ist
längst bekannt.
Bei Mischungen von Kohlensäure und Wasser fand ich,
dass durch sehr behutsames Vermindern des Druckes bei
Ana. <L Pbv». u. Chem/. N. P. XXXVI. 58
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914
A. Blümcke.
constanter Temperatur übersättigte Lösungen entstehen
können.1)
Bei den Mischnngen von S02 und CO., lässt sich diese
Erscheinung bei Druckverminderung in überraschend leichter
Weise herbeiführen.
Beispielsweise gelang es mir, die Mischung von 1 Vol. SO.
+ 1 Vol. C02 noch flüssig zu erhalten unter folgenden Drucken :
13° 13,1 ^ 13,4° 13,5" 16,5° C.
Druck: 38,1 87,4 38,!) 41,9 42,0 Atm.
Der Druck der vollständigen Verflüssigung, welcher nur
in der langwierigsten Weise genau zu ermitteln wäre, lag
bei 13° C. ungefähr bei 44 Atm.
Die zweite Mischung von 3 Vol. S02 auf 7 Vol. CO,
(Druck der vollständigen Verflüssigung bei 13° ca. 48 Atm.)
konnnte noch flüssig erhalten werden bei:
12° 13° 13,4° C.
Druck: 35 43 44 Atm.
Am schönsten war die Erscheinung bei einer zu Vor-
versuchen dienenden Mischung von ungefähr 56 Proc. SO*
auf 44 Proc. C02. Diese hatte einen Verflüssigungsdruck
von nahe 35 Atm. bei 13°; sie konnte noch flüssig sein
unter 19 Atm. Druck. Besonders günstig scheint mir bei
diesen Versuchen der Umstand gewesen zu sein, dass das
schon öfters benutzte Rohr oben keine Verengung mehr
besass, wie man sie absichtlich zum leichteren Zerschmelzen
anbringt, und sich auch noch beim Zuschmelzen aufgebläht
hatte, sodass der Hohlraum oben ohne jede Spitze endete.
Dass es sich hier wirklich um einen Siedeverzug handelt,
geht daraus hervor, dass beim freiwillig erfolgenden Unter-
brechen desselben der Druck um 2 — 3 Atm. stieg.
Die geringe Volumenänderung beim Siedeverzug wurde
nicht bestimmt.
Was die Verttüssigungsverzüge anlangt, so sagt Max-
well2) darüber:
„Das Dasein dieser Unsicherheit in den Bedingungen
der Condensation ist zwar sehr wahrscheinlich, jedoch durch
1> Ad. Blümcke, Wied. Ann. 23. p.414. 18S4. Siehe auch Ram-
say u. Young. Phil. Mag. i5) 23. p. 458. 1887.
2) Maxwell, Theorie der Wärme; übersetzt von Dr. F. Auerbach
p. 125. "
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Gemische von CO., und S02.
<Ü5
Versuche noch nicht festgestellt, wie das hinsichtlich der
Schwankungen in den Bedingungen der Verdampfung der
Fall ist. Thomson ist der Ansicht, dass man diesen Theil
der isothermischen Linie ermitteln könne, indem man die
durch die rapide Ausdehnung des Dampfes in einem mit
einer Dampfhülle versehenen Kessel erfolgende Condensation
der Untersuchung unterzieht."
VanderWaals drückt sich betr. des Theils GF(Fig. 15)
der Isotherme folgendermaassen aus:
„Kann der vom Dampfe ausgeübte Druck grösser sein,
als der gewöhnlich mit Maximalspannung bezeichnete? Die
Beantwortung dieser Frage ist schwieriger, doch gibt es
einige Gründe, die uns auch diese bejahen lassen." >)
Ich finde, dass sich diese Frage am einfachsten durch
das Experiment beantworten lässt.
Dass Luft mit Wasserdampf übersättigt werden kann,
wenn keine Staubtheilchen sich in derselben befinden, zeigen
die Versuche von Coulier,2) Aitken3) und Kiessling.4)
Ich erhielt Verflüssigungsverzüge sehr leicht. Um bei
diesen Versuchen keine Siedeverzüge zu bekommen, hatte ich
einen Platindraht mit rauher Bruchfl&che in das Druckrohr
gesteckt. Die betr. Rohre hatten einen lichten Durchmesser
von 8 mm im oberen Thsile und endeten in einer Capillare
von 5 cm Länge, in der der gebogene Draht von selbst haf-
ten blieb.
Die Verflüssigungsverztige gelangen mir am besten mit
der Mischung von 1 Vol. S03 + 1 Vol. C02 bei 76° C, mit
der anderen bei 34° C.
Bei der ersteren konnte ich bei niederen Temperaturen
überhaupt nichts beobachten, weil die Verflüssigung im un-
teren Theile des Apparates erfolgte. Bei den Versuchen bei
76° 0. verlief die Erscheinung in folgender Weise: Das Ge-
misch blieb beim Comprimiren gasformig, bis die Spitze des
1) Viin der Waala, lieber die Continuitat des flüssigen und gas for in.
Zustaudes. Uebersetzt von Dr. Fr. Roth p. 90. 1881.
2) Coulier, Journ. de Pharm, et de Chim. (4) 22. p. 165. 1S7Ö.
:\) Aitken, Nature 23. p. lt>5 u. 3*4. lö»l.
4) Kiessling, Abhandl. des nntunv. Ver. Hamburg- Altona. 3. Abth.
1884. Siehe auch K. v. Heimholt/. Wied. Ann. 27. p. 50*. 1886.
5s*
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916
A. Blümcke.
Platindrahtes unter dem Quecksilber verschwand, dann bil-
dete sich ein Ring von Flüssigkeit über dem Quecksilber,
und der Druck sank um 0,2 At.
Bei der zweiten Mischung liess sich die Erscheinung bei
34 °C. noch mit Sicherheit constatiren; nur war die Druck-
verminderung zu klein, um bei dem betr. Manometer beob-
achtet werden zu können.
Bei 76° müssen bei dieser Mischung, soweit ich die
Drucke steigern konnte (nur 70 At wegen der Schwäche des
Rohres), die beiden Isothermen sehr dicht bei einander ver-
laufen; ich sah wohl, dass beim Comprimiren keine Verflüs-
sigung eintrat, aber die Druckunterschiede zwischen „theo-
retischer" und empirischer Isotherme lagen nicht ausserhalb
der Grenze der Beobachtungsfehler.
Bei reiner Kohlensäure und reiner, schwefligen Säure
konnte ich beide Phänomene, wenn schon weit schwieriger,
beobachten; indess wird ihr Eintreten durch den Zusatz des
anderen Gases sehr erleichtert.
Es ist leicht einzusehen, warum bei Mischungen das
Uebergehen von der „theoretischen" zur empirischen Iso-
therme nicht 60 plötzlich und heftig vor sich geht, wie bei
einem einheitlichen Körper. Es muss nämlich nicht nur der
Aggregatzustand sich ändern, sondern auch beim Siedeverzug
das Mischungsverhältniss des flüssigbleibenden, beim Ver-
flüssigungsverzug dasjenige des gasförmig bleibenden. Dazu
kommt noch, dass die theoretische Isotherme sich nur sehr
allmählich an die empirische anschliesst (s. Figur 17, 18, 19).
Beim Siedeverzug verläuft der Uebergang verhältniss-
mässig schnell. Wären im Apparat, namentlich im Manometer,
keine lufterfullten Räume, so würde die Druckänderung gross
(siehe die mitgetheilten Zahlen) sein; da aber infolge des
Nachgebens der Luft das Volumen sich vergrössern kann, so
steigt der Druck nur entsprechend dem sich herstellenden
Volumen.
Beim Verflüssigungsverzug wird wahrscheinlich im ersten
Moment die schweflige Säure allein flüssig, und es vergeht
sehr lange Zeit, bis sich dieselbe mit Kohlensäure sättigt;
namentlich in engen Röhren.
Die Gemische haben geringere Dichte als flüssige SOr
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Gemische txm Cö2 und SO...
917
Ich hatte nie hinreichend Zeit und Heizflüssigkeit, um
das Eintreten der normalen Verhältnisse abzuwarten. Da-
gegen war ein Annähern an dieselben sehr wohl bemerkbar.
Mir scheinen die leichte Herstellbarkeit und Messbarkeit
dieser Zustände keine ganz unbrauchbare Stütze der v. d.
Waals'schen Ansicht zu sein.
Da beim Oomprimiren der Gemische immer eine lange
Zeit vergeht, bis sich der flüssig gewordene Theil im Maxi-
mum der Sättigung befindet, so stellte ich alle Versuche zur
Ermittelung der empirischen Isotherme bei abnehmenden
Drucken an. Ich verflüssigte entweder (bei den niederen
Temperaturen) das Gemenge ganz und fing die ßjobachtung
nach aufgehobenem Siedeverzug an oder setzte dasselbe län-
gere Zeit einem 20 bis 30 At. stärkeren als den Anfangsdruck
aus. Die Beobachtungen selbst boten keine Schwierigkeiten.
Die folgenden Zahlen habe ich durch graphische Inter-
polation aus den zahlreichen unter sich gut stimmenden Ver-
gehen erhalten.
(Siehe Tabelle auf nächster Seite.)
„Theoretische" Isothermen.
29 "0
Mischung
ol°o
Mischung
Vol.
Druck 1
Vol.
Druck
0,052
19.5
0,0316
34,6
0,060
17,4
0,040
28,8
0,070
15,0
0,050
23,ii
0,080
13,2
0,060
20,2
0.085
12.4
0,070
17,7
In der Figurentafel sind die Ergebnisse in der üblichen
Weise (Drucke als Ordinaten, Volumina als Abscissen) dar-
gestellt. Die empirisch ermittelten Theile der „theoretisch en<-
Isotherme sind punktirt.
Leider lässt sich nicht viel mehr über die Ergebnisse
sagen, als was man durch den blossen Anblick der Curven
sieht. Sie stehen in Einklang mit dem, was v. d. Waals1)
darüber sagt. Die geistreichen Betrachtungen Duhem's2)
auf* dieselben anzuwenden, ist wegen Mangels der nöthigen
Daten nicht wohl thunlich.
1) v. <l. Waals, 1. c. i>. 144.
2) Duh cm, Journ. de j>hy». 7. p 158. IN?*.
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A, Blümckr.
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GCL2.
G
Gemische von CO* und SO,
Am merkwürdigsten scheint mir der Verlauf der Iso-
thermen bei den höheren Temperaturen, man sieht an den
Curven keinerlei Anzeichen für den Beginn der Condensation,
vielmehr sehen dieselben auf dem ganzen Verlaufe den Iso-
thermen der permanenten Gase sehr ähnlich. Als wichtigstes
Resultat aber möchte ich noch betonen, dass die Isothermen
kein der V'olumenaxe parallele». Stuck besitzen, dass es also nicht
erlaubt ist, die Spannung der Dämpfe der Gemische von schwefli-
ger Säure und Kohlensäure zu Temperaturbestimmungen zu be-
nutzen, wenn nicht das Volumen auf das genaueste bekannt ist.
Bs haben deshalb die bisherigen Messungen an Kälte-
maschinen, welche mit derartigen Gemengen gefüllt sind, so
werthvoll sie für den Praktiker sein mögen, meiner Meinung
nach flir die Wissenschaft wenig Werth.
Ich werde diese Untersuchungen fortsetzen, namentlich
werden mich die Zusammensetzung der Mischungsverhältnisse
des flüssigen und gasförmigen Theiles, sowie deren speeifische
Gewichte beschäftigen. Zu diesem Zwecke sind die nöthigen
Einrichtungen an meinem schon früher benutzten und be-
schriebenen Apparate bereits angebracht. Ausserdem ist
derselbe mit drei durch Ventile absperrbaren Eisenttaschen
verbunden, um den Einfluss der Volumenvergrösserung kennen
zu lernen. Die noch nicht zum Abschluss gelangten Ver-
suche erstreckten sich bislang auf Mischungen von geringem
C02-Gehalt. Qualitativ gaben sie kein anderes Resultat, als
die oben beschriebenen.
Schliesslich erlaube ich mir die Bemerkungen1) des Hrn.
Raoul Pictet auf meine letzte Arbeit8) folgendermassen zu
beantworten:
1) Ich konnte unmöglich annehmen, dass bei der Be-
stimmung der chemischen Zusammensetzung ein Spielraum
von 1 bis 40 Proc. gelassen war, da Hr. Pictet auf p. 9
seiner Brochüre folgende Tabelle mittheilt:
l) R. Pictet, Wied. Ann. 34. p. 734. 1888.
2i A. Blümcke, Wied. Ann. 34. p. 10. 1888.
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920
A. Riümcke.
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-71°C.
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-12°C.
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C,0O,;S
-26
C0MS.
- s
C048
-19
-7,5
CO-S,
-15
8.1% CO,
Wenn die Verbindung C04S (Siedepunkt -19°0.) statt
40,8 Proc. auf 100 Theile der Mischung nur ungefähr 1 Proc.
C03 enthält, was für eine Zusammensetzung sollen dann die
noch folgenden haben?
2) Der theoretisch berechnete Druck von 8 Atm. bezieht
sich auf eine Flüssigkeit von der Zusammensetzung S02+C02;
nachdem durch die Versuche Rilliet's und von mir die Zu-
sammensetzung als eine andere gefunden war, musste der
theoretische Druck für diese neue Zusammensetzung berech-
net werden, um mit dem experimentell gefundenen verglichen
werden zu können.
3) Die Abweichungen von den Resultaten des Hrn.
R. Pictet, welche ich bezüglich der Spannkräfte der von
mir untersuchten Probe der „Flüssigkeit Pictet" zwischen
0 und 30° gefunden habe, sind allerdings gering; dagegen
tinde ich bei 50° C. eine Differenz von ungefähr 1,5 Atm.
Uebrigens glaube ich mit aller Deutlichkeit gesagt zu haben,
dass nach meinen Versuchen die beiden fraglichen Curven
sich bis ungefähr 100° C. nicht schneiden, während Hr. R.
Pictet behauptet, sie schnitten sich bei ungefähr 25° C.
4) Bei meinen Versuchen mit dem C ail letet' sehen
Apparate war das Gas in einem cylindrischen Rohr von
45 cm Länge eingeschlossen, welches oben, um das Zuschmel-
zen zu erleichtern, eine ungefähr 1,5 cm lange Capillare hatte;
unten hatte es den bekannten hakenförmigen Ansatz. Ich
comprimirte bei allen Versuchen nur so weit, bis die erste
sichtbare Verflüssigung eintrat. Dabei war das Volumen bei
den höchsten Temperaturen (ca. 100° C.) ungefähr der zwan-
zigste Theil von demjenigen im Normalzustande; nicht etwa
der dreihundertste oder vierhundertste. Der Fehler, der
durch Spuren von Luft entstehen kann, ist also nicht im
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Gemische von CO., und SOr 921
entferntesten so gross, als Hr. R. Pictet meint Ausser-
dem habe ich nicht nur mit dem Cailletet'schen, sondern
auch mit meinem Apparate gearbeitet und übereinstimmende
Resultate gefunden.
5) Daes ich Abweichungen von den Resultaten Reg-
nault'8 constatirte, ist sehr richtig; aber da, wo eine Ab-
weichung von Regnault statt hat, besteht eine Ueberein-
stimmung mit den Resultaten Sajo tschewsky 's. Diese
Uebereihstimmung dürfte Hr. R. Pictet nicht hinlänglich in
Betracht gezogen haben. Im übrigen dürfte eine Abweichung
von Regnault umso weniger ins Gewicht fallen, als es sich
hauptsächlich um das Schneiden der fraglichen Spannkrafts-
curven handelt, und etwaige Beobachtungsfehler bei beiden
Versuchsreihen in gleicher Weise sich geltend gemacht hätten,
da immer dasselbe Manometer und dasselbe Thermometer
benutzt wurden.
Ich habe späterhin noch eine Reihe von Versuchen mit
dem Cailletet'schen Apparate ausgeführt, welche alle gegen
ein Schneiden der beiden Curven sprechen. Ich legte dabei
namentlich Werth darauf, dass zuerst die reine schweflige
Säure untersucht, und darauf die Flüssigkeit Pictet aus
derselben schwefligen Säure durch Zusatz von Kohlensäure
hergestellt wurde. Ich habe dazu sowohl käufliche, als auch
von mir selbst hergestellte schweflige Säure und Kohlensäure
genommen. — Ferner habe ich mit meinem Apparate folgen-
den Versuch gemacht:
Derselbe wnrde mit einer Mischung von stärkerem Pro-
centgehalt als die Flüssigkeit Pictet gefüllt, hierauf die
Temperatur auf 50° C. gebracht und constant erhalten. Als-
dann Hess ich in kleinen Portionen Gas entweichen. Dabei
entströmt, wie der Schwimmer zweifellos erkennen lässt, vor-
wiegend C02; es entsteht also eine immer mehr der reinen
S02 sich nähernde Füssigkeit. Der Druck war anfanglich
weit höher, als der der reinen schwefligen Säure. Wenn nun
ein Schneiden der betreffenden Spannkraftscurven stattfände,
so müsste nothwendig der Druck unter den der schwefligen
Säure hinabsinken, und zwar um 1,5 Atin. Bei der betreffen-
den Temperatur entspricht einer solchen Druckdifferenz an
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022
A. Blümche.
meinem Manometer eine Verschiebung des Quecksilberfadens
um ungefähr 3 cm, d. i. eine Grösse, welche mir unmöglich
entgehen konnte. Ich kam, bis das ganze Rohr leer war,
nur bis an den Druck der schwefligen Säure, niemals tiefer.
Schliesslich habe ich infolge eines gütigen Rathes des
Hrn. L. Gr ätz folgenden Versuch mit einem Differential-
manometer gemacht:
Zwei kleine Eisenflaschen von ca. 600 ccm Inhalt wur-
den durch ein gläsernes U-Rohr, welches zur Hälfte mit
Quecksilber gefüllt war, verbunden. Die eine war mit käuf-
licher schwefliger Säure halb gefüllt, die andere enthielt die
gleiche Menge derselben schwefligen Säure und eine kleine
Menge Kohlensäure. Ich suchte durch mehrmaliges Füllen
und Wiederentleeren der Manometerröhren mit Gas die Luft
möglichst zu entfernen. Beim Beginn der Versuche bestand
bei 0° in beiden Flaschen eine solche Druckdifferenz, dass
das Quecksilber in den Schenkeln des Manometers eine
Höhendifferenz von 10,5 cm hatte. Bei 50° C. hatte dieselbe
nicht nur nicht abgenommen, sondern war auf 11,5 cm an-
gewachsen. Es sprechen also auch diese Versuche gegen
ein Schneiden der Curven.
Endlich bemerke ich noch, dass nach den Untersuchun-
gen der Herren J. Kalcher und Schrabetz der Dampf
der Flüssigkeit Pictet an Kohlensäure reicher ist, als die
Flüssigkeit selbst; es enthält nämlich der Dampf:
J SO, S>7,87 Proc. | SO, 97,11 Proc.
1 CO, 2,12 » | CO, 2,88 „
die Flüssigkeit:
j SO, 99,06 Proc. | SO, 98,97 Proc.
4 \ CO, 0,94 „ 11 { CO, 1.08 „
Ich habe eine Eisenflasche gefüllt mit einer fünfprocen-
tigen Mischung, sodass dieselbe nahezu ganz voll war. Hier-
auf wurde dieselbe in einem Wasserbade auf 50° C. erhitzt
und drei Proben Dampf entströmen lassen, welche über
Quecksilber aufgefangen wurden.
Hr. Gerdeissen, Assistent des Hrn. Prof. v. Miller,
hatte die Liebenswürdigkeit, die Proben zu analysiren.
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Gemische von C()2 und SO.
023
Die erste enthielt: 51 Proc. CO, 49 Proc. SO,
die zweite: 40
die dritte: 38 » n
Ich war anfangs über diese Zahlen sehr überrascht; aber
das starke Ansteigen der Isothermen der Gemische für kleiner
werdende Volumina einerseits, ferner der Umstand, dass die
Kohlensäure sich bei 50° C. weit oberhalb der kritischen
Temperatur beiindet, lassen sie weniger befremdlich er-
scheinen.
Es ist also wohl als bewiesen anzunehmen, dass auch
bei 50° C. der Dampf der Flüssigkeit Pictet mehr C02 ent-
hält als die Flüssigkeit selbst; woraus ohne weiteres nach
dem Gesetz von Konowalow1) folgt, dass sie einen stärke-
ren Druck als reine S02 haben muss.
München, im Januar 1889.
XI. lieber Adsorption und Condensation
von Kohlensäure an blanken Glasflächen;
von IT, Krause.
Auszug aus der gleichbetitclten Inauguraldissertation des Verfassers.
(Hleria Tar. X Flg. 20— 22.)
Den Ausgangspunkt nachstehender Arbeit bildet eine
Bemerkung von Warburg und lhmori2) in dem Aufsatz:
„Ueber das Gewicht und die Ursache der Wasserhaut bei
Glas und anderen Körpern". Dieselbe lautet: „Es wäre
hiernach interessant, zu wissen, ob alkalifreies Glas messbare
Quantitäten Kohlensäure adsorbirt." In der Abhandlung
wird nachgewiesen, dass es möglich ist, durch Kochen Glas
an seiner Oberfläche ärmer an Alkali zu machen, und dass
das Alkali es ist, welches die Bildung von Wasserbeschlag
hervorbringt, resp. befördert. Es galt die Frage zu beant-
worten, ob und wie weit der Verlauf der von Bunsen3) be-
1) Konowalow, Wied. Ann. 14. p. 48. 1881 u. Planck, Zeitschr.
f. phys. Chem. 2. p. 408. 1888.
2) Warburg u. Ihmori, Wied. Ann. 27. p. 481. 1886.
H) Bunsen, Wied. Ann. 20. p. 545. 1883.
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924
H. Krause.
obachteten Gasadsorption an blanken Glasflächen in Ab-
hängigkeit von der an der Oberfläche derselben wirksamen
Schicht freien Alkalis zu bringen sei. Ich beabsichtigte dem-
nach, die Versuche Buns en's mit frischen und dann mit
gekochten Fäden zu wiederholen.
Die Analyse des Glases, welche unter gütiger Leitung
des Hrn. Prof. Doebner von Hrn. Hofmann ausgeführt
wurde, ergab: Kieselsäure 70,10; Eisenoxydul 5,75; Kalk
2,56; Kali 20,86 Proc. Das specifische Gewicht, als Mittel
aus 5 zwischen 13,0 und 13 6° C. angestellten Versuchen,
war s = 2,4168 ± 0,0J.
Ich untersuchte ebenfalls wie Bun sen 2000 einzelne
Fäden mit dem Mikroskop und fand, dass auf 1 g 1447,7
Fäden von 1 m Länge gingen, welchen eine Mantelfläche
von 0,084 730 qm, ein Querschnitt von 0,0e83 qm, sowie ein
Volumen von 0,41377 ccm zukommt. Die Controle durch
Zählung und Wägung eines Gebindes ergab als Gewicht der
1447,7 Fäden 1,0033 g, tine jedenfalls zufriedenstellende
Uebereinstimmung. Die mit siedendem Wasser behandelten
Fäden erlitten an ihrer Oberfläche einen Substanzverlust von
0,462 Proc, welcher nach der vom Hrn. Dr. Baumert
freundlichst übernommenen Untersuchung Kalk, Kieselsäure,
Blei, eine Spur von Kohlensäure und Alkalien enthielt. Mit
Berücksichtigung dieses Verlustes berechnete ich die Mantel-
oberfläche für 1 g gekochter Fäden auf 0034 926 qm; der
Querschnitt war nicht merklich verändert.
Um bei Vergleichung der Versuche den Einfiuss von
Druck und Temperatur eliminiren zu können, wurden beide
zu gleicher Zeit in zwei vonBunsen1) beschriebenen Appa-
raten angestellt. Betreffs Füllung der Beobaehtungsinstru-
lnente mit Gas. Evacuirung mittelst Quecksilberluftpumpe.
Trocknung u. s. w. verweise ich auf die Originalschrift2);
nur sei hervorgehoben, dass der obere Theil des Apparates
jedesmal unter Trocknung mit Phosphorsäureanhydrid bis
zum harten Anschlag ausgepumpt wurde, sich also darin be-
findliches Gas nicht mehr nachweisen liess; ferner, dass die
1) Bunscn, Wied. Ann 20. p. 550. 18?:-{.
2) Krause, Inauguraldiss. Halle lsSs1.
Digitized by Google
Adsorption von CO., nn Glas.
925
in den ersten Minuten und Stunden stattfindende Conden-
sation einer besonderen Beachtung unterzogen wurde. Die
GesammtoberHäche der frischen Fäden (inc). der inneren
Röhrenwandung) betrug für alle drei Versuche 4,3448 qm,
für die gekochten 4,3206 qm. Bei dem ersten Versuch war
das Volumen des eingelassenen Gases bei den frischen und
gekochten Fäden 87,013, resp. 85,956 ccm; bei dem zweiten
Versuch 59,390, resp. 58,600 ccm; bei dem dritten Versuch
57;604, resp. 58,797 ccm.
Auf Taf. X Fig. 20 sind die Resultate der Condensation für
alle drei Versuche graphisch dargestellt. Bei dem Auspumpen
war nur bei Versuch I abgedunstete Feuchtigkeit an der
Phosphorsäure zu bemerken. Bei dem zweiten und dritten
Versuch zeigte sich während des E?acuirens immer wieder
neues Gas, welches sich jedenfalls an den frischen Fäden,
welche stets während der Zurüstungen zu einem neuen Ver-
suche im oberen Theile des Apparates luftdicht abgeschlossen
waren, condensirt hatte und nun bei dem verminderten
Druck loslöste. Diese Erscheinung war nicht oder nur in
geringem Maasse an den gekochten Fäden zu bemerken.
Aus dem I. Versuch konnte folgender Schluss gezogen
werden:
a) Es findet an beiden Arten von Fäden eine Conden-
sation statt, bei den frischen schneller als bei den gekochten;
es waren in 26 Tagen 0,944, resp. 0,512 ccm Gas condensirt.
b) Die Condensation ist besonders lebhaft in den ersten
Minuten und am ersten Tage. In 70 Minuten waren 0,449,
resp. 0,158 ccm, in 24 Stunden 0,633, resp. 0,276 ccm Kohlen-
säure condensirt.
c) Nach etwa 15 Tagen scheint das Maximum der Ver-
dichtung bei den frischen Fäden erreicht zu sein; bei den
gekochten geht dieselbe, wenn auch äusserst langsam, noch
vorwärts.
Aus dem II. Versuch ergab sich entsprechend:
ad a) und b): Es findet ebenfalls bei den frischen Fä-
den eine Condensation statt, jedoch etwas langsamer;
äusserst gering ist dieselbe an den gekochten. Es wurde
Gas verdichtet:
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026 //. Krause.
in 1 Stunde 0,386, resp. 0,023 ccm.
v 24 Stunden 0,600 „ 0,065 >•
» 12 Tagen 0,777 „ 0,083 .
Durch Versuch III wurde das eben angeführte Resultat
vollständig bestätigt. Der Grund der Condensation ist in
allen Fällen in dem Vorhandensein von Wasser an der Gas-
oberHäche zu suchen, welches sich bei den frischen Fäden
selbst durch wiederholtes scharfes Auspumpen unter Anwen-
dung von Phosphorsäureanhydrid bei gewöhnlicher Lufttempe-
ratur nicht entfernen Hess.
Ich ging nun dazu über, die Versuche in ähnlicher Weise
anzustellen, wie Bun sen in seiner späteren Arbeit1), indem
ich durch Erhitzen über 500° den Fäden jede Spur von
Feuchtigkeit nahm. Bun sen hat in der betreffenden Ab-
handlung nachgewiesen, dass „an der völlig von Feuchtigkeit
befreiten Glasfläche gar keine nachweisbare langsame Con-
densation stattfand''. Er beschreibt den Versuch wie folgt:
„Um die Fäden vollkommen auszutrocknen, werden sie, nach-
dem ihre Feuchtigkeit schon zuvor grösstentheils entfernt
war, in dem aufrecht in der Wanne stehenden Barometer
selbst mittelst des aufgestülpten Thermostaten mehrere Stun-
den lang auf 505° C. erhitzt erhalten, während ein dicht unter
den erhitzten Fäden austretender Strom von völlig trockner Koh-
lensäure durch das vom Quecksilber der Wunne abgesperrte Baro-
meterrohr geleitet wurde." Es könnte hierbei während der
Abkühlung schon eine Adsorption des Gases an der Gas-
oberHäche stattgefunden haben, und es schien deshalb zweck-
mässig, den Versuch so einzurichten, dass das Gas erst nach
der Trocknung und Abkühlung mit den Fäden in Berührung
gebracht wurde. Die Trocknung wurde mit dem von B Un-
sen2) beschriebenen Thermostaten vorgenommen. Bei der
Bestimmung der einzelnen Temperaturen durch das Luft-
thermometer bleibt zu bemerken, dass dasselbe nicht mit
Wasser, sondern mit Quecksilber abgeschlossen und nach
Abkühlung in einer gewöhnlichen Quecksilberwanne neben
einem sorgfältig ausgekochten Barometerrohr vertical aufge-
1) Bimsen, Wied. Ann. 24. p. 321. 1885.
2) Hunacn, Wied Ann. 24. p. 323. 188").
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Adsorption von C02 an Glas. 927
stein wurde. Die Messungen erfolgten mittelst eines Genfer
Kathetometers. Die sechs Flammen des Thermostaten er-
zielten unter einem Wasserdruck von 10 mm eine Hitze von
531 0 C.
Eine genau gewogene Menge Fäden wird in den Kopf
einer sorgfältig calibrirten Barometerröhre b (Fig. 21) ein-
geführt, dann dieselbe mit dem Kautschukstopfen ö, welcher
eine doppelte Bohrung hat, fest verschlossen. In der einen
befindet sich ein rechtwinklig gebogenes Röhrchen C, welches
an dem einen Ende bei d zugeschmolzen, am anderen offen
ist; in der anderen Bohrung steckt das U-förmig gebogene,
mit einem Hahn / versehene Rohr G, welches durch Trocken -
Vorrichtungen zur Quecksilberluftpumpe führt. Der untere
Theil von ä, sammt Kautschukstopfen u. s. w. ist tief in das
Quecksilber der Wanne eingetaucht und dadurch luftdicht
abgeschlossen. Während der Dauer der Erhitzung bei 531 0
wird das Rohr luftleer gepumpt, dann nach Abkühlung das
Capillarrohr C abgebrochen, sodass sich jetzt das Rohr zur
Barometerhöhe mit Quecksilber füllt Nach Entfernung des
Stopfens wird das Instrument in der Wanne vor dem Ka-
thetometer neben dem Barometerrohr aufgestellt. Die Mes-
sung und Einfilllung der sorgfältig getrockneten Kohlensäure
geschieht mit einem Füllrohr, dessen sich auch Bunsen1)
bediente.
A. Frische Fäden.
Erster Versuch: Im Rohr waren 15,040 g Fäden,
welche eine Oberfläche von 1,2744 qm darboten; hierzu
kommt der 0.0118 qm betragende obere Theil der inneren
Röhrenwandung. Während des Erhitzens und Evacuirens
zeigte sich an der Phosphorsäure der Trockenröhre Feuch-
tigkeit, und Loslösung von Gas war bemerkbar. Es bildete
sich jetzt merkwürdiger Weise in der Röhre ein Beschlag
von rothbrauner Farbe, und zwar an der Stelle, welche
zunächst aus dem Eisenrohr hervorsah. Um denselben zu
entfernen, wurde diese Stelle, wie überhaupt die ganze Röhre,
mit einem Bunsenbrenner stark erhitzt, bis das Destillations-
1) Bunsen. Wied. Ann. *24. p. 3H'-\ 1885.
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928
H. Krause.
product verschwunden zu sein schien. Wie beim Abheben
des Thermostaten sich später herausstellte, befand sich noch
rothbrauner Beschlag am oberen Ende der Röhren wandung.
Wasser konnte derselbe unmöglich sein. Als nach zwei
Stunden ein ziemlich harter Anschlag erzielt wurde, konnte
Hahn f geschlossen, die Flammen gelöscht und die Spitze d
abgebrochen werden. Im Rohr zurückgebliebene Luft war
nicht nachweisbar. Bezeichne nun V das aus dem Füllrohr
nach dem Baroraetermessrohr b eingeleitete Gesammtvolumen
Gas, v das an b alsdann abgelesene Volumen, demnach
V - v das eventuell an der Glasoberiläche adsorbirte Gas.
Zunächst ist F= 2,500 ccm; V-v = 0,045 ± 0,002 ccm.
( Mittel aus fünfzehn an zwei Tagen gemachten Beobachtungen
bei einer Temperatur von 21,00 bis 21,93° C. und 62,42 bis
63,35 mm Druck.) Dies Resultat kann jedoch keinen An-
spruch auf Genauigkeit machen, da der Meniscus mit einem
Filz von Glasfaden bedeckt und eine scharfe Einstellung
unmöglich war. Es wurde von neuem Gas eingeleitet.
Gesammtvolumen V = 4,913 ccm ; V — v = 0.046 ± 0,001 ccm.
^Mittel aus zwei an demselben Tage gemachten Ablesungen
bei 21,74° und 107,31 mm Druck.) Die Einstellung war
jetzt genauer.
Zweiter V ersuch mit denselben frischen Fäden :
Nachdem zehn Minuten ausgepumpt und erhitzt war, löste
sich Gas von der Glasoberfläche. Das Evacuiren wurde
fortgesetzt wie früher. Ein Destillationsproduct war nicht
bemerkbar; jedoch war nach Abschluss 0,004 ccm Luft in b
zurückgeblieben. Eingelassenes Gas (incl. Luft) V= 1,985 ccm;
V - v = 0,014 ± 0,002 ccm. (Mittel aus zehn an zwei Tagen
angestellten Beobachtungen bei 20,69 bis 22,81° C. und
52,59 bis 53.22 mm Druck.) Danach neues Gas zugeleitet.
Gesammtvolumen F = 4,255 ccm; V — v = 0,027 + 0,001 ccm.
(Mittel aus dreizehn an vier Tagen angestellten Beobachtungen
bei 20,05 bis 21,56° C. und 95,82 bis 96,51 mm Druck.)
Ich übergehe vorläufig die Erklärung des gefundenen
Resultates, bemerke jedoch in Uebereinstimmung mit Bun sen,
dass von einer nachweisbaren langsamen Condensation nicht
die Rede sein kann.
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Adsorption von C03 an Glas.
929
Nun führte ich Wasser in einem Kügelchen in den
Raum ein, in welchem sich Fäden und C02 befanden. Dabei
ist zu berücksichtigen, dass dasselbe einen Theil des Gases
absorbiren wird. Dieser wurde nach der in den gasomet-
rischen Methoden von Bunsen1) angegebenen Formel be-
rechnet und angenommen, dass noch das ganze Volumen
des Wassers, welches sich im oberen Räume in feinen
Tropfen niedergeschlagen hatte, als solches vorhanden sei.
Die Art der Versuchsanordnung machte es im Gegensatz
zu Bunsen möglich, die Tension des IVasserdampfes bei t°
in Millimetern gesondert zu bestimmen und heim Druck in Ab'
rechnung zu bringen. Die jetzt gefundenen Resultate sind in
Tub. I zusammengefa8st; die um 22. bis 24. Juli angeführten
Zahlen sind Mittel aus je zwei Beobachtungen.
Tabelle I.
Den 21 Juli 1887. II1' 45'. Zugahe von 0,174.«) g Wasser.
= t
life
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36,629
36,575
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36,441
36,373
36,306
36.252
36,288
36,198
36,171
30,090
36,009
34,617
34,617
34,15«
3 1,424
1) R. Bunsen, Gasom. Meto. p. 219
Ann. d. Pfcjrt. o Cbem. N. P. X&XYJ.
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12 30
85,48
20,36
4.
12 40
85,40
20,29
5.
12 50
85,14
20,31
6.
2 15
82,44
21,18
1:
2 SO
82,27
20,95
2 45
81.74
20,89
3 —
81,52
20,82
10.
3 15
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20,79
11.
3 30
80,99
20,79
12.
3 45
80,82
20,77
13.
4 15 80,46
20,57
14.
4 45
80,11
20,41
15.
22. Juli
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16.
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67,72
1 19.81
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3,584
3,574
3,553
3,529
3.131
2,875
2,700
2,590
0,400
0,406
0,427
0,434
0,449
0,587
0,601
0,627
0,«43
0,646
0,671
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0,702
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0,410
0,416
0,431
0,570
0,584
0,610
0,626
0,629
0,654
0,H64
0,686
0,709
1,108
1,366
1,513
1 ,652
59
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930
H. Krause.
Es sind folglich mit Abrechnung des früher eventuell
adsorbirten Gasvolumens von 0,027 ccm nach Einführung
von Wasser an der 1,28620 qm betragenden Glasoberfläche
am ersten Tage 1,084, am zweiten 0 258, am dritten 0,175
und am vierten 0,108; in vier Tagen also von 4,228 ccm C03
1,625 ccm condensirt worden. Die Verdichtung ist am ersten
Tage bei weitem am grössten und besonders sofort nach
Einführung des Wassers. Der Verlauf ist auf der bezüg-
lichen Curve Fig. 22 graphisch dargestellt. Das Glasrohr
hatte während des Erhitzens und Auspumpens keine die
Grenzen der Beobachtungsfehler überschreitende Volumen-
veränderung erlitten.
B. Gekochte Fäden.
Erster Versuch: In ein neues, sorgfaltig calibrirtes
Rohr wurden 15,265 g gekochte Fäden eingeschoben. Die-
selben repräsentiren (incl. der inneren Wandung von 0,01291 qm)
eine Glasoberfläche von 1,30915 qm. Nachdem zehn Minuten
lang ausgepumpt und erhitzt war, trat die früher beobachtete
Erscheinung ein, dass sich Gas loslöste; ebenso war Feuch-
tigkeit im Trockenrohr bemerkbar. Ein Destillationsproduct
kam hier nicht zum Vorschein; im Messrohr war keine
Luft zurückgeblieben. Eingelassenes Kohlensäurevolumen
V = 2,822 ccm; V - v = 0 014 ± 0,001 ccm. (Mittel aus acht
an zwei Tagen angestellten Beobachtungen bei 23,41 bis
24,64° C. und 65,03 bis 65,18 mm Druck )
Zweiter Versuch mit denselben gekochten
Fäden: V— 2,283 ccm (incl. der im Rohr zurückgebliebenen
Luft von 0,008 ccm); V- v = 0,029 ± 0,001 ccm (Mittel
aus sechs an zwei Tagen angestellten Beobachtungen bei
26,21 bis 26,97° C. und 55,72 bis 56,13 mm Druck). Dann
wurde Gas nachgefüllt. Gesammtvolumen V — 4,152;
V - v = 0,050 ± 0,002 ccm (Mittel aus sechs an zwei Tagen
angestellten Beobachtungen bei 25,19 bis 27,69° C. und 88,70
bis 89,21 mm Druck). Jetzt wurde in gleicher Weise wie
früher Wasser zugegeben. Die Resultate stehen in Tab. IL.
Die vom 2. August bis 6. September angeführten Zahlen
sind Mittel aus mehreren Beobachtungen.
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Absorption von COt tin Glas. 931
Tabelle IL
Pen l. August 1887. llh20'. Zugabe von 0,071)0 g Wasser.
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3,008
1,144
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Das Wasser, welches noch am 1. September in der
Kugel bemerkbar war, schien am 6. September verschwunden
zu sein. Das Vorhandensein von Wasserdampf liess sich
jedoch durch einen am 9. September angestellten Abkühlungs-
versuch mit Aether (— 13° C.) nachweisen.
Es ist mit Abrechnung des früher eventuell adsorbirten
(iasvolumens — 0,053 cem zu Folge der letzten Ablesung —
nach Einführung von Wasser an der 1,30915 qm grossen
Oberfläche am ersten Tage 0,500, am zweiten 0,074, am
dritten und vierten Tage zusammen 0,083, in vier Tagen
also 0,657 von 4,152 cem Gas verdichtet worden. Der Ver-
lauf der Condensation ist Fig. 22 graphisch dargestellt.
Fassen wir nun — auf die Frage einer anfanglichen
Condensation, welche Bun sen entgangen sein konnte, soll
sofort eingegangen werden — die durch die letzte Art der
Versuche gewonnenen Resultate zusammen, so ist zunächst
das von Bunsen gefundene Resultat bestätigt:
Wenn von der Oberfläche der Fäden jede Spur von
Feuchtigkeit entfernt ist, was durch Erhitzung bis 531 0 und
Auspumpung mittelst der Quecksilberluftpumpe unter An-
59*
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//. Krause.
wendung von Phosphorsäureanhydrid geschehen kann, so
findet bei den frischen, wie bei den gekochten Faden keine
merkbare Condensation statt.
Ferner sind wir zu folgendem Schluss berechtigt:
Nach Zugabe von Wasser tritt sofort die Verdichtung
ein, und zwar ist dieselbe anfänglich, d. h. in den ersten
Minuten, eine lebhafte. Hierbei zeigte sich aber wieder der
Unterschied zwischen den frischen und gekochten Fäden,
indem bei den ersteren die Condensation viel schneller vor
sich geht, als bei den letzteren. Bei den frischen Fäden
wird in einem Tage genau so viel Gas condensirt, wie bei
den gekochten erst nach einem Monat.
Es bandelte sich nun darum, zu untersuchen, ob der
anfängliche Verlust wirklich einer Adsorption zuzuschreiben
ist. Dus Zweckmässige war jedenfalls, den gleichen Ver-
such mit dem leeren Rohr anzustellen.
C. Leeres Rohr.
Erster Versuch: Derselbe wurde ganz ebenso wie
frilher mit den Fäden angestellt, sodass ich wohl die Einzel-
heiten übergehen kann; nur sei hervorgehoben, dass hierbei
niemals die Erscheinung von sich ablösendem Grase beob-
achtet wurde. V= 3,134 ccm; V —v — 0,027 ± 0,002 ccm
(Mittel aus sechs an drei Tagen angestellten Beobachtungen
bei 16,45 bis 17,00° C. und 57,53 bis 60,70 mm Druck).
Dann Gas nachgefüllt. ^=5,565 ccm; V— v = 0,052 ± 0,003 ccui
(Mittel aus vier an zwei Tü^en angestellten Beobachtungen
bei 14,18 bis 15,48° C. und 96;04 bis 96,71 mm Druck).
Zweiter Versuch: Derselbe gab ebenfalls eine Differenz
V-v = 0,029 ±0,001 ccm (Mittel aus vier an zwei Tagen
angestellten Beobachtungen bei 12,48 bis 13,06° C. und 64.12
bis 66,30 mm Druck).
Vergleichen wir nun die Resultate bei Anwesenheit mit
frischen und gekochten Glasfäden, sowie bei dem leeren
Rohr, so ergibt sich daraus, dass das scheinbar ver-
schwundene Gasvolumen nicht an der Oberfläche der Fäden
adsorbirt sein kann. Auch aus einer Abweichung der
Kohlensäure vom Boyle'scben Gesetz — hierzu wurden be-
Digitized by Google
Adsorption von COt an Glas.
933
sondere Untersuchungen angestellt — konnte eine Erklärung
dafür nicht hergeleitet werden. Es ist somit der Schluss
berechtigt, dass von einer mit den verfügbaren Htilfsmitteln
festzustellenden anfänglichen Adsorption nicht die Rede ist
Ich will dazu noch bemerken, dass beim Einfüllen einige
Gasblasen an der Wandung der Röhre hängen blieben, die
nicht nach dem oberen Theile der Röhre hinaufgebracht
werden konnten; ferner, dass nur der die Fäden enthaltende
obere Theil der Röhre auf 531° erhitzt werden konnte.
Es wäre immerhin möglich, dass, wenn auch der übrige
Theil der Röhre mit einem Bunsenbrenner erwärmt worden,
doch an der inneren Röhrenwandung eine minimale Wasser-
schicht haften geblieben wäre, welche ihrerseits eine freilich
wohl als gering anzunehmende Condensation des Grases beim
U eberfüllen hätte bewirken können. Oder sollte vielleicht
Kohlensäure beim Durchgang durch das Quecksilber absor-
birt werden?
Ich schliesse hiermit diesen Theil der Arbeit und gehe
-zu folgender Erörterung über. Aus den zuerst angestellten
Versuchen ergab sich, dass es leichter gelang, die mit sie-
dendem Wasser behandelten Fäden als die frisch gesponne-
nen zu trocknen. In Bezug auf diese Thatsache schien es
nicht uninteressant zu sein, den schon von Bunsen ange-
stellten Versuch über das bei verschiedenen Temperaturen
auf den Fäden noch festgehaltene Wasser in gleicher Weise,
einmal mit den frischen, dann mit den gekochten Fäden, zu
wiederholen. Ich verweise hierbei auf die betreffende Ab-
handlung Bunsen's1), der ich mich fast genau angeschlossen
habe, sowie auf meine Originalmittheilung. 2) In dem Appa-
rat mit den frischen Fäden waren 17,908 g, in demjenigen
mit den gekochten 14,065 g eiogeschlossen. Die ersteren
repräsentiren eine Oberfläche von 1,5174 qm. die letzteren
eine solche von 1,1945 qm.
Die Trockeuresultate sind in Tab. III zusammengestellt.
1) Bunsen, Wied. Ann. 21. p. :<26. 1885.
21 Ii. Krause, Inauguraldia*. Halle 1888. p. 74.
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935
Das mithin auf den Fäden zurückgehaltene, bei den be-
treffenden constanten Temperaturen nicht verdampfbare
Wasser ist aus Tab. IV zu ersehen.
Tabelle IV.
n\ Gekochte Fäden
14,065 g
7,5
•247
:m
427
502
mg
18,71
5,63
3,65
0,94
0,(MI
bi Frische Fäden
17,908 g
c) Gekochte Fädon
auf 1 7,908 g umgerech.
6,2
247
361
427
502
531
mg
29,34
15,04
10,18
4,54
0,77
0,00
r,5
247
3ü I
427
502
mg
23,82
7,17
4,65
1,20
0,00
Es wird demnach nach der allmählich erhöhten Trock-
nung bei t° auf den Fäden noch eine Wasserschicht sich
befinden, deren Höhe bei 0° C. K = <7/«1 sein wird, wenn g
das noch nicht verdunstete Wasser und a2 die Überfläche
vorstellt. Die vergleichende Zusammenstellung hierüber steht
in Tab. V.
Tabelle V.
Höhe der Wasserst hi cht für frische und gekochte Fäden bei 4° C.
nach Trocknung bei t* C.
Temp.
/• C.
7
247
:m
427
502
531
Frische Fäden Gekochte Fäden
hx — mm
0,0« 1934
0,0S991
0,05671
0,0,299
0,0,51
0,0,
hz - mm
0,0« 1566
0,0S471
0,05305
0,0,79
0,0.
Aus den Resultaten ergibt sich, dasa die schon früher
gemachte Beobachtung, die Trocknung der Fäden betreffend,
vollauf bestätigt wird: Die frischen Fäden haben das Ver-
mögen, die auf ihrer Oberfläche befindliche höhere Wasser-
schicht hartnäckiger festzuhalten als die gekochten.
Die bei den einzelnen Versuchen der Arbeit gewonnenen
Hauptresultate lassen sich in gedrängter Form, ohne jede
Zahlenangabe, schliesslich dahin aussprechen:
I. Hei Abwesenheit von Wasser findet an blanken Glas-
flächen, mögen dieselben alkalihaltig oder durch Behand-
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936
//. Krause.
lung mit siedendem Wasser an ihrer Oberfläche selbst alkali-
arm gemacht worden sein, überhaupt keine Condensation
oder merkliche Adsorption des zugeleiteten und dadurch mit
den betreffenden Flächen in Berührung gebrachten Gases
statt, und zwar weder im ersten Augenblick , was über
Bunsen's Resultat hinausgeht, noch im Laufe der Beobach-
tungszeit
II. Wird den von Feuchtigkeit vollständig befreiten
Fäden Wasser zugeführt, so stellt sich sofort eine Verdich-
tung des Gases an der Glasoberfläche ein, und zwar ist die-
selbe an der alkalireicheren Oberfläche hei weitem stärker,
als an der alkaliärmeren. In beiden Fallen ist die Conden-
sation in den ersten Minuten eine lebhafte. (Da auch die
gekochten Fäden Adsorption, resp. Condensation zeigten, ist
hiermit die von Warburg und Ihmori aufgeworfene Frage
beantwortet.)
III. Die auf der alkalireichen Oberfläche von Glasfäden
zurückgehaltene, bei den betreffenden, successive erhöhten
Temperaturen nicht verdampf bare Wassermenge ist grösser
als bei denjenigen Glasfäden, welchen durch Behandlung mit
siedendem Wasser an der Oberfläche Alkalien entzogen
worden sind. Ferner gelingt es in kürzerer Zeit, namentlich
bei niederen Temperaturen, die Feuchtigkeit durch Trocken-
strom von den gekochten Fäden zu entfernen.
Vorstehende Arbeit wurde auf Vorschlag des Hrn. Prof.
Dr. Dorn unternommen, welchem ich für die Hülfe, die er
mir dabei mit Rath und That gütigst zu Theil werden Hess,
auch an dieser Stelle den ergebensten Dank ausspreche.
Mit weiteren, sich daran anschliessenden Untersuchungen
über andere Substanzen bin ich beschäftigt.
Halle a. S., Physik. Laboratorium.
Berichtigungen.
I.M. Planck.) p. 632 Z. IS v. u. lies p. 630 statt 566.
»» 635 t, 3 v. o. n » 630 » 566.
„ 635 >, 17 v. o. 631 „ 567.
» 639 » 4 v. u. m » 635 „ 571.
» 641 » 3 v. u. n t» 636 572.
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