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Full text of "Annalen der Physik"

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Annalen  der 
Physik  und 
Chemie 


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AN NA L EN 


DER 

PHYSIK  UND  CHEMIE 

NEUE  FOLGE. 

BAND  XXX VI. 


ANNALEN 

DER 

PHYSIK  UND  CHEMIE 

BBöRCüDKT  URD  POKTOEPCHRT  DUSCH 

P.  4.  f.  GUU,  l.  Vi.  GILBKRT,  J.  C.  POGGKXWRFF. 

NEUE  FOLGE. 
IIA  Ml  XXX  VI. 

DE«  OANERH  POLO  F.  ZWEUUIRDERT  ZWKK' N DBIKBZIOBtTK 

U  NT  E 11  }1  ITWIUKUNti 
DEB  PHYSIKALI8CI IEN  OESELLSCHAFT  IN  HKHL1N 

U1CD  IH8BB8OMDEKK  DES  HERR 5 

H.  VON  HELMHOLTZ 

IIERAISOKOKBKR  VOR 

U.  WIEDEMANN. 

NEUST  ZEHN  PIÜUUKNTAFELN. 


LEIPZIG,  1889. 
VERJAG  VON  JOHANN  AMBROSIUS  BAKTII. 


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7 


Dwek  tou  Mett»«r  A  Witt»»  lu  Leipwic. 


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Inhalt. 

Neue  Folge.    Band  XXXVI 


Erste«  Haft. 

1.  H.Hertz.  Die  Kräfte  »'lectrischcr  Schwingungen,  behandelt 
nach  der  Maxwellschcn  Theorie   1 

II.  E.  Dorn.    Eine  Bestimmung  des  Ohm  

III.  W.  G.  Hankel.    Da»  clectrodynaniische  Gesetz  ein  Punkt- 
geaet*  73 

IV.  A.  Winkeltnann.   Ueber  den  Einflusa  der  Temperatur  auf 

die  Verdampfung  und  die  Diffusion  you  Dämpfeu  ....  93 

V.  A.  Heritsch.  Ueber  das  allgemeine  Gesetz  »ler  hei  dem  I^oaeii 

top  Salzen  im  Waaser  auftretenden  Volumen Verminderung  115 

VI.  A,  Koeh.    Ueber  die  Dämpfung  der  Torsiousdchwingungen 

von  verschiedenen  Metall  Inihten  12'J 

VII.  H.  Henueberg.  Ueber  das  Wm  melrirungdvermugen  der 
Mischungen  von  Aethylalkohcl  und  Waaser  146 

VIII.  W.  Jaeger.    Ueber  die  Schallgeschwindigkeit  in  Dampfen 

and  die  Bestimmung  der  Dainpfdichte  165 

IX.   R.Emden.  Ueber  den  Beginn  der  Lichtcmission  glühender 

Metalle  214 

X.  R.Ritter.  Ueber  die  Reflexion  des  Lichtes  an  parallel  zur 

optischen  Axe  geschliffenem  Quarz  236 

XI.  W.  Hess.  Ueber  einige  einfache  Gesetze,  welchen  der  durch 
ein  Prisma  gehende  Lichtstrahl  gehorcht,  und  über  das  Mi» 
uimum  der  Ablenkung  264 

XII.  F.  Quincke.    Electrolyse  des  Kupferchlmür»  270 


Geschickten  am  15.  Decemher  lütffs. 


VI 


Infinit. 


Zweites  Heft. 

Sei* 

I.  A.  Raps.    Zur  objectiven  Darstellung  der  Schallintensität  273 

II.  J.  v.  Kowalski.    Untersuchungen  über  die  Festigkeit  des 

Glases  307 

III.  E.  Riecke.    Beitritte  zur  Hydrodynamik  322 

IV.  \'.  Hohl.    Das  Gesetz  der  mdeeularen  Attra< 'liott     .    .    .  X}A 

V.  A.  Schleicrmacher.    lieber  die  Wärmeleitung.«fahigkeit 
des  Cji.fv.'k- -ilherdampfes  

VI.  C.  Bar  us.    Die  Zähigkeit  der  Oase  im  Gebiete  hoher 

Temperaturen  35$ 

VII.  E.  Doru.    Eine  Bestimmung  des  Ohm  31>S 

VIII.  G.  H.  v.  Wyss.  Ueber  den  Einfluas  der  Starke  der  Mag- 
net isirnng  auf  die  Acnderung  des  dectrischen  Widerstandes 
drs  Eisen«  .  .  ,  ,  .  .  .  .  .  ,  ,  ,  ,  .  ,  .  ,  .  447 

IX.  A.  lüg  hi.    Ueber  die  elcctromotoriache  Kraft  des  Selens  464 
X.  H.  Ebert.    Zur  Anwendung  des  Doppler'schen  Principe* 

auf  Vnditende  Gasnm!*  enle  4m; 

XI.  E.  Lommcl.   Die  Photometrie  der  diffusen  Zurück  werfung  473 

XII.  1).  Wülfer.    Dii;  Aendci  ungen  di-s  )  luorese«'nzv<  i  mmens 

mit  der  Concentration  .    .    .    .   502 

XIII.  B.  Walter.  Ui  her  drn  Xndmd*  de>  Zerfalles  von  Mole 

L'u'.ir^i ii    in    L'  >un^fn  durch   Fluoreseenz-  und  Ah 
sorptionsersdie:nungen  513 

XIV.  V.  Drude.  Uehrr  Obertiadu  nsdiidifn  I.  Theil  .  .  .  53i 
XV.  C.  Putf'rich.  Mirtheilung,  das  TotalrehVctometer  betreffend  561 


ga a'.o r  m  ige  r  \V .  1 1  k o r \ ;  e  r 

566 

XVII. 

C.  L.  Weber.  Ueber 

dad  galvanische  LeitungsvermÖgen 

des  re-ti  n  Quecksilbei* 

587 

XVIII 

F.  Braun.   Xaehtrag  zu 

nirim  in  AurVatz:  ,. Untersuchungen 

über  die  Loslichkeit  ete. 

591 

XIX 

II.  Ebert.  Bemerkung  zu  ihn.  Langley's  Aufsatz:  Energy 

and  \  ibion"  

592 

(}r,ichlo*scn  am  16.  Januar  Ihm. 

Drittes  Heft. 

1.    H.  A.  Lnrentz.    Zur  Theorif  <l«-r  Th*  ■nnodectricitat    .    .  59:* 

II.    M.  Planck.  Zur  Theorie  dpr  Tln»rinm »le Hridtfir  in  mofftl. 

Ii  sehen  Leitern  .  .  .  ,  ,  ,   ,  <«4 

III.  E.  Wiedemann  und  H.  Ebert.  ITeher  dt»etriHc  ho  F.nt. 

ladungen      .   64? 


Inhalt.  VII 

Sein 

IV.  W.  H.  Schul  tze.    Das  electrolytischc  Verhalten  des  Glim- 
mer? bt'i  hoher  Temperatur  iif>.> 

V.  K.  Schreher    lieber  dip;  elektromotorischen  Kräfte  dünner 
Schichten  von  Supenm'dhydraten  662 

VI.  H.  Lorberg.  Zar  Theorie  der  tnngnctelectrischen  Induction  671 

VII.  G.  Tammann.    Ueber  die  Gesetze  der  Dampfspannungen 
wässeriger  Salzlösungen  von  Babo  und  Wüllner     ....  692 

VIII.  K.  Angstrom.    Beobachtungen  über  die  Durchstrahlung 


von  Wärme  verschiedener  Wellenlänge  durch  trübe  Medien  715 

IX.  K.  Wesendonck.  Zur  Elasticitätstheorie  ,  ,  .  ,  ,  ,  12b. 

X.  E.  Lümmel.     »Subjektive  Interfere!. /Greift  n   im  uhj-etiven 
Spectrum  729 


XI.  K.  Lominel.  Neue  Methode  zur  Messung  der  Drehung  der 

Polarisationscbcne  fiir  die  Frauuhofer'schen  Linien     .    .    .  731 

XII.  E.  Loinmel.    Interferenz  durch  circularc  Doppelbrechung  78't 

X11L,  W.  Voigt.    Ueber  adiabatische  Elastieirat.^conBtanten     .    ,  743 

XIV.  F.  Himstedt.    Ueber  'lie   Kirehlmil  '><  he   Formel   für  die 

Capa<  itat  eines  Skhutzriiigcondcnsator.s       .    Tö.l 

XV.  J.  .1.   Bogiiski   und   L.  Nat  an  Bon.     Ein   Harnmeter  mit 


Contactable.sü'ig  7G1 

XVI.  F.  C.  G.  Müller.  Ueber  ein  neues  Barometer  und  Lnft- 

thermoiucter  ■  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  Um 

XVII.  F.  Lippich.  Bemerkung  zu  der  Abhandlung  des  Hrn.  G.  H. 
von  Wyss:  Ueber  eine  neue  Methude  zur  Bestimmung  der 
Rotationsdispersion  einer  activen  Substanz  und  über  einen 
Fall  von  anomaler  Dispersion  767 

Geschlossen  am  1.  Februar 


Viertes  Heft. 


1. 

H.  Hertz.    Ueber  Strahlen  clectrische-  Kraft  

m 

Ii. 

J.  Bergmann.    Beobachtungen  über  Armierungen  des  elek- 

trischen   Lei fungs Vermögens  nach  starkem  Erwärmen  der 

783 

III. 

S.  Tereschin.    Die  Dielectricitätsconstanten  einiger  orga- 

792 

IV. 

l).  (i  old  ha  in  me  r.    Ueber  den  Einflus«   der  Magnetisirung 

auf  die  clectrusche  Leitungsfahigkeit  der  Metalle  .... 

804 

V. 

A.  Kundt.    Ueber  die  Aenderung  der  Lichtgeschwindigkeit 

824 

Vi. 

vm  Inhalt. 

feto 


VII.  L.  Qraetz.    Uober  das  von  Hrn.  H.  F.  Weber  aufgpstelltc 

Strahlungsgcsetz  SoT 

VIII.   P.  Drude.    Heber  OherflfichenBcliichtcn.    II.  Theil    .    .    .  865 

IX.  J.  Milthalcr.    Ueber  die  Veränderlichkeit  der  gpeeifischen 

Wärme  dea  Quecksilbers  mit  der  Temperatur  897 

X.  A.  Blflincke.    Ueber  die  Isothermen  einiger  Mischungen 

von  schwefliger  Säure  und  Kohlensäure  911 

XI.  H.  Krause.    Ueber  Adsorption  und  Condensation  von  Koh» 

Ipnaftnrp  an  blanken  ClttHriiiphen  .  .  .  ,  ,  .  ,  ,  .  .  

Berichtigungen  93«? 

Ge*chlo*»en  am  15.  Februar  /A-sf. 


Nachweis  zu  den  Figurentafeln. 

Taf.  I.  Hertz,  Fig.  1-6.  —  Dorn,  Fig.  7—13.—  Winkelmann, 
Fig.  14. 

Taf.  II.  Heritsch,  Fig.  1—2.  —  Koch,  Fig.  3—4.  -  Henneberg, 
Fig.  5.  —  Jäger,  Fig.  6—8.  —  Emden,  Fig.  9.  —  Hess, 
Fig.  10—11. 

Taf.    III.    R.  Ritter.    Fig.  1-t;. 

Taf.    IV,  V.  Raps. 

Taf.    VI.    Riecke,  Fig.  1  -  12.  —  von  Wyss,  Fig.  13-16. 

Taf.  VII.    Barus,  Fig.  1—11.  —  Walter,  Fig.  12—20. 

Taf.  VIII.  E.  Wiedeinann  u.  Ebert,  Fig.  1—2.  -  H.  W.  Schultie, 
Fig.  3—4.  —  Schreber,  Fig  5.  —  F.  C.  fj.  Müller,  Fig.  6. 

Taf.  IX.  Hertz,  Fig.  1—2.  —  Tereschin,  Fig.  3—4.  —  Goldhain- 
mer,  Fig.  5—14. 

Taf.  X.  Wien,  Fig.  1—7.  —  Drude,  Fig.  8 — 14.  —  Blümcke. 
Fig.  15-19.  —  Krause,  Fig.  20—22. 


i 


/T  V    "  ■■  N 
1889.  ANS^rFE'N  1. 

DER  PHYSIK  UND  CHEMIE. 

NEUE  FOLGE.   BAND  XXXVI. 


L  I>ie  Kräfte  electrischer  Schwingungen, 
behandelt  nach  der  Maxwell' sehen  Theorie; 

von  JET.  Hertz, 

(HUrsa  T»f.  I  Fl*.  1-6.) 


Die  Ergebnisse  der  Versuche,  welche  ich  über  schnelle 
elektrische  Schwingungen  angestellt  habe,  scheinen  mir  der 
Maxwell'schen  Theorie  ein  Uebergewicht  über  die  anderen 
Theorien  der  Electrodynamik  zu  verleihen.  Gleichwohl  habe 
ich  der  ersten  Deutung  jener  Versuche  ältere  Anschauungen 
zu  Grunde  gelegt,  indem  ich  die  Erscheinungen  zum  Theil  zu 
erklären  suchte  aus  dem  Zusammentreffen  der  electrostatischen 
und  der  electrodynamischen  Kraft  Der  Maxwell'schen  Theorie 
in  reiner  Entwickelung  ist  ein  derartiger  Unterschied  fremd. 
Ich  wünsche  deshalb  gegenwärtig  zu  zeigen,  dass  auch  auf 
Grund  der  MaxwelFschen  Theorie  die  Erscheinungen  gedeutet 
werden  können,  ohne  jene  Trennung  einzuführen.  Gelingt  dieser 
Versuch,  so  ist  damit  die  Frage  nach  der  besonderen  Aus- 
breitung der  electrostatischen  Kraft  als  bedeutungslos  in  Max- 
well's Theorie  von  selbst  erledigt. 

Auch  abgesehen  von  dem  besonderen  Zwecke  ist  ein 
näherer  Einblick  in  das  Spiel  der  Kräfte  um  eine  geradlinige 
Schwingung  nicht  ohne  Interesse. 

Die  Formeln  • 
Wir  haben  es  im  Folgenden  fast  allein  mit  den  Kräften 
im  freien  Aether  zu  thun.  Es  seien  also  in  demselben  X,  !*,  Z 
die  Componenten  der  electrischen  Kraft  nach  den  Coordinaten 
der  x,  y,  z !),  es  seien  L,  Af,  N  die  entsprechenden  Componenten 

1)  Geht  die  Richtung  der  positiven  x  nach  vorn,  der  positiven  z  nach 
oben,  so  möge  die  Richtung  der  positiven  y  nach  rechts  gehen.  Ohne 
Ann.  d.  Phy».  o.  Ch«m.  N.  P.  XXXVI.  1 


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I 


2  H.  Hertz. 

der  magnetischen  Kraft,  beide  Kräfte  gemessen  in  Gauss  i- 
schem  Maasse1),  es  messe  /  die  Zeit  und  A  sei  die  reciproke 
Lichtgeschwindigkeit.  Dann  ist  nach  Maxwell  die  zeitliche 
Aenderung  der  Kräfte  von  ihrer  räumlichen  Vertheilung  ab- 
hängig nach  folgenden  Gleichungen: 


AdL  =  dZ  _  d  Y 

dt        dy  dz 

A  dN  ^  d_Y  dX ^ 

dt        dx  dy 


A  dX  ^dM  dNf 
dt        dz  dy 

A  d-Y  =  dN  —  dL 
dt        dx  dz 

A dZ       dL  dM 


dt        dy  dx 

Von  Anfang  an  soll  sein,  und  zu  jeder  Zeit  muss  daher  sein: 

/Sl        ^4.^4.^-0         dX     dY      dZ  _ 
W         dx  +  dy  +  dz  -  U'         dx  +  dy  +  Tz  ~  ü* 

Die  in  einem  Raumtheil  r  des  Aethers  enthaltene  elec- 
trische  Energie  ist  gleich  ll8n.f(X*  +  Vt  +  Z-)dT,  die  mag. 
netische  Energie  gleich  \ßn .f(L*+M 2+iV*)rfr,  die  Integrale 
über  den  Raumr  erstreckt.  Die  Gesammtenerge  \<t  die  Summe 
dieser  beiden  Theilenergien. 

Diese  Aussagen  bilden,  was  den  Aether  anlangt,  den 
wesentlichen  Bestandtheil  der  Maxwell'schen  Theorie.  Max- 
well gelangte  zu  denselben,  indem  er  von  Fernkräften  ausging 
und  dem  Aether  die  Eigenschaften  eines  in  hohem  Grade 
dielectrisch  polarisirbaren  Mittels  beilegte.  Man  kann  auch 
auf  anderen  Wegen  zu  denselben  gelangen.  Auf  keinem  Wege 
kann  indessen  bislang  ein  directer  Beweis  für  jene  Gleichungen 
aus  der  Erfahrung  erbracht  werden.  Es  erscheint  deshalb  am 
folgerichtigsten,  dieselben  unabhängig  von  dem  Wege,  auf  wel- 
chem man  zu  ihnen  gelangt  ist,  als  eine  hypothetische  Annahme 
zu  betrachten  und  ihre  Wahrscheinlichkeit  auf  der  sehr  grossen 
Zahl  an  Gesetzmässigkeiten  beruhen  zu  lassen ,  welche  sie 
zusammenfassen.  Stellt  man  sich  auf  diesen  Standpunkt,  so 
kann  man  eine  Beihe  von  Hülfsbegriffen  entbehren,  welche 
das  Verständniss  der  MaxwelTschen  Theorie  erschweren,  zum 


diese  Festsetzung  würde  das  Vorzeichen  der  electrischen  und  magne- 
tischen Kräfte  in  den  folgenden  Gleichungen  nicht  die  conventionelle 
Bedeutung  behalten. 

Ii  H.  v.  Helmholtz,  Wied.  Ann.  17.  p.  48.  1882. 


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Kräfte  electrischer  Schwingungen.  3 

Theil  aus  keinem  anderen  Grunde,  als  weil  sie  in  der  That 
keine  Bedeutung  besitzen1),  sobald  man  endgültig  die  Vorstel- 
lung unvermittelter  Fernkräfte  ausschliesst 

Durch  Multiplication  der  Gleichungen  (1)  mit  L,  M,  N, 
der  Gleichungen  (2)  mit  X,  V,  Z,  Addition  sämmtlicher  Glei- 
chungen und  Integration  über  einen  Raum,  dessen  Raum- 
element dr,  und  dessen  Oberflachenelement  d ta  ist,  folgt: 

=  4lnAf  \(NY-  MZ)  cosw,x  +  (LZ- NX)  cosn,y 

+  (MX—  L  V)  cos  n,  z  J diu , 

worin  nyx  n,y  «,z  die  Winkel  bezeichnen,  welche  die  Normale 
von  diu  mit  den  Axen  bildet. 

Die  Gleichung  zeigt,  dass  man  den  Betrag,  um  welchen 
die  Energie  des  Raumes  zugenommen  hat,  betrachten  kann 
ab  eingetreten  durch  die  Oberflächenelemente.  Der  durch 
jedes  einzelne  Oberflächenelement  eintretende  Betrag  ist  gleich 
dem  Product  aus  den  in  die  Oberfläche  fallenden  Componenten 
der  electrischen  und  der  magnetischen  Kraft,  multiplicirt  mit 
dem  Sinus  des  Winkels,  welchen  sie  miteinander  bilden,  und 
diTidirt  durch  4nA.  Auf  dieses  Resultat  hat  bekanntlich 
Hr.  Poynting2;  eine  höchst  bemerkenswerthe  Theorie  über 
die  Bewegung  der  Energie  im  electromagnetischen  Felde  ge- 
gründet. 

Hinsichtlich  der  Lösung  der  Gleichungen  beschränken  wir 
uns  auf  den  besonderen,  aber  wichtigen  Fall,  dass  die  Ver- 
keilung der  electrischen  Kraft  symmetrisch  um  die  z-Axe  ist, 
und  zwar  derart,  dass  diese  Kraft  in  jedem  Punkte  in  die 
durch  die  z-Axe  gelegte  Meridianebene  fallt  und  nur  abhängig 
ist  von  der  z-Coordinate  des  Punktes  und  seinem  Abstand 
g  =  Y**  +  von  der  z-Axe.  Wir  bezeichnen  die  Componente 
der  electrischen  Kraft  in  der  Richtung  von  g,  nämlich  Xxjg 
+  Yyjg  mit  Ä,  ferner  die  Componente  der  magnetischen 
Kraft,  welche  auf  der  Meridianebene  senkrecht  steht,  nämlich 

1)  AU  Beispiel  erwähne  ich  den  Begriff  einer  Dielectricitätsconstante 
des  Aethers. 

21  J:  ft.  Poynting,  Phil.  Trans.  1884.  II.  p.  343. 

1* 


i 


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4  H.  Hertz. 

Lyjo  —  Mx  ,u  mit  P.  Wir  behaupten  alsdann:  Ist  11  eine 
übrigens  beliebige  Function  von  o,  z,  /,  welche  der  Gleichung: : 

A%d*ll\dfl  =  AU 

genügt,  und  setzen  wir  Q  =  od  II jdn,  so  bezeichnet  das  System: 

pZ=     dQjdo,  oP=AdQldt, 
,,R=  -dQjdz.  N  =  0 

eine  mögliche  Lösung  unserer  Gleichungen. 

Um  die  Behauptung  zu  beweisen,  beachten  wir,  dass  wir 
haben : 

dx  dxdz  dy  dydf 

r-    r*'     -  -  *.n  .      .«=  _  j»'«  =  _  A  *n  . 

dy  dydz  dx  dxdt 

Man  hat  nur  nöthig,  diese  Ausdrücke  in  die  Gleichungen  (1). 
(2),  (3)  einzusetzen,  um  die  Gleichungen  (2)  und  (3)  identisch, 
die  Gleichungen  (1)  aber  unter  Berücksichtigung  der  Differen- 
tialgleichung von  11  erfüllt  zu  finden. 

Es  sei  erwähnt,  dass  auch  umgekehrt,  von  gewissen  prak- 
tisch bedeutungslosen  Beschränkungen  abgesehen ,  sich  jede 
mögliche  Vertheilung  der  electriscben  Kraft,  welche  symmet- 
risch um  die  z-Axe  ist,  in  obiger  Form  darstellen  lässt,  doch 
ist  es  für  das  Folgende  nicht  nöthig,  auf  diese  Behauptung 
einzugehen. 

Von  Wichtigkeit  ist  uns  die  Function  Q.  Die  Linien 
nämlich,  in  welchen  die  Rotationsflächen  Q  —  constans  ihre 
Meridianebenen  schneiden,  sind  die  electrischen  Kraftlinien; 
die  Construction  derselben  für  eine  Meridianebene  vermag  in 
jedem  Augenblicke  ein  anschauliches  Bild  der  Kraftvertheilung 
zu  liefern.  Schneiden  wir  den  schalenförmigen  Raum,  welcher 
zwischen  der  Fläche  Q  und  der  Flache  Q  +  d  Q  liegt,  an  ver- 
schiedenen Stellen  durch  Rotationsflächen  um  die  z-Axe,  so 
ist  für  alle  solche  Querschnitte  das  Product  aus  electrischer 
Kraft  und  Querschnitt,  welches  Maxwell  die  Induction  durch 
den  Querschnitt  nennt,  das  gleiche.  Legen  wir  das  System 
der  Flächen  Q  =  constans  so,  dass  von  der  einen  zur  anderen 


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Kräfte  electrischer  Schwingungen. 


Q  um  den  gleichen  Betrag  dQ  wächst,  so  gilt  die  gemachte 
Aussage  auch,  wenn  wir  die  Querschnitte  der  verschiedenen 
entstehenden  .Räume  untereinander  vergleichen.  In  der  ebenen 
Figur,  welche  durch  den  Schnitt  der  Meridianebenen  mit  den 
äqmdistanten  Flächen  Q  =  constans  entsteht,  ist  die  electrische 
Kraft  dem  senkrechten  Abstand  zweier  Linien  Q  =  constans 
nur  dann  umgekehrt  proportional,  wenn  die  verglichenen  Punkte 
in  gleichem  Abstände  von  der  r-Axe  liegen;  allgemein  gilt  die 
Regel,  dass  die  Kraft  umgekehrt  proportional  ist  dem  Pro- 
duct aus  jenem  Abstand  und  der  Coordinate  y  des  betrach- 
teten Punktes. 

Neben  q  und  z  fuhren  wir  in  der  Folge  noch  Polarcoor- 
dinaten  r  und  6  ein,  welche  mit  jenen  verknüpft  sind  durch 
die  Gleichungen  y^r  sin  0,  z  —  r  cost).  Es  bezeichnet  alsdann 
r  den  Abstand  vom  Nullpunkt  unseres  Coordinatensystems, 

Die  Kräfte  am  eine  geradlinige  Schwingung. 

Es  sei  verstanden  unter  E  eine  Electricitätsmenge,  unter 
/  eine  Länge,  unter  m  a  njl  eine  reeiproke  Länge  und  unter 
7i \T  eine  reeiproke  Zeit    Wir  setzen  nun: 


Dieser  Werth  genügt  der  Gleichung  A*d*JIjdt2=JJl, 
sobald  wir  festsetzen,  dass  mjn^TjX—  l,'T  also  gleich 
der  Lichtgeschwindigkeit  sein  soll.  Und  zwar  geschieht  der 
angeführten  Gleichung  Genüge  tiberall,  ausser  im  Nullpunkt 
des  Coordinatensystems. 

Um  zu  erfahren,  welche  electrischen  Vorgänge  in  diesem 
Punkte  der  durch  fl  gegebenen  Kräfteverteilung  entsprechen, 
untersuchen  wir  seine  nächste  Umgebung.  Wir  setzen  daher 
r  verschwindend  gegen  X  und  vernachlässigen  mr  gegen  nt  Es 
wird  alsdann  //=  El  sinnt  jr.    Da  nun: 


A'-  -  d%ll\dxdz,  -  d*Ujdydz,    Z  =  -  d*Ujdzdz. 

Die  electrischen  Kräfte  erscheinen  also  hier  als  die  Ab- 
leitungen eines  Potentiates: 


U  =  El 


sin  (mr  —  nt) 
r 


so  haben  wir: 


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6 


H.  Hertz. 


dll      ~.  .     ,  d  (  \  \ 

und  dieses  entspricht  einem  electrischen  Doppelpunkt,  dessen 
Axe  in  die  z-Axe  fällt,  und  dessen  Moment  mit  der  Periode  T 
zwischen  den  extremen  Werthen  +  El  und  —  El  hin  und  her 
schwankt.  Unsere  Kraftvertheilung  stellt  also  die  Wirkung 
einer  geradlinigen  Schwingung  dar,  welche  die  sehr  kleine 
Länge  /  hat,  und  an  deren  Polen  im  Maximum  die  Electricitäts- 
mengen  +E  und  —E  frei  werden.  Die  magnetische  Kraft 
senkrecht  auf  der  Richtung  der  Schwingung  in  unmittelbarer 
Sähe  derselben  ergibt  sich  zu: 

P=  -  A  Ein  cos  n  t  sin  0/ r-\ 

Entsprechend  dem  Biot-Savart'schen  Gesetz  ist  dies 
die  Kraft  eines  in  die  Richtung  der  z-Axe  fallenden  Strom- 
elementes von  der  Länge  /,  dessen  Intensität,  magnetisch  ge- 
messen, zwischen  den  extremen  Werthen  +aAE;T  und 
—  nAE,T  hin  und  her  schwankt.  In  der  That  bedingt 
die  Bewegung  der  Electricitätsmengen  E  eine  Strömung  von 
solcher  Grösse. 

Aus  II  ergibt  sich: 

Q  -  Elm  {cos  (mr  -  nt)  -  ^~-^>-\  sin««. 

und  hieraus  folgen  durch  Differentiation  die  Kräfte  Z,  R,  P. 
Im  allgemeinen  fallen  nun  allerdings  die  Formeln  zu  verwickelt 
aus,  als  dass  es  möglich  wäre,  aus  denselben  unmittelbar  einen 
Ueberblick  über  die  Vertheilung  der  Kräfte  zu  gewinnen.  Für 
einige  Specialfälle  sind  indess  die  Resultate  verhältnismässig 
einfach;  wir  heben  dieselben  hervor: 

1)  Die  unmittelbare  Nachbarschaft  der  Schwingung  haben 
wir  bereits  behandelt. 

2)  In  der  z-Axe,  also  in  Richtung  der  Schwingung,  haben 
wir  dg  —  rddy  dz  —  rfr,  6  =  0,  also  wird  hier: 

Ä  =  0,  P=Q, 

Z-  2A7m/r«{co8(ifir  -  nt)  -  — }• 

Die  electri8che  Kraft  fallt  stets  in  die  Richtung  der  Schwin- 
gung, sie  nimmt  in  kleinen  Entfernungen  ab  wie  die  dritte 


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Kräfte  electrischer  Schwingungen. 


7 


Potenz,  in  grösseren  Entfernungen  wie  das  Quadrat  des  umge- 
kehrten Abstandes. 

3)  In  der  xy»Ebene,  also  fürr=*0,  haben  wir  r/z«  —rtit). 
dQ  -  rfr,  Q  =  90°,  also  wird: 

—    jsin  (wir  -  nt)  +   ~r    -  -j , 

Ä  =  0, 

~     Elm*  \       •   .             -      cos  (*nr  — »0  .   Bin  imr  —  »t)\ 
Z—  —  sm  (wir  —  nt)  —  4- 

Die  electrische  Kraft  ist  in  der  durch  die  Schwingung 
gelegten  Aequatorialebene jmrallel  der  Schwingung,  ihre  Ampli- 
tude ist  gleich  El/r^Vl  —  wiar*  +  wi4r*.  Die  Kraft  nimmt  bei 
Entfernung  von  der  Schwingung  beständig  ab,  anfangs  schnell 
wie  die  dritte  Potenz  des  reciproken  Abstandes,  später  nur 
sehr  langsam,  nämlich  umgekehrt  proportional  dem  Abstand 
selbst  In  grösseren  Entfernungen  wird  die  Wirkung  der 
Schwingung  nur  in  der  Aequatorialebene.  nicht  in  der  Axe 
derselben  bemerkbar  sein. 

4)  In  sehr  grossen  Entfernungen  können  wir  höhere  Po- 
tentiale von  lfr  gegen  niedrige  vernachlässigen.  Wir  haben 
daher  in  solchen  Entfernungen: 

Q  =  Elm  cos  (wir  —  nt)  sin'Ö. 

woraus  man  ableitet: 

P  =s  A.  Elmn  sin  (wir  —  nt)  sinö/  r, 
Z=  —  Elm2  sin  (wir  —  nt)  sin*0/r. 
R  -ss      Elm1  sin  (wi  r  —  n  t)  sin  t)  cos  0  /  r . 

Daraus  folgt:  Zcosß  +  R  sinÖ  =  0.  Die  Richtung  der 
Kraft  steht  also  in  grossen  Entfernungen  überall  senkrecht  auf 
der  Richtung  vom  Ausgangspunkte  der  Kraft,  die  Ausbreitung 
erfolgt  hier  als  reine  Transversalwelle.  Die  Grösse  der  Kraft 
ist  gleich  Elm%  sin  (wir  —  nt)  sind /r,  dieselbe  nimmt  bei  con- 
stanter  Entfernung  vom  Nullpunkte  gegen  die  Axe  hin  ab,  wie 
der  Abstand  von  der  letzteren. 

Um  nun  auch  für  die  übrigen  Theile  des  Raumes  die 
Vertheilung  der  Kraft  zu  erkennen,  bedienen  wir  uns  der 
graphischen  Darstellung,  indem  wir  für  bestimmte  Zeiten  die 
Linien  der  electrischen  Kraft,  nämlich  die  Curven  Q  ■=»  constant 


8 


H.  Hertz 


für  gleichabstehende  Werthe  von  Q  ziehen.  Da  Q  sich  dar- 
stellt als  das  Product  zweier  Pactoren,  von  denen  der  eine  nur 
von  r,  der  andere  nur  von  6  abhängt,  bietet  die  Construction 
dieser  Curveu  keine  grossen  Schwierigkeiten.  Wir  zerlegen 
jeden  "Werth  von  Q,  für  welchen  wir  die  Curve  zeichnen  wollen, 
auf  verschiedene  Weisen  in  zwei  Factoren,  bestimmen  den 
Winkel  Ö,  für  welchen  sin1 6  gleich  dem  einen  Factor  wird, 
und  mittelst  einer  Htilfscurve  denjenigen  Werth  von  r,  für 
welchen  die  in  Q  enthaltene  Function  von  r  dem  anderen 
Factor  gleich  wird,  wir  finden  so  beliebig  viele  Punkte  der 
Curve.  Versucht  man,  die  Construction  auszuführen,  so  nimmt 
man  noch  manche  kleine  Vortheile  wahr,  deren  Aufführung 
hier  zu  weitläufig  sein  würde.  Begnügen  wir  uns,  in  den 
Figuren  1,  2,  3,  4  das  Resultat  einer  solchen  Construction  zu 
betrachten.  Diese  Figuren  stellen  die  Kraftvertheilung  dar  zu 
den  Zeiten  /  s=  0,  j  Ty  j  T,  }T,  aber  bei  passender  Umkehr  der 
Pfeile  auch  für  alle  weiteren  Zeiten,  welche  ganzzahlige  Viel- 
fache von  J  T  sind.  Im  Nullpunkt  ist  in  richtiger  Lage  und 
ungefähr  richtigem  Grössenverhältuiss  die  Vorrichtung  ange- 
deutet, durch  welche  in  unseren  früheren  Versuchen  die  Schwin- 
gungen erregt  wurden.  Die  Kraftlinien  sind  allerdings  nicht 
völlig  bis  zu  diesem  Bilde  fortgeführt,  da  ja  unsere  Formeln 
die  Schwingung  als  unendlich  kurz  annehmen,  daher  in  der 
Nachbarschaft  der  endlichen  Schwingung  unzulänglich  werden. 

Beginnen  wir  eine  Erläuterung  der  Figuren  mit  Fig.  1. 
Hier  ist  t  =  0,  die  Strömung  ist  im  Zustande  ihrer  stärksten 
Entwickelung,  aber  die  Pole  der  geradlinigen  Schwingung  sind 
nicht  electrisch  geladen,  es  führen  keine  Kraftlinien  auf  die- 
selben zu.  Solche  Kraftlinien  beginnen  nun  aber  von  der  Zeit 
t  as  0  an  aus  den  Polen  hervorzuschiessen ,  sie  sind  einge- 
schlossen in  eine  Kugel,  welche  einem  Werth  Q  =  0  entspricht. 
In  Fig.  1  ist  diese  Kugel  allerdings  noch  verschwindend  klein, 
aber  sie  vergrößert  sich  schnell  und  erfüllt  zur  Zeit  / «  \  1 
(Fig.  2)  schon  den  Baum  Rv  Die  Vertheilung  der  Kraftlinien 
im  Innern  der  Kugel  ist  nahezu  der  Art,  wie  sie  einer  ruhen- 
den electrischen  Ladung  der  Pole  entspricht.  Die  Geschwin- 
digkeit, mit  welcher  sich  die  Kugelfläche  Q  =  0  vom  Null 
punkt  erntfernt,  ist  zunächst  weit  grosser  als  1  jA.  in  der  That 


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Kräfte  electritcher  Schwingungen.  9 


würde  der  letzteren  Geschwindigkeit  während  der  Zeit  J  T  nur 
der  in  der  Figur  angegebene  Werth  von  J/.  entsprechen.  In 
verschwindendem  Abstand  vom  Nullpunkt  ist  die  Geschwindig- 
keit der  Ausbreitung  sogar  unendlich.    Biese  Erscheinung  ist 
es,  weiche  wir  in  der  alten  Ausdrucksweise  durch  die  Aussage 
darstellten ,  dass  sich  der  mit  der  Geschwindigkeit  \jA  fort- 
schreitenden Inductions  Wirkung  eine  mit  unendlicher  Geschwin- 
digkeit fortschreitende  electrostatische  Kraft  superponire.  Rich- 
tiger deuten  wir  wohl  im  Sinne  unserer  Theorie  die  Erscheinung, 
indem  wir  bemerken,  dass  im  Grunde  die  sich  bildende  Welle 
nicht  lediglich  den  Vorgängen  im  Nullpunkt  ihre  Entstehung 
verdankt,  sondern  aus  den  Zuständen  des  ganzen  umgebenden 
Raumes  hervorgeht,  welch  letzterer  nach  unserer  Theorie  der 
eigentliche  Sitz  der  Energie  ist.    Wie  dem  auch  sei,  die 
Fläche  Q=0  breitet  sich  weiter  mit  einer  Geschwindigkeit  aus, 
welche  mehr  und  mehr  auf  \/A  herabsinkt,  und  erfüllt  zur  Zeit 
f  =  \  T  (Fig.  3)  den  Raum  Rr    Nunmehr  ist  die  electrosta- 
tische Ladung  der  Pole  in  ihrer  grössten  Entwickelung.  die 
Zahl  der  Kraftlinien,  welche  auf  die  Pole  zuführen,  erreicht 
iüren  Maximalwerth.   Bei  weiterem  Fortschreiten  der  Zeit 
treten  keine  weiteren  Kraftlinien  aus  den  Polen  hervor,  viel- 
mehr beginnen  die  vorhandenen  sich  wieder  in  den  schwingen- 
den Leiter  zurückzuziehen,  um  dort  als  electrische  Kraftlinien 
zu  verschwinden,  ihre  Energie  aber  in  magnetische  Energie 
umzuwandeln.  Hierbei  tritt  ein  eigenthümliches  Verhalten  ein, 
welches  aus  Figur  4  (/  —  \  T),  wenigstens  in  seinen  Anfängen 
deutlich  zu  erkennen  ist  Die  Kraftlinien  nämlich,  welche  sich 
am  meisten  vom  Nullpunkt  entfernt  haben,  erhalten  bei  dem 
Bestreben,  sich  zusammenzuziehen,  eiue  seitliche  Einbiegung, 
und  indem  diese  Einbiegung  sich  mehr  und  mehr  gegen  die 
:-Axe  zusammenzieht,  schnürt  sich  von  jeder  der  äusseren 
Kraftlinien  eine  in  sich  geschlossene  Kraftlinie  ab,  welche 
selbständig  in  den  Raum  fortschreitet,  während  der  Rest  der 
Kraftlinien  in  den  schwingenden  Leiter  zurücksinkt. 

Die  Zahl  der  zurückkehrenden  Kraftlinien  ist  also  ebenso 
gross,  wie  die  Zahl  der  ausgegangenen,  ihre  Energie  aber  ist 
nothwendig  um  die  Energie  der  abgeschnürten  Theile  vermin- 
dert. Dieser  Energieveulast  entspricht  der  Strahlung  in  den 


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H.  Hertz. 


Raum.  Infolge  desselben  mtisste  die  Schwingung  bald  zur  Hube 
kommen,  wenn  nicht  fremde  Kräfte  im  Nullpunkte  die  ver- 
lorene Energie  ersetzten.  Indem  wir  die  Schwingung  als  un- 
gedämpft einführten,  haben  wir  das  Vorhandensein  solcher 
Kräfte  stillschweigend  unterstellt.  In  Figur  1,  zu  welcher  wir 
nunmehr  zur  Zeit  t  —  T  zurückehren,  indem  wir  uns  die  Pfeile 
umgekehrt  denken,  erfüllen  die  abgeschnürten  Theile  der  Kraft- 
linien den  Kugelraum  Rv  während  die  von  den  Polen  ausgehen- 
den Kraftlinien  vollständig  verschwunden  sind.  Aber  neue  Kraft- 
linien brechen  aus  den  Polen  hervor  und  drangen  die  Kraft- 
linien, deren  Entstehung  wir  verfolgten,  in  den  Raum  Ä,  (Fig.  2) 
zusammen.  Es  bedarf  keiner  weiteren  Erläuterung,  wie  nun 
weiter  diese  Kraftlinien  in  den  Raum  R(i  (Fig.  3),  B7  (Fig.  4), 
Bs  (Fig.  5)  gelangen.  Mehr  und  mehr  gehen  dieselben  in  eine 
reine  Transversalwelle  über  und  verlieren  sich  als  solche  in 
der  Entfernung.  Das  beste  Bild  vom  Spiel  der  Kräfte  würde 
man  erhalten,  wenn  man  die  Zeichnungen  für  uoch  kleinere 
Zeitabstände  herstellte  und  dieselben  auf  einer  stroboskopi- 
schen  Scheibe  befestigte. 

Eine  nähere  Betrachtung  der  Figuren  ergibt,  dass  für 
solche  Punkte,  welche  weder  in  der  z-Axe,  noch  in  der  xy-  Ebene 
liegen,  die  Richtung  der  Kraft  sich  von  Augenblick  zu  Augen- 
blick ändert.  Stellen  wir  daher  die  Kraft  für  einen  Punkt  in 
üblicher  Weise  durch  eine  von  dem  betrachteten  Punkt  aus- 
gehende Linie  dar,  so  oscillirt  der  Endpunkt  dieser  Linie  wäh- 
rend der  Schwingung  nicht  etwa  in  einer  Geraden  hin  und  her, 
sondern  beschreibt  eine  Ellipse.  Um  zu  erfahren,  ob  es  Punkte 
gibt,  für  welche  diese  Ellipse  nahezu  in  einen  Kreis  übergeht, 
in  welchen  also  die  Kraft  ohne  wesentliche  Aenderung  ihrer 
Grösse  die  Richtungen  der  Windrose  durchläuft,  superponiren 
wir  zwei  der  Zeichnungen,  welche  Zeiten  entsprechen,  die  um  \  T 
voneinander  entfernt  sind,  z.  B.  Figur  1  und  3  oder  2  und  4. 
Für  Punkte,  wie  wir  sie  suchen,  muss  offenbar  das  Linien- 
system der  einen  senkrecht  dasjenige  der  anderen  schneiden, 
und  die  Abstände  der  Linien  der  einen  Figur  denen  der  Linien 
der  anderen  gleich  werden.  Die  kleinen  Vierecke,  welche  durch 
den  Schnitt  der  beiden  Systeme  entstehen,  müssen  also  für 
die  gesuchten  Punkte  Quadrate  werden.    Es  lassen  sich  nun 


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Kräfte  electrUcher  Schwingungen. 


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in  der  That  Gebiete  der  gesuchten  Art  bemerken;  dieselben 
sind  in  Figur  1  und  2  durch  kreisförmige  Pfeile  angedeutet, 
deren  Richtung  zugleich  die  Drehungsrichtung  der  Kraft  an- 
gibt Die  punktirten  Linien  sind  zur  Erläuterung  eingetragen, 
dieselben  gehören  den  Liniensystemen  der  Figuren  3  und  4  an. 
Üebrigens  findet  man,  dass  die  Kraft  das  hier  geschilderte  Ver- 
halten nicht  allein  in  den  angegebenen  Punkten  zeigt,  vielmehr 
in  dem  ganzen  streifenförmigen  Gebiet,  welches  von  jenen 
Punkten  ausgehend  die  Nachbarschaft  der  z-Axe  bildet  Doch 
nimmt  in  dieser  Richtung  die  Kraft  so  schnell  an  Grösse  ab, 
iass  nur  in  den  hervorgehobenen  Punkten  ihr  eigentümliche* 
Verhalten  auffällig  werden  kann. 

Das  beschriebene,  von  der  Theorie  geforderte  Kraftsystem 
kann  nun  einer  unvollkommenen  und  noch  nicht  durch  die 
Theorie  geleiteten  Beobachtung  ganz  wohl  sich  in  der  Weise 
larstellen,  welche  ich  in  einer  früheren  Arbeit  geschildert 
habe.1)  Zwar  lassen  jene  Beobachtungen  bei  weitem  nicht  alle 
verwickelten  Einzelheiten  erkennen,  aber  sie  ergeben  das  We- 
sentliche der  Vertheilung  richtig.  Nach  Beobachtung  wie  nach 
Theorie  ist  die  Vertheilung  der  Kraft  in  der  Nähe  der  Schwin- 
gung ähnlich  der  elektrostatischen  Vertheilung;  nach  Beobach- 
tung wie  nach  Theorie  breitet  sich  die  Kraft  wesentlich  in  der 
Aequatorialebene  aus  und  nimmt  hier  anfangs  schnell,  dann 
langsam  ab,  ohne  in  einer  mittleren  Entfernung  Null  zu  wer- 
den; nach  Beobachtung  wie  nach  Theorie  ist  die  Kraft  in  der 
Aequatorialebene,  der  Axe  und  in  grossen  Entfernungen  von 
bestandiger  Richtung  und  wechselnder  Grösse,  während  sie  in 
zwischenliegenden  Punkten  weniger  ihre  Grösse,  als  vielmehr 
ihre  Richtung  ändert.    Nur  darin  mangelt  die  Uebereinstim- 
inung  zwischen  der  Theorie  und  jenen  Beobachtungen,  dass  in 
grossen  Entfernungen  nach  ersterer  die  Kraft  stets  senkrecht 
auf  der  Geraden  zum  Ursprong  steht  während  sie  in  der  letz- 
teren parallel  der  Schwingung  erschien.    Für  die  Nähe  der 
Aequatorialebene,  wo  die  Kräfte  am  stärksten,  kommt  dies 
'war  auf  das  gleiche  hinaus,  nicht  aber  für  Richtungen,  welche 
zwischen  Aequatorialebene  und  Axe  liegen.    Ich  glaube,  dass 

1»  H.  Hertr,  Wied.  Ann.  S4.  p.  155.  1888. 


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12 


Ä  Hertz. 


der  Fehler  auf  Seiten  der  Beobachtung  ist.  In  jenen  Ver- 
suchen war  die  Richtung  der  Schwingung  parallel  den  beiden 
Hauptwänden  des  Beobachtungsraumes,  dadurch  konnte  die 
Componente  der  Kraft,  welche  parallel  der  Schwingung  war. 
verstärkt  erscheinen  gegenüber  der  zur  Schwingung  senkrech- 
ten Componenten. 

Ich  habe  deshalb  die  Versuche  wiederholt  bei  verschiedent- 
lich abgeänderter  Aufstellung  der  primären  Schwingung  und 
fand  bei  gewissen  Aufstellungen  die  Ergebnisse  mit  der  Theorie 
übereinstimmend.  Zu  einem  eindeutigen  Resultate  gelangte  ich 
,s indessen  nicht,  sondern  fand,  dass  bei  grossen  Abständen  und 
f    in  Gebieten  von  geringer  Intensität  der  Kraft  die  Störungen 
/         der  Umgebung  in  dem  zur  Verfugung  stehenden  Raum  schon 
zu  beträchtlich  waren,  um  ein  sicheres  Urtheil  zu  verstatten. 

Während  die  Schwingung  arbeitet,  schwankt  die  Energie 
durch  die  Kugelflächen,  welche  den  Nullpunkt  umgeben,  aus 
und  ein.  Durch  jede  Kugeltiäche  aber  tritt  während  einer 
Schwingungsdauer  mehr  Energie  aus,  als  in  die  Kugelfläche 
zurücktritt,  und  zwar  für  alle  Kugelflächen  der  gleiche  Betrag. 
Dieser  Betrag  stellt  den  während  der  Schwingungsdauer  durch 
Strahlung  erlittenen  Energieverlust  dar.  Wir  können  ihn  leicht 
berechnen  für  Kugelflächen,  deren  Radius  r  schon  so  gross  ist, 
dass  wir  die  vereinfachten  Formeln  anwenden  dürfen.  Es  wird 
nämlich  während  des  Zeitelementes  ///  durch  eine  Kugelzone, 
welche  zwischen  ft  und  0  4-  dß  liegt,  austreten  die  Energie: 

dt.2nr  sin  ft.rdß.  IjAnA .  (Z sin ß  -  R  cosd)P. 

Setzen  wir  hierin  für  Z,  R  die  für  grosse  r  gültigen 
Werthe  und  integriren  nach  6  von  ü  bis  n  und  nach  t  von  0 
bis  Tf  so  ergibt  sich,  dass  durch  die  ganze  Kugel  während 
jeder  halben  Schwingung  austritt  die  Energie: 

Suchen  wir  hieraus  eine  angenäherte  Schätzung  der  Ver- 
hältnisse zu  gewinnen,  welche  bei  unseren  wirklichen  Versuchen 
vorlagen.  In  denselben  luden  wir  zwei  Kugeln  von  15  cm  Ra- 
dius in  entgegengesetztem  Sinne  zu  einer  Schlagweite  von  etwa 
1  cm.  Schätzen  wir  die  electrostatische  Potentialdifferenz  zwi- 
schen den  beiden  Kugeln  hiernach  zu  120  g  v*  cm '/» sec-1 .  so 


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Kräße  electrücher  Schwingungen. 


13 


war  jede  Kogel  auf  das  Potential  ±  60  gr  lt*  cm '  *  sec-1  gela- 
den, und  es  war  also  E  ■»  15  x  00  900  g  '/« cm  ,y«  sec-1.  Der 
Gesaramtvorrath  von  Energie,  welchen  die  Schwingung  bei 
ihrem  Beginne  besass,  betrug  darnach  2  x  l/2  X  900  x  60 
=  540<X)  g  cm2  sec~2,  entsprach  daher  etwa  der  Energie,  welche 
ein  Grammgewicht  nach  dem  Fall  durch  55  cm  erreicht  hat. 
Es  war  weiter  die  Länge  der  Schwingung  /=  100  cm  nähe- 
rungsweise und  die  Wellenlange  etwa  gleich  480  cm.  Daraus 
ergibt  sich  der  Energieverlust  in  der  halben  Schwingungsdauer 
zu  etwa  2400  g  cm?/8ec~a.  Es  erhellt,  dass  schon  nach  elf  hal- 
ben Schwingungen  die  Hälfte  der  Energie  auf  Strahlung  ver- 
ausgabt sein  musste.  Die  schnelle  Dämpfung,  welche  die  Er- 
scheinungen an  unseren  Schwingungen  erkennen  Hessen,  war 
also  schon  durch  die  Strahlung  noth wendig  bedingt  und  konnte 
nicht  fehlen,  selbst  wenn  der  Widerstand  der  Leiter  und  des 
Funkens  zu  vernachlässigen  gewesen  wäre. 

Eine  Energieabgabe  von  2400 gem8 sec  2  in  1,5  Hundert- 
millionteln Secunde  entspricht  einer  Arbeitsleistung  von  22 
Pferdekräften.  Mindestens  in  dieser  Fülle  müsste  der  primären 
Schwingung  Energie  zugeführt  werden,  wollte  man  trotz  der 
Strahlung  die  erregten  Schwingungen  dauernd  mit  gleicher 
Intensität  erhalten.  Während  der  ersten  wenigen  Schwingun- 
gen entspricht  die  Intensität  der  Strahlung  in  etwa  1 2  m  Ab- 
stand vom  primären  Leiter  der  Intensität  der  Sonnenstrahlung 
auf  der  festen  Erdoberfläche. 

Die  Interferenzversache. 

Um  die  Ausbreitungsgeschwindigkeit  der  electrischen  Kraft 
in  der  Aequatorialebene  zu  ermitteln,  brachten  wir  die  Wir- 
kung derselben  zur  Interferenz  mit  der  Wirkung  einer  mit 
gleichbleibender  Geschwindigkeit  in  einem  Drahte  fortschrei- 
tenden electrischen  Welle.1)  Es  zeigte  sich,  dass  die  auftre- 
tenden Interferenzen  nicht  in  gleichem  Abstand  folgten,  son- 
dern sich  in  der  Nähe  der  Schwingung  schneller  veränderten, 
als  dies  in  grösseren  Abständen  der  Fall  war.  Dies  Verhalten 
wurde  durch  die  Annahme  erklärt,  dass  sich  die  Gesammtkraft 


1)  H.  Hertz,  Wied.  Ann.  84.  p.  551.  188h. 


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14 


H.  Hertz, 


in  zwei  Theile  zerspalten  lasse,  von  welchen  der  eine,  der  eleo 
trodynamische,  sich  mit  Lichtgeschwindigkeit,  der  andere,  der 
electrostatische,  sich  mit  grösserer,  vielleicht  unendlicher  Ge- 
schwindigkeit ausbreite.  Nach  unserer  Theorie  ist  nun  aber 
die  in  Frage  kommende  Kraft  in  der  Aequatorialebene : 

\  mr  »'r*  m3r"  )' 

und  dieser  Ausdruck  zerfällt  auf  keine  Weise  in  zwei  einfache, 
mit  verschiedener  Geschwindigkeit  fortschreitende  Wellen.  Ist 
also  die  gegenwärtige  Theorie  richtig,  so  kann  die  frühere  Er- 
klärung nur  eine  Annäherung  an  die  Wahrheit  darbieten.  Wir 
wollen  untersuchen,  ob  die  gegenwärtige  Theorie  überhaupt  zu 
einer  Erklärung  der  Erscheinungen  führt 

Zunächst  können  wir  schreiben  Z  —  B  sin  [nt  —  c),).  wo 
die  Amplitude  der  Kraft  B  =  El  r3\/\  —  mtri  +  ;«4r*  und  die 
Phase  öl  der  Kraft  bestimmt  ist  durch  die  Gleichung: 

.     y   sin  m  rm  r  +  cos  m  r  /mV*  —  sin  m  r  '  m3ra 

^    1      cos  mrlmr  —  ein  mr  m*  r*  —  cos  mr  w3r8 ' 

welche  nach  Umformung  ergibt: 

v  mr 
0  =  mr  —  arc  tg ,       .  ,  • 

In  Fig.  5  ist  durch  die  Curve  d}  die  Grösse  als  Func- 
tion von  mr  anschaulich  gemacht  Die  Länge  ab  entspricht 
dabei  in  Abscissen  und  Ordinaten  dem  Werthe  tt.  Betrachtet 
man  nicht  mr,  sondern  r  als  variable  Abscisse,  so  entspricht 
die  Länge  ab  in  den  Abscissen  der  halben  Wellenlänge. 

Um  unmittelbar  an  die  Versuche  anzuknüpfen,  welche  wir 
darzustellen  wünschen,  ist  unter  der  Zeichnung  noch  eine  wei- 
tere Theilung  der  Abscissenaxe  nach  Metern  angebracht.  Es 
ist  nämlich  nach  den  Ergebnissen  der  directen  Messung'1) 
).  =  4,8  m  gesetzt  und  danach  die  Länge  des  Meters  bestimmt; 
der  Anfangspunkt  der  Theilung  ist  aber  nicht  in  die  Schwin- 
gung, sondern  in  einen  Abstand  von  0,45  m  von  derselben  ver- 
legt Die  Eintheilung  stellt  auf  diese  Weise  die  Eintheilung 
der  Grundlinien  dar,  in  welcher  wir  die  Interferenzen  bestimm- 
ten.   Man  ersieht  aus  der  Figur,  dass  die  Phase  überhaupt 


1)  H.  Hertz,  Wied.  Ann.  U.  p.  609.  1888. 


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Kräfte  electrischer  Schwingungen 


15 


nicht  vom  Ursprung  an  wächst,  vielmehr  ist  der  Verlauf  der 
Phase  ein  solcher,  als  entstände  die  Welle  in  einem  Abstand 
von  etwa  j  Ä  im  Räume  und  liefe  von  dort  theils  gegen  den 
Leiter,  theils  in  den  Raum  hinaus.  In  grossen  Entfernungen 
ist  die  Phase  um  den  Werth  n  kleiner,  als  sie  sein  würde, 
wenn  die  Welle  mit  constanter  Geschwindigkeit  vom  Ursprung 
ausgegangen  wäre ;  die  Welle  verhält  sich  also  in  grossen  Ent- 
fernungen so.  als  hätte  sie  die  erste  halbe  Wellenlänge  mit 
unendlicher  Geschwindigkeit  durchlaufen. 

Die  Wirkung  w  der  Drahtwellen  auf  eine  bestimmte  Stel- 
lung des  secundären  Leiters  kann  nun  jedenfalls  dargestellt 
werden  in  der  Form:  w  =  C  sin  (nt  —  #?),  worin  als  Abkürzung 
ö.2  =  iWj  r  +  d  =s  n  r/Xl  +  Ö  gesetzt  ist  bezeichnet  die  halbe 
Wellenlänge  der  Drahtwellen,  in  unseren  Versuchen  2,8  mt 
b  aber  die  Phase  ihrer  Wirkung  im  Punkte  r  —  0,  welche  wir 
durch  Verschattung  von  Draht! ängen  willkürlich  abänderten. 
Ebenso  konnten  wir  die  Amplitude  C  abändern  und  gaben  ihr 
solche  Grösse,  dass  die  Wirkung  der  Drahtwellen  der  directen 
Wirkung  nahezu  gleich  war.  Die  Phase  der  Interferenz  hängt 
dann  nur  ab  von  dem  Unterschied  der  Phasen  <5,  und  S2.  Bei 
derjenigen  Stellung  des  secundären  Kreise-,  auf  welche  sich 
unser  Ausdruck  für  w  bezieht,  verstärken  sich  beide  Wirkungen 
(die  Interferenz  hat  das  Zeichen  + ),  wenn  t\  - 1\  gleich  Null 
oder  einem  ganzen  Vielfachen  von  2n  ist;  die  Wirkungen  ver- 
nichten sich  (die  Interferenz  hat  das  Zeichen  — ),  wenn  dt 
gleich  n  oder  einem  ganzen  Vielfachen  dieses  Werthes  ist; 
eine  Interferenz  findet  nicht  statt  (die  Interferenz  hat  das  Zei- 
chen 0),  wenn  dl  —  dt  gleich  einem  ganzen  Vielfachen  von 
}*  ist. 

Wir  wollen  uns  nun  S  so  bestimmt  denken,  dass  im  An- 
fangspunkt der  Metertheilung  die  Phase  der  Interferenz  einen 
bestimmten  Werth  t  habe,  dass  daselbst  also  dl  =  d2+f  sei. 
Die  gerade  Linie  1  unserer  Figur  soll  uns  alsdann  den  Werth 
von  82  +  «  als  Function  der  Entfernung  darstellen.  Die  Linie 
ist  nämlich  mit  solcher  Neigung  gezogen,  dass  für  ein  Wachs- 
thum der  Abscisse  um  Xl  =  2,8  m  die  Ordinate  um  den  Werth 
*  wächst,  und  sie  ist  so  gelegt,  dass  sie  die  Curve  öl  schnei- 
det in  einem  Punkte,  dessen  Abscisse  die  des  Anfangspunktes 


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16 


//.  Hertz, 


der  Metertheilung  ist.  Die  Linien  2,  3,  4  etc.  stellen  dann 
weiter  den  Verlauf  der  Werthe  von  <)  2  -f  *  —  J  jr,  t\  +  «  -  n, 
^2  +  *  —  i 71  etc«  vor-  Diese  Linien  sind  nämlich  parallel  der 
Linie  1  und  so  gezogen,  dass  sie  ein  und  dieselbe  Ordinate  in 
Abständen  von  je  J  nr,  ein  und  dieselbe  Abscisse  in  Abständen 
von  je  lt4  m  schneiden.  Projicirt  man  nun  die  Schnittpunkte 
dieser  Geraden  mit  der  Curve  öx  auf  die  Abscissenaxe  herunter, 
so  erhält  man  offenbar  diejenigen  Entfernungen,  für  welche 

—  ^2  +  *  +  i  nf  d2  -f-  e  +  «,  ^2  +  €  +  \n  etc-  w*rdr  ^r  welche 
also  die  Phase  der  Interferenz  gegen  die  des  Ausgangspunktes 
um  |jr,  7j,  Jjt  etc.  gewachsen  ist.  Man  entnimmt  so  unmittel- 
bar aus  der  Figur  die  Aussagen:  Besitzt  die  Interferenz  im  An- 
fangspunkt der  Grundlinie  das  Zeichen  +  (-),  so  erlangt  sie 
das  Zeichen  0  zum  ersten  mal  bei  ca.  1  m,  das  Zeichen  —  (+) 
bei  ca.  2,3  m,  um  wieder  das  Zeichen  0  zu  erreichen  bei  ca. 
4,8  m;  die  Interferenz  kehrt  zurück  zum  Zeichen  -f  (— )  bei 
ca.  7,6  m,  sie  ist  wiederum  0  bei  ca.  14  m,  um  von  nun  an 
die  Reihe  der  Zeichen  in  nahezu  gleichen  Abständen  zu  durch- 
laufen. Besitzt  die  Interferenz  im  Nullpunkt  der  Grundlinie 
das  Zeichen  0,  so  besitzt  sie  dies  Zeichen  ebenfalls  bei  ca.  2,3  in. 
7,6  m,  14  m,  sie  hat  ausgesprochen  positiven  oder  negativen 
Charakter  in  ca.  1  m,  4,8  m,  1 1  m  Entfernung  vom  Nullpunkt. 
Für  mittlere  Phasen  gelten  mittlere  Werthe.  Man  vergleiche 
mit  diesem  Ergebniss  der  Theorie  das  Ergebniss  des  Versuches, 
insbesondere  diejenigen  Interferenzen,  welche  stattfanden  bei 
Vorschaltung  von  100,  250,  400,  550  cm  Draht1),  und  man 
wird  die  Uebereinstimmung  so  vollkommen  finden,  als  irgend 
erwartet  werden  kann. 

Nicht  ganz  so  gut  ist  es  mir  gelungen,  die  Interferenzen 
der  zweiten  Art  wiederzugeben.1)  Zur  Herstellung  dieser  In- 
terferenzen benutzten  wir  eine  Lage  des  secundaren  Kreises, 
bei  welcher  hauptsächlich  die  Integralkraft  der  Induction  um 
den  geschlossenen  Kreis  in  Betracht  kam.  Sehen  wir  die  Di- 
mensionen des  letzteren  als  verschwindend  klein  an,  so  ist  die 
Integralkraft  proportional  der  Aenderungsgeschwindigkeit  der 


1)  Hertz,  1.  c.  p.  563. 

2)  Herts,  1.  c.  p.  565. 


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Kräfte  elektrischer  Schwingungen. 


17 


magnetischen  Kraft,  welche  senkrecht  auf  der  Ebene  des  Krei- 
ses steht,  also  proportional  dem  Ausdruck: 

=  A Elm'«'  [  -  e-^Lmr  --"'>  +  !iM»r^)J . 
dl  \  mr  m*r*  I 

Hieraus  erhält  man  für  die  Phase  <)3  dieser  Wirkung: 

.    ^    COS  m rjm r  —  sin  »irm'r' 

^*    3  sin  m  rjmr  +  cos  mrjm*  r% ' 

oder  nach  Umformung: 

—  mr  —  arc  tg  m  r . 

Die  Linie  S3  unserer  Figur  5  stellt  den  Verlauf  dieser 
Function  dar.  Man  ersieht,  dass  für  diese  Wirkung  die  Phase 
schon  vom  Ursprung  an  dauernd  wächst.  Es  müssen  daher 
die  Erscheinungen,  welche  auf  eine  endliche  Ausbreitungs- 
geschwindigkeit hinweisen,  bei  diesen  Interferenzen  allerdings 
schon  in  der  Nähe  der  Schwingung  sich  geltend  machen.  So 
zeigte  es  sich  auch  in  den  Versuchen,  und  eben  darin  bestand 
der  Vortheil,  welchen  uns  diese  Art  der  Interferenz  bot  Aber 
es  ergibt  sich  die  scheinbare  Geschwindigkeit  in  der  Nähe  der 
Schwingung  doch  grösser,  als  in  der  Ferne,  und  es  ist  nicht 
zu  leugnen,  dass  die  Phase  der  Interferenz  sich  nach  der 
Theorie  wenig,  aber  bemerkbar  schneller  ändern  müsste,  als 
es  in  den  Versuchen  der  Fall  war.  Es  erscheint  mir  wahr- 
scheinlich, dass  eine  vollkommenere  Theorie,  welche  nicht  die 
beiden  wirkenden  Leiter  als  verschwindend  klein  betrachtet, 
vielleicht  auch  eine  andere  Annahme  des  Werthes  von  hier 
ein  bessere  Uebereinstimmung  herstellen  würde. 

Von  Wichtigkeit  ist,  dass  auch  unter  Zugrundelegung  der 
Max  we  Irschen  Theorie  die  Versuche  nicht  gedeutet  werden 
können,  ohne  einen  merklichen  Unterschied  zwischen  der  Aus- 
breitungsgeschwindigkeit der  Wellen  in  Drähten  und  der  Wellen 
im  freien  Raum  anzunehmen. 

Wellen  in  drahtförmigen  Leitern. 
Die  Function :    K(pp)=  f  e-l<*p* <••+  •-">  du, 

o   

welche  sich  für  grosse  Werthe  von  (>  der  Function  Ynj2pe.e-i>f, 
für  verschwindende  Werthe  von  p  der  Function  -  log  (p  0,  2)  -0,577 
anschmiegt,  genügt  der  Differentialgleichung: 

Aon.  <L  l'hyt.  o.  Cht«.  N.  f.  XXXVI.  2 


18 


H.  Hertz. 


Setzen  wir  also: 

//==  2JjAn.mi[mz  —  nt).K{pg), 

so  genügt  U  der  Gleichung  A2d* Jlj dt2  =  A  11,  sobald  wir 
machen  />2=-  m2  —  ^liis.  Dabei  soll  verstanden  sein  unter  J 
eine  in  magnetischem  Maass  gemessene  Stromstärke,  unter  p 
und  m  =  nß  reciproke  Längen,  unter  n  =  n  /  T  eine  reciproke 
Zeit.  Die  Function  //  genügt  ihrer  Gleichung  im  ganzen  Raum, 
ausser  in  der  r-Axe,  in  welcher  sie  unstätig  wird.  Es  ent- 
sprechen also  die  aus  obigem  7/  abzuleitenden  Werthe  von 
R,  Z,  P,  N  einer  electrischen  Bewegung,  welche  in  einem  sehr 
dünnen,  längs  der  *-Axe  ausgespannten  Drahte  stattfindet.  In 
unmittelbarer  Nachbarschaft  dieses  Drahtes  wird  bis  auf  Grössen, 
welche  gerade  Potenzen  von  q  enthalten: 

Qo  -»  —  2  JjA  n .  sin  (m  z  —  nt),  also : 

Ä0  =  2  JmjA n q  .  COS  (m z  —  nt), 
P0  =  2  JJq  .  cos  (m z  —  nt), 

wobei  durch  den  Index  n  der  Bezug  auf  verschwindende  o  fest- 
gehalten ist.  Aus  dem  Werthe  von  B0  folgt,  dass  die  auf 
der  Längeneinheit  des  Drahtes  sich  befindende  freie  Electrici- 
tät  e  ist: 

e  =  l/4n  ,2n().R0  =  J  miAn  .  cos  (mz  —  nt). 
Aehnlich  folgt  aus  P0  die  Stromstärke  i: 

i  -  lj47f.2n(),  P0  —  J  cos  {mz  —  nt). 

Die  Werthe  von  i  und  e  gentigen  von  selber  der  not- 
wendig zu  erfüllenden  Gleichung  A  deidt  -  dijdz.  Dieselben 
zeigen  uns,  dass  die  behandelte  Bewegung  eine  electrische 
Sinuswelle  darstellt,  welche  sich  in  der  r-Axe  in  Richtung  der 
wachsenden  z  fortpflanzt;  deren  halbe  Wellenlänge  X,  und  deren 
halbe  Schwingungsperiode  T,  deren  Geschwindigkeit  also 
X/T  =  njm  ist,  und  welche  eine  solche  Intensität  besitzt,  dass 
die  grössten  auftretenden  Stromstärken  ±  J  betragen. 

Behalten  wir  uns  vor,  über  fremde  Kräfte  im  Drahte  will- 
kürlich zu  verfügen,  so  können  wir  k  und  T  als  unabhängig 
voneinander  ansehen.   Für  jedes  bestimmte  Verhältniss  dieser 


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Kräfte  eleciiischer  Schwingungen, 


19 


Grossen,  also  für  jede  bestimmte  Geschwindigkeit  der  Welle 
haben  die  Linien  der  electrischen  Kraft  eine  bestimmte  Ge- 
stalt, welche,  unabhängig  von  der  Zeit,  am  Drahte  entlang 
gleitet  Wie  früher  stellen  wir  diese  Gestalt  dar,  indem  wir 
die  Linien  Q  =  constans  ziehen. 

In  Figur  6  ist  eine  solche  Darstellung  ausgeführt,  und 
zwar  zunächst  in  Figur  6a  für  den  Fall,  dass  die  Geschwindig- 
keit sehr  klein,  p  also  gleich  m  ist.  Die  Zeichnung  entspricht 
dann  einer  electrostatiachen  Kraftvertheilung,  nämlich  der- 
jenigen, welche  wir  erhalten,  wenn  wir  auf  dem  Draht  Elec- 
tricitat  so  vertheilen,  dass  die  Dichtigkeit  eine  Sinusfunction 
der  Drahtlänge  ist.  Figur  6b  gibt  die  Kraftlinien  für  eine 
Geschwindigkeit,  welche  etwa  28/48  der  Lichtgeschwindigkeit 
betragt  Man  sieht,  dass  die  Kraftlinien  einen  grösseren  Um- 
weg als  vorher  machen,  um,  von  dem  Drahte  ausgehend,  zu 
demselben  zurückzugelangen.  In  der  älteren  Anschauungsweise 
ist  dies  erläutert  durch  die  Aussage:  Die  electrodynamische 
Kraft,  welche  parallel  dem  Drahte  gerichtet  sei,  schwäche  die 
gleichgerichtete  Componente  der  electrostatischen  Kraft,  wäh- 
rend sie  di6  zum  Drahte  senkrechte  Componente  nicht  beein- 
flusse. Die  Schwächung  der  dem  Draht  parallelen  Compo- 
nente kann  bis  zur  Vernichtung  derselben  sich  steigern.  Neh- 
men wir  nämlich  die  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  der  Draht- 
wellen gleich  der  Lichtgeschwindigkeit,  so  wird  p  =  0,  es  artet 
dann  für  jeden  Werth  von  o  K(p  o)  aus  in  —  log  o  -f  constant, 
und  es  wird  für  jeden  Werth  von  (>: 

Q  =  —  2  JjA  n .  sin  (m z  —  n t) ,  also: 
R  =  2  JmjAn  ()  ,cos(mz  —  nt),    Z  =  0, 
P=.  2  Jig  cos(mz—  nt),  N—0. 

Die  Kraftvertheilung  ist  alsdann  die  denkbar  einfachste, 
die  electrische  Kraft  steht  überall  senkrecht  auf  dem  Drahte 
und  nimmt  ab  im  umgekehrten  Verhältniss  der  Entfernung 
von  diesem.  Die  für  gleichabstehende  Werthe  von  Q  gezoge- 
nen Linien  Q  =  constans  sind  in  Figur  60  angedeutet  Für 
Wellen,  welche  sich  mit  einer  grösseren  Geschwindigkeit  als 
\  A  fortpflanzen,  wird  p  imaginär.  Für  diesen  Fall  müssen 
wir  unsere  Formeln  umgestalten,  doch  gehen  wir  nicht  auf 
denselben  ein.  da  ihm  keine  praktische  Bedeutung  zukommt. 

2* 


•JO 


H.  Hertz. 


An  der  Oberfläche  eines  Leiters  setzt  sich  diejenige  Com- 
ponente  der  electrischen  Kraft,  welche  tangential  zur  Ober- 
tiäche  liegt,  stetig  in  das  Innere  des  Leiters  fort.  Unter  einem 
vollkommenen  Leiter  versteht  man  nach  Maxwell  einen  solchen, 
in  dessen  Inneren  stets  nur  verschwindend  kleine  Kräfte  auf- 
treten können.  Daraus  folgt  für  die  Oberfläche  eines  voll- 
kommenen Leiters  als  Bedingung .  dass  die  zur  Oberfläche 
tangentiale  Componente  der  Kraft  verschwinden  muss.  Enthält 
diese  Behauptung  keinen  Irrthum,  so  folgt,  dass  sich  in  gut 
leitenden  Drähten  electrische  Wellen  mit  Lichtgeschwindigkeit 
und  in  derjenigen  Gestalt  ausbreiten  müssen,  welche  durch 
Fig.  6C  gegeben  ist.  Denn  nur  für  diese  Kraftvertheilung  steht 
die  Kraft  überall  senkrecht  auf  der  Oberfläche  des  Drahtes. 
In  der  That  ist  denn  auch  stets  aus  der  Maxwell' sehen 
Theorie,  wie  aus  den  älteren  Theorien,  der  Schluss  gezogen 
worden,  dass  sich  durch  vollkommen  leitende  Drähte  electrische 
Wellen  mit  Lichtgeschwindigkeit  ausbreiten. 

Dürfen  wir  indessen  unseren  Versuchen  nur  ein  weniges 
trauen,  so  ist  dies  Resultat  unrichtig,  die  Ausbreitung  geschieht 
mit  einer  viel  geringeren  Geschwindigkeit  und  etwa  in  der- 
jenigen Gestalt,  welche  Fig.  6b  anzeigt.  Dies  Ergebniss  ist 
um  so  auffallender,  als  die  Geschwindigkeit  in  Drähten  eben- 
falls eine  von  der  Natur  des  Drahtes  gänzlich  unabhängige 
Geschwindigkeit  zu  sein  scheint.  Ich  habe  dieselbe  als  gleich 
gefunden  in  Drähten  der  verschiedensten  Metalle,  der  ver- 
schiedensten Dicke,  der  verschiedensten  Gestalt  des  Quer- 
schnittes, auch  in  Säulen  leitender  Flüssigkeit.  Die  Ursachen, 
welche  diese  Geschwindigkeit  bestimmen,  sind  noch  dunkel. 
Der  Widerstand  spielt  jedenfalls  keine  Rolle.  Ich  vermuthete 
eine  Zeit  lang,  dass  sich  ein  Einfluss  der  Constauten  k  geltend 
mache,  durch  deren  Einführung  Hr.  H.  v.  Helmholtz  die 
Maxwell'sche  Theorie  erweitert  hat.1)  Eine  nähere  Ueber- 
legung  lässt  diese  Vermuthung  indessen  zurückweisen.  Wäre 
die  Grenzbedingung  nur  richtig,  so  wäre  eine  Welle  von  der 
Form  der  Fig.  6C  immer  noch  möglich.  Dieselbe  würde  stets 
eine  reine  Transversalwelle  sein  und  müsste  sich  als  solche 


1)  H.  v.  Helmholtz,  Gea.  Abh.  1.  p.  545. 


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Kräfte  e/ectrixcher  Schwingungen. 


21 


mit  derselben  Geschwindigkeit  fortpflanzen,  wie  ebene  Trans- 
versalwellen im  Räume,  ob  nun  gleichzeitig  Longitudinalwellen 
möglich  sind  oder  nicht  Bin  endlicher  Werth  der  Constanten  k 
würde,  ohne  die  Verschiedenheit  der  beobachteten  Geschwindig- 
keiten zu  erklären,  fordern,  dass  zweierlei  Arten  von  Wellen 
verschiedener  Geschwindigkeit  im  Draht  möglich  seien,  wofür 
bisher  Andeutungen  ans  der  Erfahrung  noch  nicht  vorliegen. 
Es  dürfte  die  Richtigkeit  der  Grenzbedingung  fur  schnell  ver- 
änderliche Kräfte  zu  bezweifeln  sein. 

Erscheint  es  einerseits  nicht  möglich,  den  in  der  z-Axe 
fortschreitenden  Wellen  eine  beliebig  grosse  Geschwindigkeit 
zu  ertheilen,  so  hat  es  auf  der  anderen  Seite  keine  Schwierig- 
keit, die  Geschwindigkeit  von  ihrem  Maximalwerth  beliebig 
herabzudrücken  und  Kraftvertheilungen  herzustellen,  welche 
zwischen  den  Formen  6«  und  6D  eingeschlossen  sind.  Man  lässt 
zu  dem  Ende  die  Welle  durch  regelmässig  gezackte  oder  spiral- 
förmig aufgerollte  Drähte  fortschreiten  Indem  ich  z.  ß.  einen 
Draht  von  40  m  Länge  zu  einer  einfachen  Spirale  von  1  cm 
Durchmesser  in  solcher  Dichte  aufrollte,  dass  die  Länge  der 
Spirale  1,6  m  wurde,  konnte  ich  Knotenpunkte  in  Abständen 
Ton  ca.  0,31  m  beobachten,  während  im  gestreckten  Draht  die 
Abstände  der  Knoten  2,8  m  betrugen.  Bei  allmählichem  Aus- 
recken der  Spirale  ging  der  eine  Werth  auf  den  anderen  über. 
In  der  Richtung  der  r-Axe  (der  Axe  der  Spirale)  gemessen, 
bewegt  sich  also  die  Welle  wesentlich  langsamer  in  dem  auf- 
gerollten Drahte.  In  der  Drahtlänge  gemessen  allerdings 
bewegt  sie  sich  schneller.  Aehnlich  ist  das  Verhalten  in  ge- 
zackten Drahten.  Irre  ich  nicht,  so  vermag  auch  hiervon  die 
Max  well' sehe  Theorie  unter  Annahme  jener  Grenzbedingung 
rar  gute  Leiter  keine  Rechenschaft  zu  geben.  Es  müsste  nach 
dieser  Theorie,  wie  mir  scheint,  die  in  der  z-Axe  gemessene 
Ausbreitung  durch  jede  Form  des  Leiters  mit  Lichtgeschwin- 
digkeit erfolgen,  sobald  nur  erstens  der  Widerstand  des  Leiters 
nicht  in  Betracht  kommt  und  zweitens  die  Dimensionen  des 
Leiters  senkrecht  zur  Axe  verschwindend  klein  gegen  die  Wel- 
lenlänge sind.  Beide  Bedingungen  aber  sind  in  spiraligen 
Metalldrähteu  erfüllt,  ohne  dass  die  Folgerung  zuträfe. 

Indem  wir  versuchten,  die  Beobachtungen  aus  der  Max- 


22 


&  Dom. 


weH'schen  Theorie  zu  erklären,  ist  es  uns  nicht  gelungen,  alle 
Schwierigkeiten  zu  beseitigen.  Gleichwohl  wird  man  die  Voll- 
ständigkeit, mit  welcher  jene  Theorie  den  grössten  Theil  der 
Erscheinungen  wiedergibt,  als  eine  nicht  verächtliche  Leistung 
derselben  betrachten  dürfen.  Denn  wenn  man  versucht,  auf 
die  Erscheinungen  eine  der  älteren  Theorien  anzuwenden,  so 
geräth  mau  schon  in  den  elementarsten  Zügen  auf  Wider- 
sprüche, es  sei  denn,  dass  man  durch  Einführung  des  ^Aethers 
als  Dielectricum  jene  Theorien  mit  der  Maxwell'schen  ver- 
söhnt auf  dem  durch  v.  Helmholtz  angegebenen  Wege. 

Karlsruhe,  im  November  18S8.  * 


II.  Eine  Bestimmung  des  Ohm; 
von  E.  Dorn. 

(Im  Auszuge  der  Königlichen  Academic  der  Wissenschaften  zu  Herli» 

vorgelegt  am  5.  Juli  1888.) 

(Hier»  Tsf.  I  Fljr.  7-18.1 


Inhaltsangabe:  l.  Vorbemerkungen.  —  2.  Ableitung  der  For- 
meln. —  3.  Ort  der  Beobachtungen.  —  Beschreibung  der  Apparate: 
4.  HersteUung  unmagnetischen  Kupfers.  —  5.  Hauptgalvanometer.  — 
6.  Stativ  dazu.  -  7.  Tangentenbussole.  —  8.  Differentialgalvanometer  und 
aperiodisches  Galvanometer.  —  9.  Local  variometer.  —  10.  Widerstände. 
—  11.  Uhr,  Maasse  und  Gewichte,  Scalen,  Thermometer.  —  Vorberei- 
tende Messungen  und  Hülf »Beobachtungen :  12.  Calibrating  der  Wider- 
stände; Temperaturcoöfficienten.  —  1*.  Widerstände  in  m'qmm  Hg.O0. 
14.  Constanten  des  Galvanometers:  Tcraperaturcoeffieient  des  Wider- 
standes, Selbstinduction,  Aenderung  der  Galvanomcf erfunetion ,  Magne- 
tischer Localeinfluss,  Torsionsverhältniss,  Temperaturcoelficient  und  ln- 
ductionscoöfficienten  des  Magnets,  Trägheitsmoment.  —  15.  Constanten 
der  Tangentenbussole :  Durchmesser,  Polabstand,  Torsionsverhältniss, 
Magnetischer  Localeinfluss.  —  16.  Zur  Ermittelung  von  M'H:  Magnet- 
abstande, Hülfsmaguete,  Polabstände.  —  17.  Local  variometer:  Tempera- 
turcoöfficient,  Reductionsfactor,  Vergleichung  mit  dej*  Schwingungsmethode, 
Verhaltniss  von  H  für  verschiedene  Stellen.  —  Anordnung  und  Aufhel- 
lung der  Apparate:  —  18.  Galvanometer.  —  19.  Tangentenbussole.  — 
20.  Variometer.  —  21.  Leitungen  und  Verbindungen.  —  Die  Hauptbeoh- 
achtungen:  22.  Allgemeines.  —  23.  Gegenseitige  Beeinflussung  der  In- 
atrumente. —  24.  Scalenabstande.  —  25.  Magnetabstande.  -  26.  Verhült- 


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Bestimmung  de*  Ohm.\^jC','  .(j 


nisi  von  U  für  Galvanometer  und  Tangentenbussole, 
meterwiderstand  in  m  qmm  Hg  und  Widerstand  für  die  Dttmpfungsbeob- 
achtungen.  —  29.  Galvanometerfunction.  —  30.  Schwingungsdauer.  — 
31.  M  H  am  Platze  der  Tangentenbussole.  —  32.  M  H  am  Platze  des 
Galvanometers,  Horizontalintensitftt  und  Momente.  —  38.  Schlussrechnung. 
-  34.  Bemerkungen. 

1.  Nachdem  ich  der  Academic  der  Wissenschaften  zu 
Berlin  eine  kurze  Uebersicht  meiner  Untersuchung  über  den 
Werth  des  Ohm  in  m/qmm  Quecksilber  vorgelegt  habe,  will 
ich  hier  eine  etwas  ausführlichere  Darstellung  folgen  lassen. 

Mit  den  ersten  Vorbereitungen  zu  der  in  Rede  stehen- 
den Untersuchung  begann  ich  zu  Darmstadt  im  Juni  1883, 
die  Hauptbeobachtungen  wurden  ebenda  im  physikalischen 
Institut  der  technischen  Hochschule  von  Mai  1885  bis  Januar 
1886  ausgeführt  Die  sehr  langwierige  Berechnung  habe  ich, 
durch  verschiedene  Umstände  gehemmt,  erst  vor  kurzem  in 
Halle  vollenden  können. 

Die  benutzte  Methode  beruht  auf  der  gewöhnlich  als 
„dritte"  bezeichneten  des  Hrn.  W.  Weber1)  mit  einer  Ab- 
änderung, welche  ich  bereits  in  meiner  ersten  Arbeit  über 
absolute  Widerstandsmessung2)  eingeführt  habe. 

Es  wird  die  Dämpfung  eines  einzelnen  kräftigen  Mag- 
nets durch  die  ihn  eng  umschliessenden  Windungen  eines 
Multiplicators  beobachtet  und  die  Gaivanometerfunction  durch 
Vergleichung  mit  einer  Tangentenbussole  ermittelt. 

Diesmal  habe  ich  aber  im  Anschluss  an  Hrn.  F.  Kohl  - 
rausch3)  und  H.  Wild4)  die  Formel  so  umgestaltet,  dass 
statt  der  Bestimmung  des  Erdmagnetismus  und  des  Träg-* 
heitsmoments  nur  die  Beobachtung  der  .Ablenkung  einer 
Magnetnadel  durch  den  Galvanometermagnet  nöthig  wird. 

2.  Ich  beginne  mit  der  Ableitung  der  Formeln  und 
nehme  dabei  zugleich  auf  die  Aenderungen  der  Horizontal- 
intensität und  der  Temperatur  Rücksicht. 

1)  W.  Weber.  Abb.  d.  k.  sftchs.  Ges.  d.  Wiss.  1.  p.  232.  t852. 

2)  E.  Dorn,  Wied.  Ann.  17.  p.  778.  1882. 

3)  F.  Kohlransch,  Sitzungaber.  der  k.  bayr.  Acad.  d.  Wiss.  zu 
München.  13.  p.  317.  1883. 

4)  H.  Wild,  Abb.  der  Petersburger  Acad.  32.  p.  4.  1884. 


24 


E.  Dom. 


Die  Windungsebene  des  Galvanometers  falle  mit  dem 
magnetischen  Meridian  zusammen,  und  es  sei: 

ff  der  Ablenkungswinkel  des  Magnets, 

K  das  Trägheitsmoment  desselben, 

M  sein  magnetisches  Moment  bei  Abwesenheit  äusserer 
Einwirkung, 

y  und  a  das  in  dem  Magnet  durch  die  magnetisirende 
Kraft  1  inducirte  Längs-  und  Quermoment, 
&  das  Torsionsverhältniss, 

Hg  die  Horizontalintensität  am  Orte  des  Galvanometers. 

G  die  Galvanometerfunction, 

L  der  Coefficient  der  Selbstinduction, 

9ft  der  absolute  Widerstand  des  Galvanometerkreises, 

—       ein  vom  Luftwiderstande  herrührender  Term. 


Wird  einstweilen  von  der  Veränderlichkeit  der  Galva- 
nometerfunction G  mit  der  Ablenkung  abgesehen  und  y1 
gegen  1  vernachlässigt,  so  gilt,  wenn  noch  der  Kürze  wegen : 


deren  letzter  Term  den  Einfluss  der  Selbstinduction  darstellt. 

Ist  nun  weiter  X  und  ^  das  log.  Decr.  für  den  ge- 
schlossenen und  geöffneten  Multiplicator,  T0  die  Schwingungs- 
dauer für  den  letzten  Fall,  so  folgt1): 

(3)  *w=^y^-^-^'°y^\- 

Weiter  sei  1  Ohm  =  1010  mm  .  sec-1  =  m  m/qmm  Hg  und 
SR  =  W m/qmm  Hg,  also: 


dt 


(1)  9tt  =  M  +  (;--«)  H9 

gesetzt  wird,  die  Differentialgleichung1): 


und  es  werde  zur  Abkürzung  gesetzt: 


1)  E.  Dorn,  Wied.  Ann.  35.  p.  192.  1888. 

2)  Vgl.  E.  Dorn,  Wied.  Ann.  22.  p.  266.  1884. 


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Bestimmung  des  Ohm. 


25 


(5)  (Z.+  10-10-//»). 

so  kann  aus  (3)  gezogen  werden: 

2.10".AJ2 

Um  die  Galvanometerfunction  zu  bestimmen,  werde  ein 
mit  Hülfe  einer  Tangentenbussole  gemessener  Strom  3  zwi- 
schen dem  Galvanometer  (Widerstand  wg)  und  einem  Neben- 
schluss  tr„  verzweigt.  Ist  der  das  Galvanometer  durchlaufende 
Zweigstrom  i  und  die  Ablenkung  desselben  <p<  so  ist: 

(8) 


(10)  3=  ^A(l  +/9sin*^)tgf|i. 

wo  in  (10)  der  Index  T  au  H  die  Beziehung  auf  den  Ort 
der  Tangentenbussole  andeutet,  während  der  obere  Strich 
wegen  einer  etwaigen  zeitlichen  Aenderung  gegen  den  Zu- 
stand während  der  Dämpfungsbeobachtungen  hinzugefügt  ist. 
Die  Bedeutung  von  A  und  ß  ist: 

wenn  A  den  Kadi  us  der  Tangentenbussole,  /  den  Polabstand 
ihres  Magnets,  &  das  Torsionsverhältniss ,  v  die  Zahl  der 
Windungen,  b  die  Breite  derselben  bezeichnet. 

Für  den  statischen  ErapfindlichkeitscoSföcienten  p'=q r  / 
ergibt  sich  wegen  (9)  und  (10): 

K    '  WnT)~tg0     «cB  A(t+^sin»<*>)' 

ferner  kann  (8)  geschrieben  werden: 

(13)  G^^,(\  +  e){p'HT'). 

1)  ZT  ist  sonach  der  Coefficient  der  Sel1>stinduction  (einschliesslich 
der  Röckwirkung  des  indacirten  Quermomentes)  in  sec.  X  m'qmtn  Hg. 


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26 


E.  Dorn, 


Wenn  nun  bei  den  zeitlichen  Aenderungen  der  Horizon  - 
talintensität  das  Verhältniss  ///,  HT'  constant  bleibt  —  was 
für  die  kurzen  in  Betracht  kommenden  Zeiträume  hinreichend 
nahe  zutrifft  — ,  so  folgt  aus  (13)  mit  Rücksicht  auf  die  Un- 
veränderlichkeit  von  G,  dass  auch  (p  Ht)  constant  bleibt, 
und  die  Formeln  {12)  und  (13)  auch  ohne  den  Strich  geschrieben 
(Verden  können. 

Zur  Elimination  von  K  aus  (7)  dient  die  Beobachtung 
der  Schwingungsdauer  T0"  bei  geöffnetem  Multiplicator,  für 
welche  die  Gleichung  gilt: 

7»  "2  _     (n*  * 

worin  die  Zufugung  des  Zeichens  "  wegen  der  Aenderungen 
der  Temperatur  und  Horizontalintensität  nöthig  war.  End- 
lich wirke  der  Galvanometermagnet  (Polabstand  2ax)  in  der 
ersten  Hauptlage  nach  Gauss  auf  das  an  seinem  Platze  be- 
lassene Magnetometer  der  Tangentenbussole1)  (Polabstand  2  a) 
aus  der  Entfernung  r  und  erzeuge  die  Ablenkung  u»,  so  ist: 

wo  der  Kürze  wegen: 


U6) 


p2  =  2öj2—  3a2(l  —  5  sin2tr")» 
p%  —  3er,4  —  15ö2aj2  (1  —  5  sin8 1/') 
+  '>4(1  -  Hsin2^  +  21  sin». 


Aus  den  Formeln  (7),  (13)  (ohne  Index  geschrieben),  (14), 
(15)  folgt: 

2.1010  HT  SIT,'  p 

wenn: 

r-      A*  TV*  iJTTO  "  X," 
~  K    T0      1k-      ffg  HT'"'  ' 

Wird  in  F  noch  gesetzt: 


1 1  Zur  Con t role  wurde  eine  entsprechende  Beobachtung  mit  einem 
anderen  Hülfsmagnet  am  Orte  des  Galvanometers  gemacht. 


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Bestimmung  des  Ohm.  27 

zy  _  ,  [je-  Sg  « 
r0     [/  a'  "///  « " 

so  geht  diese  Grösse  Uber  in: 

A"'v,     W  ^.      J^S.  ZTT"  ♦ 

oder  wenn  wieder  die  zeitlichen  Aenderuogen  von  //  an  den 
verschiedenen  Orten  gleich  angenommen  werden  und  das  Ver- 
hältniss  der  ÜH  durch  das  der  M  ersetzt  wird: 

(18,    F-^F.,       F,  -  *',«  , 

sodass  also  Fx  den  Correctionsfactor  wegen  der  Aenderungen 
der  Temperatur  end  Fz  den  wegen  des  Erdmagnetismus 
bedeutet. 

Ist  nun  /  die  Temperatur  des  Magnets  und: 

ferner  v  der  Stand,  t  die  Temperatur  des  Intensitätsvario- 
meters und  die  relative  Aenderung  von  H  gegen  einen  Nor- 
malwerth H0  gegeben  durch1): 

so  werden  die  beiden  Correctionsfactoren: 


'20) 


Es  ist  schliesslich  noch  anzugeben,  in  welcher  Weise 
unter  Benutzung  der  grundlegenden  Untersuchung  des  Hrn. 
K.  Schering2)  die  Abhängigkeit  der  Galvanometei function 
und  des  log.  Decr.  von  der  Amplitude  in  Rechnung  gezogen 
wurde. 

In  den  Formeln  (3),  (ö),  (7)  ist  zunächst  das  log.  Decr, 
auf  unendlich  kleine  Amplituden  zu  reduciren  und  für  G  der 
entsprechende  Werth  G0  zu  schreiben. 

Das  Decrement  für  unendlich  kleine  Amplituden  in  brig- 
gischen Logarithmen  folgt  aus  zwei  successiven  Bogen  nach: 

1)  Vgl.  F.  Koblrausch,  Wied.  Anu.  19.  p.  140.  1883. 

2)  K.  Schering,  Wied.  Ann.  0.  p.  287.  1880. 


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28 


E.  Dorn. 


(21)  ^'-logbriggj  +^W' 

wo  -SV  eine  von  dem  log.  Deer,  abhängige  Grösse  ist.1) 
Ferner  gentigt  zu  setzen: 

sodass  (nach  Weglassung  des  Striches)  aus  (12)  sich  ergibt 
<23)       (A  «r)-^ + 


tg  0     «.      A  (t  +  ,f  »in  »<J»  (l-i,  v») 
und  nach  (13): 

(24)  C„- +  »)(/..»,). 

Demnach  geht  die  Formel  (17),  wenn  A0*  gegen  ver- 
nachlässigt wird,  über  in: 

2.10»iTr  SlT9FxFt 

(25)  ™  -  "^i-  — r-J- 


^(/>0j?T)^-^  +  r-«ja  +  ö) 


und  es  sei  daran  erinnert,  dass  Si  aus  (6),  {p0H^  aus  (23), 
M'" I Ht"  aus  (15)  zu  entnehmen  ist,  wahrend  Fl  und 
durch  (20)  definirt  sind. 

HT  und  //,  sind  diejenigen  Werthe  der  Horizontalinten- 
sit&t,  welchen  die  Magnete  innerhalb  der  Apparate  unter- 
worfen sind. 

3.  Ort  der  Beobachtungen.  Abgesehen  von  wenigen 
Hülfsmessungen  sind  sämmtliche  Beobachtungen  im  nord- 
östlichen Saale  der  Technischen  Hochschule  zu  Darmstadt 
angestellt,  dessen  drei  Fenster  nach  Nord  (mit  einer  kleinen 
Abweichung  nach  Ost)  liegen.  (Vgl.  den  Situationsplan 
Fig.  7.) 

Die  unmittelbar  angrenzenden  Zimmer,  sowie  der  darunter 
liegende  Keller  gehören  ebenfalls  zum  physikalischen  Institute. 
Vor  Beginn  der  Beobachtungen  wurde  aus  allen  diesen  Räu- 
men das  störende  Eisenzeug,  insbesondere  die  eisernen  Oefen 
herausgeschafft8) 


\)  Ueber  die  Bedeutung  von  X'  vgl.  Wied.  Ann.  17.  p.  781.  1882. 
2)  Wegen  17'  8.  1.  c.  p.  780. 

8)  Die  Ingangsetzung  der  etwa  15m  entfernten  electrodynamischen 
Maschine  veränderte  die  Horusontalintensität  auf  dem  östlichen  Fenster 


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Bestimmung  des  Ohm. 


29 


Zur  sicheren  Aufstellung  der  Apparate  dienten  fünf  auf 
das  Kellergewölbe   aufgemauerte  Steinplatten   (Fig.  7  Sx 

Von  der  Festigkeit  derselben  habe  ich  mich  wiederholt 
überzeugt,  indem  ich  auf  den  Apparaten  eine  Glasscala 
anbrachte  und  mit  einem  stark  vergrössernden  Fernrohr 
betrachtete,  wahrend  eine  andere  Person  sich  auf  den  Platt  on 
und  in  ihrer  Nahe  bewegte. 

Störungen  von  aussen  waren  wahrend  der  Zeit  der  ent- 
scheidenden Beobachtungen  (Abends  von  7  Uhr  an  und  Sonn- 
tag Nachmittags)  äusserst  selten  und  machten  sich  zudem 
an  den  fortlaufend  abgelesenen  Variationsinstrumenten  sofort 
bemerklich,  sodass  eine  verdächtige  Beobachtung  gleich  wie- 
derholt werden  konnte. 

4.  Bei  der  Herstellung  der  Apparate  richtete  ich 
mein  Augenmerk  auf  die  Vermeidung  oder  wenigstens  mög- 
lichste Herabsetzung  magnetischer  LocaleinflUsse. 

Wenn  man  bei  der  Auswahl  des  Materials  auch  nur 
eine  massige  Sorgfalt  anwendet,  gelingt  es  leicht,  permanenten 
Magnetismus  auszuschliessen ,  schwieriger  ist  das  fur  indu- 
cirten  Magnetismus.  Um  diesen  zu  erkennen,  genügt  es  nicht, 
den  zu  untersuchenden  Körper  einer  schwachen  Magnetnadel 
zu  nähern,  sondern  man  muss  denselben  so  dicht  wie  möglich 
an  einen  möglichst  kräftigen  Magnet  heranbringen. 

Ich  bediente  mich  bei  diesen  Untersuchungen  eines  zu 
einem  Plath'schen  Astasirungsapparate  gehörigen  Magnets 
mit  quadratischem  Querschnitt,  dessen  Feld  an  der  benutzten 
Stelle  (der  Längsseite  gegenüber  nahe  dem  Ende)  nach  Mes- 
sungen von  Hrn.  Sivert  Rasmussen  dicht  an  der  OberHäche 
und  8  mm  von  derselben  entfernt  etwa  das  Ü00-,  resp.  800-fache 
der  Horizontalintensität  betrug. 

Der  mit  einem  Spiegel  versehene  Magnet  hing  an  einem 
Drahte  von  der  Decke  herab  und  wurde  mit  dicken  Platten 
von  Electrol)  tkupfer  so  umstellt,  dass  seine  Bewegung  aperio- 
disch wurde,  während  die  zu  prüfenden  Gegenstände  dem 


uoch  nicht  um  0,0,  l  ihres  Werthes,  also  waren  von  der  ruhenden  Ma- 
schine Störungen  nicht  su  besorgen. 


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Hi) 


K.  Dorn, 


einen  auf  einer  Seite  frei  gelassenen  Ende  bis  auf  2  mm  und 
weniger  genähert  werden  konnten.  Die  Vorrichtung  war 
ausserordentlich  bequem  und  auch  hinreichend  empfindlich, 
da  ich  z.  B.  durch  Electrolytkupfer  mehrfach  eine  Abstossung 
von  2  Scalenth.  und  darüber  bei  etwa  2,5  m  Scalenabstand 
erhielt x) 

Da  alle  Kupferdrähte,  welche  ich  käuflich  mir  verschaffen 
konnte,  sich  magnetisch  erwiesen,  war  ich  genöthigt,  eigene 
Versuche  zur  Erzitlung  eines  unmagnetischen  Drahtes  zu  unter- 
nehmen. 

Die  Herren  F.  A.  Hesse  Söhne  in  Heddernheim  und 
W.  G.  Otto  in  Darmstadt,  denen  ich  auch  an  dieser  Stelle 
meinen  Dank  ausspreche,  stellten  mir  die  nöthigen  Hülfsmittel 
und  Arbeitskräfte  zur  Verfügung,  und  nach  längeren  Be- 
mühungen, während  deren  wohl  300  kg  Kupfer  durch  meine 
Hände  gegangen  sein  mögen,  gelang  es  mir,  unmagnetischen 
Kupferguss  und  Draht  zu  erhalten. 

5.  Galvanometer.  Die  für  das  Galvanometer  erfor- 
derliche Drahtmasse,  etwa  20kg,  wurde  von  Hrn.  Obermaier 
in  Nürnberg  mit  weisser  Seide  besponnen,  und  es  zeigte  sich 
der  Draht  vor  dem  Aufwickeln  wie  auch  das  fertige  Instru- 
ment schwach  diamagnetisch  (0,4—2,0  mm  Abstossung). 

Der  aus  Mahagoniholz  gefertigte  Rahmen  Hess  für  den 
Magnet  einen  Raum  von  246  mm  Länge  und  55,5  mm  Höhe 
frei,  die  Holzdicke  war  nahe  10  mm,  die  entsprechenden 
Dimensionen  aussen  waren  266  mm  und  76,3  mm,  während 
die  Breite  des  Wickelungsraumes  115  mm  betrug. 

Hierauf  wurden  zunächst  18  Lagen  von  je  50  Windun- 
gen (eine  Lage  besass  nur  49)  aufgewickelt  und  darüber 
noch  eine  abgesonderte  Lage  von  48  Windungen,  welche  spä- 
ter dazu  diente,  den  Magnet  in  Bewegung  zu  setzen  oder  zu 
beruhigen. 

Der  Widerstand  der  inneren  899  Windungen  und  des 
Drahtrestes  zusammen  war  3,908  S.-E.,  während  (auf  gleiche 


1)  Ein  noch  empfindlichere*),  technisch  brauchbaren  Apparat  mit 
astatiachem  Doppelmagnet  hat  nach  meinen  Angaben  ilr.  E.  Hart- 
mann  in  Bockenheim  für  Hrn.  W.  G.  Otto  in  Darmstadt  conatruirt. 


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Bestimmung  des  Ohm. 


31 


Temperatur  reducirt)  der  Draht  vor  dem  Aufwinden  3,883  8.E. 
besessen  hatte.  Ein  Isolationsfehler  war  also  jedenfalls  nicht 
vorhanden;  der  geringe  Mehrbetrag  von  0,025  S.-E.  erklärt 
sich  ungezwungen  aus  der  Dehnung  und  Härtung  des  sehr 
weichen  Drahtes  beim  Wickeln. 

Der  Isolationswiderstand  zwischen  Haupt-  und  Neben- 
draht war  etwa  5.  106  S.-E. 

Die  Spiegelfassung,  welche  mit  einer  Schraube  den  Stein  - 
heil' sehen  Planparallelspiegel  genau  vertical  zu  stellen  er- 
laubte, und  der  Magnetträger  waren  aus  Electrolytkupfer  ge- 
fertigt und  magnetisch  indifferent 

Die  Fussschrauben  und  Klemmen  für  die  Drahtenden, 
obwohl  aus  demselben  Material,  zeigten,  ganz  nahe  an  den 
Untersuchungsmagnet  gebracht,  einen  geringen  Magnetismus 
(bis  2  mm  Anziehung),  erwiesen  sich  aber  auf  4 — 5  cm  Ent- 
fernung —  und  so  nahe  kommen  sie  an  den  Galvanometer- 
magnet nicht  einmal  heran  —  ganz  wirkungslos.  Die  Zu- 
satzgewichte zur  Bestimmung  des  Trägheitsmomentes  bestan- 
den aus  diamagnetischem  Messing. 

Der  Magnet1)  (hohl,  mit  „4"  bezeichnet)  war  aus  meh- 
reren ausgewählt;  seine  Länge  war  209,97  mm,  der  innere 
und  äussere  Durchmesse*  im  Mittel  8,82,  resp.  17.65  mm, 
die  Masse  298,53  g. 

Zur  Aufhängung  des  Magnets  diente  ein  Draht,  welcher 
*on  einem  an  der  Decke  befestigten  Torsionskreise  herab- 
hing. 

Das  Galvanometer  war  von  einem  Glaskasten  mit  Bo- 
den von  Mahagoni  umgeben,  wozu  vom  Herbst  1885  an  noch 
eine  zum  Theil  doppelte  Holzumhüllung  kam.  Unter  dem 
Glaskasten  stand  ein  Thermometer  innerhalb  einer  Draht- 
rolle aus  demselben  Drahte,  wie  das  Galvanometer,  deren 
Durchmesser  mit  der  Dicke  der  Galvanometerwindungen 
Ubereinstimmte.  Uebrigens  war  diese  Rolle  magnetisch  in- 
different und  ohne  Einfluss  auf  die  Dämpfung  bei  geöffnetem 
Multiplicator. 

1)  Die  Magnete  2,  3,  4  waren  glashart  geliefert,  58  Stunden  gekocht, 
in  einer  Magnetisirungsspirale  durch  den  Strom  einer  dynainoelectrischeu 
Maschine  magnetUirt  and  darauf  noch  5  Stunden  gekocht. 


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32 


E.  Dorn. 


Die  von  der  Bespinnung  entblossten  Enden  des  Haupt- 
drahtes and  die  Klemmschrauben  waren  gegen  das  Holz  des 
Rahmens  und  Fußsbrettes  durch  Elfenbein  isolirt. 

6.  Das  Stativ  für  das  Galvanometer  (Fig.  8),  dessen 
sämintliche  Holztheile  doppelt  oder  dreifach  verleimt  waren, 
trug  auf  einem  cylindrischen,  durch  Pressschrauben  pp  fest- 
stellbaren Stiel  von  65  mm  Dicke  die  obere  rechteckige  Tisch- 
platte (t),  doch  wurde  letztere  so  tief  gestellt,  dass  sie  auf 
den  drei  kleinen  festgeleimten  Klötzchen  (k)  ruhte.  Das  auf 
den  Tisch  gestellte  Galvanometergehäuse  sammt  Multipli- 
cator  konnte  also  leicht  um  eine  Verticalaxe  gedreht 
werden. 

Der  untere  feststehende  Theil  des  Stativs  war  noch  mit 
den  seitlichen,  durch  schräge  Stützen  versteiften  Ansätzen  a  a 
(77  mm  hoch,  64  mm  breit)  versehen,  welche  einschliesslich 
des  runden  Stückes  m  eine  Länge  von  3  m  hatten. 

Auf  m  war  (zwischen  den  Klötzchen  k  durchgehend  und 
dünner  als  diese)  eine  viereckige  Glasplatte  mit  einem  Loche 
in  der  Mitte  festgekittet,  auf  den  Ansätzen  lagen  Spiegel- 
glasstreifen, mit  der  mittleren  Glasplatte  durch  übergeleimte 
Glasstücke  verbunden  und  gegen  seitliche  Verschiebung  durch 
Stifte  von  Kupfer  geschützt. 

In  dieser  Weise  war  eine  zusammenhängende  Glas- 
belegung  hergestellt,  welche,  in  der  Mitte  befestigt,  sich  nach 
beiden  Seiten  bei  Temperaturänderungen  frei  ausdehnen 
konnte. 

Auf  die  Glasstreifen  wurden  die  Lager  für  den  Magnet 
zum  Zweck  der  Ablenkungsbeobachtungen  aufgekittet  Die- 
selben bestanden  aus  einem  Brettchen  mit  eingehobelter  drei- 
eckiger Rinne  und  einer  quer  über  dieselbe  festgeleimten 
Glasplatte,  an  welche  der  in  der  Rinne  ruhende  Magnet  von 
beiden  Seiten  her  angeschoben  wurde.  Diese  metallfreien 
Magnetlager  schlössen  jeden  Verdacht  einer  Störung  durch 
inducirten  Magnetismus  aus.  Die  Höhe  der  Brettchen  war 
so  bemessen,  dass  der  ablenkende  Magnet  mit  dem  jedes- 
maligen Hülfsmagnet  genau  in  einer  Horizontalen  lag. 

7.  Tangentenbussole. —  Die  Tangentenbussole  hatte 
5  Windungen  eines  blanken  Kupferdrahtes  von  etwa  1  mm 


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Bestimmung  des  Ohm. 


33 


Durchmesser,  der  auf  eine  sorgfältig  abgedrehte  Scheibe  ton 
weissem  Marmor  (Durchmesser  rund  497  mm)  aufgewickelt 
war.  Die  einzelnen  Windungen  waren  durch  einen  mit  auf- 
gewickelten, etwas  dünneren  Kupferdraht  mit  Bespinnung 
aus  weisser  Seide  voneinander  isolirt.  Die  Enden  des  eigent- 
lichen Drahtes  waren  durch  Löcher  im  Marmor  in  einer 
Weise  hin  durchgeführt,  welche  wohl  ohne  weitere  Erläute- 
rung aus  Fig.  9  deutlich  ist,  darin  mit  Guttapercha  fiiirt 
und  schliesslich  nach  Umwindung  mit  weissem  Seidenband 
lose  umeinander  geschlungen. 

Die  dem  Prüfungsmagnet  in  verschiedenen  Lagen  gegen- 
übergestellte Marmerpktte  stiess  denselben  ein  wenig  ab 
(etwa  0  5  mm),  war  also  schwach  diamagnetisch. 

Eine  besondere  Erörterung  verlangt  die  Frage,  ob  nicht 
etwa  ein  merklicher  Theil  des  Stromes  von  einer  Windung 
zur  anderen  durch  den  Marmor  einen  Weg  findet. 

Auf  die  horizontal  gelegte  Marmorscheibe  wurden  zwei 
mehrfach  gefaltete  Stanniolstreifen  von  10  cm  Lange  in  2  mm 
Abstand  fest  aufgepresst.  Unter  Awendung  von  4  Chrom- 
säureelementen  wurde  eine  Ablenkung  von  4,4  Scalentheilen 
bei  einem  Galvanometer  beobachtet,  welches  für  dieselben 
Elemente  und  eirien  Widerstand  von  etwa  108  S.-E.  einen 
Sealentheil  Ausschlag  ergeben  haben  würde,  also  betrug  der 
Widerstand  des  Marmors  mehr  als  26  Millionen  S.-E.  Zwei 
Windungen  des  Kupferdrahtes  stehen  sieh  nun  auf  eine  Länge 
Ton  etwa  150  cm  in  weniger  als  2  mm  gegenüber,  doch  be- 
trägt mit  Rücksicht  auf  den  schlechteren  Contact  der  Mar- 
roorwiderstand  zwischen  ihnen  sicher  mehr  als  1  Million  S.-E. 
gegenüber  etwa  l/25  S.-E.  einer  Drahtwindung,  sodass  die 
Isolation  vollkommen  ausreichend  ist.  Zu  dem  gleichen  Er- 
gebniss  führte  ein  anderer  Versuch,  bei  welchem  die  Leitung 
durch  den  Marmor  zwischen  den  Windungen  der  Tangenten- 
busäole  und  einer  auf  dem  Rande  der  Scheibe  angebrachten 
Drahtwindung  sich  ganz  unmerklich  ergab. 

Auch  zwischen  den  beiden  Drähten  auf  der  Marmor- 
scheibe bestand  eine  gute  Isolation. 

Für  die  meisten  Beobachtungen  fand  ein  Magnetometer 
Verwendung,  welches  nach  einem  Modelle  von  Hrn.  F.  Kohl- 

Ann.  d.  Phy».  n.  Chem.  X.  F.  XXXVI.  3 


34 


E.  Dorn, 


rausch  gebaut  und,  abgesehen  von  den  Fussschrauben  aus 
Electrolytkupfer,  ganz  metallfrei  war. 

Der  Magnet,  ein  Stahlstäbchen  von  24,1  mm  Länge, 
5,7  mm  Breite  und  0,5  mm  Dicke,  war  auf  einen  runden  Plan- 
parallelspiegel von  25,2  mm  Durchmesser  aufgeklebt,  welcher 
zugleich  als  Töpler'scher  LuftHügel1)  diente.  Das  flache, 
mit  Silbernitrat  und  Schwefelammonium  geschwärzte  Gehäuse 
aus  Elfenbein  war  vorn  und  hinten  mit  Plan  parallelgläsern 
geschlossen  und  hatte  beiderseits  bis  nahe  an  den  Spiegel 
reichende  verticale  Scheidewände.  Dasselbe  wurde  schwach 
diamagnetisch  gefunden  (etwa  1,2  mm  Abstossung). 

Wäre  der  Magnet  einfach  auf  den  Spiegel  geklebt,  so 
wäre  das  Instrument  für  Ablenkungsbeobachtungen  aus  der 
ersten  Hauptlage  nach  Gauss  nicht  brauchbar  gewesen,  da 
der  Magnet  den  Spiegel  verdeckt  hätte.  Ich  änderte  daher 
die  Construction  in  der  Weise  ab,  dass  ich  zwischen  Magnet 
und  Spiegel  einen  ganz  flachen  Keil  aus  Schellack  brachte. 

Das  andere  Magnetometer  hatte  die  von  Hrn.  F.  Kohl- 
rausch2)  angegebene  Einrichtung.  Der  ziemlich  dicke  Mag- 
net war  21,4  mm  lang  und  trug  einen  besonderen  mit  Seiden- 
papier bespannten  Luftflügel.  Auf  den  Gebrauch  des  dem 
Instrumente  beigegebenen  Kupferdämpfers  ist  verzichtet. 

Die  Tangentenbussole  stand  auf  einem  ähnlichen  drei- 
füssigen  Stativ  mit  8%itlichen  Fortsätzen  und  zusammenhän- 
gender Glasbelegung,  wie  das  Galvanometer,  nur  war  die 
Tangentenbussole  unmittelbar  auf  die  mittlere,  etwas  grösser 
gewählte  Platte  gesetzt,  da  ihr  geringeres  Gewicht  dieselbe 
nicht  gefährdete.  Die  Spiegelglasstreifen  trugen  Lager  für 
den  Galvanometermagnet  von  ähnlicher  Einrichtung  wie  beim 
Galvanometerstativ. 

Da  die  zuerst  benutzten  Magnetlager  sich  im  Sommer 
nicht  genügend  constant  erwiesen,  wurden  für  die  späteren 
Beobachtungen  neue  angefertigt. 

S.  Für  viele  Widerstandsmessungen,  insbesondere  für  die 
Vergleichungen  kleinerer  Widerstände  nach  der  Methode  des 

I  i  Beruhigungszeit  etwa  20  See. 

2)  F.  Kohlrausch,  Wied.  Ann.  15.  p.  550.  18S2. 


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Bestimmung  des  Ohm 


35 


übergreifenden  Nebenschlusses1)  bediente  ich  mich  eines  von 
mir  selbst  gewickelten  Differentialgalvanometers  {DG) 
der  von  Hrn.  F.  Kohl  rausch  angegebenen  Form,  welches 
2  x  3285  Windungen  besass.  Jede  Hälfte  hatte  bei  20°  den  Wider- 
stand  664  S.-E.;  bei  entgegengesetzter  Hintereinanderschaltung 
zeigte  sich  eine  Differenz  im  Betrage  von  etwa  l!9U0  der 
Wirkung  einer  Hälfte,  bei  entgegengesetzter  Parallelschal- 
tung war  gleich  nach  dem  Wickeln  die  Differenz  fast  un- 
merklich —  etwa  V40000  —  nahm  indessen  mit  der  Zeit  stetig 
zu  und  hatte  im  December  1885  ll9o00  erreicht.5) 

Da  die  Beruhigungsdauer  etwas  lang  war  —  H  bis  7 
Secunden — ,  so  erwarb  ich  später  noch  ein  aperiodisches 
Galvanometer  (PG)  mit  Glockenmagnet  und  Dämpfer  aus 
Electrolytkupfer,  das  in  längstens  8  See.  zur  Ruhe  kam. 

Das  gewöhnlich  für  die  Widerstandsmessungen  benutzte 
Rollensystem  hatte  etwa  30000  Windungen  von  13800  S.-E. 
Widerstand. 

Uebrigens  diente  das  Galvanometer  PG  gleichzeitig  als 
Variationsinstrument  fur  die  Declination. 

Für  Widerstandsmessungen  wurden  beide  Galvanometer 
astasiit,  DG  zur  drei-  bis  siebenfachen,  PG  zur  doppelten 
Empfindlichkeit. 

9.  Die  örtlichen  und  zeitlichen  Aenderungen  der  Horizon- 
talintensität wurden  vermittelst  eines  Localvariometers  V 
mit  vier  Ablenkungsmagneten  nach  Hrn.  F.  Kohl  rausch3) 
verfolgt.  Das  von  Hrn.  Hartmann  in  Bockenheim  trefflich 
ausgeführte  Instrument  hatte  einen  Dämpfer  aus  Electrolyte 
kupfer.  Ein  zweites  gleiches  Instrument  V\  welches  Hr. 
Prof.  Kitt ler  zur  Verfügung  zu  stellen  die  Güte  hatte, 
erlaubte,  bei  Vergleichung  der  Intensität  für  verschiedene 
Orte,  die  zeitlichen  Variationen  zu  eliminiren. 

10.  Widerstände.  Um  bei  den  Dämpfungsbeobach- 
tungen  zum  Galvanometer  bekannte  Widerstände  hinzufügen 

1)  P.  Kohlrausch,  Wied.- Ann.  20.  p.  76.  1883. 

2)  Gegenwärtig  (Jnli  1888)  etwa  '  1400. 

3)  S.  F.  Koblrauscb,  Wied.  Ann.  1».  p.  132  fi.  lbS3. 

3+ 


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36 


E.  Dum. 


zu  können,  habe  ich  durch  Hrn.  Mechaniker  L.  Waibler  einen 
besonderen  Widerstandssatz  (fVQ)  von  2x0,5  +  9x1  S.-E. 
(in  Neusilber  bifilar  gewickelt)  anfertigen  lassen,  bei  dem 
die  Verbindungen  nicht  durch  Stöpsel,  sondern  durch  Queck- 
silbernäpfe in  Kupferblöcken  und  Kupferbügel  hergestellt 
waren,  welche  einen  sicheren  Contact  von  weit  geringerem 
Widerstande  als  Stöpsel  ergaben.  Die  Enden  der  Draht- 
rollen waren  mit  den  Kupferblöcken  so  verbunden,  dass 
beim  Herausnehmen  mehrerer  aneinander  grenzender  Bügel 
wirklich  die  Summe  derjenigen  Widerstände  eingeschaltet 
wurde,  welche  durch  Entfernen  der  einzelnen  Bügel  der 
Reihe  nach  hinzugefügt  worden  wären.1) 

Verwendung  fanden  noch  zwei  Siemens'sche  Dosen 
einheiten,  Nr.  2674  vom  Nov.  1884,  und  eine  ältere,  Nr.  1195. 
mit  einer  besonderen  Zuleitungsvorrichtung,  bestehend  aus 
zwei  Kupferblöcken  mit  je  zwei  Quecksilbernäpfen  und  je 
zwei  Klemmschrauben  auf  Ebonitunterlage. 

Zur  Vermittelung  der  Widerstandsvergleichungen  mit 
übergreifendem  Nebenschluss  dienten  zwei  Neusilberwider- 
stände {DI  und  DU  s.  Fig.  10)  aus  der  gleichen  Drahtsorte 
wie  W  Q*-)  von  etwas  mehr  als  1  8.  E.,  und  ein  entsprechen- 
der mit  etwas  mehr  als  0,5  S.E.  Der  bifilar  aufgerollte 
Draht  befand  sich  unten  in  einer  zugeschmolzenen  Glasröhre 
von  30  cm  Länge  und  3,5  cm  Durchmesser,  seine  Enden 
waren  an  4  mm  starke  Kupferdrähte  angelöthet,  welche  durch 
den  Verschlusskork  isolirt  hindurchgeführt  und  mit  je  drei 
angelötheten  Klemmschrauben  aus  Kupfer  versehen  waren. 
Absteigende  Luftströme  in  der  Röhre  wurden  durch  einen 
oberhalb  der  Löthstellen  des  Neusilberdrahtes  befindlichen 
Wattepfropf  aufgehalten. 

Die  Temperatur  im  Innern  der  Röhre  an  der  Stelle  des 
Neusilberdrahtes  zeigte  sich  bis  auf  höchstens  0,02°  tiber- 
einstimmend mit  der  eines  umgebenden  Wasserbades,  auch 
wenn  dieses  10°  wärmer  als  das  Zimmer  war.    Die  von 

Ii  Vgl.  E.  Dom,  Wied.  Ann.  22.  p.  566.  1SS4. 
2)  Von  Siemens  &  Halske  bezogen.  Na^h  Angabe  die  für  Dosen- 
einheiten  verwendete  Diabtsorte 


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Bestimmung  des  Ohm. 


37 


Hrn.  K.  Strecker1)  hervorgehobenen  Uebelstände  waren 
also  durch  obige  Anordnung  beseitigt. 

Als  Nebenschlussdraht  bei  der  Bestimmung  der  Gal- 
vanometerfunction  benutzte  ich,  wie  früher,  einen  blanken  auf 
vier  Glasstäbe  aufgewundenen  Neusilberdraht,  der,  um  einer 
Erwärmung  durch  den  Strom  vorzubeugen,  in  chemisch 
reines  Benzol  tauchte.  Die  kupfernen  Zuführungsdrähte, 
deren  Löthstellen  ebenfalls  in  der  Flüssigkeit  sich  befanden, 
gingen  durch  den  Ebonitdeckel  des  Gefasses  zu  Kupfer- 
würfeln  von  2  cm  Seite  mit  je  zwei  senkrecht  zu  einander 
stehenden  Bohrungen,  in  welche  schwach  conische  Kupfer- 
stifte eingeschliffen  waren.  Alle  Stifte  passten  in  alle  Löcher; 
Schraubenmuttern  auf  dem  dünnen  Ende  erlaubten,  die  Stifte 
fest  einzupressen.  Die  Klemmschrauben  für  die  Drähte 
sassen  an  den  dicken  Enden  der  Stifte.  Diese  Vorrichtung 
war  gleich  vortheilhaft  für  die  Stromverzweigung  wie  für 
eine  sichere  Bestimmung  des  Zuleitungswiderstandes  bei 
Widerstandsvergleichungen. 

Durch  eine  Oeffnung  im  Deckel  war  ein  Thermometer 
eingeführt,  durch  eine  andere  ein  zum  Boden  reichendes 
Glasrohr,  um  vermittelst  eingeblasener  trockener  Luft  das 
Benzol  umzurühren.  Der  zuerst  benutzte  Neusilberdraht 
(Durchmesser  0,5  mm)  zeigte  eine  Zunahme  des  Widerstandes 
mit  der  Zeit,  daher  ersetzte  ich  denselben  im  Dec.  1885 
durch  einen  anderen  stärkeren  (Durchmesser  0,7  mm),  den  ich 
zuvor  durch  den  Strom  der  electrodynamischen  Maschine 
ausgeglüht  und  dann  noch  längere  Zeit  der  Wirkung  eines 
schwächeren  Stromes  ausgesetzt  hatte.  Indessen  war  diese 
Behandlung  nur  von  vorübergehendem  Erfolg,  und  nach 
kurzer  Zeit  begann  auch  dieser  Widerstand  zu  wachsen. 

Endlich  standen  mir  zwei  Stöpselrheostaten  ( WKX  und 
WX)  und  ein  Universal  widerstand  UIVP2)  von  Siemens  & 
Halske  zur  Verfügung,  wozu  zeitweise  noch  ein  Instrument 

1)  K.  Strecker,  Abh.  der  k.  bayr.  Acad.  der  Wim».  16.  p.  388.  1885. 

2)  Dies  Instrument  lasst  eine  Verwendung  als  Wheatstone'sche 
Brücke  su,  wobei  man  in  zwei  Zweigen  B  und  C  10,  100,  1000  S.-E.  im 
dritten  A  dagegen  1  bis  10000  S.-E.  einschalten  kann.  Der  gesuchte 
Widerstand  ist  r  r=  AC  B. 


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3S 


E.  Dorn. 


UWE  der  zweiten  Art  aus  dem  electrotechnischen  Institute 
hinzutrat. 

UIVPy  WKV  WK.,  und  WQ  wurden  zum  Schutz  gegen 
Temperaturschwankungen  in  Pappkasten  mit  einer  Watten- 
lage von  mehreren  Centimetern  gesetzt  und  Thermometer 
mit  ihrem  Gefässe  bis  in  den  die  Rollen  enthaltenden  Raum 
eingeführt. 

11.  Die  Uhr,  welche  ein  Holzpendel  besass,  wurde  mit 
einem  Chronographen  (aus  einem  Morse'schen  Telegraphen- 
apparat hergestellt)  versehen,  dessen  Taster  nahe  dem  Platze 
des  Beobachters  sich  befand. 

Das  an  der  Pendelstange  befestigte  Platinmesser  durch- 
schnitt die  Quecksilberkuppe  fortwährend,  auch  wenn  der 
Chronograph  nicht  gebraucht  wurde;  die  Elemente  (zwei 
Le  clan  che)  wurden  aber  nur  so  lange  eingeschaltet,  als 
für  die  Zeitbeobachtungen  unumgänglich  erforderlich  war. 

Der  Gang  der  Uhr  wurde  mit  Hülfe  einer  von  Hrn. 
Prof.  Neil  construirten  Sonnenuhr  controlirt,  welche  den 
wahren  Mittag,  von  einem  hier  gleichgültigen  constanten 
Fehler  abgesehen,  mit  einer  Genauigkeit  von  ein  bis  zwei 
Secunden  zu  beobachten  erlaubte.  Die  Extreme  des  täglichen 
Ganges  während  der  Benutzung  der  Uhr  waren  -f  1,8  und 
—  2,2  Secunden. 

Sämmtliche  Längenmessungen  sind  auf  ein  in  meinem 
Privatbesitz  befindliches,  von  Hrn.  Dr.  Pernet  in  Sevres 
berichtigtes  Meter  bezogen,  die  wenigen  .Wägungen  auf  zwei 
ebenfalls  in  Sevres  berichtigte  Quarzgewichte. 

Für  die  Längenvergleichungen  wurde  ein  Comparator 
benutzt,  auf  dessen  sehr  kräftigem  Eisenprisma  sich  zwei 
Mikroskope  verschieben  Hessen.  Entweder  wurde  ein  Sub- 
stitutionsverfahren angewendet,  nachdem  die  Mikroskope  mit 
Ocularscalenmikrometern  und  mehr  oder  weniger  starken 
Objectiven  versehen  waren,  oder  auf  den  zu  messenden  Gegen- 
stand wurde  eine  berichtigte  Glasscala  aufgelegt  und  die 
Abstände  bis  zu  den  nächsten  Strichen  mit  einem  Ocular- 
schraubenmikrometer  von  Zeiss  ausgemessen. 

Für  die  Spiegelablesungen  wurden  ausschliesslich  auf 
Glas  getheilte  Scalen  von  Hart  mann  in  Bockenheim  ver- 


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Bestimmung  des  Ohm. 


39 


wendet;  die  Scala  für  das  Galvanometer  war  von  Centimeter 
zu  Centimeter,  die  fur  die  Tangentenbussole  für  jedes  zweite 
Centimeter  berichtigt. 

Sämmtliche  Thermometer  sind  mehrfach  (Dec.  1883. 
April  1885,  Dec.  1885)  mit  einem  Thermometer  von  Fuess 
verglichen,  welches  ich  selbst  calibrirt  hatte. 

Schliesslich  sei  noch  erwähnt,  dass  alle  Unterlegschei- 
ben fur  die  Fussschrauben  aus  Electrolytkupfer  bestanden. 

Vorbereitende  Messungen  und  Hülfsbeobtichtungen. 

12.  Widerstände.  Zunächst  wurden  UWP,  WKV  WK2 
unter  Berücksichtigung  der  von  mir  an  anderer  Stelle  erör- 
terten Verhältnisse1)  calibrirt,  wobei  UWE  oder  UWP  als 
Wheatstone'sche  Brücke  diente.  Ein  Doppelschlüssel  mit 
Quecksilbercontacten  schloss  beim  einfachen  Niederdrücken 
zuerst  den  Zweig  mit  dem  Element,  dann  die  Leitung  zum 
Galvanometer. 

Das  angewendete  Substitutionsverfahren  erhellt  wohl  am 
kürzesten  aus  einem  Beispiel.2) 

Zu  vergleichen  sei  WK%  100  mit  100'.  In  UWP:  B=  1000. 
T=100,  in  WKt  gezogen  100,  Galvanometer 

Ruhelage    A  von  UWP  1000  1001 

ll    500,0  2)    498,8  3)'  509,25 

5)    500,0    4»  498,3 

500,0  "  498,3  509,25 

1,7/10,95  »0,155,  somit  AC  B  =  100,0155. 

Ebenso  für  100':  100,0858;  und  nach  Commutiren  des 
Elementes  für  100':  100,0862,  100:100,0168.  Hieraus  im  Mittel: 

100  +  Zuleitung  =  100,0162  S.  E. 
100  -f-  Zuleitung  =  100,0858  S.-E. 
100  =  100  +  0,0696  S.-E. 

Wie  man  leicht  übersieht,  gehen  die  Fehler  von  UWP 
in  die  kleine  Differenz  nur  mit  ihrem  procentischen  Be- 
trage ein. 

Ein  gegen  dieses  Verfahren  geltend  zu  machendes  Be- 

1)  Vgl.  E.  Dorn,  Wied.  Ann.  22.  p.  558.  1884. 
2\  Vgl.  E.  Dorn.  Wied.  Ann.  17.  p.  797.  1882. 


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4Ü 


E.  Dom. 


denken  muss  noch  erledigt  werden.  Bei  Untersuchung  der 
kleineren  Widerstünde  muss  10  gemacht  werden,  und 
obwohl  nur  1  Daniell  benutzt  wurde,  könnte  die  Stromwärme 
den  Werth  von  C«=  10  wie  die  zu  untersuchenden  Wider- 
stände beeinflussen  und  somit  das  Resultat  fälschen.  Zu- 
nächst würde  sich  dieser  Einüuss  infolge  der  ganzen  Anord- 
nung fast  vollständig  herausheben,  wovon  ich  mich  durch 
vergleichende  Beobachtungen  mit  2  nnd  7  Secunden  dauern- 
dem Stromschlusse  überzeugt  habe.  Ferner  ist  die  Wider- 
Standsänderung  durch  die  Stromwärme  unter  den  obwalten- 
den Verhältnissen  sehr  gering,  wie  aus  folgender  Beobachtung 
sich  ergab.  UWP  wurde  als  Wheatstone'sche  Brücke 
geschaltet  und  B  =  1000,  10,  A  »  1006  gemacht  Den 
vierten  Seitenzweig  bildete  ein  blanker  Neusilberdrabt  im 
Benzol  von  etwas  mehr  als  10  S.-E.  mit  einem  Stöpseirheo- 
staten  im  Nebenschluss.  Mit  Hülle  dieses  letzteren  wurde 
der  Strom  in  dem  Galvanometer  der  Brücke  für  momentanen 
Schluss  zum  Verschwinden  gebracht;  wenn  nun  bei  längerem 
Stromschluss  eine  Ablenkung  eintrat,  so  konnte  diese  ledig- 
lich von  der  Erwärmung  von  10  C  herrühren.  Die  ent- 
sprechende Widerstandsänderung  Hess  sich  leicht  aus  der 
Ablenkung  (22,5  Scalentheile)  berechnen,  welche  bei  Ver- 
mehrung von  ^  um  1  S.-E.  erfolgte. 

Ich  erhielt  so  unter  Benutzung  von  1  Daniell: 

Stromschluss    Ablenkung  Aenderung  von  10  C 
10           unmerklich  — 
20           0,3  Scaleuth.  >  rju00 

40  0,5  1  44O00 

60  0,5       „  \iü00 

Für  ein  frisches  Chromsäureelement  (etwa  =  2  Daniell) 
war  in  40"  die  Widerstandsänderung  Vioooo»  woyon  m  2  Minu- 
ten 2/3  verschwanden,  ferner  nachdem  der  Strom  viermal  je 
5"  geschlossen  und  ebenso  lange  unterbrochen  gewesen  war, 
lj26OO0.  Nach  dem  Joule'schen  Gesetz  wäre  in  diesem  Falle, 
welcher  etwa  der  Sachlage  bei  den  Beobachtungen  entspricht, 
für  1  Daniell  Viooooo  zu  erwarten. 

Schon  im  Winter  1883/84  erkannte  ich  die  Nothwendig- 


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Bestimmung  ties  Ohm. 


41 


keit,  die  Temperaturcoöfficienten  der  einzelnen  Rollen, 
—  wenigstens  der  für  die  Beobachtungen  wesentlichen  —  zu 
bestimmen.  Zu  dem  Ende  wurde  der  zu  untersuchende 
Widerstandssatz  in  ein  anderes  Zimmer  gebracht,  welches 
mit  dem  Beobachtungssaal  durch  eine  Leitung  von  0,2  S.-E. 
Widerstand  verbunden  war,  und  mit  einem  zweiten,  im  Be- 
obachtungsraume  befindlichen  Widerstandssatz  zusammen  in 
den  vierten  Zweig  der  Brücke  geschaltet  Die  Temperatur 
des  Beobachtungsraumes  wurde  möglichst  constant  erhalten, 
wahrend  im  anderen  Zimmer  durch  Oeffnen  der  Fenster 
niedrige  Temperaturen,  durch  Heizen  hohe  hergestellt  wurden1), 
und  beidemal  immer  dieselbe  Rolle  des  einen  mit  der  ent- 
sprechenden des  anderen  Satzes  verglichen. 

Auf  die  Temperaturen  im  Inneren  der  Kasten  wurde 
grosse  Sorgfalt  verwendet  Wenn  das  eingeführte  Thermo- 
meter nahe  die  gewünschte  Temperatur  erreicht  hatte,  erhielt 
der  Kasten  ausser  der  gewöhnlichen  Umhüllung  (Pappkasten 
mit  Watte)  noch  eine  weitere  und  wurde  mit  Schirmen  all- 
seitig umstellt.  Besonders  bewahrte  es  sich,  die  Apparate 
in  eine  mit  trockenen  Sägespahnen  gefüllte  Kiste  zu  setzen 
und  oben  mehrfach  zuzudecken.  Mit  den  Messungen  der 
Widerstände  wurde  immer  erst  begonnen,  wenn  die  Tempe- 
ratur im  Inneren  mehrere  Stunden  nur  um  wenige  Zehntel- 
grade geschwankt  hatte.  Als  Beispiel  möge  der  Gang  der 
Temperatur  bei  einer  Beobachtung  von  U  W  P  angeführt 
werden: 

Zeit:      öh20  a.  m.        v»'  0         10h  10       12h  7'  p.  m. 
Temp.:    27,14°  26,87°        26,57°  26,40° 

Beobachtungen  12h30' -  lh  37  bei  26,46  bis  26,51. 

Zeit:      41'  0'  4h  30"  5h  0' 

Temp.:    26,77°  26,81°  26,86° 

Beobac  htungen  5tl  5'  bis  8h  0  bei  26,93  bis  27,04°. 

Ueber  meine  Bestimmungen  des  Widerstandes  der  Stöpsel 
habe  ich  schon  berichtet;  für  UWP  war  der  Mittelwert h 

1>  Im  letzteren  Falle  Hess  sich  eine  sehr  gute  Teuiperaturregulirung 
mit  Hülfe  der  Gasflammen  erreichen. 


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42 


E.  Dorn 


0,0315>)  S.-E.  (Extreme  0,0,05  — 0,0327),  für  #7^0,0^.  Den 
Widerstand  eines  der  Kupferdrähte,  welche  die  Verbindung 
der  Messingklötze  mit  den  Drahtrollen  vermitteln,  habe  ich 
seitdem  genauer  zu  0,0350  S.-E.  für  WKX  und  UWP  über- 
einstimmend erhalten.  Das  Verfahren  war  folgendes.  Seien 
z.  B.  die  Widerstände  der  Drahtrollen  1,  2,  2'  allein  bezeich- 
net mit  i0j,  wt,  w2',  die  der  zugehörigen  Stöpsel  mit  av  <r2,  <r2'T 
endlich  die  der  vier  in  Betracht  kommenden  Kupferdrähte 
a,  b.  c,  d,  so  führt  eine  Vergleichung  (nach  der  Methode 
des  übergreifenden  Nebenschlusses)  von  2  und  2'  mit  einem 
Hülfswiderstand  auf  eine  Gleichung  der  Form: 

ir.,  +  b  +  c  +  ax  +  fi2'=  w2'  +  c  +  (l  +  fr1  +  <r.,  +  e, 

während  man  ähnlich  mit  1+2  und  1  -f  2'  erhält: 

m'j  +  «*2  +  «  +  <*  +        tt'i  -r  w2'+  "  +  b  +  c  +  d  +  <r2  4- 
Durch  Vereinigung  beider  Gleichungen  kommt: 

2b  =  ?  - 

wo  «  und  gemessene  Grössen  sind.  In  dieser  Weise  habe 
ich  aus  jedem  der  Kästen  zwei  Drähte  untersucht. 

Zu  nachstehender  Zusammenstellung  der  Angaben  über 
UWP  ist  noch  zu  bemerken,  dass  die  Correctionen  g  für 
10"  gelten  und  die  Reduction  der  Neusilberdrahtrolle  allein 
auf  Vielfache  von  *  =  Vicooo  a^er  *n  A  enthaltenen  Rollen 
geben  (nach  Beobachtungen  vom  16.  und  17.  Dec.  1883).  Für 
eine  andere  Temperatur  t  ist  der  Widerstand  einer  Draht- 
rolle vom  Nominalwiderstande  N  zu  berechnen  nach: 

wt  =  m'10  -f  ß(t  —  10),  reap. 

ir,  =  ir10  +  U  -  10)  [ß-y(t +{())]. 

Von  den  aufgeführten  ßlN  und  yjN  sind  die  für  die 
kleineren  Widerstände  von  1  bis  500  S.-E.  nach  Beobach- 
tungen vom  20.  und  22.  Febr.  1884  bei  etwa  4,6  und  23,3° 
berechnet,  während  die  anderen  auf  Beobachtungen  vom 
1..  5.,  8.  März  1884  bei  etwa  4,0,  10,0,  26;8ft  beruhen. 

1;  E.  Dorn.  Wied.  Ann.  22.  p.  565.  1884.  Zeile  17  u.  18  v.  o. 
muss  es  heissen  0,0315;  O,o46 ;  0,0,18. 


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Bestimmung  des  Ohm. 


43 


UWP. 


t 

ß  * 



y  X 

■-  -. 

^-20ri, 

    . 

1 

1 

 ft  nfti £Q 

0  ft  3R4 

»> 
• 

 ft  fWK»m 

9 

—  0  001  SM 

K 

in 

« 

IV» 

-0.0069 

on 

j_ft  ftl  r,0 

50 

+  0,0242 

1  ftft 

J-ft  ft^T 
■  1»  ftoq 

ft  ft  H*»fi 

1  (  u  t 

i 

200 

+  0.021 

0,0.348 

500 

+  0|061 

0,0,348 

0,0S3»0 

1000 

-0,07 

0,0,695 

0,0^6 

1000 

-0,00 

2000 

-0,01» 

0,0,374 

0.0,693 

0,0,360 

5000 

-0,11 
+  0,046 

0,0,388 

0,0498;> 

0,0336> 

100  5 

0.0,352 

1000  if 

-0,13 
+  0,0037 

0.0,382 

0,0,613 

0,0,370 

10  c 

0,0,376 

100  C 

+  0,050 

0,0,353 
0.0,384 

1000  c 

-0,05 

0.0,908 

0.0336s> 

1  Stöpsel  <r  =  0,üa15:   2  Kupferdrähte  2A  «  0,0M0O. 


Der  thatsächlich  vorhandene  Widerstand  setzt  sich  zu- 
sammen aus  demjenigen  der  Drahtrollen,  der  durchlaufenen 
Kupferdrähte  und  der  steckenden  Stöpsel. 

Nach  dem  ursprünglichen  Plane  der  Berechnung  der 
Hauptbeobachtungen  wäre  eine  Kenntniss  der  Caliberfehler 
von  U  WP  für  diese  nicht  erforderlich  gewesen ,  und  daher 
habe  ich  auch  die  Feststellung  derselben  in  den  Jahren°1885 
und  1886  nicht  wiederholt.  Bei  der  schliesslich  durchgeführ- 
ten Berechnung  stellte  sich  dies  Bedürfniss  aber  heraus,  und 
ich  habe  daher  am  30/4.  und  1/5.  1887  eine  Vergleichung 
der  in  Betracht  kommenden  Widerstände  in  Halle  vorge- 
nommen, deren  Ergebniss  ich  mit  den  älteren  Beobachtungen 
zusammenstelle. 


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44 


E.  Dorn. 


10 
10 
20 

50 
100 
100 

200 
500 


i  ^Darmstadt)  (Halle) 


-0,0075 
—  0,0069 
+  0,0152 
+  0,0242 
+  0,047 
+  0,039 
+  0,021 
+  0,061 


-0,005.'. 
-0,0073 
+  0,0214 
+0,0236 
+  0,049 
+  0,033 
+  0,010 
+  0,068 


D-H 

-0,0020 
+  0,0004 
-0,0062 
+  0,0006 
-0,002 
+  0,006 
+  0,011 
-0,007 


In  Theilen 
;  des  Ganzen 

r 

-0,00020 
+  0,00004 
-0,00031 
+  0,00001 
-0,00002 
+  0,00006 
+  0,00005 
-0,00001 


Abgesehen  von  den  wenig  wesentlichen  Widerständen 
10  und  20  tibersteigen  die  Differenzen  kaum  Vsoooo»  und  dem 
entsprechend  erhielt  ich  unter  drei  der  Hauptbeobachtungen, 
welche  ich  auch  nach  der  neuen  CalibriruDg  berechnete,  das 
Endresultat  zweimal  um  1l2000n,  einmal  um  Visooo  grösser. 

Für  WKX  sind  die  Temperaturcoefficienten  aus  Beob- 
achtungen am  2/12.  und  3/12.  1883  bei  6,4°  und  16,7°  be- 
stimmt worden.  Die  CalibriruDg  wurde  sehr  häufig  wieder- 
holt; angegeben  sind  hier  die  Correctionen  auf  Vielfache  von 
^«Vio^io  De*  der  Temperatur  von  10°.  Die  Temperatur, 
bei  welcher  die  Calibrirung  ausgeführt  wurde,  ist  beigesetzt. 
Es  gelten  dieselben  Bezeichnungen  wie  oben. 


Dec.    18.  Juni  27.  Sept.  16.  Nov.  20.  Dec.  22.  Jan.  28.  Jan. 

1888        1885       1885   !    18*5       1885       1886       1886  ßjN 

10,0°       19,6»       15,3°       8,9°        8,5°        6,9°  9,1° 

10  •  -  -  -  -  -  -     ,  - 

10  -0,0046  -0,0054  -0,0048  -0,0046  -0,0046  -0,0055  -0,0057  0,0,389 

20  +0,0455  +0,0458!  +0,0425'  +  0,0441  +0,0449  +0,0441  +0,0448 

50  +  0,0805  +  0,0721  +0,0755  +  0,0779  +  0,0760  +  0,0698  +  0,0699: 

100  -0,035   -0,045   —0,042   -0,044    -0,045  -0,057   -0,057  0,0,407 

100  +  0,084    +  0,039   +  0,038   +0,027    +  0,024    +  0,011    +0,012  ' 

200  -  0,048  -  0,066  -  0,(61   -0,065   -  0,066  —0,088  -  0,087  , 

500  +  0,015  -  0,020  -0,010  [-0,015   -0,018  -0,078  -0,078  0,0,407 

1000  +  0,09     +  0,02     +  0,06    '+0,06     +0,06     -0,07     -0,07  0,0,410 

1000'  -0,34     -0,42     -0,39     —0,39     -0,39     -0,51     -0,53  ,0,0,432 

2000  -0,26     -0,38     -0,31     -0,HI     -0,31     -0,57     -0,58  0,0,411 

5000  +  3,14     +  2,90     +3,20     +3,35     +3,34     +2,66     +2,65  0,0,395 

1  Stöpsel  es  =  0,049,  2  Kupferdrähte  2k  =  0,00100. 


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Bestimmung  des  Ohm. 


45 


Da  ^«j-0,0,2  (Dec.  1883)  gefunden  wurde,  so  sind 
die  zu  Grunde  liegenden  Einheiten  in  dieser  und  der  vorigen 
Tabelle  fast  identisch. 

Uebrigen8  war  sl  =  0,9939  m/qmm  Hg  0°. 

Vielfache  Ausmessungen  einzelner  Theile  von  WKX  mit 
Hülfe  des  als  Wh  eats  tone 'sehe  Brücke  benutzten  UWP 
bei  verschiedenen  Temperaturen  bestätigten  die  Zuverlässig- 
keit der  Calibrirung  und  der  Temperatur coöfticienten. 

Nebenschlussdrähte.  Erster  Draht  wv 
Der  Temperaturcoefticient  wurde  vermittelt,  indem  der 
Widerstand  des  in  Benzol  tauchenden  Drahtes  für  Tempe- 
raturen von  4,0  bis  29,6°  mit  Hülfe  von  UWP  ausgemessen 
wurde.  Die  Aenderung  des  Widerstandes  für  1°  ergab  sich 
zu  0,00359  (gemessen  in  sx  =  Viorpio»  wo  lf?io  der  Widerstand 
der  DrahtrollelO  in  WKX).  Da  es  später  bei  den  Hauptbeob- 
achtungen auf  das  Verhältniss  von  wn  zu  den  Widerständen 
in  WKX  ankam,  wurde  xcn  mit  der  Rolle  10  von  WKX  durch 
Substitution  im  4 ten  Brückenzweige  von  U  W P  verglichen. 
In  sx  ausgedrückt  wurde  nach  Reduction  auf  die  Tempe- 
ratur 10°  erhalteu  wn  = 

10.  Febr.  1884  9,9634,       3.  Aug.  1885  9,9692,        10.  Nov.  1885  9.1)727. 
27.  Mai    1885  9,9659,       3.  Oct.    1885  9,9698,       16.  Nov.  1885  9,9740, 
13.  Juni  1885  9.9672,     24.  Oct.    1886  9,9691  (?),    19.  Nov.  1885  9,9740, 
1.  Aug.  1885  9,969t,       2.  Nov    1885  9,9715,       30.  Nov.  1885  9,9757. 

Zweiter  Drnht  u\.  Aenderung  lür  1°  (aus  Tempera- 
turen zwischen  T;3°  und  22,2°  abgeleitet)  0,00296.  Widerstand 
von  «V  fur  10°  ebenso  wie  oben  bestimmt: 

5.  Dec  1885  9,9965,  30.  Dec.  1885  9,9976,  13.  Jan.  1886  10,0000, 

8.  Dec.  1885  9,9967,  7.  Jan  1886  9,9989.  17.  Jan.  1886  10,0010, 

10.  Dec.  1885  9,9966,  10.  Jan.  1886  9,9994,  21.  Jan.  1886  10,0006, 

27.  Dec.  1885  9,9975,  11.  Jan.  1886  9,9999,  22.  Jan.  1886  10,0008. 

Der  für  die  Hauptbeobachtungen  geltende  Werth  von 
»rM  und  tcn'  wurde  durch  Interpolation  aus  obigen  Tabellen 
gewonnen. 

Uebrigens  war  der  auf  Quecksilber  bezogene  speeifische 
Widerstand  des  Benzols  >1.4.1013,  und  ich  habe  mich  über 
zeugt,  dass  der  Draht  in  Benzol  und  in  Lnft  den  gleichen 
Widerstand  zeigte. 


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E.  Dorn 


13.  Widerstände  in  m/qmra  Hg  (Oc).  Wie  später  noch 
ausführlich  auseinandergesetzt  werden  wird,  wurde  in  letzter 
Linie  der  Widerstandssatz  HTQ  benutzt,  um  bei  den  Haupt- 
beobachtungen den  Widerstand  des  Galvano meterkreises  in 
m/qmm  Hg  auszudrücken.  Die  beiden  Doseneinheiten  und 
die  Drähte  DI  und  DU  vermittelten  die  Beziehung  von  fVQl 
auf  (^uecksilberröhren. 

Diese  habe  ich  nicht  selbst  hergestellt,  vielmehr  hatte 
Hr.  Prof.  F.  Kohl  rausch  die  Güte,  im  April  1884,  sowie 
im  September  und  November  1885  die  Doseneinheit  Nr.  2674 
und  den  Draht  DI  (das  erste  mal  auch  DU)  durch  Hrn. 
Dr.  Strecker  und  Hrn.  Dr.  Kreichgauer  mit  den  in 
Würzburg  construirten  Normalquecksilberröhren  vergleichen 
zu  lassen. 

Die  zur  Reduction  der  Messungen  erforderlichen  Tem- 
peraturcoefficienten  mögen  zuerst  angegeben  werden. 

Von  der  Drahtrolle,  welcher  ich  später  das  Material  fur 
WQ,  DI  und  DU  entnahm,  wurde  ein  Stück  von  etwa 
5  S.-E.  abgeschnitten,  bitilar  aufgewickelt  und,  nachdem  die 
Enden  an  starke  Kupferdrähte  angelöthet  waren,  in  eine 
unten  zu  geschmolzene  Glasröhre  gesteckt.  Indem  ich  letz- 
tere in  Eis  und  Wasser  von  15,20°  und  30,07°  einsenkte  und 
den  Widerstand  mit  UWP  mass,  erhielt  ich  den  Temperatur- 
coefficienten1)  zwischen  0°  und  15,20°  0f03378,  zwischen  15,20° 
und  30°  0,03381,  im  Mittel  0,03379. 

Den  Temperaturcoefficienten  von  DI  und  DU  unter- 
suchte ich  aber  unter  Benutzung  der  Methode  des  übergrei- 
fenden Nebenschlusses3)  noch  besonders,  indem  der  eine 
Draht  (in  der  zugehörigen  Glasröhre)  in  einem  Wasserbade 
von  ungefähr  30  1  blieb,  während  der  andere  (aus  seiner 
Röhre  herausgenommen)  in  Benzol  tauchte,  dessen  Tempe- 
ratur von  5.7°  bis  23.8°,  resp.  von  8,5°  bis  24,2°  durch  meh- 
rere Zwischenstufen  erhöht  wurde. 

So  ergab  sich  der  Temperaturcoefficient  für  Dl  0,03377, 
für  DU  O;03380  in  guter  Uebereinstimmung  mit  dem  oben 

!    Die  Grösse  $  der  Formel  irt  =  tr0  (l  +  $t). 
2)  F.  Kohl  rausch,  Wied.  Ann.  20.  p.  76.  1883. 


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Bestimmung  des  Ohm. 


47 


für  das  gleiche  Material  erhaltenen  Werthe.  Die  Zunahme 
des  Widerstandes  in  m/qmm  Hg  für  1°  war  bei  Dl  0,033748, 
bei  Dil  0,033809;  übrigens  wurden  die  Beobachtungen  hier- 
durch bis  auf  Vi oo ooo  dargestellt. 

Nunmehr  Hess  sich  die  entsprechende  Messung  auch  für 
die  Doseneinheiten  ausführen.  Dieselben  wurden  (mit  über- 
greifendem Nebenschluss)  mit  dem  im  Wasserbade  befind- 
lichen DU  verglichen  und  die  Temperatur  des  Zimmers 
durch  Heizen  gesteigert  (13,6°  bis  24,8°).  Für  1°  wuchs  der 
Widerstand  von  Nr.  1195  um  0,033128,  von  Nr.  2674  um 
0,033822.  Auch  hier  stimmen  die  hiermit  berechneten  Werthe 
bis  auf  etwa  Viooooo  mit  den  Beobachtungen. 

Bezüglich  der  Zuverlässigkeit  der  Methode  des  über- 
greifenden Nebenschlusses  will  ich  noch  hinzufügen,  dass  ich 
sehr  häufig  das  Verhältniss  zweier  Widerstände  direct  und 
dann  durch  Vergieichung  mit  einem  dritten  ermittelte,  wobei 
die  Abweichung  im  Mittel  ebenfalls  Viooooo  betrug. 

Die  Art  der  Contactanlegung  an  die  Doseneinheiten 
bedarf  noch  einer  kurzen  Erörterung.  Bekanntlich  sind  die 
Enden  des  Neusilberdrahtes  an  kräftige,  vierkantige  Messing- 
stäbe angelöthet,  welche  an  einer  Seite  Klemmschrauben,  an 
der  anderen  amalgamirte  Kupferstifte  tragen.  Beim  über- 
greifenden Nebenschluss  sind  nun  zwei  Drähte  zur  Strom- 
zuleitung erforderlich,  zwei  andere  führen  zum  Galvanometer, 
und  gemessen  wird  der  Widerstand  zwischen  denjenigen 
Stellen,  an  welchen  sich  die  Leitung  zum  Galvanometer  ab- 
zweigt Es  sind  nun  drei  wesentlich  verschiedene  Schaltungen 
möglich,  welche  schematisch  (Fig.  11  I,  II,  III)  dargestellt 
sind.  Bei  I  misst  man  den  Widerstand  des  Drahtes  allein, 
bei  II  kommen  noch  die  Stücke  bc  b'c\  bei  III  ab  ab' 
hinzu.  Ich  selbst  bediente  mich  fast  ausschliesslich  der 
Schaltung  II;  da  aber  Hr.  Dr.  Strecker  und  Kreichgauer 
zum  Theil  nach  I  und  III  gemessen  haben,  musste  der  Unter- 
schied festgestellt  werden. 

Indem  ich  von  den  betreffenden  Stellen  einen  Zweig- 
strom nach  einem  empfindlichen  graduirten  Galvanometer 
ableitete,  fand  ich  (in  S.-E.)  bei  Nr.  2674: 


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48  E.  Dom. 

a  6  =  0,0,086,  h  c  ~  0,03066,  a  c  *  0.0,149,  (a  />  +  A  c  *  0,0,152). 
a  b  =  0,0^060 ,    A  c  *  0,0, 1 12,    a  r  =  0.0,171,    I  a  b' +  b  c  =  0,0,172). 

0,03146  "0.0,178 

andererseits  als  Differenz  einer  Vergleicbung  mit  DU  für 
die  Anordnungen  I  und  II  aui  7.  Dec  1885:  Ö,03173.  am 
25.  und  26.  Jan.  1880:  0,0,180,  mit  dem  obigen  bc  +  b'c  fast 
identisch. 

Vor  und  nach  der  Uebersendung  nach  Würzburg  wurden 
die  betreffenden  Stücke  mit  der  alten  Doseneinheit  Kr.  1195 
▼erglichen,  welche  in  Darmstadt  blieb.  Um  die  Ueberein- 
stimmung  der  Temperaturangaben  zu  sichern,  schickte  ich 
ein  in  Zehntelgrade  getheiltes  Thermometer  mit,  dessen 
Correctionen  ich  bestimmt  hatte. 

Als  Ergebnis8  seiner  im  April  1884  vorgenommenen 
Vntersuchung  theilte  Hr.  Dr.  Strecker  Folgendes  mit: 

1.  Doseneinheit  Nr.  2674  (für  ll^0)1)  verglichen  mit 
Normaleinheit 

Nr.  7:  0,9971  m  qmm  Hg  (0°). 
Nr.  26:  0,9971       „       „     „  ; 

2.  Nr.  2674:  (1 1,38°)  «  D  7(11,15°)  -  00020, 
Nr.  2674:  (11,41°)  «  Dll{\  1,27°)  -  0,0100; 

3.  Dl  und  Dil  verglichen  mit  Quecksilberrohr  Nr.  2: 

D  7(11,13°)  0,9992  m,  qmm  Hg  (0°), 
#7/(11.06°)  =  1.0072  m /qmm  Hg (0"). 

Mit  Benutzung  der  mitgetheilten  Temperaturcoefhcienten 
entstehen  hieraus  die  Gleichungen  für  10°: 

1.  Nr.  2674:  (10°)  =  0,99657  m/ qmm  Hg  (0°), 

2.  Nr.  2674:  (10°)  =  D  7(10°)  -  0,00210. 
Nr.  2674:  (10°)  =  D  7/(10°)  -  0,01005: 

3.  D  7(10°)  =  0.99878  m/qmm  Hg  (0°). 
D 77(10")  =  1. 00680 m/ qmm  Hg (0°). 

Durch  Combination  von  2.  und  3.  folgt: 

Nr.  2674:  (10°)  =  0,99669  m/qmm  HgfO*; 
Nr.  2674:  (10°)  =  0,99675  ra  qmm  Hg  (0°j 

und  im  Mittel  von  1.  und  dieseu  Werthen: 

Nr.  2674:  (10°)  =  0,99667  ±  6  m  qmm  Hg(Ü°;. 

n  Die  Temperaturen  siiui  bereits  c<>rrigirt. 


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Bestimmung  des  Ohm. 


49 


Da  aber  Hr.  Strecker  nach  der  Schaltung  III  mass,  so 
ist  zur  Reduction  auf  Schaltung  II  noch  hinzuzufügen  0,0432, 
sodass  endlich: 

Nr.  2674:  (10°)  0,99670  m  /qmm  Hß  (0°) . 

Ferner  war  von  mir  beobachtet: 

23.  März  1874:  Nr.  1195  1 10°)  =  Nr.  2674(10°)  +  0,001  825 
7.  Mai  +  0,001  79t» 

1.  Juni  +  0,001  803 

Mittel  +  0,001  8<W 
±  11 

Hieraus  geht  hervor,  dass  eine  die  Grenzen  der  Beob- 
achtungsfehler überschreitende  relative  Aenderung  der  beiden 
Doseneinheiten  nicht  erfolgt  war,  und  der  Widerstand  der 
Nr.  1195  (10°) :  0,99851  m  /qmm  Hg  (0°)  betrug. 

Hingegen  waren  DI  und  Dil  nicht  unverändert  ge- 
blieben, vielmehr  wurde  für  10°  erhalten: 

DI  —  Nr.  1195  Dil  -  Nr.  1195 
23.  März  1884          +  0,00001  +  0,00802 

7.  Mai  +  0,00023  +  0,00824 

l.  Juni  +  0,00035  +  0,00844. 

Im  Sept.  und  Nov.  1885  ist  dann  Nr.  2674  und  DI 
von  Hrn.  Dr.  Kreich gauer  sehr  sorgfältig  mit  dem  Normal- 
quecksilberrohr Nr.  2  verglichen  worden. 

Der  Widerstand  des  letzteren  bei  der  Temperatur  T 
des  Luftthermometers  wurde  berechnet  nach1): 

WT=<sTCL£  \L+a(ri  +r2)]. 

Hierin  bedeutet  <rr  den  specifischen  Widerstand  des 
Quecksilbers  für  T°,  C  eine  vom  Caliber  der  Röhre 
abhängige  Constante,  L  die  Röhrenlänge,  M  die  von  ihr 
gefasste  Quecksilbermasse,  D  die  Dichtigkeit  des  Queck- 
silbers, rl  und  r2  die  Radien  der  Endquerschnitte  (L,  M1  D, 
rv  r2  für  die  Temperatur  T  geltend),  a  =*  0,80  die  Ausbrei- 
tungsconstante. 

C bestimmte  Hr.  Kreichgauer  nach  den  Beobachtungen 
von  Hrn.  Strecker  vermittelst  der  Constanten  der  beiden 
besten  Röhren  3  und  5  zu  1.00716,  während  eine  zweimalige 

1)  K.  Strecker,  Wied.  Ann.  25.  p.  269.  1885. 
Ann.  <L  Phy».  u.  Chem.  N.  P.  XXXVI.  4 


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50 


E.  Dorn. 


Calibrirung  1,00714  lieferte.  Der  erstere  Werth  ist  weiter 
benutzt. 

Werden  noch  die  Dimensionen  durch  die  für  12°  gelten- 
den Werthe  ausgedrückt  und  Lvl  =  1,20675,  D12  =  13,5665 
eingeführt,  so  ergibt  sich: 

WT  =       10,9137  (1  -  0,05H  [T  -  12)), 

worin  für  die  erste  und  dritte  der  vorgenommenen  Rohr- 
füllungen der  Mittelwerth  Mv,  —  20.10575  g  der  gemessenen 
Werthe  20,1058  und  20,1057*  für  die  zweite,  wo  die  Ent- 
leerung des  Rohres  misslang,  der  Strecker'sche  Mittel werth 
20,1053  einzusetzen  ist. 

Muss  bei  Vergleichung  des  Quecksilberrohres  mit  einem 
Widerstande  y  dem  ersteren  ein  Nebenschluss  vom  Be- 
trage N  gegeben  werden,  so  ist: 


wT+y~~    1     nrT+ y 

Etwas  ausführlicher  will  ich  nur  die  wichtigsten  Ver- 
gleichungen,  die  von  Nr.  2ü74  im  Nov.  (3 — 13; ,  mittheilen. 

Nr.  2674. 


Beul. 


T         7i-  1  '  „   !  ^«rlO°     Für  10° 

i   /L  "T        ~\if~  1  V   Qu««k-       Für/0    !?on Kommen  ^ 

Luftth.  1         *r  T  +  .\    17,hwth_  ab  Draht  allein 


1  12,64    1,001  785    0,003  030    11,89    0,997  841    0,997  1 19  i  0,996  973 

2  11,56,1,000  810         31*3,11,31    0,997  612    0,997  111  I  0,996  965 

3  11,62,1,000  862         3277    11,20    0,997  5H0    0,997  121  ,  0,996  975 

4  11,75    1,001  011          3097    12,18    0,997  908    0,997  075  0,996  929 

5  11,79  1  1,001  046         8  295    11,73    0,997  744    0,997  083  0,996  987 

6  '  11,85    1,001  100         3  120    12,69    0,997  974,  0,996  94« 

7  U,8y    1,001  136         3  269    12.48    0,997  860  '       —  0,996  931 

8  12, 03    1,001  261         3  383    12,42    0,997  869  0,996  944 

9  11,56  1  1,000  832         3  423    11,24  ,0,997  404^        —  0.996  930 

10  11,24    1,000  533     .    3  117     11,18    0.997  41JT        —  0,996  962 

11  11,25    1,000542         3094    11,21    0,997  444         -  0,996  982 

12  11,19    1, 000  488         3  084    11,00    0.997  401  0.997  019 

13  ;  11,19    l,0uü488         3  107    11,03    0,997  378         —  0,996  984 

Unter  1  \{WT  +  N)  ist  der  Mittelwerth  für  die  vier  Com- 
mutator Stellungen l)  angegeben;  Beob.  1—3  ist  mit  Füllung  1 

1)  Vgl.  F.  Kohlrausch,  Wie«!.  Ann.  20.  p.  76.  1883. 


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Bestimmung  des  Ohm. 


51 


—  bereits  benutztes  Quecksilber,  —  ßeob.  4 — 9  mit  Füllung  2, 
Beob.  10 — 13  mit  Füllung  3  —  beidemal  frisch  destillirtes 
Quecksilber  —  angestellt.  Bei  1 — 5  wurde  von  den  Klem- 
men aus  (Schaltung  III)  6—13  der  Draht  allein  (Schaltung  I). 
Der  Widerstand  des  Drahtes  allein  folgt: 

aus    1  —3  0,996  97 1  ±  4   m  /  qmm  Hg  (0°) 

4-9  0,996 936  ±6       -  - 

10—13  0.996  987  ±8       v         v  „ 

Hauptmittel  0,996  965  ±  19  m/qmm  Hg  (0°) 

und  nach  Anbringung  der.  Reduction  auf  die  von  mir  be- 
nutzte Schaltung  II : 

Nr.  2674  (10°)  =  0,997148  m/qmm  Hg  (0°). 

Die  beiden  am  5.  bis  7.  September  mit  schon  benutztem 
Quecksilber  ausgeführten  Messungen  ergeben  auf  die  Schal- 
tung II  reducirt: 

Nr.  2674  [10°)  =  0  997  054  m/qmm  Hg  (0°), 

also  etwa  Vioooo  weniger. 

Für  DI(\0°)  lieferten  acht  mit  den  Füllungen  2  und  3 
der  Normalröhre  im  November  angestellte  Beobachtungen 
im  Mittel  1,0,20  m/qmm  Hg  (0°),  ferner  eine  directe  Ver- 
gleichung  am  13.  November: 

Dl  (11,13°)  -  Nr.  2674  (11,13°)  x  1,00323, 

woraus  mit  Benutzung  der  Temperaturcoefficieuten  folgt 
Schaltung  I): 

Nr.  2674  (10°)  =  0.996  965  m/qmm  Hg  (0°), 

zufällig  identisch  mit  dem  Mittelwerthe,  den  die  unmittelbare 
Beziehung  auf  die  Normalquecksilberröhre  ergeben  hatte. 

Jedenfalls  geht  aus  dem  Ganzen  die  grosse  Genauigkeit 
and  Zuverlässigkeit  der  Messungen  von  Hrn.  Dr.  Kreich- 
sjauer  hervor. 

Nun  hatte  ich  beobachtet: 


Nr.  1195  (10°j  -  Nr.  2674  (10°) 

6.  Juli  18S-,  0,001  52 

0,001  509  1  0Ü0M99 
0,001  489  |  U'ÜUI  4yJ 

4* 


21.  November  1885 

22.  November  1885 


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52 


E.  Dorn. 


Wird  für  die  Zeit  der  Würzburger  Beobachtungen  im 
November  1885  die  Differenz  0,001  500  angenommen,  so  folgt 
für  diese  Zeit: 

Nr.  1195  (10°)  -  0,998  643  ni/qnim  Hg  (0°). 

Dieser  Werth  weicht  von  dem  im  April  1884  erhaltenen 
(0,99851)  nur  um  etwa  Vaooo  aD>  kaum  mehr,  als  der  mögliche 
Fehler  der  Streck  er' sehen  Beobachtungen  beträgt. 

Da  nun  die  Hauptbeobachtungen,  welche  allein  die  Kennt  - 
niss  von  Widerständen  in  m  qmm  Hg  erfordern,  in  die  Zeit 
vom  31.  Mai  1885  bis  19.  Jan.  1S86  fallen,  so  sehe  ich  die 
alte  Doseneinheil  Nr.  1195  als  unverändert  an  und  berechne  die 
übrigen  Widerstände  unter  dieser  Voraussetzung.1) 

Um  das  Verhalten  der  anderen  Drähte  übersichtlich  zu 
zeigen,  stelle  ich  in  folgendem  Täfelchen  für  10°  die  zu 
verschiedenen  Zeiten  beobachtete  Differenz  der  beiden  Dosen- 
einheiten, sowie  die  Werthe  von  DI  und  DU  in  m/qmm  Hg 

1)  Die  Doseneinheit  Nr.  2674  ist  auch  im  Laboratorium  der 
Herren  Siemens  und  Halske  in  Berlin  untersucht  worden.  Dieselbe 
trägt  die  Aufschrift  „Richtig  bei  19,5°  C,  Februar  1884,  n  =  0,0,37". 
Als  Resultat  einer  am  11.  März  1886  vorgenommenen  Vergleichung  wurde 
angegeben:  „Nach  dorn  der  früheren  Messung  zu  Grunde  gelegten  Werth 
unserer  Nonnalwiderstände  i^t  jetzt  Dose  2rt74  richtig  bei  19,l°C.  «  =  0,0,37. 
Nach  dem  jetzigen  Werth  der  Normalen,  bei  welchem  der  Ausbreituug?.- 
widerstand  nach  Lord  Rayleigh  in  Rechnung  gezogen  ist,  ist  die  rich- 
tige Temperatur  19,7°  C." 

Berechne  ich  hieraus  unter  Benutzung  des  von  mir  erhaltenen  Tem 
peraturcoöfficienten  0,0,382  den  Widerstand  für  10°,  so  folgt  dieser  Febr. 
1884:  0,99637,  März  1886:  0,99652,  resp.  0,99629  „Siemens'sche  Einheiten" 
und  weiter  durch  Vergleichung  mit  den  eben  angegebenen  Resultaten  der 
Herren  Strecker  und  Kreichgauer: 

Febr.  1884.  1  „S.-E."  =  0.99670  0,99637  =  1,0,33  m/qmm  Hg  (Strecker) 
März  1886.  1  „S.-E."  =  0,99714/0,99652  ^  1,0,62      „      „  (Kreichgauen 
resp.    =  0,99714  0,99629  =  1,0385      »       »  »• 

Der  erste  Werth  stimmt  sehr  nahe  mit  der  Angabe  von  Hrn.  Strecker 
(Wied.  Aun.  25.  p.  485.  1885)  ,,1  S.-E.  (gegenwärtig  im  Gebrauch l 
=  1,0,27  m  qmm  Hg 0°  (Strecker  l";  die  beiden  anderen  finden  ihre  Er- 
klärung in  einer  Mittheilung  vou  Hrn.  Dr.  O.  Frölich  vom  23.  Sept 
1886,  wonach  sich  die  Normalrulle,  mit  welcher  die  Doseneinheiten 
bestimmt  werden,  seit  1884  bedeutend  geändert  hat  und  etwa  \i9„ 
höher  ist. 


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Bestimmun  ff  des  Ohm. 


53 


zusammen,  indem  ich  bei  letzteren  für  das  Jahr  1884  die 
Strecker'sche,  für  1885/1886  die  Kreichgauer'sche  Mes- 
sung zu  Grunde  lege. 


Datum 

Nr 

*  ~  • , 

m/qmm  Hg 

1  1  QS.        OCT  A 

DI 

DU 

23.  März  1884 

+  0,001  825 

0,99852 

1,0065  < 

7.  Mni 

0,001  799 

J  ,UUü  1 0 

1,00676 

8.  Mai 

0,99873 

31.  Mai 

_ 

0,99883 

1,00688 

1.  Juni 

0,001  803 

0,99886 

1,00694 

3.  Juni 

0,001  750 

1, Of '691 

19.  Juni 

0,001  777 

1,00704 

4.  Juli 

1885 

0,001  55 

0,99998 

1,00811 

6.  Juli 

0,001  52 

1,00811 

").—  7.  Sept. 

1,00008 

?  Nov. 

1,00020 

21.  Xov. 

0,001  509 

1.00025 

1,00841 

22.  Nov. 

0,001  489 
0,001  499 

7.  Dec. 

1,00024 

1,00839 

'25.— 26.  Jan. 

1886 

0,00t  510 
0,001  510 

1 ,00024 

14.— 15.  März 

1,00027 

Eigentümlich  ist  es,  dass  trotz  des  grossen  absoluten 
Werthes  der  Aenderungen  von  DI  und  DU  (0,00175  und 
0,00182)  dieselben  fast  parallel  verlaufen,  sodass  die  Differenz 
Dil -DI,  welche  am  23.  März  1884  0,00805  betrug,  am 
«.  December  1885  0,00815  geworden  ist.  Allerdings  waren 
beide  Drähte  derselben  Rolle  entnommen. 

Um  den  Widerstand  der  einzelnen  Rollen  von  fVQ  in 
m  qmm  Hg  zu  erhalten,  wurden  dieselben  nach  der  Methode 
des  übergreifenden  Nebenschlusses  auf  die  Doseneinheit 
Xr.  1*95  bezogen.  Hierbei  wurde  ein  Substitutionsverfahren 
in  der  Weise  angewendet,  dass  die  Dose  wie  die  Stücke  von 
fVQ  mit  DI  oder  DU  verglichen  wurden. 

Den  Temperaturcoefficienten  setze  ich  gleich  dem  Mittel 
der  für  drei  Stücke  aus  derselben  Drahtrolle  gefundenen 
Werthe: 

Stück  von  5  S.-E.  0,038794 
DI  0,0,3767 
DU  0,0,3798 

Mittel  0jÖ93786 
±13 

Nachstehende  Zusammenstellung  enthält  für  10°  den 
Widerstand  der  einzelnen  Rollen  von  fVQ  in  m/qmm  Hg, 


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54 


E.  Dom. 


und  zwar  gemessen  zwischen  den  Quecksilbernäpfen  in  den- 
jenigen Kupferblöcken,  mit  welchen  die  betreffende  Rolle 
verbunden  war.  Unter  A  ist  die  Differenz  gegen  den  zehn- 
ten Theil  der  Summe  der  Widerstande  angegeben. 


24,'2?8847iFCb*j  20-  jM,i  1884 
m/qmmHg     J    i  m/qmmHg 


0.5,  +0,5,  I  0,98974  -  250 


lu 


Ii 
1, 
1» 
1< 

h 

's 


0,99263 
0,98928 
0.99286 
0,99244 
0,99648 
0,99253 
0,99199  j  - 
0,99206  1  — 
0,99239  + 
0,99224 


+  39 
-296 
+  62 
+  20 
+  424 


29 
25 
18 
15 


0,99080  —248 
0,99361  +  33 
0.99028  -300 
0,99391  +  63 
0,99345 
0,99749 
0,99359 
0,99303 
0,99816  j 
0,99347 
0,99328 


+  17 
+  421 
+  31 

-  25 

-  12 
19 


+ 


*  Messung  mit  Benutzung  von 
Brücke. 


UWP 


I. 

als 


5.  Juni 
1885* 


0,99424 
0,99098 
0,99471 


W  heat  s  tone 'sehr 


4.  u.  6.  Juli     21.  u.  22.  Nov. 


1885 
mqmm  Hg 


1885 
m/qmm  Hg 


0,5, +0,5,    0,99147  -24« 
0,99427  +  34 


J 


7 


0.99097  1—296 
0,99456  !  + 


0,99408 
0.99814 
0,99424 


63 
+  15 
+  421 
+  31 


0.9936(5  -  27 


0,99380 
0,99411 
0,99393 


0,99174  -247 
0,99446  +  "J6 
0,991221-299 
0,994*5  j+  64 
0,99438,+  17 
0,99844  !+423 
0,99458  +  38 
0,99395  -  26 
0,99409  -  12 
0,99437  +  16 
0,99421  ' 


Dec.  1885 
mqmmHg  J 


0,99171  -249 
0,99453  +  33 
0.99121  -299 
0,99484  +  65 
0,99438  +  19 
0,99841  +421 
0,99453  +  33 
0,99392  --  27 
-  12 
+  15 


27.  Jan.  188ti 

mqmm  Hg  J 

—      ~'~  1 —  " 
0,99171  -250 

0,99453  +  32 

0.99121  -30o 

0,99484  +  63 

0,99438  +  17 

0,99843  +42*-' 

0,99457  +  36 

0,99395  -  26 


10 
15 


0,99411 
0,99436 
0,99421 

den  Sommer 


-  13  0,99409  -  12  0,99407 
+  18    0,99437  +  16  0.99435 

0,99420  | 

Zur  weiteren  Rechnung  verwendet  sind  für 
die  Werthe  vom  4.  und  6.  Juli  1885,  für  den  Herbst  und 
Winter  das  Mittel  der  Werthe  vom  November,  December 
und  Januar. 

Schliesslich  wird  derjenige  Widerstand  gebraucht,  wel- 
cher durch  Herausheben  eines  Bügels  hinzugefügt  wird. 
Indem  ich  neben  den  beiden  Enden  eines  Bügels  amalga- 
mate Drähte  in  die  Quecksilbernäpfe  tauchte  und  mit  einem 
graduirten  Galvanometer  verband,  erhielt  ich  den  Wider- 
stand eines  Bügels  0.0,28  S.-E. 


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Bestimmung  des  Ohm. 


55 


Ich  vereinige  noch  die  durch  Herausnehmen  der  ein- 
zelnen Bügel  in  den  Stromkreis  eingeschalteten  Widerstände 
für  10°  und  ihre  Aenderung  für  1°  Temperaturerhöhung. 


0.5,  +  0,5, 

I 


Sommer 
m  qmm  Hg 

0,99141 
0,99424 
0,99094 
0,99453 
0,99405 
0,99811 
0.99421 
0,99363 
0,99377 
0,9940? 


Herbst  u.  Winter 
m,'i|mm  Hg 


j  r. 


I 


0,99 1 67 
0,99448 
0,99118 
0,99482 
0,99435 
0,99840 
0,99453 
0,99391 
0,99406 
0,99433 


I 


0,000 


374  0 

375  1 

373  9 
875  2 

375  1 

376  4 
375  1 

374  9 

375  0 
375  0 


Eine  Vergleichung  der  zu  verschiedenen  Zeiten  erhalte- 
nen Werthe  von  ljl0  2  zeigt,  dass  im  Mittel  der  Widerstand 
einer  Rolle  von  etwa  1  S.-E.  zugenommen  hat  um  0,00197, 
also  etwa  um  ebensoviel  wie  DI  und  Dil.  Dagegen  sind 
die  relativen  Werthe  bis  auf  wenige  Hunderttausendtheile 
unverändert  geblieben,  wie  aus  einem  Blick  auf  die  Columne 
J  sofort  hervorgeht. 

14.  Galvanometer.  Um  den  für  einige  unbedeutende 
Reductionen  erforderlichen  Temperaturcoefficienten  des 
Widerstandes  zu  erhalten,  wurde  das  Galvanometer  in  einem 
Nebenzimmer  aufgestellt,  dessen  Temperatur  durch  Heizen 
verändert  wurde,  und  der  Widerstand  mit  Hülfe  des  im  Be- 
obachtungssaal befindlichen  UWP  gemessen.  Als  Temperatur 
des  Galvanometerdrahtes  wurde  diejenige  genommen,  welche 
ein  in  die  oben  erwähnte  Drahtrolle  (vgl.  p.  31)  unter  dem 
Galvanometergehäuse  eingeführtes,  in  Zehntelgrade  getheiltes 
Thermometer  zeigte,  und  mit  den  Messungen  erst  begonnen, 
wenn  dasselbe  mehrere  Stunden  nur  geringe  Schwankungen 
gezeigt  hatte. 

Es  ergab  sich  so: 


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56  E.  Dorn, 

Widerstand  m/qram  Hg. 


Zeit  t 

12.  April  1885    6h  —  p.m.  10,42 

13.  -       m      9  —  a.m.  9,81 

10  12  p.  ni.  19,30*) 

14.  m       »     12  50  p.  m.  15,71 

>  36  p.m.  16,09 


beob. 

ber. 

!  

Diff. 

3,5843 

3,5851 

-0,0008 

3,5762 

3,5763 

-0,0001 

3,7114 

3,7122 

-0,0008 

3,6628 

3,6608 

+  0,0020 

3,6668 

3,6663 

-r- 0,0005 

±0,0008 

•)  Temperaturen  vorher:  3h 45' :  19,16°;  6"  15  :  19,27°;  7h  15  :  19,38°; 
8"  0  :  151,38°;  8h30"  :  19,34°. 

Die  berechneten  Widerstände  sind  erhalten  nach: 

W%  =  3,4359  +  0  014  317  t  =  3.4359  (1  +  0.004  167  /), 

da  zur  Aufstellung  einer  quadratischen  Formel  die  Beob- 
achtungen nicht  ausreichten.1) 

Die  Bestimmung  des  Coöfficienten  der  Selbstinduc- 
tion  habe  ich  zweimal  nach  derselben  Methode,  aber  mit 
ganz  verschiedenen  Hülfsmitteln  ausgeführt. 

Zunächst  wurde  ein  Ablenkungsversuch  nach  der  Fig.  12 
dargestellten  Schaltung  angestellt.  T  bedeutet  eine  Tan- 
gentenbussole, G  ein  Htilfsgalvanometer,  JTn  einen  Neben- 
schlussdraht. 

Ist  A  der  Reductionsfactor  der  Tangentenbussole,  0, 
ihre  Ablenkung,  C  und  <px  dieselben  Grössen  für  das  Hülfs- 
galvanometer,  so  ist: 


Für  den  Inductionsversuch  wurde  das  Schema  der 
Wheatstone'schen  Brücke  (Fig.  13)  in  der  Weise  benutzt, 
dass  das  Hauptgalvanometer  in  einem  Seitenzweige  rr,  sich 
befand,  während  die  drei  anderen  Seitenzweige  wv  wv  w4  von 
Selbstinduction  merklich  frei  waren.  Der  eine  Diagonalzweig 

1 1  An  einer  späteren  Stelle  (vgl.  >?  27)  sind  die  gelegentlich  der 
Hauptbeobachtungen  erhaltenen  Widerstände  von  Galvanometer  +  Zulei- 
tung als  Function  der  Temperatur  durch  eine  quadratische  Formel  dar- 
gestellt worden.  Berechnet  man  aus  derselben  IJ'I0  und  7F20  und  hier- 
aus wieder  eine  lineare  Formel,  so  findet  man  den  TeniperaturcoeTfieien- 
ten  0,004  202  mit  dem  obigen  (0,004  167 1  bis  auf  weniger  als  1  Proc. 
übereinstimmend. 


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Bestimmung  des  Ohm.  57 

«rc  enthielt  das  Hülfsgalvanometer,  der  andere  W0  die  Bat- 
terie, die  Tangentenbussole  und  einen  Unterbrecher.  Uebri- 
gens  war  die  Batterie  wie  die  Tangentenbussole  mit  einem 
besonderen  Commutator  versehen. 

Sind  die  Seitenzweige  so  abgeglichen,  dass  w0  stromlos 
ist,  so  läuft  durch  das  Hauptgalvanometer  der  Strom: 

f27}  ;-  _  JoiVi+v*)      =    A  tg0.1(u>s  +  >r4) 

1       »r,  -f  tc,  +  trs  +  »r4       ir,  +  tr  ,  +  trs  +  ir4  ' 

wo  4>*  die  Ablenkung  der  Tangentenbussole  ist. 

Durch  Unterbrechung  von  J0  tritt  infolge  der  Selbst- 
induction  in  wl  eine  electromotorische  Kraft  Hi^  auf,  und 
darch  das  Hülfsgalvanometer  geht  die  Electricitätsmenge: 


(28) 


27 1,  (fc4  +  tc4l 


0       (ic,  +  cr,)(fra  +  irj  +  tr0itr,  +  «•_.  +  tr,  +•  tr4) 

Erzeugt  dieselbe  den  ersten  Ausschlag  <f  2  und  bezeich- 
nen Ty  x,  k  Schwingungsdauer,  log.  Decr.  und  Dämpfungs- 
verhältniss,  so  ist: 

(29)  V^-qp.A" 

Aus  den  Gleichungen  (26)  bis  (29)  folgt: 

•J(\   //-  I  V*  tg  01      Wn  iU>l+U>*+U'*+V>*)  >'l  +  tfs)  (fr--  +  «•«)  +  "'O  K  +  f0*  +        +  «Ol 

*  V,  tg  <J>,  "  ( 'IF;  +  1^)1-»,"+  ir4)(ira  +  tr;)"" 

■rctg 

und  zwar  in  m/qmm  Hg  x  sec.  ausgedrückt,  wenn  die  Wider- 
stände in  Quecksilbereinheiten  gegeben  sind.  Uebrigens  kann 
9ii<Pi  ^urcn  das  Verhältniss  Mj/hj  der  den  Bogen  proportional 
gemachten  Scalentheile,  und  tg  «J^/tg  <J>2  durch  iVj/iV2  ersetzt 
werden,  wenn  diese  auf  Tangenten  reducirt  sind. 

Bei  der  ersten  in  Darmstadt  am  31.  August  und  5.  Sep- 
tember 1884  ausgeführten  Versuchsreihe  war  der  Magnet  aus 
dem  Hauptgalvanometer  entfernt1),  die  Seitenzweige  t<?2  und 
«f4  waren  Theile  eines  ausgespannten  Platindrahtes,  tr3  ent- 
hielt den  Stöpselrheostaten  WKX  oder  WK%%  und  das  Hülfs- 
galvanometer war  ein  zu  einem  Erdinductor  gehöriges  In- 
strument von  Meyerstein  mit  astatischem  Magnetpaar. 

1)  Vgl.  hierzu  p.  2-%  Arnn. 


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58 


E.  Dom. 


Nachstehende  Zusammenstellung  enthält  die  Resultate. 
31.  August  1884.  5.  September  1884. 

5 


4,0012 

4991,3 
I  73,52 
221,9 


-Y«  6,645.10-5 


6985,7 
129,57 
278,7 

6,662.10-5 


4991,3 
74,19 

223,0 


1,0011 

S979.6 
129.91 
215,05 


«985,9 
130,69 
27^,50 


I 


Mittel  6,660 .  10  <• 

tc,  =  3,7150;  «?,  =  1,4628; 
w8  =  3,0452;  fr4  =  1,1991 ; 
y=  26.903. 


6,672.10-5    6,734.10-5     6.724. 10-* 

6,729.  10-5 

tr,  =3,7098;  tc„  =  1,3271  : 
jru  =  3,7440:  tcA  =  1.3394: 
7'=  26,775. 


Xfbriqn, 
II 


0,8137  1,8150  0,8122 

515,0  397,0  596,85 

66.0«.»  66,18  64,99 

0.431*9  0,3647  0,2463 

0,1427  0,1421  0,1420 

Mittel  //  -  0,1424 

Hauptmittel  7/2)=  0,1421  m  qmm  Hg  x  sec 


i  2,8020 
382,45 
«5,14 
0,143* 
0,1415 

0,141  h 


Um  die  Möglichkeit  eines  groben  Irrthums  auszu- 
schliessen,  verglich  ich  noch  den  Selbstinductionscoöfficienten 
des  Hauptgalvanometers  mit  dem  von  Hrn.  Sivert  Ras- 
müssen  bestimmten  Inductionscoefficienten  eines  kleinen 
Inductionsapparates  und  erhielt  so  0,141  m/qmmHg.  x  sec. 

Die  Messungen  in  Halle  (Sept.  1887)  wurden  theils  ohne, 
theiis  mit  dem  festgelegten  Magnet  des  Hauptgalvanometers 
ausgeführt.  Hier  waren  die  Seitenzweige  w.,}  m?s,  tc,  mit 
Hülfe  eines  Universalwiderstandes  hergestellt;  zur  Abgleichung 
diente  ein  im  Nebenschluss  von  v3  befindlicher  Stöpselrheostat. 
Als  Hülfsgalvanometer  wurde  ein  Wied e man n'sches  Gal- 
vanometer mit  beschwertem  Magnet  benutzt.8) 


1)  Mittel  aus  vier  Wcrthen  für  die  vier  möglichen  Stellungen  der 
Commutatoren. 

2)  Hier  fehlt  noch  die  Rückwirkung  des  Galvanometermagnets. 

3)  Bei  dieser  Gelegenheit  wendete*  ich  ein  Hülfsmittel  an,  welches 
die  Messungen,  deren  Schwierigkeit  bekanntlich  in  der  langsamen  Be- 
ruhigung des  Hülfsgalvanometers  liegt,  ausserordentlich  erleichterte.  Ein 
zweites  Hülfsgalvanometer  mit  rasch  schwingendem,  stark  gedämpftem 
Magnet  wurde  so  aufgestellt,  das«  es  durch  Umlegen  eines  Umschalters 
statt  des  ersten  in  den   Brückenzweig  eingeschaltet  werden  konnte. 


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Bestimmung  des  Ohm. 


59 


Es  wurde  erhalten  ohne  den  Magnet: 

15.  September  18S7  0,1421. 

17.  September  1B87  0,1425  und  0.1422.  Mittel  0,142X 
Hauptmittel  0,1422  in  qmm  Hg  x  .see. 

Vergleichende  Beobachtungen  mit  und  ohne  Magnet  am 
16..  17.,  18.  September  1887  ergaben  für  die  durch  Anwesen- 
heit des  Magnets  bedingte  Differenz  0.00240.  0,00259,  0,00295 
im  Mittel  0,00265.1)  Diese  Grösse  zu  0,14215,  dem  Mittel 
der  in  Darmstadt  und  Halle  ohne  Magnet  gefundenen  "Werthe, 
addirt  liefert  endlich  den  Coefficient™  der  Selbstindnctiun  ein- 
schliesslich der  Rückwirkung  des  Magnets: 

11  =  0  1448  m  qmm  Hg  x  sec.  =  L363. 10*  mm. 

Die  Aenderung  der  Galvanometerfunction  habe 
ich  zunächst  durch  Beobachtung  der  Dämpfung  für  verschie- 
dene Winkel  zwischen  der  Ruhelage  des  Magnets  und  der 
Windungsebene  des  Multiplicators  bestimmt. 

Die  oben  p.  32  beschriebene  Einrichtung  des  Stativs  für 
das  Galvanometer  erlaubte,  den  Multiplicator  gegen  den  von 
der  Zimmerdecke  herabhängenden  Magnet  um  beliebige  Win- 
kel zu  drehen. 

Auf  das  Gehäuse  war  ein  Spiegel  geklebt,  welcher  mit 
Fernrohr  und  Scala  (Doppelmillimeter)  beobachtet  wurde. 

Das  log.  Decr.  wurde  nach  der  Zurückwerfungsmethode 
mit  Hülfe  eines  Magnetinductors  ermittelt;  die  Schwingungs- 
dauer wurde  für  jeden  Satz  aus  dem  Stand  des  Intensitäts- 
variometers und  der  Temperatur  des  Magnets  unter  Zugrunde- 
legung eines  Normalwerthes  berechnet,  was  hier  einer  directen 
Beobachtung  weit  vorzuziehen  ist.  Der  Scalenabstand  des 
Galvanometerspiegels  betrug  3021  Scalentheile. 

Da  die  Galvanometerfunction  mit  der  in  meiner  früheren 
Arbeit  eingeführten  Grösse  q  durch  die  Beziehung  q=GM 

Die  Abgleichung  der  Widerstände  wurde  mit  Benutzung  des  zweiten 
Galvanometers  ausgeführt,  der  Umschalter  umgelegt  und  sofort  der 
ctammstrom  unterbrochen. 

1)  Wie  schon  Wied.  Ann.  Sö.  p.  191  augegeben,  berechnet  man 
diese  Grosse  aus  der  Galvanometerfunction  und  dem  Coefficienten  der 
Qaermagnetisirung  zu  a*G  =  0,00295  .  m  qmm  Hg. 


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60 


E.  Dorn, 


zusammenhängt,  so  kann  die  dort  unter  (15)  angeführte  For- 
mel1) geschrieben  werden: 

(3D   F(x) = 2*;  c«  w = .;,  \x  | £>  -  4 

(wo  %  den  Winkel  zwischen  der  Windungsebene  des  Multip- 
licators  und   der  Axe  des  Magnets  bedeutet),   und  mit 
Vernachlässigung  höherer  Potenzen  gesetzt  werden: 
(32)      F{X)  =  ^oU  -  SV),       Oix)  =  C0(l  -  lk£x% 

Dem  mittleren  Sealentheil  der  Doppelmillimeterscala 
entspreche  der  Winkel  /  =  d,  und  f/  werde  von  dieser  Lage 
aus  gezählt. 

Für  <jp  =  qp,,  (p2,  (fs  seien  die  Grössen  A,  A0,  T0  ermittelt 
und  die  zugehörigen  Werthe  Fiy  F2,  Fs  von  F  aus  (31)  be- 
rechnet, so  folgt  aus  den  Gleichungen: 

Fi  =  ^Oy  i  + =  ^H-  f '  ('fi  +  *)SJ. 

33)  fs  =  F[<pt  +  <y)  =  F0[\-  f  >s  +  <?)2] , 

/:{  =         +  ö)  =  /;,[!  —  £'  (<p:,  +  <?)*]  zunächst: 


(34) 
(35) 


2  <  A'  — 


-  ivj  \<f3  -  ifx)  -  (Fl  -         [<f2  -  7i)  ' 

(F,  -  /'J  (?,,  -  q,)  _-  [Fx  -  Ft)  (if,  -  Vl)  ^ 

CVi  —  V,)  («rs  -  Vi)  (</3  -  73 1 

Indem  man  mit  (35)  in  eine  der  Gleichungen  (33)  hinein- 
geht, erhält  man  F0  und  damit  endlich  aus  (35) 
Es  wurde  nun  beobachtet  (25.  Mai  1885): 


Ablesung 
Doppelmillim. 
Gr.  Bogen  .  . 
Kl.  Bogen  .  . 

/^br1(fgi  .... 

1.  2. 

3.      |  4. 

5.      j  6. 

245,3  372,8 
190,48  188,18 

93,42     l  93,86 
0,30941  0,30209 

12  0323  12,0324 

124,1 
188,53 

93,74 
0,30346 

12,0323 

124,1 
188,54 

93,64 
0,30394 

12,0328 

373.6  243,7 

188.07  190,14 
93,79  93,31 

0,30216  0,30914 
12,0317  12,0310 

7.    •  s. 

9. 

10. 

11. 

Ablesung 

Doppelmilfim.  489,2       I    7,4           7,4        483,4  |239,1 

<ir.  Bogen  .  .  182,96     ,183,12     Ü83,17      183,00  190,05 

Kl.  Bogen  .  .  94,64       94,53       94,53       94,74     ,  93,18 

kbrigg)    ....  0,28629    0,28717     0,28728    0,28592  0,30955' 

T0   12,0307     12,0299  i  12,0295     12,0292     12,0287  | 

  _  V'brin)  ~  °.00146 

1)  E.  Dorn,  Wied.  Ann.  17.  p.  779  1882. 


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Bestimmung  des  Ohm.  61 

Hieraus  wurden  für  die  weitere  Rechnung  Mittelwerthe 
gebildet  und  zur  Berechnung  der  cp  und  F  verwerthet: 


Ablesung  in  mm 


1.  6. 

489,0 
—  11,0 
Vl  = -0,190° 
0,309  28 
12,031  7 
0,057  446 


I. 

2.  5. 

746,4 
+  246,4 
9>3= +4,187° 
0,802  13 
12,032  1 
0,056  171 
—  F.. 


8.  4. 

248,2 
-251,8 
<r,=  -4,314° 
0,303  70 
12,032  3 
0,05«  452 

=  F> 


6.  11. 


II. 

7.  10. 


Ablesung  in  mm 

i  (Mm 


482,8 
-17,2 
<r,  =0,296° 
0,309  35 
12,029  9 
0,057  465 
=  F, 


972,6 
+  472,6 
<f,  =  7,85«° 
0,286  11 
12,030  0 
0,053  316 


8.  y. 

14,8 
-485,2 
<r,=  — 8,170° 
0,287  23 
12,029  7 
0,053  519 
=  F, 


1)  Ablenkung  vom  mittleren  Scalentheil  aus. 

2)  Der  aufgeklebte  Spiegel  hatte  zur  Drehungsaxe  eine  seitliche 
Lage,  und  die  in  Rechnung  zu  setzenden  Scalenabstände  waren  der 
ßeihe  nach  1667,0;  1673.8;  1660,1;  1666,5;  1679,8;  1653,9. 

Hieraus  folgt  schliesslich: 

I.  8  =  0,328°  =  9,53  Doppelmillimeter  |'=  3,578, 
IL  d  =  0,258°  =  7,49        „        „  £«3,601, 

wo  die  Werthe  von  £'  bereits  so  umgerechnet  sind,  wie  eine 
Angabe  der  Winkel  in  absolutem  Maasse  es  erfordert. 

Der  Mittelwerth  der  d  ist  8,5  Doppelmillimeter; 
demnach  war,  um  die  Windungsebene  mit  der  Vertical  - 
ebene  durch  die  Magnetaxe  zusammenfallen  zu  lassen,  auf 
250  —  8,5  =  241,5  einzustellen.  Thatsächlich  erreicht  wurde 
241,8  (26.  Mai  1885). 

Wird  der  ersten  Serie  das  doppelte  Gewicht  beigelegt, 
weil  die  bei  der  zweiten  benutzten  Winkel  schon  viel  grösser 
sind,  als  die  bei  den  eigentlichen  Beobachtungen  vorkommen- 
den, so  wird:  |'=  3,580. 


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62 


E.  Dorn. 


Die  angeführten  Beobachtungen  können  noch  in  einer 
anderen  Art  zur  Berechnung  von  8  und  £'  benutzt  werden. 
Nach  bekannten  Formeln l)  kann  man  nämlich  aus  der 
Schwingungsdauer,  dem  grossen  und  dem  kleinen  Bogen  die 
Winkelgeschwindigkeit  ableiten,  welche  ein  Inductionsstoss 
dem  Magnet  ertheilt.  Die  so  erhaltenen  Winkelgeschwindig- 
keiten aber  sind  der  Galvanometerfunction  proportional,  also 
auch  mit:  1  —  1 -f-  <?)2,  sodass  eine  ganz  ähnliche  Be- 
handlung wie  oben  möglich  ist. 

Ich  gebe  nur  die  (auf  Scalentheile  bezogenen)  Winkel- 
geschwindigkeiten und  die  Werthe  von  Ö  und 

I.  .  II. 

1.  41,87«;  2.  41,392  3.  41,4«4  6.  41,807  7.  40,313  8.  40,347 
6.  41,807     5.  41,370     4.  41,464     11.  41,794     10.  40,329     9.  40,359 

Mittel  41,S4l  |       41,3*1  [      41,4fI4  41,801  j        40,321  |  40,353 

i)  =  0,275°,    £  =  3,627.  =  0,201 »        =  3,582. 

Die  Uebereinstimmung  ist  befriedigend. 

Der  zur  Reduction  des  „statischen  Emptindlichkeitscoef- 
ticienten"/?  auf  unendlich  kleine  Amplituden  (vgl.  Formel (22)) 
gebrauchte  Factor  //  folgt  aus  £'  und  dem  Torsionsverhält- 
niss  &  nach8): 

Da  nun  für  die  Hauptbeobachtungen  im  Sommer  und 
im  Herbst  6/=0,00581,  im  Winter  0,00167,  so  wird  >/=  1,027 
in  beiden  Fällen. 

Die  Grösse  >/  kann  unmittelbar  erhalten  werden  aus 
Ablenkungsbeobachtungen,  indem  ein  durch  eine  Tangenten- 
bussole gemessener  Strom  zwischen  dem  Galvanometer  und 
einem  Nebenschlusswiderstande  verzweigt  wird.  Ohne  auf 
Einzelheiten  einzugehen,  will  ich  nur  anführen,  dass  zwei 

1)  Ist  a  und  h  der  grosse  und  kleine  bei  der  Zurückwerfungsmethode 
erhaltene  Bogen,  so  ist  die  Winkelgeschwindigkeit: 

d  <(         •*»     «s  +  *"  k  "  -  » 
dt       2T0  \ab 

21  E  Dorn,  Wied.  Ann.  17.  p.  780.  1882. 


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Bestimmung  des  Ohm.  63 

Beobachtungsreihen  am  27.  Mai  1885  auf  i/  =  1,594  und 
1,610  führten,  und  ähnliche  Werthe  aus  den  gelegentlich  der 
Hauptbeobachtungen  gewonnenen  Daten  abgeleitet  wurden 
z.  B.  21.  Juni  1885:  r/  =  1,622;  28.  Juni  1885:  ?/«=  1,666. 

Endlich  habe  ich  noch  nach  Beendigung  der  Haupt« 
beobachtungen  eine  Bestimmung  von  £'  nach  der  Methode 
von  Hrn.  F.  Kohlrausch1)  vorgenommen.  Eine  Beobach- 
tungsreihe vom  9.  März  18ö6,  bei  welcher  der  Multiplicator 
um  +  4.687  und  -  4,623°  gedreht  wurde,  ergab  |'  =  3,651, 
woraus  rf  =»  1,659.  Indessen  halte  ich  die  zuerst  angestellten 
Beobachtungen  für  die  sichersten  und  behalte  daher  die 
Werthe        3,586,  »/»  1,627  bei.2) 

Für  den  Coöfticienten zur  Reduction  der  lüg.  Decr. 
auf  unendlich  kleine  Amplituden  wurden  nach  den 
Formeln3): 


(36, 


0,43429  (i  +  ^-:U)     4ml|7;.i  +  ,iil  «,123^+lln1) 

4^1*    'Ä        (l  +  e-4)51        '  r+4na 

Tafeln  entworfen.  Hierin  bedeutet  ^4  den  Scalenabstand  des 
Hauptgalvanometers  (bei  allen  Beobachtungen  hinreichend 
nahe  =  3037,5),  0  wurde  =0,00581 3)  A0  =  0,00366  (natürl. 
Log.)  angenommen.    Es  war  z.  B.: 

i,br1(W,  =  0,20  0,25  0,80      0,35  0,40  0,45  0,50 

Zt  =10-9  X  1,918  0,205  1,54«     1,956  2,443  3,016  ;  3,681 

A,bH(fjr  =  0,55  1  0,60  |  0,65    ;  0,70  j  0,75  0,80  ' 

Jf,  =1U-9X  4f44o  5,800  |  6,266  I  7.323  ,  x,476  9,725 

1)  F.  Kohl  rausch,  Wied.  Ann.  2«.  p.  430.  1885. 

2)  Man  findet  mitunter  Galvanomctcrbeobachtungen  so  berechnet,  dass 
die  Stromstärke  einfach  der  Tangente  des  Ablenkungswinkels  proportional 
gesetzt  wird.  Dies  kommt  darauf  hinaus,  die  GaJvanometcrfunction  mit 
cor;  /  =  l  —  0,5/*  +  •  proportional  zu  nehmen,  während  dieselbe  trotz  der 
ziemlich  grossen  Breite  de*  Multiplicatorrahmen*  hi«>r  mit  1  — 

=  1  —  1,793  <f  *  proportional  ist,  also  sehr  viel  schneller  abnimmt.  Der 

Unterschied  würde  für  0,05  abs.  =  2,86°  etwa  0,0032,  für  0,1  abs.  =  5,73° 

euva  0,01 21*.  also  bereit«  1,3  Proe.  betragen. 

3»  Vgl.  K.  Schering,  Wied.  Ann.  N.  p.  287.  1*80  u.  E.  Dom.  1.  c.  p.7Sl 
4)  Eine  Neuberechnung  mit  &  =  0,00167  für  den  Winter  wäre  iiber- 

rlü>big  gewesen. 


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64 


£,  Dorn. 


Ich  habe  es  nicht  für  überflüssig  gehalten,  durch  be- 
sondere Beobachtungen  festzustellen,  dass  hiernach  reducirte 
Dämpfungsbeobachtungen  mit  grossen  und  kleinen  Amplitu- 
den auf  denselben  Werth  führen. 

Nachstehendes  Tafelchen  vereinigt  die  Ergebnisse  dieser 
Beobachtungen.  Unter  öl  steht  der  runde  Mittelwerth  des 
grossen  Bogens,  unter  A(brigg.)  das  auf  unendlich  kleine  Bogen 
reducirte  log.  Decr.,  endlich  unter  A  die  Differenz  der 
Werthe  für  grosse  und  kleine  Amplituden. 


Widerstand       Datum  6, 

'•(bris*.) 

<• 

|  1886 

Galv.  allein  14.  Febr.  330     0,76799  530     ,0,76803  +0,0,04 

25.  jj  365  0,77017  530  0,77017  ±  0 
27.     «     295     0,76922  400     0,76895    -  27 


Galv.  rlj  25.  Febr.  400     0,56747  570     0,56758    +  Ii 

27.     „     270     0,5(i6l7  450     0,56638;   +  21 
I  6.  März  290     '0,56706  470     0,5669b    -_      *s  _ 

Galv.  +15  +  18       14.  Febr.  230     0,45292  650     0,45265  —  27 

25.    v     225(a)  0,45349  660(e)  0,45345  —  13  (6-a, 

480(6)0,45336                      ,  -  4  (c-ai 

I  +  9  (f-ft. 

6.  März  330     0,45301  490     (0,45330  1  +  29 

Galv.  +lÄ  +  le+l7  22.  FebrT  280  0,38006  660  0,38006  ~±  0 

23.    v    1265  0,37967,640  0,37956  -  II 

25.     v     270  0,37909  660  0,37394  —  15 

6.  März  [345  |0,37884  540  0,37900'  +  16 

In  den  Differenzen  ist  eine  Tendenz  nach  der  positiven 
oder  negativen  Seite  nicht  zu  erkennen. 

Ebenso  zeigen  in  den  Hauptbeobachtungen  vom  13.  und 
17.  Nov.  1885  mit  belastetem  Magnet,  wo  immer  drei  auf- 
einanderfolgende Bogen  beobachtet  werden  konnten,  die  fur 
grosse  und  kleine  Amplituden  erhaltenen  Werthe  von  /. 
eine  gute  Uebereinstimmung. 

Durch  den  Localeinfluss  des  diamagnetischen 
Multiplicator s  wird  ein  Drehungsmoment  entstehen,  wel- 
ches merklich  dem  Winkel  zwischen  der  Windungsebene  und 
der  Magnetaxe  proportional  ist  und  im  Sinne  einer  Ver- 
grösserung  dieses  Winkels  wirkt.  Es  wird  sich  daher  ebenso 
verhalten,  als  wenn  die  Horizontalintensität  um  einen  ge- 
wissen Bruchtheil  verkleinert  wäre. 


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Bestimmung  des  Ohm. 


65 


Um  diesen  Betrag  zu  ermitteln,  wurde  zunächst  der 
Multiplicator  um  gemessene  Winkel  gedreht  und  die  Ablen- 
kung des  Magnets  unter  Berücksichtigung  der  Declinations- 
änderung  bestimmt  Der  Quotient  der  beiden  Winkel  gibt 
hinreichend  nahe  die  relative  Aenderung  von  H. 

Es  wurde  so  erhalten  (Scalenabstand  3021  Scalentheile). 


Datum        Mcato,rh  i 


14. 


1S85 


16.  Mai  1885 


22.  Mai  1S85 


I 


+ 16,8° 
-21,1° 
+20,7° 

250,8 ') 

478,5 
2,8 

253,9 

878,5 

124,4 


498,17 
498,75 
498,03 
600,09 
500,00 
500.17 
498,74 
498,70 
498,81 


Drehung 
Multipl.  Magnet 


+  39,85° 


+  15,94 


+  8,67 


-dHilf 


—0,65  Seth. 
=  -0,00616° 

-0,17  Seth. 
=  -0,00161° 


0,00016 


0,00010 


-0,11  Seth.  0,00012 
-0,00104°  ! 


Mittel  0,00013 

1)  Spiegel  am  Galvanometergehäuse ;  Abstand  der  Doppelmillimeter- 
1666 


Ferner  wurden  Schwingungsbeobachtungen  mit  und  ohne 
Multiplicator  angestellt  und  mit  Hülfe  der  gleichzeitigen 
Ablesungen  des  Intensitätsvariometers  auf  gleiche  Werthe 
der  Horizontalintensität,  wie  auch  auf  gleiche  Temperatur 
des  Magnets  reducirt.  Messungen  dieser  Art,  welche  ich 
übrigens  für  weniger  zuverlässig  halte,  vom  17.  und  24.  Mai 
1885  führten  auf  -AHjH=  0,0817  und  0,0810;  also  im  Mittel 
zufallig  mit  dem  obigen  Werthe  übereinstimmend. 

Das  Torsion s verhält niss  für  den  bei  den  Haupt- 
beobachtungen benutzten  Hohlmagnet  (4)  wurde  gefunden: 


Messingdraht 


Dat. 

e 

Dat 

e 

Dat.  S 

5.  Juni  1885  ;0f805  812|20.  Oct.  1885')  0,005  86012.  Nov.  1885») 
2.  Juli  1885  ;o,005  837  ;  9.  Nov.  1885    0,005  846^6.  Nov.  1885») 

0,005  773 
0,005  781 

Mittel  0,005  825  9,005  853  0,005  777 


1)  Inzwischen  waren  die  magnetischen  Verhältnisse  geändert  s.  u. 
2i  Magnet  mit  200  g  belastet. 

Ann.  «J.  Phj».  u.  Cbtm.  N.  P.  XXXVI.  j 


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66  E.  Dorn. 

Eisendraht  (0,1  mm  Durchmesser). 


'  ~  7 


Dat.  S  Dat  S 

80.  Nov.  1885  0,001  660  !  18.  Jan.  1886')  0,001  638 
12.  Dec.  1885      0,001  664      22.  Jan.  1886       0,001  633 

1)  Am  16.  Januar  1886  brach  der  Draht  dicht  über  der  unteren 
Befestigung,  doch  konnte  er  noch  benutzt  werden.  Da  bei  dem  neuen 
Einklemmen  seine  Länge  von  2224  mm  auf  2213  mm  herabgesetzt  war, 
hätte  das  Torsionsverbältnias  vor  dem  Abreißen  0,001630  betragen.  Die 
Verringerung  rührt  her  von  einer  Oxydation  des  Drahtes,  die  unten 
unmerklich,  oben  bedeutender  war. 

Ueber  die  Bestimmung  des  Temperaturcoefficienten 
des  zum  Galvanometer  gehörigen  Hohlmagnetes  4,  sowie  über 
das  durch  die  magnetisirende  Kraft  1  in  ihm  inducirte 
Längs«  und  Quermoment  habe  ich  bereits  an  einer  an- 
deren Stelle  berichtet.1) 

Die  Werthe  dieser  Grössen  sind  folgende: 

Temperaturcoefficient  p  —  0,03281, 
Coefficient  der  Längsmagnetisirung  y  =  0,00555.  107, 
„         „    Quermagnetisirung   a  =  0,03767.  10 7. 

DasTrägheitsmoment  ermittelte  ich  nach  demGauss'- 
schen  Verfahren.  Die  auf  die  Belastungsgewichte  (welche 
auf  Stifte  des  Magnetträgers  aufgesteckt  wurden)  bezüglichen 
Angaben  sind  folgende: 


M  Durchmesser         Trägheitsmoment  um  Axe 

aussen        innen  durch  Schwerpunkt 

100       99998,4         28,10  3,26  0,9989.  10 1 

1Ö0      99999,8         27,89  3,28  0,9858.  10 7 

1,9S47  .10 7  mg.  qmin 

Abstand  der  Schwerpunkte  bei  0°  230.417  mm.8) 
Durch  Aufsetzen  der  Gewichte  zugefügtes  Trägheits- 
moment bei  0°  k0  =  2,67442.  10°  mg.  mm2  Aenderung  für 
1°:0,0490.  10». 

Am  19.  Nov.  1885  wurden  folgende  auf  gleichen  Stand 


1)  E.  Dorn,  Wied.  Ann.  35.  p.  275.  1888. 

2)  Ueber  die  Bestimmung  s.  E.  Dorn,  Wied.  Ann.  17.  p.  789.  18^2. 


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Bestimmung  des  Ohm. 


l>7 


des  Intensitätsvariometers  reducirten  Schwingungsdauern 
beobachtet  (Temperatur  7,34°): 

Gewichte,        Unbplaatot  Gewichte, 
Marken  imien      u  '   Marken  aussen  (180°  gedreht) 

18.7527  11,9680  18,7485 
18,7530  11,9666  18,7494 

  _      |      11,9673      I    _   

18.7528  11,9678  18,7490 

Hauptmittel  mit  Gewichten  18,7509. 
Torsionsverhältniss  unbelastet  0,005  846,  belastet  0,005  70S. 
Trägheitsmoment  K7fii:  1,83877.  10°. 

Da  hiervon  1.104.  109  auf  den  stählernen  Magnet  kommt, 
so  folgt  die  Aenderung  des  ganzen  Trägheitsmomentes  für 
1°:0,04512.  10»  und  KX(fi  =  1,83880.  10*  mg.  mm2. 

Aehnlich  waren  am  25.  Nov.  1885  die  Hauptmittel  der 
reducirten  Schwingungsdauern  11,9725  und  18,7590  bei  8,00°, 
woraus  Kw  =  1,83883  und  im  Mittol  aus  beiden  Versuchen: 

AT10o  =  1,83882  mg.  qinm. 

15.  Tangentenbussole.  —  Die  Bestimmung  des  mitt- 
leren Durchmessers  wurde  nach  einigen  vergeblichen  Ver- 
suchen mit  anderen  Methoden  in  folgender  Weise  ausgeführt. 

Das  Ocular  eineB  Meyerstein'schen  Kathetometers 
wurde  mit  einem  Scalenmikrometer  versehen  und  vor  das 
Objectiv  noch  eine  achromatische  Linse  geklebt,  um  eine 
kurze  Sehweite  zu  erhalten. 

Die  Marmorplatte  (ohne  Draht)  wurde  auf  einem  um 
eine  horizontale  Axe  drehbaren  Brettchen  befestigt  und  so 
aufgestellt,  dass  ihre  Ebene  in  die  Absehrichtung  fiel. 
Durch  Uebertragung  auf  einen  daneben  befindlichen  verti- 
calen  Glasmaassstab  wurden  vier  genau  äquidistante  Durch- 
messer gemessen.  Zur  Reduction  wurde  der  Ausdehnung*- 
coefficient  des  Marmors  0,06545  angenommen.1) 

Unter  Benutzung  zweier  berichtigter  Glasmaassstäbe  er- 
gab sich: 

1)  Bouniceau,  Anu.  des  ponta  et  chau»sees.  4.  Ser.  1863.  l.  Sem. 
p.  178. 

5' 


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(iS 


E.  Dorn. 


Durchmesser       1  2  3  4  Mittel 

2.  Febr.  1885  496,974  497,003  496,94 b  496,915  496,959 
4.      „  496,«56         496,987         496,939        496,909  496,948 

496,954 

Zur  Controle  wurde  die  Scheibe  auf  einen  ebenen  Milch- 
glasstreifen gelegt,  kleine  Schneiden  aus  Ebonit  an  die  En- 
den eines  Durchmessers  angedrückt  und  mit  Klebwachs  auf 
den  Glasstreifen  festgekittet.  Nach  Erhärtung  des  Wachses 
wurde  die  Scheibe  vorsichtig  entfernt  und  der  Abstand  der 
Schneiden  unter  einem  Comparator,  dessen  beide  Mikroskope 
Ocularmikrometer  hatten,  durch  Substitution  mit  dem  Nor- 
malmeter verglichen. 

Dieselben  vier  Durchmesser  wurden  so  gefunden: 

Durchmesser        1  2  3  4  Mittel 

s.  Febr.  1885  496,989  496,978  496,939  496,970  496,969 
9.     v       -i       496,997        496,998        496,958        496.935  496,972 

496,970 

Die  erste  Messung  ist  weniger  gelungen,  gibt  aber  fast 
denselben  Mittelwerth. 

Endlich  wurde  nach  Aufwinden  des  Drahtes  eine  kathe- 
tometrische  Messung  ähnlich  wie  oben  ausgeführt,  wobei  auf 
alle  fünf  Drahtwindungen  eingestellt  wurde.  Der  äussere  Durch- 
messer war: 

Durchmesser  1  2  3  4  Mittel 

14.  März  1885  498,903     498,863     498,848     498,883  498,873 

17.  März  1885  a.  m.     498,872     498,895     498,878     498,849  498,873 
p.  m.     498,858     498,888     498,831     498,828  498,851 

498,865 

Uebrigens  ist  hier,  wie  später  mit  Rücksicht  darauf,  dass 
der  Draht  beim  Aufwinden  scharf  angezogen  war,  auch  für 
die  Windungen  der  Ausdehnungscoefficient  des  Marmors  be- 
nutzt worden. 

Mit  Hülfe  eines  Schraubendickenmessers  war  der  Durch- 
messer des  Drahtes  im  Mittel  aus  sechs  Stellen  gefunden 
0,950  ±  0,008  mm;  demnach  folgt  aus  den  Resultaten  der  3 
Methoden  für  den  mittleren  Durchmesser  der  Windungen 
bei  0°  in  guter  Uebereinstimmung: 

497,920,       497,904,  497,915. 


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Bestimmung  des  Ohm. 


80 


Zur  weiteren  Rechnung  ist  der  letzte,  yom  Mittel  497,913 
nur  wenig  abweichende  Werth: 

R  -  497,915  mm 

benutzt 

Die  fünf  Windungen  nahmen  die  Breite  4=1,9  mm  ein. 

Ich  habe  mich  mehrfach  bemüht,  den  Polabetand  des 
auf  den  Spiegel  geklebten  Magnets  direct  zu  bestimmen. 
Versuche,  bei  denen  ah  Hülfsmagnet  ein  Stabchen  von  10  mm 
Länge  diente,  führten  auf  /  =  19,1  und  18,6  mm.  Indessen 
zeigte  eine  Kritik  dieser  Versuche,  dass  einem  Irrthum  um 
0,01  mm  in  der  kleineren  Entfernung  der  Magnete  schon  ein 
Fehler  von  etwa  0,8  mm  im  Polabstande  entsprechen  würde. 
Ich  habe  es  daher  vorgezogen,  den  Polabstand  nach  Hrn. 
F.  Kohlrausch1)  gleich  6/s  der  Magnetlänge  zu  setzen: 
/  =  5/6  24  1  =  20,08  mm,  und  ähnlich  für  das  zweite  Magneto- 
meter /  =  8/6  . 21,4  =  17,83  mm. 

Es  bleibt  noch  der  Einfluss  zu  untersuchen,  welchen 
die  Durchführung  des  Drahtes  der  Tangentenbussole  durch 
die  Marmorplatte  auf  den  Reductionsfactor  der  Tangenten- 
bussole ausübt  Die  ganze  Bewickelung  kann  angesehen 
werden  als  fünf  vollständige  Umgänge  +  einer  Fläche,  deren 
Projection  auf  die  Windungsebene  (und  diese  allein  kommt 
in  Betracht)  ein  Rechteck  von  4,3  mm  Höhe  und  6,8  mm 
Breite  ist,  und  zwar  ist  dies  Rechteck  in  gleichem  Sinne 
vom  Strom  umflossen  zu  denken  wie  die  Windungen. 

Die  Wirkung  des  Rechteckes  auf  einen  Magnetpol  + 1 
im  Centrum  wird  nahe  genug  sein: 

if  Flache  «  29,2  qmm,  a  Abstand  =  246,8  mm). 

während  diejenige  der  fünf  Windungen  wesentlich  durch 
+ 10*3 /Ä  dargestellt  ist.  Hiernach  genügt  es,  in  der 
Parenthese  der  Formel  (11)  noch  +/Ä/10«o*  hinzuzufügen. 
Uebrigens  ist  diese  Correction  so  klein,  dass  sie  hätte  fort- 
gelassen werden  können. 

Bei  der  Bestimmung  des  Torsionsverhältnisses 
machte  sich  die  elastische  Nachwirkung  des  Cocons  hemerk- 

1)  F.  Kohlrausch,  Gött.  Nachr.  Dec.  1883.  p.  396. 


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70 


£,  Dorn. 


lieh,  welche  eine  Unsicherheit  von  etwa  0,042  herbeiführte, 
auch  war  die  Feuchtigkeit  der  Luft  von  grossem  Ein  flu  ss. 
Beobachtet  wurde  tr  = 


20.  April  1885  0,000  2M 

31.  Juni  1885  262 

20.  October  1885  260 

10.  November  1885  280 


13.  December  1885  0,000265 

20.        „  1885  212 

31.        „  1885  200 

7.  Februar  1886  218 


Zur  Rechnung  benutzt  ist  für  den  Sommer  0,0,237. 
Herbst  0,03267,  Winter  0,03226.  Für  das  zweite  Magneto- 
meter war  &  m*  0,0349  im  Mittel  aus  fünf  Beobachtungen. 

Aus  obigen  Angaben  folgen  die  Coefficienten  der  For- 
mel (10): 

Magnetometer  I: 

Sommer         Herbst  Winter 
A  (für  10°)   7,91823  7,91847  7,91814 

ß  -  0,00610 

Magnetometer  II: 
A  (für  10°)  7,92230 
ß  ~  0,00480. 

Für  eine  Temperatursteigerung  um  1°  beträgt  der  Zuwachs 
von  A:  0,0442. 

Die  ersten  im  Juli  und  August  1885  unternommenen 
Versuche,  den  Localeinfluss  des  Magnetometers  I  zu 
bestimmen,  ergaben  denselben  von  der  Grössenordnung 
0,082  —  3  im  Sinne  einer  Verstärkung  der  Horizontalinten- 
sität. 

Die  Wirkung  war  nicht  symmetrisch,  vielmehr  war  die- 
selbe stärker,  wenn  von  der  Ausgangsstellung  gegen  den 
Uhrzeiger  gedreht  wurde. 

Hieraus  ging  die  Notwendigkeit  hervor,  bei  diesen 
Messungen  als  Ausgangsstellung  diejenige  zu  wählen,  in  wei- 
cher die  Lage  des  Gehäuses  gegen  den  Spiegel  genau  die 
nämliche  war,  wie  in  der  Ruhelage  beim  Gebrauch  auf  der 
Tangentenbussole. 

Für  die  endgültigen  Beobachtungen  wurde  daher  folgen- 
dermas8en  verfahren. 

Während  das  Magnetometer  in  der  Tangentenbussole 


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Bestimmung  des  Ohm. 


71 


stand,  wurde  auf  dem  Fussbrett  desselben  ein  Spiegel  be- 
festigt und  ein  Hülfsfernrobr  mit  Scala  so  auf  denselben 
gerichtet)  dass  der  Scalenabstand  dem  des  Beobachtungs- 
fernrohrs vom  Magnetometerspiegel  gleich  war,  und  der  mitt- 
lere Sealentheil  auf  dem  Fadenkreuz  des  Hülfsfernrohres 
erschien.  Die  Tangentenbussole  wurde  nun  entfernt  und  das 
Magnetometer  auf  ein  Tischchen  mit  nivellirter  Glasplatte 
so  gesetzt,  dass  es  genau  an  der  früheren  Stelle  sich  befand. 
Um  das  Magnetometer  bequem  drehen  zu  können,  wurden 
drei  Glasstückchen  so  auf  die  Tischplatte  gekittet,  dass  ihre 
etwas  abgerundeten  Flächen  gegen  drei  Punkte  des  Umfanges 
des  runden  Fussbrettes  drückten. 

Jetzt  war  es  leicht,  die  richtige  Ausgangsstellung  wieder 
zu  finden  und  durch  Drehen  des  Rahmens  denselben  gegen 
den  Spiegel  in  dieselben  Stellungen  zu  bringen,  welche  bei 
den  Hauptbeobachtungen  vorkamen. 

Da  hier  der  Aufhängungspunkt  des  Magnets  an  der 
Drehung  theilnimmt,  so  müssen  die  beobachteten  Ablen- 
kungen noch  vom  Einflüsse  der  Torsion  befreit  werden.  Es 
wurde  daher  das  Torsionsverhältniss  unmittelbar  nach  jeder 
Beobachtungsreihe  bestimmt. 

Aus  symmetrisch  angeordneten  Beobachtungen  wurden 
die  (schon  von  der  Torsion  befreiten)  Ablenkungen  erhalten:- 


Hülfsfernrobr 

5 

65 

205 

280 

720 

795 

935 

995 

13.Dee.1885 

16.  n  » 

17.  n  n 

-0,26 
-0,29 
-0,20 
-0,19  | 

-0,28 
-0,2t 
-0,06 
-0,10 

-0,14 
-0,17 
-0,09 
-0,09 

-0,06 
-0,11 
-0,04 
-0,02 

-0,01 

+  0,0* 
+  0,04 

+  0,03 
+  0,02 
+  0,03 

-0,10 

+  0,11 
-0,07 

-0,08 
+  0,12 
+  0.08 
-0,03 

-0,24  | 

-0,16 

-0,12 

-0,06 

+  0,04 

:  +o,o3 

-0,01 

+  0.n3 

Hier  zeigt  sich  wieder  deutlich  die  schon  oben  erwähnte 
Unsymmetrie;  da  indessen  alle  Beobachtungen  mit  beider- 
seitiger Ablenkung  angestellt  sind,  so  kann  man  aus  den 
symmetrisch  gelegenen  Zahlen  den  „mittleren"  Localeinfluss 
(in  Theilen  der  Horizontalintensitat)  berechnen.  Derselbe 
wird l): 

\)  Die  Rechnung  ist  mit  1  Decimale  mehr  geführt. 


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72 


E.  Dorn. 


0,27  ,  990  «  0,00027 
0,15/870  =  17 
0,15/690=  25 
0,10 ,440  =  21 


Mittel  0,00023. 


Eine  Messung  vom  7.  Febr.  1886  ergab: 

doch  babe  ich  für  die  weiteren  Reducüonen  den  Werth 
0,0,23  verwendet. 

Dass  der  Localeinfluss  im  Sinne  einer  Verstärkung  der 
Horizontalintensität  sich  geltend  macht,  erscheint  auffallig. 
da  das  fertige  Gehäuse  den  Prüfungsmagnet  in  jeder  Lage 
abstiess.  Indessen  rührt  das  paradoxe  Verhalten  wohl  von 
dem  Diamagnetismus  der  Vorsatzglaser  her,  welche  den 
Magnet  bei  seiner  Annäherung  abstossen.  Mit  dieser  Er- 
klärung steht  die  Unsymmetrie  der  Wirkung  im  Einklang, 
denn  infolge  der  gegen  den  Spiegel  geneigten  Stellung  des 
Magnets  kommt  derselbe  dem  Glase  bei  einer  Drehung  des 
Gehäuses  gegen  den  Uhrzeiger  näher  als  bei  der  entgegen- 
gesetzten. 

Das  Magnetometer  II  übte  einen  magnetischen  Local- 
einfluss ohne  merkliche  Unsymmetrie  aus.  Es  wurde  beob- 
achtet : 

28.  Jan.  1886  29.  Jan.    30.  Jan.    31.  Jan. 
Drehung  Scalentbcilc    .    .    .  970  980  498  50ti 

Ablenkung  (von  Tors,  befreit)         0,27         0,24         0,13  o,lO 

Loi-aleinfltiBS   0.0..28      0,0,24      0.0/27  0,0a21 

Mittel  0,0,25. 

(Fortsetzung  im  nächsten  Heft.) 


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Electr odynamisches  Gesetz, 


73 


III.  2>oä  electrodynamische  Gesetz  ein  Punkt- 
gesetz; von  W.  G.  Hankel. 

(Ana  den  Berichten  der  math.-phys.  CUaae  der  Königl.  S&chi.  Ges.  der 
Wiaa.,  vom  23.  April  1888;  mitgetheilt  vom  Hrn.  Verf.) 


Es  ist  bis  jetzt  das  electrodynamische  Gesetz  als  in 
seinem  Wesen  gänzlich  verschieden  von  den  Gesetzen  der 
Schwere  und  der  ruhenden  Eiectricität  aufgefasst  worden. 
Man  hat  bei  der  Bestimmung  der  Einwirkung  eines  Strom- 
elements auf  ein  anderes  von  Anfang  an  beide  Elemente  in 
die  Rechnung  aufgenommen.  Im  Folgenden  werde  ich  nun 
zeigen,  dass  das  electrodynamische  Gesetz  in  gleicher  Weise 
wie  das  Gesetz  der  Schwere  und  der  ruhenden  Eiectricität 
als  ein  sogenanntes  Punktgesetz  dargestellt  werden  kann. 

Ein  materieller  Körper  ändert  den  Zustand  des  ihn 
umgebenden  physikalischen  Raumes  oder  räumlichen  Mittels 
in  der  Weise,  dass  ein  zweiter  an  einen  bestimmten  Ort 
gebrachter  Körper  eine  Anziehung  zum  ersteren,  in  deren 
Betrag  dann  der  zweite  Körper  mit  seiner  Masse  als  Factor 
eingeht,  erfährt  Bezeichnet  m  die  Masse  des  ersten  Kör- 
pers  und  r  den  Abstand  des  betrachteten  Punktes,  so  wird 
die  Aenderung  des  Zustandes  in  diesem  Punkte  durch  mjr- 
ausgedrückt.  In  gleicher  Weise  kann  man  bei  der  Wir- 
kung des  Elementes  ds'  eines  geschlossenen  Stromes  auf  ein 
anderes  Stromclement  ds  zunächst  die  Aenderung  in  dem 
Zustande  des  um  ds'  liegenden  Raumes  berechnen,  und  dann 
erst  das  Element  ds  an  den  betreffenden  Ort  legen.  Ist  ds 
die  Länge  des  Elementes,  i"  die  Intensität  des  in  ihm  fliessen- 
den Stromes,  r  der  Abstand  des  betrachteten  Punktes  von 
ds',  und  S'  der  Winkel,  welchen  r  mit  dem  Element  ds  bildet, 
so  tritt  in  jenem  Punkte  eine  mit  i' ds  sm&'jr*  proportio- 
nale Aenderung  ein.  Wird  nun  das  Element  ds,  dessen 
Intensität  i  ist,  und  welches  mit  der  durch  r  und  ds  geleg- 
ten Ebene  einen  Winkel  \p  bilden  möge,  in  den  betreffenden 
Punkt  gebracht,  so  tritt  es  mit  dem  Betrage  von  ids  cos  xp 
als  Factor  zu  dem  vorstehenden  Ausdrucke  hinzu.  Es  bleibt 
dann  nur  noch  die  Richtung  zu  bestimmen,  nach  welcher 


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74 


W.  G.  Hankel. 


der  Antrieb  zur  Bewegung  des  Elementes  ds  erfolgt.  Ich 
werde  im  Speciellen  die  physikalischen  Vorgänge  bei  dieser 
Einwirkung  nachweisen  und  aus  denselben  die  Richtung  der 
auftretenden  Kraft  herleiten. 

Um  eine  klare  Einsicht  in  die  electrodynamischen  Vor- 
gänge zu  erleichtern,  halte  ich  es  für  zweckmässig,  von 
der  gewöhnlichen  Form  des  Ampere'schen  Gesetzes  aus- 
zugehen. 

§  1.  Geleitet  von  dem  Bestreben,  dem  für  die  Wirkung 
in  die  Ferne  aufgestellten  Grundsatze,  dass  Wirkung  und 
Gegenwirkung  stets  einander  gleich  und  nur  entgegengesetzt 
gerichtet  sein  sollen,  zu  genügen,  gelangt  Ampere1)  in 
Betreff  der  Wirkung  zweier  Stromelemente  ds  und  ds  mit 
den  Stromintensitäten  i  und  i  zu  dem  bekannten  Gesetze: 

-  li'dJtdt'  (cos 6  -  %  cos  O  cos  0')> 

worin  r  den  Abstand  der  beiden  Elemente,  t  den  Winkel 
zwischen  den  Richtungen  von  ds  und  dsy  0  den  Winkel 
zwischen  r  und  ds  und  schliesslich  B'  den  Winkel  zwischen 
r  und  ds  bedeutet.  Die  Wirkung  erfolgt  in  der  Richtung 
der  Verbindungslinie  r,  d.  h.  von  ds  nach  ds. 

Als  Ampere  nach  diesem  Gesetze  die  Componenten 
der  Wirkung  eines  geschlossenen  Stromes  auf  ein  Element 
berechnete*)  erschienen  in  den  Integralen  zwei  Glieder,  von 
denen  bei  Ausdehnung  der  Integration  über  den  geschlosse- 
nen Stromlauf  das  eine  wegfiel  und  also  nur  das  andere 
übrig  blieb. 

§  2.  Im  weiteren  Verlaufe  seiner  Abhandlung  kommt 
Ampere  nochmals  auf  dieses  Integral  zurück 8)  und  berech- 
net aus  dem  nicht  wegfallenden  Theile  die  Wirkung  zweier 
Elemente.    Er  findet  für  dieselbe  den  Werth 

»#"  ds  ds'  sin  &'  cos  ip 
2r* 

1)  Ampere,  Theorie  des  phenomönes  electrodynamiques.  Paris  1826. 

2)  Ampere,  1.  c.  p.  41  f. 
3t  Ampere,  1.  c.  p.  185. 


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Electrodynamisches  Gesetz.  75 

wo  ip  den  Winkel  bedeutet,  welchen  das  Element  ds  mit  der 
durch  r  und  das  Element  ds'  gelegten  Ebene  bildet. 

Auf  kürzerem  Wege  erhält  man  dieses  Gesetz,  wenn 
man  von  dem  durch  Ampere1)  aufgestellten  Ausdruck 

. .  dsds 
Vr  dsds 

ausgeht. 

Es  wird  die  Herleituug  wesentlich  erleichtern,  wenn  ich 
zuvor  die  im  Folgenden  gebrauchten  Bezeichnungen,  soweit 
sie  nicht  schon  zuvor  erläutert  sind,  und  eine  Reihe  von 
auftretenden  Ausdrücken  zusammenstelle. 

Es  seien  x,  y,  z  die  Coordinaten  des  Elementes  ds, 
x',  y,  z  die  Coordinaten  des  Elementes  ds\ 

also:  r*  «  (x  -       +  (y  -  y?  +  (z  -  /)2, 

« ,  b  ,  c  die  Winkel,  welche  r  mit  den  drei  Coordinatenaxen, 
a,  y  die  Winkel,  die  das  Elemente  mit  denselben  Axen  und 
a',  fi,  y  die  Winkel,  welche  das  Element  ds'  mit  ihnen  bildet 

Ferner  wird: 

^  =  cos  0,       dd*\  -  -  cos  0', 

dr  di'  ,  dr 

—  =»  COSA,        j-  =  C09Ö,         -    =  COS  o, 
<ty  7  dz 


d*r        dr  dr  Idxdx    ,  du  du'  ,  dzdz\ 

<fr<fr  ^rf*  </*  V^*  <**      dsds  dsds) 


d*r        dr   dr  dx  , 

r  .   . .  4-  .-  •  -J-.  =  —  -T-.  =  —  cos  u ,      u.  s.  w., 
<£rrf*    '   dx  ds  ds 

/    =  -  ,    ,  =  -  -cosW, 

<*Vr         1  1 
/     =   -—  .    =       _C08a,     U.  9.  w., 

dx        2yrdx  2Vr 

rf'  Vr  1  (rd[r  id_i;dr) 
dsds  ~2rVr\   d*d*  *<f'^7 

=  COS«  -i  JCOS  0CO8&). 

2  r  Vr 


1)  Ampere,  1.  c.  p.  130. 


76  W.  G.  Hankel. 

dxdt      2rVr  V   <**rf*       %  dxds  J 

=    V  i—  Cosa'+  2  cos  a  cosÖ '|. 
2rVr  2  1 

Da  die  durch  das  Gesetz  (2u/V7).  (d*V7jdsds)  dsds 
ausgedrückte  Kraft  in  der  Richtung  von  r  liegt,  so  erhält 
man  die  Componenten  nach  den  Coordinatenaxen  durch  Mul- 
tiplication mit  cos  a,  cosä  und  cose.    Es  wird  also 

A'^-  .*tV/,  dsds  cos  a 
oder  X-AUMi'd^-^-i-- 

dx  dsds 

Man  hat  aber  identisch 

dx    dsds       ds'  \  dx      ds  )        ds  dxds 

Addirt  man  auf  beiden  Seiten  nochmals  den  Ausdruck: 

dVr   d'Vr  .  A 

,-  '  so  wird: 

dx  dsds 

0dVr    d'Vr        d  (dVr    d\' r\      dVr   rf'VV       d\r   d*\  r 
1  dx  '  dsds  ~  ds'  \  dx  '  d*  )  +    dx   '  dsds  '      ds    'dxds  ' 

Hiernach  erhält  man 

A-2"  dSfh[ds[  dx   -    ds)  +    dx   'dsds'  -ST,- dxds  'I 

Wird  über  den  geschlossenen  Kreis,  zu  welchem  das 
Element  ds'  gehört,  integrirt,  so  fällt  der  erste  Ausdruck 
weg,  und  es  bleibt  dann  nur 

Y-  2 «r  dsds'  ( d  1  r  •  d '  V r  -  ^  • d*  V r V 

oder  nach  Einsetzung  der  oben  angegebenen  Werthe: 

A  =  ~'~^9-  jcos  « (-  cos  «  +  i  cos  S  cos  9')  - 
-  cos  9  (—  cos  «'+  |  cos  a  cos  . 

X  »  ' 1  2rV^  |—  cos  €  cos  *  +  cos  0  cos  a'|  »). 

1)  Die  Componente  X  geht,  wie  oben  gezeigt,  direct  über  in 

dVr   d*\  r  A 


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EUctrodynamisches  Gesetz.  77 
und  de oi entsprechend: 

J  =  "  2r»rf*  1  ~  COS  €  COS  b  +  COS  0  COS  ^' j, 

Z  —  11  g'f*  i—  COS 8 cos c  +  cos  ©cosy' j. 

Vereinigen  wir  die  ersten  und  die  zweiten  Glieder  ge- 
ändert zn  einer  Resultirenden,  so  erhalten  wir  zwei  Kräfte, 


X  =  Aid*  i di 


'  d_  UV r  .IV r  \  _  dVr  d*Vr 
di  \  .Ix       ds  )       da  drdi 


Bei  der  Integration  über  den  geschlossenen  Umlauf,  zu  welchem  das  Ele- 
ment dt  gehört,  fallt  das  erste  Glied  des  letzten  Auadruckes  weg,  und 
es  bleibt  übrig: 

X  =  '*    a'ls  (-  l  cos  &  cos  &  cos  a  +  cos  e>  cos  «'),  nebst 


und 


Y  =   "  ^r-'-iC<>8^C«»^'C<>8*  +  C08  6'C08^) 
...      iid*di        ,  ...  _ 

Z  =  i  —  |  cos  e>  cos  e?  cos  e  +  cob  6>  cos  y ) , 

wenn  zur  Unterscheidung  die  Componenten  mit  Accenten  versehen  werden. 

Aus  den  obigen  Gleichungen  fiir  X,  Y,  Z  und  X\  Y' ,  Z  ergeben 
»ich  sofort  die  Potentiale  zwt-ier  geschlossener  Ströme.  Da  nämlich 
<i(l/r)/dx=-  l/r*.cosa  und  d{\]r)\d»  =  -  1  fr*,  cos  9y  so  lassen  sich  die 
Gleichungen  für  die  Componenten  auch  schreiben: 

idL         dT  i 
X  =  Iii' did*     , r  cos«  —  -  r  cos  «  i 

\dx  <i*  I 

di  } 

id±  d± 

Z  m  \iididi         cos«  -    fr  cosr 
\  rf«  di  ' 


und  ebenso :      JT  «  *i didi  \  \  -JL  cos  £  cos  * 

(I  X 


—    ,r  cos  rt  '  I > 


iididi\l  JL  cos^cos^'  -  cos/?' 
Z  =ii'didi\\  /costfcos^  -  /cos 


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78 


W.  G.  HankeL 


von  denen  die  eine  proportional  cose  in  der  entgegengesetz- 
ten Richtung  von  r,  und  die  zweite  proportional  cos  ß  in  der 
Richtung  des  Elementes  ds'  wirkt1) 
Es  ist  nun 

cose  -a  cos  aco%u  +  cos/?  cos  ß'  +  cosy  cos/  und 
cos  0  =  cosa  cos  a  +  cos  b  cos  ß  +  cos  c  cos  y . 

Die  diesen  beiden  Ausdrücken  proportionalen  Kräfte  sind 

Bei  der  Integration  über  den  geschlossenen  Kreis,  zu  welchem  das  Ele- 
ment ds  gehört,  fallen  die  Glieder  d(l;r)jds .  cos  a  ,  rf(l/r)/rf* .  cos  ß  \ 
<f(l/r)/</«.cosf'  weg,  und  es  ergibt  sich  dann,  wenn  die  Vorreichen  ent- 
gegengesetzt genommen  werden,  für  den  ersten  Fall  das  Potential 

und  für  den  zweiten  Fall: 

D       ,  . .,  r  r  cos  Öcos  S '  . 

JJ  —       d'd*  • 

1)  Mein  verehrter  College,  Hr.  Prof.  C.  Neumann,  sagt  in  der  Vorrede 
p.  VIII  zu  seinem  Werke  über  die  electrischen  Kräfte  I.  Thl.,  1873: 
»Diese  Voraussetzungen  führen,  weil  in  ihnen  die  von  Ampere  selber 
gemachten  Voraussetzungen  mit  enthalten  sind,  nothwendig  zum  Am- 
pere'scheu  Gesetz-,  andererseits  aber  führen  sie  auch  zu  einer  be- 
stimmten Form  des  noch  fehlenden  Gesetzes,  nämlich  zu  folgendem  Er- 
gebniss: 

Die  resultirende  Form  des  elect romotorischen  Elementargesetzes.  — 
Die  elcctromotori8che  Kraft  Edt,  welche  ein  Stromelement  i' ds'  in  irgend 
einem  Punkte  m  eines  gegebenen  Conductors  während  der  Zeit  dt  her- 
vorbringt, ist  zerlegbar  in  zwei  Kräfte: 

—  Ä*d*  9    -   -  und  +  A*ds  — ^  , 

erstere  in  der  Richtung  r(ds  >  m),  letztere  gerechnet  in  der  Rich- 
tung »'." 

Die  Differentiation  in  diesen  Ausdrücken  bezieht  sieb  auf  die  Zeit, 
von  welcher  die  Lage  der  Elemente  abhängt  Nimmt  man  %  constant 
und  die  Lage  von  ds'  fest,  sodass  allein  das  in  m  befindliche  Elemeut 
ds  mit  /  veränderlich  ist,  so  erhält  man  für  die  vorstehenden  Ausdrücke 
die  Werthe: 

A*dsi  d*'  cost        ,     A%d s  i'  ds  cos6> 

—  „   und   —  - 

r  ,  r 

Setzt  man  die  Constante  A*  =  ±i,  so  sind  dies  dieselben  Ausdrücke, 
wie  sie  oben  für  die  ponderumo'orische  Wirkung  angegeben  wurden,  und 
die  durch  sie  dargestellten  Kräfte  haben  auch  dieselbe  Richtuug  wie  oben. 


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Elect  rodynamüches  Gesetz. 


79 


zu  einer  Gesammtresultirenden  zu  vereinigen.  Beide  liegen 
in  der  Ebene  (r.  ds')  und  bilden  miteinander  den  Winkel 
(180°—  By  Ihre  Resultirende  liegt  daher  ebenfalls  in  der 
Ebene  (r,  ds). 

§  3.  Wenn  wir  die  Resultirende  aus  den  drei  Compo- 
nenten  X,  Y,  Z  berechnen  wollen,  so  geschieht  dies  am  ein- 
fachsten auf  folgendem  Wege.  Ohne  die  Allgemeinheit  zu 
beeinträchtigen,  kann  man  den  Anfang  der  Coordinaten  in 
das  Element  ds  und  die  Ebene  XY  so  legen,  dass  das  Ele- 
ment ds'  in  dieselbe  fällt  und  die  Axe  X  durch  die  Mitte  des 
Elementes  ds  geht. 

Dann  wird  a  =  0,  h  =  c  =  90°;  ß'  =  90°  -  a  .  y  =  90". 
Man  erhalt  also 

X  =  -    2-,    sin a  cos/? 
oder,  da  r  mit  der  A*-Axe  zusammenfallt  und  also  a  =  0': 

Ail  d xd *  ,         a        x if  dxd*  ,w  rr  ,x 

=  —     „  ,    sin  0  cos  8 ,    1  =     .  ,    sin  f->  cos  a ,  Z  =  0. 

Hieraus  folgt  für  den  Werth  der  Resultirenden,  abge- 
sehen vom  Vorzeichen: 

R  =  sin  &  V  cos2  a  +  cos2^ 


ii'dxdi 
2r» 


sin  #       —  cos*/ 


ii'd*di       cv  Ä. 
=    2r,  -  sin  0  sin  y  • 

Es  ist  aber  y  der  Winkel  zwischen  rf*  und  der  Z-Axe;  be- 
zeichnet i/?  den  Winkel,  welchen  ds  mit  der  Ebene  X  Y  oder 
(r.  <*Y)  macht,  sodass  t//  =  90°—     so  wird 

Ä  =  "-'^*'sin0'cosw. 

Da  (X/Ä)  cos  a  -f  ( F/Ä)  cos  /?  =  0,  so  steht  die  Resulti- 
rende senkrecht  auf  dem  Element  ds,  und  da  sie  in  der  Ebene 
(r,  ds)  liegt,  auch  senkrecht  auf  der  Projection  des  Elementes 
ds  auf  diese  Ebene. 

§  4.  Auch  für  eine  beliebige  Lage  der  Elemente  ds 
und  ds  lässt  sich  das  vorstehende  Gesetz  in  ähnlicher  Weise 
herleiten. 


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80 


W,  G.  Hmikei 


Es  ist  in  diesem  Falle 

cos  i  =  cos  a  cos  a  +  cos  ß  cosß'  +  cos  y  cos  y  , 
cos  0  =  cos  a  cos  a  +  cos  b  cos  /?  +  cos  e  cos  y  , 
cos@'  =*  cos  a  cos  a'  +  cos  £  cos  /?'  +  cos  c  cos  y' . 

Setzt  man  nun  in  die  Gleichungen 

it  dsds  i  ,  r\ 

X  —  -g  j-  j—  cos  a  cos  e  +  cos  0  cos  a  j , 
1"  s  41        J  —  cos  £  cos  <  +  cos  0  cos  ß'\ , 

=  i—  cose  cos«  +  cos  6>cosy  J 

die  vorstehenden  Werthe  ein,  so  erhalt  man: 

X  —  *2^r^  {cos/?(—  cos  a  cos  ^ '  +  cos  b  cos  a) 

+  cosy(  —  cos  a  cosy '  +  cose  cos  a')}, 
}*=*  jcosy(  —  cos b  cosy'  +  cose  cos/?')  -f- 

+  C03«(  —  C08*C08a'+  C08aC08jff')(, 

Z=  **2  *t  *  tC03a(~  cose  cos  «'  +  cos  a  cosy')  + 

+  cos  ß  {—  cos  c  cos  ß'  +  cos  6  cos  y ')) . 

Schreibt  man  hier1) 

cos  c  cos  ß'—  cos  A  cos  y'  =  Fcos  A, 
cos  a  cosy'  —  cose  cosa'=  Fcos/w, 
cos  b  cos  a  —  cos  a  cos  £'  =  Fcos  v , 

so  sind  A,  p,  v  die  Winkel,  welche  eine  auf  der  EbeDe  (r,  di) 
errichtete  Normale  mit  den  drei  Axen  macht.  Werden 
nämlich  die  drei  Gleichungen  der  Reihe  nach  mit  cos  a, 
cos  b,  cos  e  und  ebenso  mit  cos  a\  cos  ß\  cos  y'  multiple 
cirt  und  addirt,  so  werden  beide  Summen  =  0.  Quadrirt 
man  die  drei  Gleichungen  und  addirt  sie,  so  findet  man  den 
Werth  /,8  =  sin20\ 

Durch  Einsetzung  der  Werthe  von  cos  A,  cos  p,  cos  v 
und  des  Werthes  ziiiß'=F  erhält  man  die  drei  Compo- 
nenten: 

■=        2  r»        (cos  ß  cos  v  —  cos  y  cos  p) , 
l)  Vgl.  Ampere  p.  137. 


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Elektrodynamisches  Gesetz. 


81 


sin 

<t*d*  sin* 


(cos  y  cos  A  —  cos  a  cos  r) , 


Z  =  2  ^,        (cos  a  cos    —  cos  ß  cos  Ä) . 

Werden  diese  drei  Gleichungen  der  Reihe  nach  mit  cos  «, 
cos  /?,  cos  y  und  ebenso  mit  cos  X,  cos  /*  und  cos  v  multi- 
plicirt  und  addirt,  so  sind  beide  Summen  =  0.  Die  Resui- 
tirende  steht  also  senkrecht  auf  dem  Element  ds  und  auf 
der  auf  der  Ebene  (r,  ds)  errichteten  Normale,  folglich  auch 
senkrecht  auf  der  Projection  von  ds  auf  die  genannte  Ebene. 

Ist  »/>  der  Winkel  zwischen  ds  und  der  Ebene  (r,  ds), 
so  erhält  man  ebenso  wie  in  §  3  die  Resultirende 


n  =  "a 


ii  dsd*  Biu  H'  cos  v, 
2r* 


&  5. 


S  xß.  Anstatt  die  drei  Componenten  A',  Jr,  Z  zu  der 
Kesultirenden  zu  vereinigen,  kann  man  dieselbe  auch  durch 
Zusammensetzung  der  beiden  Kräfte  cos  e  und  cos  0,  welche 
miteinander  den  Winkel  (180°  -  0')  bilden,  erhalten.  Es 
wird  dann  die  Resultirende: 

R  —  "  ft  |cos3«  -f-  cos2  0  —  2cos€  cos  0  cos  0'j . 

Es  mögen  in  Fig.  1  die  durch  O,  B,  C  gelegte  Ebene 
die  Ebene  (r,  ds');  OD,  OE 
und  OF  die  Richtungen  von 
resp.  ds ,  r  und  ds  bezeichnen. 
Errichtet  man  nun  auf  der 
Ebene  (r,  ds")  in  O  die  Nor- 
male OA  und  legt  durch  OA 
und  ds  eine  Ebene,  so  ist  die- 
selbe senkrecht  auf  (r,  ds'),  und 
FG  misst  die  Neigung  yj  von 
'/*  gegen  jene  Ebene.  Die  Bogen 
DF,  ED  und  EF  messen  resp. 
die  Winkel  e,  0'  und  0. 

Der  Quadrant  AE  steht  ebenso  wie  AG  senkrecht  auf 
der  Ebene  (r,  ds')\  der  Bogen  GE  misst  also  den  Winkel, 
welchen  die  Projection  des  Elementes  ds  auf  die  Ebene 
[r.  ds)  mit  der  Richtung  von  r  macht. 

A«.  d.  Phjx  u.  Cbem.   N.  F.  XXXVI.  6 


Fig.  1. 


82 


W.  G.  Hankd. 


Aus  dem  bei  G  rechtwinkligen  Dreiecke  FGE  erhält  man 
sin  FEG\  1  =  sin  v :  sin  0 , 
also  cos  FL  G  =       .  ,  _  . 

din*  W 

Aus  dem  Dreiecke  DFL  folgt: 

cos  e  =  cos  0  cos  0'—  sin  0  sin  0'  cos  FLG, 

cos  £  —  cos  0  cos  0  —  —  sin  0'  ]/sin2  0  —  sin2  iy, 

cos2«  — 2  cos  «  cos0  cos0' + cos*^  cos2  &  =  sin2  0'  (sin20—  sin1  w). 

Es  wird  also 

"*"?*'  |/{cöP"0^cbs"*Ö co7- 0  +  sin*0' (sln'0-  sin2 

»T  duds' 
=      .vT     S1U0  COS«/». 

In  Figur  2  sei  die  Richtung  von  r,  ÖZ>  die  Rich- 
tung von  ds',  so  stellt  in  dem  Parallelogramm  OL' HD,  OL' 

die  Kraft  cos«  und  OD  die  Kraft 
cos  0,  sowie  OH  die  Resultirende  dar. 
Da  der  Winkel  DOE=&\  so  ist 
DOE'^  180°-  0'.  Aus  dem  Dreieck 
E'OH  erhält  man 
OH:  L  H  =  sin  0' :  sin  E'OH.  oder 


/  /'  dx  dx 
2r 


sin  0'  cos  iy : 
=  sin  0' :  sin  EOH, 

sinEOH=™«. 

COS  (fr 


C08  0 


Fig.  2. 


folglich 

Der  Bogen  AG  in  Pig.  1  misst 
den  Winkel  zwischen  OG  [der  Pro- 
jection des  Elementes  ds  auf  die  Ebene 
(r,  ds')]  und  OE\_r\  Für  denselben  ergibt  sich  aus  dem 
Dreiecke  GFL  in  Fig.  1  cos  LOG  =  cos  0/  cos  v,  also  der- 
selbe Werth  wie  für  sin  L  OH.  Es  ist  daher  L'OH^W" 
+  E  OG',  oder  E'OH  —  E  OG  —  90°.  Die  Resultirende  B 
liegt  also,  da  beide  Kräfte  cose  und  cos  0  in  der  Ebene 
(r,  ds)  wirken,  ebenfalls  in  dieser  Ebene  und  steht  auf  der 
Projection  von  ds  auf  diese  Ebene,  mithin  auch  auf  ds  selbst 
senkrecht. 

Die  »Seite  des  Elementes  ds,  nach  welcher  die  Resulti- 


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Electrodynamisches  Gesetz. 


rende  gerichtet  ist,  lässt  sich,  ohne  die  Ooraponenten  zu  be- 
rechnen, durch  folgende  Regel  finden: 

Man  denke  sich  in  die  beiden  Elemente  zwei  mensch- 
liche Figuren  so  gelegt,  class  bei  jeder  derselben  der  elec- 
trische  Strom  am  Fusse  ein  und  am  Kopfe  austritt,  und 
wende  beide  Figuren  so,  dass  jede  derselben  mit  ihrer  rech- 
ten Hand  nach  der  anderen  hingewandt  ist,  so  wirkt  die 
Re9ultirende  nach  der  linken  Seite  der  Figur,  wenn  beide 
das  Gesicht  nach  derselben  Seite  gewandt  haben,  dagegen 
nach  der  rechten ,  wenn  die  Gesichter  beider  Figuren  nach 
entgegengesetzten  Seiten  gerichtet  sind. 

§  6.  Betrachten  wir  zunächst  die  Wirkung  eines  ge- 
schlossenen Stromlaufes  in  dem  Fig.  3  gezeichneten  Kreise. 
Die  Ebene  dieses  Kreisstromes  liege  in  der  AK-Ebene,  und 
der  Anfang  des  Coordinatensystems  sei  in  O.  Es  liege  ferner 
das  Element  ds  mit  seiner  Mitte  in  der  Axe  X.    Dann  wird 


Fig.  3. 


c  =  90°  und  ;  90°.  In  der  Fig.  3  gezeichneten  Anordnung 
sind  die  Winkel  a  und  a  negativ.    Man  erhält  dann: 

A  =  — —  sin  (u  —  a)  cos  ß  =  H  — —  sin  &  cos  ß. 


1  r-' 


<•  r 


T  -       ,    //  d  Jtd.i    .     .  ,       .  ii"  dsd*    •  f., 

y  =  H  sin  («  —  a)  cos  a  =  —     tt  ,    sin  h  cos  «, 

Z=Ü. 

Da  bei  der  Integration  nach  ds  die  Grössen  cos«  und 
cos/?  constant  sind,  so  handelt  es  sich  nur  um  das  Integral 
Q  =  li'f(ds/r*)  sin©'. 

Ist  der  Halbmesser  des  Kreises  q  und  y>  der  Winkel, 
welchen  der  nach  da  gezogene  Halbmesser  mit  der  Axe  A* 

6» 


84 


W.  G.  HanktL 


macht,  so  wird,  wenn  der  Abstand  OA  des  Elementes  ds 
vom  Mittelpunkte  des  Kreises  «  c  gesetzt  wird: 

r«-  =  c-  +  Qn--2cQCos<f,    und  s\nQ'=ecOB*^ ?, 
folglich 

./  ir*  +  o2  —  2<r«  cos  <jp)*  ■ 

Für  die  beiden  Elemente  welche  in  den  von  A  an 
den  Kreis  gezogenen  Tangenten  liegen,  wird  der  Zähler  des 
vorstehenden  Bruches  =  0 ;  in  dem  zwischen  diesen  beiden 
Elementen  dem  A  zunächst  liegenden  Theile  des  Kreises  ist 
derselbe  positiv,  in  dem  anderen  Theile  dagegen  negativ. 

Setzt  man  cos  y  =  u ,  so  wird 

Iq  dieser  Form  treten  in  dem  Integral  noch  zwei  Un- 
stetigkeiten  für  /t  =  -f  1  und  u  =  —  1  auf,  da  für  diese 
Stellen  der  Werth  des  Bruches  unendlich  wird.  Es  ist  die 
Integration  also  von  ^  —  +  1  bis  /*=  —  1 ,  und  dann  wieder 
von  ju  =  —  1  bis  u  =  -f  1  auszuführen;  dabei  ist  aber  für 
die  Integration  auf  der  zweiten  Hälfte  des  Kreises  die  Wurzel 
Vi  —  /t2,  da  dieselbe  einen  Sinus  darstellt,  welcher  beim 
Uebergange  aus  dem  zweiten  in  den  dritten  Quadranten  sein 
Zeichen  wechselt,  negativ  zu  nehmen. 

Hiernach  wird  dann 

-V  =  -f  ids  cos  ß .  Q,       Y—  —  ids  cos«.  Q,  Z=0. 

und  die  Resultirende 

R  =  idx  V  fos  =  «  +  coss(j .  Q     ids  cos  it> .  Q. 

Da  in  dem  vorliegenden  Falle  die  Wirkung  aller  Ele- 
mente ds  in  derselben  Ebene,  senkrecht  auf  ds,  theils  nach 
der  einen,  theils  nach  der  anderen  Seite  hin  erfolgt,  so  hätte 
man  auch  sofort  die  Resultirende  aus  der  Wirkung  aller 
Elemente  ds'  berechnen  können.    Dieselbe  wird 

R  =  ids  COS  if  J  =  i  ds  COS  \p  .  Q, 

also  der  zuvor  berechnete  Werth.  Ihre  Richtung  bestimmt 
sich  nach  der  früher  aufgestellten  Regel,  wenn  man  beachtet, 


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Electrodynamisches  Gesetz. 


85 


dass  die  zunächst  an  ds  liegenden  Elemente  wegen  ihrer 
grösseren  Nähe  die  stärkere  Wirkung  ausüben. 

$  7.  Es  ist  ein  eigenthümlicher  Vorgang,  dass,  während 
anfangs  die  Beziehungen  der  Elemente  ds  zu  dem  Element  ds 
namentlich  durch  das  Eintreten  des  cos  e  eng  verflochten 
scheinen,  sich  im  Fortgange  der  Rechnung  diese  enge  Be- 
ziehung wieder  löst,  und  die  Elemente  ds  und  das  Element  ds 
mit  ihren  Eigenschaften  einfach  als  Factoren  nebeneinander 
treten. 

Man  braucht  bei  der  Berechnung  der  Wirkung  des  Kreis- 
stromes auf  das  Element  ds  zunächst  gar  nicht  auf  das  letz- 
tere Rücksicht  zu  nehmen,  sondern  nur  den  Ort  desselben  in 
Betracht  zu  ziehen.  Man  berechnet  den  Werth  des  Integrals  Q, 
dieser  gibt  für  alle  Punkte  in  der  Ebene,  welche  sich  im 
Abstände  c  (Fig.  3)  vom  Mittelpunkte  des  Kreises  befinden, 
die  daselbst  durch  den  Strom  hervorgebrachte  Veränderung 
an.  Legen  wir  dann  das  Element  ds  an  den  betreffenden 
Ort.  so  entwickelt  sich  aus  dem  Einflüsse  jener  Veränderung 
auf  den  in  ihm  vorhandenen  Strom  ein  Antrieb  zur  Be- 
wegung, welcher  in  der  Ebene  des  Kreises  und  senkrecht 
gegen  das  Element  ds  auftritt.  Die  Grösse  desselben  erhält 
man,  wenn  man  das  Integral  Q  mit  ids  cos  i/»  multiplicirt. 
Nach  der  früher  angegebenen  Regel  bestimmt  sich  die  Seite, 
nach  welcher  die  Resultirende  hingewandt  ist. 

§  8.  Es  fragt  sich  nun,  welches  die  physikalischen  Ver- 
änderungen sind,  welche  der  Kreisstrom  in  seiner  Umgebung 
herTorbringt,  und  wie  aus  dieser  Veränderung  und  den  in 
dem  Elemente  vorhandenen  Strome  die  zuletzt  erwähnte  Kraft 
entspringt. 

In  den  Berichten  der  math.-pbys.  Classe  der  Sächs.  ties, 
vom  Jahre  1865,  p.  7  und  1866,  p.  219 l)  habe  ich  eine 
Theorie  der  electrischen  Erscheinungen  aufgestellt,  in  welcher 
dieselben  auf  Schwingungen  zurückgeführt  werden,  und  ge- 
zeigt, wie  die  verschiedenen  Vorgänge  der  Electrostatik, 
der  Electrodynamik  und  der  Induction  sich  auf  diesem  Wege 

1)  Vgl.  auch  W.  G.  Hankel,  Fogg.  Ann.  126.  p.  440.  i860  u.  131. 
p-  607,  1SST. 


86 


IV.  G.  Haiikel. 


erklären  lassen.  Nach  dieser  Theorie  bestehen  die  electri- 
schen  Ströme  in  kreisförmigen  Schwingungen  des  Aethers, 
unter  Betheiligung  der  materiellen  Molecule  des  Drahtes. 
Die  kreisförmigen  Schwingungen  stehen  senkrecht  auf  der 
Axe  des  Drahtes,  und  der  Umschwung  erfolgt  je  nach 
der  Richtung  des  Stromes  in  dem  einen  oder  dem  anderen 
Sinne. 

V  on  den  Elementen  ds'  pflanzen  sich  dann  die  Schwing- 
ungen kugelförmig  in  den  umgebenden  Aether  fort.  Die 
Tangentialgeschwindigkeit  auf  den  verschiedenen  Punkten  der 
Kugelobertläche  hängt  ausser  von  der  Stärke  des  Stromes 
und  der  Länge  des  Radius  auch  noch  von  seiner  Lage  gegen 
die  Axe  des  Umschwunges  ab,  sodass  dieselbe  vom  Aequator 
bis  zu  den  Polen  (Enden  der  Axe)  hin  mit  dem  Cosinus  der 
Breite  oder  dem  Sinus  der  Poidistanz  abnimmt. 

Bezeichnet  i"  die  als  Maass  für  die  Stromstärke  dienende 
Tangentialgeschwindigkeit  im  Aequator  im 
Abstände  1,  so  ist  die  Tangentialgeschwin- 
digkeit im  Punkte  D  (Fig.  4) 
i  sin  A  fi D      i  8iu#' 


r2         -  ri 


Wird  nun  in  den  Punkt  D  das  Ele- 
ment ds  mit  der  Stromstärke  /  gelegt,  und 
zwar  zunächst  so,  dass  es  in  die  durch  ds 
und  BD  —  r  gelegte  Ebene  fällt,  so  haben 
auf  der  einen  Seite  von  ds  die  von  ihm  und  von  ds  aus- 
gehenden Schwingungen  dieselbe,  auf  der  anderen  aber  ent- 
gegengesetzte Richtung.  Die  Geschwindigkeit  der  das  Ele- 
ment ds  umgebenden  Aethertheilchen  wird  daher  auf  der 
ersten  Seite  vergrössert,  auf  der  anderen  vermindert.  Da- 
durch entsteht,  wie  ich  in  der  oben  angeführten  Abhandlung 
gezeigt  habe,  eine  Kraft,  welche  in  der  Ebene  (r,  ds')  liegt, 
senkrecht  auf  dem  Element  ds  steht,  und  nach  der  Seite 
hin  gerichtet  ist,  auf  welcher  durch  das  Zusammentreffen 
entgegengesetzter  Bewegungen  die  Geschwindigkeit  der  Aether- 
theilchen vermindert  ist.    Die  Grösse  dieser  Kraft  ist 


sin 


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ElectrodyiUQnisches  Gesetz. 


87 


Fällt  das  Element  ds  nicht  in  die  Ebene  (r,  ds),  sondern 
oildet  mit  ihr  den  Winkel  y,  so  haben  wir  die  um  ds  als 
Axe  erfolgenden  Schwingungen  in  zwei  zu  zerlegen;  die  Axe 
des  einen  bildet  die  Projection  von  ds  auf  die  Ebene  (r,  ds), 
die  Axe  des  anderen  die  auf  dieser  Ebene  errichtete  Normale. 
Die  Starke  der  um  die  Projection  erfolgenden  Schwingungen 
ist  dann  ids  cos  u>,  und  durch  die  Einwirkung  des  Stromes  t" 
entsteht  eine  Kraft  ids  cos  1^(1" ds  sin  0')jr2,  welche  in  der 
Ebene  (r,  ds')  liegt,  senkrecht  auf  der  Richtung  der  Projection 
oder  auf  dem  Element  ds  steht,  und  nach  der  Seite  hin 
gerichtet  ist,  auf  welcher  die  von  ds'  und  von  der  Projec- 
tion ds  ausgehenden  Schwingungen  entgegengesetzte  Rich- 
tungen haben. 

Gegen  die  um  die  Normale  auf  der  Ebene  (r,  ds')  erfol- 
genden Schwingungen  verhalten  sich  die  von  ds  ausgehenden 
Schwingungen  ringsum  gleich,  bringen  also  keine  Ungleich- 
heiten in  den  das  Elemente  umgebenden  Aetherschwingungen 
hervor,  und  geben  daher  auch  zum  Auftreten  einer  dieses 
Element  treibenden  Kraft  keine  Veranlassung. 

Die  von  einem  Element  ds  mit  der  Stromstärke  V  auf 
ein  anderes  Element  ds  mit  der  Stromstärke  i  ausgeübte 
Kraft  ist  also 

ids  cos  y  .i  dx  sin  H' 

>•* 

Da  die  Kraft  stets  auf  dem  Elemente  senkrecht  steht, 
so  hat  die  von  ds  auf  ds  ausgeübte  Wirkung  im  Allgemeinen 
eine  andere  Richtung,  als  die  von  ds  auf  ds  ausgeübte.  Für 
diese  beiden  Wirkungen  gilt  also  nicht  der  Satz  von  der 
Gleichheit  der  Wirkung  und  Gegenwirkung.  Dieses  Princip 
selbst  aber  wird  durch  die  Vorgänge  zwischen  den  electri- 
schen  Elementen  nicht  verletzt.  Die  Wirkungen  der  Ele- 
mente aufeinander  sind  keine  directen,  sondern  erst  durch 
die  Schwingungen  vermittelt;  in  Betreff  der  Wirkungen 
der  Aethertheilchen  aufeinander  behält  jenes  Princip  seine 
Geltung. 

§  9.  Wenden  wir  uns  jetzt  wieder  zu  der  oben  in  §  6 
berechneten  Einwirkung  eines  ebenen  Kreisstromes  auf  ein 
mit  seiner  Mitte  in  der  Stromebene  liegendes  Element  ds 


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W.  G.  Hankel. 


zurück,  so  zeigt  die  Betrachtung  der  Entwicklung,  dass  das 
Integral  Q  die  Resultirende  aus  den  Geschwindigkeiten  dar- 
stellt, welche  von  allen  Elementen  ds  an  den  Ort  von  d$ 
übertragen  werden.  Diese  Geschwindigkeiten  sind  senkrecht 
gegen  die  Ebene  des  Stromes  gerichtet;  die  auf  B D E (Fig.  3; 
gelegenen  Theile  des  Kreises  bringen  nach  dem  Orte  des 
Elementes  dg  die  Geschwindigkeiten  in  der  einen,  die  von 
dem  anderen  Theile  BFE  ausgehenden  in  entgegengesetzter 
Richtung.  Das  Integral  Q  stellt  also  die  Resultirende  aus 
allen  diesen  Geschwindigkeiten  dar,  welche  nach  der  von 
BDE  ausgehenden  Drehungsrichtung  senkrecht  auf  der 
Stromebene  steht. 

§  10.  Betrachten  wir  jetzt  den  allgemeinen  in  §  4  be- 
handelten Fall  der  Wirkung  eines  beliebig  gelegenen  Ele- 
mentes dg  auf  ein  Element  dg,  so  wird  sich  auch  hier  zeigen, 
dass  sich  die  Beziehungen  der  beiden  Elemente  so  weit  lösen, 
dass  sie  mit  ihren  Eigenschaften  nur  als  Factoren  zusammen- 
treten. 

Die  Gleichungen  für  die  drei  Coraponenten  waren: 

X  =  "  .f*?*-  {cos  ß  ( —  cos  a  cos  ß '  +  cos  b  cos  u)  -r 
+  cos ;'  ( —  cos  a  cos ;  +  cos  c  cos  a)  j . 

y==  jcos;  (- cosÄ  cos / -f  cosccos£')  + 

+  cos  a  (—  cos  b  cos  u  -f  cos  a  cos  . 

Z=       *f "  {cos  « ( -  cos  c  cos  u  +  cos  a  cos  y)  + 
-r  cos  ß  (—  cos  c  cos  ß'  +  cos  h  co*  y  )  \ . 
Wir  setzen  nun 

Q  cos  a  —  +  '-f*  (cos  c  cos  ß'  —  cos  b  cos  y) . 
Q  cos  m  =  -f-     *■  (cos  u  cos  y  —  cos  c  cos  «') , 
Q  cos  v  =  4-        (cos  £  cos «/  —  cos  a  cos  . 

Die  Werthe  sind  nur  abhängig  von  dg  und  der  Lage 
des  Ortes,  an  welchen  spater  das  Element  dg  hingesetzt  wer- 
den soll.  Q  bedeutet  also  eine  Resultirende,  deren  Richtung 


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Electrodynamisches  Gesetz. 


8'.) 


durch  die  Winkel  A,  (i*  v  bestimmt  wird,  und  deren  Grösse 
sich  ergibt  Q  =  (*"</*' sin  0')/r*.  Dieser  Ausdruck  ist  die  von 
d$  an  den  betreffenden  Ort  übertragene  Geschwindigkeit,  da 
Q  auf  der  Ebene  (r,  ds')  senkrecht  steht.  Die  obigen  Aus- 
drücke QcosA,  Qcosu,  Qcosr  bedeuten  also  die  Üompo- 
nenten  der  Geschwindigkeit  Q  nach  den  drei  Axen 

Legen  wir  nun  das  Element  ds,  welches  mit  den  drei 
Axen  die  Winkel  a,  ft,  y  bildet,  an  den  betreffenden  Ort,  so 
erhalten  wir  die  Componenten 


Hieraus  folgt,  wenn  i/»  den  Winkel  zwischen  ds  und  der 
Ebene  (r,  ds)  bedeutet,  die  Resultirende 


Diese  Resultirende  liegt  in  der  Ebene  (r,  ds)  und  steht 
senkrecht  auf  ds  oder  seiner  Projection  auf  die  Ebene  (r, ds). 
Dies  ist  aber  genau  die  Resultirende,  welche  entsteht,  wenn 
das  Element  ids  an  den  Ort  gelegt  wird,  wo  die  resultirende 
Geschwindigkeit  Q  war.  Es  entsteht  durch  das  Zusammen- 
treffen der  Schwingungen  eine  Kraft  ü/*cos  \V  {i'ds  sin  ;2r, 
welche  das  Element  ds  in  der  auf  Q  senkrechten  Ebene,  in 
der  auf  ds  senkrechten  Richtung,  nach  der  Seite  hin  treibt, 
wo  die  von  ds  und  ds  ausgehenden  Schwingungen  einander 
entgegengesetzt  sind. 

§  11.    Genau  ebenso  lässt  sich  die  Aufgabe  behandeln.' 
die  Wirkung  eines  beliebigen  geschlossenen  Stromes  auf  ein 
Element  ds  zu  bestimmen.  Auch  hier  lassen  sich  wieder  in 
den  Componenten  A",  Y\  Z  die  auf  ds  und  auf  ds  bezüglichen 
Grössen  trennen. 

Setzen  wir 

Ql  =  J  j"  ^*  (cos  c  cos  ft '  —  cos  b  cos  y)  —  Q  cos  /. , 


A'  =  ids  Q  (cos  ß  cos  v  —  cos ;'  cos  u) . 
)  '  =  idsQ  (cos  y  cos  /L  —  cos  u  cos  v) , 
Z  =  ids  Q  (cos  u  cos  u  —  cos  ft  cos  X) . 


R  =  ids  cos  v>.  Q  = 


i  ff  *  ot.t*  W  .  /'</.*  sin  H 


• 


}  f 1      (cos  a  cos    —  cos  c  cos  u) 


Q cos  u . 


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90 


IV.  G.  Hunkel. 


so  ist  Q  die  Resultirende ,  welche  mit  den  drei  Axen  die 
Winkel  A,  v  macht.  Dieselbe  stellt  die  Resultirende  der 
von  allen  Elementen  ds  an  den  Ort  von  ds  übertragenen  Ge- 
schwindigkeiten dar,  und  Qx ,  Q21  Qs  sind  die  drei  Compo- 
nenten  dieser  Resultirenden. 

Bilden  wir  nun  die  Componenten  A",  i\  Zy  so  erhal- 
ten wir 

A  =  /«.v  Q  (cos  p  cos  v  —  cos  y  cos  m), 
K  =  ids  Q  {cosy  cos  A  —  cos  «cos  v), 
Z  =      Q  (cos  a  cos  M  —  cos  ß  cos  /.). 
Bezeichnet  y  den  Winkel,  welchen  das  Element  ds  mit 
einer  auf  Q  senkrechten  Ebene  i»  macht,  so  wird  die  Re- 
sultirende 

R  —  ids  cos  w» . 

und  zwar  liegt  dieselbe  in  der  Ebene  P  und  steht  senk- 
recht auf  der  Projection  von  ds  auf  P  und  ebenso  auf  ds 
selbst. 

Dies  ist  aber  genau  wieder  der  Vorgang,  wie  ihn  die 
Schwingungstheorie  fordert.  Q  ist  die  Resultirende  aus  den 
von  8ämmtlichen  Elementen  ds  an  den  Ort  des  Elementes 
ds  übertragenen  Schwingungen.  Legen  wir  nun  das  Element 
ids  an  den  betreffenden  Ort,  so  haben  wir  dasselbe  auf  eine 
gegen  Q  senkrechte  Ebene  Pzu  projiciren.1)  In  dieser  Ebene 

11  Die  oben  mit  P  bezeichnete  Ebene  hat  schon  Grassmunn  in 
seiner  Abhandlung  »Zur  Eleetrodynamik"  (Journal  für  reine  und  ange- 
wandte Mathematik  83,  1SS7)  bemerkt.    Kr  sagt  daselbst  p.  V>3: 

»Wenn  ein  beliebiger  geschlossener  Strom  im  Räume  gegeben  ist.  so 
gibt  es  zu  jedem  Punkte  A  eine  bestimmte  Ebene,  die  man  durch  A 
gehend  annehmen  und  die  Wirkungsebeue  des  .Stromes  in  Bezug  auf  den 
Punkt  A  nennen  kann,  und  welche  die  Eigenschaft  hat,  dass  jede*  von 
A  ausgehende  Stromelement  (b)  erstens,  wenn  es  auf  dieser  Ebene  senk- 
recht steht,  keine  Einwirkung  durch  den  Strom  erfährt,  zweitens,  wenn 
es  schräg  darauf  steht,  dieselbe  Wirkung  erleidet,  wie  seine  (senkrechte) 
Projection  (/>,)  auf  diese  Ebene  erleiden  würde,  drittens,  dass  die  Kraft, 
die  es  erführt,  in  dieser  Ebene  liegt  und  auf  der  Projection  (bx  l  des  Strom- 
elementes und  also  auch  auf  diesem  selbst  senkrecht  steht,  und  viertens, 
dass  wenn  g  die  Kraft  ist,  welche  jenes  von  A  ausgehende  Stromelement 
lb)  in  irgend  einer  Lage  erf&hrt,  und  sich  die  Projection  des  Strom- 
elementes auf  die  Wirkungsebene  um  irgend  einen  Winkel  in  dieser  Ebene 
dreht,  dann  auch  die  Kraft  a,  ohne  ihren  Werth  zu  verändern,  sich  um 
denselben  Winkel  dreht." 


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Electrodynamisches  Gesetz. 


91 


entsteht  dann  durch  das  Zusammentreffen  der  von  dem  ge- 
schlossenen Strome  und  dem  Elemente  ds  ausgehenden 
Schwingungen  eine  Kraft  ids  cos  w.  Q,  welche  auf  ds  und 
seiner  Projection  auf  die  Ebene  P  senkrecht  steht  und  nach 
der  Seite  gerichtet  ist,  wo  die  von  dem  geschlossenen  Strome 
und  von  ds  ausgehenden  Schwingungen  entgegengesetzte  Rich- 
tungen besitzen. 

§  12.  Zum  Schluss  will  ich  noch  den  Fall  behandeln, 
wo  ein  ebener  kreisförmiger  Strom  auf  ein  Element,  welches 
in  seiner  Axe  in  einem  gegebenen  Abstände  liegt,  einwirkt. 

Wollte  man  diese  Wirkung  berechnen,  indem  man  von 
der  Formel 

ii  dg  ds  sin  H  cos  */' 
2r 

ausgeht,  so  würde,  obwohl 
sinf-r=  1,  selbst  bei  der  An- 
nahme, dass  ds  mit  der  Axe  A" 
parallel  liegt,  doch  die  Rech- 
nung sehr  umständlich  werden, 
da  die  von  jedem  einzelnen 
Elemente  ds  auf  ds  ausgeübte 
Kraft  von  Element  zu  Element 
ihre  Grösse  und  Richtung 
ändert,  wobei  sie  doch  immer 
senkrecht  gegen  ds  bleibt. 

Einfacher  gestaltet  sich  die  Rechnung,  wenn  man  zuerst 
die  Componenten  X,  V,  Z  berechnet.  Ziehen  wir  zuerst 
von  allen  Punkten  des  Kreises  (Fig.  5)  vom  Halbmesser  o 
Linien  nach  dem  Orte  C  des  Elementes  ds,  so  bilden  die- 
selben einen  Kegel.  Es  sei  e  der  Abstand  OC,  und  c  der 
Winkel,  welchen  eine  Seite  des  Kegels  mit  der  Axe  macht, 
SP  ist  der  Winkel,  welchen  r  bei  allen  Elementen  ds  mit 
der  Z-Axe  bildet,  =  c.  Ist  der  Winkel  zwischen  OB  und  A" 
gleich  <p,  so  ist  der  Winkel  «'=9<)0  +  y,  ft'=f/,  90", 
es  wird  also: 

Cosa  —  —  sin  qr,  cos  ft'  =  cosy,  cos;'=  0. 
Weiter  ergibt  sich 

cos  a  =  sin  c  cos  y ,  cos  b  =  sin  c  sin  <p . 


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02  W.  G.  Hankel. 

Das  Integral  Q;  wird  dann  -f  *  \C™Cf  cos  rpdrf. 

Q.  "  -f     2^     J  Sin  <jf <f  . 

,4  /  (>  sin  ^  C  . 

Die  beiden  ersten  Integrale  geben  zwischen  0  und  2  :r 
genommen  den  Werth  =0.  Q3  wird  =  -f  /'rrpsinc/  r2.  Die 
Resultirende  Q  =      liegt  in  der  Axe  Z. 

Wird  nun  das  Element  an  den  Ort  C  gelegt,  und  sind 
die  von  den  drei  Axen  gebildeten  Winkel  a,  ß. ;%  so  werden 
die  drei  Componenten 

also 


7? 


i<ijr  t"  n  y  sin  r  cos  u> 


Gehen  wir  von  der  Theorie  der  Schwingungen  aus.  so 
lässt  sich  das  vorstehende  Resultat  fast  aus  der  blossen 
Anschauung  entnehmen. 

Alle  von  den  Kiementen  ds  an  den  Ort  von  ds  über- 
tragenen Geschwindigkeiten  von  der  Grösse  i'dsjr-  stehen 
senkrecht  auf  der  durch  C  und  ds  gelegten  Ebene  und  sind 
einander  gleich.  Sie  bilden  mit  der  Axe  Z  einen  Winkel 
=  90°  — c.  Zerlegen  wir  jede  Geschwindigkeit  i'ds  r2  in 
eine  nach  Z  gerichtete  und  in  eine  mit  der  Ebene  X) 
parallele  Componente,  so  heben  sich  die  letzteren  Compo- 
nenten auf,  und  es  bleiben  nur  die  nach  Z  hin  gerich- 
teten übrig,  deren  Summe  mit  Hinzufügung  des  Factors  l 
gleich  i"  7i  q  sin  c  /  r~  ist.  Wird  nun  das  Element  ds  an  den 
Ort  C  gelegt,  so  entsteht  eine  in  der  auf  Z  senkrechten 
Ebene  liegende  und  auf  ds  senkrecht  stehende  Kraft 
ids  cos  n> .  i  n  g  sin  c  /  r2,  und  zwar  gerichtet  nach  der  Seite 
von  ds,  auf  welcher  die  von  dem  kreisförmigen  Strome  und 
die  von  ds  ausgehenden  Schwingungen  entgegengesetzt  ge- 
richtet sind. 


Elektrodynamische*  Gesetz.  93 

Die  vorstehenden  Erörterungen  dürften  es  wohl  recht- 
fertigen, wenn  ich  der  Ansicht  Ausdruck  gebe,  dass  die  von 
mir  aufgestellte  Theorie  den  wirklichen  Vorgängen  entspricht. 
Die  Rechnung  stellt  in  allen  Beziehungen  vollständig  und  genau 
die  aus  den  Schwingungen  sich  ergebenden  Vorgänge  dar. 


IV.  Veber  den  Ein flu hh  der  Temperatur  auf  die 
Verdampfung  und  auf  die  Diffusion  von  Dämpfen1); 

von  A.  Winkelmann. 

(Hierin  T»f.  I  Klf.  14.) 

Ueber  die  Diffusion  der  Gase  in  ihrer  Abhängigkeit 
von  der  Temperatur  liegen  Versuche  von  Lohschmidt  und 
in  sehr  ausführlicher  Art  von  v.  Obermayer  vor.  Aus 
den  Loschmidt'schen  Beobachtungen2)  ergeben  sich  für 
den  Exponenten  m  der  Gleichung: 

in  welcher  D*  den  Diffusionscoefficienten  bei  #°  und  a 
den  Ausdehnungscoefficienten  der  GaBe  bezeichnet,  folgende 
Werthe: 

Combination  m       Temperatunliff.,  aus  welcher 

m  abgeleitet  wurde 
Kohlensäure- Luft  lf»8  38,0° 

»  Wasserstort'     2,10  13,2 

Sauerstoff    -         „  1,71  82,4 

Die  Versuche  von  v.  Oberraayer3)  umfassen  das  Tem- 
peraturintervall von  8  bis  61,5°.  Die  gefundenen  Resultate, 
welche  genauer  als  die  Loschmidt'schen  sind,  enthält  die 
fugende  Tabelle. 


1)  Auszugsweise  am  1.  Juni  1888  in  der  med.-naturw.  Gesellschaft 
in  Jena  mitgetheilt. 

2i  Loschmidt,  Wien.  Ber.  61.  2.  Abth.  p.  367.  1870. 

3.1  v.  Obermaver,  Wien.  Her.  Sl.  2.  Abth.  p.  1102.  1880. 


94  A.  Winkelmann. 


Kohlensäure -Luft  1.%* 

«        -  Stickoxydul  2,050 

»        -Wasaerstoti"  1,742 

Sauerstoff    -       „  1,755 

„        -Stickstoff  1,792 

Ich  habe  für  eine  grössere  Reihe  von  Dämpfen,  deren 
Diffusion  in  Wasserstoff,  Luft  und  Kohlensäure  früher  unter- 
sucht wurde1),  aus  Mangel  einer  näheren  Kenntniss  voraus- 
gesetzt, dass  m  unabhängig  von  der  Natur  des  Gases  sei, 
in  welches  die  Diffusion  stattfindet,  und  dass  dasselbe  gleich 
2  sei.  Eine  Prüfung  dieser  Annahme  war  bei  der  damaligen 
Versuchsanordnung  nicht  möglich,  weil  die  Genauigkeit  der 
Versuche  hierfür  nicht  ausreichte.  Die  Beobachtungen, 
welche  am  Wasserdampf  angestellt  waren,  enthielten  indess 
eine  Andeutung  dafür,  dass  die  Abhängigkeit  der  Diffu- 
sionscoefficienten von  der  Temperatur  mit  der  Natur  des 
Gases,  in  welches  die  Diffusion  stattfindet,  sich  ändert  Ver- 
gleicht man  nämlich  das  Verhältniss  der  Diffusionscoefficien- 
ten  bei  verschiedenen  Temperaturen  miteinander,  so  finden 
sich  keine  constanten  Zahlen.    Es  wurde  gefunden: 

p     v  •  .  Verhältniss  der  DiJTuaion^coefficieutcn 

,uncn  bei  der  Temperatur 

49,5°  92,4° 

l**°-ß*  5  5-  4  95 

ILO  —  Luft  ... 
H.O-CU,  ^  l'4" 

Das  Verhältniss  der  Diffusionscoefficienten  nimmt  nach 
diesen  Zahlen  mit  wachsender  Temperatur  ab.  Diese  Ab- 
nahme wird  erklärt,  wenn  man  annimmt,  dass  der  Diffu- 
sionscoefficient  H20— IL,  schwächer  mit  der  Temperatur 
wächst,  als  jener  von  H2  — C02,  und  dass  die  Aenderung  der 
Diffusionscoefficienten  H20-Luft  zwischen  den  Aenderungen 
der  beiden  anderen  (Kombinationen  gelegen  ist. 

In  der  folgenden  Arbeit  ist  diese  Annahme  einer  ge 
naueren  Prüfung  unterzogen,  und  es  hat  sich  in  der  That 
die  Berechtigung  derselben  herausgestellt.    Setzt  man,  wie 
oben,  den  Diffusionscoefficienten  bei  der  Temperatur 

Ii  Winkel  mann,  Wied.  Ann.  2*2.  p.  152.  1884. 


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Verdampfung  und  Diffusion. 


95 


so  wurde  erhalten  für  die: 


Combination 
HaO-H4 
H40-Luft 
H,0-CO. 


1,712 
1.774 
1,972 


hl 


§  I- 


Die  Versuche  über  die  Diffusion  des  Wasserdampfes 
zeigten  bei  der  früheren  Untersuchung  in  der  höheren  Tem- 
peratur eine  Schwierigkeit,  welche  darin  bestand,  dass  mit 
der  Aenderung  des  Abstandes  des  Flüssigkeitsniveaus  vom 
Ende  der  Röhre  der  Diffusionscoefncient  selbst  sich  änderte. 
Es  wurde  damals  constatirt,  dass  der  Diffusionscoefncient 
mit  wachsendem  Abstände  einem  Grenzwerthe  zustrebt,  und 
dass  letzterer  sich  aus  den  Versuchen  berechnen  lässt.1)  Für 
die  jetzt  auszuführende  Bestimmung  der  Abhängigkeit  des 
Difrasionscoefficienten  von  der  Temperatur  war  es  wünschens- 
wert!^ eine  Anordnung  zu  treffen,  bei  welcher  von  vornherein 
der  Grenzwerth  erreicht  wird,  bei  welcher  also  die  genannte 
Abhängigkeit  des  Diffusionscoefficienten  nicht  mehr  vorhan- 
den oder  auf  ein  Minimum  reducirt  ist.  Es  war  dies  durch 
eine  starke  äussere  Druckvermehrung,  durch  welche  die 
Verdampfung  sehr  abgeschwächt  wird,  zu  erzielen.  Der  Ein- 
fiuss  einer  solchen  Druckvermehrung  ist  durch  eine  vor- 
bereitende Arbeit2)  festgestellt.  Ein  stärkerer  äusserer  Druck 
bietet  gleichzeitig  den  Vortheil,  dass  höhere  Temperaturen 
anwendbar  werden,  resp.  dass  die  constante  Temperatur  der 
siedenden  Dämpfe  benutzt  werden  kann. 

Die  Anordnung  der  Versuche  war  folgende.  Bei  der 
tieferen  Temperatur,  welche  wenig  über  der  Temperatur  des 
Zimmers  lag,  wurden  die  Apparate  —  deren  Einrichtung 
vollständig  mit  jenen,  die  bei  der  Arbeit  über  den  Eintluss 
des  äusseren  Druckes  beschrieben  sind,  übereinstimmt  —  in 
ein  Wasserbad  gesetzt,  dessen  Temperatur  durch  einen 
Thermostaten  bis  auf  0,05°  constant  gehalten  wurde.  Die 

1)  Winkelrnann,  VVie-1.  Ann.  22.  p.  152.  IHM. 

2)  Winkelrnann,  Wied.  Ann.  33.  p.  445.  188^. 


90 


A.  Winktlmann. 


Ablesung  des  Flüssigkeitsniveaus  geschah  mit  Hülfe  von 
Mikroskopen. 

Zu  den  Versuchen,  welche  bei  der  höheren  Temperatur 
ausgeführt  wurden,  diente  ein  viereckiger  Kasten  AB  (Fig.  14) 
von  50  cm  Höhe  mit  quadratischem  Querschnitt  von  9  cm 
Seite;  die  vordere  und  hintere  Wand  desselben  war  von 
Spiegelglasscheiben  gebildet  Dieser  Kasten  wurde  auf  einen 
Wasserkessel  gesetzt,  um  die  Dampfe  durch  den  ersteren 
hindurchzuleiten.  Da  die  Versuche  längere  Zeit  beanspruchten, 
als  dass  der  Wasserinhalt  zur  Dampfbildung  ausgereicht 
hätte,  war  an  dem  Boden  des  Wasserkessels  ein  seitlich 
nach  oben  gebogenes  Rohr  herausgeführt,  in  welches  aus 
einer  Mariotto'schen  Flasche  C  Wasser  nachtropfte.  In 
den  Kasten  AB  wurden  die  Apparate  a,  b,  deren  Gesammt- 
länge  50  cm  betrug,  durch  einen  Kork  bei  B  eingeführt. 
Die  Verbindung  der  Apparate  mit  der  Quecksilberluftpumpe 
geschah  durch  lange  doppelt  gebogene  Glasröhren  /  /,  welche 
nach  Art  der  Kundt'schen  Glasfedern  eine  starke  Biegung 
vertrugen  und  die  Verbindung  mit  der  Pumpe  sehr  erleich- 
terten; mit  der  letzteren  war  endlich  einerseits  ein  Queck- 
silbermanometer M  und  andererseits  eine  Druckpumpe  P 
verbunden.  Der  Druck,  unter  welchem  die  Verdampfung  in 
den  Apparaten  erfolgte,  lag  zwischen  1500  und  1600  mm. 

Zunächst  wurde  durch  ein  in  den  Kasten  AB  einge- 
führtes Thermometer,  welches  in  0.2°  getheilt  war,  eonstatirt, 
dass  das  Innere  des  Kastens  trotz  seiner  beträchtlichen 
Höhe  die  Temperatur  der  siedenden  Dämpfe,  wie  sie  sich  aus 
dem  jeweiligen  Barometerstand  berechnet,  in  der  That  be- 
sass.  Einige  Schwierigkeit  bot  die  mikroskopische  Ablesung 
des  Flüssigkeitsniveaus  in  den  engen  Röhren,  weil  häufig  ein 
Beschlag  an  der  inneren  Wandung  der  Spiegelglasscheiben 
eintrat,  welcher  die  scharfe  Einstellung  unmöglich  machte. 
Es  wurde  in  diesen  Fällen  durch  ein  Stückchen  Wollenzeug, 
welches  an  einem  Draht  befestigt  durch  den  Kork  in  den 
Kasten  eingeführt  war,  der  Beschlag  unmittelbar  vor  der 
Ablesung  abgewischt. 

Die  Absorption  des  dift'udirendeu  Wasserdampfes  wurde 
durch  Schwefelsäure  bewirkt,  welche  bis  nahe  an  den  Rand 


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Verdampfung  und  Diffusion. 


97 


des  inneren  Verdampfungsrohres  reichte.  Es  war  für  die 
höhere  Temperatur  die  Bestimmung  nothwendig,  ob  etwa 
der  Druck  der  Schwefelsäuredämpfe  einen  bemerkbaren  Ein- 
fluss  ausübte.  Zu  dem  Ende  wurde  ein  unten  geschlossenes 
Glas  theil weise  mit  Schwefelsäure  gefüllt,  dasselbe  in  einen 
gläsernen  Siedeapparat  eingeführt  und  mit  der  Quecksilber- 
pumpe verbunden.  Bei  einem  Luftdrucke  von  1,5  mm  war 
noch  kein  Sieden  der  Schwefelsäure  bemerkbar;  erst  als  der 
Druck  0,6  mm  war,  traten  Blasen  auf,  welche  als  ein  Sieden 
in  der  Nähe  der  Flüssigkeitsoberfläche  gedeutet  werden 
konnten,  vielleicht  aber  auch  blos  Luft  enthielten.  Jeden- 
falls hat,  wie  aus  diesen  Versuchen  hervorgeht,  die  von  mir 
benutzte  Schwefelsäure  bei  100°  einen  Dampfdruck,  welcher 
kleiner  als  1,5  mm  ist.  Da  aber  die  Versuche  über  die 
Verdampfung  des  Wassers  unter  einem  Druck  von  1500  bis 
1600  mm  angestellt  wurden,  hat  der  genannte  kleine  Druck 
keinen  bemerkbaren  Einfluss.  Um  aber  in  dieser  Hinsicht 
noch  eine  weitere  Controle  zu  haben,  wurden  auch  Versuche 
ausgeführt,  bei  welchen  die  Schwefelsäure  durch  Phosphor- 
säureanhydrid ersetzt  war;  es  zeigte  sich  hier  das  gleiche 
Resultat,  wie  früher  unter  Benutzung  der  Schwefelsäure. 


Der  Diffusionscoefficient  ist  dem  folgenden  Ausdruck, 
abgesehen  von  einem  Temperaturcoefficienten,  proportional: 


Es  bedeutet  in  demselben  {tx  — 10)  die  Zeit,  welche  noth- 
wendig ist,  damit  das  Flüssigkeitsniveau  von  dem  Abstände 
Äö  auf  ^  sinkt;  P  stellt  den  äusseren  Druck  und  p  den 
Dampfdruck  dar. 

In  der  folgenden  Tabelle  sind  die  Grössen,  welche  zur 
Berechnung  des  obigen  Ausdrucks  B  nothwendig  sind,  gleich- 
zeitig mit  dem  Ausdruck  selbst  angegeben. 

Aon.  d.  Phy».  u.  Cbtm.  N.  F.  XXXVI.  7 


§  2.    Verauchsresultatc  mit  Luft. 


1 


'1  -  '0  . 


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98  A.  mnkelmann. 

Tabelle  I.  Wasserdampf-Luft. 


Abstand  des 


1  ■ 

FlüasipkeitH- 
niveaus  vom    ('i  ~  fo) 
Ende  d.  Röhre    jn  Sec. 
in  mm 

/, 

1  Aeii68erer 
Druck 
in  mm 

P 

!  Teillpe- 
rii  fur 

rmur 

1 

1_ 

Dampf- 
druck 
in  mm 

P 

it 
/» 

1 

25,038 
26,006 
27,079 

83  220 
85  140 

t  737.7 

15,06 

12,723 

0,04179 

2 

20.205 
21,452 
22,645 

83  340 

84  540 

• 

< 

0,04120 

3 

1 9,090 
20,422 
21,696 

83  520 

84  MO 

t 
% 

:  - 1 

1 

0,04170 
0,04190 

4 

21,201 
23,951 

169  800 

743,8 

:  i7,5i 

1 

14,865 

0,04169 

5 

17,165 
20,508 

169  560 

»> 

I  n 

•» 

i 

"  1 

0.04 23?t 

<; 

15,413 
19,000 

169  140 

n 

0,04162 

7 

13,806 
17  755 

169  560 

n 

• 

L  -  J 

1 

•> 

0,04191 

35,34tT 
38,529 

319  740 

751  ° 

17  41 

j 

14  77*2 

0  04*>fi,> 

45,546 
48,052 

319  860 

i 

'» 

0,04251 

10 

oo«  4m  3  «3 
55,807 
57,459 

86  580 
253  680  | 

744,0 

17.43 

14,791 

0,04228 
0,04230 

11 

41.127 
41,925 
44,102 

89  5*0 
253  260 

•> 

1 

0,<i4240 
0,04239 

12 

50.117 
50,774 
52.591 

89  280 
253  800 

"  1 

•» 

0.04255 
0,04240 

Die  Versuche,  welche  gleichzeitig  mit  verschiedenen 
Röhren  in  demselben  Wasserbade  angestellt  wurden,  sind 
durch  horizontale  Doppelstriche  eingeschlossen;  sie  sind  da- 
durch charakterisirt,  dass  ihnen  gleiche  Drucke  und  gleiche 
Temperaturen  angehören.  Die  Differenzen,  welche  diese  Ver- 
suche in  dem  Ausdrucke  B  zeigen,  sind  grösser,  als  erwartet 
wurde;  dieselben  sind  darin  begründet,  dass  die  Theilung  auf 
der  Glasröhre  nicht  gleichzeitig  mit  der  Flüssigkeitskuppe 


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Verdampfung  und  Diffusion. 


99 


in  dem  Mikroskop  deutlich  sichtbar  war.  Um  daher  den 
Abstand  der  Kuppe  von  einem  Theilstrich  der  Röhre  durch 
das  Ocularmikrometer  des  Mikroskops  zu  bestimmen,  waren 
zwei  Einstellungen  nöthig,  welche,  wenn  eine  kleine  Neigung 
der  horizontalen  Axe  des  Mikroskops  infolge  einer  Schwer- 
punktsverschiebung des  letzteren  eintrat,  von  einem  Fehler 
begleitet  sind,  der  die  Genauigkeit  der  mikroskopischen  Ab- 
lesung nicht  vollständig  auszunutzen  gestattet.  Die  beiden 
ersten  Gruppen  der  obigen  Tabelle  zeigen  Unterschiede,  die 
fast  2  Proc.  erreichen,  wahrend  bei  den  letzten  Gruppen,  wo 
man  durch  häufigere  Einstellungen  die  gedachten  Fehler 
möglichst  zu  vermeiden  bestrebt  war,  die  Differenzen  beträcht- 
lich kleiner  sind. 

Die  Verdampfungsröhren,  welche  zu  den  obigen  Ver- 
suchen benutzt  wurden,  hatten  einen  lichten  Durchmesser 
von  1,1  mm;  um  zu  untersuchen,  ob  durch  die  Wasserauf- 
nahme der  absorbirenden  Schwefelsäure  die  Wirksamkeit  der 
letzteren  bei  den  Versuchen  beeinträchtigt  wird,  wurde  ein 
Doppelversuch  (Nr.  10  der  Tab.  I)  ausgeführt,  bei  welchem 
das  Verdampfungsrohr  einen  Durchmesser  von  3,6  mm  hatte. 
Obwohl  hier  etwa  zehnmal  so  viel  Wasser  verdampft,  als 
bei  dem  engen  Rohr  in  gleicher  Zeit,  sind  die  Werthe  von 
B  sehr  nahe  einander  gleich  (vgl.  die  Nrn.  10,  11,  12),  ein 
Beweis ,  dass  die  Schwefelsäure  durch  die  geringe  Wasser- 
Hufnahme,  um  welche  es  sich  bei  den  obigen  Versuchen  han- 
delt, auch  nach  längerer  Zeit  von  ihrer  Wirksamkeit  noch 
nichts  verloren  hat. 

Berechnet  man  aus  den  einzelnen  Gruppen  das  Mittel, 
und  fasst  hierbei  die  beiden  letzten  Gruppen,  welche  nur 
einen  Temperaturunterschied  von  0,02°  zeigen,  zusammen, 
so  erhält  man: 


Temperatur  B 

15,06  0,04164 

17,51  0,04190 

17.42  0,04232 

.Mittel    16,6(5  0,04199 


In  der  folgenden  Tabelle  sind  die  Versuche  bei  der 
höheren  Temperatur  zusammengestellt.  Es  wurden  zwei 
Apparate  gleichzeitig  benutzt;  dieselben  sind  durch  die  Buch- 

7* 


100 


A,  WinkHmann, 


staben  a  und  b  unterschieden;  in  dem  Apparate  a  hatte  das 
Verdampfungsrohr  einen  lichten  Durchmesser  von  1.11  mm. 
in  dem  Apparate  b  einen  solchen  von  0,88  mm. 

Tabelle  IL  Wasserdampf-Luft. 


Nr. 

■< 
l 


3/ 
4, 


Abstand  des 

V\ii  s*?i  (»its. 

niveau*  vom 
Ende  d.  Röhre 

• 

in  mm 

h 

f.-'.) 
in  See. 

! 

i 

Aeus.serer 
Druck 
in  mm 

P 

DumriT. 

druck 
in  mm 

I 

P 

1 

Tempe- 
ratur . 

B 

54.107 

1 

21240  1577,1 

., 

750,90 

99,66 

0,05485 

AU  QÜW 

52,686 

20460 

1 

_"  1 

0,05473 

54,944 

63,296 

32220 

1569,5 

747,75 

99.55 

0,05452 

03,43  i 
61,072 

32580 

* 

0,05380 

e*  a  Toi 

64.724 
70.380 

_ 

24630 

1570,2 

742,05 

99,33 

0.05562 

63,535 
68,253 

20250 

! 

._"  J 

i 

• 

0.0552 1 

143,135 
146,141 

• 

27990 

1576,0 

• 

743,5 

99.39 

0,05603 

146,794 
149,775 

28950 

•i 

>» 

1 

1 

i 

0,055  t  5 

146,687 
149,268 

24600 

i 

1573,7 

742,9 

t 

99,37  , 

0,05598 

150.276 
152,718 

24540 

»» 

i 
t 

0,05435 

In  den  Versuchen  der  vorstehenden  Tabelle  variirt  der 
Abstand  der  Flüssigkeitsoberfläche  vom  Ende  der  Röhre  von 
47  bis  152  mm;  trotzdem  sind  die  Werthe  von  B,  wie  zu 
erwarten  stand,  nur  wenig  voneinander  verschieden.  Bildet 
man  für  beide  Apparate  das  Mittel  aus  den  Versuchen  1 
bis  3  einerseits,  und  4  bis  5  andererseits  entsprechend  den 
kleineren  und  grösseren  Werthen  von  h,  so  findet  man: 

Mittel  werthe  von  b', 
Versuch  1—3;  4—5 

Apparat  a       0,05510  0,05600 
b       0,05458  0,05475 


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Verdampfung  und  Diffusion. 


101 


Bei  dem  Apparate  a  betragt  die  Zunahme  1,6  Proc,  bei 
dem  Apparate  b  nur  0,3  Proc.  Da  es  nicht  wahrscheinlich 
ist,  dass  die  Differenz  in  dem  Verhalten  beider  Apparate 
nur  in  Ablesungsfehlern  begründet  sei,  so  liegt  die  Ver- 
muthung  nahe,  dass  eine  der  beiden  Verdampfungsröhren 
nicht  vollkommen  cylindrisch  ist.  Wenn  ein  Rohr  nach 
unten  hin  sich  conisch  verjüngt,  so  muss  die  Verdampfung 
mit  wachsendem  Abstände  der  Fltissigkeitsoberfläche  grösser 
werden,  als  in  einem  cylindrischen  Rohre,  d.  h.  es  muss  B 
mit  wachsendem  Abstände  wachsen.  Um  den  Einfluss  einer 
etwaigen  Ungleichmassigkeit  zu  erkennen  und  aus  dem  Mittel- 
werthe  zu  beseitigen,  wurden  beide  Rohre  unten  abgeschnitten 
und  oben  zugeschmolzen  und  dann  die  Verdampfung  von 
neuem  untersucht.  Die  folgende  Tabelle  enthält  die  Resultate. 

Tabelle  III.  Wasserdampf-Luft. 

(Beide  Rohre  sind  umgekehrt.) 


Xr. 

*« 
6, 


,  Abstand  des 
Flüssigkeita- 
nive&us  vom 
Ende  d.  Röhre 
in  mm 
h 

65,662 
70,042 


r  Aeusserer 
Ci  ~  'o)  !  Druck 

in  See.       in  mm 


Dampf- 
druck 
in  mm 


10, 


67,141 
71,123 

72,352 
77,946 

73,61)6 
79,310 

136,194 
139,194 

129,549 
132,854 

140,113 
1 42,924 

133,803 
136,b90 


r 


20220 


19650  ' 
27340 


*    i  ' 

1562,5  780,4 


1560,4  732,8 


I 

Tempe- , 
ratur 


98,90  0,05449 
ii      !  0,05515 


28320 


27720 


29220 


.1. 


1568,7  735,7 


25860     •  1568,6 

\ 


27030 


744,5 


98,99  0,05553 

n  0,05506 

99,10  0,05420 

»  0,05396 

99,43  0,05504 


0,05530 


89,733 
94,215 

64.295 
70,312 


27270 


2709» 


1575,3  742,9 


99 


,37  0,05452 
„  0,05392 


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102 


A.  h'inkelmann. 


Bildet  man  hier  ebenfalls  das  Mittel  aus  den  Versuchen 
mit  kleinem  Abstand  und  jenen  mit  grösserem  Abstand,  so 
ergibt  sich: 

Mittelwerthe  von  b 
aus   den  Versuchen 
Nr.  6.  7,  10;  h.  9 

Apparat  a       0,0548.">  0,05462 
»       h       0,05471  0,05463 

Nach  diesen  Versuchen  findet  sich  also  (fine  kleine  Ab- 
nahme von  B  mit  wachsendem  Abstände  h\  es  würde  dies 
der  Annahme  einer  schwachen  Verjüngung  des  Rohres  nach 
oben  hin  entsprechen  und  in  Uebereinstimmung  mit  der  ge- 
ringen Zunahme  in  umgekehrter  Stellung  sein.  Nach  diesen 
letzteren  Versuchen  ist  die  Aenderung  aber  so  klein,  dass 
sie  auch  durch  Versuchsfehler  vollständig  erklärt  werden 
kann.  Man  darf  daher  aus  der  Gesammtheit  der  Versuche 
der  Tabellen  II  und  III  den  Schluss  ziehen,  dass  die  Aen- 
derung des  Diffusionscoefficienten  mit  wachsendem  Abstände 
der  Flüssigkeitsoberfläche  vom  Ende  der  Verdampfungsröhre 
bei  den  vorliegenden  Versuchen  sehr  gering  und  nicht  sicher 
nachweisbar  ist.  Infolge  dessen  sind  die  Grenzwerthe,  welche 
bei  schwächerem  äusseren  Druck  nach  einer  früheren  Unter- 
suchung erst  durch  Rechnung  gefunden  werden  mussten,  hier 
unmittelbar  experimentell  bestimmbar. 

Das  Mittel  aus  sämmtlichen  Versuchen  ist: 
5  =  0,05487  für  #  =  99,31°. 
Aus  diesen  Werthen  erhält  man  den  Diffusionscoefficienten 
bei  der  Temperatur  &  des  Versuches,  bezogen  auf  cm  und 
See,  nach  der  Formel: 

fl*-;,-";Tr-f.iog..io->. 

Es  bezeichnet  hier  s  die  Dichtigkeit  des  Wassers  bei 
bezogen  auf  Luft  von  0°  und  76  cm  Druck  als  Einheit; 
</j  die  normale  Dichte  des  Dampfes,  ebenfalls  bezogen  auf 
Luft  von  0°  und  76  cm  Druck  als  Einheit.    Es  wurde  ge- 
setzt: 

bei  99.3°      *  =  ,,^,64»' 


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Verdampfung  und  Diffusion 


103 


Hiermit  findet  man  für  die  Dißusionscoefficienten  Wasser- 
dampf-Luft: 

bei  16,ob°  Ae*«  0,2402, 
bei  09,31°  A»,3i  =  0,3749, 
und  hieraus  für  den  Exponenten  m  der  Gleichung: 

m  =  1,774;   2>0  =  0,2102  • 

Eine  Vergleichung  mit  den  drei  Mittelwerthen  der  Ta- 
belle I  zeigt  folgende  Zusammenstellung : 

Mittlerer  Difrusionecotfffici'Miten 

Temp.        Abstand  /;         beob.         berechn.  Differenz 

15,06  22,7  0,2381  0,7378  +0,000* 

17,51  18,6  0,2397  0.2413  -0,0016 

17,42  47,4  0,2425  0,2412  +0,0013 

Reducirt  man  die  beobachteten  Werthe  auf  die  gleiche 
Temperatur  17,42°,  so  erhält  man: 

Mittlerer  Zunahme  pro  nun 

Abstand  h  Diffusiouscoi'fticient  in  Prot*. 

1.  22,7  0,2415 

2.  18,6  0,23!»6 

3.  47,4  0,2425  Ü'U41 

Der  Diffusionscoefficient  wächst  nach  diesen  Zahlen 
mit  wachsendem  Abstände;  indessen  ist  diese  Zunahme  sehr 
gering.  Berechnet  man  dieselbe  aus  der  ersten  und  dritten, 
dann  aus  der  zweiten  und  dritten  Gruppe,  80  findet  man  die 
in  der  letzten  Reihe  angegebenen  Werthe.  Schon  der  grosse 
Unterschied  von  0,017  und  0,041  Proc.  zeigt,  dass  die  Ge- 
nauigkeit der  Beobachtungen  nicht  ausreicht,  um  die  Ab- 
Engigkeit  des  Diffusionscoefticienten  von  dem  Abstände  ge- 
nau zu  bestimmen.  Es  bietet  eine  solche  Bestimmung  aber 
auch  wegen  der  sehr  geringen  Grösse  kein  besonderes  In- 
teresse; man  darf  annehmen,  dass  der  schliessliche  Grenz- 
werth in  den  obigen  Resultaten  schon  sehr  nahe  er- 
reicht ist. 

§  3.    Versuchnresultate  mit  Wasserstoff. 

Da  die  Apparate,  welche  mit  der  Quecksilber-  und 
Druckpumpe  verbunden  waren,  das  der  Verdampfung  zu  un- 
terwerfende Wasser  enthielten,  konnten  die  ersteren  nicht 


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104 


A.  Winkelmaun. 


vollständig  leer  gepumpt  werden;  der  Druck  durfte,  wen 
ein  Sieden  des  Wassers  vermieden  werden  sollte,  nur  bis 
nahe  an  den  Druck  der  Wasserdämpfe  für  die  jeweilige  Zim- 
mertemperatur heruutergefuhrt  werden.  Es  war  daher  eine 
oftmalige  Wiederholung  der  theilweisen  Entleerung  (bis  etwa 
20  mm  Druck)  erforderlich,  um  die  Apparate  mit  möglichst 
reinem  Gase  zu  füllen.  Der  Wasserstoff  wurde  aus  Zink  und 
verdünnter  Schwefelsäure  dargestellt  und  durch  eine  Flasche 
mit  doppeltchromsaurem  Kali  gewaschen. 

In  der  folgenden  Tabelle  sind  die  Versuche,  welche  bei 
der  niedrigen  Temperatur  ausgeführt  wurden,  wieder- 
gegeben. 

Tabelle  IV.    Wasserdampf- Wasserstoff. 


Nr. 


2* 


3« 


Abstand  dee 
Flüsaigkeits- 
1  niveaua  vom  ! 
Ended.  Röhre: 
in  mm 
h 


l  A  -  '*  > 
in  See. 


a 


37,736 
40,301 
43,760 

37,543 
40,710 
43,572 

39,507 
42,534 
45,296 

38,405 
41,531 
44,352 

44,786 
47,355 
50,074 

44,598 
47,126 
49,780 

46,293 
48,760 
51.381 

45,375 
47,912 
50,543 


81900 
80100 


81900 
hOlOO 

j 

81900 
80100 

i 

81900 
80100 

•  T"  '  * 

76860 
85680 

76860 
85680 

76860 
85680 

l 

■ 

76860 
856  SO 


Aeuseerer 
Druck 
in  mm 


735,3 
786,0 

735,3 
736,0 

735,3 
736,0 

735,3 
736,0 


731,2 
732,3 

731,2 
732,3 

781,2 
732,3 

731,2 
732,3 


l 


Tempe- 
ratur 

:> 


19,90 
19,94 

19,90 
19,94 

19,90 
19,94 


19,90 
19,94 


19,96 
20,00 

19,96 
20,00 

19,96 
20,00 

19,96 
20,00 


l 

Dampf- 
druck 
in 


17,258 


17,300 


17,321 
17,363 


Ji 


0,1473 


17,800  0.1463 
17,256  0,1468 


0,1471 


17,256    |  0,1470 

17,300  0,1466 

17,256    i  0,1480 

17,300  0,1464 

-  .  L. 

 r  •  —  - 


17,321  ,  0,1465 

17,363  I  0,1483 

I 

17,321  0,1450 

17,363  0,1440 

17,321  0,1465 

17,363  0.1468 


0,1482 
0,1451 


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Verdampfung  und  Diffusion. 


105 


Wie  aus  der  vorstehenden  Tabelle  ersichtlich,  geht  der 
Abstand  des  Flüssigkeitsniveaus  vom  Ende  der  Röhre  nicht 
unter  37  mm;  es  geschah  dies  deshalb,  weil  nach  den  frühe- 
ren Versuchen1)  der  Wasserstoff  auch  bei  der  Temperatur 
49.5°  eine  schwache  Aenderung  des  Diffusionscoefficienten 
mit  wachsendem  Abstände  der  Flüssigkeitsoberfläche  vom 
Ende  der  Röhre  gezeigt  hatte. 

Die  Versuche  der  Tabelle  IV,  welche  sich  auf  dieselbe 
Temperatur  und  denselben  Druck  beziehen,  wurden  gleich- 
zeitig angestellt  Fasst  man  die  erste  und  die  letzte  Gruppe 
der  Versuche  zusammen,  so  erhalt  man  für  B  folgende 
Mittelwerthe : 

Temperatur  H 

19,92  0,1469 
19,98  0,1463 

das  Gesammtmittel  ist  daher: 

19,95  0,1466. 

Die  Versuche  bei  der  höheren  Temperatur  in  der  Nähe  von 
100°  sind  in  der  folgenden  Tabelle  dargestellt 

Tabelle  V.    Wasserdampf -Wasserstoff. 


Abstand  dee 


Nr. 

_  _  _j 

Flüsaigkeita- 
niveaua  vom 
Ende  d.  Röhre 
in  mm 

in  See. 

Aeuaserer 
Druck 
in  mm 

P 

Dampf- 
druck 
in  mm 

1. 

Tempera- 
tur 

_  *  __ 

B 

S 

K 

52,634 
54,903 

2310 

1525,2 

739,5 

99,24 

0,1833 

K 

56,370 
58,472 

2250 

n 

»i 

1 

0,1862 

56,956 
61,076 

4270 

1453,4 

739,5 

99,24 

0,1844 

i 

60,267 
64,208 

4250 

»» 

rt 

i 

0,1870 

\ 

67,414 
71,692 

5900 

1616,9 

741,5 

?)9,31 

1 

0,18«J2 

h 

70,590 
74,722 

5910 

*  n 

1  „ 

■ 

0,1906 

i 

1)  Winkelmann,  Wied.  Ann.  22.  p.  157.  1884. 


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106  A.  Winkelwann. 

(Fortsetzung  von  Tab.  V.) 


I  Abstand  dea 

Flüssigkeits-  Aeusserer  Dampf-   T_mt._ra  1 

Nr  Iniveauavom  lf\  ~  f»)       Druck      druck  ß 

4  *  Ende  d.  Rühre  [Q  in  mm      in  mm 

in  ™m  H  p  it  \ 

4a         80  120  11400         1622*1  '    741'7  '      99,32  °',S51 

83*150  11350       "  ;    "        "  0,1 

92  5*9  12000         lü0fi'2         743'7         0!l'40  f.l>74 

9M28  1,950  »  !       *  J  " 

6«  12S243  16430  ,fil5*4  74M  99,57  0flS63 
6,  JäJJS 


*6 


O.l-.iJ 


Die  Versuchsnummern  mit  dem  Index  a  beziehen  sich 
ebenso,  wie  bei  den  Versuchen  mit  Luft,  auf  die  weitere 
Röhre.  Vergleicht  man  die  obigen  Werthe  von  B  für  die 
verschiedenen  Abstände  h,  so  ist  eine  Abhängigkeit  hiervon 
nicht  zu  erkennen;  der  im  §  1  besprochene  Grenzwerth  ist 
also  auch  bei  der  Combination  Wasserdampf -Wasserstoff 
bereits  erreicht.  —  Das  Mittel  sämmtlicher  Versuche  ist: 

Temperatur  99,34  B  =  0,1870. 

Die  beiden  Werthe  von  B  liefern  für  den  Diffusionscoeffi- 
cienten : 

A».m  =  0.8482;  DWM  =  1 ,277. 

Aus  diesen  Versuchen  erhält  man  nach  der  Formel: 

Z>0  =  0,7310   und   m=  1,712. 

§  4.    Versuchsresultate  mit  Kohlensäure. 

Die  Versuchsresultate  bei  der  niedrigen  Temperatur  gibt 
die  folgende  Tabelle. 


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Verdampfung  und  Diffusion. 


107 


Tabelle  VI.  Wasserdampf-Kohlensäure. 


•  Abstand  des 
Flüssigkoits- 
niveaus  vom 


Nr 


Ende  d.  Röhre 
in  mm 
h 


in  See. 


19,352 
20.548 
29,915 

20,176 
22,575 
23,730 

20.414 
21,560 
23,853 

25,648 
26,592 
29,98* 

25,35:» 
26,314 
29,722 

26,507 
27,4151 
30.719 


81  060 
173  160 

173  160 
89  340 

80  880 
173  160 

M2  380 
318  660 

82  3K> 
318  660 

82  380 
318  660 


Aeusscrer 
Druck 
in  mm 

P 


743,9 
739,9 

739,9 
735,8 

743,9 
739,9 

741,1 
737,0 

741,1 

737,0 

741,1 

737.0 


Tempe- 
ratur 


Dampf- 
druck 
in  mm 


20,73 

n 


" 

20,73 
20,75 

20,73 
20,75 

20,73 
20,75 


18,162 


V 


0,02741 
0,02754 

0,02745 
0,0275» 


0,02770 
0,02792 


18,162 
18,175 

18.162 
18,175 

18,162 
18,175 


(».02782 
0.02780 


0,02795 
0.02764 

0,02772 
0.02776 


Das  Mittel  säinnitlicher  Versuche  liefert  für  B: 
Temperatur  20,74  B  =  0,02767. 

Die  Versuche,  welche  unter  derselben  Nummer  stehen, 
sind  mit  der  gleichen  Kohlensäurefüllung  vorgenommen. 
Wurden  mehr  als  zwei  Versuche  mit  der  gleichen  Füllung 
ausgeführt,  so  lieferten  die  letzten  Versuche  grössere  Werthe 
für  B.  Es  ist  möglich,  dass  durch  Diffusion  der  Kohlen- 
säure durch  die  Fettschichten  der  Hähne  und  Gummipfropfen 
ein  theilweiser  Ersatz  der  Kohlensäure  durch  Luft  eintritt 
und  hierdurch  das  Wachsen  der  Werthe  von  B  bedingt  ist; 
lies8  man  den  Apparat  im  übrigen  unverändert,  füllte  den- 
selben aber  mit  neuer  Kohlensäure,  so  traten  auch  die 
früheren  Werthe  wieder  auf.  Eine  Vergleichung  der  Werthe 
Ton  B  in  der  obigen  Tabelle  zeigt  auch,  dass  häutig  der 
zweite  Werth  der  grössere  ist.  Da  der  aus  den  obigen  Ver- 
suchen abgeleitete  Werth  eine  grössere  Differenz  gegen 
altere  Beobachtungen  zeigt  (vgl.  §  5),  so  wurden  nochmals 


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ms 


A.  W  inkelmann. 


einige  Versuchsreihen  ausgeführt  und  hierbei  nach  jedem 
Versuche  eine  neue  Füllung  mit  Kohlensäure  vorgenommen. 
Im  Folgenden  sind  die  Resultate  in  abgekürzter  Form 
wiedergegeben. 

Tabelle  VII.  Wasserdampf-Kohlensäure. 


Nr. 


7 
8 
9 
10 

11 

12 
13 
14 


Mittlerer  Abstand 
in  min 

i 

:tf),90 
28,70 
25,23 
32,24 
28,66 
26,87 
34.41 
31,10 


0,02756 
808 
7»3 
794 
S14 
800 
sl7 
S32 


Nr. 


15 
16 
17 
ls 

Iii 
20 
21 

22 


Mittlerer  Abstand 
in  mm 


29,42 
3!S,48 
36,79 
35,54 
34,06 
16,10 
14,04 
20,06 


0,02803 
818 
809 
762 
765 
810 
740 
791 


Die  Temperatur  bei  den  Versuchen  Nr.  7  bis  19  incl. 
war  24,74,  bei  den  drei  letzten  Versuchen  resp.  24,56;  24,74; 
24,80. 

Das  Mittel  dieser  Versuche  ist: 

Temperatur   24,73       B  0,02795. 

Das  Mittel  aus  sämmtlichen  28  Versuchen  ist: 
Temperatur  22,95       B  0,02783. 

Die  folgende  Zusammenstellung  enthält  die  Versuche 
bei  der  höheren  Temperatur. 

Tabelle  VIII.  Wasserdampf-Kohlensäure. 


Nr. 


Abstand  de« 
■  Flüssigkeits-  i 

niveaus  vom  !  <Vi  —  'o) 
jEnde  d.  Röhre,   in  8ec. 
in  mm 


43,208 
45,638 

35,106 
38,267 

47,590 
52,223 

41,062 
46,0!  8 


11010 
11880 
23340 
21840 


Druck 

druck 

in  mm 

I  in  mm 

P 

P 

1637,6 

744,5 

1  . 

;ra- 


tur 


99,43  0,03718 


\ 


1641.4        743,8  99,40 


0,03708 

! 

0,03780 

I 

0,03770 


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Verdampfung  und  Diffusion. 
(Fortsetzung  von  Tab.  VIII.) 


109 


Xr. 


Abstand  des 
Flüe^  igkeite- 
niveaus  vom 
Ende  d.  Röhre 
in  mm 
h 


4, 


53,255 
56,125 

47,42s 
50,560 

39,305 
43,686 

37,42* 
42,150 

43,696 
45,7fi:> 

42,150 
44,20s 


16050 
16050 
18440 
18990 
9420 
8SH0 


P 

1656,7 


1627,5 


Dampf- 
druck 
in  mm 

Tempera- 
\  tur 

B 

P 

it 

738,7 

99,21 

0,03813 

( 

»> 

1 
1 

0,03729 

744,7 

99.43 

0,03714 

•• 

744,3 

i  "' 

9H.42 

• 

0,03727 
0,037  IG 

i 

0.03777 

Der  Mittelwerth  ist: 

Temperatur  99,38        B  0,03745. 

Mit  Hülfe  dieser  Werthe  findet  man  die  Diftusionscoeffi- 
cienten: 

Z?22tl5  =  0,1626;        Dm,m  =  0,2559 

und  damit: 

2>0  =  0,1387        m  =  1,972. 

Vergleicht  man  die  Beobachtungen  bei  den  Temperaturen 
20,74  und  24,73  mit  den  durch  Rechnung  gefundenen  Werthen. 
so  erhält  man: 

Diffuaionscocfficient. 
Temp.         bcob.         berech.  Diflf. 
20,74  0,1605  0,1602  —  0,033 

24,73  0,1645  0,1643  +  0,0,2 

§  5.    Vergieicbung  der  Versucharesultato  mit  älteren 
Beobachtungen.    Scblussbe  merkungen. 

Im  Jahre  1884  wurden  die  Beobachtungen  über  die 
Verdampfung  von  Wasser  in  Luft,  Wasserstoff  und  Kohlen- 
saure bei  den  Temperaturen  49,5°  und  92,4°  angestellt.1)  Eine 
Vergleichung  dieser  Werthe  mit  den  jetzt  für  die  gleiche 


1)  Winkelmann,  Wied.  An».  22.  p.  158.  1884. 


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110  A.  rVinkelmann. 

Temperatur  zu  berechnenden  gibt  folgende  Zusammen- 
stellung: 

DiffusionscoSfficient. 


Wo&»erdanipf-Luft         Wawerdampf-Wauerstuft  Wanerdanpf-Kohlanaftar« 

Temp.  ,  Ütflereur  |  Different  Diff. 

1    i  18*4      1888    lnProe.   1884  !  1888  :  |D  Proo.    1884      1888    In  1 


49,5  0.2S27  0,2905  2,7  1.000  0,999  0,1  0,1811  0,1926  6,0 
92.4     0,3451   0,3627      4,9      1,179   1,237      4,7      0,2384   0,2465  3,3 

Vergleicht  man  zuerst  die  Werthe  bei  der  niedrigen 
Temperatur  (49,5°),  so  findet  man.  dass  bei  Luft  und  Kohlen- 
säure die  jetzt  bestimmten  Diffusionscoefficienten  grösser,  als 
die  früheren  sind;  beim  Wasserstoff  ist  der  Unterschied 
(0,1  Proc.)  fast  Null.  Für  dieses  letzte  Gas  wurde  die 
damalige  Bestimmung,  weil  es  sich  darum  handelte,  den 
Einfluss  des  Abstandes  der  Flüssigkeitsoberflache  vom  Ende 
der  Röhre  zu  untersuchen,  am  genauesten  durchgeführt.  — 
Die  Differenz  für  Luft,  weiche  2,7  Proc.  beträgt,  kann  durch 
Beobachtungsfehler  erklärt  werden;  denn  die  älteren  Versuche 
(1884)  enthalten  nur  zwei  Bestimmungen  für  die  Temperatur 
49,5°,  die  sich  um  2,1  Proc.  unterscheiden.  —  Die  Differenz 
für  Kohlensäure,  welche  6  Proc.  ausmacht,  ist  nicht  voll- 
ständig unmittelbar  aus  Beobachtungsfehlern  zu  erklären; 
die  älteren  Versuche  (1884)  enthalten  vier  Bestimmungen, 
welche  um  3,7  Proc.  voneinander  abweichen,  und  deren 
grösster  Werth  noch  4  Proc.  kleiner  ist,  als  der  jetzt  be- 
stimmte. Es  lag  der  Gedanke  nahe,  dass  die  Apparate  bei 
den  jetzigen  Versuchen  ausser  Kohlensäure  auch  noch  Luft 
enthielten,  wodurch  dann  der  Diffusionscoefhcient  zu  gross 
ausfallen  musste.  Eine  sehr  vorsichtige  Wiederholung,  bei 
welcher  auf  die  Füllung  der  Apparate  die  grösste  Sorgfalt 
verwendet  wurde,  Hess  aber  nur  eine  sehr  geringe  Vermin- 
derung der  Werthe  (vgl.  §  4)  erkennen. 

Bei  der  höheren  Temperatur  (92,4)  sind  sämmtliche 
Werthe  aus  dem  Jahre  1884  kleiner,  als  die  jetzt  gefundenen. 
Da  auch  beim  Wasserstoff  die  Differenz  in  gleichem  Sinne 
auftritt,  so  ist  der  Verdacht  ausgeschlossen,  dass  eine  Un- 
dichtigkeit der  Apparate  dieses  Resultat  herbeigeführt  habe. 
Es  ist  schon  bemerkt,  dass  die  älteren  Beobachtungen,  welche 


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Verdampßing  und  Diffusion, 


111 


unter  dem  Gesammtdruck  einer  Atmosphäre  angestellt  wurden, 
für  die  DiffusionscoeTficienten  eine  Abhängigkeit  von  dem 
Abstände  der  Flüssigkeitsoberlläche  am  Ende  der  Röhre 
zeigten,  und  dass  die  älteren  Werthe  aus  den  Beobachtun- 
gen als  Grenzwerthe  berechnet  wurden.  Die  damals  an- 
gewandte Formel  hatte  die  Gestalt: 

D  =  a  —  b  ,ch , 

wo  h  den  Abstand  der  Flüssigkeitsobertlache  vom  Ende  der 
Röhre  darstellt;  da  c  kleiner  als  1  ist,  so  gibt  a  den  Grenz- 
werth von  D  für  Ä  =  00.  Unter  den  obigen  Bestimmungen 
zeigt  Wasserdampf  -  Luft  die  grösste  Differenz  (4,9  Proc). 
Ich  habe  deshalb  versucht,  mit  Hülfe  der  angegebenen  For- 
mel, indem  für  a  der  jetzt  direct  beobachtete  Werth  ein- 
geführt wurde,  die  älteren  Beobachtungen  darzustellen.  Gibt 
man  den  Constanten  die  folgenden  Werthe: 

a  =  0,3027;    log  b  =  0.85930-2;    log  c  =  0,09377  -  1 . 

so  findet  man: 

Difllieionscoeffieient.     Differenz  in  Pr<>e. 


h 

beob. 

berech. 

be«  ib.  —  berech. 

23 

0,3086 

0,3107 

-  0,7 

44.5 

0,3285 

0,3245 

+  1.2 

48,"» 
71 

0,3324 

0,3266 
0,3366 

+  1J 

0,3360 

-0,2 

S2 

0,3434 

0,3404 

+  0,9 

*5 

0,3394 

0,3411 

-  0,5 

Die  Differenzen  der  letzten  Reihe  beweisen,  dass  auch 
mit  dem  jetzt  beobachteten  Grenzwerthe  die  älteren  Beob- 
achtungen sich  genügend  darstellen  lassen. 

Die  vorliegenden  Versuche  haben  lür  die  untersuchten 
Combinationen  die  folgenden  Werthe  für  die  Exponenten  m 
geliefert : 

Combination  m 

\Va«**erdampf-VVas8eretoff  1,712 

-Luft  1,774 

„         -KohlensÄure  1,972. 

Nach  der  kinetischen  Gastheorie  ergibt  sich  die  Ab- 
hängigkeit der  Diffusionscoefficienten  der  Gase  von  der 
Temperatur  unmittelbar  aus  der  Abhängigkeit  des  Reibungs- 
coefficienten.  Wird  der  Reibungscoefficient  durch  der 
Diffusionscoefficient  durch  D  ausgedrückt,  so  ist,  wenn: 


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112 


A.  Winkelmann, 


gesetzt  wird x)i         D*  =  D0{1  +  a. 

Wendet  man  diese  Relation  auf  die  obigen  Versuche  an, 
so  folgt:  m  =  n  -f  1. 

Die  Grösse  n  ist  für  WasBerdampf,  soviel  mir  bekannt, 
noch  nicht  bestimmt,  dagegen  für  eine  grosse  Anzahl  anderer 
Dämpfe  und  für  viele  Gase;  je  nach  der  angewandten 
Methode  zeigen  die  Ergebnisse  beträchtliche  Unterschiede. 

Die  Transpirationsmethode  lieferte  für  Luft  Werthe  von 
n,  welche  bei  den  verschiedenen  Beobachtern  zwischen  0,56 
und  0,77  liegen;  hiernach  wird  das  Verhältniss  von  *]l00ir/0 
—  1,19  bis  1,30.  Als  das  Resultat  der  genauem  Versuche  nach 
der  genannten  Methode  wird  man: 

',0B  =  1,27      oder      n  =  0,76 

hinstellen  können. 

Die  Maxwell'sche  Schwingungsmethode  lieferte  für  n 
grössere  Werthe;  Maxwell  selbst  fand  n  nahezu  gleich  Eins. 
Dagegen  bestimmte  O.  E.  Meyer2)  nach  derselben  Methode 
n  es  0,77  oder  ?;100/»;0  =  1,30.  In  neuerer  Zeit  sind  die  Ver- 
suche nach  der  Maxwell'schen  Methode  von  O.  Schumann [<) 
wiederholt;  er  fand: 

im  = /,flV(l +  «.*)(  1  +0,0,82.//)?. 
Hieraus  folgt:         17,00  =  1.364 

'/o 

und  deshalb  in  Uebereinstimmung  mit  Maxwell  n  sehr  nahe 
gleich  Eins. 

Nach  Schumann  ist  die  Transpirationsmethode  zur 
Bestimmung  des  Temperaturcoöfficienten  der  Reibung  nicht 
anwendbar,  weil  Gründe  vorhanden  sind,  welche  bei  höherer 
Temperatur  den  Reibungscoefficienten  verkleinern  müssen. 
Der  Hauptgrund  besteht  in  der  Condensation  der  Luft  auf 
der  inneren  Oberfläche  der  Glasröhre;  diese  Condensation 
wird  bei  höherer  Temperatur  abnehmen,  hierdurch  der  Radius 

1)  O.  E.  Meyer,  Kinetische  Theorie  der  Gase  p.  17<;.  1877. 

2)  0.  E.  Meyer,  Pogg.  Ann.  14H.  p.  226.  187a. 

3)  0.  Schumann,  Wied.  Ann.  23.  p.  384.  18S4. 


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Verdampfung  und  Diffusion. 


113 


der  Röhre  scheinbar  grösser  werden  und  deshalb  der  Rei- 
bungscoöfficient  zu  klein  ausfallen. 

Für  Kohlensäure  sind  die  Differenzen  nach  beiden  Me- 
thoden nicht  so  gross,  wie  für  Luft.  Aus  der  Transpiration  !) 
ergibt  sich  n  =  0,94;  *7lo0/'/0  —  1,34;  aus  der  Schwingungs- 
methode2) n  —  1,046;  i?100/tf0  =  1,39. 

0.  Schumann  hat  ferner  die  Abhängigkeit  der  Rei- 
bungscoefficienten  von  der  Temperatur  für  eine  Anzahl  von 
Dämpfen  ermittelt.    Er  findet: 

tu*  =  /;0  V(fTo:oo4'7i>)  (1  +  0,001«i4  .  tf)2. 

Hieraus  ergibt  sich:       '/,0°  =1,60, 

und  wenn  man:  =  >/0(l  +  0,004.  ir)n 

setzt:  n  =  1,4. 

Die  Abhängigkeit  der  Diffusionscoefticienten  der  Gase 
von  der  Temperatur,  welche  durch  Loschmidt  und  v.  Ober- 
mayer bestimmt  .wurde,  ist  in  der  Einleitung  schon  mit- 
getheilt.  Um  eine  Uebersicht  für  den  Zusammenhang  von 
m  und  n  zu  geben,  dient  folgende  Zusammenstellung: 

1,85 
1,93 
1,H2 
1,75 
1,77 

Vergleicht  man  die  Werthe  von  m  mit  denen  von  (n  + 1 ) 
(letzte  Verticalreihe),  so  sieht  man,  dass  die  ersteren,  mit 
Ausnahme  der  Combination  Kohlensäure- Wasserstoff,  grösser 
sind.  Die  S  ch  um  an  n 'sehen  Beobachtungen  nach  der  Max- 
well'sehen  Methode  lassen  nur  eine  Vergleichung  mit  der 
ersten  Combination  Kohlensäure  -  Luft  zu;  diese  ergibt 
(r  +  1)  =  2,02. 

Wenn  man  die  Schumann'schen  Resultate  über  die 
Abhängigkeit  der  Reibung  der  Dämpfe  von  der  Temperatur 
verallgemeinern  darf,  so  würden  für  die  Diffusion  von  Dämpfen 
in  Gasen  für  m  Werthe  zu  erwarten  sein,  die  grösser  als  2 

1)  v.  Obermayer,  Carl's  Rep.  13.  p.  156.  1877. 

2)  0.  Schumann,  1.  c.  p.  385. 

Ana.  4  Pbj*.  n.  Chem.  N.  F.  XXXVI.  S 


Combination 

m 

»I 

n. 

Kohlensäure- Luft 

1,968 

0,94 

0,76 

-Stickoxydul 

2,050 

0,93 

r,  -Wasserstoff 

1,742 

0,70 

Sauerstoff  -  » 

1,755 

o,so 

«     -  Stickstoff 

1,792 

0,74 

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114 


A.  IVinkelmann. 


sind.  Für  die  Combination  Kohlensäure-Dampf  würde  man 
erhalten  J  («,  +  n2)  +  1  =  2,15,  und  wenn  man  den  Schu- 
mann'sehen  Werth  für  Kohlensäure  einführt  2,22.  Die  in 
vorliegender  Arbeit  mitgetheilten  Versuche  über  Wasser- 
dampf liefern  kleinere  Werthe;  die  Abhängigkeit  der  Diffu- 
sion von  der  Temperatur  ist  nach  diesen  Versuchen  beim 
Wasserdampf  nicht  viel  von  derjenigen  der  Luft,  resp.  des 
Sauerstoffes  und  des  Stickstoffes  verschieden;  man  hat: 

Combination  m  Combination  m 

Luft-Koblensäure  ....  1,968  Wasserdampf-Kohlensaure  .  1,972 
Sauerstoff- Wasserstoff .  .  .  1,755  Wasserdampf-Wasserstoff  .  1,712 
Sauerstoff-Stickstoff.    .    .    .    1,792    Wasserdampf-Luft  ....  1,774 

Die  Werthe  in  derselben  Horizontalreihe  zeigen  keine 
grossen  Unterschiede. 

Nach  der  kinetischen  Theorie  der  Gase  soll  (wenn  man 
von  der  zuletzt  durch  Maxwell  aufgestellten  Hypothese 
absieht)  der  Reibungscoeflicient  der  Quadratwurzel  aus  der 
absoluten  Temperatur  proportional  sein,-  also  n  den  Werth 
0,5  haben.  Der  grössere  Werth  von  w,  wie  ihn  die  Beob- 
achtungen liefern,  lässt  sich  durch  die  Annahme  erklären» 
dass  die  moleculare  Weglänge  mit  wachsender  Temperatur 
grösser  wird.  Diese  Vergrößerung  der  Weglänge  wurde  von 
Stefan  und  später  von  O.  E.  Meyer  in  ähnlicher  Weise 
darauf  zurückgeführt,  dass  bei  erhöhter  Temperatur  die 
Schwerpunkte  der  Molecüle  im  Moment  des  Stosses  einander 
näher  kommen,  als  bei  tieferer  Temperatur.  Wenn  man 
daher  die  eben  angeführten  Werthe  von  m  für  genügend 
gesichert  halten  darf,  so  wird  man  schliessen,  dass  das  Mo- 
lecül  H20  sich  ähnlich  wie  das  Molecül  N2  und  02  verhält, 
und  dass  mit  wachsender  Temperatur  die  Wirkungssphäre 
von  H20  sich  relativ  weniger  verkleinert,  als  dies  unter  glei- 
chen Umständen  bei  C02  geschieht  Von  dem  betrachteten 
Gesichtspunkte  würde  es  von  Interesse  sein,  Dämpfe  mit 
complicirterem  Molecülbau  zu  untersuchen,  da  bei  diesen 
grössere  Werthe  von  m  erwartet  werden  dürfen. 

Jena,  im  October  1888. 


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Volumenänderungen  von  Salzlösungen,  115 


V.  Veber  das  allgemeine  Gesetz  der  bei  dem  Lösen 
ton  Salzen  im  Wasser  auftretenden  Volumenver- 
minderung;  von  A.  He  ritsch. 

(Vorgelebt  in  der  Sitzung  der  Neurussiachen  Gesellschaft  der  Natur- 
forscher am  25.  April  1888.) 

(Hieria  Taf.  II  Nf.  1-2.) 

Bezeichnet  man  mit  d  die  bei  der  Bildung  von  100  g 
einer  Lösung  auftretende  Volumverminderung,  mit  p  die  Ge- 
wichtsprocente  des  Salzes,  so  lässt  sich  nachweisen,  dass: 

fl)  ö=C{100-P)p 

ist,  wo  C  bei  gegebener  Temperatur  als  constant  voraus- 
gesetzt ist.  Diese  durch  eine  Parabel  auszudrückende 
Function  hat  ein  Maximum  bei  /?  =  50;  auch  die  Volum- 
contraction  erreicht  ihren  grössten  Werth  bei  einem  Pro- 
centgehalt an  Salz  von  ungefähr  50,  was  eine  schon 
längst  beobachtete  Thatsache  ist  Die  symmetrisch  zusam- 
mengesetzten Lösungen,  für  welche  das  Product  (100  —  p)p 
gleich  gross  ist,  sollten  nach  dieser  Hypothese  auch  eine 
gleiche  Volumcontraction  haben  (siehe  unten  unsere  Tabellen). 
Da  ferner  (100-/>)/>>(100-2/>).  2/?/2,  weil  100-/>/100-2/7>l, 
so  ergibt  sich,  dass  bei  der  Mischung  jeder  Lösung  von  be- 
liebiger Concentration  mit  Wasser  eine  Volumverminderung 
auftreten  muss.  Das  ist  auch  wirklich  der  Fall,  wie  es 
durch  die  Untersuchungen  von  Kremers1)  bestätigt  wor- 
den ist. 

Ich  habe  den  Quotienten  C  für  eine  Reihe  von  wässe- 
rigen Salzlösungen  berechnet  und  die  dabei  erhaltenen  Re- 
sultate in  den  weiter  angeführten  Tabellen  zusammengestellt. 
Die  Grösse  d  wurde  für  jede  einzelne  Lösung  nach  der  fol- 
genden Formel  berechnet: 

wo  <j  die  Dichte  des  Wassers,  8  das  specitische  Gewicht  des 

\)  Kremera,  Pogg.  Ann.  95.  p.  110.  1855. 

8* 


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116 


A.  Heritsch 


gelösten1)  Salzes  und  s  das  specifische  Gewicht  der  Lösung 
bedeutet  (alle  drei  bei  derselben  Temperatur).  Wenn  wir 
annehmen,  dass  die  Gleichung  (1)  für  irgend  zwei  Lösungen 
des  gegebenen  Satzes  gültig  sei,  so  haben  wir: 

100  -  p      p  _  100      \00-Pl  +  Px__  10(i 
(T  ö         xt  rr  t>         .«,  ? 

"üoo~>)7  "  ~  "  "ooo  -pt)pt~ 

woraus  d  leicht  zu  bestimmen  ist.  Die  zwei  hierzu  benutz- 
ten Lösungen  haben  denselben  Quotienten  <*/ (100  — />)/>. 
(Diese  zwei  Lösungen  habe  ich  durch  einen  verticalen  Pfeil 
verbunden.)  Die  interpolirten  Zahlen  gaben  mir  weniger  be- 
friedigende Resultate,  als  die  durch  directe  Wägung  bestimm- 
ten Dichtigkeiten.  Infolge  dessen  habe  ich  bei  meinen  Be- 
stimmungen, wo  es  nur  möglich  war,  blos  diese  letzteren 
benutzt. 

Die  in  den  Tabellen  unter  dem  Zeichen  «15°/4W  ange- 
gebenen specifischen  Gewichte  sind  verschiedenen  Beobach- 
tern entnommen.  Es  bedeutet  dabei  GL:  Gerlach;  KL: 
Kohlrausch;  Kr.:  Kremers;  Fr.:  Franz;  Sch.:  Schiff: 
Ed.:  Eder;  Os.:  Ostwald.«) 

1)  Im  flüssigen  Zustande,  aber  ohne  Verdichtung  infolge  der  wechsel- 
seitigen Anziehung  zwischen  den  Salz-  und  Wassermolecülen. 

2)  Ger  lach,  Specifische  Gewichte  der  gebräuchlichsten  Salzlösungen. 
Freiberg,  1859.  p.  8—27;  Gerlach,  Zeitechr.  f.  Analyt.  Chemie.  8.  p.  245. 
1869;  Gerlach,  Die  chemische  Industrie.  1866.  p.  241.  —  F.  Kohl- 
rausch und  Grotrian,  Pogg.  Ann.  154.  p.  215.  1875.  —  F.  Kohl- 
rausch,  Wied.  Ann.  6.  p.  1—51.  1879;  F.  Kohlrausch,  Münchener 
Acad.  Ber.  1875.  5.  Mathem.  phys.  Cl.  p. 284.  —  Kremers.  I'ogg.  Ann. 
96.  p.  39.  1855.  -  Hugo  Schiff,  Liebig's  Ann.  113.  p.  .183.  1860.  - 
Benno  Franz,  Journ.  f.  prakt.  Chemie.  5.  p.  274.  1872.  —  Ost  wähl. 
Jouru.  f.  prakt.  Chemie.  22.  p.  305.  1880.  —  Eder,  Der.  der  Wien.  Acad. 
82.  Abth.II.  p.  1284.  1881.—  Graham-Otto's  Chemie  Bd.  II.  Abth.  III. 
p.  871.  1884.  —  Landolt  und  Börnsteiii,  Phys.  Chem.  Tabellen.  18S3. 


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Volumenänderungen  von  Salzlösungen.  117 


l.  Xatriumchlorid.  NaCl.  (GL) 
Fest  2,15.  Gelöst  1,787. 


p 

*15°/4° 

• 

5 

1,0353 

1,288 

0,002  710 

10  A 

1,0724 

2,427 

0,002  697 

15  Y 

1,1105 

3,415 

20 

1.1501 

4,282 

0,002  677 

25 

1,1908 

5,07 

0,002  704 

2.  Kaliumchloiid.  KCL  (GL) 
Fest  1,977.  Gelöst  1,817. 


p 

*15°/4° 

1 

C 

5 
10  A 
15 

20  y 
25 

1,0314 
1,0647 
1,0992 
1,1351 
1,1715 

0.877 
1,664 
2.852 
2,953 
3,46 

0,001  847 
0,001  849 
0,001  845 

0,001  845 

3.  Ammoniumchlorid. 
NH4CL  (GL) 

Fest  1.52.  Gelöst  1,174. 

5  1,0149  0,898  0,001  893 

10  A  1,0299  1,701  0,001  890 

15  1,0443  2,386  0.001  871 

20  y  1,0584      —  — 

25  1,0721  3,572  0,001  905 


4.  Aluminiumchlorid. 
AIC1,.  (GL) 

Fest  ?  Gelöst  2,208. 


3,83 
7,66 
15,32A 

22,98  y 

30,64 

38,3 


1,0263 
1,0544 
1,1143 
1,1788 
1,2479 
1,3230 


0,545 
1,049 
1,948 

3,162 
3,510 


0,001  4*0 
0,001  483 
0,001  501 

0,001  488 
0,001  485 


5.  Stroutiumchlorid.  SrClt.(GL) 

Fest  $054.  Gelöst  2,9905. 

5        1,0444  t  1,002    0,002  104 

10  A     1,0920  |  1,844    0,002  049 

lb       1,1429  I  2,602  ,  0,002  042 

20  v     1,1978  I  -     1  - 

25       1,2570  j  3,870    0,002  064 

30       1,3209  I  4,382    0,002  086 


6.  Bariuincblorid.  BaCl,.  (GL) 
Fest  3,85.  Gelöst  3,824. 


5 

1,0450 

0,697 

0,001  467 

10  A 

1,0942 

1,305 

0,001  450 

1,1475 

1,837 

0,001  441 

20  y 

1,2051 

25 

1,2685 

2,758 

0,001  471 

7.  Calciumchlorid. 
CaClf.  (Gl.) 


Feet  2,216 

1 


5  1,0417  1,411 
10  A  ,  1,0860  2,653 
15  1,1326  3,760 
20  y  1,1812  - 
1,2325  5,561 
1,2868  I  6,309 


25 
30 
35 


Gelöst  2,149. 

0,002  971 
0,002  948 
0,002  949 


0,002  966 
0,003  004 
1,3412  I  6,787    0,002  983 


8.  Magnesiumchlorid. 
MgCl*.  (GL) 
Fest  2,177.  Gelöst  1,8925. 


o 

10  A 

15  , 
20  y 

25 
30 


1,0413  1,692 

1,0850  3,194 

1,1301  4,521 

1,1770  5,678 

1,2264  6,730 

1,2783  7,682 


0,003  562 
0,003  549 
0,003  546 

0,003  589 
0,003  692 


9.  Zinnchlorür.  SnCI,.  (Gl.) 
Fest  (wasserfrei)  ?       Gelöst  3,404. 

1,1482    0,750  I  0,035370 


16.73 
29.36 
H3,56A 
46.14y 
58,72 
«7,11 


1,2768 
1,3286 
1,5093 
1,7437 
1,9438 


1,010 
1,085 
1,210 
1,220 
1,180 


0,0,4870 
0,0,4866 

0,0,5033 
0,0,5346 


10.  Natriumnitrat.  xNaNO,.  (Kr.) 

Fest  2,24.  Gelöst  2,0623. 

5      f  1,0836  0,745    0,001  56s 

10        1,0692  !  1,399    0,001  554 

15  A  [  1,1449  2,524     0,001  577 

20  !      1,2281  3,221     0,001  542 

25  y  I  1,3191  —  - 

30     |  1,3690  3,83      0,001  548 


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118 


A.  Heritsch. 


11.  Kaliumnitrat. 
KNO,.  (Gl.) 


12.  Kaliumsulfat. 
K2S04.  (Gl.) 


Fest  2,092. 


Gelöst  1,906.    Fest  2,647. 


Gelöst  1,795. 


V 

*15°/4°| 

ö 

C 

5 

10  A 

15  y 
20 

1,0312 
1,0643 
1,0989  1 
1,1350  | 

0,733 
1,866 

2,462 

0,001  543 
0,001  518 

0,001  538 

*15°/4° 


1     |  1,0073  I  0,367  0,003  707 

3  A  I  1,0236    1,059  :  0,003  639 

5        1,0402  j  1,733  0,003  642 

7  y  !  1,0570  |    —  — 

9     j  1,0741  i  2,993  0,003  654 


13.  Xatriumsulfat. 
Na,S04.  (0.s.) 


Fest  2,629. 


2 

4  A 

6  I 
10  y 

15 


1,0176 
1,0359 
1,0545 
1,0924 
1,1417 


Gelöst  1,5432. 

1,106  1  0,005  643 
2,142  I  0,005  578 
3,140    0,005  567 


14.  Ammoniumsulfat. 
(XH4)4S04.  (Kl.) 


Fest  1,762. 


7,200    0,005  647  ; 


10  A 

15»  1 
20  y 
25* 
30 


Gelöst  1,324. 

3,132  0,003  479 
4,396     0,003  448 

6,562  |  0,003  500 


1,0582 
1,0869 
1,1160 
1,1444 

1,1733  i  7,476     0,003  560 


15.  Magnesiumsulfat. 
MgS04.  (Gl.) 

Fest  2,65.  Gelöst  2,2435. 

5       1,0506    2,128  ,  0,004  478  I 
10  A     1,1043     3,987     0,004  430 

15  |  1,1612     5,636     0,004  424 
20  y     1,2210  — 

25        1,2837  i  8,308  0,004  428  ' 


16.  Zinksulfat. 
ZnS04.  (Gl.) 
Fest  3,68.  Gelöst  3,6«. 

5,61  1,0584  )  1,523  1  0.002  876 

11,22    !  1,1226  2,849  1  0,002  860 

16,83A  1,1923  j  3,960  i  0.002  829 

22,44  1,2698  5,00  |  0.002  872 

28,05  y  1,3520      —  — 

33,66    J  1,4440  i  6,325  0,002  833 


17.  Ammoniumbromid. 
NH4Br.  (Ed.» 


Fest  2,327 
5 


10  A 
15 

20  y 

30 


1,0326 
1.0652 
1.0960 
1,1285 
1,1921 


Gelöst  1,291.    Fest  2,69. 


2,029 

3,87 

5,375 

9,15 


0,004  271 
0,004  300 
0,004  216 

0,004  352 


10  A 
20  y 

30 
35 


18.  Kaliiimbroniid. 
KBr.  (Kl.) 

Gelöst  2,447. 
0,001  276 


1,0750 
1,1602 


1,146 


1,2569  ,  2,575 
1,3076  1  2,867 


0,001  226 
0,001  261 


19.  Natriumcnrbonat. 
NVCO,.  (Gl.) 

Fest  2,476.  Gelöst  1,225. 

2  1,02014   1,692  0,008  633 

4  A  1,0411  3,296  |  0,008  583 

6  1,0622  4,833  0,008  569 

8  1,0834  I  6,312  |  0,008  576 

10  y  1,1048  '    —  — 

12  1.1264  ,  9,097  I  0,008  598 

14  1,1485  !  10,48  0,008  662 


20.  Kaliutncarbonat. 
KtC03.  (Gl.) 
Fest  2,21».  Gelöst  2.095S. 

5  1,0448  !  1,756  0,003  697 

10  1,0919     3,268  0,003  631 

20  A  1,1919     5,714  0^003  571 

30  (  1,3002    7,466  ,  0,003  ort 

40  y  1.4175      —  |  - 

50  1,5429    9,087  0,008  635 


zed  by  Googl 


Volumenänderungen  von  Salzlösungen. 


119 


21.  Kaliuraacetat 
C,H,KOt.  (Gl.) 

Fest  V  Gelöst  1,581. 


#17°/4 


10 

20 
30 
40  A 

50 
60 


A 


1,0475  0,995 

1,0992  1,764 

1,1531  2,335 

1,2082  2,64 

1,2670  2,755 

1,3270  2,637 


0,001  106 
0.001  103 
0,001  112 
0,001  100 
0,001  102 


22.  Mg.  Kaliumsulfat. 
MgK/SO/),.  (Seh.) 

Fest  (wasserfrei)  ?      Gelöst  1,319. 


p 

*  15°  4° 

«5 

C 

3,43 
5.14A 
6,86 
10,28  y 
15,43 

1,0303 
1,0464 
1,0620 
1,0954 
1,1467 

2,19 

4,26 
6,21 
9,12 

0,006  611 

0,006  667 
0,006  765 
0.006  990 

23.  Kaliumhydroxyd.  KOH.  (Kl.) 
Fest  2,04.  Gelöst  1,678. 


4,19 

8,42A 
16,7t* 
25,11  y 
33.33 
41,7 


*  15°;  4» 

1,0381 
1,0777 
1,1588 
1,2431 


2,057  0,005  124 

7,494  ;  0,005  334 

9,481  0,005  042 

1,3303  11,423  0,005  141 

,  1,4263  j  13,09  0,005  262 


24.  Kaliuinoxalat.  C,K,0,.  (Fr.) 
Fest  (wasserfrei)  ?       Gelöst  1,253. 


0,005  728 
0,005  434 
0,005  375» 


*17,50/40 

4,5 

1,0337 
1,0656 

2,462 

9,0  A 

4,45 

13,5 

1,0977 

6,2* 

18,0  v 

1,1306 

22,5 

1,1638 

9,58 

0,005  494 


25. 


Weinsäure.  C^O,.  (Gl.)      26.  Citronensäure.  C,H8G7.  (Gl.) 


Fest  1,739. 

*  15°/ 4° 


Gelöst  1,65. 


10 

20  A 
30 
40  y 

50 


1,0460 
1,0960 
1,1495 
1,2068 
1,2685 


0,0,6000 
0.0,5938 
0,0,5952 


0,54 
0,95 
1,25 
1,425 
1,507  0,0,6028 


Fest  (wasserfrei)  V 
s 15°  4° 


9,10 
18,2  A 
27,3 
36,4  y 
45,5 
54,6 


1,0383 
1,0796 
1,1234 
1,1699 
1,2193 
1,2724  ! 


0,40 

0,94 
1,09 
1,18 
1,22 


Gelöst  1,588. 
0,034835 


0,0,4736 
0,0,4708 
0,0,4  74  :> 
0,0,4922 


27.  Phosphors&ure.  H,P04.  (Kl.) 


Fest  1,884. 

10 
20 
30 
50 
70 
80 


1,0548 
1,1151 
1,1808 
1,3328 
1,5155 
1,6196 


Gelöst  1,873.') 

0,614  I  0,0,6822 

1,068  I  0,0,6706 

1,387  0,0,6605 

1,705  0,0,6820 

1,417  j  0,0,6748 

1,000  !  0,0,6250 


28.  Kupfersulfat 
Fest  3,58. 

8,2  1,0326 

6,4  A  1,0680 

9,6  1,1050 

12,8  y  1,1433 

16  1,1838  |  4,388  0,003265 


CuS04.  (Gl.) 
Gelöst  3,337. 

1,003  I  0,003201 
1,954  |  0,003262 
2,863  i  0,003291 


1)  Da  ich  für  d  (Dichte  der  gelösten  Substanz)  ziemlich  verschieden» 
Werthe  erhielt,  je  nachdem  ich  diese  Grösse  aus  zwei  verschiedenen 
Lösungen  berechnete,  so  musste  ich  den  Mittelwerth  nehmen,  und  zwar: 

80%  und  20%  gaben  für  d  1,869 


70° 

50' 
50% 
50% 


30% 

20% 
85  % 
10% 


»>  1,876 
1,879 

n         i»  1,866 
»  1^874 

Mittel  1.873 


120  A.  Heritsch. 

Auf  Grundlage  meiner  Hypothese  habe  ich  eine  allge- 
meine Formel  für  den  Zusammenhang  zwischen  der  Dichtig- 
keit 9  der  Lösung  und  dem  Procentgehalte  p  des  Salzes  auf- 
gesucht.   Aus  Formel  (1)  und  (2)  folgt: 

w    .{<>+(* -:->+'"{-»«>■ 

oder  auch: 

(.>)  p*-+ap  +  ß=l, 

wo  gesetzt  ist: 

IM         1        100\        a       100  100 
U=  C[J~  a         C)%     ''"Ca'     ''  =  C 

Für  ein  gegebenes  Salz  sind  a,  ß,  y  vollkommen  be- 
stimmte Grössen,  welche  man  nach  der  oben  angeführten 
Methode  berechnet. 

Die  Gleichung  für  p  enspricht  einer  Parabel.  Die  Wur- 
zeln p  sind  imaginär  (conjugirte  complexe  Grössen  von  der 
Art  cp  ±  V  V  —  1)  °der  reell,  je  nachdem  die  Constante  C 
relativ  gross  oder  klein  ist.  Wir  können  daher  die  Gleichung 

(5)  in  die  folgende  Form  bringen: 

(6)  (/»-y)l±  V1-  l> 

woraus,  je  nachdem  die  Wurzeln  reell  oder  imaginär  sind: 

So  erhalten  wir  z.  B.  für: 
Natriumchlorid  s  =  ^-J^L^  (ö  =  1,767.  C=  0.0027), 

Bariumchlorid  *     (/  -- J*9™  -oT  {S  =  3,624,  C=  0,00145). 

Taf.  II  Fig.  1  gibt  die  entsprechenden  Curven,  Fig.  2 
eine  ähnliche  Curve,  bei  der  aber  p  als  Abscisse,  d  als 
Ordinate  verzeichnet  ist. 

Die  hiernach  berechneten  specifischen  Gewichte  von 
NaCl  und  BaCla  Lösungen  bei  15°  sind  in  der  folgenden 
Tabelle  mit  den  Bestimmungen  von  Gerlach1)  und  den  nach 


1)  Gerlach,  Spezifische  Gewichte  der  gebräuchlichsten  Salzlösungen. 
Freiberg,  1859.  p.  9  u.  14. 


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Volumenänderungen  von  Salzlösungen. 


121 


der  Interpolationsformel  von  M  endelejeff *)  berechneten 
spezifischen  Gewichten  für  BaCl2  zusammengestellt. 


Prozente  *15°4° 
von  nach 
NaCl  Gerlach 

Procente  *15ft4° 
nach         von         nach     ,  nach 
Heritsch     BaCl»     Gerlach  Heritsch 

nach 
Mendelejeff 

3         1,0207        1,0207  4 
s        1,0576        1,0574  5 
13        1,0953    1    1,0953  10 
22         1,1665        1,1663  20 
26        1,2000        1,19SH  25 

1,0357 
1,0450 
1,0942 
1,2051 
1,2691 

1,0355 

1,0450 

1,09425 

1,20515 

1,2667 

1,0351 
1,0445 
1,0939 
1,2048 
1,2604 

Die  Gleichung  (1)  gibt  uns  auch  das  Gesetz  der  Volum- 
venninderung  einer  Lösung  von  beliebigen  Salz-  und  Wasser- 
mengen. Es  sei  m  die  Gewichtsmenge  des  Wassers  und  mx 
die  des  Salzes,  so  leuchtet  ein,  dass  p  =  100.  ml  (m  -f  /«,)  und 
100  -p  =  100 .  m l(m  +  ro^,  folglich: 

6)  ö  =  C(l()0)f~M«_ 

x       '  im  +  wij  i 

Die  Volum  Verminderung  der  ganzen  Mischung  (m  + 
-rhalten  wir,  indem  wir  den  Ausdruck  (8)  mit  (m  +  mjj  100 
mnltipliciren: 

9)  tf.  =  C.  100  — m'    =  A-  '"!*>-  • 

Eine  Abweichung  von  der  Formel  <?=C(100  —  p)p 
gaben  mir  die  Lösungen  von  LiCl  und  (NH4)N03.  Dem- 
gemäss  hat  sich  die  Grösse  d  (d.  h.  die  Dichtigkeit  des  ge- 
lösten Salzes)  als  veränderlich  erwiesen,  und  zwar  ist  sie  bei 
den  schwächeren  Lösungen  kleiner,  als  bei  den  stärkeren.  Ich 
vermuthe,  dass  hierbei  bis  zu  einer  gewissen  Concentration 
eine  Dissociation  der  Salzmol ecüle  eintritt.  Danach  habe 
ich  die  Lösungen  der  soeben  erwähnten  Salze  in  zwei  Grup- 
pen getheilt  und  für  jede  derselben  ö  und  C  berechnet. 

In  beiden  Gruppen  ist  die  Constante  C  verschieden,  aber 
in  jeder  einzelnen  Gruppe  von  Lösungen  ist  sie  ziemlich  un- 
veränderlich. 

I)  Mendelejeff  in  seinem  russischen  Buche  »Untersuchung  der 
wässerigen  Lösungen  nach  ihrem  specifischcn  Gewichte*4  (St.  Petersburg, 
1857)  p.  411  gibt  die  folgende  Formel  an: 

BaCL  -  15°  4°.  *  =  9992  +  86,56 />  +  0,318 p\ 


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122 


A.  Koch. 


Erste  Gruppe. 


Lösung  von  LiCl 

Ö  =  1,446.    Zweite  Gruppe. 


ö  =  1,94. 


p 

*  15°/4° 

Ö 

C 

p  |*15°/4° 

& 

C 

5 

10  A 

15  y 

20 
25 

1,0280») 

1,0571 

1,0864 

1,1163 

1,1481 

1,257 
2,398 
3,397 
4,314 
5,248 

0,002  65 
0,002  66 

0,002  696 
0,002  79 

30  A  1  1,1809 
35  1,2169 
40  V  |  1,2546 

0,848 
0,925 
0,968 

0,000  404 
0.000  406 

Lösungen  von  (NH4)N03. 


Erste  Gruppe. 

ö  =  1,429. 

Zweite  Gruppe. 

p  *17,5°/17,5° 

d 

C 

p  *17,5V7,5° 

10  A  !  1,0425 
20  i  1,0860 
30     |  1,1301 

1,068 
1.900 
2,483 

0,001  187 
0,001  188 
1  0,001  183 

40  1,1790 
50  A  1.2300 
60  y      1,2835  , 

«)  =  1,526. 


_L_ 


1,369  I  0,001  571 
1,434     0,001  574 


Die  speeifischen  Gewichte  der  Lösungen  von  (NH4)N03 
sind  nach  den  Bestimmungen  von  Gerlach1)  angegeben. 

Physik.  Lab.  der  Univ.  Odessa. 


VI.    Veber  die  Dämpfung   der  Tors ionssch Win- 
dungen row  verschiedenen  Metalldrähten  ; 
van  Arthur  Koch, 

(Inauguraldissertation.) 
(Hierin  Taf.  II   Fl*.  3-4.» 

Die  erste  eingehendere  Untersuchung  über  die  Elasticit&t 
fester  Körper  rührt  her  von  Gauss  und  W.  Weber.  Letz- 
terer beschäftigte  sich  speciell  mit  den  Beziehungen,  welche 
zwischen  der  Ausdehnung  und  der  Spannung  eines  Cocon- 

1)  Ger  lack's:  Specifische  Gewichte  der  gebräuchlichen  Salzlösungen. 


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Tortionsschicinyungen. 


123 


fadens  während  einer  bestimmten  Zeit  obwalten.1)  Damit 
war  ein  neues  Gebiet  der  Experimentalphysik  eröffnet. 
Weber  selbst  wusste  direct  anzuregen,  indem  er  als  not- 
wendiges Bedürfniss  hinstellte,  die  Elasticität  vieler  und 
zwar  recht  verschiedenartiger  fester  Körper  zu  untersuchen, 
um  das  Wesen  der  Elasticität  näher  zu  erforschen. 

Seit  jener  Zeit  ist  eine  Reihe  interessanter  Entdeckungen 
auf  diesem  Gebiete  zu  Tage  gefordert  worden.  Natürlich 
blieb  die  Forschung  nicht  auf  Ausdehnung  und  Deformation 
beschränkt  Man  richtete  sein  Augenmerk  auch  auf  die 
Torsion,  und  gerade  in  unserer  Zeit  haben  mehrfache  Unter- 
suchungen über  Torsionsschwingungen  stattgefunden.  Dass 
derartige  Forschungen  manche  Entdeckungen  im  Gefolge 
haben  mussten,  liegt  auf  der  Hand. 

So  zeigte  G.  Wiedemann  in  einer  Abhandlung:  „Ueber 
die  Torsion  und  die  Beziehung  derselben  zum  Magnetismus4'2), 
dass  ein  tordirter  Draht  theilweise  detordirt  werde,  wenn 
man  ihn  magnetisire.  Ferner51),  dass  ein  Eisendraht,  der 
während  oder  nach  dem  Durchleiten  eines  galvanischen 
Stromes  tordirt  wird,  magnetisch  wird. 

Die  Erscheinung  der  elastischen  Nachwirkung,  die 
Weber  für  die  Ausdehnung  eines  elastischen  festen  Körpers 
definirt  und  erwiesen,  wurde  von  F.  Kohlrausch  auch  bei 
der  Torsion  von  Metalldrähten  nachgewiesen.4) 

In  der  folgenden  Zeit  wandten  sich  H.  Streintz6), 
P.  M.  Schmidt6),  F.  Neesen7)  und  O.  E.  Meyer8)  zu 
umfängreichen  experimentellen  Untersuchungen  über  die 
elastische  Nachwirkung  und  die  Dämpfung  der  Torsions- 
schwingungen von  Metalldrähten. 

Bei  allen  Versuchen,  die  den  angeführten  Abhandlungen 
zu  Grunde  lagen  ,  wurde  die  Torsion  hervorgerufen  durch 

\)  W.  Weber,  Pogg.  Ami.  84.  p.  247-,  54.  p,  1. 

2)  6.  Wiedemann,  Pogg.  Ann.  106.  p.  161.  1859 

3)  G.  Wiedemann,  Pogg.  Ann.  117.  p.  193.  1862. 

4)  F.  Kohlrausch,  Pogg.  Ann.  119.  p.  337.  1863. 

5)  H.  Streintz,  Wien.  Ber.  «».  p.  337.  1874. 

6)  P.  M.  Schmidt,  Wied.  Ann.  2.  p.  48.  1877. 

7)  F.  Neesen,  Pogg.  Ann.  157.  p.  579.  1876. 

8)  0.  E.  Meyer,  Pogg.  Ann.  151.  p.  108.  1874. 


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124 


A.  Koch. 


sehr  sinnreiche  Apparate,  die  aber  alle  durch  Uebertragung 
mit  dem  Drahte  direct  in  Verbindung  standen1),  wodurch 
ein  störender  Einfluss  bei  Torsionsschwingungen  kaum  ver- 
mieden werden  kann.  Ferner  scheint  mir  die  Luftreibung 
bei  allen  Versuchen  nicht  genügend  berücksichtigt;  endlich 
steht  einer  Vergleichung  der  Metalle  in  Beziehung  auf  die 
Dämpfungsstärke  eine  nicht  vollkommen  gleichmässige  Be- 
handlung der  Drähte  entgegen. 

Aus  diesen  Gründen  schien  es  mir  von  Interesse  zu 
sein,  Torsionsschwingungen  durch  einen  Magnetstab  hervor- 
zurufen und  zu  beobachten;  die  Luftreibung  durch  ent- 
sprechende Versuche  zu  eliminiren  und  endlich  eine  grössere 
Anzahl  von  verschiedenen  Metalldrähten  bei  gleicher  Länge, 
gleichem  Durchmesser,  gleicher  Belastung  und  gleicher  Be- 
handlung zu  prüfen,  und  zwar  im  ungeglühten  und  aus- 
geglühten Zustande. 

Der  Apparat,  den  ich  zu  diesen  Untersuchungen  con- 
struiren  Hess,  war  im  wesentlichen  folgender  (Fig.  3):  An 
der  Wand  war  eine  157  cm  lange  Stange  {ab)  sicher  be- 
festigt, die  auf  der  oberen  Seite  mit  einem  Querholz  (bc) 
fest  verbunden  war.  An  der  unteren  Seite  trug  dieselbe 
einen  durch  starke  Messingschrauben  befestigten  Holzkasten. 
Von  demselben  nach  dem  Querholz  lief  vertical  eine  Glas- 
röhre (de)  von  3,1  cm  Durchmesser.  Dieselbe  passte  genau 
in  eine  conische  Oeffnung  (d)  auf  den  Deckel  des  Kastens. 
Ebenso  konnte  sie  oben  (bei  e)  durch  einen  ringförmigen 
Kork  sicher  abgeschlossen  werden,  um  gegen  äussere  Luft- 
strömungen zu  schützen.  In  die  Glasröhre  hinein  ragte 
von  oben  eine  Messingstange  (von  f  bis  e)}  die  mit  einem 
Schraubengewinde  versehen  bis  zu  50  cm  in  die  Glasröhre 
hineingeschraubt  werden  konnte,  und  die  in  der  gehörigen 
Weise  oben  befestigt  war.  Das  Schraubengewinde  selbst 
lief  am  unteren  Ende  conisch  zu,  war  der  Länge  nach  durch 
einen  feinen  Schnitt  aufgesägt  und  trug  eine  conische 
Schraube.  In  jenen  Schnitt  wurde  der  zu  untersuchende 
Draht  hineingesteckt  und  durch  die  Schraube  angezogen. 


1)  z  B  Pogg.  Ann.  106.  p.  161.  1x5'.».  Apparat  von  G.  Wiedeinann. 


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Torsiomschwingungen. 


125 


An  der  unteren  Seite  wurde  der  Draht  durch  eine  ähnliche 
Vorrichtung  in  ein  Messingstück,  welches  gleichzeitig  das 
Gewicht  (g)  trug,  eingeklemmt.  Das  Gewicht  selbst  bestand 
aus  Messing  und  Blei  und  hatte  die  Form  eines  Cylinders. 
Derselbe  steckte  in  einer  Messinghülse  und  konnte  durch 
Verschieben  dieser  Hülse  auf  das  Doppelte  verlängert  wer- 
den. Auf  dem  Gewichte  befand  sich  ein  kleiner  Spiegel 
und  eine  Magnetnadel  in  Richtung  des  magnetischen  Meri- 
dians befestigt.  Zu  erwähnen  wäre  noch,  dass  der  Kasten 
seitlich  zu  öffnen  war,  dass  der  Deckel  oben  einen  Ein- 
schnitt {hi)  trug,  durch  den  der  Draht  beim  Einspannen 
geführt  werden  musste,  und  dass  dieser  Einschnitt  bei  jedem 
Versuche  durch  einen  Streifen  Papier  zugeklebt  wurde. 
Beobachtet  wurde  mittelst  Fernrohr  und  Scala.  Die  Ent- 
fernung derselben  vom  Spiegel  betrug  180  cm. 

Die  zu  den  Untersuchungen  benutzten  Drähte  waren 
alle,  wie  schon  oben  erwähnt,  auf  ganz  gleichmässige  Weise 
behandelt.  Durch  ein  Zugeisen  auf  genau  gleichen  Durch- 
messer gebracht,  hingen  sie  zwei  Monate  hindurch,  belastet 
durch  gleiche  Gewichte.  Unmittelbar  vor  dem  Gebrauche 
wurden  sie  durch  einen  mit  Oel  befeuchteten  Lederlappen 
sorgfältig  von  der  etwaigen  Oxydschicht  befreit.  Dann  erst 
wurde  der  betreffende  Draht  in  den  Apparat  eingespannt 
und  das  Fernrohr  eingestellt.  Es  bedarf  wohl  kaum  der 
Erwähnung,  dass  von  den  durch  das  Hängen  an  beiden 
Enden  conisch  gewordenen  Drähten  stets  nur  der  mittlere 
Theil  in  Anwendung  kam.  Die  erste  Beobachtung  wurde 
jedesmal  erst  am  folgenden  Tage  ausgeführt,  nachdem  der 
Draht  vollkommen  zur  Ruhe  gekommen  war,  und  zwar 
folgendermassen. 

Durch  den  Magnet  wurde  der  Draht  in  Torsions- 
schwingungen versetzt.  Die  erste  Beobachtungsreihe  wurde 
ausgeführt  bei  einer  anfanglichen  Scalendifferenz  von  circa 
500  mm,  alle  übrigen  bei  einer  solchen  von  circa  300  mm. 
Beobachtet  und  notirt  wurde  von  20  zu  20  Schwingungen 
im  ganzen  fünfmal,  und  zwar  wurde  stets  aus  je  fünf  auf- 
einander folgenden  Umkehrpunkten  rp1  bis  y5  der  mittlere 
Ausschlag  auf  der  linken  Seite  (fi  =  (<y ,  4-  2  (p3  +  9?5)  /  4 ,  der 


126 


A.  Koch. 


auf  der  rechten  cfr  =  {y3  +  yJ/2  gesetzt.  Während  der 
ersten  beiden  Beobachtungsreihen  wurde  der  Magnetstab 
entfernt.  Erst  bei  den  folgenden  Versuchen  wurde  der  Erd- 
magnetismus durch  einen  in  der  Richtung  des  magnetischen 
Meridians  aufgestellten  Magnetstab  verstärkt  oder  abge- 
schwächt und  damit  die  Schwingungsdauer  verkleinert  oder 
vergrössert.  Zum  Schlüsse  wurde  wieder  eine  Versuchs- 
reihe nach  Entfernung  des  Magnetstabes  aufgestellt. 

Nun  wurde  die  Metallhülse,  in  welcher  das  Gewicht 
steckte,  abgezogen,  mit  Watte  lose  ausgefüllt  und  wieder  so 
aufgesteckt,  dass  der  Cylinder  um  das  Doppelte  verlängert 
wurde.  Dadurch  wurde  die  Luftreibung  ungefähr  um  das 
Doppelte  vermehrt.  Die  Watte  im  Cylinder  hatte  den  Zweck, 
dass  die  in  der  Hülse  befindliche  Luftsäule  nicht  ihrerseits 
durch  Reibung  an  den  Innenwänden  die  gesammte  Luft- 
reibung beträchtlich  beeinflusste.  Im  übrigen  konnte  das 
Gewicht  der  Watte  (0,615  g)  gegenüber  dem  des  ganzen 
Cylinders  (546,7  g)  ohne  grösseren  Fehler  vernachlässigt 
werden. 

War  dies  geschehen,  so  liess  ich  den  Draht  drei  bis 
vier  Stunden  hindurch  zur  Ruhe  kommen,  um  dann  noch 
einmal  ähnliche  Reihen  wie  vorhin  aufzustellen.  Die  Tem- 
peratur wurde  jedesmal  vor  Beginn  und  nach  Schluss  einer 
Versuchsreihe  notirt.  Das  Thermometer  (Celsius)  war  auf 
einem  Stative  unmittelbar  neben  der  Glasröhre  aufgestellt. 

Die  Schwingungsdauer  T  wurde  mit  Hülfe  eines  Chro- 
noskops  während  einer  Versuchsreihe  zehn-  bis  zwölfmal 
bestimmt  und  daraus  der  Mittel werth  genommen;  im  übrigen 
von  einem  Umkehrpunkte  bis  wieder  zu  eben  demselben  in 
Anrechnung  gebracht. 

Das  logarithnri8che  Decrement  L  ist  berechnet  nach 
der  Gleichung: 


Die  Mittelwerthe  sind  stets  bestimmt  aus  Lx ,  L3  und  LS1 
weil  diese  Grössen  die  Form  haben: 

=  log  a  —  log  b,  £s  =  log£  —  logc,   /*,=  logc  —  logrf  u.8.w. 


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Torsionsscfacingungen. 


127 


Eine  Hauptachwierigkeit  bei  diesen  Untersuchungen  bot 
die  Elimination  der  Luftreibung.  Um  diesen  Zweck  zu 
erreichen,  verglich  ich  bei  gleicher  Schwingungsdauer  je 
zwei  zugehörige  Werthe  L'm  und  Lmi  wobei  L'm  das  loga- 
rithmische Decrement  bei  grösserer,  das  bei  geringerer 
Luftreibung,  in  der  Weise,  wie  oben  erwähnt,  bezeichnet. 
Für  eine  Reihe  yon  Beobachtungen  der  verschiedenen  Metall- 
drähte ergab  sich  nach  ansteigendem  T  geordnet,  folgende 
Tabelle: 

Tabelle  I. 


Tm      I  £„'.10» 


6,S05 
7.058 
7,701 
7,84 
7,921 
8,09 
9,503 
9,628 
10,07 
10,085 
10,548 
10,71 
10,808 
11,209 
11,943 
11,959 
12,86 
13,38 
13,73 


16,19 
11,62 
10,77 
9,51 
11,04 
19,24 
15,64 
13,47 
25,57 
10,07 
10,0S 
12,99 
94,26 
21,74 
51,43 
17,03 
15,60 
45,85 
26,63 


Lm.\V    (Lm-Lm).  10* 


14,04 

9,58 
8,33 
7,53 
9,73 
17,19 
14,39 
10,72 
23,55 
8,15 
8,62 
10,91 
91,78 
19,86 
48,64 
14,74 
13,45 
43,25 
25,14 


2,15 
2,04 
2,44 
1,98 
1,31 
2,05 
1,25 
2,75 
2,02 
1,92 
1,46 
2,08 
2,48 
1,88 
2,79 
2,29 
2,15 
2,fi0 
1,49 


Aus  der  letzten  Columne  dieser  Tabelle  ist  einerseits 
ersichtlich,  dass  der  Einfluss  der  Luftreibung  durchaus  nicht 
ganz  vernachlässigt  werden  darf;  andererseits,  dass  derselbe 
als  nahezu  constant  erscheint.  Da  nun  durch  die  getroffenen 
Vorrichtungen  die  Luftreibung  durch  das  Herunterziehen 
des  Hohlcy linders  nahezu  verdoppelt  wurde,  so  werden  die 
logarithmischen  Decremente  mit  grosser  Annäherung  unab- 
hängig von  der  Luftreibung  sein,  wenn  man  das  Mittel  der 
Werthe  —  d.  h.  2,059  von  den  jedesmaligen  logarith- 
mischen Decrementen  in  Abzug  bringt.  In  allen  folgenden 
Tabellen  sind  daher  die  logarithmischen  Decremente  gleich 
durch  Subtraction  von  2,059  corrigirt. 


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128 


A.  Koch. 


Vergleichen  wir  jetzt  bei  veränderlicher  Schwingungs- 
dauer T,  wie  es  auch  dem  Gange  der  experimentellen  Unter- 
suchung entspricht,  T  selbst  mit  dem  logarithmischen  Decre- 
ment und  dem  Maass  der  Dämpfung  L :  Ts. 

Für  einen  Silber-  und  einen  Neusilberdraht  ergeben  sich 
folgende  zusammengehörige  Werthe: 

Tabelle  II. 


J  - 


L.W    •  Z.10«:  2" 


7,97 
10,05 
U,y03 
16,066 
21,6 


Silber 

21,141 
32,276 
45,321 
78,751 
141,751 


0,3326 
0,3196 
0,3198 
0,3051 
0.3038 


L.10*  z.io«:r 


7,84 
10,77 
12,86 
15,653 
23,663 


Neusilber 

5,471  I 

8,851 
11,391 
16,041 
31,961  1 


0,08901 
0,07631 
0,0688S 
0,06547 
0,05708 


Aus  dieser  Tabelle  geht  hervor,  dass  L  mit  wachsendem  T 
zunimmt ,  während  L :  T*  mit  wachsendem  T  abnimmt. 1 ; 
Das  Gesetz,  welches  das  Abhängigkeitsverhältniss  zwischen 
L  und  T  angibt,  lässt  sich  aus  jener  Eigenschaft  der  Func- 
tion leicht  ermitteln.    Es  sei: 

wo  f{T)  der  ausgesprochenen  Bedingung  genügen  muss. 
Eine  derartige  Function  wäre  z.  B.: 

/(T)  =  A-C.  T*. 
woraus:  L  =  AT2-C.T\ 

folgen  würde,  oder:    f(T)=A  +  *. 

woraus:  L  =  AT2  +  BT. 

sich  ergäbe.  Um  diese  Frage  allgemeiner  zu  entscheiden, 
setzte  ich:  f{T)  =  A  +  a  Tn, 

Hiernach  wäre: 

Für  den  ersten,  dritten  und  letzten  Werth  von  L  und  T 
ergeben  sich  hiernach  für  die  eben  besprochenen  Drähte  die 
beiden  Gleichungssysteme : 


1)  Vgl.  auch  Tab.  5. 


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Torsionsschwingungen. 


129 


21,141  =  b.  7,972  +a.  7,97»+* 
45,321  =  A .  1 1,903s  +  a .  1  1,903»+* 
141,751  =  b.  21,6*     +  a.21,6»+2 

und:  5,471  =£.  7,84*  +  a.  7,84"+2 

11,391  =  b .  12,86*  +  a. 12,86"+* 
3L961  =s  ft . 23,663*  +  «.23,666«+*. 

Bestimmt  man  hieraus  die  Constanten  a,  b  und  n,  so  ergibt 
das  erste  System: 

a  =  0,61225       b  =  0,27856       n  =  -  1,09785, 
das  zweite: 

a  =  0,23120       b  =  0,04581       n  =  -  0,8907. 

Aus  diesen  Lösungen  lässt  sich  wohl  annehmen,  dass  n  =  —  1 
gesetzt  eine  befriedigende  Annäherung  liefern  wird.  Hierfür 
geht  aber  die  allgemeine  Gleichung: 

L  =  b  T*  +  a  7*»+* 

aber  in:  L=aT+bTK 

Berechnet  man  nach  dieser  Gleichung  für  gegebene  Werthe 
von  T  die  logarithmischen  Decremente  der  verschiedenen 
Metalldrähte  und  stellt  sie  den  beobachten  Werthen  gegen- 
über, so  ergibt  sich  folgende  Tabelle: 

Tabelle  III. 


T 


Z.104beob.  ;  Z.104ber. 


Kupfer. 


Silber. 


Silber. 


Ani.  d.  Phj«. 


Länge: 
Durchmesser : 

10,793 
15,540 

Länge: 
Durchmesser: 

10,03 

13,275 

15,73 

Länge: 
Durchmesser: 

7,97 
10,05 
11,903 
16,066 
21,6 
Chem.  N.  P. 


100  cm 
0,027  cm 

89,221 
159,971 

100  cm 
0,027  cm 

24,401 
41,191 

55,281 

75  cm 
0,027  cm 

21,141 
32,276 
45,321 
78,751 
141,751 


L  .  10*  =  3,656  T  +  0,4271  T\ 

f  89,220 
159,963 

104  =  0,61965  r+O,t8705rs. 

25,035 
41,186 
56,027 

L .  104=  0,3121  T  +  0,2909  T*. 

20,967 
32,517 
44,935 
80,104 
142,441 

9 


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130 


A.  Koch. 


Z.104beob.  Z.lO'ber 


Eisen. 


Platin. 


Länge : 
Durchmesser : 

«,805 

8,027 
10,07 

Länge: 
Durchmesser : 

7,058 
9,455 
16,07 


\r  Länge: 
Messing.  Dui4meMer: 

8,903 
12,019 
15,610 


N.u.ilber.  Ö«„ 

7,84 
10,77 
12,86 
15,653 
23,663 


100  cm 
0,027  cm 

11,981 
15,126 
21,491 

100  cm 
0,027  cm 

7,524 
12,331 
31,541 

100  cm 
0,027  cm 

7,481 
12,676 
20,861 

100  cm 

0,027  cm 

5,471 
8,851 
11,391 
16,041 
3 1 ,96 1 


L.  10*=  0,9875  T  +  0.1118 


11,8*7 
15,129 
21,284 


L  .10«=  0,3639  7'+ 0.09968  T\ 


7,534 
12,352 
31,588 


h  .  10*  =  0,16975  7'+ 0,0736  Y'\ 

7,347 
12,670 
20,590 

h  .10«  -=  0,395  T+  0,04 085  T  !. 

5,608 

8,992 
11,836 
16,193 
32,217 


Zur  Uebersicht  habe  ich  die  beobachteten  Werthe  von 
L.10*  und  T  graphisch  dargestellt,  wobei  T  zur  Abscisse 
L .  10  *  zur  Ordinate  gewählt  ist  (Fig.  4).  Aus  dieser  Darstellung 
drängt  sich  sofort  die  Eintheilung  der  Metalle  nach  ihrer 
Dämpfungsstärke  auf.  Hiernach  steht  Kupier  mit  der  gross - 
ten  Dämpfung  oben  an.  Dann  folgen  Silber,  Eisen,  Platin. 
Messing  und  endlich  Neusilber.  Werden  die  Drähte  ausge- 
glüht, so  ändert  sich  der  Charakter  dieser  Curven  nicht, 
wohl  aber  die  Dämpfung  und  damit  L.  Ist  daher  die  Be- 
ziehung zwischen  L  und  T  bei  einem  ungeglühten  Drahte: 

L  =  aT  -\-  b  T2, 
so  liegt  es  nahe,  für  denselben  Draht  im  ausgeglühten  Zu- 
stande die  Gleichung: 

L  =  n(aT+br°) 
anzusetzen.   Für  die  Drähte  der  vorigen  Tabelle,  mit  Aus- 
nahme des  dritten  und  letzten,  die  beim  Glühen  an  einer 
Stelle  schmolzen,  ergibt  sich  dann  die  folgende  Zusammen- 
stellung: 


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Torsionsschirinyutif/eu. 


131 


L.  10*  L  .  10« 
beob.  berechn. 


Tabelle  IV. 

■  '   


£.10«  £.104 
beob.   berechn. i 


Kupfer   L.  10*=  0,18108(3,656  T  Platin 


0,4271  Tr) 


8,813 
11,208 
13,73 
13,75 
22.605 

Silber 

7,516 
10.54 
13.815 
15,42 
21,09 

Eisen 

7,857 
10.52 
16,29 


11,251 
1  6,639 
23,081 
31,571 
60.571 


13,182 
17,136 
23.670 
'.'0,612 
54,485 


0.15456 
0,17990 
0,17060 
0,19305 
0,2013(1 


,701 

0,595 
15,05 
23,195 


L  .  10*=  0,61462  (0,61965  T 
+  0.18705  Ts) 

9,191  9,357  0,60370 

16,551  16.785  0,60605 

27.576  27,203  0,62305 

32,851  33,208  ,  0,60801 

,  60,871  50,168  0,63230 

L  .  10*=  0.5^915  [ 0,0875  T 
+  0,1118  T-) 

7.676  8,638  0,52354 
11.951  13,410  0,52505 
32.801     26,956  i  0,71885 


8.083 
10,123 
13,485 
15,053 


L.  10«=  0,68S44  (0,8639  T 
+  0,00968  T*) 

6,271      6,0000  0,71955 

8,276      8,7210  0,65380 

22,831  21,455  0,73260 

40,241  42,732  0,64830 


/.  .  10*  =0,63534  (0,16975  T 
+  0,07363  Tl) 

4,531  3,928  J  0,73200 

6,091  5,886  0,65752 

8.851  9,061  i  0,56454 

11,281  12,224  I  0,58638 


Versucht  man  hier,  die  Werthe  von  L  und  T  graphisch  dar- 
zustellen, so  erhält  man  nicht  mehr  so  gleichmässige  Cur- 
ven, wie  bei  den  ungeglühten  Drähten.  Doch  liegt  dies  in 
der  Natur  der  Sache.  Das  Ausglühen  der  dünnen  Drähte 
konnte  unmöglich  ganz  regelmässig  vor  sich  gehen,  denn  es 
wurde  dieser  Act  dadurch  bewerkstelligt,  dass  die  Drahte 
vorsichtig  durch  eine  Spiritus-,  beziehungsweise  Gasflamme 
gefuhrt  wurden.  Daher  ist  es  leicht  erklärlich,  dass  der  Draht 
an  einigen  Stellen  etwas  mehr  ausgeglüht  war,  wie  an  ande- 
ren, und  damit  ist  eine  mehr  oder  minder  grosse  Unregel- 
mässigkeit im  Verlaufe  der  Curven,  die  durch  L  und  T 
repräsentirt  werden,  gegeben.  Immerhin  ist  aber  noch  die 
frühere  Reihenfolge  der  Metalle  zu  erkennen.  Allerdings 
liegen  die  Curven  für  Kupfer  und  Silber  sehr  nahe,  wechseln 
sogar  für  eine  Strecke  ihre  Reihenfolge. 

Interessant  war  mir,  dass  die  bis  jetzt  zu  Grunde  gelegt l* 
Gleichung  mit  der  Boltzmann'schen  Theorie1)  in  Einklang 
steht,  ja  sich  aus  derselben  herleiten  lässt,  wenn  man  gewisse 

1)  Bol  tzmann,  Wien.  Ber.  70.  1874.  Pogg.  Ann.  Ergbd.  7«  p.  627. 
Vgl.  auch:  Ricke,  Wied.  Ann.  20.  p.  484.  1883. 

0* 


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132 


A,  Koch. 


Specialisirungen   vornimmt,  die   den   vorliegenden  Unter- 
suchungen entsprechen. 
Bezeichnet  man  mit: 

6  a         /»       6  v  die 

die  Dehnungen  der  Längeneinheit  in  Richtung  der  ?/•, 
r-Axen ; 

so  gelten  für  die  elastischen  Kräfte  bei  vollkommen  elasti- 
schen festen  Körpern  die  Gleichungen1): 

ai-a«+«„':.  :  T.-Mar+S;)- 

*.«!?•  !  ^=.«a+a- 

Vorausgesetzt  wird  dabei,  dass  auch  bei  ungleichförmiger 
Dehnung  sehr  kleine  Parallelepipeda  als  gleichförmig  gedehnt 
betrachtet  werden.2)  Von  diesen  Gleichungen  geht  Boitz- 
en an  n  aus.  Dabei  nimmt  er  aber  an,  dass  die  Kräfte,  die 
auf  die  Begrenzungsflächen  des  Parallelepipeds  zu  einer  be- 
stimmten Zeit  wirken,  nicht  blos  abhängen  von  der  Dehnung 
des  Parallelepipeds  zu  einer  bestimmten  Zeit,  sondern  auch 
von  den  vorhergegangenen  Dehnungen  desselben,  wobei  jedoch 
eine  Dehnung  einen  um  so  geringeren  Einfluss  hat,  vor  je 
längerer  Zeit  sie  stattfand,  und  zwar  ist  die  Kraft,  welche 
zur  Erzeugung  einer  bestimmten  Dehnung  erforderlich  ist. 
geringer,  wenn  schon  früher  eine  Deformation  im  gleichen 
Sinne  statt  hatte.  Boltzmann  nennt  diese  Thatsache,  dass 
eine  früher  vorhandene  Dehnung  die  Kraft,  welche  zur  Er- 
zeugung einer  Dehnung  im  gleichen  Sinne  nothwendig  ist, 
vermindert,  „die  durch  jene  frühere  Dehnung  erzeugte  Kraft- 
verminderung*'. Ferner,  wenn  zu  irgend  einer  Zeit  r  wäh- 
rend des  Zeitdifferentials  dt  der  Körper  die  Dehnung  a(r) 

1)  Lame,  Leejons  sur  la  theorie  matbemati<iue  de  l'elasticite  des 
corps  solides. 

2)  Clebsch,  Elasticitatstheorie. 


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Torsiansschwingu  ngen . 


hatte,  dass  die  Kraftverminderung,  welche  diese  Dehnung  auf 
die  zur  Zeit  t  wirkende  Kraft  ausübt,  proportional  dr\  k(t) 
und  einer  Function  der  Zeit: 

(/  -  T)  =  CO 

ist,  vor  welcher  die  Dehnung  statt  hatte.  Endlich,  dass  sich 
der  Einfluss  der  zu  verschiedenen  Zeiten  vorhandenen  Defor- 
mationen superponirt,  d.  h.,  dass  die  Kraftverminderung, 
welche  eine  bestimmte  vor  einer  bestimmten  Zeit  stattgefun- 
dene Dehnung  erzeugt,  nicht  abhängt  von  den  Zuständen, 
welche  der  Körper  inzwischen  durchlaufen  hat.  Unter  diesen 
Voraussetzungen  gehen  die  ersten  Gleichungen  bei  Einführung 
zweier  Functionen  der  Zeit  rp{t)  und  welche  angeben, 

in  welcher  Weise  die  Kräfte  vermindernde  Eigenschaft  voran- 
gegangener Deformationen  von  der  Zeit  abhängen,  über  in: 

N]  =  k{c<(t)+ß(t)  +  y(t)\  +  2u«(t) 

r  ce 

-fdb)<f{fo)\u{t-(ü)+p(t-(o)  +  y{t-a))\ -2 fdcu  i," (©)«(/  -  (»), 

0  I» 

oder  zusammengefasst: 

iV,  =  !(,)  +  2«  -/ d<o  [rf  {u>)  Ö(<-  «,)  +  2  y(«)  au<'a-~]  • 
Analog  N2  und  N9. 

Analog  5T,  und  T3. 

Ist  /  die  Länge  des  Drahtes,  R  der  Radius,  und  die 
Cylinderaxe  die  x-Axe;  ferner  für  den  obersten  Querschnitt 
-r  =  0;  ist  das  Trägheitsmoment  des  Gewichtes  sehr  gross, 
und  nimmt  man  an,  dass  der  Draht  in  jedem  Augenblicke 
gleichförmig  tordirt  sei,  so  ist: 

w  =  0;      v  =  -->-  ;      w;  =  --^  • 

Damit  ist  die  Bewegungsgleichung: 

OD 

(I)     D-  K*-fW  -*£[*&(/>- fdm»{*,)»«-m))- 


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134 


A.  Koch. 


Dabei  ist  K  das  Trägheitsmoment,  der  Winkel,  um 

den  infolge  der  Torsion  der  unterste  Querschnitt  des  Drahtes 
zur  Zeit  t  gedreht  ist,  D  das  auf  denselben  zu  derselben 
Zeit  von  aussen  wirkende  Drehungsmoment.  Aus  dieser 
Gleichung  stellt  Boltzmaun  durch  Specialisirung  Formeln 
für  D,  &  und  \p{t)  auf.  In  dem  folgenden  Theile  der  Ab- 
handlung setzt  er  dann: 


OB 


'•=J     «■   ;  fH- 

at. 

•      ;  vi«)--«-' 

o 

wo  /(w)  eine  Function  sein  soll,  die  für  massige  oj  nahezu 
constant,  für  sehr  grosse  bis  unendlich  grosse  ro  gegen  Null 
convergirt.    Im  weiteren  Verlaufe  wird  dann  D  =  0  gesetzt. 

Bei  meinen  Versuchen  ist  D  von  Null  verschieden, 
da  äussere  Kräfte  durch  die  Einwirkung  des  Erdmagnetismus 
vorlagen.  Die  Resultante  derselben  sei  proportional  dem 
Ablenkungswinkel,  also: 

D=p.&(t), 

wobei  p  einen  constanten  Werth  bezeichnet.  Dann  geht 
Gl.  (1)  bei  gleichzeitiger  Einführung  von: 


a—I        da)    und    »,"  =  *  über  in: 

o 

(2)    p .  »  (t)  -  K  d'f^  =  »*J'j »  W  -  *  (/  -  «„;  j/^  d,a . 

Der  Draht  schwinge  von  der  Zeit  t  =  0  an.  Damit  ist  für 
negative  t:  fr(t)  =  0, 

für  positive :  t7 -(*)  -  C.  e— 1 .  sin  • 

Bildet  man  hiernach  d-,'J(t)  jdt2,  sowie: 

1»  0 

00  OD 


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Torsionsschwingungen,  13Ö 

und  setzt  man  diese  Werthe  in  Gl.  (2)  ein,  so  wird  nach 
Porthebung  des  gemeinsamen  Factors  Ce**1  dieselbe  über- 
gehen in: 


.    2nt   ,    ..(An*        A    •    2  i  /   ,    „    4/r<?  2n/ 

sin  r  +  A  [  r,  -  «-J  sin  T  +  K    y  -  cos  r 

nÄ4  .    2ntf  ff(a)  .  C  ähi        2  i  «»    /'(tu).  \ 


,    nÄ*        2nt  {'    „    .    2nrr>  ...    x  rfri 

+  2TC0S  rJ<  8in  r  -"'"J  "TT 


Setzt  man  die  Coöfficienten  von  sin.2;z//T  und  cos. 2a// 7* 
auf  beiden  Seiten  gleich,  so  resultiren  aus  Gl.  (3)  die  Glei- 
chungen: 

.4)/»  +  A^--€»J-  2/  [J^ </r„-J<-cos  y-^rf«], 


r 


3>  A  y  --»rj*  8,11  r  ' ■«  ,/,u- 

0 

Für  die  rechte  Seite  der  Gl.  (4)  lässt  sich  der  con9tante 
Werth: 

nR*A 

einfuhren,  desgleichen,  wenn  nur  eine  Annäherung  angestrebt 
werden  soll,  in  Gl.  (5)  für /(a>)  die  Constante  B,  wobei  dann 
'i  nur  massige  Werthe  haben  soll.  Wird  endlich  e"*  =  1 
gesetzt,  da  «  sehr  klein  ist,  so  gehen  die  Gleichungen  (4) 
und  (5)  über  in: 

X 

0  A  -r  =         jsin  r    -  . 

<> 

Aus  (6)  folgt  für  6  =  0: 

i 

T 

21  p 


/>  +  K-  4^  —  a ,  und  daraus: 


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136  A.  Koch. 

Kehren  wir  zurück  zu  Gleichung  (7).    Es  sei: 

.  TT  Ä4  B 

da  ferner  2nlT  stets  >0  ist,  so  ist: 


CD 

 2  rt  w  d  t,)  n 

Sm    T    T/=  2 

0 


Demnach  geht  (7)  über  in: 

(10) 

also.  €  _  8J5r_  |/  4/4-  ^K,{nRlA    2[p)  ,  odei . 

v    '  *  ~  K  MK.l.{nRcA-2lp)' 

Aus  (0)  und  (11)  folgt  das  logarithmische  Decrement: 


Hieraus  folgt  zunächst,  dass  L  mit  /  und  p  wächst.  Aus 
Gleichung  (9)  folgt  ferner,  dass: 

rs  =  J£¥*r,  i8t-  oder:        -  2  'r  = 

Setzen  wir  diesen  Werth  in  (12)  ein,  so  wird  daraus: 

<13>  L  =  2.8  .  ».  .       =  "I.  JT/    '  W0DaCh  WCh: 

(14)  5  =  ^ 

leicht  berechnen  lässt. 

Für  die  vorliegenden  Untersuchungen  war  nun  B,  l  und 
K  constant.  Führen  wir  deshalb  zur  Abkürzung  die  Grösse: 

nR'B 
C  -  16  Kl 

ein,  so  folgt  aus  der  Boltzmaun'schen  Theorie  zunächst, 
dass  für  einen  bestimmten  Draht: 

(15)  L  =  cT2 

sein  muss.  Von  dieser  Gleichung  kommt  man  leicht  auf  die- 
jenige, welche  der  Tabelle  III  zu  Grunde  liegt,  wenn  man 
sich  die  Grösse  B  oder  auch,  da  K.  I  und  B  constant  sind, 


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Torsionsschwingungen. 


137 


den  Werth  Lj  T*  bildet  Dieser  sollte  nach  der  Theorie 
constant  sein.  Es  ergibt  sich  aber  thatsächlich  ein  abstei- 
gender Werth  bei  aufsteigendem  T,  wie  aus  folgender  Tabelle 
ersichtlich  ist  (Vergleiche  auch  Tabelle  II). 

Tabelle  V. 


L .  10* 


(X.10«):r» 


Kupfer. 

89,221 
159,971 

Silber. 

24,401 
41,191 
55,281 

Eisen. 

11,981 
15,126 
21.491 

Platin. 

7,524 
12,331 
31,541 

Messing. 

7,481 
12,676 
20,861 

Neusilber. 

5,471 
8,851 
11,391 
16,041 
31,961 


Länge:  100  cm  Durchmesser:  o,02?  cm 

10,793  0,765  90 

15,54  0,662  43 

Länge:  100  cm  Durchmesser:  0,027  cm 

10,03  0,242  56 

13,275  0.233  73 

15,73  0,223  42 

Länge:  100  cm  Durchmesser:  0.027  cm 

6,805  0.258  79 

8,027  0,234  76 

10,07  0,211  93 

Länge:  100cm  Durchmesser:  0,027  cm 

7,058  0.151  04 

9,455  0^137  94 

16,07  0,122  13 

Länge:  100  cm  Durchmesser:  0,027  cm 

8,903  0,094  380 

12,019  0,087  752 

15,61  0,085  612 

Länge:  100  cm  Durchmesser:  0,027  cm 

4,84  0,089  008 


10,77 
12,86 
15,653 
23,663 


0,076  305 
0,068  879 
0,065  472 
0,057  080 


Schreibt  man  Gleichung  (13)  in  der  Form: 


wo 


a  ~  16  Ä7 


L  —  a.  BT1, 

ware,  und  führt  man  entsprechend  dieser  Tabelle  für  />'  den 
mit  T  variablen  Werth: 

b=  ßT  +  r 

ein.  so  geht  die  Gleichung  über  in: 


L  =  u[^+r)Tt=aßT+  uyT*, 


oder  wenn  man: 


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138 


A.  Koch. 


a.ß  =  a\      a.y  =  b  einführt: 
i'i)  L  =  aT+bT\ 

Die  Constante  A,  welche  zuerst  in  Gl.  (6)  auftritt,  lässt  sich 
nach  der  Gleichung: 

2{nKKÄ-  21  p) 

bestimmen.  Setzen  wir  den  Werth  B  ein,  so  geht  nach  eini- 
gen Reductionen  diese  Gleichung  über  in: 

j      Su-Kf  +  2Ti.f.p 

Endlich  sei  noch  im  Anschluss  an  diese  Theorie  eine  Tabelle 
aufgestellt,  in  der  10*  berechnet  nach  den  Gleichungen  (15) 
und  (16)  einander  gegenüber  gestellt  werden,  neben  dem  beob- 
achteten Werthe  von  L,  um  den  Grad  der  Annäherung,  wie 
er  aus  den  Boltzmann'schen  Formeln  hervorgeht,  schätzen 
zu  können. 

Die  Schwingungsdauer  ist  dieselbe  bei  den  entsprechen- 
den L  wie  in  der  vorigen  Tabelle.  Die  Länge  bei  allen 
Drähten  100  cm,  der  Durchmesser  0.027  cm. 

* 

Tabelle  VI. 

L.  10»  her.  nach  /.  .10«  ber. 

L.\0*=,'T+hT-s  LAO*  beob.        nach  c 
cf.  Tab.  III.  Z.10'=r  7" 


Kupfer.  />.  10*=  0,71417  T\ 


89,220 
159,963 

■ 

89,221 
159,971 

83,204 
172,49 

0,7659 
0,6624 

Silber. 

L 

.  10* 

=  0,2332 

25,035 
41,186 
56,027 

24,401 
41,191 

55,281 

i 
• 

i 

23,460 
41,100 
57,700 

0,2426 
0,2337 
0,2234 

Eisen. 

L 

=  0,2351 

11,897 
15,129 
21,284 

11,981 
15,126 
21,491 

1 

I 

1 

10,8S7 
15,148 
23,840 

0.2587 
0,2348 
i  0,2119 

Platin. 

L 

.10' 

=  0,1370 

T\ 

7,534 

12,352 
31,588 

7,524 
12,331 
31,541 

• 

1 

6,8247 
12,247 
35,380 

0,1510 
0,1379 
0,1222 

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Torsiomschwinyunyen. 


139 


Z.10*  ber.  nach'  L  .  10*  ber. 

A.  10'=  fiT+hT*  L.  10*  beob.  nach 
cf.  Tab.  III.  L.\0*=cT* 


r 


Messing. 


L  .  10»  «  0,08925  Ta. 


7,347 
12,670 
20.5% 


7,481 
12,676 
20,861 


7,074  0,09438 
12,892  0,08775 
21,748  0,08561 


Neusilber. 


L.  10«  =  0,07135  T1. 


5,608 
8,992 
11,836 
16,193 


5,471 
8,851 
11,391 
16,041 


4,386  0,08901 

8,276  0,07631 

11,800  0,06888 

17,481  0,06547 


32,217  31,961  39,950  0,05708 

Man  ersieht  hieraus,  dass  die  Annäherung,  welche  die 
Boltzmann'sche  Theorie  für  die  Beobachtung  liefert,  eine 
ziemlich  grosse  ist.  Jedenfalls  ist  es  deshalb  wohl  berechtigt, 
darauf  hinzuweisen,  dass  das  Boltzmann'sche  Unternehmen 
nicht  den  „hohen  Grad  von  Unbestimmtheit,  welche  zu  Be- 
denken Anlass  gibt,"  verdient,  wie  Hr.  O.  E.  Meyer  meinte.1) 

Wenden  wir  uns  jetzt  zurück  von  der  Theorie  zu  den 
experimentellen  Versuchen.  Eine  grössere  Reihe  von  Beob- 
achtungen über  die  Dämpfung  der  Torsionsschwingungen  von 
verschiedenen  Metalldrähten  finden  wir  in  der  schon  oben 
erwähnten  Abhandlung  von  H.  Streintz.2)  Da  aber  bei 
allen  seinen  Versuchen  äussere  Kräfte  durch  Einwirkung 
eines  Magnetstabes  nicht  in  Anwendung  kamen,  so  liegt  die 
Frage  nahe:  Wie  weit  stimmen  jene  Untersuchungen  mit 
diesen  überein? 

Streintz  findet  aus  seinen  Versuchen,  dass  das  logarith- 
mische  Decrement  unabhängig  sei 

1)  von  der  Schwingungsweite; 

2)  von  der  Spannung  des  Drahtes; 

3)  von  der  Schwingungsdauer,  wenn  die  Aenderung  der- 
selben durch  Aenderung  des  Trägheitsmomentes  bewirkt  wird; 

4)  von  der  Länge,  dann  vielleicht  auch 

5)  vom  Durchmesser  des  Drahtes,  wenn  man  das  Dreh- 
moment entsprechend  der  Längenänderung  sich  verändern  lässt; 

1)  0.  E.  Meyer,  Wied.  Ann.  4.  p.  257.  1878. 

2j  H.  Streintz,   Pogg.  Ann.  153.  p.  397.  1874;   Wien.  Ber.  69. 
!■•  337.  1874. 


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140  A.  Koch. 

6)  dass  L  verschieden  sei  für  verschiedene  Metalle  und 
für  dasselbe  Metall  im  ungeglühten  und  ausgeglühten  Zu- 
stande.  Im  ersteren  grösser,  im  letzteren  kleiner; 

7)  dass  L  um  so  kleiner  sei,  je  mehr  Schwingungen  der 
Draht  bereits  ausgeführt  hat,  und  sich  bei  dieser  Abnahme 
einer  gewissen  Grenze  nähere  (Accomodation); 

8)  dass  L  grösser  bei  höherer  Temperatur  sei,  sodass 
man  versucht  sei,  die  Temperatur  als  einzige  Ursache  anzu- 
nehmen. 

Diese  Sätze  erleiden  zum  Theil  eine  mehr  oder  weniger 
grosse  Modification,  wenn  äussere  Kräfte  durch  einen  Magnet 
eingeführt  werden. 

Das  erste  Gesetz  bleibt  auch  hier  bestehen.  Wenigstens 
glaube  ich  dies  aus  nachstehender  Tabelle  schliessen  zu 
können.  In  dieser  Tabelle  gibt  n  die  Anzahl  der  Schwin- 
gungen an,  welche  zwischen  den  einzelnen  Beobachtungen 
verliefen.  Ln  bezeichnet,  wie  oben  erwähnt,  den  Mittelwerth 
aus  Z3  und  L&.  tp  bedeutet  den  Ausschlagswinkel  in 
Scalentheilen.  Die  Länge  ist  bei  allen  Drähten  100  cm,  der 
Durchmesser  0,027  cm.  Für  Eisen,  Platin,  Messing  und  Neu- 
silber habe  ich  nur  Lm  und  die  anfängliche  Scalendifferenz 
angegeben.  Im  übrigen  sind  die  Grössen  Lm  auch  für  diese 
Metalle  genau  in  derselben  Weise  entstanden,  wie  beim  Kupfer 
und  Silberdraht. 


Tabelle  VII. 


20 


10 


742,20 
657,90 
604,10 
570,40 
548,70 
535,00 

669,00 
641,25 
618,10 
600,10 
585,30 
573,00 


<Pr~  <Ti  | 


L .  104 


Kupfer. 


269,55 
856,78 
412,00 
447,00 
469,75 
484,00 

372,35 
400,75 
423,15 
441,98 
456,88 
469,60 


472,65 
301,12 
192,10 
123,40 
78,95 
51,00 

296,65 
240,50 
194,95 
158,12 
128,42 
104,00 


97,90 
97,61 
96,11 
96,99 
94,89 

91.13 
j  91,23 

90,93 
I  90,36 

91,60 


96,30 


91,22 


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Tursionssclacinguiigen. 


141 


Silber. 

10    i    726,00  286,00  ,  440,00 

i     704,90  306,95  397.95 

685,75  325,63  360,12 

668,60  342,80  i  325,80 

652.85  358,00  294,85 

638,90  372,05  266,85 

10    ,     654,25  355  299,25 

640.00  369,M5  270,65 

627,20  382,18  245,02 

615,60  ,     394,00  221,60 

605,20  404,23  200,97 

595,50  I     413,95  181,55 

Eisen. 

20  705,50  314,60  I  390,90 
20        659,75         360        |  299,75 

Platin. 

20  756,25  257,00  499,25 
20        655,55         356,65  298,90 

Messing. 

20  771,15  226,48  I  544,67 
20        647,60     ,     348  299,60 

Neusilber. 

20  768,40  268,50  \  499,90 
20        666,00         366,55  299,45 


Z.10* 


43,62 
43,38 
43,50 
43,35 
43,33 

-  I 
43,62 
43,21 
43,63 
42,44 
44,13 


Z_  .  10* 


43,48 


43,79 


17,03 
17,13 


1  4,3  i 
14,41 


14.!>7 
14,73 

11,01 
10,94 


Was  übrigens  die  relativ  grosse  Differenz  der  beiden 
Mittel werthe  von  L  für  den  Kupferdraht  betrifft,  so  muss 
ich  dazu  bemerken,  dass  die  erste  Gruppe  der  Werthe  tp% 
denen  Z.. 10*  =  96,30  entspricht,  in  der  Zeit  von  12h30  bis 
I2h50  beobachtet  wurde.  Der  Draht  kam  dann  vollständig 
zar  Ruhe,  und  erst  am  Nachmittage  von  3h  bis  3h  10  wurde 
lie  zweite  Gruppe  y  beobachtet.  Ihnen  entspricht  der  Werth 
£«.  10*  =  91,22. 

Bei  allen  anderen  Drähten  wurden  beide  Gruppen  un- 
mittelbar hinter  einander  beobachtet,  ohne  dass  der  Draht 
erst  zur  Ruhe  kam.  Es  lässt  sich  daher  das  grössere  Her- 
absinken des  logarithmischen  Decrementes  für  den  ersten 
Draht  aus  der  Erscheinung  der  Accomodation1)  erklären, 
eine  Erscheinung,  die  auch  bei  den  übrigen  in  geringem 
Maasse  zu  constatiren  war.    Der  Magnetismus  kann  hierbei 

1)  H.  Streints,  Pogg.  Aiin.  153.  p.  390.  1874. 


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142 


A.  Koch. 


von  gar  keinem  EinHuss  sein,  denn  nachdem  die  Drähte  bei 
verschiedener  Schwingungsweite  untersucht  waren,  wurde  die 
Schwingungsdauer  durch  Annäherung  des  Magnetstabes  ver- 
ändert; zum  Schlüsse  aber  jedesmal  nocli  ein  Versuch  ange- 
stellt n*ch  Entfernung  des  Mugnetstabes.  Stellen  wir  diese 
beiden  Versuchsreihen  gegenüber,  so  ergibt  sich  nachstehende 
Tabelle,  in  der  m  die  ungefähre  Anzahl  der  Schwingungen 
bedeutet,  welche  der  Draht  zwischen  diesen  beiden  Gruppen 
ausgeführt  hatte.  Für  Eisen,  Platin.  Messing  und  Neusilber 
sind  analoge  Abkürzungen  vorgenommen,  wie  in  der  vorigen 
Tabelle. 

Tabelle  VIII. 


m 


60 


170 


250 


220 


-30U 


20 
20 


20 
20 


'fr 


10  669,00 

•    •    •  • 

573,00 

667,00 
10  638,2 
10    I  615 

10  590,15 

1 1  579,85 
10    :  567,00 

10        654,25  ' 

587,25 

10  730,3 
716,8 
703,0 
691,2 
680 
671,5 

20  659,75 
30    ,  658,6 


210        20  647,6 
20    ;  647,75 


666 
558,95 


655,55 
657,75 


Kupfer. 
372,35  296,65 

*469',00  iö-^oo 

366,5  1  300,5 

395,25  242,95 

417,5  197,5 

436,05  160,1 

452,43  127,42 

464,18  ,  103,62 

Silber. 
355  299,25 

•    .    •    •  •    .    •  • 

4->2,08  165,17 

431  299,3 
445,65  270,65 
458,7  244,8 
470,33  220,87 

430,78  i  199,22 

490,95  ,  180,55 

Eisen. 
360  299,75 
359,45  299,15 

Platin. 
356,65  298,9 
358  299,75 

Messing. 
348  29<J,6 
347,58    j  300,17 

Neusilber. 
366,55  299,45 
358,65    ,  300,3 


/. .  10< 


Lm .  10* 


eouf.Tab.VH  91,22 


1 


92,32 
89,95 
91,1h 
90,14 
*9,80 


43,70 
44,49 
43,78 
44,81 
42,73 


91,10 


conf.Tab.VH,  43,79 


43,40 


17,13 
17,<  s 

14,41 

14,3;- 

14,7  x 
14>2 

10,94 
10,** 


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TorsionsschwiiUfunyeti 


Mit  Ausnahme  des  Alessingdrahtes  hat  das  logarithinischc 
Decrement  bei  allen  anderen  abgenommen.  Beim  Messing- 
draht scheint  aber  eine  Störung  eingetreten  zu  sein  bei  der 
Beobachtung  der  Werthe,  aus  denen  Lm.  10*  =  14.73  hervor- 
ging, sodass  diese  Zahl  zu  klein  angesetzt  ist.  Bei  einem 
anderen  Messingdrahte  habe  ich  wenigstens  die  Abnahme 
des  logarithmischen  Decrementes  mit  der  Anzahl  der 
Schwingungen  beobachten  können. 

Bei  verschiedener  Spannung  habe  ich  diese  Drähte 
nicht  untersucht. 

Was  den  dritten,  vierten  und  fünften  Gesichtspunkt 
betrifft,  so  ist  schon  erwähnt,  dass  unter  der  Einwirkung 
magnetischer  Kräfte  die  Unabhängigkeit  des  logarithmischen 
Decrementes  von  /,  R  und  besonders  von  der  Schwingungs- 
dauer T  nicht  zutrifft.  Desgleichen  ist  schon  der  folgende 
Satz  berührt  worden,  dass  nämlich  L  verschieden  für  ver- 
schiedene Metalle  und  verschieden  für  dasselbe  Metall  im 
ungeglühten  und  ausgeglühten  Zustande  ist.  Zur  Uebersicht 
habe  ich  für  sechs  gleiche  Drähte  entsprechende  Werthe 
vod  L  und  T  zusammengestellt.  <pr  —  tpi  ist  für  alle  sechs 
Drähte  gleich  300.  Endlich  bedeutet  d  die  Differenz  zweier 
Werthe  von  £.10'  im  ungeglühten  und  ausgeglühten  Zu- 
stande. 

Tabelle  IX. 


Metall 

L.10* 

d 

T 

Kit  pfer 

imgeelüht 
geglüht 

91,10 
ls?67 

72,43 

10,005 
11,203 

Silber 

ungefüllt 
geglüht 

43,40 
3ü,5.r» 

12.X5 

13,26 
13,6> 

Eisen 

uugeglüht 
geglüht 

17,0M 
9,7  Ö 

7,32 

7,993 
8,01 

Platin 

uugeglüht 
geglüht 

17,23 
10,14 

7,00 

0,445 
0.4  26 

Messing 

uugeglüht 
geglüht 

14,82 
K/27 

6,55 

12,02 
10,148 

Neusilber 

uugeglüht 
geglüht 

10,88 
8,04 

2,24 

10,73 
;  10,45 

144  A.  Koch. 

• 

Hervorzuheben  ist  an  dieser  Stelle  wohl,  dass  diese  Grössen  d 
genau  dieselbe  Reihenfolge  einschlagen,  wie  die  logarith- 
mischen Decremente  der  Drähte  im  ungeglühten  Zustande. 

Somit  komme  ich  zur  letzten  These,  da  7)  schon  bei  1) 
Erledigung  gefunden  hat.  Von  der  Einwirkung  der  Tem- 
peratur kann  bei  diesen  Untersuchungen  ganz  abgesehen 
werden.  Denn  das  Zimmer,  in  dem  beobachtet  wurde,  lag 
nach  Norden,  ferner  wurden  die  letzten  Drähte,  die  ich 
untersuchte,  und  die  in  dieser  Arbeit  nur  behandelt  sind, 
alle  in  der  Zeit  vom  6.  bis  29.  October  vorigen  Jahres 
untersucht.  Während  dieser  Zeit  schwankte  das  Thermo- 
meter in  dem  Beobachtungszimmer  zwischen  9,4  und  14,5° 
Celsius.  Die  grösste  Temperaturdifferenz,  die  bei  der  Unter- 
suchung ein  und  desselben  Drahtes  zu  verzeichnen  war. 
betrug  2.5°.  Bei  der  Untersuchung  der  meisten  Drähte  war 
diese  Differenz  aber  kleiner  als  0,8°,  sodass  von  einer 
grösseren  Einwirkung  der  Temperatur  wohl  abgesehen  wer- 
den kann. 

Interessant  wäre  es  allerdings,  eine  Anzahl  verschiedener 
Metalldrähte,  die  alle  auf  ebendieselbe  Weise  wie  die  vor- 
geführten präparirt  sein  mtissten,  bei  verschiedener  Tem- 
peratur zu  prüfen,  während  die  Torsion  durch  einen  Magnet- 
stab bewirkt  wird.  Doch  liegt  die  Beantwortung  dieser 
Frage  ganz  ausserhalb  des  Rahmens  dieser  Arbeit. 

Stellen  wir  die  gewonnenen  Resultate  zum  Schlüsse  noch 
einmal  kurz  zusammen.  Es  ergab  sich,  dass  das  logarith- 
mische Decrement,  wenn  die  Torsion  des  Drahtes  durch 
einen  Magnetstab  herbeigeführt  wird, 

1)  abhängig  ist  von  der  Schwingungsdauer,  wenn  die 
Aenderung  derselben  bei  constantem  Trägheitsmoment  durch 
einen  aufgestellten  Magnetstab  bewirkt  wird,  und  zwar  ist 
das  Abhängigkeitsverhältniss  bestimmt  durch  die  Gleichung: 

L  =  aT+bT\ 

Die  Boltzmann'sche  Theorie  ergab  für  einen  bestimmten 
Draht  die  Gleichung: 

L  =  cT\    wo:   c  =  1KAV 


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Torswnsschichif/UTif/en.  1 45 

ist,  R  den  Radius  des  Drahtes,  K  das  Trägheitsmoment, 
und  /  die  Länge  bedeutet. 

2)  im  ungeglühten  Zustande  grösser  ist,  wie  im  aus- 
geglühten. Ist  L  für  einen  Draht  im  ungeglühten  Zustande 
nach  der  Formel: 

berechnet,  so  ergibt  sich  für  diesen  Draht  im  ausgeglühten 
Zustande  die  Relation: 

L  =  n{ai  r  +  hx  T*); 

3)  verschieden  ist,  für  verschiedene  Metalle,  sodass  sich 
die  untersuchten  Metalle  nach  ihrer  Dämpfung9stärke  in  die 
Reihe  ordnen: 

Kupfer,  Silber,  Eisen,  Platin,  Messing,  Neusilber; 

4)  unabhängig  ist  von  der  Schwingungsweite; 

5)  um  so  kleiner  ist,  je  mehr  Schwingungen  der  Draht 
bereits  ausgeführt  hat  und  sich  bei  dieser  Abnahme  einer 
bestimmten  Grenze  nähert. 

Der  experimentelle  Theil  dieser  Arbeit  wurde  im  physi- 
kalischen Institute  der  Universität  Greifswald  unter  der 
Leitung  des  Hrn.  Prof.  Dr.  A.  Oberbeck  ausgeführt.  Für 
die  mannigfachen  Rathschläge,  die  mir  während  der  Unter- 
suchungen von  dem  Herrn  Professor  zu  Theil  wurden,  spreche 
ich  demselben  an  dieser  Stelle  meinen  wärmsten  Dank  aus. 
Auch  dem  Assistenten  des  Institutes,  Hm.  Dr.  Bergmann, 
sage  ich  für  sein  freundliches  Entgegenkommen  bei  der 
Anfertigung  des  Apparates  meinen  besten  Dank. 

Greifswald,  Physikal.  Inst.  d.  Univ.,  d.  11.  Mai  1888. 


Abu.  ii.  Ibst.  u.  Chem.  N.  P.   XXXVI.  l(j 


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146 


H.  Hennebery. 


VII.    lieber  das  Wärmeleitungs vermögen 
der  Mischungen  von  Aethylalkohol  und  Wasser  v; 

von  Hugo  Henneberg. 

(Hierin  T»f.  I!  H*.  6.) 


Im  Jahre  1880  hat  Hr.  H.  F.  Weber  die  Wärme- 
leitung der  Flüssigkeiten  nach  einer  Methode  untersucht,  bei 
welcher  die  Strömungen  innerhalb  der  Flüssigkeit  gänzlich 
vermieden  sind.  Als  das  Resultat  dieser  Untersuchung  stellte 
Weber  folgendes  einfache  Gesetz  auf: 

Der  Quotient  aus  der  Wärmeleitung  und  der  speeifischen 
Wärme  der  Volumeneinheit  hat  für  alle  Flüssigkeiten  den- 
selben Werth. 

In  einer  späteren  Arbeit  hat  Hr.  Weber  eine  Modifi- 
cation dieses  Gesetzes  eintreten  lassen,  auf  welche  später 
eingegangen  wird.  Nach  Weber  sind  von  Christiansen 
und  Grätz  Untersuchungen  über  die  Wärmeleitung  der 
Flüssigkeiten  angestellt  worden.  Durch  diese  Untersuchungen 
ist  der  von  Hrn.  WTeber  entdeckte  Zusammenhang  zwischen 
Wärmeleitung  und  speeifischer  Wärme  der  Volumeneinheit 
bestätigt  worden,  wenn  auch  die  Resultate  der  einzelnen  Be- 
obachter für  die  gleiche  Substanz  noch  Differenzen  aufweisen. 

Infolge  dieses  genannten  Zusammenhanges  zwischen  der 
Wärmecapacität  und  der  Wärmeleitung  schien  es  nicht  un- 
interessant, die  Mischungen  von  Aethylalkohol  und  Wasser 
auf  ihre  Wärmeleitungsfähigkeit  hin  zu  untersuchen;  denn 
diese  Mischungen  zeigen  in  Bezug  auf  die  speeifische  Wärme 
ein  anomales  Verhalten,  indem  sich  für  die  alkoholärmeren 
Mischungen  bis  zu  einem  Alkoholgehalte  von  35  Gewichts- 
procenten  für  die  Wärmecapacität  Werthe  ergeben,  die 
grösser  als  Eins  sind,  während  absoluter  Alkohol  eine  viel 
geringere  speeifische  Wärme  als  Wasser  besitzt. 

Es  stellte  sich  also  die  Aufgabe  dar,  zu  untersuchen: 
erstens:  ob  dieses  anomale  Verhalten  der  Mischungen  von 
Alkohol  und  Wasser  auch  in  den  Werthen  für  die  Leitungs- 
fähigkeit  für  Wärme  zum  Ausdruck  komme,  und 

1)  Auszug  aus  einer  in  Jena  eingereichten  Diasertation. 


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WdrmeUitungsverm'öyen  von  Aethylalkohol  und  Wasser.  147 

zweitens:  ob  für  die  so  gefundenen  Werthe  die  von 
Weber  gefundene  Relation  in  derselben  Weise  Geltung  habe, 

§1.  Metbode. 

Die  Methode  war  im  wesentlichen  dieselbe,  wie  die  von 
Hrn.  Christiansen1)  angewendete,  nur  wurde  dem  Apparat 
dieselbe  Einrichtung  gegeben,  welche  Hr.  Winkelmann8) 
zur  Untersuchung  der  Abhängigkeit  der  Wärmeleitung  der 
Gase  Ton  der  Temperatur  benutzt  hat.    Zur  Aufnahme  der 
Kupferplatten  diente  ein  Kasten  aus  Eisenblech  von  65  cm 
Seitenlänge  und  mit  Glasscheiben  versehenen  Seitenwänden 
von  25  cm  Höhe.    Derselbe  wurde  oben  durch  einen  Deckel 
aus  Eisenblech  geschlossen,  der  in  der  Mitte  eine  kreisrunde 
Oeffnung  von  17  cm  Durchmesser  besass.    Im  Centrum  der 
Bodenfläche  war  eine  sorgfaltig  eben  geschliffene  Messing- 
platte von  15,8  cm  Durchmesser  eingelöthet.  Auf  diese  wurden 
die  noch  näher  zu  beschreibenden  Kupferphitten  mit  den 
dazwischen  liegenden  Glasplättchen  aufgeschichtet  und  auf 
die  oberste  Platte  ein  cylindrisches  Siedegefäss  von  15,8  cm 
Dnrchmesser  und  24  cm  Höhe  durch  die  kreisrunde  Oeffnung 
im  Deckel  aufgesetzt    Dieses  Gefass  war  aus  Messing,  an 
seiner  Bodenfläche  ebenfalls  möglichst  glatt  abgeschliffen 
und  ragte  ungefähr  8  cm  über  den  Deckel  des  Apparates 
heraus.    Es  trug  einen  streng  passenden  Deckel  mit  zwei 
Löchern.    Durch  das  eine  Loch  war  ein  kupfernes  Rohr, 
welches  im  Inneren  mehrere  schraubenförmige  Windungen 
machte  und  bis  auf  den  Boden  reichte,  zur  Einleitung  des 
Dampfes  eingeführt;  die  Oeffnung  war  etwas  weiter  als  das 
Rohr,  sodass  dieses  nur  ganz  lose  darin  steckte,  eine  Ein- 
richtung, die  den  Zweck  hatte,  die  Uetjertragung  etwaiger 
Erschütterungen  auf  das  Siedegefäss  und  damit  auf  die  Kupfer- 
platten zu  verhindern.    Durch  das  andere  Loch  konnte  der 
Dampf  entweichen.  Das  Kupferrohr  war  durch  einen  Kaut- 
schukschlauch mit  einem  etwas  oberhalb  neben  dem  ganzen 
Apparate  stehenden  Dampfentwickelungsgefässe  verbunden. 


n  Christiansen,  Wied.  Ann.  14.  p.  23.  1881. 
2)  Winkelmann,  Wied.  Ann  29.  p.  68.  18h6. 

10* 


148 


H.  Henneberg. 


Die  drei  zur  Verwendung  gekommenen  Kupferplatten  I. 
II,  III  hatten  folgende  Dimensionen: 


Die  Platten  waren  sorgfaltig  glatt  geschliffen  und  stark 
vergoldet  und  hatten  seitlich  5  cm  tiefe  und  0,6  cm  weite 
Bohrungen  zur  Einführung  der  Thermometer. 

Die  Beobachtung  der  Temperatur  an  den  drei  Thermo- 
metern, die  alle  drei  übereinander  in  der  Richtung  einer 
Diagonale  des  Rastens  angeordnet  waren,  geschah  aus  eini- 
ger Entfernung  vermittelst  eines  Fernrohres. 

Zur  Beobachtung  der  Temperatur  der  Umgebung  der 
Platten  befanden  sich  im  Inneren  des  Kastens  drei  Thermo- 
meter, wovon  eines  in  0,1  Grade,  die  beiden  anderen  in  ganze 
Grade  getheilt  waren.  Sie  waren  so  vertheilt,  dass  sich  das 
eine  mit  seinem  Quecksilbergefäss  nahe  an  der  äusseren  Glas- 
wand des  Kastens,  das  zweite  ungefähr  in  der  Mitte  zwischen 
dieser  und  den  Kupferplatten  und  das  dritte  mit  seinem 
Gefass  ganz  nahe  an  den  Kupferplatten  befand.  Alle  drei 
waren  horizontal  und  genau  in  der  Höhe  der  mittleren 
Kupferplatte  (II)  aufgestellt. 

Es  wurde  natürlich  auch  dafür  Sorge  getragen,  den 
Apparat  in  möglichst  derselben  Temperatur  zu  erhalten  und 
vor  Erwärmung  von  aussen  durch  Strahlung  zu  schützen. 
Die  Versuche  wurden  daher  in  einem  Souterrainiocale  des 
physikalischen  Instituts  angestellt  und  für  möglichst  con- 
stante  Temperatur  der  Umgebung  Sorge  getragen.  Gegen 
etwaige  Strahlung  von  dem  Dampfentwickelungsgefass  aus 
wurde  der  Apparat  durch  einen  Pappschirm  geschützt,  und 
überdies  befand  sich  dasselbe  viel  höher  als  der  Apparat. 
Bei  denjenigen  Versuchen,  bei  welchen  die  Thermometer 
künstlich  beleuchtet  wurden,  wurde  zwischen  die  zur  Beleuch- 
tung dienende  Lampe  und  den  Apparat  ein  Schirm  einge- 
führt, der  aus  zwei  ungefähr  8  cm  voneinander  entfernten 
Glastafeln  bestand,  die  so  aufgestellt  waren,  dass  zwischen 
ihnen  die  Luft  frei  nach  allen  Seiten  circuliren  konnte. 

Die  zur  Verwendung  kommenden  Glasplättchen  waren 


I. 

Durchmesser  15,80 
Dicke  ...  1,40 


II. 

15,80 
1,40 


III. 

15,80  cm 
1,39  „  . 


Wärmeleitungsvermbgen  von  Aethylalhohol  und  Wasser.  149 


in  vier  verschiedenen  Dicken  hergestellt  von  im  Mittel  0,2014, 
0,1051.  0.0495  und  0,0243  cm.  Die  Abweichungen  von  diesen 
Mitteiwerthen  betrugen  nicht  mehr  als  0;001  cm. 

Die  Mischungen  wurden  aus  destillirtem  Wasser  und 
absolutem  Alkohol  von  99,5  Proc.  hergestellt,  und  zwar  mit 
einem  von  zehn  zu  zehn  Gewichtsprocenten  fortschreitenden 
Alkoholgehalt.  Das  specitische  Gewicht  der  so  erhaltenen 
nenn  Mischungen  wurde  mit  der  Mohr' sehen  Flüssigkeits- 
wage und  zur  zur  Controle  bei  einigen  mit  dem  Pykno- 
meter bestimmt  und  ündet  sich  in  folgender  Tabelle  zusam- 
mengestellt. Die  unter  der  Rubrik  p  stehenden  Zahlen 
bedeuten  fortan  immer  den  Alkoholgehalt  der  Mischung  in 
Gewichtsprocenten. 


mit  der  Mohr  echen  mJt  d  p  'knometer 
TeÄo»      1      Temp.  17,5» 


10 
20 
30 
40 
50 
60 
70 
80 
90 


0,983?> 
0,9710 
0,9575 
0,9405 
(»,9193 
0,8965 
0,8742 
0,8580 
0,8245 


0,9840 

0,9396 

0,8734 
0,8235 


§  2.    Berechnung  der  Versuche. 

Die  drei  Thermometer,  welche  zur  Einführung  in  die 
drei  Kupferplatten  bestimmt  waren,  hatten  an  ihrem  unteren 
zylindrischen  Ende  einen  Durchmesser  von  etwa  0,5  cm  auf 
eine  Länge  von  5  cm ;  dann  erweiterte  sich  das  äussere  Rohr, 
und  von  diesem  Punkte  an  begann  die  Scala.  Die  ganze 
Länge  der  Thermometer  betrug  zwischen  36  und  40  cm,  die 
Länge  der  Quecksilbergefasse  2,0  bis  2,5  cm.  Das  für  die 
oberste  Platte  bestimmte  reichte  von  35  bis  75°  und  war  in 
0,2  Grade  getheilt,  das  zweite  von  10  bis  40°  in  0,1  Grade 
getheilt  und  das  dritte  von  -5°  bis  +25°  in  0,2  Grade 
getheilt.  Die  cylindrischen  Gefässe  der  Thermometer  waren 
bis  auf  eine  Länge  von  5  cm  mit  feinem  Kupferdraht  umwickelt, 
damit  sie  streng  in  die  Löcher  der  Plattenpassten. 


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I 


150 


H.  Henneberff. 


Diese  drei  Thermometer  wurden  sorgfältig  vor  und  nach 
den  damit  angestellten  Versuchen  mit  einem  im  hiesigen 
physikalischen  Institute  vorhandenen  Normalthermometer, 
dessen  Angaben  von  der  kaiserlichen  Normalaichungscom- 
mission  in  Berlin  geprüft  sind  und  überdies  auf  das  Luft- 
thermometer reducirt  wurden,  verglichen. 

Bezeichnet  man  die  Platten  mit  I,  II  und  III,  und 
nimmt  man  an,  dass  der  Zwischenraum  zwischen  Platte  I  und 
II  mit  Luft,  deren  Wärmeleitungsvermögen  als  bekannt  vor- 
ausgesetzt wird,  und  auf  welche  die  Leitungsfähigkeit  der 
zu  untersuchenden  Flüssigkeit  bezogen  wird,  der  Zwischen- 
raum zwischen  Platte  II  und  III  mit  der  betreffenden  Flüs- 
sigkeit gefüllt  sei,  so  wird,  nachdem  durch  längere  Zeit  hin- 
durch der  obersten  Platte  Wärme  zugeführt  und  die  unterste 
von  der  Wasserleitung  gekühlt  wird,  ein  stationärer  Zustand 
eintreten,  d.  h.  es  wird,  wenn  man  zunächst  von  der  Wärme- 
abgabe der  mittleren  Platte  nach  aussen  absieht,  dieselbe 
Wärmemenge,  die  von  Platte  I  nach  Platte  II  fliesst  ,  auch 
von  dieser  letzteren  nach  Platte  III  ttiessen,  und  daher  so- 
wohl die  Temperatur  der  mittleren  Platte,  als  auch  die  der 
oberen  und  unteren  constant  bleiben.  Es  seien  dann  Tv  T, 
und  die  respectiven  Temperaturen  der  Kupferplatten 
I,  II  und  III,  die  Entfernung  zwischen  Platte  I  und  II  sei 
die  zwischen  II  und  III  <?2.  kx  die  Wärmeleitungsfähig- 
keit  der  Luft,  A2  die  Leitungsfähigkeit  der  zu  untersuchen- 
den Flüssigkeit  im  unteren  Zwischenräume,  S  endlich  der 
kreisförmige  Querschnitt  einer  Kupferplatte,  so  erhält  man, 
wie  Hr.  Christiansen1)  gezeigt  hat,  folgende  Gleichung: 


Hier  bedeutet  a,  den  Temperaturcoefncienten  der  Luft 
a2  den  Temperaturcoefncienten  der  Flüssigkeit. 

Hieraus  folgt: 


1)  Christiansen,  Wied.  Ann.  14.  p.  26.  1881. 


(1) 


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IVärnirltitnngsvermöyen  von  Aethylalkokol  und  Wasser.  151 


(2) 


Durch  die  Formel: 


i  T  4-  f  \ 

st,  (i  +       -'«,)<  r,-2,)| 


ist  das  Verh&ltniss  der  Leitungsfähigkeit  der  Flüssigkeit  für 
die  betreffende  Temperatur,  bei  der  sie  untersucht  wurde, 
zur  Leitungsfähigkeit  der  Luft  gegeben.  Nach  dieser  Glei- 
chung (2)  wurden  die  relativen,  auf  Luft  =  1  bezogenen 
Werthe  K  der  untersuchten  Mischungen  berechnet  und  an- 
genommen, dass  für  den  Fall,  der  ziemlich  oft  eintrat,  dass 
die  Temperatur  der  Umgebung  T0  grösser  war  als  die  Tem- 
peratur T2  der  mittleren  Platte,  wodurch  der  Ausdruck  in 
der  Klammer  grösser  als  1  wird,  die  äussere  Wärmeleitungs- 
fahigkeit  h  dieselbe  bleibt,  und  von  der  mittleren  Platte  eine 
ebenso  grosse  Wärmemenge  aufgenommen  wird,  als  im  ent- 
gegengesetzten Falle,  wo  T2  >  T0 .  abgegeben.  Für  u  wurde 
der  von  Hrn.  Winkelmann1)  gefundene  Werth  «,=0,00206, 
für  h  der  von  ihm  in  derselben  Abhandlung  ermittelte  Werth 
h  =  0,0,145  und  für  der  Werth  A,  =  0,04525  eingesetzt. 
Für  die  anderen  vorkommenden  Grössen  ergibt  sich  aus 
den  früher  erwähnten  Dimensionen  A  =  69,48  qcm  und 
£=  196,03  qcm,  und  daher  ist  der  für  alle  Versuche  gleich 
bleibende  Quotient: 

s2;  -  °>978- 

§  3.   Beschreibung  der  VerBuche. 

Die  einzelnen  Versuche  verliefen  in  folgender  Weise: 
Nachdem  der  Apparat  zusammengestellt  und  die  Flüssigkeit 
eingefüllt  war,  wurde  in  das  Siedegefäss  Dampf  einströmen 
gelassen  und  von  unten  durch  Wasser  gekühlt.  Das  untere 
Thermometer  in  Platte  III  nahm  dann  nach  sehr  kurzer 

l)  Winkelmann,  Wied.  Ann.  29.  p.  101.  1886. 


152 


H.  Henneberg. 


Zeit  einen  constanten  Stand  an  und  blieb  auch,  da  das 
Zuströmen  des  Wassers  sehr  gleichmässig  erfolgte,  während 
fast  des  ganzen  Versuchs  sehr  constant.  Im  oberen  Gefass, 
welches,  wie  schon  erwähnt,  durch  eine  Luftschicht  von  je 
nach  Bedarf  0,1  oder  0  05  cm  von  der  obersten  Platte  I  ge- 
trennt war,  condensirte  sich  zuerst  der  einströmende  Dampf, 
der  weiter  folgende  durchströmte  dieses  Condensationswasser 
und  erhielt  es  auf  constanter  Siedetemperatur.  Darauf  nahm 
auch  die  Platte  I  eine  constante  Temperatur  an.  Am  läng- 
sten stieg  die  Temperatur  der  Platte  II,  und  erst  wenn 
diese  nur  geringe  oder  gar  keine  Schwankungen  zeigte,  war 
der  stationäre  Zustand  eingetreten.  Es  wurden  nun  mit 
Hülfe  des  Fernrohrs  Ablesungen  der  drei  Temperaturen 
7\;  T21  Ts  von  zwei  zu  zwei  Minuten  gemacht  und  auch 
ungefähr  alle  acht  bis  zehn  Minuten  die  Temperatur  der 
Umgebung  an  den  drei  Thermometern  im  Inneren  des  Kastens 
abgelesen.  Um  den  Eintritt  des  stationären  Zustandes  genau 
zu  präcisiren,  wurden  die  Differenzen  —  gebildet,  wenn 
J,  =  Tx  -  r2 ,  zf2  =  T.,  -  T3  ist.  Waren  die  Differenzen 
z/j  —  A2  und  die  Temperatur  5T,  und  T3  möglichst  constant, 
so  wurden  diese  Ablesungen  zur  Berechnung  verwendet. 
Dieser  stationäre  Zustand  dauerte  durchschnittlich  sechs  bis 
zehn  Minuten,  bei  den  alkoholreicheren  Mischungen  kürzer 
als  bei  den  alkoholarmeren.  Hierauf  nahmen  nicht,  wie  zu 
erwarten  war,  die  drei  Temperaturen  wieder  ab,  sondern  die 
Temperatur  der  mittleren  Platte  stieg  noch  weiter,  was  da- 
durch zu  erklären  ist,  dass  eine  theilweise,  nach  längeren 
Versuchen  auch  deutlic  h  sichtbare  Verdampfung  der  Flüssig- 
keit eintrat.  Diese  bedingte  eine  Abnahme  der  Leitungs- 
fähigkeit der  Zwischenschicht,  weil  der  Querschnitt  der 
Flüssigkeit  kleiner  wurde,  und  hierdurch  wurde  eine  Tem- 
peraturerhöhung der  mittleren  Platte  veranlasst.  Manchmal 
trat  auch  nach  kurzem  Steigen  des  mittleren  und  auch  theil- 
weise der  beiden  anderen  Thermometer  ein  zweites  mal  ein 
stationärer  Zustand  ein,  und  es  wurden  dann  aus  beiden 
Gruppen  von  Ablesungen  wenig  difterirende  Werthe  gewon- 
nenen und  aus  beiden  das  Mittel  genommen. 

Zunächst  will  ich  eine  fortlaufende  Versuchsreihe  mit- 


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Wärmcleitunysvtrmögen  von  Attliylalkohol  und  Wasser.  153 


theilen.  Bei  dieser  Versuchsreihe  war  oberhalb  der  Platte  I 
noch  eine  Luftschicht  von  0,05  cm.  Die  Entfernung  zwischen 
I  and  II,  d.  h.  die  Dicke  der  Glasplättchen  war  e,  — 0,0496  cm. 
Für  den  Zwischenraum  zwischen  II  und  III  betrug  sie 
?2  =  0.1050  cm. 

In  den  folgenden  zwei  Tabellen,  von  denen  sich  die  erste 
auf  reines  Wasser,  die  zweite  sich  auf  eine  zehnprocentige 
Mischung  bezieht,  enthält  die  erste  Columne  die  Zeit  in 
Minuten,  dann  folgen  die  drei  Ablesungen  der  Umgebungs- 
temperatur, ferner  die  Temperaturen  jT,  ,  T2,  der  Platten 
r,  II,  III,  die  Differenzen  Jx  -  Tx  -  T2,  J3  =  T2  ~  T3  und 
die  Differenz  —  Av  Am  Fusse  sind  die  Mittelwerthe  an- 
gegeben, und  unter  diesen  dieselben  Werthe  mit  Rücksicht  auf 
die  Thermometer  corrigirt  Unterhalb  sind  dann  noch  die  mitt 
leren  Temperaturen  der  Luft  und  der  Flüssigkeit  KT^  +  T,) 
und  J(jT2  +  T9)  angegeben,  sowie  der  für  K  gewonnene  Werth. 
Wo  ein  Versuch  zwei  Berechnungen  ermöglichte,  sind  beide 
angegeben. 


Versuch  70. 

Wasser.  7.  December  1887. 


T 

T, 

4 

J,  —  J, 

m 

0 

2 

4 

18,0 

i 

18,0 

18,4 

54,76 
54,76 
54,76 
54,77 
54,76 

14,01 
14,01 
14,01 
14,01 
14,01 

9,40 
9,40 
9,40 
9,40 
9,40 

40.75 
40,75 
40.75 
40,76 
40,7:> 

4,61 
4,G1 
4,61 
4,61 
4,61 

36,14 
36,14 
36,14 
36,15 
86,14 

Mittel 
corrig. 

'.  •  ■  ■ 

18,13 

54,76 
54,61 

14,01 
13,71 

9,40 
9,33 

40,75 
40,90 

4, Hl 
4,3« 

1(7^  +  1\)  =  34  16.        \(T2  +  r3)  =  1 1,52, 

AT«  22,19. 


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154  H.  Nenneberg. 

Versuch  75. 


p  =  10.  7.  December  ISST. 


t 

'ft              ii  n 

A      zt  ^; 

m 
0 
2 
4 

6 

8 

Mittel 
corrig. 

18,8   18,9  19,0 
18,9 

55,20     14.69  9.60 
55,20     14,69  9,60 

55.20  14,»  9  9,60 

55.21  14.70  9,60 
55,21      14,70  9,60 

40,51  5,09 
40,51  5,09 
40.51  5,0i» 
40,51  5,10 
40,51  5,10 

35,42 
35,42 
35,42 
35,41 
35,41 

55,2-i     14,69  9,60 
55,05     1  4,39  9.52 

40,51  5,09 
-10,66  4,87 

KT,  +  71)  =34.72.         J  ( 7\  +  T,)  =  1 1 .95. 

A*  =  20,01. 

Die  Resultate  dieser  Versuchsreihe  sind  in  der  folgen- 
den Tabelle  enthalten,  /  bedeutet  die  Temperatur  der  Flüs- 
sigkeit J(T2  +  T,). 

Tabelle  1. 


0 
10 

20 
30 

40 

50 
60 
70 
80 
90 
100 


J« 

18,13 
19,00 
1^,9(1 
19,35 
20,00 
20,28 
18,13 
18,36 
18,93 
18,40 
18,77 
19,60 
18,00 
18,43 


54,61 
54,85 
55,05 
55.05 

54,  H5 
55,25 
55,44 
55.15 

55,  s7 
56.05 
57,10 
57,70 
58,30 
57,28 


13,71 
14,34 
14,39 
15.02 
15,20 
15,3S 
16,09 
16,17 
16,69 
17,51 
18,68 
19,72 
20,86 
20.41 


9,33 
9,50 
9,52 
9,66 
9,33 
9.46 
9,66 
9,68 
9,17 
9,17 
9,55 
9.26 
9,21 
8.10 


7;  -  7; 

K 

1  40,90 

4,38  . 

11,52 

22,19 

40,51 

4,84 

:i,9-> 

19,96| 

40/-.6 

4,s7 

11,95 

20,01 1 

40,03  1 

5,36 

1 2.34 

17,si 

39,65 

D,S< 

12,26 

16,171 

39.S7 

5,92 

12,42 

16,15| 
14,23) 

39,35 

6.43  1 

1 2.s7 

38,98 

6,49 

12,92 

13,98f 

■  39,18 

7,52 

12,93 

12,17 

1  38,54 

8,34 

13,34 

10,63 

38,42 

9,13 

14,11 

9,60 

!  37,98 

10,46 

14,49 

8,29 

37,44 

11,65 

15,03 

7.11 

36,87 

12.31 

14,25 

6,68 

Die  Werthe  K  stellen  das  Wärmeleitungsvermögen  der 
Flüssigkeit  bei  der  Temperatur  t  (obige  Tabelle,  vorletzte 
Columne)  bezogen  auf  Luft  von  0°  als  Einheit  dar. 

In  sämmtlichen  Versuchen  sind  die  Temperaturen  Tx 
und  T3  der  obersten  und  untersten  Platte  ziemlich  unver- 
änderlich, auch  die  Temperatur  der  mittleren  Platte  schwankt 
bei  allen  Versuchen  (mit  Ausnahme  eines  einzigen,  wo  die 
Schwankung  0,09°  beträgt)  um  nicht  mehr  als  0,06°.  Die 


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H'ärmeUitungsverm'öyen  von  Aethylalkohol  und  Wasser.  155 


Temperatur  der  Umgebung  variirt  sehr  wenig,  nur  zwischen 
18  und  20°,  und  auch  die  Temperaturen  der  Mischungen. 
Huf  welche  sich  die  Werthe  der  Wärmeleitungsfahigkeit  be* 
ziehen,  liegen  in  einem  Intervalle  von  vier  Grad,  nämlich 
11  bis  15°. 

Die  Dauer  des  stationären  Zustandes  ist  im  Durch- 
schnitt sechs  bis  zehn  Minuten,  bei  den  alkoholreicheren 
Mischungen  ist  sie  etwas  kürzer,  weil  hier  der  Einfiuss  der 
Verdampfung  sich  früher  geltend  macht,  immerhin  aber  lang 
genug,  um  eine  sichere  Berechnung  zu  ermöglichen.  Um 
hierin  ganz  sicher  zu  gehen,  wurde  beispielsweise  beim  ab- 
soluten Alkohol,  bei  welchem  der  Einfluss  der  Verdampfung 
am  grössten  ist,  und  dessen  Untersuchung  überhaupt  die 
meisten  Schwierigkeiten  bietet,  der  Versuch  in  doppelter 
Weise  angestellt.  Zuerst  wurde  ein  Versuch  wie  gewöhn- 
lich angestellt,  indem  man  Wasserkühlung  und  Dampfzu- 
leitung zu  gleicher  Zeit  in  Gang  setzte,  sodass  die  Tem- 
peraturen aller  drei  Platten  bis  zum  Eintritt  des  stationären 
Zustandes  continuirlich  stiegen.  Das  zweite  mal  wurde  die 
Wasserkühlung  noch  vor  dem  Eintritt  des  stationären  Zu- 
standes abgestellt,  sodass  nun  alle  drei  Thermometer  über 
ihren  gewöhnlichen  Stand  hinausstiegen.  Dann  wurde  die 
Wasserkühlung  wieder  in  Gang  gesetzt,  und  die  Tempera 
turen  sanken  bis  auf  einen  constanten  Stand.  Auf  diese 
Weise  wurde  der  Werth  in  zwei  Grenzen  eingeschlossen, 
und  beide  Versuche  lieferten  ziemlich  gut  übereinstimmende 
Resultate,  nämlich  für  K  6,58,  resp.  6,45. 

Ausser  dieser  bereits  angeführten  Versuchsreihe  habe 
ich  noch  weitere  vier  Versuchsreihen  angestellt,  einestheils 
um  noch  weiteres  Beobachtungsmaterial  zu  gewinnen,  anderen- 
teils um  die  Methode  daraufhin  zu  prüfen,  ob  die  Resultate 
unabhängig  seien: 

1.  von  der  absoluten  Entfernung  <?2,  d.  h.  von  der  Dicke 
der  Flüssigkeitsschicht, 

2.  von  dem  Verhältniss  der  Entfernungen  el:e.1. 

Aus  der  folgenden  Zusammenstellung  erkennt  man,  dass 
die  Dicke  der  Flüssigkeitsschicht  keinen  wesentlichen  Ein- 
tiuas  hat  auf  die  Bestimmung  von  K.    Bei  der  ersten  Ver- 


156  H.  Hennebery. 

suchsreihe  ist  die  Dicke  der  Flüssigkeit  e.,  =  0,1050  cm.  bei 
der  zweiten  nur  etwa  halb  so  gross,  nämlich  0,0496.  Trotz- 
dem geben  beide  Beobachtungen  gut  übereinstimmende  Werthe; 
die  Unterschiede  sind  nicht  grösser,  als  sie  auch  bei  zwei 
Versuchsreihen ,  die  unter  gleichen  Umständen  angestellt 
sind,  vorkommen. 

1>  0        10       20       30       40       50       60      70      80  90 

?.=0,?050    22'19  17'81    I6'1''   l4'lf)  12'17   10'63  9'60  8,29  ~'U 

r,-o!o49G    22>18  20'17   18'01    l6*31    13'97   12'06   10'36  9'13  8'34  6'86- 

Ebenso  habe  ich  auch  nachgewiesen,  dass  die  Methode 
von  dem  Verhältnisse  der  Abstände  el  und  e2  unabhängig 
ist.  Zu  diesem  Zweck  wurde  eine  Versuchsreihe  angestellt, 
bei  der  sich  el :  et  ungefähr  wie  1:4  verhalten.  Eine  Ver- 
gleichung  dieser  Reihe  mit  einer  anderen,  bei  der  das  Ver- 
hältniss  der  Entfernungen  1:2  ist,  ergibt  im  Mittel  eine 
Differenz  von  1,3  Proc. 

Das  Mittel  säramtlicher  Beobachtungen  enthält  die 
folgende 

Tabelle  TT. 

p     0  10        20        30        40       50       60       70     SO     90  100 

K  21,97    19,99    17,88    16,07    13,97    11,99   10,45  9,16   8.J4   7,04  6,61. 

Es  erübrigt  noch,  die  von  mir  erhaltenen  Resultate  mit 
anderen  bereits  gefundenen  Werthen  zu  vergleichen,  und  da 
es  sich  um  relative,  auf  Luft  bezogene  Werthe  handelt,  so 
sind  in  erster  Linie  die  Resultate  des  Hrn.  Christiansen1) 
in  Betracht  zu  ziehen.  Derselbe  erhält  aus  zwei  verschiede- 
nen Versuchen  für  Wasser  die  beiden  Werthe  k  —  21,09 
und  k  =  20,87.  Diese  Werthe  sind,  wie  er  ausdrücklich 
erwähnt,  nicht  mit  dem  remperatureoefticienten  der  Luft 
corrigirt.  Corrigirt  man  sie  daraufhin,  so  erhält  man  k  =  22,06 
und  k  =  22,30,  im  Mittel:  A  =  22,18,  ein  Werth,  der  mit  dem 
von  mir  gefundenen  Mittelwerth  Ä=  21,97  bis  auf  weniger 
als  1  Proc.  übereinstimmt.  Für  absoluten  Alkohol  erhält 
jedoch  Hr.  Christiansen  einen  erheblich  grösseren  Werth 
als  ich,  nämlich  h  =  7,82. 

1)  Christiansen .  Wied.  Ann.  14.  p.  23.  1881. 


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fVärmeleitungsver  mögen  von  Aethylulkolwl  und  IVasser.  167 


Die  von  Hrn.  F.  Weber1)  in  seiner  letzten  diesbezüg- 
lichen Arbeit  gefundenen  absoluten  Werthe  für  die  Wärme- 
leitungsfähigkeit Ton  Wasser  und  Alkohol  sind  in  folgende) 
Tabelle  mit  den  von  mir  gefundenen  relativen  Werthen  zu 
sammengestellt: 


Unter  K  sind  die  von  Hrn.  Weber  gefundenen,  unter 
K  die  von  mir  gefundenen  Werthe  angeführt;  der  Quotient 
K \K  zeigt  eine  ziemlich  gute  Uebereinstimmung. 

§  4.   Folgerungen.    Das  Gesetz  von  Weber. 

Aus  dem  Verlaufe  der  für  die  Wärmeleitungsfähigkeit 
der  von  mir  untersuchten  Mischungen  von  Wasser  und 
Alkohol  gefundenen  Werthe  geht  hervor,  dass  dieselben 
keine  Analogie  mit  den  für  die  Wärmecapacität  derselben 
Mischungen  gefundenen  zeigen.  Sämmtliche  Werthe  sind 
kleiner,  als  der  für  Wasser  gefundene  Werth  K  =21,97, 
und  nehmen  regelmässig  mit  steigendem  Alkoholgehalt  ab. 
Dieser  Verlauf  ist  aus  der  in  Fig.  5  dargestellten  Curve  des 
Wärmeleitungsvermögens  zu  ersehen.  Hier  sind  als  Ab- 
8cissen  die  Alkoholgehalte  in  100  Theilen  der  Mischung  auf- 
getragen, während  die  Ordinaten  die  entsprechenden  rela- 
tiven Werthe  der  Leitungsfähigkeit  darstellen.  Zum  Ver- 
gleiche ist  in  derselben  Figur  auch  die  Curve  der  specitischen 
Wärmen  derselben  Mischungen  angegeben.  Dieselbe  zeigt 
ein  Maximum  bei  ungefähr  20  Proc,  und  sämmtliche  Werthe 
bis  zu  einem  Alkoholgehalt  von  35  Proc.  sind  grösser  als 
Eins. 

Aus  diesem  ersten  Vergleiche  läast  sich  schon  ver- 
muthen,  dass  das  Weber' sehe  Gesetz  in  seiner  einfachsten 
Form  auf  diese  Mischungen  keine  Geltung  haben  dürfte. 
Es  soll  jetzt  näher  auf  dasselbe  eingegangen  werden. 

Hr.  F.  Weber  hat  für  eine  grosse  Anzahl  von  Flüs- 

1)  F.  Weber,  Berl.  Monatsber.  ISSö.  p.  «09. 


Wasser  0,0816 
Alkohol  0,0254 


21,97 
6,61 


K 


K 
A 

275 

260 


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158 


//.  Ilennebery. 


sigkeiten,  die  er  auf  ihre  Wärmeleitungsfahigkeit  untersuchte, 
nachgewiesen,  dass  das  Wärmeleitungsvermögen  in  einer 
nahen  Beziehung  stehe  zur  specitischen  Wärme  der  Volu- 
meneinheit, sowie  zur  Grösse  des  relativen  Abstandes  benach- 
barter Flüssigkeitsmolectile. 

Er  hat  gezeigt,  dass  der  Ausdruck: 

h  l 

für  alle  Flüssigkeiten  von  ähnlicher  chemischer  Beschaffen- 
heit einen  constanten  Werth  hat,  der  auch  für  verschieden- 
artige Flüssigkeiten  sehr  wenig  voneinander  abweicht  In  diesem 
Ausdruck  bedeutet  k  das  Wärmeleitungsvermögen,  c  die  speci- 
tische  Wärme,  g  die  Dichte  dor  Flüssigkeit,  p  die  Anzahl  der 
Molecule  des  dampfförmigen  Zustandes,  aus  der  je  ein  Molecül 
der  Flüssigkeit  besteht,  und  Xs  die  Grösse  des  Raumes,  in  dem 
durchschnittlich  ein  Molecül  der  Flüssigkeit  anzutreffen  ist. 

3,-- 

Der  Ausdruck  A/y'/i,  die  Grösse  des  relativen  Werthes  des 
mittleren  Abstandes  benachbarter  Flüssigkeitsmolecüle,  ist 

3   

gleich  dem  Ausdruck  V  mig,  worin  m  die  Masse  eines  Mole- 
cüls  der  flüssigen  Substanz,  also  das  Moleculargewicht,  be- 
deutet. Dies  ergibt  sich  leicht  aus  folgender  Ueberlegung: 
Ist  N  die  Anzahl  der  Molecule  des  flüssigen  Aggregat- 
zustandes im  Volumen  Eins,  so  ist  die  Dichte: 

g  —  N.p.  m\ 
ebenso  ist:  1  =  N).3, 

und  daraus  folgt:  g  =  ^3  p .  m, 

Ich  habe  nun  untersucht,  ob  dieses  Gesetz  auch  für  die 
untersuchten  Mischungen  gilt.  Die  von  mir  für  Wasser  und 
Alkohol  gefundenen  Werthe  sind  kv  =  21,97  und  ka  =  6,61. 

3 

Setzt  man  diese  in  den  Ausdruck  kjcg.ymjg  ein,  so  erhält 
man,  wenn  man  die  Dichte  des  absoluten  Alkohols  p  =  0,798, 
und  seine  specifische  Wärme  c  =  0,584  setzt,  die  Zahlen : 

für  Wasser  — -lV-  -  57,57,    für  Alkohol  *  -{f™  «  54,79, 


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h  ärmdzitungsuei  mögen  von  Acthylulkohol  und  Wasser.  159 


die  keine  sehr  grosse,  aber  immerhin  eine  gewisse  Ueberein- 
stimmung  zeigen.  Sehr  auffallend  aber  gestaltet  sich  das 
Verhalten  der  Mischungen  in  dieser  Beziehung.  Um  den 
Werth  des  oben  erwähnten  Ausdrucks  auch  für  die  Mischungen 
zu  ermitteln,  mussten  für  diese  Werthe  des  Molecularge« 
wichts  m  berechnet  werden,  welche  auf  folgende  Weise 
erhalten  wurden. 

Es  seien  in  der  Volumeneinheit  der  Mischung  Nl  Mole- 
cule Wasser  und  N2  Molecüle  Alkohol  enthalten,  so  besteht 
die  Gleichung: 

1  =  (iV,  +  N2  )AS  und  <j  =  u  (iV,  m,  +  N2  m2), 
worin  ml  das  Moleculargewicht  dos  Wassers,  im,  das  des 
Alkohols,  und  p  wieder  die  Anzahl  der  Molecüle  des  dampf- 
förmigen Zustandes,  die  in  einem  Molecül  der  Flüssigkeit 
enthalten  sind,  bedeutet,  und  angenommen  wird,  dass  diese 
für  Wasser  und  Alkohol  dieselbe  ?>ei,  eine  Annahme,  die 
nach  den  Resultaten  der  schon  erwähnten  Versuche  Hrn. 
Weber's  wahrscheinlich  ist. 

Daraus  ergibt  sich: 


(4) 


/  1  1 
1/ W|*       N        *  \ 


worin  der  Ausdruck  unter  dem  Wurzelzeichen  im  Zahler 
an  Stelle  von  m  steht,  und  man  daher  zur  Berechnung  des  m 
für  die  Mischungen  die  Gleichung  erhält: 

(5)  im  =  mx  —ls  +  m2 


V     ^  "*2  \T 

Enthält  nun  1  g  Wasser  Nx'  Molecüle  Wasser,  so  ist: 

und  ebenso,  wenn  1  g  Alkohol  N2  Molecüle  Alkohol  enthält: 

1-4G./A.2VV, 

und  es  ist:  J- ,  ^ 

Hat  man  eine  Mischung  nach  Gewichtsprocenten  und 
sind  in  100  Theilen  der  Mischung  p  Theile  Alkohol  und 
100 -j>  Theile  Wasser,  so  ist: 


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//.  Hvnncbery. 


AV      46  000-,») 
Nt  ~~  18/> 

wobei  aber  iVy/iVy  das  Verhältniss  der  Anzahl  Molecüle 
Wasser  und  Alkohol  in  der  Gewichtseinheit  der  Mischung 
bezeichnet,  während  die  Gleichung  (5)  N^jN^  das  Verhält- 
niss der  Anzahl  Molecüle  Wasser  und  Alkohol  in  der  Volu- 
meneinheit bedeutet.   Da  aber  nur  das  Verhältniss  in  der 

3 

obigen  Gleichung  für  Ijy^  yorkommt,  und  dasselbe  offenbar 
in  der  Volumeneinheit  dasselbe  ist,  wie  in  der  Gewichtsein- 
heit, so  kann  man  auch  setzen: 

2VT,       461100  -p) 

und  damit  die  Werthe  von  m  für  sämmtliche  Mischungen 
berechnen. 

In  der  folgenden  Tabelle  sind  die  mit  Hülfe  dieser 

m  berechneten  Werthe  des  Ausdrucks  kjcQ.i/mjQ  zusammen- 
gestellt. Die  erste  Columne  enthält  die  Werthe  für  die 
specifische  Wärme  <?,  die  zweite  die  Dichte  die  dritte  das 
Product  c.q.    Ferner  die  Werthe  von  A,  von  m  und  in  der 

3   

letzten  Columne  die  Werthe  des  Ausdrucks  kjcgym/f).  Die 
Zahlen  für  die  specifische  Wärme  sind  Mittel  werthe  aus  den 
Resultaten  von  Hrn.  Winkelmann1)  einerseits  und  den 
Herren  Du  pro  und  Page2)  andererseits. 

Tabelle  III. 


V 

c 

9 

i 

* 

m 

:  *  7- 

0 

1,0000 

1,0000 

1,'MIOO 

2 1 ,97 

18,00 

57,57 

10 

1,0330 

0,9837 

1,0162 

19,99 

19,16 
20,48 

52,93 

20 

1,0455 

0,9710 

1,0147 

17,88 

4H,69 

HO 

1 ,0298 

0.9575 

0,9844 

16,07 

22,01 

46,42 

40 

0,977« 

0,^400 

0,9189 

13,97 

23,78 

44,»;a 

50 

0,9153 
0,8547 

0,9li»3 

0,8414 
0,7662 

11,99 
10,45 

25,86 
28,35 

43,34 

60 

0,H965 

43,18 

70 

0,7952 

0,8738 

0,6949 

9,16 

31,36 

43,48 

80 

0,7279 

0,8580 

0,0245  I 

8,24 

35,08 

1  45,45 

90 

0,6661 

0,8240 

i  0,5489 

7,04 

39,81 

46,71 

100 

0,5840 

0,7980 

0,4660  , 

6,61 

46,00 

,  54,79 

1)  Winkel  mann,  l'ogg.  Auu.  150.  1873. 

2)  Dupr6  u.  Page,  Phil.  Mag.  1869. 


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Wärmeleitungsver mögen  von  Aethylalkohol  und  Wasser.  161 


Die  Werthe  der  letzten  Columne  liegen  nicht,  wie  man 
erwarten  könnte,  innerhalb  der  für  Wasser  und  Alkohol  ge- 

3,- 

fundenen  Grössen  des  Ausdrucks  kjcgym/Q,  sondern  sie 
zeigen  eine  bedeutende  Abweichung  von  denselben,  indem 
sie  alle  kleiner  sind  als  diese.  Die  grösste  Abweichung 
dndet  ungefähr  bei  60  Proc.  statt.  Dass  diese  Abweichung 
nicht  nur  infolge  der  anomalen  Werthe  für  die  Wärme- 
capacität,  sondern  infolge  des  Verlaufes  der  Werthe  des 
Wärmeleitungsvermögens  eintritt,  kann  man  ersehen,  wenn 
man  statt  der  beobachteten  Werthe  für  c  nach  der  Gleichung: 

c  Ä  P*e\±P*h  , 
Pi  +  Pi 

worin  c,  die  specifische  Wärme  des  Wassers,  c2  die  des 
Alkohols  und  pl  und  p2  die  entsprechenden  Gewichtsmengen 
Wasser  und  Alkohol  in  der  Mischung  bedeuten,  berechnete 

Mittelwerthe  für  c  in  den  Ausdruck  A/cp.yro/p  einsetzt. 

In  folgender  Tabelle  sind  die  so  berechneten  Mittel- 
werthe und  die    dazu  gehörigen  Werthe  des  Ausdrucks 

k  co.ymlg  zusammengestellt. 


V 

\c  berechn.) 

*•{/" 

e9    V  9 

P 

'(<■  berechn.  j 

i 

k  JVm 
e9    V  9 

10 
20 
30 
40 
50 

0,9604  56,93 
0,9209  55,25 
0,8813  54,15 
0,8417     1  51,83 
0,8022     ,  49,44 

60 
70 

80 
90 

0,7626 
0,7230 
0,6834 
0,6439 

i 

48,34 
47,83 
48,41 

48,33 

Die  Werthe  zeigen  zwar  absolut  eine  etwas  geringere 
Abweichung,  aber  der  Verlauf  ist  analog  wie  früher. 

Nach  diesem  Verhalten  ist  auch  schon  vorauszusehen, 
<las8,  wenn  man  umgekehrt  die  Werthe  der  Wärmeleitungs- 
tähigkeit  aus  der  Dichte,  der  specifischen  Wärme  und  dem 
Molecularge wicht  nach  Weber  berechnet,  indem  man  das 
Wärmeleitungsvermögen : 

setzt,  diese  berechneten  Werthe  von  den  beobachteten  ziem- 
lich starke  Abweichungen  zeigen  werden.  Für  die  Constants 

Ana.*.  Phyfc  o.  Cb«m.  N.  F.  XX XVI.  \\ 


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162 


H.  Hmneberg 


C  wurde  das  Mittel  aus  den  Wertben  derselben  für  Alkohol 
und  Wasser,  nämlich  C—  56,18  gesetzt 

Tabelle  IX. 


p 

K  K 
beobachtet  berechnet 

Differenz 

1  A  l\nv/ki  AltitnM 

in  Proc. 

0 

21,97 

21,46 

-0,51 

2,8 

10 

19,99 

21,22 

1,23 

6,1 

20 

17,88 

20,63 

2,75 

15,4 
21,0 

30 

16,07 

19,45 

3,38 

40 

13,97 

17,59 

3,62 

25,9 

50 

11,99 

15,59 

3,55 

29,6 

60 

10,45 

13,61 

3,16 

30,2 

70 

9,16 

11,84 

2,68 

29,2 

80 

8,24 
7,04 
6,61  , 

10,18 

1,94 

23,5 

90 

8,47 

1,43 
0,17 

20,3 

100 

6,78 

2,6 

Die  Abweichung  zwischen  beobachteten  und  berechneten 
Werthen  geht  bis  zu  30  Proc  In  Fig.  5  ist  auch  die  Curve 
der  berechneten  Werthe  punktirt  verzeichnet.  Die  grösste 
absolute  Abweichung  ist  zwischen  40  und  43  Proc.  Alkohol- 
gehalt 

Für  die  Ursache  dieses  auffalligen  Verhaltens  der 
Mischungen  des  Aethylalkohols  mit  Wasser  fehlt  bis  jetzt 
noch  jede  Vermuthung  und  wird  wohl  erst  gefunden  werden 
können,  wenn  wir  mehr  Klarheit  über  das  Wesen  dieser 
Mischungen,  die  in  allen  ibren  physikalischen  Eigenschaften 
merkwürdige  Abweichungen  zeigen,  besitzen,  und  die  Frage 
gelöst  sein  wird,  ob  wir  es  hier  mit  Mischungen  oder  viel- 
leicht doch  mit  chemischen  Verbindungen  zu  thun  haben. 

Es  ist  vielleicht  nicht  uninteressant,  hier  auf  eine  Zu- 
sammenstellung sämintlicher  physikalischer  Eigenschaften  der 
Mischungen  von  Alkohol  und  Wasser  von  Daurer1)  zu  ver- 
weisen, in  welcher  er  zeigt,  dass  durchwegs  auf  jedem  Ge- 
biete (Dichtigkeit,  spec.  Wärme  etc.)  eine  Differenz  zwischen 
den  beobachteten  Grössen  und  den  aus  den  Eigenschaften 
der  beiden  Bestandteile  berechneten  Mittelwerthen  sich 
zeigt    Besonders  bemerkenswerth  ist  es  aber,  dass  diese 

1)  Daurer,  XXVI.  Jahresber.  der  Wiener  Comniunal-Oberreal- 
schule.    Wien  1881. 


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Wärmeleilunysvermöyen  von  Aethylalkohol  und  Waster,  163 

Abweichung  bei  fast  allen  Eigenschaften  bei  einem  Alkohol- 
gehalt von  30  bis  40  Proc.  ein  Maximum  erreicht  So  findet' 
er,  dass  die  Differenz  zwischen  den  beobachteten  und  berech- 
neten Werthen  für  die  Capillarität,  die  Siedepunkte  und  die 
Warmecapacität  bei  ungefähr  30  Proc.  ein  Maximum  er- 
reicht, während  dieses  Maximum  bei  der  thermischen  Aus- 
dehnung bei  44  Proc.  und  bei  der  Compressibilität  bei 
40  Proc  eintritt.  Die  Contraction,  welche  beim  Mischen 
von  Aethylalkohol  und  Wasser  eintritt,  ist  am  grössten  bei 
ungefähr  46  Proc.  Alkoholgehalt. 

Unter  diese  Eigenschaften  l&sst  sich  nun  nach  den  Resul- 
taten der  von  mir  angestellten  Versuche  auch  die  Wärme- 
leitungsfähigkeit einreihen,  welche  auch,  wie  aus  Tab.  IX, 
p.  162  ersichtlich,  in  der  Nähe  von  40  Proc.  ein  Maximum 
der  Abweichung  zwischen  beobachteten  und  berechneten 
Werthen  zeigt.  Ich  will  schliesslich  auch  noch  erwähnen, 
dass  Hr.  Pfeiffer1)  in  neuerer  Zeit  Untersuchungen  über 
das  electrische  Leitungsvermögen  der  Alkohol-Wassermisch- 
ungen ausgeführt  hat,  die  bei  einem  Alkoholgehalt  von 
30  Proc.  ein  Minimum  und  bei  einem  Alkoholgehalt  von 
83  Proc.  ein  Maximum  zeigen,  und  dass  das  Minimum  bei 
30  Proc.  tiefer  liegt  als  die  Werthe  der  Leitungsfahigkeit 
sowohl  des  Wassers  als  auch  des  Alkohols. 

Eh  zeigt  Bich  also,  dass  in  der  Reihe  der  von  reinem 
Wasser  zu  reinem  Alkohol  regelmässig  fortschreitenden 
Mischungen  gewisse  Punkte  in  der  Nähe  von  30  und  40  Proc. 
Alkoholgehalt  besonders  ausgezeichnet  sind,  wofür  auch  die 
von  mir  bestimmten  Werthe  des  Wärmeleitungsvermögens 
einen  neuen  Beweis  liefern,  und  es  gewinnt  daher  die  schon 
mehrfach  ausgesprochene  Vermuthung  an  Berechtigung,  dass 
in  diesem  Intervall  eine  oder  auch  mehrere  noch  nicht  näher 
bekannte  chemische  Verbindungen  von  Alkohol  und  Wasser 
nach  einfachen  Verhältnissen  mit  den  von  den  Eigenschaften 
der  Bestandteile  verschiedenen  charakteristischen  Eigen- 
schaften sich  bilden,  während  in  den  andersprocentigen 
Mischungen  diese  Verbindungen  sich  nur  aus  einem  Theile 


Ii  Pfeiffer,  Wied.  Ann.  25.  p.  244.  1885. 

11* 


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164 


H.  Hermebert/. 


der  Bestandtheile  bilden  können,  und  in  dem  Ueberschuss 
dea  einen  oder  anderen  Bestandteiles  gelöst  sind. 

Es  ist  wenigstens  leicht,  für  die  einzelnen  Mischungen 
einfache  Verbindungsverhältnisse  theoretisch  aufzustellen, 
wenn  auch  kein  zwingender  Grund  vorhanden  ist,  dass  in 
Wirklichkeit  dieselben  Mischungsverhältnisse  eintreten.  So 
will  ich  nur  erwähnen,  dass  beispielsweise  einem  Alkohol- 
gehalte von  29,9  Proc.  die  chemische  Formel  CaH60  +  6HaO. 
einem  Procentgehalte  von  38,9  die  Verbindung  C2HÄ0-f4H3O. 
einem  von  46,0  Proc.  die  Verbindung  CaH^O+SH^O,  einem 
von  42.2  Proc,  an  welcher  Stelle  ungefähr  für  die  Wärme- 
leitungsfähigkeiten das  oben  erwähnte  Maximum  liegt,  die 
Verbindung  2CaH60  +  7H,0  entspricht,  lauter  einfache  und 
ganz  gut  denkbare  Verbindungen. 

Die  vorliegende  Untersuchung  über  das  Wärmeleitungs- 
vermögen der  nach  Gewichtsprocenten  hergestellten  Mischun- 
gen von  Aethylalkohol  und  Wasser  ergibt: 

1.  dass  die  Werthe  des  Wärmeleitungsvermögens  der 
Mischungen  sämmtlich  innerhalb  der  Grenzen  der  für  Wasser 
und  Alkohol  gefundenen  Werthe  liegen  und  regelmässig  mit 
zunehmendem  Alkoholgehalte  abnehmen; 

2.  dass  diese  Mischungen  das  von  Weber  aufgestellte 
Gesetz  in  der  vorliegenden  Form  nicht  vollständig  befolgen. 

Bs  hängt  daher  das  Wärmeleitungsvermögen  dieser 
Mischungen  entweder  noch  von  anderen  im  Weber'schen 
Gesetze  nicht  berücksichtigten  Eigenschaften  derselben  ab, 
oder  man  hat  es  hier  nicht  mit  Mischungen,  sondern  einer 
oder  auch  mehreren  chemischen  Verbindungen  mit  etwas 
veränderten  Eigenschaften  zu  thun,  die  sich,  wenn  sie  einmal 
näher  bekannt  sind,  ohne  Zweifel  in  die  Reihe  aller  übrigen 
Flüssigkeiten,  die  das  Weber 'sehe  Gesetz  ohne  Ausnahme 
befolgen,  einreihen  werden. 

Jena,  Februar  1888. 


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ScltaUgetchwindigkeit  in  Dämpfet». 


105 


VII L   Veber  die  Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen 
und  die  Bestimmung  der  Dampf  dichte; 
von  Wilhelm  Jaeger. 

<Hl«ri«  Taf.  II  Flg.  0-8.) 

Die  Schallgeschwindigkeit  eines  vollkommenen  Gases  ist 
bekanntlich  nach  der  für  dasselhe  geltenden  Formel: 


nur  mit  seiner  Temperatur  veränderlich,  indem  man  die  re- 
lative Dichte  (d)  desselben,  sowie  das  Verhältniss  seiner  spe- 
cifischen  Wärmen  (k)  als  constant  annimmt. 

Während  somit  der  Werth  u  für  Gase  (nach  Reduction 
auf  gleiche  Temperatur)  eine  constante  Grösse  ist,  hat  man 
dies  bei  Dämpfen  im  allgemeinen  nicht  mehr  zu  erwarten. 
Doch  wird  sich  u  einer  solchen  um  so  mehr  nähern,  je  wei- 
ter der  Dampf  vom  Sättigungspunkt  entfernt  ist,  dagegen  in 
der  Nähe  desselben  bei  verschiedenen  Temperaturen  und  je 
nach  dem  Sättigungsgrad  verschiedene  Werthe  erhalten. 

Denn  sowohl  die  relative  Dichte  des  Dampfes,  als  auch 
das  Verhältniss  der  specih'schen  Wärmen  ist  von  der  Tem- 
peratur und  dem  Sättigungsgrad  abhängig,  und  es  ist  von 
Interesse,  gerade  die  letztere  Grösse  aus  der  Schallgeschwin- 
digkeit zu  berechnen.  Dies  soll  im  Folgenden  für  einige 
Dampfe  geschehen. 

Um  aber  diese  Berechnung  ausführen  zu  können,  muss 
die  veränderliche  Dichte  für  diese  verschiedenen  Zustände 
bekannt  sein.  Es  hat  sich  aber  gezeigt,  dass  dies  leider  nicht 
in  dem  Maasse  der  Fall  ist,  als  es  zur  Berechnung  von  k 
erwünscht  wäre,  worauf  ich  später  noch  näher  eingehen 
werde. 

— —  —  - 

Ehe  ich  zur  Besprechung  meiner  eigenen  Versuche  tiber- 
gehe, will  ich  noch  einen  kurzen  Ueberblick  über  mir  be- 

1)  In  obeustehender  Formel  bedeutet  R'  die  für  Luft  geltende  Gas- 
constaiite,  T  die  absolute  Temperatur. 


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166  H\  Jaeger, 

kannt  gewordene  Bestimmungen  der  Schallgeschwindigkeit 
in  Dämpfen  geben. 

Die  älteste  Arbeit  hierüber  stammt  meines  Wissens  von 
Mas  son1),  der,  wie  es  scheint,  mit  grosser  Sorgfalt  die 
Schallgeschwindigkeit  einer  Anzahl  von  Gasen  und  Dämpfen 
bestimmt  hat.  Er  benutzte  dazu  die  bereits  von  Du  long  - 
zu  demselben  Zweck  angewandte  Methode,  die  Tonhöhe  einer 
und  derselben  Orgelpfeife  in  verschiedenen  Gasen  und  Dämpfen 
mit  einer  constanten  Tocquelle  (Monochord)  zu  vergleichen 
und  dadurch  die  relative  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  des 
Schalles  im  Verhältniss  zu  der  in  Luft  festzusetzen. 

Aus  den  von  Mass  on  für  die  untersuchten  Dämpfe  an- 
gegebenen Schallgeschwindigkeiten  (m)3)  (für  Luft  t/'=333  m 
gesetzt)  ergeben  sich  folgende  Verhältnisszahlen: 

Wasserdainpf         «>  =  1,204    bei  t  =  95,0  °C. 
Schwefelkohlenstoff  ,»   =  0,5676 
Alkoholdampf  •>   =  0,6925 

Aetherdampf  »    -  0,5382    »  i>  =  35,5  »» 

Aethylehlorid  »    =  0,5976    »  m  =  12,0  „ 

Die  Zahlen  beziehen  sich  auf  den  Sättigungszustand  der 
Dämpfe  in  der  Nähe  der  Siedetemperatur,  und  Mas  son 
bemerkt  ausdrücklich,  dass  der  Ton  in  den  gesättigten 
Dämpfen  ebenso  gut  wie  in  Gasen  erzeugt  wird,  was  nicht 
der  Fall  sein  könnte,  wenn  Condensation  des  Dampfes  ein- 
träte. Dasselbe  fand  auch  schon  früher  Biot4)  und  knüpfte 
daran  den  Beweis  für  die  Wärmeentwickelung  bei  adiabati- 
scher Compression  eines  gasförmigen  Körpers. 

Es  ist  auch  nicht  wahrscheinlich,  dass  bei  den  schnell 
aufeinander  folgenden  Conipressionen  und  Dilatationen  eine 
Condensation  des  Dampfes  stattfinden  sollte,  da  derselbe,  wie 
Hr.  R,  v.  Helmholtz  in  seiner  Dissertation  über  „Dämpfe 
und  Nebel145)  nachgewiesen  hat,  recht  gut  in  sogar  sehr  über- 
sättigtem Zustand  bestehen  kann. 

Eine  andere  des  öfteren  angewandte  Methode  ist  das 

1)  Masson,  Ann.  de  chim.  et  de  phys.  (3)  53«  p.  257.  1858. 

2)  Dulong,  Ann.  de  chim.  et  de  phys.  (2)  41,  p.  113.  1829. 

3)  Mass  on,  1.  c.  p.  283. 

4)  Biot,  Traite  de  physique  T.  II.  p.  22.  1816. 

5)  R.  v.  Helm  hu  Hz,  Wied.  Ann.  30.  p.  401.  1S87. 


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Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen.  167 


von  Hrn.  Kundt1)  ausgebildete  Verfahren  der  Staubfiguren- 
messung, das  er  selbst  zur  Bestimmung  des  Verhältnisses  der 
specifischen  Wärmen  des  Quecksilberdampfes  anwandte,  wie 
auch  spater  Hr.  Strecker*)  zur  Bestimmung  der  Schall- 
geschwindigkeit im  Chlor-,  Brom-  und  Joddampf.  (Auch 
Hr.  Wüllner  benutzte  die  Kundt' sehe  Methode  zur  Be- 
stimmung der  Schallgeschwindigkeit  in  einigen  (rasen.)9) 

Hr.  Beyme  hat  endlich  in  seiner  Dissertation4)  im 
wesentlichen  die  auch  hier  berücksichtigten  Dämpfe  in  Be- 
tracht gezogen.  Er  benutzte  zur  Messung  der  Wellenlänge 
des  in  stehende  Schwingungen  v ersetzten  Dampfes  die  auch 
*chon  von  Rayleigh6)  zu  Intensitätsbestimmungen  ver- 
wandten Scheibchen,  welche  sich  in  den  Bäuchen  des  Wellen- 
rohres  quer  zur  Axe  stellen,  an  den  Knotenpunkten  dagegen 
in  Ruhe  bleiben. 

Durch  Anwendung  magnetisirter  Stahlscheibchen  konnte 
eine  bestimmte  Ruhelage  derselben  fixirt  werden.  Die  Un- 
tersuchungen erstrecken  sich  auf  die  Dämpfe  von  Aethyl- 
äther,  Schwefelkohlenstoff,  Chloroform,  Benzol  und  Wasser 
und  sind  alle  im  Sättigungszustand  derselben  angestellt. 
Beim  Wasserdampf  wurden  überhaupt  nur  drei  Wellen  ge- 
messen und  scheint  auch  die  Genauigkeit  der  Einstellung 
gering  gewesen  zu  sein. 

Auf  Anrathen  des  Hrn.  Geheimrath  v.  Helmholtz  un- 
ternahm ich  es  nun  vor  einiger  Zeit,  die  Fortpflanzungs- 
geschwindigkeit des  Schalles  in  einigen  bekannteren  Dämpfen 
sowohl  im  Sättigungszustand  bei  verschiedenen  Temperaturen, 
als  auch  in  verschiedenen  Graden  der  Annäherung  an  den- 
selben experimentell  zu  bestimmen. 

Hierbei  entschied  ich  mich  für  die  Kundt'sche  Methode, 
da  sie  die  genauesten  Messungen  und  auch  eine  directe  Ver- 
gleichung  mit  der  Luft  zulässt. 

1)  Kundt,  Pogg.  Ann.  127.  p.  497.  1866;  136.  p.  337.  1868;  ferner 
Kundt  und  Warburg,  Pogg.  Ann.  167.  p.  353.  1876. 

2)  Strecker,  Wied.  Ann.  13.  p.  20.  1881. 

3)  Wällner,  Wied.  Ann.  4.  p.  321.  1878. 

4)  Beyme,  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  des  Schalles  in  gesättigten 
Dämpfen.   Inaugnraldiss.  Zürich,  1884  u.  Beibl.  9.  p.  503.  1885. 

5)  Rayleigh,  Beibl.  8.  p.  96.  1879. 


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168  IV.  Jaeger. 

Am  meisten  Interesse  bot  die  Untersuchung  des  Wasser- 
dampfes; da  derselbe  aber  wegen  seiner  geringen  Dichte  und 
der  durch  ihn  bedingten,  sonst  immer  bei  Staubfiguren  ver- 
suchen sehr  störenden  Feuchtigkeit  voraussichtlich  grosse 
Schwierigkeiten  bereiten  musste,  so  wurde  zunächst  Aether - 
dampf  in  Angriff  genommen,  der  seines  niedrigen  Siedepunk- 
tes wegen  ein  bequemeres  Experimentiren  gestattete. 

Versuche  mit  A  ether  da  inpf. 

Es  handelte  sich  hierbei  zunächst  darum,  festzustellen, 
ob  der  gesättigte  Dampf  die  Bildung  der  Staubfiguren  nicht 
beeinträchtigt  und  überhaupt  den  Schall  leitet,  worüber  man 
noch  im  Zweifel  sein  konnte.  Daher  verschob  ich  die  Con- 
struction eines  allen  Anforderungen  entsprechenden  Appara- 
tes bis  später  und  bediente  mich  hier  des  von  Wüllner  für 
Gase  benutzten,  in  der  Einleitung  erwähnten  Apparates,  an 
dem  für  unsere  Zwecke  nur  kleine  Modifikationen  anzubrin- 
gen waren. 

Der  Aether  war  in  einer  seitlich  angebrachten  Kugel 
enthalten,  die  durch  einen  Hahn  von  dem  übrigen  Räume 
abgeschlossen  werden  konnte.  Durch  Oeffnen  dieses  Hah- 
nes, nachdem  der  Apparat  luftleer  gemacht  worden  war, 
wurde  derselbe  mit  dem  Dampfe  gefüllt.  Eine  nähere  Be- 
schreibung aller  Einzelheiten  kann  ich  hier  umso  mehr  über- 
gehen, als  dieser  Apparat  nur  vorläufigen  Versuchen  gedient 
hat.  Im  wesentlichen  stimmt  er  mit  dem  von  Kundt1)  be- 
schriebenen sogenannten  „Einfachen  Longitudinalapparat" 
überein. 

Ich  konnte  nicht  bemerken,  dass  es  schwerer  gehalten 
hätte,  im  Sättigungszustand  Staubfiguren  zu  erhalten,  als  im 
überhitzten  Dampf. 

Durch  Abkühlen  der  Kugel  konnte  man  ausserdem  jeden 
Sättigungsgrad  herstellen,  und  es  zeigte  sich,  dass  auch  bei 
einer  Abkühlung  der  Kugel  in  Eis  (180  mm  Druck)  noch 
recht  gute  Figuren  zu  erhalten  waren. 

Bei  den  mit  diesem  Apparat  (Sommer  1885)  angestellten 

1)  Kundt,  Pogg.  Am».  127.  p.  497.  1866. 


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Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen. 


109 


Versuchen  war  die  Temperatur  des  Dampfes  immer  diejenige 
des  Zimmers  (circa  20°  C),  da  die  Untersuchungen  für  andere 
Temperaturen  besser  mit  dem  später  beschriebenen  Apparat 
anzustellen  waren. 

Die  Messung  der  Staubfiguren1)  geschah,  wie  auch  spä- 
terhin, mit  einem  im  hiesigen  Iustitut  hergestellten  Glas- 
maassstab,  an  dem  ein  Visir  angebracht  war. 

Es  wurde  immer  eine  Anzahl  hintereinander  liegender 
Knoten,  resp.  Bäuche  der  Staubfiguren  hiermit  eingestellt  und 
die  einzelnen  Zahlen  nach  der  von  Kundt  in  der  erwähnten 
Abhandlung  entwickelten  Wahrscheinlichkeitsformel8): 

.(»-i)(y„  -y,)-f  (»-3)(y„_i  + 

y  =  D  ■   — — 4 — tt  

verwerthet. 

In  dieser  Formel  bedeuten  yvy%  etc.  die  einzelnen  Ein- 
stellungen, n  ihre  Anzahl  und  y  den  wahrscheinlichsten  Werth 
der  Figurenlänge. 

Meistens  wurden  sowohl  die  Knoten  als  die  Bäuche  ge- 
messen und  aus  den  beiden  so  berechneten  Zahlen,  die  sich 
gewöhnlich  nur  sehr  wenig  unterschieden,  das  Mittel  genom- 
men. Eine  grössere  Genauigkeit,  als  Bruchtheile  von  Zehn- 
telmillimetern ,  darf  man  selbst  bei  recht  guten  Messungen 
nicht  annehmen,  da  auch  noch  systematische  Ablesungs- 
fehler3) vorkommen,  und  nur  das  Mittel  aus  einer  grösseren 
Anzahl  von  Versuchen  kann  einen  noch  genaueren  Werth 
liefern. 

Bei  den  hier  angeführten  Versuchen  hatte  meistens  der 
ganze  Apparat  dieselbe  Temperatur  und  blieb  letztere  auch 
während  des  Tages  ziemlich  constant,  sodass  bedeutende  Feh- 
ler durch  die  Temperaturbestimmung  nicht  möglich  waren. 
Für  unseren  Fall  wurde  übrigens  ein  Irrthum  von  1 0  C.  bei 

1)  £s  diente  für  dieselben  gesiebte  Korkfeile  oder  Kieselsäurepulver. 

2)  Kundt,  1.  c.  p.  357. 

3!  Die  Figuren  weiden  nämlich,  je  nach  der  Stärke  des  Reibens, 
nach  dem  einen  Ende  der  Röhre  hingedrängt,  sodass  sich  die  ganze  Figur 
schbesslich  auf  einen  Punkt  zusammenzieht,  der  etwas  seitlich  vom 
Knotenpunkt  liegt.  Es  ist  klar,  dass  hierdurch  Ablesungsfehler  entstehen 


170 


W.  Jaeger. 


den  Aetherhguren  (ca.  25,5  mm)  etwa  0,04  mm,  bei  den  Luft- 
figuren  ungefähr  das  Doppelte  betragen. 

In  den  folgenden  Tabellen  sind  k  und  X  die  Figuren- 
längen in  Aetherdampf  und  Luft  in  Millimetern,  auf  20° 
reducirt.  Durch  Multiplication  des  Verhältnisses  der  Schall- 
geschwindigkeit kjk'  mit  332,5  (Schallgeschwindigkeit  in  Luft 
bei  0°)  erhält  man  u0.  A  ist  die  Abweichung  der  Einzel- 
resultate vom  Mittel,  die  Schreibweise  0°/20°  in  Tab.  II 
bedeutet,  dass  der  Dampf  die  Temperatur  20°  hatte,  während 
die  kälteste  Stelle  auf  0°  erhalten  war;  es  ist  hierdurch  der 
Grad  der  Ueberhitzung  gegeben. 


Tabelle  I.  Gesättigter  Aetherdampf  von  20,4°C. 


Nr.  (  X 

Temp. 

kjl' 

Juni  1885 

15  25,90 

47,04 

23°  C. 

0,5378 

178,83  m 

26  25,14 

27  25,13 

28  1  25,26 

29  25,19 

30  25,13 
!  31  25,20 

46,62 
46,78 
46,73 
46,72 
46,73 
46,62 

20,1 
20,1 
20,8 
20,2 
20,5 
20,5 

0,5393 
0,5371 
0,5407 
0,5391 
0,5378 
0,5405 

+  02 
-20 
+  16 
0 
-13 
+  14 

Mittel 

aus  Nr.  26—31 

20,4 

0,539  P)|  ±14 

179,24  m 

Beyme  'j 

20,5 

0,5393 

1 

Die  aus  Beyme's  Angaben  sich  ergebende  Zahl  0,5393 
bei  20,5°  stimmt,  wie  man  sieht,  zufällig  sehr  genau  mit 
dem  Mittelwerthe  obiger  Tabelle. 

Bei  35,5°,  für  welche  Temperatur  ich  noch  keine  Ver- 
suche angestellt  habe,  ergibt  sich 

nach  Masson  kjk'  =  0.5382,  dagegen 
„    Beyme    X  /  V  =  0,5309  bei  35°. 
Diese  Zahlen  werde  ich  bei  der  Berechnung  mit  be- 
rücksichtigen. 

Die  folgende  Tabelle  giebt  die  Werte  von  kjk'  für 
ungesättigten  Aetherdampf;  bei  diesen  Versuchen  wurde  die 
Kugel  in  Eis  gesteckt. 


1)  Siehe  Einleitung. 

2)  Der  wahrscheinliche  Fehler  des  Mittels  ist  0,07%. 


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Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen,  171 
Tabelle  II.  Ungesättigter  Aetherdampf  Ton  0°/20°C. 


Nr.  1 

Iß'  ä 

22.  Juni  1885 

20  25,56 

21  :  25,51 

22  25,56 

23  25,52 

24  25,58 

25  25,50 

46,78 
46,63 
4  6,73 
46,88 
46,89 
46,75 

0,5463  +03 
0,5470  +10 
0,5470  +10 
0,5444  —16 
0,5457  -03 
0,5455  -05 

Mittel  aas  Nr.  20-25 

0,54598l)    ±10        181,54  ra 

Die  Berechnung  der  hier  erhaltenen  Zahlen  wird  in 
einem  spateren  Abschnitt  stattfinden. 

Apparat  für  höher  siedende  Flüssigkeiten. 

Für  höher  siedende  Flüssigkeiten  hätte  ich  auf  den  von 
Kundt  und  Warburg  für  Quecksilberdampf  benutzten 
Apparat  (Einleitung)  zurückzugreifen  können,  doch  schien 
mir  derselbe  gar  zu  zerbrechlich,  da  er  ganz  Glasbläserarbeit 
ist  und  wie  ein  einziges  Glasrohr  von  der  nämlichen  Länge 
an  drei  Stellen  eingeklemmt  und  durch  Reiben  zum  Tönen 
gebracht  wird. 

Deshalb  benutzte  ich  den  von  Kundt  ebenfalls  ange- 
gebenen und  früher  erwähnten  ,.Doppelapparat",  mit  einigen 
kleinen  Veränderungen.  Doch  nahm  ich  die  Dimensionen 
etwas  kleiner;  die  tönende  Röhre  statt  1,50  m  nur  1,15  m  und 
die  übrigen  Theile  im  selben  Verhältniss. 

Der  Einfachheit  halber  gab  ich  dem  Apparat  eine  lang- 
gestreckte Gestalt,  während  er  dort  durch  ümbiegung  einiger 
Röhren  in  seiner  Länge  wesentlich  reducirt  wird.2) 

Einige  Schwierigkeit  bereitete  das  Auffinden  eines  ge- 
eigneten Kittes,  um  die  verschiedenen  Schraubenverschlüsse 
auf  den  Glasröhren  zu  befestigen.  Da  die  Temperatur  bis 
etwa  100°  gesteigert  werden  sollte,  so  war  natürlich  Siegel- 
lack, der  sonst  hierfür  bei  Luftpumpen  etc.  verwendet  wird, 
ausgeschlossen.    Mennigekitt  hingegen  hat  eine  zu  geringe 


im 


1)  Der  wahrscheinliche  Fehler  des  Mittels  ist  hiernach  ±0,05°'o. 

2)  Siehe  die  Beschreibung  des  Apparates  Pogg.  Ann.  135.  p.  353. 


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1 


172  H\  Jaeger. 

Festigkeit,  da  die  Schrauben  mit  ziemlicher  Gewalt  angedreht 
werden  mussten,  um  luftdicht  zu  schliessen.  Ich  fand  zuletzt, 
nachdem  auch  noch  verschiedene  andere  in  der  Technik 
benutzte  Kitte  sich  als  unbrauchbar  hierfür  herausgestellt 
hatten,  in  dem  Schwefel  eine  geeignete  Substanz.  Derselbe 
schmilzt  erst  bei  111°  und  wird  vorher  nicht  weich.  Man 
trägt  ihn  geschmolzen  auf  die  heiss  gemachte  Glasröhre  auf 
und  schiebt  die  ebenfalls  erwärmten  Messingtheile,  die  streng 
anpassen  müssen,  dann  über  dieselbe.  Diese  Methode  hat 
sich  gut  bewährt. 

Eine  weitere  Schwierigkeit  bestand  darin,  ein  geeignetes 
Pulver  für  die  Staubfiguren  ausfindig  zu  machen,  welches 
auch  im  Wasserdampf  brauchbar  war,  und  ich  suchte  lange 
vergeblich  nach  einem  solchen. 

Die  geglühte  Kieselsäure  hat  ein  zu  grosses  specinsches 
Gewicht  (ca.  2,68  .  .),  und  es  kam  besonders  für  Wa6serdampf 
seiner  geringen  Dichte  wegen  darauf  an,  ein  möglichst 
leichtes  Pulver  zur  Verfügung  zu  haben. 

Die  übrigen  Substanzen,  wie  Korkfeile  und  Lycopodium 
sind  selbstverständlich,  ebensowenig  anwendbar. 

Der  Gedanke  indes,  die  früher  angewandten  Korkfeile  zu 
verkohlen,  lieferte  ein  sehr  brauchbares  Pulver.  Nachdem 
dieselben  zu  diesem  Zwecke  gesiebt  und  zur  Befreiung  von 
Salzen  ausgekocht  sind,  werden  sie  bei  Luftabschluss  erhitzt,  bis 
alle  verbrennlichen  Producte  abdestillirt  sind.  Die  zurück- 
gebliebene Kohle  wird  zum  Schluss  mit  Aether  ausgewaschen, 
um  etwa  noch  anhaftenden  Theer  etc.  zu  beseitigen. 

Dieselbe  stellt  so  ein  ungemein  leichtes  Pulver  von  der 
Porosität  des  Korkes  dar,  welches  sehr  schöne  scharfe 
Figuren  gibt  und  nur,  wenn  direct  sich  Flüssigkeit  daraui 
niederschlägt,  oder  die  Wände  nass  sind,  unbeweglich  wird. 

Mit  diesem  verkohlten  Korkpulver  sind  alle  weiteren 
Versuche  ausgeführt  Die  Figuren  werden  besonders  deut- 
lich sichtbar,  wenn  man  unter  das  Rohr  einen  Streifen 
Milchglas  anbringt. 

Um  die  Füllung  des  Apparates  mit  Dampf  zu  bewerk- 
stelligen, musste  ich  ein  von  dem  übrigen  Räume  abschliess- 
bares  Reservoir  anbringen,  welches  die  betreffende  Flüssig- 


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Scltali/eschicindiykeil  in  Dämpfen. 


173 


keit  enthielt  und  erst  nach  dem  Luftleerpumpen  des  für 
den  Dampf  bestimmten  Raumes  mit  diesem  in  Verbindung 
zu  setzen  war.  Doch  musste  ich  hierbei  von  der  Verwendung 
eines  Hahnes  absehen ,  da  das  zum  Dichten  desselben  be- 
natzte Fett  durch  die  Erwärmung  Hüssig  geworden  wäre. 

Nach  einigen  vergeblichen  Versuchen  benutzte  ich  später 
als  Flüssigkeitsreservoir  einfach  eine  Kugel  mit  ausgezogener 
Spitze,  die,  zum  Theil  mit  Flüssigkeit  gefüllt,  im  übrigen 
luftfrei  war. 

Diese  Kugel  (siehe  Taf.  II  Fig.  6)  wurde  durch  ein  Stück 
Luftpumpenschlauch  (L)  mit  dem  Theil  b  verbunden,  welcher 
mittelst  eines  Schraubenverschlusses  (s)  an  einer  Seitenröhre 
des  Apparates  zu  befestigen  war.  Nach  dem  Auspumpen 
des  letzteren  wurde  dann  die  Spitze  der  Kugel,  welche  vor- 
her bei  u  mit  einem  Feilstrich  versehen  worden  war,  unter 
dem  Schlauch  abgebrochen,  worauf  die  Verdampfung  be- 
ginnen konnte. 

Die  luftfreie  Füllung  der  Kugel,  welche  ursprünglich 
eine  lang  ausgezogene  Spitze  besitzt,  kann  auf  verschiedene 
Weise  stattfinden. 

Bei  Wasser  verfuhr  ich  meistens  so,  dass  ich  die  mit 
der  destillirten  Flüssigkeit  angefüllte  Kugel  bis  zum  Sieden 
derselben  erwärmte  und  während  desselben  einen  vorläufigen 
Verschluss  mit  weich  gemachtem  Siegellack  bewerkstelligte. 
Sodann  wurde  an  der  gewünschten  Stelle  vor  der  Glasbläser- 
lampe abgeschmolzen.  Man  kann  dadurch  die  Kugel  leicht 
so  luftfrei  machen,  dass  nachher  das  Wasser  beim  Schütteln 
metallisch  an  die  Wände  klopft. 

Bei  Alkohol,  Aether  und  ähnlichen  Flüssigkeiten  hin- 
gegen ist  diese  Methode  der  Feuergefabrlichkeit  wegen  nicht 
i,'ut  anwendbar.  Deshalb  Hess  ich  bei  diesen  die  Flüssig- 
keit nach  Herstellung  eines  Vacuums  aus  einem  grösseren 
Gefass  in  die  Kugel  überdestilliren,  indem  ich  letztere  in 
Bis  kühlte.  Man  verbindet  damit  noch  den  Vortheil,  eine 
frisch  destillirte  Flüssigkeit  zur  Verfügung  zu  haben. 

Dieser  durch  die  Fltissigkeitokugel  etc.  gebildete  Theil 
des  Apparates  sollte  zugleich  die  Herstellung  eines  über- 
hitzten Dampfe9  ermöglichen  und  war  zu  diesem  Zwecke 


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174 


H\  Jaeger. 


mit  einem  doppel  wand  igen  Blechgefäss  umgeben,  welches  in 
dem  grösseren  Wasserbade  stand,  und  dem  man  leicht  die 
gewünschte  Temperatur  ert heilen  konnte.  Man  muss  dafür 
sorgen,  dass  dieser  Theil,  den  ich  im  Folgenden  mit  „Re- 
servoir" bezeichnen  werde,  wirklich  die  kälteste  Stelle  ist. 
Deshalb  ist  noch  die  Kugel  b  angebracht,  die  auch  durch  ihr 
grösseres  Volumen  einen  ausgedehnteren  kalten  Raum  reprä- 
sentirt.  In  gleicher  Höhe  mit  ihr  befindet  sich  auch  die 
Kugel  des  Reservoirthermometers  (r) ,  durch  dessen  Angabe 
man  den  Druck  des  auf  die  Temperatur  des  Wasserbades 
überhitzten  Dampfes  erfahrt 

Zum  Auspumpen  des  Apparates  diente  eine  Töpler- 
Hagen'sche  Quecksilberpumpe  (ohne  Hähne),  die  mit  einer 
Seitenröhre  des  Dampfraumes  verbunden  war.  .Nach  Errei- 
chung des  Vacuums  wurde  diese  Verbindung  durch  Ab- 
schmelzen unterbrochen  und  das  abgeschmolzene  Ende  eben- 
falls unter  Wasser  gebracht,  um  es  auf  gleiche  Temperatur 
wie  die  übrigen  Theile  zu  erwarmen. 

Dann  konnte  die  Spitze  der  Kugel  abgebrochen  werden 
und  der  Versuch  nach  einiger  Zeit  beginnen,  wenn  man  an- 
nehmen durfte,  dass  der  richtige  Dampfdruck  erreicht  war. 

Ursprünglich  waren  alle  Theile,  wie  auch  bei  dem 
Kun dt' sehen  Apparate,  von  Glas,  und  führte  ich  eine  An- 
zahl Versuche  in  Wasserdampf  mit  diesem  Apparate  aus,  die 
jedoch  wegen  Undichtigkeit  desselben  ungenau  waren  und 
hier  deshalb  nicht  mitgetheilt  sind. 

Ausserdem  glückten  auch  während  langer  Zeit  nur  sehr 
wenige  Versuche,  da  häufig  durch  die  gleichzeitigen  Drack- 
und  Temperaturänderungen  die  angewandten  Glastheile  wäh- 
rend oder  nach  dem  Versuche  sprangen,  sodass  durch  die 
fortwährenden  Reparaturen  an  ein  Vorwärtskommen  nicht 
zu  denken  war. 

Daher  liess  ich  an  Stelle  des  Glases,  soweit  es  anging, 
Messingtheile  treten,  hatte  aber  auch  hierbei  eigentümliche 
Schwierigkeiten  zu  überwinden,  deren  Eintritt  nicht  voraus- 
zusehen war. 

Die  beigefügte  Zeichnung  (Taf.  II  Fig.  7)  stellt  den  Apparat 


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Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen. 


175 


m  seiner  endgültigen  Gestalt  dar;  der  Maassstab  derselben 
ist  '/so  natürlicher  Grösse. 

Die  tönende  Röhre  AA',  die  nun  auch  von  Messing  ist, 
ist  an  beiden  finden  durch  aufgelöthete  Messingplatten l) 
geschlossen  und  gibt,  an  den  Stellen  B  und  B'  eingeklemmt 
and  mit  einem  nassen,  wollenen  Lappen  gerieben,  einen  sehr 
kräftigen  Ton  von  ca.  3100  Schwingungen  (gj  bei  der  früher 
angegebenen  Länge  der  Röhre  (1,15  m).  Die  Länge  der 
Staubfiguren  in  Luft  beträgt  bei  diesem  Ton  ungefähr  56,5  mm 
bei  mittlerer  Temperatur. 

Die  über  die  Enden  des  Tonrohres  übergeschobenen 
weiteren  Röhren,  die  ebenfalls  aus  Messing  bestehen,  sind 
mit  AC  und  B'C  bezeichnet.  (Die  gestrichelten  Buchstaben 
beziehen  sich  auf  die  Luftseite.  Vergleichsrohr.) 

Die  Dampfseite  befindet  sich  vollständig,  wie  Fig.  7  zeigt, 
in  einem  grossen  Wasserbade  ( W  W) ,  das  mit  etwa  50  1 
Wasser  gefüllt  und  durch  einige  darunter  gestellte  Vier- 
brenner auf  die  gewünschte  Temperatur  gebracht  wurde. 

An  den  Knotenpunkten  B  und  B'  sassen  durchbohrte 
Kautschukpfropfen,  welche  möglichst  fest  in  die  Röhren  BC  etc. 
bineingedreht  und  durch  Kautschukleim  (Auflösung  von  un- 
vulkanisirtem  Kautschuk  in  Benzin)  oder  Guttaperchakitt 
noch  ganz  luftdicht  gemacht  wurden. 

Damit  durch  den  Luftdruck  nicht  die  Tonröhre  in  BC 
hineingetrieben  werden  konnte,  wurden  bei  b  und  b'  noch 
kleine  Ringe  aufgelöthet,  an  welche  sich  die  Pfropfen  fest 
andrücken  konnten. 

Der  zur  Tonerzeugung  dienende  Theil  war  in  den  Punk- 
ten B  und  B',  wie  in  der  Zeichnung  angedeutet,  auf  ein 
festes  Gestell  aufgeschraubt. 

CD  und  CD'  sind  die  ca.  20  mm  weiten  und  1  m  langen 
Staubfigurenröhren.  Die  Ueberführung  zu  denselben  geschah 
durch  einen  Schraubenverschlnss  (bei  c),  resp.  durch  einen 
ijummipfropf  (c). 

1)  Eß  war  nöthig,  die  Meesingplatten  an  den  Enden  hart  aufzulösen 
(mit  SUberloth),  da  bei  Anwendung  von  gewöhnlichem  Schnellloth  dieses 
'lurch  den  kräftigen  Ton  bald  Risse  bekam  und  dadurch  die  Tonentstehung 
verhinderte  wnrde. 


176 


W.  Jaeger, 


Das  Ende  D  des  Darapfrohres  stand  mit  dem  früher 
beschriebenen  Reservoir  R  ebenfalls  durch  einen  Gummi- 
pfropfen in  Verbindung.  Bei  T  befindet  sich  das  Reservoir- 
Thermometer;  ausserdem  sind  an  den  Enden  des  Dampf- 
rohres bei  Tx  und  T3  noch  zwei  Thermometer  angedeutet. 
Ebenso  war  das  Vergleichsrohr  mit  einem  Thermometer  ver- 
sehen. 

Die  seitlichen  Röhren  £  und  E'  dienen  zum  Auspumpen 
und  Trocknen  der  beiden  Räume.  Sie  sind  möglichst  an 
das  Ende  B  verlegt,  damit  nach  Wegnahme  des  Verschlusses  D 
die  trockene  Luft  den  ganzen  Apparat  durchstreichen  kann. 

Bei  P  ist  die  ausgezogene  Stelle,  die  nach  dem  Aus- 
pumpen abgeschmolzen  wird.  Durch  eine  Siegellackkittung 
bei  H  ist  eine  luftdichte  Verbindung  des  Dampfraumes  mit 
der  Quecksilberpumpe  hergestellt. 

Durch  MM'  ist  ferner  der  Maassstab  angedeutet,  welcher 
parallel  dem  Dampfrohr  ausserhalb  des  Wasserbades  auf- 
gestellt wurde,  wobei  das  Visir  V  die  Figurenlänge  zu  messen 
gestattete. 

Auch  ein  Manometer  hatte  ich  anfanglich  an  dem  Appa- 
rate angebracht,  doch  verzichtete  ich  später  auf  dasselbe 
wegen  seiner  bedeutenden  Complicirtheit  und  der  damit  ver- 
bundenen häufigen  Störungen.1) 

In  dieser  Form  war  der  hier  beschriebene  Apparat  auch 
leicht  auseinander  zu  nehmen,  während  dies  früher,  so  lange 
noch  alles  von  Grlas  war,  oft  grosse  Unzuträglichkeiten  mit 
sich  brachte. 

Ehe  ich  zu  den  mit  diesem  Apparate  angestellten  Ver- 
suchen übergehe,  muss  ich  noch  einige  Eigentümlichkeiten 
berühren,  die  sich  beim  Zusammenstellen  desselben  gezeigt 
haben. 

Es  fiel  nämlich  auf,  dass  im  Vergleich  zu  dem  kräftigen 
Ton  des  Rohres  unverhältnissmässig  schwache  Staubfiguren 
erhalten  wurden,  und  es  war  dann  auch  nicht  möglich,  in 


1)  Es  beruhte  dasselbe,  wie  das  von  Magnus  benutzte  (Pog£.  Ann. 
61.  p.  225.  1844),  darauf,  dass  man  aussen  und  innen  denselben  Druck 
herstellt  und  denselben  an  dem  Äusseren  Manometer  abliest. 


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Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen. 


177 


Wasser-  oder  Alkoholdampf  eine  Bewegung  des  Staubes  zu 
bewirken. 

Selbst  im  Aetherdampf,  der  doch  früher  keine  Schwierig- 
keiten bereitet  hatte,  konnte  ich  nur  unter  bestimmten  Be- 
dingungen Figuren  hervorrufen,  und  sind  diese  Umstände 
interessant  genug,  um  nicht  ubergangen  zu  werden. 

Es  zeigte  sich  nämlich,  dass  es  bei  diesem  schwachen 
Ton,  auf  dessen  Ursache  ich  noch  später  zurückkomme, 
nicht  möglich  war,  über  einen  bestimmten  Sättigungsgrad 
hinaus  zu  gehen,  ohne  dass  die  Bewegung  des  Staubes  völlig 
aufhörte. 

Bei  Abkühlung  des  Reservoirs  (stärker  überhitzter  Dampf) 
zeigte  sich  dann  wieder  Bewegung,  bis  man  wieder  zu  dem 
betreffenden  Punkt  kam. 

Ich  gebe  im  Folgenden  eine  Zusammenstellung  einer 
darauf  bezüglichen  Versuchsreihe,  worin  t  die  Temperatur 
des  Bades,  s  den  Sättigungsgrad  (d.  h.  wirklich  vorhandener 
Druck  nach  Angabe  des  Reservoirs  dividirt  durch  den  Druck 
bei  f°)  bezeichnet.  Das  Zeichen  +  deutet  an,  dass  Bewegung 
erhalten  war,  —  Bewegungslosigkeit. 


Tabelle  III.    Grenze  der  Beweglichkeit. 


I 
II 
III 
IV 

V 
VI 
VII 


1° 


30 

36,1 

38 

38 

39 

39 

39 


I 


0,7404 

0,9533 
0,6200 
0,3975 
0,6738 
0,7521 
0,8098 


Zeichen 


+ 
+ 

+ 


Nr. 

vm 

IX 

x 

XI 
XII 

xin 
xiv 


39 

38,5 

38,5 

39 

39 

39 

31,5 


*  Zeichen 

 I  


0,8674 
0,8234 
0,8760 
0,766f» 
0,80H8 
0.^241 
0,(5957 


Grenze 
+ 


Die  Versuche  sind  in  der  oben  angegebenen  Reihenfolge 
ausgeführt  und  bewegen  sich,  wie  man  sieht,  um  die  Grenze 
0,8241  entsprechend  einer  Reservoirtemperatur  33,5°  bei  39° 
Badtemperatur.  Eine  geringe  Erniedrigung,  wie  z.  B.  in 
Nr.  IX  auf  den  Sättigungsgrad  0,8234,  ruft  bereits  wieder 
Bewegung  hervor.  Dies  Verhalten  habe  ich  durch  wieder- 
holte Versuche  bestätigt  gefunden. 

Da  bei  diesem  schwachen  Ton  für  eine  gewisse  Sättigung 

Ann.  d.  Phj«.  o.  Chem.  N.  P.  XXXVI.  12 


178 


W.  Jaeger. 


die  Bewegung  ganz  aufhört,  so  wird  sie  auch  bei  starkem 
Ton  wesentlich  geschwächt  werden. 

Wenn  aber,  wie  bei  dem  Wasserdampf  seiner  geringen 
Dichte  wegen,  die  lebendige  Kraft  der  Bewegung  schon  an 
und  für  sich  klein  ist,  so  kann  selbst  bei  starkem  Ton  die- 
selbe durch  die  eben  festgestellte  Erscheinung  so  vermindert 
werden,  dass  gar  keine  Figuren  entstehen.  Daraus  erklären 
sich  auch  wohl  yiele  vergebliche  Versuche  mit  Wasserdampf, 
als  der  Apparat  noch  ganz  aus  Glas  war. 

Wie  diese  Thatsache  zu  erklären  ist,  muss  ich  noch 
dahingestellt  lassen.  Vermuthen  kann  man  vielleicht,  dass 
bei  einem  gewissen  Sättigungsgrade  die  Wärmeleitung  und 
Reibung  einen  bedeutenderen  Einfluss  gewinnt,  indem  dann 
die  grosse  Absorptionskraft  der  Dämpfe  den  Wärmeaus- 
tausch merklich  werden  lässt  oder  auch  vielleicht  durch 
die  Attraction  des  Pulvers  und  der  Glaswände  eine  Nebel- 
bildung in  der  Nähe  derselben  hervorgerufen  wird.  Beides 
würde  eine  bedeutende  Verminderung  der  Schallintensität 
bewirken  können. 

Später  konnte  ich  übrigens  dieselbe  Thatsache  beim 
Alkohol  und  Wasserdampf  constatiren. 

Einige  Zeit  nachher  angestellte  Versuche  haben  ge- 
zeigt, dass  Gemische  von  Luft  und  Dämpfen  (Aether  oder 
Alkohol)  mitunter  eine  stärkere  Schallleitung  zeigen  als  Luft 
allein,  jedoch  auch  nur  bis  zu  einem  bestimmten  Sättigungs- 
grad, von  welchem  aufwärts  die  Bewegung  wieder  schwächer 
wird.  Das  Ergebniss  ist  also  ein  ähnliches,  wie  für  Dämpfe 
allein. 

Ich  habe  gefunden,  dass  Hr.  Neyreneuf1)  mit  Hülfe 
seiner  empfindlichen  Flammen  ebenfalls  constatirt  hat,  dass 
durch  Beimischung  gewisser  Dämpfe  zu  Luft  ihre  Leitungs- 
fähigkeit für  den  Schall  erhöht  wird;  derselbe  erwähnt  aber 
nichts  darüber,  dass  die  Schallleitung  erst  zu-,  dann  ab- 
nähme. 

Als  Ursache  der  erwähnten  Schallschwächung  in  dem 
Apparate  stellte  sich  ferner  die  Einwirkung  scharfer  metal- 

1)  Neyreneuf,  Compt.  rend.  96.  p.  1312.  1883.  u.  Beibl.  7.  p.  581 
1883. 


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Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen.  179 


lischer  Kanten  heraus.  Ursprünglich  hatte  ich  nämlich  das 
Rohr  BC  in  Fig.  7  durch  eine  Messingplatte  geschlossen, 
welche  eine  circa  20  mm  weite  Oeffnung  hatte,  sodass  hier- 
durch, wie  aus  Taf.  II  Fig.  8  zu  ersehen,  eine  scharfe  Kante 
entstand. 

Es  genügte  schon,  einen  etwas  abgerundeten  Kork  inner- 
halb des  Rohres  vor  die  Messiugplatte  anzubringen,  um  die 
volle  Starke  der  Bewegung  in  dem  Staubtigurenrohr  wieder 
zu  erhalten.  Es  gelang  mir  nicht,  einen  klareren  Einblick 
in  die  zur  Schallverminderung  beitragenden  Umstände  zu  ge- 
winnen, und  konnte  ich  mich  auch  nicht  länger  bei  diesen 
Erscheinungen  aufhalten. 

Dass  Hr.  Kundt  bei  seinen  Untersuchungen,  wobei  ähn- 
liche Verhältnisse  durch  plötzliche  Verengung  der  Röhren 
auftreten,  keine  Schallschwächung  erwähnt,  wird  wohl  daran 
liegen,  dass  er  zu  den  Ueberführungen  vom  weiten  zum  engen 
Rohre  Kork  verwandte,  dessen  Kanten,  wie  ich  gefunden 
habe,  diesen  EinÜuss  nur  sehr  wenig  zeigen,  ebenso  wie  auch 
die  der  Gummipfropfen. 

Ich  gab  später  der  Messingröhre  die  trichterförmig  ab- 
gerundete Form,  wie  sie  in  Figur  7  bei  C  angedeutet  ist, 
und  verstärkte  den  Ton  ausserdem  noch  dadurch,  dass  ich 
das  tönende  Rohr  durch  eine  grössere  Platte  verschloss,  welche 
von  der  Wandung  von  BC  rings  nur  etwa  1  mm  abstand. 
Auf  diese  Weise  erhielt  ich  dann  eine  recht  starke  Bewegung 
des  Staubes. 

Aehnliche  Erscheinungen  der  Schallschwächung,  wie  die 
hier  beschriebenen,  beobachtete  ich  auch,  wenn  das  Dampf- 
rohr CD  beim  Rundschmelzen  desselben  an  den  Enden 
etwas  eingezogen  war.  Ich  hatte  so  häufig  Gelegenheit, 
diese  Thatsachen  zu  beobachten,  dass  eine  Täuschung  durch 
andere  Zufälligkeiten  wohl  ausgeschlossen  ist. 

Man  könnte  diese  Erscheinungen  vielleicht  durch  An- 
nahme von  Wirbeln  erklären,  welche  durch  die  scharfen 
Metallkanten  hervorgerufen  werden  und  einen  Theil  der  leben- 
digen Kraft  der  Schallbewegung  verschlucken. 

Die  Verdünnungsgrenze,  bei  welcher  noch  Bewegung  des 
verkohlten  Korkpulvers  erhalten  wurde,  betrug  für  atmosphä- 

12» 


180 


Hr.  Jaer/ei: 


Tische  Luft  bei  diesem  Apparat  60  mm  =  0,08  Atm.,  während 
die  Figuren  bei  90  mm  =  0,12  Atm.  bereits  recht  kräftig 
waren.  Für  Kieselsäure  beginnt  die  Bewegung  dagegen  erst 
bei  250  mm,  für  gut  ausgesprochene  Figuren  waren  beinahe 
400  mm  erforderlich. *)  Für  andere  Gase  und  Dämpfe  wird 
die  Verdünnungsgrenze  bedingt  durch  ihre  Dichte  und  den 
•  Sättigungsgrad,  da,  wie  wir  früher  gesehen  haben,  die  Schall- 
bewegung bei  Annäherung  an  die  Sättigung  bedeutend  ge- 
schwächt wird.  Abgesehen  von  letzterem  Umstand  würde 
man  mit  gesättigtem  Alkoholdampf  bei  28°  Figuren  erhalten 
müssen,  mit  Wasserdampf  bei  65°,  während  der  Aetherdampf 
bereits  bei  0°  eine  Dichte  besitzt,  die  weit  über  das  verlangte 
Maass  hinausgeht.  Aus  diesem  Grunde  ist  auch  letzterer 
Dampf  am  günstigsten  für  unsere  Versuche,  während  Wasser- 
dampf die  ungünstigsten  Verhältnisse  darbietet. 

Ich  bemerke  noch,  dass  die  mit  diesem  Apparat  ange- 
stellten Versuche  anfänglich  sehr  schwankende  Resultate  lie- 
ferten, bis  das  Reservoir  von  R'  nach  R  verlegt  wurde 
(Fig.  7).  Auf  diese  Weise  musste  nach  dem  Abbrechen  der 
Kugel  der  Dampf  die  ganze  Röhre  durchstreichen  und  spülte 
so  gewissermassen  die  darin  noch  enthaltene  Luit  hinweg, 
während  man  bei  der  früheren  Anordnung  eventuell  ein  un- 
bekanntes Gemisch  von  Luft  und  Dampf  erhielt.  Um  ganz 
sicher  zu  gehen,  lie^s  ich  den  Apparat  immer  so  lange  mit 
der  Quecksilberpumpe  in  Verbindung,  bis  deutlich  Flüssigkeit 
in  dieselbe  tiberdestiilirte;  dann  wurde  erst  die  Verbindungs- 
röhre bei  F  abgeschmolzen. 

■ 

Versuche  mit  Alkoholdampf. 

Das  specifische  Gewicht  des  vorhandenen  absoluten  Al- 
kohols war  mittelst  Pyknometer  zu  0,7937  bei  20°  gefunden, 
während  dasselbe  nach  Mendelejeff2)  für  denselben  gleich 
0,78945  ist.  Daher  Hess  ich  diesen  98  —  99  Proc.  haltigen 
Alkohol  eine  Zeit  lang  über  geschmolzenem  Chlorcalcium 


1)  Kundt  (Pogg.  Ana.  135,  p.  550.  186s)  konnte  bei  seinem  Appa- 
rat auf  380  m  Druck  heruntergehen. 

2)  Mendelejeff.  Pogg.  Ann.  138.  p.  270.  I860. 


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Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen.  181 


stehen  und  dann  direct  in  die  Flüssigkeitskugel  überdestil- 
liren.  (Nach  dem  früher  beschriebenen  Verfahren.) 

Von  den  Thermometern  war  das  eine  genau  calibrirt 
und  in  Bezug  auf  Eis-  und  Siedepunkt  untersucht,  die  übri- 
gen Thermometer  waren  mit  diesem  verglichen. 

Die  Versuche  gelangen  im  allgemeinen  ziemlich  leicht, 
abgesehen  von  einigen  unliebsamen  Vorkommnissen  bei  den 
zuerst  augestellten  Versuchen,  durch  welche  die  Richtigkeit 
der  Resultate  zum  Theii  fraglich  wurde. 

So  kann  z.  B.  der  Fall  eintreten,  dass  nach  dem  Ab- 
brechen der  Kugelspitze  eine  schnelle  Verdampfung  der  Flüs- 
sigkeit beginnt,  welche  das  Pulver  am  Ende  des  Rohres  weg- 
bläst und  dadurch  die  Messungen  ungenau  werden  lässt  Um 
dies  zu  verhindern,  hielt  ich  später  beim  Abbrechen  der 
Spitze  die  Temperatur  des  Reservoirs  möglichst  niedrig. 

Auf  der  anderen  Seite  konnte  man  mitunter  auch  be- 
deutenden Siedeverzug  constatiren  und  wurde  dann  gewartet, 
bis  Flüssigkeit  in  der  Pumpe  sich  niederschlug. 

Es  würde  indess  zu  weit  führen,  alle  Vorsichtsmaass- 
regeln  anzuführen,  die  man  bei  der  Anstellung  eines  Ver- 
suches zu  berücksichtigen  hat 

In  der  folgenden  Tabelle  sind  die  Versuchsresultate  mit 
Alkoholdampf,  soweit  sie  brauchbar  sind,  zusammengestellt. 
Alle  Berechnungen  sind,  wie  früher  angegeben,  mittelst  der 
Wahrscheinlichkeitsformel  .angestellt,  und  sind  bei  der  Luft 
meistens  12  Knoten  und  ebensoviel  Bäuche  gemessen,  bei  dem 
Dampf  in  der  Regel  noch  mehr. 

V  ist  die  Figurenlänge  in  Luft  auf  20°  reducirt,  X  die- 
jenige in  Dampf  bei  /&°  (Temperatur  des  Bades.)  U  gibt  die 
Temperatur  der  kältesten  Stelle  (Reservoir)  an.  Reducirt 
man  X  und  X'  auf  gleiche  Temperatur  und  bildet  ihr  Ver- 
haltniss,  so  erhält  man  die  für  m/m'  angegebene  Zahl. 

Die  Versuche  vom  5.  März  zeigen  eine  ganz  gute  lieber- 
einstimmung,  und  erst  bei  dem  hier  nicht  angeführten  Nr.  111 
macht  sich  eindringende  Luft  geltend,  und  ich  bin  wohl  be- 
rechtigt, die  Zahlen,  nur  soweit  zu  benutzen,  als  sie  constant 
Ueiben. 


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182  W.  Jaeger, 

Tabelle  IV.    Versuche  mit  Alkoholdampf. 


.  Nr.  j 


25.  Febr.  1887. 

77 

40.1 

47,7 

78 

45,1 
47,9 

48,5 

79 

48,6 

3.  März  1887. 

102 

62,2 

68,2 

103 

63,7 

64,0 

5.  März  1887. 

104 

21,0 

51,0 

105 

37,0 

50,9 

106 

50,8 

50,9 

i 

107 

51,2 

51,4 

i 

109 

£0,3 

49,9 

110 

5<»,9  , 

50,6 

Mass  on ') 

78,5  " 

78,5 

41,73 
41,85 
41,46 
42,49 
41,93 
42,19 
42,25 
41,93 
42,01 
41,83 
41,95 


X' 

56,48 
56,44 
56,29 
56,48 
56,41 
56,21 
56,39 
56,34 
56,40 
56,42 
56,48 


11  u 


0,7062 
0,7078 
0,7032 
0,7023 
0,6931 
0,7138 
0,7126 
0,7078 
0,7087 
0,7062 
0,7067 


—  0,6925 


X 

8: 


Zwischen  107  und  109  ist  zum  zweiten  mal  ausgepumpt, 
und  gewähren  diese  Versuche  die  gewünschte  Controle.  da 
die  Zahlen  vor  und  nach  dem  Auspumpen  fast  gleich  sind. 

Eine  Erscheinung  will  ich  noch  erwähnen,  welche  die 
beim  Aetherdampf  gemachte  Erfahrung  bezüglich  der  An- 
näherung an  eine  gewisse  Sättigungsgrenze  bestätigt.  Wurde 
nämlich  eine  bei  F(¥ig.  7)  angebrachte  Kugel  zunächst  sehr 
stark  (auf  etwa  10°  C.)  abgekühlt,  so  erhielt  man  wegen  zu 
geringer  Dichte  des  Dampfes  gar  keine  Bewegung  des  Pul- 
vers; bei  einiger  Erwärmung  der  Kugel  entstand  dann  aber 
eine  sehr  starke  (springende)  Bewegung  der  Figuren,  die  bei 
weiter  gehender  Temperatursteigerung  wieder  viel  schwächer 
wurden,  sodass  sich  die  Rippen  nur  eben  etwas  hoben.  Dies 
konnte  beliebig  oft  wiederholt  werden. 

Leider  war  die  Zeit  schon  so  vorgerückt,  dass  ich  die 
Versuche  mit  Alkohol  verlassen  musste,  nachdem  festgestellt 
war,  dass  man  ihn  in  ziemlich  weiten  Grenzen  untersuchen 
kann,  und  auch  der  Sättigungszustand  weiter  keine  Schwierig- 
keiten zu  machen  scheint. 

Es  schien  aber  erwünscht,  sich  noch  darüber  zu  verge- 
wissern, dass  auch  der  Wasserdampf  mit  Hülfe  dieses  Appa- 
rates untersucht  werden  kann,  und  innerhalb  welcher  Grenzen 
dies  möglich  ist. 

1)  Siehe  p.  166. 


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Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen 


183 


Versuche  mit  Wasserdampf. 

Diese  Grenzen  zeigten  sich,  wie  vorauszusehen  war,  als 
ziemlich  enge,  da  man,  um  eine  genügende  Dichte  zu  er- 
reichen, eine  ziemlich  hohe  Temperatur  als  untere  Grenze 
hatte,  während  man  mit  diesem  Apparat  nicht  gut  über  100° 
gehen  konnte. 

Mit  gesättigtem  Wasserdampf  gelang  es  mir  bis  jetzt 
noch  nicht,  Figuren  zu  erhalten,  und  steht  es  noch  dahin,  ob 
dies  vielleicht  durch  Verstärkung  des  Tons  möglich  ist. 
Sonst  wäre  wohl  eine  höhere  Temperatur,  wie  sie  bei  dieser 
Einrichtung  nicht  herzustellen  war,  die  nächste  Bedingung  zur 
Erreichung  dieses  Zwecks. 

Bei  manchen  Glasröhren  war  ihre  Attraction  für  den 
Wasserdampf  sehr  störend,  sodass  das  Pulver  nach  kurzer 
Zeit  an  den  Wänden  klebte,  und  der  Versuch  abgebrochen 
werden  musste.  Bei  anderen  zeigte  sich  dieser  Uebelstand 
gar  nicht.  Ich  schob  aus  diesem  Grunde  eine  halbkreisför- 
mige, innen  versilberte  Messingrinne  in  das  Dampfrohr  ein, 
in  welcher  sich  dann  das  Pulver  befand.  Hierin  waren  auch 
Hie  Figuren  sehr  gut  zu  messen.  Mitunter  konnte  man  be- 
merken, dass  die  Glaswände  bereits  ganz  mit  Feuchtigkeit 
beschlagen  waren,  während  das  Pulver  in  der  Rinne  noch 
beweglich  blieb.1) 

Die  wenigen  bei  diesen  Untersuchungen  gewonnenen  Zahlen 
sind,  soweit  sie  zuverlässig  sind,  in  folgender  Tabelle  zu- 
sammengestellt; die  Bedeutung  der  Buchstaben  ist  dieselbe, 
wie  in  Tab.  VIII. 


Tabelle  V.  Versuche  mit  Wasserdampf. 


Nr. 

<r 

X'  i 

u  u 

8.  Min  1887 

124 

125 

76,1 
79,9 

92,3 
93,9 

75,39 
75,48 

56,45 

56,55 

1,196 
1,193 

26.  Man  1887 

168 

87,1 

96,6 

76,59 

56,28 

1,212 

Masson 

95 

95 

1,204 

1)  Vielleicht  ist  auch  das  von  lim  Warburg  zur  Beseitigung  der 
Hygroskopie  der  Röhren  vorgeschlagene  Verfahren,  dieselben  längere  Zeit 
in  kochendes  Wasser  au  legen,  zu  diesem  Zwecke  brauchbar. 


184 


W.  Jaeger. 


Viele  Versuchsreihen  musste  ich  als  ungültig  ansehen, 
da  die  erhaltenen  Zahlen  stets  abnahmen,  was  auf  eindrin- 
gende Luft  deutete.  Das  früher  über  die  Annäherung  an 
eine  bestimmte  Sättigungsgrenze  Gesagte  konnte  ich  auch 
beim  Wasserdampf  bestätigen. 

In  allen  hier  angestellten  Versuchen  blieb  die  statt  des 
Kohlepulvers  in  einem  kurzen  Stück  des  Dampfrohres  be- 
findliche Kieselsäure  unbewegt,  und  es  würde  also  mit  dieser 
kein  einziger  Versuch  in  Wasserdampf  zu  Stande  gekommen 
sein. 

Meine  Zeit  erlaubte  es  mir  einstweilen  nicht,  diese  Experi- 
mente weiter  fortzuführen,  da  ich  so  lange  durch  die  grossen 
Schwierigkeiten,  die  sich  der  Ausführung  der  Versuche  ent- 
gegenstellten, aufgehalten  worden  war. 

II.    Ueber  die  Dampfdichte. 

Um  die  Resultate  der  vorstehenden  Beobachtungen  zu 
verwerthen,  müssen  wir  zunächst  die  Dichte  des  gesättigten 
wie  des  überhitzten  Dampfes  kennen.  Während  die  erstere 
aus  der  mechanischen  Wärmetheorie  berechnet  werden  kann, 
hat  man  für  den  überhitzten  Dampf  noch  keine  Beziehungen 
aus  derselben  ableiten  können.1) 

Gesättigter  Dampf  ....  Aber  auch  bei  der  Berech- 
nung der  Dichte  im  Sättigungszustand  stösst  man  auf  eigen- 
tümliche Schwierigkeiten.  Berechnet  man  nämlich  mit  den 
von  Regnault  aufgestellten  empirischen  Formeln  für  die 
Verdampfungswärme  und  die  Tension  des  Dampfes  nach  der 
bekannten  Formel: 

1  dl 

das  specifische  Volumen  des  Dampfes  und  hieraus  seine 
relative  Dichte  bezogen  auf  Luft  unter  denselben  Verhält- 


1)  Die  Versuche  von  Zeuner  iu  seiner  Mechan.  Wärmetheorie  p.  426 
1866  gründen  sich  auf  das  nur  angenähert  richtige  Gesetz  von  Hirn, 
dasa  die  isodynamische  Carve  des  Dampfes  eine  gleichseitige  Hyperbel  sei. 

2)  Die  Berechnung  wird  durch  die  von  Zeuner  l.  c  aufgestellten 
Tabellen  für  u  sehr  vereinfacht. 


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Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen.  185 


Dissen,  so  findet  man,  dass  dieselbe  bei  manchen  Dämpfen 
unter  den  Werth  sinkt,  welchen  man  aus  dem  Molecular- 
gewicht  berechnen  kann.1) 

Von  den  Dämpfen,  welche  Kegnault  untersucht  hat, 
sind  für  sieben  derselben  alle  zur  Berechnung  der  Dichte 
Qöthigen  Daten  vorhanden.  Diese  sind:  die  Dämpfe  yon 
Wasser,  Alkohol,  Aether,  Aceton,  Chloroform,  Chlorkohlen- 
stoff und  Schwefelkohlenstoff.2) 

Ich  fand  bei  allen  diesen  anomale  Abweichungen  und 
gebe  zunächst  eine  Tabelle  für  die  relative  Dichte  derselben 
nach  obiger  Formel  bei  verschiedenen  Temperaturen  (MD 
bedeutet  darin  die  aus  dem  Moleculargewicht  berechnete  Dichte). 


Tabelle  VI.    Relative  Dampfdichte  (bei  Sättigung) 
nach  der  mechanischen  Wärmetheorie. 


L  "" 

t 

H,0 

aHs(OH)  C,H,0O  CaH,0 

CHCI3 

C(\ 

CS, 

0,6065 

1,442 

2,503 

2.179 

4,158 

5,473 

2,611 

10 

0,6126 

1.451 

2,f>27 

2,063 

4,125 

5,147 

2,618 

20 

0,6176 

1.448 

2,548 

1,999 

4,109 

5,422 

2,633 

3U 

0,6215 

M49 

2,570 

1,969 

4,109 

5,409 

2,653 

40 

0,6247 

1,460 

2,592 

1,960 

4,117 

5,400 

2,672 

50 

0,0273 

1,482 

2,616 

1,966 

4,135 

.\405 

2,700 

60  1 

0,6295 

1,512 

•      •  ■ 

1,983 

4.158 

5,416 

2,730 

70 

0,6317 

1,54  s. 

*      •  • 

2,005 

4,184 

5,442 

■      •  • 

80 

0,6340 

1.585 

2,034 

5,480 

90 

0,6369 

1,619 

5,535 

100 

0,6401 

1,652 

1 

MD 

0,6233 

1,593 

'  2,562  j 

2,009 

4,139 

5,333 

2,632 

Man  sieht,  dass  einige  von  ihnen  Minima  zeigen,  von 
denen  an  erst  die  Dichte  wieder  aufwärts  geht;  für  den 
Alkoholdampf  bleibt  die  Dichte  besonders  lang  unter  der 
aus  dem  Moleculargewicht  (MD)  berechneten. 


1)  Gleiches  hat,  wie  ich  sehe,  Hr.  R.  v.  Helmholtz  (Wied.  Ann. 
30.  p.  401.  1887 )  für  den  Wasserdatnpf  bei  seiuen  Untersuchungen  Aber 
die  Dampfspannung  des  Eise»  constatirt  und  deshalb  für  die  Verdampfungs- 
wäxme  desselben  eine  neue  Formel  aufgestellt.  Ferner  auch  Herwig 
<Pogg.  Ann.  134.  p.  48.  1869)  und  Hr.  Winkelmann,  auf  desssen 
Arbeit  ich  gleich  zurückkommen  werde. 

2)  Von  Benzin  ist  nur  die  speeifische  Wärme  der  Flüssigkeit  nicht 
bestimmt. 


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ib6 


IK  Jaeger. 


Die  Figuren  1  und  2  geben  die  graphische  Darstellung 
dieser  Werthe  für  Alkohol  und  Acetondampf;  für  [die  übri- 
gen Dämpfe  erhalt  man  ähnliche  Curven.  (Die  Gerade  d0 
entspricht  MD  vor.  Tab.) 


1,00  -  - 


1,50  .. 


Fig.  1. 
Alkoholdampf. 


to 


40 


80 


100«  c. 


Fig.  2. 
Acetondampf. 


Da  die  Formel  aus  der  Wärmetheorie  doch  jedenfalls 
keinem  Zweifel  unterliegt,  und  wohl  auch  die  Spannkrafts- 
bestimmungen von  Regnault  ziemlich  zuverlässig  sind,  so 
kann  der  Grund  dieser  Widersprüche  nur  in  der  von  Reg- 
nault bestimmten  Verdampfungswärme  liegen. 

Ich  war  daher  erfreut,  eine  Arbeit  von  Hrn.  Winkel- 
mann1)  vorzufinden,  in  der  bereits  die  Re  gna  ulf sehen 
Zahlen  und  Formeln  bei  Gelegenheit  seiner  Untersuchungen 
über  die  Abhängigkeit  der  Temperatur  vom  Druck  einer 
eingehenden  Kritik  unterworfen  sind. 

Nur  den  Alkoholdampf  zieht  er  nicht  mit  in  Betracht 
und  erwähnt  ihn  auch  nicht  unter  den  Substanzen,  für  die 
alle  nöthigen  Daten  zur  Berechnung  vorliegen;  vielleicht  des- 


1)  Winkelmann,  Wied.  Add.  9.  p.  208  u.  358.  1881. 


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Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen.  187 


halb,  weil  Regnault  fur  die  Gesammt wärme  der  Verdam- 
pfung bei  ihm  wegen  des  unregelmässigen  Verlaufs  der  Curve 
keine  empirische  Formel  aufstellte. 

Hr.  Winkelmann  spricht  sich  folgendermassen  über 
die  Ergebnisse  seiner  Untersuchungen  aus1):  „Ich  habe  zu 
meinem  Erstaunen  gefunden,  wie  wenig  genügend  Regnault 
seine  zahlreichen  experimenteilen  Daten  durch  empirische 
Formeln  darzustellen  gewusst  hat.  Ich  bin  überzeugt,  dass 
in  dieser  Beziehung  die  Resultate  Regnault' s  vielfach  über- 
schätzt sind,  weil  die  Genauigkeitsgrenzen  seiner  Versuche 
nicht  bestimmt  sind". 

Er  sieht  sich  deshalb  veranlasst,  neue  Formeln  für  die 
Verdampfungswärme  aufzustellen  und  daraus  die  Dichte  zu 
berechnen.  Dies  hat  ihn  besonders  bei  Wasserdampf,  für 
den  ja  die  genauesten  Bestimmungen  vorliegen,  zu  einem 
guten  Resultat  geführt,  sodass  der  frühere  Widerspruch,  der 
in  den  aus  der  Theorie  berechneten  Dichten  lag,  aufgeho- 
ben ist. 

Freilich  musste  Hr.  Winkelmann  dabei  die  Versuche 
Regnault's,  die  sich  auf  die  Temperatur  von  —2  bis  +16° 
erstrecken  und  nach  einer  ungenaueren  Methode a)  ausge- 
führt sind,  als  die  übrigen,  verwerfen  und  statt  dessen  die 
erste  Constante  der  aufgestellten  Gleichung  so  bestimmen, 
dass  er  bei  0°  die  gewünschte  theoretische  Dichte  bekam. 
Durch  wirkliche  Versuche  in  den  Temperaturen  unter  63° 
ist  also  diese  Formel  auch  nicht  gestützt,  was  doch  hervor- 
gehoben werden  muss. 

Statt  der  bekannten  linearen  Gleichung  von  Regnault 

für  die  Gesammtverdampfungs wärme  ?.  =  606,5  —  0,305 1  stellt 

Hr.  Winkel  mann  eine  solche  mit  vier  Constanten  auf, 

woraus  indess  für  die  Verdampfungswärme  r  keine  weitere 

Complication  entsteht,  da  die  Flüssigkeitswärme  bereits  vier 

t 

Constanten  besitzt,  und  r  aus  dieser  und  l  durch  r  =  \—fcdt 

o 

zu  berechnen  ist.    Diese  Formel  für  ?.  lautet3): 

1)  Winkelmann,  1.  c.  p.  208. 

2)  Verdampfenlassen  aus  dem  Calorimeter,  besehricbm  Rcl.  des 
oxper.  1.  p.  712.  1862. 

3;  Winkelmann,  1.  c.  p.  231. 


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188  W.  Jaeger. 

X  =  589,5  +  0,7028  /  -  0,003  194  7    +  0  0,8447  t:i 
und  hieraus  die  Verdampfungswärme: 

r  «  589,5  -  0,2972  *  -  0,003  214  7  <2  +  0,0,8147  P.  ») 

Hr.  Winkelmann  weist  nach,  dass  sich  die  nach  seiner 
Formel  für  X  berechneten  Werthe  den  beobachteten  durch- 
gängig viel  besser  als  die  Regnault'schen  anschliessen, 
sodass  es  sich  sehr  empfehlen  wird,  diese  neuen  Formeln  für 
r  und  X  bei  allen  weiteren  Berechnungen  zu  benutzen. 

Im  Folgenden  sind  einige  Zahlen  aus  der  von  Winkel- 
mann  gegebenen  Tabelle2)  für  die  Dichte  nach  der  alten 
und  neuen  Formel  für  r  angeführt. 

Tabelle  VII.    Relative  Dichte  des  Wasserdamp fes 

nach  Winkelmann. 


Atm.  Temp. 


Dichte  nach 
Regnault  Winkelmann 


V„4  13,95  0,61077  0,62314 

V3.  25,14  0,61427  0,62370 

V,6  37,31  0,61836  0,K25(J6 

50.64  0,62283  0.62717 

\'4  65,36     I     0,62780  0,63024 

V,  81,71  0,63357  0,68501 

1  100  0,64016  0,64103 

2  133,91  0,64836  0,64926 

Die  Dichte  im  Gaszustund  ist  zu  0,02344  angenommen. 
Die  Tabelle  ist  nach  Atraosphärendruck  geordnet,  doch 
lassen  die  beigeschriebenen  Temperaturen  auch  leicht  die 
Vergleichung  mit  anderen  Anordnungen  zu. 

Eine  Bestätigung  für  die  Richtigkeit  dieser  von  ihm  be- 
rechneten Zahlen  findet  Winkelmann  in  der  aus  ihnen 
und  dem  Druck  nach  seiner  Formel  abgeleiteten  Temperatur, 
die  nirgends  mehr  als  0,5°  von  der  beobachteten  abweicht. 

Für  die  anderen  Dämpfe  ist  das  Ergebniss  indess  kein 
so  günstiges.  Trotz  besser  stimmender  Formel  für  X  erhält 
er  z.  B.  beim  Aetherdampf  Werthe  für  die  Dichte,  welche 


1)  Die  von  Hrn.  R.  v.  Helm  hol  tz  für  r  aufgestellte,  unterhalb  des 
Gefrierpunktes  geltende  Gleichung  ist:  r  =  597  —  0,65 1.  (Siehe  Anm.  I 
p.  185.) 

2)  Winkelmann,  1.  c.  p.  237. 


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Schallgeschwindigkeit  in  Dumpfen. 


189 


selbst  bei  einem  Atmosphärendruck  noch  unter  der  theore- 
tischen liegen. 

Nach  Hrn.  Winkelmann  kann  dies  verschiedene  Ur- 
sachen haben.  Zunächst  liegen  die  Spannkraftsbestimmungen 
und  die  der  Verdampfungswärme  um  mehrere  Jahre  ausein- 
ander,  sodann  ist  die  Bestimmung  der  specifischen  Flüssig- 
keitswärme ziemlich  unsicher,  sodass  selbst  in  niederen  Tem- 
perataren die  Fehler  1  Proc.  betragen  können.  Ferner  wäre 
es  auch  möglich,  dass  die  Dämpfe  in  den  betreffenden  Tem- 
peraturen gar  nicht  die  chemische  Zusammensetzung  haben, 
die  man  bei  Berechnung  ihres  Moleculargewichts  voraussetzt. 

Es  wäre  daher  sehr  wünschenswerth ,  die  Dichte  des 
Dampfes  im  Gaszustande  aus  experimentellen  Bestimmungen 
zu  kennen.  Eine  genauere  Besprechung  aller  dieser  Um- 
stände findet  man  in  der  citirten  Arbeit  des  Hrn.  VVinkel- 
mann. 

Nicht  behandelt  ist  in  diesen  Untersuchungen  der  Al- 
koholdampf, für  den  ich  daher  auf  die  directen  Beobachtungen 
von  Regnaul t  zurückgehen  will.  Ich  möchte  gleich  daran 
erinnern,  dass  der  Alkohol  ein  sehr  exceptioneller  Körper 
ist;  so  sagt  z.  B.  einmal  Regnault  von  ihm1): 

,,Uebrigens  ist  es  schwierig,  den  Alkohol  im  Zustand 
der  Reinheit  zu  erhalten,  und  hat  mir  diese  Flüssigkeit  in 
allen  physikalischen  Experimenten,  denen  ich  sie  unterwarf, 
Anomalien  gezeigt." 

Sehr  grosse  Unregelmässigkeiten  zeigt,  wie  schon  erwähnt, 
der  Alkohol  in  Bezug  auf  die  Gesammtwärme  der  Verdampfung, 
sodass  Regnault  annimmt,  es  könnten  moleculare  Verände- 
rungen während  des  Siedens  stattfinden.  Die  directen  Ver- 
suchsergebnisse für  die  Gesammtverdampfungswärme  finden 
sich  in  der  Tabelle  1.  c.  p.  818,  während  die  von  10  zu  10°, 
wie  bei  den  übrigen  Dämpfen,  angeführten  Werthe,  welche 
Zeuner  in  seiner  Wärmetheorie  als  die  directen  Angaben 
Regnault' s  bezeichnet,  einer  graphischen  Darstellung  ent- 
nommen sind.  Die  danach  gezeichnete  Curve  hat  nicht,  wie 
die  der  anderen  Dämpfe,  einen  angenähert  geradlinigen  Verlauf, 
sondern  besitzt  einen  Wendepunkt,  indem  sie  eine  Zeit  lang 

1)  Regnault,  1.  c.  p.  819. 


19() 


W.  Jaet/er. 


(etwa  von  55 — 85°)  der  Abscissenuxe  (t)  parallel  läuft  und 
dann  erst  wieder  ansteigt. 

Aus  diesen  direct  beobachteten  Werthen  von  /.  wurde 
r  berechnet  mit  Hülfe  der  von  Regnault  (p.  270)  fur  die 
Flüssigkeitswärme  q  aufgestellten  empirischen  Gleichung. 

Zur  Ermittelung  von  u  wurde  der  Factor  AT.dpjdT 
nach  der  von  Zeuner1)  aufgestellten  empirischen  Formel: 

und  unter  Annahme  des  Werthes  424  kgra  für  das  Wärme- 
äquivalent2) berechnet. 

Das  specitische  Volumen  s  =  n  +  a  ergibt  sich  dann  ver- 
mittelst der  für  das  Flüssigkeitsvolumen  von  Hirn3)  aufge- 
stellten Gleichung: 

<T=rr0(l  +  ar+A*2 +  + 

In  folgender  Tabelle  sind  die  so  gewonnenen  Zahlen 
zusammengestellt.  Es  bedeutet  D  und  D'  die  absolute 
Dichte  des  Dampfes,  resp.  der  Luft  (bezogen  auf  Wasser 
von  4°  C);  d=DjD'  die  relative  Dichte  des  Dampfes  auf 
Luft  bezogen. 

Tabelle  VIII.    Dichte  des  Alkoholdampfes 
nach  Regnault's  Zahlen. 


r 

u 

er  D 

D' 

d  Datum 

-2,10 
4-1,00 
38,10 
62,68 
77,95 
104,5 
124,8 
137,55 
153,45 

233,65 
234,82 
289,87 
225,26 
214,98 
197,88 
184,20 
178,00 
167,62 

36,5883 
29,4633 
4,5676 
1,1925 
0,63920 
0,25610 
0,13301 
0,09514 
0,06411 

0,0012     0,027  331 

12  0,033  940 

13  |  0,218  87 
13  j  0,837  66 
13  1   1,561  3 

182  |  3,884  7 
136     7,442  2 
139    10,359  5 
152   15,237  0 

0,01858 

0,02331 

0,15068 

0,54956 

0,99230 

2,3531 

4,3523 

6,0131 

8,6642 

1,4471    April  1 853 
1,4561       „  „ 
1,4526     Mai  1S56 
1,5243  |     „  „ 
1,5626       „  v 
1,6509  ,      „  „ 
1,7099       „  „ 
1,7228    Juni  1856 
1,7586  ,      „  „ 

Dichte  im  Gaszustand  i  1,5930  ~ 


1)  Zeuner,  1.  c.  p.  259. 

2)  Diese  Zahl  ist  wahrscheinlich  noch  zu  klein,  sodass  die  Dichte 
mit  dem  richtigeren  Werth  noch  kleiner  wird  (vgl.  hierzu  die  Bestim- 
mungen des  Wärmeaquivalentes  von  Rowland:  Proc.  of  the  Amer.  Acad. 
New  Ser.  7.  p.  196.  1880).  Doch  wird  sonst  meistens  mit -dieser  Zahl 
gerechnet  (Clausius,  Zeuner),  sodass  ich  sie  auch  hier  benutzt  habe. 

3)  Hirn,  Ann.  de  chim  et  de  phys.  (4)  10.  p.  32.  1867. 


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Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen.  191 


Die  beiden  Bestimmungen  der  Gesammtverdampfungs- 
wärme  bei  niedriger  Temperatur  wurden  nach  dem  p.  779 
der  Relat  des  exp.  beschriebenen  Verfahren  durch  Ver- 
dampfenlassen  der  Flüssigkeit  aus  dem  Calorimeter  angestellt. 
Sie  liegen,  wie  man  sieht,  mehr  als  drei  Jahre  von  den 
anderen  Versuchen  entfernt.  Die  Spannkraftsbestimmungen 
sind  bereits  in  den  Jahren  1844  und  1847  ausgeführt,  sodass 
wohl  verschiedene  Präparate  benutzt  sind. 

Man  erkennt  aus  vorstehender  Tabelle,  dass  die  Ver- 
dampfungswärme  r  erst  zu-,  dann  abnimmt  und  dementspre- 
chend die  relative  Dichte  ein  erstes  Maximum  aufweist.  Die 
letztere  bleibt  bis  zum  Siedepunkt  (78,3°)  unterhalb  der 
theoretischen  Dichte  1,593,  sodass  wir  auch  mit  Weglassung 
der  beiden  Versuche  in  niedriger  Temperatur  —  analog 
dem  Verfahren  von  Winkelmann  bei  Wasserdampf  — 
keine  Formel  fur  r  aufstellen  können,  die  für  d  bessere 
Werthe  liefert. 

Hier  wäre  es  somit  besonders  erwünscht,  die  Dichte  des 
Dampfes  im  Gaszustande  auch  unterhalb  des  Siedepunktes 
aus  experimentellen  Bestimmungen  zu  kennen.  Die  ange- 
führten Versuche  von  Regnault  sind  jedenfalls  nicht  aus- 
reichend, um  die  Dichte  des  Alkoholdampfes  aus  ihnen  mit 
Sicherheit  zu  berechnen. 

Ich  will  daher  diese  Betrachtungen,  die  uns  nur  bei 
Wasserdampf  zu  einem  befriedigenden  Resultat  geführt  haben, 
verlassen,  um  zu  untersuchen,  welche  Ergebnisse  für  die 
Dichte  eines  Dampfes  aus  rein  theoretischen  Betrachtungen 
über  den  Zusammenhang  zwischen  Druck,  Volumen  und  Tem- 
peratur desselben  abzuleiten  sind. 

i 

Dichte  der  Dämpfe,  aus  der  Zustandsgieichung  von 

Glausius  abgeleitet 

Auf  Grund  der  kinetischen  Gastheorie  hat  Clausius1) 
die  von  van  der  Waals  aufgestellte  Zustandsgieichung  zwi- 
schen Druck,  Volumen  und  Temperatur  erweitert  und  ver- 
bessert, um  sie  dem  Verhalten  der  Dämpfe  besser  anzupassen, 


1)  Clausius,  Wied.  Ann.  14.  p.  273  u.  692.  1881. 


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192 


W,  Jaeyer. 


und  gelangte  nach  einigen  Umformungen  schliesslich  zu  der 
Gleichung: 

W  BT      v-a       8  + 

■ 

worin  die  Temperaturfunction  &  zu  setzen  ist: 
(II)  &~  l  =  aT-»-b. 

In  diesen  Gleichungen  sind  et,  ß,  y  —  u  +  $  a,  b  und  » 
Constanten,  die  von  der  Natur  des  Gases  abhängen,  R  ist 
die  Gasconstante,  T  die  absolute  Temperatur,  p  und  v  Druck 
und  Volumen. 

Da  diese  Gleichung  sich  im  allgemeinen  den  Beobach- 
tungen gut  anschliesst  und  jedenfalls  dem  wirklichen  Ver- 
halten der  Dämpfe  sich  mehr  nähert,  als  die  anderen,  so 
habe  ich  sie  als  Grundlage  aller  weiteren  Berechnungen  ge- 
nommen. 

Um  den  Druck  des  gesättigten  Dampfes  aus  der  an- 
geführten Relation  zwischen  p  und  v  zu  berechnen,  weist 
Clausiu8  nach,  dass  die  beim  Durchlaufen  der  Curve/*  =/(t'j 

geleistete  Arbeit  J'pdv  gleich  sein  muss  der  dem  wirklichen 

a 

Condensationsvorgang  entsprechenden  JP(ä— 0),  worin  s  und  rr 
die  Volumina  des  Dampfes  und  der  Flüssigkeit,  P  den  Sät- 
tigungsdruck bezeichnen. 

Sowohl  Clausius1)  selbst,  als  auch  Hr.  Planck2)  haben 
mit  Hülfe  dieser  Bedingung  unter  Einführung  transscen- 
denter  Variablen  die  ursprüngliche  Gleichung  weiter  behan- 
delt und  für  die  Berechnung  des  Druckes  und  Volumens 
des  gesättigten  Dampfes  Tabellen  aufgestellt.  Doch  kann 
ich  hier  aus  Mangel  an  Raum  nicht  näher  auf  diese  Berech- 
nungen eingeben;  eine  kurze  Zusammenfassung  derselben 
habe  ich  in  meiner  Dissertation3)  gegeben,  auf  die  ich  auch 
hinsichtlich  einer  ausführlicheren  Darlegung  des  Folgenden 
in  mehreren  Punkten  hinweisen  muss. 

Für  den  Aether-  und  Wasserdampf  bat  Clausius 

1)  Clausius,  1.  c.  p.  284. 

2)  Planck,  Wied.  Ann.  13.  p.  585.  1881. 

\i)  W.  Jaeger,  Ueber  die  Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen  etc. 
Inauguraldiss.    Berlin,  6.  Aug.  1887. 


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Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen 


193 


die  Constanten  a,  ß>  y  etc.  berechnet  und  die  Werthe  von  P 
(in  Atmosphären),  verglichen  mit  den  beobachteten,  sowie  die 
von  s  und  a  angegeben. 

Bei  dem  Aetherdauipf  benutzte  er  dazu  die  Daten  von 
Sajotschewsky J)  für  den  kritischen  Zustand,  beim  Wasser- 
dampf liegen  Beobachtungen  über  denselben  nicht  vor,  und 
berechnete  Clausius  den  wahrscheinlichsten  Werth  der  Con- 
stanten a,  bf  n  aus  den  Regnaul t 'sehen  Spannkraftsbestim- 
mungen in  den  höchsten  Temperaturen  (220°). 

Mit  Hülfe  der  von  Clausius  angegebenen  Zahlen  für 
P  (berechnet)  und  s  habe  ich  die  relative  Dichte  des  Aether- 
und  Wasserdampfes  berechnet  und  fand,  dass  die  so  erhaltene 
Curve  sich,  wie  gewünscht,  bei  niederen  Temperaturen  der 
theoretischen  Dichte  nähert;  doch  auch  hierbei  gelangen  die 
niedrigsten  Werthe  der  so  berechneten  Dichte  unter  die  des 
Gaszustandes,  welche  der  Berechnung  zu  Grunde  gelegt  ist. 

Wegen  der  grossen  Complicirtheit  der  angewandten  For- 
meln bedarf  es  einer  näheren  Untersuchung,  um  zu  ent- 
scheiden, ob  die  nach  denselben  berechneten  Werthe  von  d, 
(relative  Dichte  im  Sättigungszustand)  unter  den  theoretischen 
Werth  sinken  können  oder  nicht,  um  dann  womöglich  eine 
schärfere  Berechnungsweise  anzuwenden. 

Die  zur  Berechnung  benutzten  Grössen  ll\Ut  und  W\  Wc\ 
fiir  welche  Clausius  Tabellen  aufgestellt  hat,  hängen  näm- 
lich noch  durch  den  Werth  von  y  zusammen,  indem  /7C  =  }/ 
und  fVc=2y  ist,  und  durch  diesen  ist  H\  also  auch  die 
Dichte  bestimmt. 

Es  ergibt  sich  die  Relation: 

.[TT.  I  U\(W\  P(f-n) 

Die  gesuchte  Grösse  s  hängt  somit  von  dem  Product 
' U il]t)( W\  Afrc)  ab,  welches  wir  kurz  mit  Z  bezeichnen  wollen. 

Da  ferner  P/RT  gleich  der  absoluten  Dichte  im 
Gaszustand,  oder  gleich  dem  reeiproken  speeifischen  Gas- 

li  Sajotschcwsky,  Beibl.  3.  p.  741.  1879. 

2)  Der  Imlf.x  c  bedeutet  den  Werth  der  betreffenden  Grösse  für  den 
kritischen  Zustand,  es  ist  //  =  p(  R  T,  W  -  »  —  a,  analog  w  »  a  -  n. 

Ana  d.  l-hji.  u.  Chero.  N.  F.  XXXV 1.  13 


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W.  Jaefjtr. 


volumen  ist,  das  wir  mit  «0  bezeichnen  wollen,  so  haben  wir 
die  einfache  Relation: 

und  da  .t  —  a  =  W  ist,  folgt  für  letzteres: 


Z 


(Illb)  W  - 

Da  für  niedere  Temperaturen,  in  denen  *  gross  ist, 
a  gegen  dasselbe  vernachlässigt  werden  kann so  muss,  wenn 
die  Dichte  des  Dampfes  nicht  unter  die  theoretische  sinken 
soll,  die  ßedingung  gelten: 

(IV)  s=ks0  °der  auch: 

(IVa)  Z^4. 

Wir  haben  zu  untersuchen,  ob  der  Werth  yon  Z  dieser 
Bedingung  genügt,  oder  ob  daraus  weitere  Folgerungen  ent- 
springen. 

Aus  der  von  Clausius  angegebenen  Formel: 

folgt,  unter  Beachtung,  dass  fVjto  =  eingeführt  war,  und 
mit  Berücksichtigung  der  Werthe  von  J7e  und  Wc\ 

(V)  Z=4 


worin  ich  IF/      nut  x  bezeichnet  habe. 

Für  die  kritische  Temperatur  ist,  da2)  hier  A  =  0,  *=1. 
&  =  1  sind:  Z=  1. 


1)  Z.  B.  ist  fttr  Aether  a  =  0,0011  . .  und  ftir  —20°  C.  »  =  3,18  cbm, 
bei  Wasser  ist  das  Verhältnis»  noch  viel  günstiger. 

2)  Dass  für  die  kritische  Temperatur  #  =  1  etc.  ist,  lässt  sich  kurz 
so  zeigen:  Aus  Gleichung  I.  p.  192  wird  durch  Einfuhrung  der  anderen 
Buchstaben  für  die  kritische  Temperatur: 

1  27r 

da  aber  Üc  -  l/8y,  Wc  =  2r  ist,  folgt  &  =  1. 

Ebenso  wegen  trf  =  Wc  =  2r  aus  Jf  =  itw*,  dass  i.  =  0  ist,  r  =*  1 
ist  selbstverständlich  wegen  TF*»  JPC  für  den  kritischen  Zustand. 


d  by  Googl 


Schallyeschwindiykeit  in  Dämpfen.  195 


Für  kleine  Werthe  von  &  dagegen  nähert  sich  er1  und 
1/x,  da  a  und  x  unendlich  werden,  der  Null;  ebenso  auch 
die  Grösse  **/x8,  wie  folgende  Werthe  derselben  zeigen: 

#«0,25  .  .  .  *\x*  «  0,0S78 
»  -  0,20  .  .  .    v     =  0,044. 

Daher  nähert  sich  in  der  That  Z  für  immer  kleiner 
werdende  &  der  Grenze  4,  während  es  bei  &  =  1  den 
Werth  1  hat. 

Somit  ist  obige  Bedingung  Z^4  immer  erfüllt,  und  die 
aus  dieser  Gleichung  von  Clausius  berechnete  Dichte  kann 
oie  kleiner  werden  als  die  theoretische. 

Es  muss  also  in  den  Angaben  oder  Berechnungen  von 
Clausius  für  s  irgendwo  ein  Fehler  stecken,  den  ich  auch 
durch  Nachrechnen  gefunden  zu  haben  glaube. 

Bilden  wir  nämlich  aus  den  von  Clausius  fur  den 
Aetherdampf  von  —  20°  angeführten  Grössen  *  3,182  und 
P=  0,0881  den  Werth  von  Z,  so  finden  wir  ihn  zu  4,003, 
also  grösser  als  4,  was  nach  der  Beschaffenheit  von  Z,  wie 
wir  gesehen  haben,  nicht  möglich  ist 

Es  ergibt  sich  weiter  der  Werth  von  &  für  diese  Tem- 
peratur aus  den  angegebenen  Constanten  a,  b,  n  zu  &  =s  0,34890 
und,  wie  sich  herausgestellt  hat,  liefert  derselbe  bei  gerad- 
liniger Interpolation  aus  der  Tabelle  von  Clausius  den 
oben  angegebenen  Werth  s.  Die  Werthe  von  (77/77c)  und 
[Wj  fVe)  ändern  sich  aber,  besonders  für  kleine  viel  zu 
rasch,  um  für  unsere  Zwecke  eine  geradlinige  Interpolation 
zu  gestatten,  daher  sind  beide  fehlerhaft  und  ihr  in  Frage 
kommendes  Produkt  erst  recht. 

Schärfere  Berechnungsweise  der  Dichte. 

Aus  den  vorhergehenden  Betrachtungen  ergibt  sich  ein 
einfacher  Weg,  um  mit  Hülfe  der  Grösse  Z  die  Dichte 
direct  zu  erhalten. 

Aus  der  Relation  (III.)  (*  —  =  Z/4  erhalten  wir 
für  die  relative  Dichte  des  gesättigten  Dampfes  (d,): 

13* 


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1015 


fV.  Jaeyer. 


worin  da  wieder  die  relative  Dichte  im  vollkommenen  Gas- 
zustand bezeichnet. 

Wegen:  s0  =  1/77  =  8;  /(77/  /7C) 

können  wir  dies  auch  schreiben: 

Das  zweite  Glied  der  Klammer  ist  ein  Maximum  fur 
£  =  1  (kritische  Temperatur),  und  wir  erhalten  dann: 

Für  Aether  ist  der  Klammerwerth  0,32835  und  daher 
für  die  kritische  Temperatur: 

d,  =  3,046  d0. 

Für  niedrige  Temperaturen  (kleine  ft)  ist  dagegen  das 
zweite  Glied  verschwindend  klein  und  Z=4,  somit: 

d9  —  dg» 

Um  nach  obenstehender  Formel  d,  leicht  berechnen  zu 
können,  muss  man  aber  für  Z  =  (77/ //«.)(  IV  j  fVc)  ebensolche 
Tabelle  besitzen,  wie  sie  Clausius  für  (/7 7/c)  und  (fV!  Wc) 
aufgestellt  hat. 

Eine  solche  Tabelle  habe  ich  nach  der  früher  für  Z 
aufgestellten  Formel  (V)  berechnet,  wobei  ich  die  Werthe 
r  =  ( JK/ f J«)  der  Tabelle  von  Clausius  entnahm.1) 

Die  Tabelle  für  Z  (man  findet  sie  am  Ende  dieser  Ab- 
handlung) ist  ebenso  wie  die  Tabelle  von  Clausius  ganz 
allgemein  giltig  und  gestattet  eine  bequeme  Berechnung 
von  dt.  Man  findet  noch  die  Differenzen  ä  in  derselben 
angegeben  und  kann  erkennen,  dass  die  zweiten  Differenzen 
eine  Zeit  lang  constant  bleiben. 

Mit  Hülfe  dieser  Tabelle  habe  ich  im  folgenden  zunächst 
für  Aetherdampf  d9  und  s  nach  den  Formeln  III»  und  VIft 
bis  zur  kritischen  Temperatur  (190°)  berechnet.*) 

i 

1)  Nur  für  i>  =  0,8  bis  &  =  1  habe  ich  die  als  Produkt  JljUc)  (  W(  Wc) 
berechneten  Werthe  beibehalten,  da  sie  regelmässige  Differenzen  liefertet). 

2)  Die  hier  für  die  Dichte  des  Aetherdampfes  erhaltenen  Zahlen 
sind  durchweg  bedeutend  grösser,  als  die  von  Winkelmann  nach  seiner 
neuen  Formel  für  die  Verdampfung* warme  brechneten  (siehe  p.  186). 


ized  by  Googl 


Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen.  197 
Tabelle  IX.    *  und  d,  für  Aetherdampf. 


Nach  neuer  Berechnung. 


1  <! J 

t° 

<*. 

-20 
0 
20 
40 

60 
80 

3,161 

1,2305 
0,5542 
0,2784 
0,1523 
0,08869 

2,5732 
2,5895 
2,6182 
2,6644 
2,7336 
i  2,8341 

100 
120 
140 

160 
180 
190 

0,05412 
0,03405 
0,02174 
0,01373 

0,008008 
0,004558 

2,9771 
8,1839 
3,4928 
4,0018 
5,1016 
7,7974 

Dichte  im  Gaszustand  d0  «  2,5604. 

Figur  3  zeigt  die  Curve  für  d,  nach  Tabelle  IX  und 
deren  Anwachsen  mit  der  Temperatur  bis  zum  kritischen 
Punkt. 

Fig.  3. 


Krlt.  Temp. 


i— ^  1  1  1  -.  

O  40  90  120         1«»        200«  C. 

RelAtlT«  nicht«  dw  Atiherdampfw. 

Für  den  Wasserdampf  ist  unter  Annahme  des  kritischen 
Zustandes,  den  Clausius  als  den  wahrscheinlichsten  berech- 
net hat,  ajSy  =  0,003  668,  und  für  die  grösste  erreichte  Dichte, 
nämlich  die  im  kritischen  Zustand,  ist  dann: 

£  =  3,4882. 

o 

Die  Berechnung  von  s  und  d,  nach  den  angeführten 
Formeln  liefert  Werthe,  die  nur  wenig  von  den  von  Clau- 
sius angegebenen  sich  unterscheiden,  und  führe  ich  sie  daher 
hier  nicht  an.  Gegen  die  von  Winkelmann  berechneten 
Werthe  d,  sind  jedoch  die  hier  erhaltenen  zu  klein,  und  da 
sich  diese  Berechnung  auf  einen  nur  hypothetischen  kriti- 
schen Zustand  stützt,  so  werden  wir  beim  Wasserdampf  den 


19S 


IV.  Jaeger. 


nach  Winkelmann's  neuer  Formel  berechneten  Zahlen 
den  Vorzug  geben  dürfen. 

Alkoholdampf;  Berechnung  der  Constanten. 

Der  Alkoholdampi,  iür  den  Clausius  die  Constanten 
der  Zustandsgieichung  nicht  bestimmt  hat,  ist  in  Bezug  auf 
seinen  kritischen  Zustand  von  Saj otsche wsky l)  und  Han- 
nay*)  untersucht. 

Ersterer  fand: 


Unter  Zugrundelegung  der  bekannten  Drucke  (Reg- 
naul t)  fur  die  Temperaturen  0°,  78,3°  (Siedepunkt)  und 
234,3°  (kritische  Temperatur)  berechnete  ich  nach  beiden  An- 
gaben für  den  kritischen  Zustand  die  Constanten  a,  b,  n  der 
Temperaturfunction,  erhielt  aber,  auch  bei  strenger  Inter- 
polation aller  Werthe,  für  die  Spannungen  keine  Curve,  die 
sich  der  beobachteten  genügend  anschloss.9) 

Es  scheint,  dass  sich  die  von  Clausius  gewählte  Tem- 
peraturfunction (Gleichung  II)  nicht  genügend  den  Beobach- 
tungen anpassen  lasst,  und  wäre  es  eigentlich  nöthig,  eine 
andere  Function  aufzusuchen,  die  unsere  Forderung  in  besse- 
rer Weise  erfüllt. 

Da  wir  aber  damit  nur  erreichen  würden,  dass  sich  die 
berechneten  P  den  beobachteten  möglichst  nähern,  so  können 
wir  einstweilen  die  beobachteten  Werthe  P  selbst  zur  Be- 
rechnung der  Dichte  mit  Zuhülfenahme  der  kritischen  Tem- 
peratur verwenden. 

Wir  müssen  noch  die  übrigen  Constanten  af  ß1  y  der 
Gleichung  (I0)  berechnen,  da  sie  in  der  Formel  für  d,  vor- 
kommen. Die  für  den  Gaszustand  angenommene  Dichte  ist 
J0=  1,5930,  sodass  wir  haben: 


1)  Sajotachewsky,  Beibl.  3.  p.  742.  1879. 

2)  Hannay,  Proc.  Roy.  Soc.  30.  p.  478.  1880. 

3)  Die  genaueren  Angaben  hierüber  in  meiner  Diasertation. 


Pc  =  62,1  Atm, 


Pc  =  64.5  Atm. 


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Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen. 


19^ 


Hieraus  folgt  weiter: 

IL 


29^273 ») 
1,593 


=  18,378. 


RT, 


«8,834 


und  wegen  //c=  1/8  y:^  =  0,001  8160. 

Die  Constante  a  ergebt  sich  aus  u  =  a  —  w,  und  für  rr 
sind  die  Angaben  von  Mendelej  eff*)  über  das  specitiacbe 
Gewicht  des  Alkohols  benutzt;  man  erhält  hieraus: 

für   O0..^  0,001  240  32, 
20°..  (7  =  0,001267  00. 

Aus  diesen  beiden  Zahlen  und  den  zu  0°  und  20°  ge- 
hörigen w  findet  sich  a  im  Mittel  zu: 

«  =  0,001057  9, 

und  daher  wegen  a  -f  ß  =  /: 

/?  =  0,000  7581. 
Die  in  VI,  für  d,  vorkommende  Grösse  a  Hy  beträgt 
0,07282,  sodass  für  die  kritische  Temperatur  (/Z//7t  =  1)  das 
Verhältniss  der  Dichten  ist: 


do 


3.0977. 


Mit  Hülfe  dieser  Constanten  habe  ich  die  Dichte  d,  für 
einige  Temperaturen  berechnet,  und  findet  man  in  folgender 
Zusammenstellung  die  aus  den  beobachteten  Werthen  von  P 
berechneten  neben  den  aus  der  Temperaturfunction  abgelei- 
teten aufgeführt 

Tabelle  X.  Relative  Dichte  des  Alkoholdampfes  (d,) 
nach  verschiedenen  Berechnungsweisen. 


1 


40       60       80  100 


120 


140 


155  !  234,3 


■ 


Aus  1,59421,5964  1,6016  1,6117 

m  Beob.  P  1,5942  1,5963  1,6014|  1,61 14 


1,6296  1,6588  1,7042  1,7728 
1,6296    1,0594  1,70501,7719 


1,8400 


4,9347 
4,9347 


0    0,000l!0,0002;0,0003     0    1-0,00061-0,0008,0,0009    —  ! 
(Dichte  im  Gaszustand  rf0  =  1,5930  angenommen. 


1)  Berechnet  aus  der  absoluten  Dichte  1,2930  der  Luft  bei  0° 
und  760  mm. 

2)  Mendelejeff,  Pogg.  Ann.  188.  p.  250.  1869. 


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200 


h\  Jaeger. 


Man  erkennt  hieraus,  dass  die  Wahl  der  Temperatur  - 
function  &  für  die  Bestimmung  von  d,  fast  ohne  Einfluss  ist, 
und  dass  man  berechtigt  ist,  letzteres  aus  den  beobachteten 
P  direct  ohne  Ermittelung  der  Constanten  a,  b  und  n  zu 
berechnen. 

Dichte  der  gesättigten  Dämpfe  nach  experimentellen 

Bestimmungen.  v 

Einige  experimentelle  Bestimmungen  der  Dampfdichte 
und  darauf  basirende  empirische  Formeln  möchte  ich  noch 
mit  den  vorangehenden  Berechnungen  vergleichen. 

Die  schönen  Untersuchungen  von  Fair b aim  und  Tate 
über  die  Dichte  des  gesättigten  Wasserdampfes 1),  auf  Grund 
deren  jene  auch  eine  empirische  Formel  für  das  Volumen 
desselben  als  Function  des  Druckes  aufgestellt  haben,  stim- 
men, wie  Clausius*)  bereits  nachgewiesen  hat,  in  recht  be- 
friedigender Weise  mit  den  aus  der  mechanischen  W&rme- 
theorie  berechneten  Werthen  und  sind  eine  gute  Bestätigung 
derselben.  Es  sei  mir  daher  erspart,  hier  eine  nochmalige 
Vergleichung  mit  den  aus  der  Verdampfungswärme  für  d, 
berechneten  Zahlen  anzustellen,  und  ziehe  ich  es  vor,  die 
letzteren  nach  dieser  strengen,  aus  der  Wärmetheorie 
folgenden  Relation  zu  berechnen,  als  nach  einer  empirischen 
Formel. 

Doch  will  ich  noch  die  von  Hrn.  Herwig8)  für  die  re- 
lative Dichte  aufgestellte,  sehr  bequeme  Formel  anführen, 
die  sehr  bedeutend  von  allen  übrigen  abweicht,  und  die  er 
aus  seinen  Untersuchungen  über  das  Verhalten  der  Dämpfe 
von  Alkohol,  Chloroform,  Schwefelkohlenstoff,  Aether  und 
Wasser  ableitet. 

Für  alle  diese  Dämpfe  soll  nach  seinen  Untersuchungen 
die  relative  Dichte  proportional  der  Wurzel  aus  der  abso- 
luten Temperatur  anwachsen.  In  unserer  Schreibweise  lautet 
die  von  ihm  aufgestellte  Formel: 


1)  Fairbairn  u.  Täte,  Phü.  Mag.  21.  (4).  p.  231.  1861. 

2)  ClausiiiB,  Mech.  Wärmetheorie  I.  159. 

3)  Herwig,  Pogg.  Ann.  187.  p.  19  u.  592.  1869. 


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/  v     nr    :^J,i  ^ 
Schallgeschwindigkeit  in  Dampfvul      -  ^ '  * 

^  a  0,0595  /Y\     (71  =  absol.  Temp?), 

und  gilt  diese  Gleichung  bis  100°.  Da  ferner  die  rechte  Seite 
for  T<(273  +  9)°  kleiner  als  1  wird  (also  auch  d,<d0),  so 
kann  sie  nur  bis  9°  abwärts  gelten.  Die  Gleichung  wäre 
wirklich  recht  bequem  zur  Berechnung  von  d„  und  hat  auch 
Hr.  Beyme  in  seiner  Dissertation  diese  Formel  angewandt, 
doch  ist  sie  mir  gerade  ihrer  so  grossen  Einfachheit  wegen 
unwahrscheinlich. 

Denn  es  ist  doch  jedenfalls  sehr  auffallend,  dass  die 
Natur  des  Dampfes  ohne  Einfluss  auf  d,Jd0  sein  soll,  und 
letzteres  Verhältniss  vielmehr  nur  eine  Temperaturfunction 
darstellt  Auch  sind  die  nach  obiger  Formel  erhaltenen  Zah- 
len meistens  viel  grösser,  als  die  nach  anderen  Berechnungen 
erhaltenen.  Es  könnte  dies  vielleicht  daher  kommen,  dass 
Hr.  Herwig  seine  Versuche  in  zu  kleinem  Maassstabe  aus- 
geführt hat,  und  das  Volumen  durch  die  Attraction  der  Wände 
zu  klein  ausgefallen  ist  Hr.  Herwig  scheint  von  der  Rich- 
tigkeit und  Zuverlässigkeit  seiner  Beobachtungen  aber  ziem- 
lich überzeugt  zu  sein,  da  er  p.  610  ausspricht:  »Der  allge- 
mein angenommene  Werth  fur  die  Dichte  des  reinen  gesät- 
tigten Wasserdampfes  bei  100°,  nämlich  0,645,  scheint  auf 
alle  Fälle,  selbst  wenn  man  an  der  Relation  PVjp^ 
=  0,0595]/  a  +  t  für  Wasserdampf  zwischen  40  und  95°  Zwei- 
fel liegen  sollte,  zu  klein  gegriffen." 

Auch  bezeichnet  er  die  Methode  von  Fairbairn  und 
Täte  wegen  ungenauer  Temperaturbestimmung  etc.  als  un- 
correct.  Doch  konnte  ich  mich  von  der  Richtigkeit  aller  sei- 
ner Behauptungen  nicht  in  dem  Maasse  überzeugen,  dass 
ich  mich  für  berechtigt  gehalten  hätte,  jene  so  einfache 
Formel  zur  Berechnung  von  d9  anzuwenden.  Anderenfalls 
wären  hierdurch  viele  umständliche  Berechnungen  erspart  ge- 
blieben. 

In  folgender  Zusammenstellung  habe  ich  die  aus  Her- 
wig's  Relation  berechneten  Werth«  d,jd0  mit  den  Zahlen 
verglichen,  wie  sie  aus  den  früheren  Betrachtungen  abzuleiten 
sind,  und  kann  man  besonders  bei  einer  graphischen  Dar- 


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202  H  .  Joeger. 

Stellung  erkennen,  wie  sehr  der  Charakter  dieser  Curve  nach 
Herwig  von  allen  übrigen  abweicht. 


Tabelle  XI.    dJda  nach  verschiedenen  Berechnungsweisen. 


r  ~        ;  o 

20 

40 

60  80 

100 

Herwig  für  alle  Dämpfe  •'(0,9831) 
Aus  der  Zustande-  (Aether  1,011 
gleichung       |  Alkohol  1,001 

von  Clausius     (Walser  1,000 
Wasserdampf  nach  Win-  „ 

kelmann   — 

1,018  !  1,053  1,086  1,118  1,149 
1,023     1,041    1,068  1,107  1  1,163 
1,002     l,d06   1,012  1,023  1  1,042 
1,000     1,001    1,003  1,007  1  1,013 

1  1 

-     1,020  1,029 

Nach  diesen  Untersuchungen  habe  ich  mich  nun  ent- 
schlossen, für  Aether-  und  Alkoholdampf  als  das  relativ 
sicherste  die  im  Vorhergehenden  entwickelte  Methode  der  i 
Berechnung  auf  Grund  der  Gleichung  von  Clausius  anzu-  I 
wenden,  dagegen  beim  Wasserdampf,  wie  erwähnt,  die  von 
Winkelmann  verbesserte  Formel  für  die  Verdampfungs-  I 
wärme  in  der  Gleichung  *  -  a  =  rjAT.ißpjdT)  zu  benutzen. 

Ueherhitzte  Dämpfe. 

Alle  bisherigen  Betrachtungen  beziehen  sich  auf  gesät- 
tigten Dampt,  und  es  ist  noting,  nun  auch  den  überhitzten 
Zustand  zu  betrachten,  für  den  die  Bestimmung  der  Dichte 
fast  noch  unsicherer  erscheint,  als  bei  dem  gesättigten 
Dampf.  Die  anfangs  dieses  Abschnitts  erwähnte  Berech- 
nungsweise von  Zeuner,  die  sich  auf  das  Gesetz  von  Hirn 
stützt,  ist  wie  dieses  selbst  nur  angenähert  richtig.  Da 
ausserdem  noch  die  Berechnung  ziemlich  umständlich  ist,  so 
habe  ich  auch  hier  die  von  Clausius  gegebene  Zustands- 
gieichung benutzt  Durch  Kenntniss  der  Function  &  kann 
man  bis  zum  kritischen  Punkt  jede  Isotherme*  nach  der 
Gleichung  (I0)  berechnen. 

Wird  mit  Clausius  zur  Abkürzung  gesetzt  Q  =»  8fr/21y, 
so  liefert  die  danach  umgeformte  Gleichung: 

für  v  eine  Curve  dritten  Grades.  Doch  kommt  man  für 
unsere  Zwecke  mit  einer  Gleichung  zweiten  Grades,  in  den 
meisten  Fällen  sogar  mit  einer  linearen  aus. 


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Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen.  203 


Es  sei,  wie.  früher,  das  specifische  Volumen  des  Dampfes 
(Volumen  von  1  kg)  im  gesättigten,  überhitzten  und  Gaszu- 
stand bezeichnet  mit  v$f  v  und  vQ.  Dem  analog  die  relativen 
Dichten  mit  dty  d,  d„,  und  eine  Grösse  «  für  dieselben  drei 
Zustande  mit  e  und  t0.  Die  letztere  soll  definirt  sein 
durch: 

|  v,  =  v0(\  —  **)  und  v  «  t?0(l  —  «)t 

|  resp.    d  =  j  [l-t.)  »   ~d~  ^        —  «)• 
(Vergleiche  hierzu  Gleichung  VI».) 

Durch  Kenntniss  der  Grössen  e,  und  «,  die  sich  zwischen 
den  Grenzen  0  und  ungefähr  2/3  bewegen1),  ist  auch  das 
specifische  Volumen  und  die  Dichte  bekannt. 

Da  wir  nach  unserer  Bezeichnung  zu  setzen  haben: 

(viii)  fr-*-, 

so  lässt  sich  die  Gleichung  (Ib)  auch  so  schreiben: 

(i.)       i=    1  „  -      1  -  rv- 

Hierin  sind  ajv0  und  ßjv01  wie  auch  €,  klein  für  nicht 
zu  grosse  Dichten. 

Berücksichtigen  wir  nur  die  erste  Potenz  von  «,  so  er- 
halten wir,  wenn  wir  diesen  Werth  «'  nennen: 

(IX) 


Dagegen  mit  Berücksichtigung  der  zweiten  Potenz: 

2 


oder  abgekürzt: 


1)  Siebe  die  Wertbe  d,jd<,  im  kritischen  Zustand  bei  Aether-,  Was- 
ser- und  Alkoholdampf,  p.  196  etc. 


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204 


In  den  später  zu  berechnenden  Fallen  kann  man  fast 
immer  e  =  t  setzen. 

Bezeichnen  wir  v0  und  ;>  für  den  Sättigungszustand  des 

Dampfes  mit  vot  und  p,,  so  ist  zu  setzen: 

> 

Vo  =  f 

worin  dann  der  wirklich  vorhandene  Druck,  und  p,  der 
Sättigungsdruck  für  die  betreffende  Temperatur  ist. 

Daher  ist  e  für  kleine  pjp,  —  also  starke  Ueberhitzung 
—  angenähert: 

(IX.) 

nach  Gl.  (IX),  weil  dann  v0  sehr  gross  und  e  an  und  für 
sich  schon  klein  wird.  Ebenso  wäre  für  starke  Ueberhitzung: 

™  W{'-*£}' 

worin  dann  t,  durch  die  früher  berechneten  Werthe  d,  be- 
kannt ist. 

Formel  für  die  Schallgeschwindigkeit  der  Dämpfe. 
Man  könnte  sich  versucht  fühlen,  die  nach  dem  Vorigen 
berechnete  Dichte  d,  resp.  d,  in  die  Formel  für  die  Schall- 
geschwindigkeit: 

(X)  "-l/**;* 

einzuführen,  indem  man  statt  der  constanten  Grösse  <4  die 
jedem  Zustand  entsprechende  d  setzt.  Dies  wäre  nach  dem 
Vorhergehenden  gleichbedeutend  mit  einer  Veränderung  der 
Formel  in: 

(x.)  ■f-j/^^-yr- «. 

Da  die  Formel  (X)  aber  unter  der  Voraussetzung 
pv  sa  ÄT  aus  der  allgemeineren: 


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Scliallgeschwindiyketi  in  Dämpfen.  205 


abgeleitet  ist,  so  wird  man  hierzu  nicht  berechtigt  sein.1) 
Vielmehr  werden  wir  suchen  müssen,  auch  dpjdg  aus  einer 
der  Wirklichkeit  mehr  sich  nähernden  Gleichung  zwischen  j> 
und  v  abzuleiten.  Als  eine  solche  haben  wir  aber  die  von 
Clausius  angegebene  kennen  gelernt 

Der  Differentialquotient  dpjdg  gilt  bei  den  Schallbewe- 
gungen für  adiabatische  Aenderungen  und  wird  nach  der  von 
Clausius  eingeführten  Schreibweise  bezeichnet  mit  d,p!d(), 
wobei  der  Index  s  die  Constanz  der  Entropie  ausdrücken  soll; 
analog  ist  der  für  die  isothermische  Aenderung  geltende* 
Differentialquotient  dxpjdg. 

Nach  den  allgemeinen,  für  jeden  homogeneu  Körper  gel- 
tenden Differentialgleichungen  zwischen  Wärmezufuhr,  Druck 
und  Volumen  folgt  bei  Nullsetzung  der  ersteren: 

(XII)         ^  =  *^    oder  auch    V -*'/'• 

'  ÖQ  Oü  do 

Für  Gase  ergibt  sich  hieraus  wegen  po  =  RT  bekannt- 
lich örpfdg  =  pjo  =  BT;  bei  Dämpfen  aber,  bei  denen  die 
Isotherme  keine  gleichseitige  Hyperbel  ist,  kann  man  aus 
der  Zustandsgieichung  (Ib)  ebenfalls  dTpjdQ  bilden,  indem 
man  in  derselben  T  —  somit  auch  &  —  constant  setzt. 

Man  erhält  dann,  unter  Beachtung,  dass  v=ljQ  ist: 

t'-V" 

und  ferner  die  Schallgeschwindigkeit: 


(Xiii)      ^  =  flr 


RT,       I      1  2 


Die  zweite  Wurzel  steht  also  statt  Vi  — «  in  (Xa), 
and  wir  wollen  diese  Grösse  den  Reductionsfactor  auf  gleiche 
Dichte  nennen,  da  er  die  durch  die  Dichte  bewirkte  Aen- 
derung der  Schallgeschwindigkeit  fortschafft  und  nur  noch 
den  Einfluss  von  k  übrig  läset.  Er  soll  mit  N  bezeichnet 
werden.  ' 

1)  Hr  Beyme  hat  in  semer  öfter  erwähnten  Schrift  seine  Resultate 
auf  diese  Weise  berechnet,  indem  er  in  (X)  statt  d0  das  au.«  Herwig' s 
Relation  abgeleitete  da  einführt. 


206 


W.  Jaeger. 


Man  kann  dann  denselben,  da  ajv  und  ßjv  kleine 
Grössen  sind,  auch  schreiben: 

(XV)  A^j/V-fg-^^gj, 

worin  fast  immer  6  ß  /  0  v*  zu  vernachlässigen  ist.  Da 
v  =  vc  (1  —  e)  ist,  haben  wir  dann: 

(xv.)  A=|/i-ro7_-7(X-^j. 

Vergleicht  man  das  zweite  Glied  unter  dem  Wurzel- 
zeichen mit  dem  früher  (IX)  für  e  aufgestellten  Ausdruck, 
so  findet  man,  dass,  unter  Vernachlässigung  von  2ßjt>01 
2j0vo  und  €  gegen  1,  dasselbe  gleich  2«'  wird,  oder  ange- 
nähert auch  gleich  2«;  sodass  wir  N  angenähert  setzen 

können:   

N=Y\  -  2e. 

Nennen  wir  deshalb  zur  Abkürzung: 
(XVI,  „^-j^-.j, 

so  ist  N  genauer: 

(XVb)  N-V\~-2'v 

und  also  die  Schallgeschwindigkeit,  wenn  wir  Vg(R'  T)jdc 
mit  u0  bezeichnen: 

(Xiv.)  u.vi'-~2,t. 

Die  Rechnung  hat  ergeben,  dass  meistens  tj  fast  genau 
gleich  g  ist,  sodass  wir  mit  ziemlich  grosser  Annäherung 
iV—Vl  --2«  setzen  können  und  ebenso: 

(XIVb)  ii  =  M0l/r-2e, 

während  wir  bei  blosser  Vertauschung  von  d  mit  d.  in  der 
Schallgeschwindigkeitsformel  u  =  u0  ]/l  —  «  hatten. 

Dies  einigermassen  auffallende  Ergebniss  wird  durch 
folgende  allgemeine  Betrachtung  bestätigt. 

Setzen  wir  in  der  Mario tte'schen  Gleichung  statt  des 
für  den  Gaszustand  geltenden  Volumens  v0  dasjenige  des 
Dampfes  v     v0  (1  —  «),  so  erhalten  wir: 
(XVII)  pv=  RT(\  -  «) 


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Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen.  207 


statt  der  gewöhnlichen  für  Gase  geltenden  Formel.  Es  ist 
hierbei  einerlei,  durch  welche  Theorie  oder  empirische 
Formel  e  gewonnen  ist;  dasselbe  ist  bekannt,  wenn  die 
Dichte  des  Dampfes  ermittelt  war. 

Bei  der  Differentiation  dieser  Gleichung  XVII  nach  v. 
resp.  o  (bei  constanter  Temperatur)  müssen  wir  aber  be- 
achten, dass  auch  «  von  diesen  Grössen  abhängt. 

Wir  erhalten  so  ganz  allgemein: 

(xvn.)         £-*:r(i -.  +  .£), 

»ähreod  wir  für  ein  constantes  e  bekommen: 

(xvnb)  jr'  =  5r(i-«). 

Nun  ist  aber  «  so  beschaffen,  dass  es  bei  immer  grösser 
werdender  Ueberhitzung  —  also  wachsendem  w  —  oder  ebenso 
im  Sättigungszustand  bei  abnehmender  Temperatur  selbst 
kleiner  wird  und  sich  schliesslich  der  Null  nähert.  Wir 
können  daher  annehmen:  t  «  A/v,  wo  A  eine  Constante  ist.1) 

Wir  erhalten  dann: 


sodass  unsere  Gleichung  XVII»  nun  lautet: 

(XVII«)  6^  =  RT{\  -2«), 

wahrend  man,  wie  gesagt,  bei  Annahme  eines  constanten  c 
die  Gleichung  (XVHb)  dp /dg  -  RT  (1  -  e)  erhalt. 

Das  Verfahren  der  einfachen  Substitution  der 
Dichte  des  Dampfes  in  die  Schallgeschwindigkeits- 
formel statt  derjenigen  im  Gaszustand  ist  also 
entschieden  unrichtig.  Viel  richtiger  ist  es  schon, 
statt  Vi  —  e,  wie  es  hierbei  geschieht,  YT—  2«  als  Reduc- 
tionsfactor  anzuwenden. 

Weiterhin  erhalten  wir  bei  Bezeichnung  der  für  Luft 
geltenden  Grössen  mit  gestrichelten  Buchstaben: 


1)  Nach  der  Gleichung  ron  CI  au sins  iat  angenähert  «  = 

(TgL  IX ». 


208 


W .  Jaet/er 


(XVIII)  A  =  4  =  |  |.£.JV=|/*.^Vl-2,. 


Durch  Division  mit  AT  fällt  der  Einfluss  der  ver- 
änderlichen Dichte  auf  u/u  heraus,  und  wenn  wir  dann 
1  / N.uju  —  u0ju  schreiben,  so  ist  endlich: 


Mit  Hülle  der  in  diesem  Abschnitt  und  in  dem  über 
die  Dichte  der  Dämpfe  entwickelten  Gleichungen  habe  ich 
nun  im  Folgenden  die  Berechnung  der  vorliegenden  Beob- 
achtungen ausgeführt. 

III.  Berechnung  der  Beobachtungen. 


Ausser  meinen  eigenen  Versuchen  habe  ich  noch  die  be- 
reits angeführten,  von  Hrn.  Beyme  für  gesättigten  Dampf 
von  35°  und  von  Mas  son  für  35,5°  gefundenen  Zahlen  be- 
rechnet. Die  für  20,5°  von  Hrn.  Beyme  angegebene  Schall- 
geschwindigkeit stimmt  mit  unserem  Resultat  bei  derselben 
Temperatur  so  vollständig  tiberein,  dass  eine  gesonderte  Be- 
rechnung derselben  unnöthig  ist. 

Wie  ich  in  meiner  Dissertation  ausführlicher  nachge- 
wiesen habe,  liefern  die  nach  den  verschiedenen  Formeln  IX, 
IXb  und  IX«  berechneten  «  so  übereinstimmende  Werthe  für 
die  relative  Dichte  (nur  bis  circa  2/10°/00  unterschieden),  dass 
man  bei  den  benutzten  Temperaturen  die  Dichte  des  unge- 
sättigten Dampfes  nach  der  angenäherten  Formel  1  jd 
—  l/</0(l  —  e,plp,)  berechnen  darf.  Die  Benutzung  der  Grösse 
«  statt  //  in  der  Formel  (XVb)  für  den  Reductionsfactor  A" 
bringt  dagegen  eine  Ungenauigkeit  bis  etwa  V3  Proc.  mit 
sich,  weshalb  ich  hier  den  genaueren  Werth  benutzt  habe. 

In  der  folgenden  Tabelle  ist  t  die  Temperatur  des 
Dampfes,  pjp,  sein  Sättigungsgrad,  d  seine  relative  Dichte, 
uju  die  relativen  Schallgeschwindigkeiten,  («/«').  1/A7  die  auf 
gleiche  Dichte  reducirte  Schallgeschwindigkeit  und  k  das 
daraus  berechnete  Verhältniss  der  specifischen  Wärmen. 
Dabei  ist  d(l  zu  2,5604  und  l<  (für  Luft)  zu  1,410  angenom- 


(XIX) 


d  by  Google 


Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen.  2<)9 


men.1)  Die  mit  bezeichneten  Wertbe  erhält  man,  wenn 
bei  der  Berechnung  die  Dichte  des  Dampfes  in  die  gewöhn- 
liche, für  den  Gaszustand  geltende  Formel  eingesetzt  wird. 
Wie  man  sieht,  sind  die  aus  unseren  Versuchen  berechneten 
Wertbe  von  k  für  die  verschiedenen  Zustande  des  Dampfes 
füst  ganz  gleich,  während  die  (A,)  noch  über  1  Proc.  Unter- 
schiede zeigen. 

Tabelle  XII. 
Aetherdampf,  Wer  the  von  r/0'«'  und  h. 


15  23  1  2,6240        0,5378    :  0,5514  1,097  1.070 

2i— 31  20,4,  1  2,6189  ;*  0,5391  0,5516  1,098  1,073 

•J0-25  20  0,4261  2,5847        0»PJ^_  0,5511  1,<>96  1,08« 

BiTvme  35  1  2.6523        0,5309  0,5504  1,094  1,054 

Ma'^on  35,5  1  2,<5523        0,5382  0,557»  1,124  1,083 

Die  fur  35°  nach  Beyme's  und  Masson's  Angaben 
berechneten  k  sind  sehr  voneinander  verschieden,  und  dass 
dennoch  in  der  Dissertation  des  ersteren  das  von  ihm  aus 
seinem  Versuch  abgeleitete  k  2)  mit  dem  von  Mass  on  als 
Endresultat  angegebenen  übereinstimmt,  liegt  daran,  dass 
letzterer  zur  Berechnung  die  für  den  Gaszustand  geltende 
Dichte  d0.  Beyme  hingegen  die  nach  Her  wig's  Relation 
(vor.  Abschn.)  gefundene  angewandt  hat. 

Wie  man  sieht,  stimmt  der  aus  Beyme 's  Versuch  für 
35°  berechnete  Werth  k  ebenfalls  mit  dem  bei  ca.  20°  bei- 
nahe vollständig  überein,  während  der  nacli  Mas  son  bedeu* 
tend  grösser  ist. 

Die  aus  unseren  Versuchen  erhaltene  Zahl  für  k  ist  das 
Mittel  der  drei  ersten  Grössen  io  voriger  Tabelle. 

Nr.  15        Gesättigt  bei     23°  C.  k  =  1,097, 
26-31       v  r.    20,4 v  C.  it-  =  1,098, 

„    20-25  Ueberhitzt  „  0»,20»_a_*  =»  1,097 

"  Mittel  =  1,U'.»73. 

1)  Die-cr  Werth  ffir  V  ist  aus  der  Schallgeschwindigkeit  in  Luft 
=  332,5  m  abgeleitet. 

2)  Beyine'e  Dissertation  p.  39  Tabelle. 

Ana.  d  Fhy».  a.  Clicm.  X.  F.  XXXVl.  14 


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210 


W.  Jaeger. 


Somit  wire  für  Aetherdampf  sowohl  im  gesättigten  wie 
im  überhitzten  Zustand  bei  ungefähr  20°  C: 

k  =  1,097. 

Ob  dieser  Werth  auch  noch  bei  35°  gilt,  bleibt  bei  den 
widersprechenden  Versuchen  von  Mass  on  und  Beyme  noch 
dahingestellt. 

Alkoholdampf. 

Es  möge  zunächst  eine  Zusammenstellung  für  die  Dichte 
des  Dampfes  bei  zunehmender  Abkühlung  des  Reservoirs  fol- 
gen. In  diesem  Beispiel  ist  die  Temperatur  des  Dampfes 
constant  50,9°;  die  beigefügten  Temperaturen  des  Reservoirs 
verschaffen  die  Kenntnis  des  Druckes  p,  unter  welchem  der 
Dampf  steht,  während  p,  den  Druck  im  Sättigungszustand 
bei  50,0°  C.  bedeutet.  Ausserdem  ist  noch  der  Sättigungsgrad 
p/p,  angegeben. 

Tabelle  XIII. 

Relative  Dichte  des  überhitzten  Alkoholdampfes 
in  verschiedenen  Sättigungsgraden. 

Temperatur  des  Bades  =  50,9°  C. 


Res. 
Temp. 

P 

plp. 

d 

6 

50,9° 

229,52 

1,6504 

0,00808 

37 

114,30 

0,4980 

1,5968 

402 

30 

78,52 

0,3422 

1,5968 

276 

20 

44,46 

0,1937 

1,5949 

157 

10 

0,1437 

1,5942 

116 

0 

12,70 

0,0553 

1,5931 

045 

-10 

6,47 

0,0282 

1,5928 

023 

-20 

3,34 

0,0145 

1,5926 

012 

• 

1,5924 

0 

Sättigung 


Ueber- 
hitzter 
Zustand 

Gaszustand 


Wie  man  sieht,  ist  bei  37  und  20°  der  Gaszustand  bei- 
nahe schon  erreicht  (Versuche  Nr.  104  und  105);  doch  ist 
die  Berechnung  für  die  genaue  Dichte  durchgefühlt. 

Aus  den  Versuchen  Nr.  106  — 110  mit  gesättigtem  Al- 
koholdampf können  wir  noch  vor  der  Berechnung  das  Mittel 
nehmen,  da  die  Temperatur  bei  diesen  fast  gleich  ist. 


Digitized  by  Goo< 


Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen.  211 
Tab.  XIV.  Gesättigter  Alkoholdampf  bei  50,7°  C. 


Nr. 


lub 
107 
109 
110 


Temp. 

50,9* 
51,4° 
49,9° 
50,6* 


K/V 

0,707» 
0,7087 
0,7062 
0,7067 


+  04, 
+  18, 

-06, 


Mittel       50,7°     j    0,7078,  ±11,2 
Wahrscheinlicher  Fehler  des  Mittels  0,05  Proc,  einer  Beobachtung  =  1°00. 

Die  folgende  Tabelle  gibt  die  Resultate  der  Rechnimg 
für  die  früher  mitgetheilten  Versuche.  Die  Bedeutung  der 
Bachstaben  ist  dieselbe  wie  in  Tab.  XII. 

Tabelle  XV.    Alkoholdampf.    Werthe  von  ufu  und  k. 


Nr. 

PIP. 

d 

uju 

u  1 

u'  N 

k 

77  47,7 

78  48,5 

79  48,6 

0,6833  1,6038 
0,8464  >  1,6042 
0,9664  I  1,6043 

1,6002 
1,6024 
1,6089 

0,70H2 
0,7078 
0,7032 

0,7097 
0,7122 
0,7083 

Mittel 

0,7101 

1,132 

1,125 

104 
105 

51,0 
|  50,9 

0,2070 
0,4980 

1,6055 
1,6054 

1,5951 
1,5988 

0,7138 
0,7126 

0,7150 
0,7155 

• 

»/  f 

Mittel 

0,7152 

1,148 

1,144 

106-110 

50,9 

1 

1,6054 

1,6054 

0,7074 

0,7132 

1,142 

1,132 

102 

103 

63,2 
64,0 

0,9567 
0,9S69 

1,6131 
1,6137 

1.6124 
1,6136 

0,7028 
0,6931 

0,7111 

0,7023 

»' 

Msison    78,5  1 


1,6282  1,6282 


Mittel  ;  0,7067 
0,6925  ;  0,7090 


1,121  1,106 
1,125  i  1,101 


"Mittelwerth  .  7'|  1,133  f 

Zunächst  erkennt  man  aus  dieser  Tabelle  jedenfalls,  das» 
die  nach  Formel  (XIX)  p.  208  berechneten  Werthe  k  (vor- 
letzte Spalte)  viel  weniger  weit  auseinander  gehen,  als  die 
dorch  Einsetzen  der  Dichte  in  die  gewöhnliche  Schallge- 
schwindigkeitsformel erhaltenen  (ÄJ;  die  noch  übrig  bleibenden 
Abweichungen  können  zum  Theil  in  der  Natur  des  Dampfes 
begründet  sein,  zum  grösseren  Theil  rühren  sie  aber  wohl 
von  der  mangelhaft  bekannten  Dichte  des  Alkoholdampfes  her. 

Man  kann  daher  aus  diesen  Beobachtungen  vorläufig 
keinen  weiteren  Schluss  auf  die  Veränderlichkeit  von  k  mit 
dem  Zustand  des  Dampfes  ziehen*,  sondern  man  erhält  nur 

14* 


212  W.  Jaeger. 

einen  Mittelwerth  A  —  1,13,  der  in  den  Grenzen  der  Beob- 
achtungen gültig  ist. 

Dasselbe  gilt  auch  für  den  Wasserdampf,  fur  den  die 
Ergebnisse  der  Berechnung  im  Folgenden  zusammengestellt 
sind.  Hierbei  konnte  nach  den  Erörterungen  beim  Aether- 
dampf  i  als  e,plp,  berechnet  werden.  Die  Dichte  d0  ist  zu 
0,6231  angenommen,  k'  wie  früher  zu  1,410. 


Tabelle  XVI.    Wasserdampf.    Werthe  von  u0ju  und  h. 


Nr. 

plr.  1 

ä  1 

d 

uju' 

•  .  - . 

124 
125 
168 
Masaon 

»2,8\;/ 

96,9 1  1 
95 

0,5275 
0,5809 
0,6995  ! 
1? 

0,6386 
0,6391 
0,6399 
0,6395 

0,6312 
0,6823 
0,6848 
0,6395?  , 

1,196 
1,193 
1,212 
1,204 

\  1,212 
1,211 
1,235 
1,235 

l,29i« 

1,340 
1,340 

Mittel  .  .  1,33 


Bei  der  grossen  Schwierigkeit  dieser  Versuche,  über- 
haupt Staubfiguren  zu  erhalten,  und  der  häufig  eintretenden 
Undichtigkeit  des  Apparates  sind  diese  Zahlen  nur  als  vor- 
läufige zu  betrachten. 

Ebenso  bleibt  es  vorbehalten,  eine  systematische  Unter- 
suchung dieser  Dämpfe  vorzunehmen,  geordnet  nach  Tem- 
peratur und  Sättigungsgrad  derselben,  um  so  Curven  für  die 
Werthe  von  k  zu  erhalten. 

Es  würde  sich  zunächst  empfehlen,  diese  Untersuchung 
mit  Aetherdampf  vorzunehmen,  da  hier  die  Versuche  am 
leichtesten  gelingen,  und  auch  die  Grenzen,  innerhalb  deren 
dieselben  können  vorgenommen  werden,  viel  weitere  sind,  als 
bei  den  anderen  Dämpfen;  man  wird  dann  auch  von  diesem 
Dampf  auf  das  Verhalten  der  übrigen  schliessen  dürfen. 

In  diesem  Sinne  hoffe  ich,  die  Arbeit  demnächst  weiter 
führen  zu  können,  doch  wird  es  dazu  nöthig  sein,  auch  die 
Dichte  der  Dampfe  in  den  verschiedenen  Zuständen  experi- 
mentell zu  bestimmen. 


Die  für  die  drei  untersuchten  Dämpfe  gefundenen  Mittel- 
werthe  für  das  Verhältniss  der  specifischen  Wärmen  sind 
also  nach  dem  Vorhergehenden  für: 


Digitized  by  Google 


Schallgeschwindigkeit  in  Dämpfen. 


213 


|  Aetherdampf  (20*) 
v  Alkoholriampf  .  . 
\  Wastterdampf  .  . 


.    .    .    .    1c  =  1,097 
....*«  1,133 
■    .       k  ~  1 ,33  • 

Die  nach  anderen  Methoden  ermittelten  Werthe  von  k 
sind  sehr  verschieden  angegeben.  So  ist  z.  B.  für  Aether- 
dampf nach  E.  Wiedemann1)  k  =  1,078,  nach  Müller1) 
1,029. 

Doch  will  ich  auf  diese  Bestimmungen  hier  nicht  näher 
eingehen. 

Zum  Schlüsse  meiner  Arbeit  sei  es  mir  gestattet,  mei- 
nem hochverehrten  Lehrer,  Hrn.  Geheimrath  Prof.  v.  Helm- 
holtz,  für  seine  vielseitige  Unterstützung  durch  Rath  und 
That  im  Verlaufe  dieser  Arbeit,  sowie  fiir  sein  reges  Inter- 
esse an  derselben  meinen  ehrerbietigen  Dank  auszusprechen. 

Tabelle  für  Z  =  (/////<)  (J#7  JP,). 
Tabelle  XVU  zu  p.  196. 


0.20  4,0000 
U,2l  3,9999 
0,22  3,9998 
0,23  3,9997 
0,24,  3,9994 

0r25  3,9991 
0,26  3,9986 
0.27  3,9979 
u,28  3,9969 
0,29  ,  3,9956 

0,30  3,9940 
0,31  3,9920 
0,32  3,9894! 
0,33  3,9863 
0,34  ,  3,9827 

0.35  :  8,9783' 
0.36  3,97  32 
0.37  3.9674 
0,38  i  3,9608 
0,39  3,9533 

0.40  3,9449 


1 
1 

1 

3 

3 
5 
7 
10 
13 

16 

20 
26 
81 
36 

44 

51 
58 
66 
75 

84 


.7 

0,40 
0,41 
0,42 
0,43 
0,44 

0,45 
0,46 
0,47 
0,48 
0,49 

0,50 
0,51 
0,52 
0,53 
0,54 

0,55 
0,56 
0,57 
0,58 
0,59 

0,60  i 


Z 

3,9449 

3,9355 
3,9252 
3,9138 
3,9015 

3,8882 
3,8738 
3,8583 
3,8418 
3,8243 
3,8057 
3,7860 
3,7652 
3,7433 
3,7204 

3,6964 
3,6714 
3,6453 
3,6182 
^,5899 

3,5607 


i 


Z 


\ 


93 
103 
114 

123 

133 
144 
155 
165 
175 

186 
197 
208 
,  219 
229 

240 
250 
261 
271 
288 

292 


0,60  , 
0,61  , 
0,62 
0,63  I 
0,64 

0,65 
0,66 
<),67 
0,68 
0,69 

0,70 
0,71 
0,72  ' 
0,73' 
0,74 

0,75 
0,76 
0,77 
0,78 
0,79 

0,80 


3,5607 
3,5303 
3,4990 
3,4«.  66 
3,4333 

3,3989 
3.3636 
3,8272 
3,2899 
3,2515 

3,2121 
3,1717 
3,1303 
3,0878  ;  ^ 
3,0443  ' 

2,9996 
2,9539 
2,9070 
2,8591 
2,8100 

2,7596 


304 
313 
324 
383 

344 
353 
364 
373 
384 

394 
404 
415 
42f> 


447 
i  457 
1  469 
479 
491 
504 


0,80 
0,81  i 
0,82  i 
0,83 
0,84 

0,85 
0,86 
0,87 
0,88  ' 
0,89 

0,90  i 
0,91  ; 
0,92 
0,93 
0,94 

0,95 
0,96 
0,97 
0,98  ; 
0,99 

1,00  I 


Z 

2,7596 
2,7079 
2,6550 
2,6008 
2,5450 

2,4877 
2  4288 
2,3681 
2,3054 
2,2406 

2,1733 
2,1035 
2,0304 
1,9589 
1,8730 

1,7866 
1,6931  i 
1,5895  | 
1,4708 
1,3221 

1,0000 


517 
529 
542 
558 

573 
589 
607 
627 
648 

673 
698 
731 
765 
809 

864 
935 
1036 
1178 
1487 

3221 


Berlin,  Physikal.  Inst,  Juni  1887. 

1)  E.  Wiedemann,  Wied.  Anu.  2.  p.  215.  1877. 

2)  Müller,  Wied.  Ann.  18.  p.  94.  1883. 


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214 


R.  Rmden. 


IX.   Ueber  den  Beginn  der  IAch tern ission- 
gluliender  Metalle;  von  II»  Emden, 

(Hiorgii  Taf.  II  Flf.  9.) 


Die  Ansichten,  welche  man,  gestützt  auf  eine  Arbeit 
von  Draper1),  über  den  Beginn  der  Lichtentwickelung  glühen- 
der Körper  hegte,  mussten  sich  infolge  der  Untersuchungen 
der  Herren  Prof.  Dr.  H.  F.  Weber1)  und  Dr.  Stenger») 
vollständig  ändern.  Der  Grund  dafür,  dass  sich  die  Resul- 
tate der  Arbeit  von  Draper  so  fest  einbürgern  konnten, 
ohne  dass  die  Versuche  wiederholt  wurden,  ist  wohl  darin 
zu  suchen,  dass  sie  sich  den  Anschauungen  über  Molecular- 
und  Aetherbewegung  gut  anzupassen  schienen.  Die  neu- 
erlangten Resultate  gestatten  keine  Schlüsse  in  dieser  Rich- 
tung, denn  sie  beweisen  vor  allem,  dass  wir  aus  dem  Gange 
der  beginnenden  Lichtentwickelung  weder  schliessen  können 
auf  das  erste  Auftreten  einer  Aetherschwingung  von  be- 
stimmter Wellenlänge,  noch  auf  die  Vertheilung  der  Energie 
im  Emissionsspectrum,  da  man  als  Reagens  für  die  auftreten- 
den Lichtstrahlen  das  Auge  benutzt,  das  erst  beeinflusst  wird, 
nachdem  die  Energie  einer  bestimmten  Strahlengattung  einen 
gewissen  Schwellenwerth  überschritten  hat,  der  nach  Unter- 
suchungen von  Ebert4)  für  Strahlen  verschiedener  Wellen- 
länge sehr  verschieden  ist. 

Nach  Drap  er  beginnen  alle  festen  Körper  in  dem 
Augenblicke  Licht  auszusenden,  wo  sie  die  Temperatur  von 
525°  erreichen.  Es  hat  aber  Hr,  Prof.  Weber  gezeigt,  dass 
die  Metalle  schon  bei  einer  Temperatur  von  ca.  400°  (also 
etwa  30  °/0  niedriger)  auf  unser  Auge  wirken,  und  dass  schon 
bei  diesen  sich  optisch  so  ähnlich  verhaltenden  Körpern  diese 
Temperatur  verschieden  hoch  liegt. 

Nach  Drap  er  erscheint  ein  Körper,  der  eben  zu  glühen 
beginnt,  dunkelroth,  und  sein  Emissionsspectrum  reicht  von 
der  Linie  B  bis  zur   Linie   b,  um  sich  bei  steigender 

1)  Draper,  Phil.  Mag.  30.  345.  1847. 

2)  Weber,  Berl.  Ber.  28.  p.  491.  1887;  Wied.  Ann.  32,  p.  256.  1887. 

3)  Stenger,  Wied.  Ann.  32.  p.  271.  1887. 

4)  Ebert,  Wied.  Ann.  33.  p.  13«.  1888. 


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Lichtemission  glühender  Metalle. 


215 


Temperatur  in  wesentlich  einseitiger  Richtung  zu  ent- 
wickeln, sodass  der  glühende  Körper  allmählich  alle  die 
Farben  zeigt,  wie  man  sie  noch  in  allen  Lehrbüchern  der 
Physik  und  Spectralanalyse  beschrieben  findet.  Die  neue- 
ren Untersuchungen  zeigen  aber,  dass  diese  Erscheinung 
bei  exacter  Beobachtung  ganz  anders  verläuft.  Das  Glühen 
der  Körper  beginnt  mit  der  Aussendung  eines  eigentüm- 
lichen Lichts,  dessen  Charakter  nach  Farbe  und  Hellig- 
keit von  Hrn.  Prof.  Weber  sehr  treffend  durch  „gespenster- 
graues" oder  „düsternebelgraues"  Licht  bezeichnet  wird. 
Bei  steigender  Temperatur  wird  dies  erste,  düsterste  Grau 
immer  heller,  wird  hellgrau,  dann  leicht  gelblichgrau,  bis  die 
eigentliche  Rothgluth,  beginnend  mit  dem  lichtesten  Feuer- 
roth, eintritt.  Die  weitere  Farbenfjlge  ist  hellroth,  orange, 
gelb  und  weiss.  Das  erste  Grau  erweist  sich  als  Licht  von 
der  Wellenlänge  der  grüngelben  Strahlen  des  Spectrums.  Das 
Spectrum  der  eben  zu  glühen  beginnenden  Körper  besteht 
aus  einem  grauen  Streifen  an  der  Stelle,  wo  bei  steigender 
Temperatur  die  grüngelben  Strahlen  zum  Vorschein  kommen; 
und  mit  steigender  Temperatur  entwickelt  sich  das  Spectrum 
nach  beiden  Seiten.  Das  Auftreten  dieses  düstersten  Graues, 
durch  welches  bei  steigender  Temperatur  eines  Körpers  unser 
Auge  zuerst  beeinflusst  wird,  muss  deshalb  als  der  Beginn  der 
Lichtentwickelung,  des  Glühens  eines  heissen  Körpers  be- 
zeichnet werden.  Ich  bin  Hrn.  Prof.  Weber  sehr  dankbar 
dafür,  dass  er  mich  veranlasste,  die  Temperatur  der  eben 
eintretenden  Graugluth  für  eine  Reihe  von  Metallen  mit 
möglichster  Genauigkeit  zu  bestimmen,  da  die  Kenntniss 
dieser  Daten  für  eine  Theorie  der  Strahlung  von  Wichtig- 
keit sein  kann. 

Ich  benutzte  den  sehr  zweckmässigen,  schon  von  Hrn.  Prof. 
Weber  angewandten  und  wie  folgt  beschriebenen  Apparat: 

Ueber  die  Flamme  eines  Bunsenbrenners  wird  ein  Trichter 
aus  Kupferblech  gestülpt,  dessen  obere,  etwa  4  cm  weite  Oeff- 
nung  mit  einer  in  einen  Messingring  gespannten  dünnen  Lamelle 
aus  Platin,  Gold  u.  8.  w.  verschlossen  ist  Kurz  unter  der 
aufgesetzten  Lamelle  trägt  der  Trichter  ein  seitlich  ange- 
setztes, senkrecht  zur  Trichteraxe  verlaufendes  Rohr,  das  die 


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216 


R.  Emden. 


Yerbrennungsgase  nach  aussen  zu  führen  hat  Der  Trichter 
wird  so  gestellt,  dass  die  Flamme  des  Brenners  in  der  Axe 
des  Trichters  aufsteigt;  seine  Höhe  ist  so  bemessen,  dass 
sein  Mantel  das  schwache  Licht  des  Brenners  vollständig 
nach  aussen  absperrt.    Auf  diesen  ersten  Trichter  ist  ein 
zweiter,  gleich  grosser,  inwendig  geschwärzter  Trichter  aus 
Kupferblech  in  umgekehrter  Stellung  so  aufgesetzt,  dass  die 
Axen  der  beiden  Trichter  in  dieselbe  Gerade  fallen  und  die 
Lamelle  aus  Platin,  Gold  u.  8.  w.  den  Bodenverschluss  des 
oberen  Trichters  bildet.    Beugt  sich  das  Gesicht  des  Be- 
obachters in  die  Oeftnung  des  oberen  Trichters,  so  sieht  es, 
solange  die  Lamelle  nicht  glüht,  im  Dunkelzimmer  und  bei 
Nacht  ein  absolut  dunkies  Gesichtsfeld  vor  sich.  Wird  durch 
langsame  Regulirung  des  Gas-  und  Luftzuflusses  zum  Brenner 
die  Lamellentemperatur  allmählich  gesteigert,  so  tritt  ein 
Moment  ein,  wo  das  in  die  Tiefe  des  Trichters  blickende 
Auge  in  der  Mitte  der  Lamelle  einen  kleinen  kreisförmig 
begrenzten  Lichtfleck  gewahrt,  der  ein  äusserst  schwaches, 
düsternebelgraues  oder  fahlaschgraues  Licht  aussendet,  das 
in  der  Mitte  des  Fleckes  etwas  heller  leuchtet,  als  in  der 
Nähe  des  verwachsenen  Randes.    Dieser  düsternebelgraue 
Fleck  auf  schwarzem  Untergrunde  macht  dem  Beobachter 
vollständig  den  Eindruck  eines  äusserst  schwach  leuchtenden 
Nebelfleckes  auf  dunkelstem  Nachthimmel.   Meist  erscheint 
diese  erste  Spur  von  Licht  etwas  hin  und  her  bewegt  und 
bald  aus  der  Lamelle  hervorbrechend,  bald  im  Dunkel  des 
Gesichtsfeldes  verschwindend,  eine  Erscheinung,  die  offenbar 
durch  die  kleinen  unvermeidlichen  örtlichen  und  zeitlichen 
Schwankungen  der  Temperatur  der  Lamellenmitte  bedingt 
ist.    Die  Metalle  wurden  in  dünnen  Lamellen  von  ungefähr 
0,05  bis  0,1  mm  Dicke  angewandt. 

Die  Temperaturen  dieser  Lamellen  wurden  mittelst  Ther- 
moelementen gemessen,  die  bei  sorgfältiger  Handhabung  ein 
ebenso  bequemes,  als  genaues  Messinstrument  sind.  Die 
Temperaturen,  die  hier  zu  messen  waren,  lagen  bei  ungefähr 
400°,  und  es  war  deshalb,  wollte  man  eine  Genauigkeit  von 
ca.  1  °/o  erlangen,  aus  gleich  anzuführenden  Gründen  eine 
längere  Voruntersuchung  über  Thermoelemente  nöthig. 


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Lichte  mission  ylükender  Mef/ille. 


217 


Es  ist  bekannt,  dass  man  a  priori  weder  über  electro- 
motorische  Kraft  eines  Thermoelements,  noch  über  ihren 
Verlauf  mit  der  Temperatur  etwas  bestimmtes  aussagen  kann  ; 
die  Constanten  eines  jeden  Elements  müssen  empirisch  durch 
Calibrirung  gefunden  werden.  Hat  man  es  mit  der  Bestim- 
mung nur  niederer  Temperaturen  zu  thun,  bis  zu  welchen, 
oder  über  welche  hinaus  man  noch  calibriren  kann,  so  stehen 
ihrer  Messung  keine  weiteren  Schwierigkeiten  im  Wege.  Bis 
zn  Temperaturen  von  etwa  250°  können  mit  Hülfe  von  heissen 
Leinölbädern  und  Quecksilberthermoraetern,  die  vorher  mit 
dem  Luftthermometer  verglichen  wurden,  Thermoelemente 
verhältnissmässig  einfach  auf  ihren  Gang  geprüft  werden. 
Noch  höhere  Temperaturen  zu  diesem  Zwecke  mit  genügen- 
der Genauigkeit  herzustellen,  ist  aber  schon  sehr  schwierig, 
und  hat  man  es,  wie  es  hier  der  Fall  war,  mit  Temperaturen 
in  der  Nähe  von  400°  zu  thun,  so  ist  man  wohl  oder  übel 
auf  eine  Extrapolation  angewiesen.  Soll  eine  solche  aber 
mit  genügender  Sicherheit  ausgeführt  werden,  so  wird  man 
sich  möglichst  genaue  Kenntniss  von  dem  Verlaufe  der 
electromotorischen  Kraft  der  Thermoelemente  im  allgemeinen 
verschaffen  müssen.  Eine  ganze  Reihe  von  Aibeiten,  haupt- 
sächlich diejenigen  von  Avenarius,  Gaugain1),  Draper 
und  Tait  haben  gezeigt,  dass  die  Curven,  welche  die  electro- 
motorische  Kraft  der  Elemente  als  Function  der  Temperatur 
darstellen,  Parabeln  sind,  und  Theorien  von  Clausius  und 
Thomson  sind  hiermit  in  Uebereinstimmung.  Es  sind 
ferner  im  hiesigen  Laboratorium  früher  zahlreiche  Versuche 
angestellt  worden  an  Elementen,  bei  denen  diese  Curve 
möglichst  stark  gekrümmt  war,  der  Wendepunkt  also  bei 
verhältnissmässig  niederen  Temperaturen  liegt;  und  es  hatte 
sich  auch  hier  herausgestellt,  dass  sowohl  der  aufsteigende 
wie  der  absteigende  Ast  der  Curve  sich  analytisch  durch 
die  nämliche  Parabelgleichung  ausdrücken  liessen.  Stellen 
wir  allgemein  die  Abhängigkeit  der  thermoelectrischen  Kraft 

1)  Gaugain  hat  diese  Curven  als  Hyperbeln  mit  verde«  ler  Axe 
dargestellt;  sie  lassen  sich  jedoch  ebenso  genau  durch  die  ParabH- 
gleichung  ausdrücken. 


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218 


R.  Emden. 


von  der  Temperatur  durch  eine  Gleichung  dar,  von  der 
Form: 

E=at  +  bt2  +  ct:i  +  dti  +  , 

so  wird  es  dadurch  äusserst  wahrscheinlich,  dass  nicht  nur 
in  dem  Beobachtungsintervall,  sondern  darüber  hinaus  die 
Glieder  mit  den  Constanten  c  und  d . . .  nur  verschwindend 
kleinen  oder  überhaupt  keinen  Einfluss  haben  werden.  Um 
aber  bei  dieser  Extrapolation  möglichst  sicher  zu  gehen, 
stellte  ich  mir  die  Aufgabe,  aus  den  mir  zur  Verfügung 
stehenden  Drahtsorten  diejenige  Combination  auszusuchen, 
bei  welcher  die  Constante  b  den  kleinsten  Werth  hat,  von 
der  Ueberlegung  ausgehend,  dass  die  jedenfalls  für  das 
Beobachtungsintervall  von  0°  bis  250°  sich  nicht  bemerkbar 
machenden  Constanten  c,  d  u.  s.  w.  auch  später,  wenn  sie, 
was  nicht  wahrscheinlich,  überhaupt  vorhanden,  um  so  weniger 
zur  Geltung  kommen  würden,  je  kleiner  b  ist.  Es  hat  nun 
bereits  Becquerel1)  gezeigt,  dass  b 3i  der  Metallcombination 
Platin-Palladium  die  tbermoelectrische  Kraft  der  Temperatur 
bis  350°  direct  proportional  ist,  was  nach  Drap  er2)  für 
Eisen- Palladium  bis  280°  der  Fall  ist  Allein  die  verschie- 
dene Stellung,  welche  bei  verschiedenen  Beobachtern  die 
Metalle  in  der  thermoelectrischen  Reihe  einnehmen,  ebenso 
die  ganz  verschiedenen  Zahlenwerthe,  die  für  ihre  thermo- 
electrischen Eigenschaften  angegeben  werden,  zeigen  allein 
schon  zur  Genüge,  dass  das  ganze  thermoelectrische  Ver- 
halten eines  Metalles  in  höchstem  Grade  durch  Spuren 
fremder  Beimengungen  oder  Verschiedenheit  der  Structur 
beeinflus8t  wird,  wie  dies  in  Bezug  auf  Electricitäts-  und 
Wärmeleitungsvermögen  der  Fall  ist.  Ich  werde  weiter  unten 
zeigen,  wie  sehr  selbst  in  ein  und  demselben  Stücke  Metall 
die  thermoelectrischen  Eigenschaften  von  Stelle  zu  Stelle 
wechseln.  Man  kann  sich  deshalb  nie  auf  die  Angaben 
anderer  Beobachter  stützen,  die  mit  anderen  Metallsorten 
arbeiteten,  sondern  wird  jedesmal  die  Metalle,  die  einem 
zur  Verfügung  stehen,  speciell  untersuchen  müssen.  Meine 
Untersuchung  dehnte  sich  aus  auf  eine  Reihe  von  Thermo- 

1)  Becquerel,  Ann.  de  chim.  et  de  phys.  (4)  8.  p.  426.  1866. 

2)  Draper,  Phil.  Mig.  16.  p.  451.  1840. 


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Lichtemission  glühender  Metalle, 


219 


elementen,  wobei  die  Metalle  Kupfer,  Neusilber,  Platin, 
Palladium,  Messing,  hartes  Eisen,  weiches  Eisen  und  Stahl 
zur  Verwendung  kamen.  Hierbei  zeigte  es  sich,  dass  die 
Metallcombination  Platin -Palladium  meinen  Anforderungen 
nicht  entsprachen.  In  sehr  hohem  Grade  war  dies  jedoch 
bei  den  Thermoelementen  aus  Eisen -Neusilber  der  Fall, 
besonders  bei  Anwendung  von  hartem  Eisen.  Sowohl  weiches 
Eisen  wie  Stahl  erwiesen  sich  weniger  vorteilhaft.  Wahrend 
die  electromotori8che  Kraft  als  Function  der  Temperatur 
ausgedrückt  wurde  durch,  bei: 

Kupfer-Eisen  (hart)  E  =  prop.  \t  —  0,00230  t*) 

Palladium-Eisen  (weich)  E  =  prop,  {t  —  0,00115  (*) 

Palladium-Platin  E  =  prop.  (/  —  0,00163  t*) 

Kupfer- Neusilber  E  =  prop,  it  +  0,00146  /Ä) 

Eisen-Messing  E  =  prop,  {t  +  0,00190 19) 

Palladium-Messing  E  =  prop.  (/  -  0,00292  /*) 

Neusilber-Stahl  E  =  prop.  (/  +  0,00043 0\ 

Neusilber-Eisen  (weich)  £  =  prop.  (/  +  0,000  199  t*) 

ergab  sich  für  das  ungünstigste  der  später  benutzten  Elemente 
Neusilber-Eisen  (hart)  (später  als  Thermoelement  Nr.  7  be- 
zeichnet): 

£=prop.  (/-  0,000171  /*). 

Bei  diesem  Elemente  betrug  die  von  dem  Gliede  bt*  her- 
rührende Veränderung  des  Galvanometerausschlages  bei  einer 
Temperatur  von  250°,  bis  zu  welcher  stets  calibrirt  wurde, 
nur  10,2,  bei  der  Extrapolation  auf  400°  nur  27,4  Scalen- 
theile,  wenn  das  Galvanometer  so  gestellt  war,  dass  einem 
Grad  Temperaturdifferenz  der  Löthstellen  ein  Sealentheil 
Ausschlag  entsprach.  Würde  der  Verlauf  der  electromoto- 
rischen  Kraft  dieses  Elementes  in  Wirklichkeit  nicht  streng 
durch  diese  parabolische  Gleichung,  sondern  durch  die  voll- 
ständigere Potenzreihe  ausgedrückt  werden,  so  würden  die 
Glieder  et9  u.  s.  w.,  die  bei  der  Calibrirung  bis  250°  sich 
nicht  bemerkbar  machten,  auch  bei  400°  nur  einen  ver- 
schwindend kleinen  Einfluss  ausüben,  ausgenommen  die 
thennoelectrischen  Constanten  dieser  Combination  würden 
sich  zwischen  250  und  400°  vollständig  ändern.  Zu  den  vor- 
kommenden Temperaturmessungen   wurden   deshalb  diese 


220 


R.  Emden 


Elemente  aus  hartem  Eisen-Neusilber  benutzt.  Ehe  ich  mich 
jedoch  hierfür  definitiv  entschied,  mussten  dieselben  noch 
nach  anderer  Richtung  hin  untersucht  werden. 

Die  Quecksilberthermometer  zeigen  bekanntlich  nach 
ihrer  Erwärmung  auf  höhere  Temperaturen  öfter  beträcht- 
liche thermische  Nachwirkungen.  Es  fragte  sich,  ob  solche 
auch  bei  diesen  Thermoelementen  auftreten  würden,  was 
sich  a  priori  nicht  entscheiden  liess.1)  Die  Untersuchung 
ergab  ein  negatives  Resultat.  Ein  Thermoelement,  Eisen- 
Neusilber,  gab  bei  13,88°  einen  Ausschlag  von  58,15  Scalen- 
theilen;  das  Verhältniss  beider  ist  4,190.  Unmittelbar  nach- 
dem die  eine  Löthstelle  des  Thermoelementes  längere  Zeit 
in  den  Dampf  siedenden  Wassers  gehängt  wurde,  ergab  sich 
bei  14,24°  Temperaturdifterenz  ein  Ausschlag  von  59,7  Scalen- 
theilen:  Verhältniss  unverändert  4,192.  Bei  einem  zweiten 
Thermoelemente  war  dies  Verhältniss  bei  13,15°  gleich  2,161, 
und  nachdem  die  eine  Löthstelle  desselben  längere  Zeit  in 
einem  Leinölbade  einer  Temperatur  von  200°  ausgesetzt 
war,  bei  13.46°  wiederum  2,162.  Ein  drittes  Thermoelement, 
das  bei  14,37°  Temperaturdifferenz  einen  Ausschlag  von 
33,3  Scalentheilen  (Verhältniss  beider  2,314)  bewirkte,  ver- 
anlasste, nachdem  seine  eine  Löthstelle  längere  Zeit  auf 
Rothgluth  erhalten  wurde,  bei  14,42°  Temperaturdifferenz 
einen  Ausschlag  von  33,4  Scalentheilen;  Verhältniss  wiederum 
2,316.  Eine  thermische  Nachwirkung  konnte  also  nicht 
constatirt  werden. 

Sehr  vortheilhaft  war  es  ferner,  dass  sich  bei  eingehen- 
der Untersuchung  die  beiden  Löthstellen  als  vollständig 
gleichwerthig  erwiesen.  Die  thermoelectrische  Kraft  des 
Elementes  hing  nur  ab  von  der  Temperaturdifferenz  der 
beiden  Löthstellen,  gleichgültig  welche  von  beiden  sich  auf 
der  höheren  Temperatur  befand.  Dies  hatte  die  Annehm- 
lichkeit, dass  an  jeder  der  beiden  Löthstellen  eines  Elementes 
eine  zu  untersuchende  Metallplatte  angebracht  werden  konnte, 
ein  geaichtes  Thermoelement  also  fur  zwei  Metallplatten 
ausreichte. 

1)  Hr.  Prof.  Weber  konnte  (1.  c.)  bei  dem  vorher  benutzten 
Thermoelemente  Kupfer- Neusilber  solche  Aenderungen  constatiren. 


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Lichtemission  glühender  Metalle.  221 

Sehr  unangenehm  erwies  sich  aber  der  Umstand,  dass 
das  thermoelectrische  Verhalten  eines  Metalles  in  höchstem 
Maasse  durch  Spuren  fremder  Beimengungen  und  Aenderungen 
der  Structur  beeinflusst  wird.  Schon  in  ein  und  demselben 
Stücke  Draht  ändern  sich  die  therm oelectrischen  Constanten 
von  Stelle  zu  Stelle.  An  einem  geaichlen  Elemente  Kupfer- 
Neusilber  wurde  eine  Löthstelle  gelöst,  die  Drahte  jeder 
um  ein  Centimeter  verkürzt,  wieder  gelöthet,  das  Element 
wiederum  calibrirt  und  dann  diese  ganze  Operation  wieder- 
holt In  diesen  drei  Fällen  zeigte  die  electroraotorische 
Kraft  folgenden  verschiedenen  Verlauf: 

1)  E  =  prop,  (t  +  0.00195/*) 

2)  E  =  prop,  (/  +  0,00146  /** 
8)  M  -  prop,  (/  +  0,00181  /*). 

Das  gleiche  war  bei  den  Elementen  Eisen- Neusilber  der 
Fall.  Dadurch  konnten  die  thermoelectrischen  Constanten 
einer  bestimmten  Drahtsorte  nicht  ein-  für  allemal  bestimmt 
werden,  sondern  man  war  gezwungen,  ein  jedes  Thermoele- 
ment einzeln  zu  calibriren,  selbst  dann,  wenn  nur  eine  Löth- 
stelle gebrochen  und  dann  frisch  gelöthet  worden  war.  Wie 
nothwendig  dies  war,  zeigte  folgende  kleine  Tabelle.  Ich 
gebe  in  derselben  den  Zusammenhang  zwischen  dem  redu- 
cirten  Scalenausschlag  des  Galvanometers  (bei  grösstem  äus- 
seren Widerstände  das  Maass  der  electromotorischen  Kraft) 
und  der  Temperatur  bei  den  elf  Thermoelementen  Eisen- 
Neusilber,  mit  denen  die  definitiven  Messungen  an  22  Metall- 
platten gemacht  wurden. 

Nr.  1.   A  =  0,93986  t  +  0,0,12»/-.       Xr.  7.  A  =  1,0757  /  -  0,0,1*5/-. 
„    2.       =  0,99354  /  -r  0,0,55  /*.         „   H.      =  1.0725  /-  0,0,179  /*, 
»    3.       =  0,9902t  /  +  0,04 52  /*.         „  9.      =  1.0424  /-  0,0,172  /2  *, 
„    4.       -  1,0502    /  +  0,0,124/**,       „  10.      -  1,0399  /     0,03105  /», 
v    5.       =  1,0425    /- 0,0,103/*,  „  11.      =  1.07  09  /-  0.03 145 /3  *. 

.,    6.       »  1,0458    /  -  0,0,100 /», 

(•  bedeutet,  dass  kleine  Veränderungen  am  Galvanometer  vorgenom- 
men wurden.) 

Der  angewandte  Neusilberdraht  hatte  einen  Durchmesser 
von  0,1  mm,  der  Eisendraht  von  0,2  mm.  In  die  durchschnitt- 
lich 0.05  bis  0,1  mm  dicke  zu  untersuchende  Metalllamelle 
wurde  in  die  Mitte  mit  einer  feinen  Nadel  ein  kleines  Loch 


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222 


R.  Emden. 


gebohrt,  die  beiden  Drähte  in  dasselbe  mit  Silber,  wo  dies 
nicht  anging,  mit  Silberloth  eingelöthet  und  sorgfältig  darauf 
geachtet,  dass  die  ganze  Löthstella  nur  ein  Volumelement  der 
Platte  ausmachte.  Die  beiden  Enden  der  Neusilberdrähte 
waren  an  die  dicken  Kupferdrähte  der  Galvanometerleitung 
angelöthet;  die  Löthstellen,  in  dünnen  Kautschukröhrchen 
steckend,  waren  gemeinsam  mit  Watte  umwickelt  und  so 
beide  auf  möglichst  gleicher  Temperatur  erhalten.  Eine 
electromotori8che  Kraft,  von  diesen  Löthstellen  herrührend, 
machte  sich  nicht  bemerkbar.  Die  Calibrirung  der  Elemente 
geschah  in  der  Weise,  dass  ein  Zusammenhang  gesucht  wurde 
zwischen  dem  reducirten  Scalenausschlag  des  Galvanometers 
und  der  Temperaturdifferenz  der  Löthstellen,  natürlich  bei 
den  gleichen  Verhältnissen  der  Leitung  und  des  Galvano- 
meters, wie  sie  bei  der  Verwendung  der  Thermoelemente  vor- 
handen waren.  Die  eine  Löthstelle  des  Elementes  befand 
sich  stets  in  Eis,  die  andere  wurde  auf  fünf  verschiedene 
Temperaturen,  von  40,  100,  150,  200  und  250°  erwärmt 
Die  niedrigste  Temperatur  wurde  in  einem  grossen  Wasser- 
bade hergestellt  und  mittelst  eines  Thermometers  von  Tonne- 
lot  in  Paris  gemessen,  bei  100°  hing  die  Löthstelle  in  dem 
Dampfe  des  bei  bekanntem  Barometerstande  siedenden  Was- 
sers oder  befand  sich  in  dem  7—8  1  haltenden  Leinölbade, 
das  zur  Erzeugung  der  höheren  Temperaturen  von  150  bis 
250°  diente,  zu  deren  Messung  zwei  Thermometer  von  Ger- 
hardt benutzt  wurden.  Die  Löthstelle  war  unmittelbar  an 
die  Kugel  des  Quecksilberthermometers  festgebunden,  und 
um  Thermoelement  und  Thermometer  möglichst  synchron 
gehen  zu  lassen,  wurden  Thermometer  mit  möglichst  kleinen 
Quecksilbergefässen  ausgewählt.  Bei  einiger  Debung  konnte 
durch  passende  Regulirung  der  Brenner  und  tüchtiges  Rüh- 
ren selbst  die  Temperatur  von  250°  während  einer  Viertel- 
stunde auf  0,5  bis  0,75°  constant  erhalten  werden.  Die 
Thermometer  wurden  nicht  calibrirt,  sondern  sie  wurden  ge- 
rade bei  den  Temperaturen,  bei  denen  sie  gebraucht  wurden 
(also  bei  40,  rcsp.  150,  200  und  250°)  direct  mit  einem  von 
Fuess  in  Berlin  verfertigten  Luftthermometer  verglichen.  Bei 
dem  Thermometer  von  Tonne  lot  betrug  diese  Correction, 


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Lichtemission  glühender  Metalle, 


223 


nachdem  die  Nullpunkts-,  Siedepunkts-  und  Fadencorrection 
angebracht  waren,  —  0,09°.  Für  die  beiden  Thermometer 
Nr.  467 — 468  von  Gerhardt  gebe  ich  in  der  kleinen  Ta- 
belle ihre  zeitigen  Nullpunkte,  ihre  Siedepunkte  und  ferner 
die  Correctionen,  die  ich  bei  150°,  200°,  250°  an  ihren  An- 
gaben anbringen  musste,  um  sie  mit  dem  Luftthermometer 
in  UebereinBtimmung  zu  bringen.  In  diese  Correctionen  sind 
die  Nullpunkts-,  Siedepunkts-  und  Calibercorrectionen  mit  ein- 
geschlossen. 

Nullpunkt  Siedepunkt    Anzubringende  Correction 
bei  bei         150»        200«  250° 

Thermometer  Nr.  467.    +0,^5«     100,80°     +0,70°     +1,15°     +  0,06°, 
„    468.    +0,50»      100,85°      +0,47°      +0,87°  +0,17°. 

Fadencorrection  musste  nicht  angebracht  werden,  da  die 
Thermometer  stets  sich  bis  zu  dem  betreffenden  Theilstrich 
in  dem  Leinölbade  befanden. 

Bei  der  Messung  der  höheren  Temperaturen  wurde  stets 
nur  ein  Thermometer  auf  einmal  benutzt,  um  den  anderen 
Gelegenheit  zu  geben,  sich  in  der  Zwischenzeit  von  der 
vorausgegangenen  starken  Erwärmung  zu  erholen.  Aus  den 
fünf  erhaltenen  Mittel werthen  der  Temperatur  und  des  Galva- 
nometerausschlages wurden  dann  die  beiden  constanten  a  und 
b  berechnet.  Bei  dieser  Calibrirung  wurden  zwar  auch  die 
Drahte  des  Thermoelementes  etwa  2  dem  weit  erwärmt,  aber 
die  dadurch  bedingte  Widerstandsänderung  wurde  durch  den 
450  Ohm  betragenden  Widerstand  des  äusseren  Stromkreises 
zum  Verschwinden  gebracht  Erst  wurde  versucht,  die  Ele- 
mente sowohl  vor  als  nach  ihrem  Gebrauche  zu  calibriren, 
doch  musste  dies  bald  aufgegeben  werden,  da  bei  der  staiken 
Bewegung  des  Leinöls  sich  die  Löthstellen  in  den  Platten 
lockerten  und  nachher  fast  immer  herausbrachen.  Die  Ca- 
librirung der  Elemente  wurde  immer  erst  am  folgenden  Tage 
vorgenommen  (die  Elemente  wurden  am  Abend  gebraucht), 
doch  hatte  sich,  wie  ich  nachher  zeigen  werde,  die  Empfind- 
lichkeit des  Galvanometers  in  so  kurzer  Zeit  nicht  ge- 
ändert. 

Ein  jedes  Thermoelement  trug  zwei  zu  untersuchende 
Metallplatten;   die  eine  befand  sich  in  Eis,  die  andere  in 


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224 


R.  Kmden. 


dem  oben  erwähnten  Trichter,  und  beide  konnten  leicht  gegen- 
einander vertauscht  werden.  —  Diese  Eisen-Neusilberelemente 
waren,  was  ihr  thermoelectrisches  Verhalten  anbetrifft,  vor- 
züglich; bei  ihrer  praktischen  Anwendung  hatten  sie  aber 
zwei  Nachtheile.  Einmal  war  der  harte  Eisendraht  stark 
federnd,  sodass  die  Elemente  sehr  sorgfältig  behandelt  werden 
musston;  trotzdem  konnte  es  nicht  vermieden  werden,  dass 
die  Drähte  sehr  oft  aus  der  dünnen  Metallplatte  heraus- 
brachen, was  einen  grossen  Zeitverlust  nach  sich  zog,  da 
die  Elemente  dann  6tets  wieder  frisch  calibrirt  werden 
mussten.  Dann  wurde  der  Eisendraht  da,  wo  er  der  Löth- 
rohrflamme  ausgesetzt  war,  beinahe  immer  von  Rost  ange- 
griffen, sodass  er  meistens  nach  einigen  Tagen  aus  der 
Löthstelle  heraus  oder  kurz  tibar  derselben  abrostete.  Durch 
Vergolden  und  Versilbern  der  Enden  des  Eisendrahtes 
wurde  dem  vorzubeugen  gesucht,  aber  ohne  Erfolg. 

Die  durch  die  Thermoelemente  gelieferten  Ströme  wurden 
durch  ein  astatisches,  vollständig  aperiodisch  schwingendes 
Galvanometer  gemessen.  Bei  diesen  aperiodisch  schwingen- 
den Galvanometern  macht  sich  die  elastische  Nachwirkung 
der  Aufhängevorrichtung,  die  bei  astatischen  Galvanometern 
überhaupt  einen  beträchtlichen  Theil  der  Richtkraft  beträgt, 
ganz  besonders  stark  und  störend  geltend.  Diese  störende 
Einwirkung  hätte  so  der  Rechnung  zugänglich  gemacht 
werden  können,  wie  es  durch  Kirchhof!  und  Hansemann1) 
geschah,  indem  diese  in  die  Differentialgleichung  der  Be- 
wegung der  Galvanoraeternadel  eine  neue,  von  der  elastischen 
Nachwirkung  abhängige  und  durch  Versuche  ermittelnde  Con- 
stante  einführten.  Ich  zog  es  vor,  durch  die  Versuchsanordnung 
selbst  die  elastische  Nachwirkung  unschädlich  zu  machen; 
dazu  war  es  vor  allem  nöthig,  dass  dieselbe  möglichst  klein, 
und  dio  anderen  die  Galvanometernadel  richtenden  Kräfte 
möglichst  gross  gemacht  wurden.  Das  astatische  Nadelpaar 
wurde  deshalb  an  dem  feinsten  Platindraht,  der  mir  zugäng- 
lich war  (sogenannter  Wo  11  as  ton 'scher  Draht),  aufgehängt. 
Die  elastische  Nachwirkung  dieser  Drähte  ist  ausserordent- 


1)  Kirchhoff  und  Hsmsomann,  Wied.  Ann.  9.  p.  1.  1879. 


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Lichte  mission  glühender  Metalle. 


225 


lieh  viel  geringer  als  diejenige  der  Coconfäden;  ihres  grösseren 
Torsionsmoduls  wegen  müssen  sie  entsprechend  länger  ge- 
wählt werden.    (Der  von  mir  benutzte  Draht   hatte  eine 
Länge  von  50  cm.)    Die  ablenkende  Kraft  des  Stromes  ist 
proportional  dem  magnetischen  Moment  der  Nadeln.  Statt 
Nadeln  wurden  deshalb  Flachmagnete  gewählt,  5  cm  lang, 
1  cm  breit  0,6  mm  dick,  die  mittelst  eines  grossen  Ruhm- 
kor ff  sehen    Electromagnets   möglichst    stark   und  gleich 
inugaetisirt  wurden.    Die  Schwingungsdauer  des  astatischen 
Systems   betrug  dann   zehn  Secunden.    Jede  Spule  hatte 
1000  Windungen  dünnen  Kupferdiahtes.  und  das  von  den 
Thermoströmen  auf  das  System  der  Flachmagnete  ausgeübte 
Drehmoment  war  so  gross,  dass  ein   kleiner  Richtmagnet 
sehr  nahe  an  das  Galvanometer  gelegt  werden  konnte,  wenn 
dasselbe    bei    einem   Widerstande    des  Stromkreises  von 
450  Ohm  für  einen  Grad  Temperaturdifferenz  der  Löthstellen 
einen  Sealentheil  Ausschlag  geben  sollte.   (Entfernung,  Fern- 
rohr, Galvanometer  gleich  zwei  Metern.)  Dies  hatte  den  Vor- 
theil, dass  die  Ruhelage  der  Galvanometermagnete  äusserst 
constant  blieb.    Von  einem  Tage  zum  anderen  wechselte 
sie  selten  mehr  als  fünf  Scalentheile,  und  während  einer 
Versuchsreihe  war  meistens  gar  keine  Veränderung  wahr- 
zunehmen.  Die  elastische  Nachwirkung  des  Aufhängedrahtes 
machte  sich  dann  so  wenig  geltend,  dass  trotz  der  vollständig 
aperiodischen  Schwingungen  der  Magnete  sich  selbst  an  einem 
Aufschlag  über  400  Scalentheile  nach  zwei  Minuten  keine 
Veränderungen  mehr  nachweisen  Hessen.    Ausschläge  von 
20  bis  30  Scalentheilen  von  irgend  einer  Stellung  aus  waren 
in  wenigen  Secunden  vollendet,  und  eben  diese  Zeit  war 
auch  nöthig,  um  durch  Regulirung  des  Gaszutlusses  die  erste 
Gluherscheinung  der  Metallplatte  zum  Vorschein  kommen 
oder  verschwinden  zu  lassen.    Um  aber  nicht  allzu  häufig 
abwechselnd  Ausschläge  nach  beiden  Seiten  der  Scala  ab- 
lesen zu  müssen,  was  einen  grossen  Zeitverlust  nach  sich 
gezogen  hätte,  wurde  das  Galvanometer  äusserst  sorgfältig 
so  aufgestellt,  dass   selbst  die  grössten  Ausschläge  nach 
beiden  Seiten  bis  auf  0,1  Sealentheil  einander  gleich  waren. 
Üeim  Calibriren  der  Elemente  wurde  dann  so  verfahren, 

AM.  d.  Phyt.  xl.  Chem.   N\  F.  XXXVI.  If, 

I 


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22  J 


B.  Emden. 


dass  erst  drei  Minuten  nach  Schluss  des  Stromes  zehn  Ab- 
lesungen auf  der  einen  Seite  der  Scala  gemacht  wurden, 
drei  Minuten  nach  Umkehrung  des  Stromes  zehn  Ablesungen 
nach  der  anderen  Seite,  und  nach  drei  Minuten  nach  der 
zweiten  Umkehrung  des  Stromes  wieder  zehn  Ablesungen 
na'ch  der  ersten  Seite.  Aus  diesen  dreissig  Ablesungen 
wurde  dann  das  Mittel  genommen.  Bei  der  Beobachtung 
der  Glühtemperatur  der  Metalle  wurde  die  Platte  möglichst 
nahe  an  die  betreffende  Temperatur  erhitzt  und  dann  ebenso 
verfahren.  Da  immerhin  einige  Secunden  nöthig  waren,  um 
das  erste  Grau  erscheinen  oder  verschwinden  zu  lassen,  so 
hatte  bei  den  kleinen  Temperaturschwankungen  das  Galvano- 
meter vollständig  Zeit  zu  folgen.  Auch  wurde  abwechselnd 
Erscheinen  und  Verschwinden  des  Grau  beobachtet,  sodass 
das  Galvanometer  sich  abwechselnd  bei  wachsendem  und 
abnehmenden  Ausschlage  einstellte,  und  deshalb  die  letzten 
Spuren  von  Fehlern  im  Mittel  sich  wegheben  mussten. 

Ich  habe  bereits  den  Grund  erwähnt,  der  es  unmöglich 
machte,  die  Elemente  sowohl  vor  als  nach  der  Bestimmung 
der  Graugluth  zu  calibriren.  Die  Calibrirung  geschah  immer 
erst  am  folgenden  Tage.  Ich  musste  mich  deshalb  ver- 
gewissern, ob  sich  möglicherweise  die  Empfindlichkeit  des 
Galvanometer*  in  der  kurzen  Zwischenzeit  änderte.  Ich 
bestimmte  deshalb  die  Empfindlichkeit  des  Galvanometers 
an  einer  "Reihe  von  Tagen.  Ein  Normaldaniell  gab  bei 
ca.  50000  Ohm  Widerstand  einen  Ausschlag: 

am  3.  Decern  bor  18S7  von  32'),7  Scalcntheilen 

v   5.  ?»           j?  325,4  j» 

v  8  n     .     »  'i    3*25,7  m 

n   9.  »i           »>  »>    325,7  ;» 

.  12.  „           »  »    325.7  n 

t"  13.  »           '  >  n    325,6  v 

I  Ii  konnte  deshalb  sicher  sein,  dass  eine  merkliche  Aen- 
derung  der  Empfindlichkeit  von  einem  Tag  zum  anderen  nicht 
eintrat. 

Die  grösste  Rolle  spielt  bei  diesen  Messungen  das  Auge 
des  Beobachters.  Es  ist  hinlänglich  bekannt,  wie  sehr  die 
Empfindlichkeit  des  Auges  durch  absolute  Dunkelheit  gestei- 
gert wird    Dies  liess  sich  auch  hier  sehr  schön  nachweisen. 


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Lichtemusion  glühender  Metalle. 


227 


Begab  ich  mich  an  einem  hellen  Tage  ins  Dunkelzimmer  und 
begann  sofort  zu  beobachten,  so  fand  ich  die  Temperatur  der 
ersten  Lichtemission  oft  50  bis  60°  zu  hoch  liegend.  Beim 
Verweilen  im  Dunkelzimmer  steigerte  sich  die  Empfindlich- 
keit des  Auges,  um  allmählich  einen  constanten  Werth  anzu- 
nehmen. Oft  war  dazu  eine  halbe  Stunde  nöthig;  natürlich 
wurden  die  Galvanometerablesungen  zur  weiteren  Berechnung 
erst  dann  benutzt,  wenn  sie  nicht  mehr  stetig  abnahmen, 
sondern  um  einen  constant  bleibenden  Mittelwerth  schwankten. 
So  fand  ich  am  9.  Juni  1888  für  die  Temperatur  der  be- 
ginnenden Graugluth  bei  Platin  gleich  nach  Betreten  des 
Dunkelzimmers  485,5°  nach  Verlauf  von  fünf  bis  zehn  Minuten 
446.5°,  nach  weiteren  fünf  bis  zehn  Minuten  408,2°,  dann  con- 
stant im  Mittel  404,0°.  Diese  äusserste  Empfindlichkeit  des 
Auges  bleibt  nicht  nur  mehrere  Stunden  constant,  bis  endlich 
zu  grosse  Ermüdung  und  Abspannung  des  Beobachters  ein- 
tritt, sondern  sie  ist  eine  jedem  Beobachter  eigenthümliche 
Coostante.  Während  meines  monatelangen  Beobachtens  konnte 
ich  keine  Veränderung  dieser  äussersten  Empfindlichkeit 
meiner  Augen  constatiren. 

Von  der  jeweiligen  Empfindlichkeit  meines  Auges  war 
auch  die  Art  und  Weise  abhängig,  wie  ich  die  Parbenände- 
rung  der  Metallplatte  bei  steigender  Temperatur  wahrnahm. 
Hatte  mein  Auge  noch  sehr  ungenügende  Empfindlichkeit, 
so  nahm  ich  erst  ein  dunkles  Grau  wahr,  das,  ohne  viel  heller 
zu  werden,  in  dunkles  Roth  überging.  Bei  genügender  Em- 
pfindlichkeit des  Auges  wurde  dies  Grau  bei  steigender  Tem- 
peratur immer  heller  und  heller,  beinahe  ganz  weiss,  um 
dann  in  das  hellste,  lichteste  Peuerroth  überzugehen. 

Um  das  Auftreten  dieses  ersten,  düstersten  Graues  mit 
genügender  Sicherheit  wahrzunehmen,  ist  absolute  Dunkelheit 
erforderlich.  Die  Versuche  wurden  deshalb  im  Dunkelzimmer 
bei  Nacht  ausgeführt.  Selbst  in  dem  vorzüglichen  Dunkel- 
zimmer des  hiesigen  physikalischen  Laboratoriums  konnte 
ich  nach  zehn  bis  fünfzehn  Minuten  bei  Tage  an  einzelnen 
Stellen  Licht  entdecken,  obwohl  zu  gleicher  Zeit  die  empfind- 
lichsten photographischen  Platten  vollständig  schleierfei  ent- 
wickelt werden  konnten.  Schon  diese  geringsten  Spuren  Licht 


228 


R.  Emden. 


wirkten  äusserst  störend,  namentlich  lösten  sie  auch  die  viel- 
fach beschriebenen  entoptischen  Erscheinungen  aus,  bestehend 
in  dem  Auftreten  heller  Wolken  und  Nebel  in  dem  Gesichts- 
felde. Bei  absoluter  Dunkelheit  und  möglichst  ruhiger  Hal- 
tung des  Kopfes  und  der  Augen  konnte  ich  mich  aber  für 
die  zu  einer  Beobachtungsreihe  nöthigen  Zeit  von  diesen 
entoptischen  Erscheinungen,  die  ein  genaues  Beobachten  un- 
möglich machten,  vollständig  befreien.  Das  äusserst  geringe, 
gleich  massige  Eigenlicht,  von  dem  das  Auge  selbst  dann  noch 
erfüllt  war,  störte  die  Genauigkeit  der  Beobachtungen  nicht 
Beugte  ich  zur  Beobachtung  mein  Gesicht  in  die  Oeff- 
nung  des  oberen  Trichters,  so  befand  sich  mein  Auge  unge- 
fähr 20  cm  von  der  glühenden  Platte  entfernt.  Grössere 
Annäherung  ging  nicht  wohl  an,  da  schon  die  in  dem  Trichter 
aufsteigende  heisse  Luft  das  Beobachten  sehr  unangenehm 
erschwerte.  So  lange  die  Platte  nicht  glühte,  hatte  ich  ein 
absolut  dunkles  Gesichtsfeld  vor  mir.  Hatte  ich  durch  Re- 
gulirung  des  Gaszuflusees  erreicht,  dass  die  erste  Spur  dieses 
düstersten  Graues  eben  erschien,  resp.  verschwand,  so  wurde 
einem  zweiten  Beobachter,  der  das  in  einem  Nebenzimmer 
aufgestellte  Galvanometer  unablässig  verfolgte,  ein  Glocken- 
signal gegeben,  um  den  augenblicklichen  Galvanometeraus- 
schlag zu  notiren.  Um  das  allererste  Auftreten  des  Graues 
wahrzunehmen,  ist  es  nöthig,  nicht  die  Lamellenmitte  zu 
fixiren,  sondern  dem  Auge  eine  solche  Stellung  zu  geben, 
dass  das  Bild  derselben  auf  die  empfindlichste  Stelle  der 
Netzhaut  fallt,  was  durch  Probiren  leicht  erreicht  wird.  Es 
wurde  regelmässig  abwechselnd  auf  Erscheinen  und  Ver- 
schwinden des  ersten  Graues  eingestellt.  In  seiner  Abhand- 
lung über  die  Schwellenwerthe  der  Lichtempfindung  schreibt 
Ebert1):  „Auf  diese  Weise  (auf  welche  Weise  siehe  1.  c) 
wurde  die  eben  untermerkliche  und  die  eben  übermerkliche 
Reizschwelle  zugleich  bestimmt.  Durchweg  wurde,  wie  zu 
erwarten,  der  erstgenannte  Sch wellen werth  kleiner  als  der 
zweite  gefunden,  d.  h.  das  Auge  ist  im  Stande,  einen  sich  in 
seiner  Intensität  stetig  vermindernden  Lichtreiz  bis  zu  einer 
minimalen  Grösse  herab  zu  verfolgen,  die  unter  derjenigen 

11  Ebert,  Wied.  Ann.  33.  p.  136.  1888. 


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Lichtem  ission  glühender  Metalle. 


liegt,  bei  welcher  ein  neu  im  Blickfelde  des  Bewusstseins 
auftauchender  Reiz  die  Aufmerksamkeit  erweckt  und  percipirt 
wird,  ein  Resultat,  welches  seit  Fechner  von  zahlreichen 
Forschern  auch  auf  anderen  Sinnesgebieten  bestätigt  worden 
ist"  Im  Gegensatze  hierzu  ergeben  sowohl  die  Beobach- 
tungen des  Hrn.  Prof.  Weber,  wie  die  meinigen,  dass  die 
Temperaturen,  die  zum  Erscheinen  und  Verschwinden  des 
ersten  Grau  nöthig  sind,  einander  vollständig  gleich  waren. 

Es  wurden  immer  zehn  Einstellungen  nacheinander  ge- 
macht, dann  die  Stromrichtung  im  Galvanometer  umgekehrt, 
und  die  zwei  bis  drei  Minuten,  welche  für  die  Schwingung  des 
Galvanometers  erforderlich  waren,  brauchte  das  äusserst  ange- 
strengte Auge  zu  seiner  Erholung.  Nach  je  30  Ablesungen 
wurde  die  Ruhelage  bestimmt.  Nachdem  bei  einer  Platte 
60  bis  120  Ablesungen  gemacht  waren,  wurden  die  Platten 
im  Trichter  und  Eise  miteinander  vertauscht  und  die  zweite 
Platte  auf  gleiche  Weise  untersucht;  am  Schlüsse  wurden 
nochmals  30  Controleinstellungen  an  den  ersten  Platten 
gemacht.  So  lange  die  Platten  von  dem  zweiten  Beobachter 
umgeschaltet  wurden,  verhüllte  ich  meine  Augen  mit  einem 
Tuche,  um  jeden  Lichteindruck  von  denselben  abzuhalten. 

Die  Genauigkeit,  mit  der  die  einzelnen  Galvanometer- 
ausschläge unter  sich  übereinstimmten,  ist  je  nach  Umständen 
verschieden.  Die  jeweilige  körperliche  und  geistige  Disposi- 
tion des  Beobachters  spielt  dabei  eine  Hauptrolle.  Im  all- 
gemeinen konnte  auf  fünf  bis  zehn  Scalen theile  (ebensoviel 
Temperaturgraden  entsprechend)  eingestellt  werden,  doch 
erhielt  ich  durch  fortwährende  Hebung  einstmals  eine  Reihe 
von  zehn  Ablesungen,  in  welcher  der  Unterschied  der  höch- 
sten und  niedersten  beobachteten  Temperatur  nur  2°  betrug. 
Einige  vollständige  Beobachtungsprotocolle  geben  darüber 
nähere  Auskunft. 

Ich  erlaube  mir,  an  dieser  Stelle  den  Herren  K.  Sulz- 
berger  und  Seminarlehrer  V.  Morger,  die  mir  in  liebens- 
würdigster Weise  ihre  Abende  zur  Verfügung  stellten,  um 
die  Galvanometerablesungen  und  das  Umschalten  der  Platten 
zu  besorgen,  meinen  herzlichsten  Dank  auszusprechen. 

Ich  gebe  im  Folgenden  die  an  25  Metallplatten  beob- 


230  B.  Emden. 

achteten  Temperaturen  der  eben  beginnenden  Grauglutb  an. 
Bei  jeder  Platte  ist  die  Nummer  des  Thermoelementes  ange- 
geben, das  zu  ihrer  Untersuchung  diente,  sodass  leicht  ersicht- 
lich ist,  welche  zwei  Platten  gemeinsam  untersucht  wurden. 
Für  die  beiden  ersten  Untersuchungen  gebe  ich  die  Beob- 
achtungsprotocolle  vollständig  an  als  Kriterium  für  die  Ge- 
nauigkeit der  Methode. 

1)  Platin. 
A  B 

Platte  1  (Thcrmoel.  Nr.  1)    403,9°     Platte  1   (Thermoel.  Nr.  3)  406,9° 
2   i        t?  »    2|    403,2  „      2  (       i.  »    4>  408,3 

»      3  (       i,  „    3)    404,8         „      3  (       „  „5)  409,2 

»      4  (       »  »    4)    404>l  Mittel  =  408,1» 

Mittel  =  404,0° 

A  und  5  waren  zwei  verschiedene  Sorten  Platinblech; 
B  reineres  Platin.  Es  ist  daraus  ersichtlich,  dass  auch 
der  Beginn  der  Glühtemperatur  in  hohem  Maasse  abhän- 
gig ist  von  fremden  Verunreinigungen  der  Metalle.  Die 
Platten  A  A  und  2?  2  Bassen  an  dein  gleichen  Thermoele- 
mente (wobei  etwaige  Fehler  der  Kalibrirung  des  Elementes 
wegfallen),  und  zeigten  eine  Temperaturdifferenz  von  4.2Ü, 
während  die  Temperaturdifferenz  der  Mittel  von  A  und  B 
4,1°  beträgt.  Ich  gebe  hier  das  Beobachtungsprotocoll  der 
Platten  AI  und  2  vom  Abend  des  9.  Februar  1888. 

Die  Ablesungen  am  Galvanometer  betrugen: 

Ruhelage  500.  Platte  A  1 . 

GU.35  6U.47  6U.51  Rubel.  500 

«30,5  82,0  910,0  91,5  912,5  896,5  112,5  «17,5 

925,0  80,5  908,5  88,5  «00,0  888,5  84,5  915,0 

«25,0  83,5  «05,0  «5,5  «00,5  8*3,5  84.5  908,0 

918,0  86,0  904,0  98,5  896,*»  «15,0  «2,0  911,5 

917,0  86,0  901,5  100,5  912,5  908.5  102,5  911,0 

915,0  88,0  896.0  111,5  907,5  «07,0  103,0  901,5 

926,0  85,0  893,0  106,5  907,5  920,5  103,0  904.5 

929,0  81,5  892,0  86,0  «12,5  «13,5  93,0  903,5 

925,0  81,0  915,0  90,5  «09.5  911,5  99,5  898.0 

926,0  83,0  916^5  «0,5  908,0  908,0  90,0  895^0 

Mittl.  Ruhel.  Ruhel. 

Ausschuß,?    416,4    404,1*  403,7    406,6  50 J    405,2_  403,0    406,5  500 

Mittel  404,8  "Mittel  405,1 

Hauptmittel  405,0 

*  Bis  hierher  hatte  die  Empfindlichkeit  des  Auges  zugenommen. 
Hierbei  wurde  stets  regelmässig  abwechselnd  auf  Er- 
scheinen und  Versehwinden  des  ersten  Graues  eingestellt. 


Digitized  by  LiOOQle 


Lichtem  ission  glühender  Metalle. 


231 


7U.30 

»uheL  95,0  900,0 

500    97,5  903,5 

91,5  903,5 

91  0  907,5 

95,5  905,0 

90,5  909,0 

94,0  905,5 

86,0  904,5 

94,0  898,0 

88,5  901,5 


Platte  A2. 


7  U.40 

91,5 
100,0 

98,0 

98,5 

88,0 

90,0 
105,5 

92,5 

95,5Ruhel. 
94,5  500 


7U.47 

Kübel.  93,0  904,0 

500    97,5  901,5 

82,5  895,0 

S8,5  903,0 

97,5  905,0 

84,5  900,5 

85,5  898,0 

y7,5  898,5 

100,0  901,0 

97,0  910,5 


8Ü.10 

97,5 
103,0 
106,5 
110,5 

87,5 
106,5 
109,5 

87,5 

93,5  Ruhel. 
102,0  500 


Mittl. 
Ansschl. 


407,7  103,2  404,6 

Mittel  4Ö5~2~ 


4»  -rt,4      101,7  400,0 

Mittel  403,4 

Hauptm  Uttel  404,3 


Daraus  berechnete  man  die  oben  angeführten  Temperaturen. 
2)  Palladium. 


1.  Platte. 

2.  „ 


(Thermoelement  Nr.  2) 
(  n  »  3) 

Mittel 


407,39 
408,8 

408,0° 


Beobachtungsprotocoli  vom  16.  Februar  1SS8  für  Platin- 
platte A3  und  Palladiumplatte  Nr.  1. 


«  U.20 
Ruhel.  944,5 


500 


959,5 
945,0 
945,0 
947,5 
945,0 
951,0 
948,5 


6?,0 
b3,0 
67,5 
«7,0 
69,0 
56,5 
56,0 
56,0 
61,0 
59,5 


Platiaplatte  ^3. 

6Ü.54 


932,0 
92fl,5 
924,0 
922,5 
915,5 
920,5 
917,5 
918,0 

914,0  KuheL 

926,5  500 


Rubel.  907,5 
500  907,0 
907,0 
928,0 
92*,0 
91K,0 
920,0 
919,0 
918,5 
918,5 


Mittl. 


449,3      438,3  421,7 


85,0  921,0 

89,5  925,0 

90,0  9i:«,0 

90,0  910,0 

84,0  »09,0 

83,5  910,0 

83,5  912,5 

81,0  911,5 

70,0  910,5  Ruhel. 

79,0  918,5  500 

414,2 


417,0*  416,5 
Mittel  415,9 

•  Bis  hierher  hatte  die  Empfindlichkeit  des  Auge;»  zugenommeu. 


7U.09 
Ruhel.  896,5 


500 


895,0 
390,0 
8  »7,0 
812,0 
917,5 
9^1,0 
919,5 
919,5 
917,0 


86,0 
86,0 
86,0 
88,0 
80,0 
88,5 
80,0 
85,0 
80,0 
81,5 


84,0 
85,0 
85,0 
90,0 
82,0 
83,0 
93,0 
79,0 

76,5  Ruhel. 
79,0  500 


7U.24 
Ruhel.  9 10,5 
500  908,5 
911,0 
904,0 
918,5 


Mittl. 


924,5 
922,0 
923,0 
922,5 
922,5 


82,0  918,0 

77,0  917,5 

83,5  912,5 

80,0  9lft,0 

81,5  912,5 

83,0  910,0 

78,0  914,0 

83,0  921,5 

88,0  92 1,5  Ruhel. 

84,0  920,5  502 


410,5  J}W  416,3 
"MittöT'TlV» 


416,7      418,0  41^,3 
Mitfei  41«,7 


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282 


R.  Knit /en 


Palladiumplatte  Nr.  1. 


Rubel.  500 

Ruhel.  500 

7U.45 

8U.05 

83,5 

922,5 

85,0 

82,5 

929,5 

78,0 

78,5 

919,0 

85,5 

88,0 

927,5 

83,0 

81,0 

917,0 

86,0 

85,0 

924,0 

83,5 

80,0 

912,0 

84,5 

84,0 

918,5 

79,5 

83,0 

922,0 

84,0 

80,0 

914,0 
916,0 

si, 5 

83,0 

928,0 

4  0,0 

81,0 

iS,0 

s5,0 

926,0 

80,0 

83,0 

915.5 

86.0 

84,0 

82,5 

920,0 

83,0 

84,5 

916,5 

79,0 

924,0 

82,0Ruhel. 

87,5 

915,5 
920,0 

79,0RubeL 

83,5 

81,5500 

86,0 

81,5  500 

Mittl. 

Auaschl.  417,6 

419,8 

416,6 

415,9 

419,7 

419,1 

Mittel  418,0 

Mittel  418,2 

Palladiumplatte  Nr.  1. 


Ruhel.  500 
8U.15 
81,5 
78,0 
83,5 
82,0 
85,0 
76,0 
80,0 
79,5 
84,5 
83,5 


920,5 
924,5 
923,5 
928,0 
919,5 
925,5 
921,5 
922,5 
921,5 
920,5 


H7,0 
85.5 
83,5 
83,5 
85,5 
79,5 
86,0 
85,0 

86,0  Ruhel. 
83,5  500 


Platinplatte  A3. 

Ruhel.  500 
sü.40 

912,5  90,0 

915,0  79,0 

912,0  84,0 

926,*»  82,0 

911,5  91,0 

922,5  79,0 

920,0  83,0 

923,5  90,0 

918,5  80,0 

924,5  82,0 


913,0 
914,5 
900,0 
918,0 
912,0 
911,0 
919,5 
927,5 

904,0  RuheL 
918,5  500 


Mittl. 
Ausschl. 


41M,7     422,2  415,5 


418,6     416,0  413,7 


Mittef416,l 


Mittel  418,8 

Platin  415,9  414,2  416,7  416,1  Hauptmittel  415,7 
Palladium    418,0   418,2   418,8  Hauptmittel  418,3 

Daraus  berechnete  sich  die  Glühtemperatur  für  Platin 
404,8°,  Palladium  407,3°. 

3)  Silber,  chemisch  rein. 

1.  Platte.   (Thermoelement  Nr.   5)  414,7° 
(  »  6)  413,1 

(  »  »     7)  416,4 

Mittel  414,7°. 


2. 
3. 


4)  Kupfer. 

1.  Platte. 

2. 
3. 


(Thermoelement  Nr.  6)  412,8° 
(         »  »      7)  416,2 

(  „  m      8)  415,8. 


Die  Kupferplatten  hatten  sich  während  der  Untersuchung 
oxydirt,  sodass  sich  diese  Zahlen  auf  oxydirtes  Kupfer  be- 
ziehen. 


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Lichtemission  glühender  Metalle. 


233 


5)  Messing. 

1.  Platt«.    (Thermoelement  Nr.   8»  405,3» 

2.  „        (  jj  •>     9)  406,5 
3-      »        (           n  10)  403/Z_ 

Mittel  405.2° 

Die  Messingplatten  waren  während  der  Untersuchung 
leicht  angelaufen. 

6)  Neusilber. 

1.  Platte.  (Thermoelement  Nr.    9>  404,*" 

2.  „       (  „  „    10)  402.3 

3.  (  n  »    11)  400,7 

Mittel  402.6°. 

Die  Platten  Nr.  1  und  2  hatten  sich  während  der  Unter- 
suchung leicht  oxydirt.  während  Platte  Nr.  3  ihre  metalli- 
sche Fläche  unverändert  beibehielt. 

7)  Eisen. 

1.  Platte.   (Thermoelement  Nr.  11)  403,9° 

2.  „  _  405,3_ 

Mittel  404,6°. 

Dieser  Werth  für  Platte  Nr.  2  wurde  durch  Differen- 
tialbeobachtungen gegen  ein  Platinblättchen  A  bestimmt,  für 
welches  früher  die  Temperatur  von  404°  ermittelt  worden 
war.  Hr.  Prof.  Weber  hatte  für  Eisen  eine  Temperatur 
bedeutend  unter  derjenigen  des  Platins  gefunden.  Dies 
erklärt  sich  dadurch,  dass  derselbe  eine  andere  Sorte  Eisen 
mit  schwarzer,  rauher  Oberfläche  untersuchte,  während  mei- 
nen Eisenplättchen  durch  wiederholtes  Auswalzen  eine  voll- 
kommen spiegelnde  Oberfläche  gegeben  war.  Auch  diese 
Plättchen  oxydirten  sich  während  der  Untersuchung. 

8)  Gold.    (Chemisch  rein.) 

1.  Platte    422,8°      2.  Platte    423,9°      Mittel  422,3°. 

Der  Werth  der  Platte  Nr.  1  war  durch  Differentialbe- 
stimmungen  gegen  eine  Platinplatte  A,  der  Werth  für  Platte 
Nr. 2 durch  Differentialbestimmung  gegen  die  Eisenplatte  Nr.  1 
gefunden  worden.  Die  Differenz  der  Mittel  der  für  Gold  und 
Eisen  gefundenen  Temperaturen  beträgt  18,7°,  während  durch 
sie  eine  weitere  directe  Bestimmung  zu  20.0°  gefunden  wurde. 

Die  Temperaturen,  bei  welchen  die  Metalle  zu  glühen 
beginnen,  liegen  also  über  100°  tiefer  als  nach  der  Angabc 
*on  Drap  er.    Auch  lassen  sich  bei  optisch  sich  so  ähnlich 


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231 


/?.  Emden. 


verhaltenden  Körpern  wie  die  Metalle,  wenn  auch  geringe,  so 
doch  bestimmt  nachweisbare  Differenzen  dieser  Temperaturen 
constatiren.  In  Bezug  auf  die  Temperatur  ihrer  beginnenden 
Lichtemission  ordnen  sich  die  Metalle  in  folgender  Reihe: 

1.  Neusilber.    .    .  403°  6.  Platin  ....  408" 

2.  Platin  (unroin).  404  7.  Silber  ....  415 

3.  Eisen   ....  405  8.  Kupfer     .    .    .  415 

4.  Messing    .    .    .  405  9.  Gold    ....  423 

5.  Palladium     .    .  408  , 

Dies  Resultat  scheint  im  Widerspruch  zu  stehen  mit 
dem  von  Kirchhoff  abgeleiteten  und  seither  in  alle  Lehr- 
bücher der  Physik  übergegangenen  Satze,  dass  alle  Körper 
bei  derselben  Temperatur  zu  glühen  beginnen.  Dieser  Satz 
ist  nicht  richtig.  Der  Fehler ,  der  in  seiner  Ableitung  be- 
gangen wurde,  besteht  in  einer  Gleichsetzung  der  Begriffe 
„Beginn  des  Glühens"  und  „Beginn  der  Aussendung  einer 
Strahlengattung  von  der  Wellenlänge  der  sichtbaren  Strah- 
len". Nun  ist  unser  Auge  aber  nicht  befähigt,  diese  Strah- 
len schon  wahrzunehmen,  wenn  sie  nur  mit  kleinster  Energie 
auftreten.  Die  Zahlen,  welche  für  den  Beginn  des  Glühens 
gegeben  werden,  zeigen  uns  also  nur,  in  welchem  Momente 
die  Energie  der  sichtbaren  Strahlen  einen  gewissen  Schwel- 
len werth  überschritten  hat;  über  die  Temperatur,  bei  wel- 
cher sich  diese  Strahlen  zu  entwickeln  beginnen,  geben  sie 
uns  nicht  den  geringsten  Aufschluss. 

Hr.  Prof.  Weber  hatte  für  Kohle  gefunden,  dass  das 
erste  auftretende  Grau  durch  Strahlen  von  der  Wellenlänge 
der  grüngelben  Strahlen  hervorgerufen  wird.  Es  ist  nun  äusserst 
wahrscheinlich,  dass  dies  erste  Grau,  welches  jede  Farbe  bei 
möglichst  schwachem  Auftreten  im  Auge  bewirkt,  auch  bei  den 
Metallen  durch  dieselbe  Strahlengattung  hervorgebracht  wird. 
Es  geht  dies  daraus  hervor,  dass  unser  Auge  für  diese 
grüngelbe  Strahlengattung  ungleich  empfindlicher  ist,  wie 
für  die  übrigen  Strahlen.  Zeichnen  wir  uns  (Fig.  9  Taf.  II), 
gestützt  auf  die  Zahlen  von  Ebert,1)  für  die  Schwellen- 
werthe  des  Auges  eine  Curve  derart,  dass  wir  für  die  Strah- 
len jeder  Wellenlänge  Ordinaten  auftragen,  umgekehrt  pro- 

1)  Ebert,  1.  c. 


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Lichtemission  glühender  Metalle. 


235 


portional  der  Reizemptindlicbkeit  des  Auges,  so  sehen  wir, 
dass  diese  Curve  aus  anderen  Curven,  welche  die  Energie 
der  Strahlen  eines  Spectrums  angeben,  stets  zuerst  die  Par- 
tien herausschneidet,  welche  der  grüngelben  Strahlung  ent- 
sprechen. Dabei  können  diese  zweiten  Curven  sehr  beliebig 
gelegen  sein,  falls  sie  nur  keine  starken  Maxima  und  Minima 
besitzen.  Auf  diesen  Punkt  hat  bereits  Ebert1)  aufmerk- 
sam gemacht.  Dass  dies  erste  Grau  auch  bei  den  Metallen 
durch  die  grüngelbe  Strahlung  hervorgebracht  wird .  konnte 
ich  sehr  leicht  nachweisen,  indem  ich  die  einer  Veisuchs- 
anordnung  von  von  Bezold  *)  zu  Grunde  liegende  Idee 
benutzte.  Ein  dünner  Metalldraht  wurde  zwischen  starken 
Metallklemmen  eingespannt  und  durch  den  electrischen  Strom 
zum  Glühen  gebracht.  Dabei  glüht  nicht  der  ganze  Draht 
gleichmässig,  sondern  seine  Enden  bleiben  dunkel,  da  ihnen 
durch  Leitung  sehr  viel  Wärme  entzogen  wird.  Durch  ein 
Prisma  mit  gerader  Durchsicht,  dessen  brechende  Kante  dem 
gespannten  Drahte  parallel  gestellt  war,  wurde  dann  eine 
solche  Partie  der  Drahtenden  beobachtet,  dass  ein  hellglühen- 
der und  ein  dunkler  Theil  des  Drahtes  zu  gleicher  Zeit  sicht- 
bar war.  Das  Spectrum  hatte  dann  nicht  die  Form  eines 
Parallelogramms,  wie  es  der  Fall  gewesen  wäre,  wenn  der 
ganze  Draht  gleichmässig  geglüht  hätte,  sondern  hatte  die 
Form  eines  Dreiecks.  Die  Basis  desselben,  ein  vollständiges 
Spectrum,  entsprach  dem  hellglühenden  Theile  des  Drahtes, 
seinen  immer  dunkler  werdenden  Partien  entsprachen  Spec- 
tren,  deren  Enden  immer  vollständiger  verschwanden.  Die 
Spitze  des  Dreiecks  lief  in  einen  grauen  Zipfel  aus.  Proji- 
cirte  man  denselben  auf  die  Basis  des  Dreiecks,  so  traf  man 
bei  Drähten  jeglicher  Metallsorte  stets  auf  die  Partie  der 
grüngelben  Strahlung. 

Die  in  dieser  Arbeit  ermittelten  Temperaturen  der  begin- 
nenden Graugluth  zeigen  demnach,  bei  welchen  Temperaturen 
die  Energie  der  von  einem  erwärmten  Metalle  ausgesandten 
grüngelben  Strahlung  ein  und  denselben  Werth  erreichte. 

Physik.  Laborat.  des  eidg.  Polytechn.  Zürich,  Juli  1888. 

1)  Eberl  1.  c. 

2)  von  Bezold.  Wied.  Anu.  21.  p.  175.  18*4. 


236  R.  Ritter. 

» 

X.   I  eher  die  Reflexion  des  Li  elites  an  parallel 
zur  optischen  Axe  geschliffenem  Quarz; 
von  Robert  Ritter, 

(Hierzu  T»f.  III  Fly.  1-6.) 

Auf  Anrathen  des  Hrn.  Geheimrath  v.  H elmhol tz 
habe  ich  mit  Hülfe  der  Wernicke'schen  Methode1)  die 
Reflexion  des  Lichtes  an  parallel  der  optischen  Axe  ge- 
schliffenem Quarz  untersucht  und  gefunden,  dass  auch  bei 
der  Reflexion  an  diesem  doppeltbrechenden  Medium  nur  die 
senkrecht  zur  Einfallsebene  polarisirte  Componente  eine 
Phasenänderung  erleidet;  ferner  war  die  Wernicke'sche 
Methode  genau  genug,  um  trotz  der  schwachen  Doppel- 
brechung des  Quarzes  eine  Verschiedenheit  des  Hauptein- 
fallswinkels je  nach  der  Lage  der  optischen  Axe  zur  Ein- 
fallsebene nachzuweisen.  Ich  will  hier  gleich  bemerken,  dass 
die  Quarzplatte  noch  mit  der  vom  Polirmittel  herrührenden 
Oberflächenschicht  behaftet  war;  diese  fremdartige  Ober- 
flächenschicht übt  indessen  nur  eine  modificirende  Wirkung 
aus,  wie  aus  den  letzten  von  Hrn.  Wernicke  veröffentlich- 
ten Versuchen8)  hervorgeht. 

Bevor  ich  zur  Beschreibung  meiner  im  hiesigen  physi- 
kalischen Institute  angestellten  Versuche  übergehe,  drängt 
es  mich,  meinem  hochverehrten  Lehrer,  Hrn.  Goheimrath 
v.  Helmholtz,  für  die  Anregung  zu  dieser  Arbeit,  sowie 
für  die  Unterstützung  und  das  Interesse,  welches  er  meiner 
Arbeit  stets  zu  Theil  werden  Hess,  meinen  ehrerbietigsten 
Dank  zu  sagen. 

Auch  kann  ich  es  nicht  unterlassen,  an  dieser  Stelle 
Hrn.  Dr.  Wernicke  für  seine  gefälligen  Auskünfte  und 
Rathschläge  zu  danken,  welche  mir  in  manchen  Einzelheiten 
von  grossem  Werth  waren. 

A.    Vorversuch  au  Glas. 

Um  mich  mit  der  Methode  des  Hrn.  Wernicke  bekannt 
zu  machen,  wiederholte  ich  zunächst  seine  Versuche  an  Glas. 

\\  W.  Wernicke,  Wied.  Ann.  25.  p.  203.  1885;  30.  p.  452.  1S87. 
2)  W.  Wernicke.  Wied.  Ann.  30.  p.  452.  1887. 


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Lichtreflexion  an  Quarz. 


161 


Die  Luftschicht  zwischen  zwei  zusammengekitteten  plan- 
parallelen  Crownglasplatten  zeigte  ein  Ringsystem,  mit  einer 
gleichmässig  gefärbten  dicksten  Stelle  in  der  Mitte)  deren  Aus- 
dehnung etwa  Vi  qcm  betrug,  sodass  also  diese  gleichmässig  ge- 
färbte Mitte  zu  den  Versuchen  verwendet  werden  konnte. l)  Die 
zusammengekitteten  Platten  befestigte  ich  vertical  über  der 
Mitte  des  Tischchens  eines  Spectrometers,  durch  dessen  Coi- 
limatorrohr  von  einem  Heliostaten  reflectirte  Sonnenstrahlen 
auf  die  Platten  fielen;  am  Spectrometer  wurden  die  Einfalls- 
winkel gemessen,  während  zur  Bestimmung  der  Lage  der 
Interferenzstreifen  im  Spectrum  ein  selbständiges,  schwach 
vergrößerndes  Fernrohr  (F,  s.  Fig.  1  oder  Fig.  6)  diente, 
dem  ein  Prismensystem  a  vision  directe  (G)  vorgesetzt  wurde. 
Das  Fernrohr  war  mit  einem  Ocularschraubenmikrometer 
M  versehen,  und  hinter  dem  Ocular  befand  sich  ein  dreh- 
bares Nicol'sches  Prisma  N.  —  Da  es  mir  anfangs  nicht 
gelang,  bei  directem  Einstellen  des  Beobachtungsfernrohres 
F  auf  den  schmalen,  im  Unendlichen  befindlichen  Spalt  tx 
die  Interferenzstreifen  in  einem  einheitlichen  Spectrum  mit 
deutlichen  Fraunhofer* sehen  Linien  zu  erhalten,  so  ver- 
zichtete ich  zunächst  auf  den  Vortheil  der  Wernicke'schen 
Methode,  den  Einfallswinkel  ganz  genau  zu  bestimmen,  und 
ordnete  beim  Versuch  mit  den  Crownglasplatten  die  Beob- 
achtungsapparate so  an,  wie  es  in  Fig.  1  abgebildet  ist. 
Diese  Anordnung  unterscheidet  sich  von  der  des  Hrn.  Wer- 
nicke daxin,  dass  ich  das  von  der  Luftschicht  reflectirte 
Licht  zunächst  durch  ein  zweites  Collimator rohr  C\,  gehen 
Hess,  auf  dessen  schmalen  Spalt  s2  das  selbständige  Beob- 
achtungsfernrohr F  eingestellt  wurde.  Dieser  schmale  Spalt 
st  ersetzte  zugleich  den  Schirm,  welcher  das  von  der  ersten 
Fläche  der  vorderen  und  das  von  der  zweiten  Fläche  der 
hinteren  Glasplatte  reflectirte  Licht  abblenden  muss.  Um 
aber  bei  dieser  Anordnung  genügende  Intensität  für  die  Be- 
obachtung des  senkrecht  zur  Einfallsebene  polarisirten  Lichtes 
zu  erhalten,  musste  ich  den  ersten  Collimatorspalt  sl  breit 
machen.    Bei  dem  Versuch  mit  den  Crownglasplatten  betrug 


l!  W.  Wernicke,  Wied.  Ann.  2ö.  p.  208.  1885. 


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23S 


R.  Bitter. 


die  Spaltbreite  desselben  7'.  Auf  die  Platten  fiel  somit 
nicht  vollständig  paralleles  Liebt,  sondern  Strahlen,  welche 
untereinander  Winkel  bildeten,  die  ^7'  waren.  Die  in  der 
Tabelle  I  angegebenen  Einfallswinkel  sind  somit  Mittelwerthe, 
indem  bei  Gegenüberstehen  von  Collimator  Cx  und  Fern- 
rohr S  das  Mittel  aus  den  Einstellungen  auf  die  beiden 
Kanten  des  Colliraatorspaltes  al  genommen  wurde,  während 
die  zweite  Ablesung  durch  Fadenkreuzspiegelung  an  den 
planparallelen  Platten  erhalten  wurde.  Da  indessen  die  in 
der  Tabelle  angegebenen  Wellenlängen  durch  Einstellen  des 
Ocularmikrometers  auf  die  Mitte  der  Interferenzstreifen  ge- 
funden wurden,  so  kann  man  die  angegebenen  Einfallswinkel 
und  Wellenlängen  als  zusammengehörend  betrachten.  Man 
sieht  übrigens  die  Berechtigung  meiner  Anordnung  —  so  lange 
es  sich  nur  darum  handelt,  nachzuweisen,  dass  das  parallel 
der  Einfailsebene  polarisirte  Licht  keine  Phasenänderung 
erleidet  —  leicht  ein,  wenn  man  bedenkt,  dass  bei  Einfalls- 
winkeln zwischen  55  und  60°  einem  Fehler  von  ±  in 
der  Bestimmung  des  Einfallswinkels  eine  Aenderung  der 
nach  der  Formel: 

2 . cos  o 

berechneten  Dicke  der  Luftschicht  um  0,0016  —  0,0018  des 
erhaltenen  Werthes  d  entspricht,  dass  also  selbst  der  grösste 
überhaupt  mögliche  Fehler  in  der  Bestimmung  des  Einfalls- 
winkels die  Zahlen  d  in  der  Tabelle  I  nur  um  Grössen  ver- 
ändern würde,  welche  innerhalb  der  übrigen  Beobachtungs- 
fehler liegen  und  daher  keinen  Einfluss  haben  auf  die  erreich- 
bare Genauigkeit  in  der  Uebereinstimmung  der  aus  ver- 
schiedenen Einfallswinkeln  berechneten  Zahlen  d.  Dement- 
sprechend zeigte  sich  trotz  der  grossen  Spaltbreite  des  ersten 
Collimators  keine  störende  Verbreiterung  der  Interferenz- 
streifen. 

Die  Tabelle  I  enthält  in  der  ersten  Columne  die  Ein- 
fallswinkel u,  in  der  zweiten  die  Ordnungszahl  m  der  Inter- 
ferenzstreifen, in  Columne  3 — 6:  die  interferirenden  Wellen- 
längen im  parallel  und  im  senkrecht  zur  Einfallsebene 
polarisirten  Licht,  und  die  aus  ihnen  nach  der  Formel: 


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Lichtreflexion  an  Quarz 


239 


2 . C08  « 

berechneten  Dicken  der  Luftschicht  in  0,061  mm  —  während 
die  letzte  Columne  das  Datum  der  Messung  angibt. 


Tabelle  I. 
Luftschicht  zwischen  Crownglaa. 


,4  ■  f 

« 

m 

in 

dl 

d  ^-        Datum  für  d  i 

55°  20' 

3 

561.6 

574,1 

1481 

1514 

19.  Juli  1S86 

4 

422,2 

14H4 

56  - 

3 

550,7 

581,5 

1477 

1560 

26.     it  •» 

4 

413,6 

1479 

30.     »  t» 

56  15 

3 

549,7 

590,2 

1484 

1593 

6.  Aug.  » 

4 

411,7 

1482 

56  30 

3 

543,7 

639,5 

1478 

1738 

9.     it  i> 

4 

409,5 

1484 

7.    ??  »i 

56  45 

3 

540,2 

1478 

9.    ,i  „ 

4 

405,9 
535,6 

1481 

57  - 

3 

1475 

10.         „  „ 

4 

505,4 

1856 

3 

534,1 

1471 

12.    ?»  )» 

57  30 

3 
4 

527,1 

50S,3 

1471 

1892 

58  30 

: 

513,2 

1473 

13.    >i  »> 

503,9 

1929 

Die  Interferenzstreifen  waren  wegen  der  Form  der  Luft- 
schicht nach  dem  rothen  Ende  des  Spectrums  hin  convex, 
und  wurde  immer  auf  die  äusserst  zum  rothen  Ende  hin 
gelegene,  den  Fraunhofer'schen  Linien  parallele  Stolle 
derselben  eingestellt.  Die  Platten  waren  noch  mit  der  vom 
Polirmittel  herrührenden  Oberflächenschicht  behaftet.  Die  Wel- 
lenlängen der  Streifen  im  senkrecht  zur  Einfallsebene  pola- 
risirten  Licht  sind  zum  Theil  nur  geschätzt;  sie  dürfen  daher 
nicht  zu  Messungen  der  Phasendifferenzen  verwendet  werden. 

Die  in  Tabelle  I  angegebenen  Zahlen  sind  —  ungünstiger 
Witterung  wegen,  und  weil  ich  zum  schnellen  Beobachten 
noch  nicht  geübt  genug  war  —  im  Laufe  von  etwa  drei 
Wochen  (Ende  Juli  und  Anfang  August  1886)  gemessen 
worden;  trotzdem  stimmen  die  im  parallel  zur  Einfallsebene 
polarisirten  Licht  erhaltenen  Zahlen  dl  für  die  Dicke  der 
Luftschicht  gut  überein  —  ein  Zeichen  für  die  grosse  Un- 
empfindlichkeit  der  Kittbefestigung  gegen  Temperatureinflüsse. 


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240 


Ii.  Kitttr. 


B.    Versuche  an  parallel  zur  optischen  Axe  geschliffenem 

Quarz. 

1.  Schraubenapparat.  —  Um  die  Reflexion  des  Lichtes 
an  parallel  zur  optischen  Axe  geschliffen em  Quarz  mit  Hülfe 
der  Wem  icke' sehen  Methode  zu  untersuchen,  musste  die 
hintere  Glasplatte  durch  eine  Quarzplatte  ersetzt  werden, 
d.  h.  die  Versuche  mussten  an  einer  Luftschicht  zwischen 
Glas  und  Quarz  angestellt  werden.  Um  diese  Luftschicht 
möglichst  gleichmässig  machen  zu  können  und  zugleich  im 
Stande  zu  sein,  dieselbe  ie  nach  dem  Zwecke  des  betreffenden 
Versuchs  nach  Wunsch  bald  dicker,  bald  dünner  zu  erhal- 
ten, wurde  nach  der  Idee  des  Hrn.  Geheimraths  v.  Helm- 
holtz  in  der  mechanischen  Werkstatt  von  Franz  Schmidt 
und  Hä nsch  ein  Schraubenapparat  hergestellt,  dessen  Total- 
ansicht Fig.  2  zeigt,  während  in  Fig.  3  sein  verticaler 
Durchschnitt,  in  Fig.  4  und  5  seine  beiden  Haupttheile  ab- 
gebildet sind.  Zunächst  wurde  eine  parallel  zur  Axe  ge- 
schliffene, quadratische  (4.4  cm)2  =  19,36  qcm  grosse  Berg- 
kr)  stallplatte  speciell  gegen  eine  ebenso  grosse  und  ebenso 
geformte  planparallele  Crownglasplatte  so  abgeschliffen,  dass 
man  beim  Aufeinanderlegen  der  beiden  Platten  mit  Leich- 
tigkeit eine  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  gleichmässig  ge- 
färbte Luftschicht  erhielt.  Hierauf  wurde  jede  Platte  in 
eine  Messingfassung  M  (s.  Fig.  2,  4  und  5)  gekittet,  und 
zwar  so,  dass  die  etwa  8  mm  dicken  Platten  auf  beiden 
Seiten  der  etwas  dünneren  Fassung  ein  wenig  hervorragen, 
sodass  auch  jetzt  noch  die  beiden  gegen  einander  abgeschlif- 
fenen Flächen  in  Berührung  gebracht  werden  können  — 
wenn  die  acht  in  der  Fassung  der  Glasplatte  angebrachten 
Schraubenfedern,  deren  Köpfe  /  in  Fig.  2,  3  und  4  sichtbar 
sind,  ausser  Thätigkeit  gesetzt  sind.  —  Fig.  2  und  4  zeigen 
uns  die  äussere  Seite  der  Fassung  der  Glasplatte.  Die  Köpfe 
der  Federn  sind  durch  einen  Kähmen  R  hindurchgeführt, 
welcher  vermittelst  der  gegen  die  Fassung  drückenden 
Schraube  F  schlittenartig  gegen  dieselbe  verschoben  werden 
kann.  Hat  der  Rahmen  R  die  Stellung  der  Fig.  2,  so  ragen 
die  Enden  der  Federn  auf  der  inneren  Seite  der  Fassung 


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Lichtreflexion  an  Quarz. 


241 


über  die  Glasplatte  hervor,  wie  man  es  in  Fig.  3  angedeutet 
sieht,  wird  er  dagegen  vermittelst  der  Schraube  F  nach  oben 
verschoben,  sodass  er  die  Lage  der  Fig.  4  erhält,  so  fassen 
die  auf  dem  Rahmen  befindlichen  keilförmigen  Erhöhungen 
k  die  benachbarten  Köpfe  der  Federn  /,  heben  dieselben  in 
die  Höhe  und  setzen  auf  diese  Weise  die  Federn  ausser 
Tbätigkeit,  indem  dann  die  Enden  derselben  auf  der  inneren 
Seite  der  Fassung  nicht  mehr  über  die  Glasplatte  hervorragen, 
sodass  man  jetzt  die  Quarzplatte  mit  der  Glasplatte  in  Berührung 
bringen  kann.  Nachdem  man  die  Federn  f  auf  diese  Weise 
ausser  Tbätigkeit  gesetzt  hat,  legt  man  die  eingefasste  Quarz- 
platte auf  die  „innere",  in  Fig.  4  nicht  sichtbare  Seite  der 
Glasplatte,  sodass  die  beiden  Platten  mit  ihren  ähnlichen 
Fassungen  in  übereinstimmender  Stellung  übereinander  liegen. 
Waren  beide  vorher  sorgfältig  gereinigt,  so  erhält  man  auch 
jetzt  mit  Leichtigkeit  eine  vollkommen  gleichmässig  gefärbte 
Luftschicht,  da  die  Platten  trotz  des  Einkittens  in  die  Mes- 
singfassungen  ihre  vorzüglich  ebenen  Flächen  behalten  hatten. 
Hierauf  werden  die  an  den  vier  Ecken  der  Glasplattenfas- 
sung angebrachten  Scbarnire  n  (s.  Fig.  4),  welche  die 
Schrauben  *  tragen,  in  die  Höhe  gehoben  und  durch  die 
vier  Schrauben  s  die  beiden  Platten  mit  schwachem  Druck 
zusammengehalten.  Wird  hierauf  der  Rahmen  R  wieder  in 
seine  in  der  Fig.  2  angegebene  Stellung  gebracht,  so  sind 
die  Federn  /  in  Thätigkeit  und  haben  das  Bestreben,  die 
beiden  Platten  möglichst  voneinander  zu  entfernen,  während 
dieselben  von  den  vier  Schrauben  s  zusammengehalten  wer- 
den. Hierdurch  ist  es  ermöglicht,  der  Luftschicht  auch  bei 
verticaler  Stellung  der  Platten  durch  Verstellen  der  vier 
Schrauben  s  jede  gewünschte  Dicke  zu  ertheilen,  indem  die 
Luftschicht  wegen  der  Federn  f  jedesmal  die  grösste  von 
den  Schrauben  *  gestattete  Dicke  annimmt.  Die  Symmetrie 
der  Lage  der  Federn  f  trägt  wohl  dazu  bei,  dass  zugleich 
auf  diese  Weise  die  Dicke  der  Luftschicht,  wie  wir  sehen 
werden,  sehr  gleichmässig  gemacht  werden  kann. 

Die  Totalansicht  des  Schraubenapparates  (Fig.  2)  und 
der  verticale  Durchschnitt  (Fig.  3)  zeigen,  wie  die  beiden  in 
der  beschriebenen  Weise  zusammengehaltenen  Platten  über 

Ano.  d.  Phyt.  o.  Ch»m.  N.  F.  XXX  VL  16 


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242 


R.  Ritter. 


dem  8pectrometerti8chchen  angebracht  werden.  Die  Kreis- 
scheibe T  wird  auf  das  Tischchen  gesetzt  und  vermittelst 
der  beiden  Schrauben  t  an  demselben  befestigt.  Sie  trägt 
ein  Ansatzstück  A,  in  welchem  eine  Schraubenspindel  P  sich 
drehen  lässt.  In  der  Fassung  der  Quarzplatte  befanden  sich 
zwei  Oeffnungen  (o,  b  Fig.  5)  mit  Gewinden;  diente  die  eine 
als  Schraubenmutter,  so  war  die  optische  Axe  des  Krystalls 
horizontal;  diente  die  andere  Oeffnung  als  Schraubenmutter, 
so  war  sie  vertical,  stand  also  senkrecht  zur  Einfallsebene. 
Das  Ansatzstück  A  war  so  angebracht,  dass  die  Luftschicht 
zwischen  den  beiden  Platten  über  der  Axe  des  Spectro- 
meters zu  stehen  kam. 

Das  von  mir  benutzte  Spectrometer  —  ein  alter,  sehr 
schöner  Apparat  von  Pis  tor  und  Martins  —  gestattete 
eine  horizontale  Verschiebung  des  Tischchens  von  je  1  cm 
in  zwei  zu  einander  senkrechten  Richtungen,  deren  eine  der 
Ebene  der  Platten  parallel  war;  dies  war  ein  grosser  Vor- 
theil für  meine  Versuche,  indem  ich  auf  solche  Weise  die 
Möglichkeit  hatte,  auch  bei  dickeren  Luftschichten,  wo  die 
Newton'schen  Farben  nicht  mehr  zu  erkennen  sind,  und 
überhaupt  viel  genauer,  als  es  vermittelst  der  Newton'schen 
Farben  möglich  ist,  die  Gleichmässigkeit  der  Luftschicht  zu 
prüfen,  resp.  durch  Verstellen  der  Schrauben  s  zu  verbessern. 
Betrachte  ich  nämlich  die  von  der  Luftschicht  herrührenden 
Interferenzstreifen  im  parallel  der  Einfallsebene  polarisirten 
Licht  und  verschiebe  dabei  die  Luftschicht  in  ihrer  eigenen 
Ebene,  so  werden  die  Interferenzstreifen  nur  in  dem  Fall 
ihre  Lage  im  Spectrum  unverändert  beibehalten,  dass  die 
Luftschicht  an  allen  bei  der  Verschiebung  nach  und  nach 
beobachteten  Stellen  die  gleiche  Dicke  hat,  dagegen  bewirkt 
auch  die  kleinste  Ungleichmässigkeit  der  Dicke  der  Luft- 
schicht eine  Verschiebung  der  Interferenzstreifen;  sie  bleiben 
dabei  parallel  den  Fraunhofer'schen  Linien,  wenn  die 
Luftschicht  nur  in  horizontaler  Richtung  ungleichmässig  dick 
ist,  während  eine  Ungleichmässigkeit  in  verticaler  Richtung 
eine  Neigung  oder  Krümmung  der  Streifen  hervorruft.  So 
kann  man  sofort  die  Gestalt  der  Luftschicht  beurtheilen  und 
weiss,  welche  der  vier  Schrauben  *,  und  wie  man  sie  zu  ver- 


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Lichlreßtxion  an  Quarz. 


243 


stellen  bat,  um  die  Dicke  der  Luftschicht  gleichmassiger  zu 
machen.  Auf  diese  Weise  kann  man  die  Luftschicht  viel 
gleich  massiger  machen,  als  mit  Hülfe  des  Kriteriums  der 
überall  gleichen  Newton' sehen  Farbe;  sehr  häufig  erschien 
die  Luftschicht  in  ihrer  ganzen  Ausdehnung  —  mit  freiem 
Auge  subjectiv  betrachtet  —  gleichmässig  gefärbt,  während 
die  Interferenzstreifen  bei  einer  Verschiebung  der  Platten 
merklich  wanderten.  Bei  einiger  Ausdauer  gelingt  es  in- 
dessen, durch  Verstellen  der  vier  Schrauben  s  dies  Wandern 
zu  vermeiden  oder  auf  ein  Minimum  zu  beschränken  und 
auf  diese  Weise  die  Luftschicht  in  einer  Ausdehnung  von 
etwa  1  qcm  vollkommen  gleichmässig  dick  zu  machen. 

Die  Möglichkeit  der  Verschiebung  des  Spectrometertisch- 
chens  war  ein  Ersatz  für  einen  empfindlichen  Mangel,  der 
leider  einem  solchen  Schraubenapparat  im  Gegensatz  zur 
einfachen  Kittbefestigung  anhaftet,  und  der  in  der  grossen 
Empfindlichkeit  für  Temperatureinflüsse  besteht.  Wir  sahen 
aus  Tabelle  I,  wie  bei  einer  solchen  Kittbefestigung  die 
Luftschicht  während  mehrerer  Wochen  eine  nahezu  con- 
stante  Dicke  behielt,  trotzdem  bei  jenen  Versuchen  keine 
irgendwie  bedeutenden  Schutzmaassregeln  gegen  Temperatur- 
einflüsse getroffen  worden  waren.  Beim  Schraubenapparat 
kann  sich  die  Dicke  der  Luftschicht  schon  während  weniger 
Minuten  sehr  bedeutend  ändern,  wenn  nicht  sorgfältige  Vor- 
kehrungen gegen  Temperatureinflüsse  getroffen  sind,  wenn  vor 
allem  nicht  jede  Spur  von  strahlender  Wärme  abgehalten 
wird.  Aber  selbst  bei  grösster  Vorsicht  ist  es  nicht  immer 
möglich,  Temperaturschwankungen  völlig  zu  vermeiden;  so 
zeigt  sich  z.  B.  an  heissen,  wolkenlosen  Sommertagen,  die 
andererseits  gerade  am  günstigsten  für  diese  Versuche  sind, 
fast  immer  mit  dem  Ansteigen  der  Temperatur  während  des 
Tages  ein  Dickerwerden  der  Luftschicht. 

Ich  werde  bei  Besprechung  der  Resultate  der  einzelnen 
Versuche  auf  diese  Temperatureinflüsse  zurückkommen.  Es 
wird  sich  zeigen,  dass  der  beschriebene  Schraubenapparat  be- 
sonders gut  zu  Messungen  der  Phasendifferenzen  sich  eignet, 
wobei  die  Temperaturänderungen  nur  wenig  in  Betracht  kom- 
men und  auf  einfache  Weise  eliminirt  werden  können. 


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244 


R.  Ritter. 


2.  Bestimmung  der  Richtung  der  optischen  Axe. 
—  Da  ich  die  Quarzplatte  eingefasst  und  ohne  Angabe  der 
Richtung  der  optischen  Axe  in  der  geschliffenen  Fläche  aus 
der  mechanischen  Werkstatt  erhalten  hatte,  so  musste  ich 
diese  Richtung  auf  optischem  Wege  bestimmen. 

Hierzu  brachte  ich  die  Platte  zunächst  zwischen  zwei 
gekreuzte  Nicol'sche  Prismen  und  erhielt  aus  der  Lage  der 
Platte,  bei  welcher  keine  Depolarisation  eintritt,  die  beiden 
aufeinander  senkrechten  Richtungen,  von  denen  die  eine  die 
Richtung  der  optischen  Axe  ist.  Eine  dieser  Richtungen 
wurde  auf  der  Fassung  der  Quarzplatte  markirt.  Um  zu 
entscheiden,  welche  der  zwei  zu  einander  senkrechten  Rich- 
tungen die  Richtung  der  Axe  ist,  bestimmte  ich  am  Spectro- 
meter den  Winkel,  welchen  die  beiden  Ebenen  der  schwach 
prismatischen  Quarzplatte  bilden,  und  die  Lage  der  Kante 
des  Prismas  und  wusste  somit,  an  welcher  Seite  die  Platte 
dicker,  und  an  welcher  Seite  sie  dünner  war.  Die  Richtung 
senkrecht  zur  Prismenkante  wurde  auf  der  Fassung  markirt, 
und  zwar  als  Pfeil,  welcher  nach  der  dünnen  Seite  der  Quarz- 
platte  hinweist  (s.  Fig.  5).  Hierauf  untersuchte  ich  die 
Quarzplatte  in  einem  mikroskopischen  Polarisationsapparat, 
welcher  das  auf  die  Platte  fallende  Licht  sehr  convergent 
machte.  Bei  Anwendung  von  homogenem  NaLicht  zeigte 
die  etwa  8  mm  dicke  Platte  zwei  Hyperbelsysteme,  deren 
aufeinander  senkrechte  Axen  der  Richtung  der  optischen 
Axe  und  der  ihr  senkrechten  Richtung  entsprachen.  Der 
von  den  beiden  Ebenen  der  Quarzplatte  eingeschlossene 
Winkel  betrug  10' 20",  die  Ausdehnung  der  Platte  in  der 
Richtung  senkrecht  zur  Prismenkante  55  mm,  somit  der 
Unterschied  der  Dicke  an  den  beiden  Enden  der  Platte  in 
dieser  Richtung:  55  .  sin  .  10' 20"  =  55  .  0.003  =  0,165  mm. 
Einem  Gangunterschied  der  zwei  den  Quarz  in  normaler 
Richtung  durchsetzenden  Strahlen  von  einer  halben  Wellen- 
länge entspricht  eine  Dicke  von  0,03237  mm;  bei  Verschie- 
bung der  Platte  im  Polarisationsapparat  in  Richtung  senk- 
recht zur  Prismenkante  musste  somit  die  Mitte  des  Gesichts- 
feldes die  Intensität  wechseln;  war  die  Mitte  anfangs  gelb, 
so  wurde  sie  allmählich  schwarz,  dann  wieder  gelb  u.  8.  £, 


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Lichtreflexion  an  Quarz. 


-45 


d.  h.  sie  wechselte  fünfmal  die  Intensität,  weil  der  Dicken- 
unterschied  von  0,165  mm  einer  Aenderung  der  Phasendiffe- 
renz der  beiden  Strahlen  von  ungefähr  fünf  halben  Wellen- 
längen entspricht. 

Dabei  näherten  sich  die  Hyperbeln  des  einen  Systems 
der  Mitte  des  Gesichtsfeldes  und  den  Asymptoten,  in  wel- 
chen sie  schliesslich  verschwanden,  während  die  Hyperbeln 
des  anderen  Systems  sich  von  der  Mitte  und  den  Asympto- 
ten entfernten,  und  von  den  Asymptoten  her  immer  neue 
Hyberbeln  dieses  Systems  auftraten. 

Wenn  ich  die  Platte  so  verschiebe,  dass  zuerst  die 
dicken,  dann  die  dünnen  Stellen  untersucht  werden,  so  ist 
die  optische  Axe  der  Axe  jenes  Systems  parallel,  dessen 
Hyperbeln  sich  der  Mitte  nähern;  denn  in  ihrer  Richtung 
nimmt  der  Gangunterschied  der  interferirenden  Strahlen  bei 
wachsender  Entfernung  von  der  Mitte  des  Gesichtsfeldes  ab. 
—  Auf  diese  Weise  ergab  sich,  dass  die  auf  der  Fassung 
markirte  Richtung  die  Richtung  senkrecht  zur  optischen 
Axe  ist. 

3.  Beobachtungen  unter  beliebigen  Einfalls- 
winkeln. —  Zunächst  habe  ich  zwei  Versuche  (Tabelle  II 
und  III)  bei  parallel  zur  Einfallsebene  polar isirtcm  Licht  gemacht, 
um  nachzuweisen,  dass  bei  der  Reflexion  an  Quarz  unter 
beliebigen  Einfallswinkeln,  ebenso  wie  bei  der  Reflexion  an 
isotropen  durchsichtigen  Medien,  die  parallel  zur  Einfalls- 
ebene polarisirte  Componente  keine  Phasenänderung  erleidet. 
Bei  dem  einen  Versuch  stand  die  optische  Axe  des  Quarzes 
senkrecht,  beim  anderen  parallel  zur  Einfallsebene.  Ich 
konnte  hierbei  wieder  die  Anordnung  der  Apparate,  wie  sie 
in  der  Fig.  1  dargestellt  ist,  anwenden.  Die  Spaltbreite  des 
ersten  Collimators  Cx  betrug  4',  resp.  5'.  Aber  selbst  ein 
Fehler  von  ±2V2'  in  der  Bestimmung  des  Einfallswinkels 
würde  die  nach  der  Formel: 

d  =  2  mA 

2 . COB . a 

berechnete  Dicke  der  Luftschicht  bei  Einfallswinkeln  von 
40 — 65°  nur  um  0,086 — ü,0216  des  Gesammtbetrages  verän- 
dern —  Grössen,  welche  nicht  in  Betracht  kommen. 


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246 


Ii.  Hitter 


Zur  Bestimmung  der  Einfallswinkel  wurde  zunächst  ohne 
dazwischenstehende  Platten  die  Gegenüberstellung  von  Colli- 
mator- und  Fernrohr  abgelesen,  alsdann  der  Schraubenappa- 
rat an  das  Ansatzstück  über  dem  Spectrometertischchen 
angeschraubt,  die  senkrecht  zur  optischen  Axe  der  Quarz- 
platte stehende  Marke  an  der  Fassung  derselben  horizontal, 
resp.  vertical  gestellt  und  hierauf  die  planparallele  Glasplatte 
und  mit  ihr  die  vordere  Fläche  der  schwach  prismatischen 
Quarzplatte  durch  Fadenkreuzspiegelung  und  durch  Ver- 
stellen der  unter  dem  Spectrometertischchen  dazu  vorhan- 
denen Schrauben  parallel  zur  Umdrehungsaxe  des  Spectro- 
meters, also  vertical  gestellt.  Die  zweite  Einstellung  zur 
Bestimmung  des  Einfallswinkels  geschah  durch  Einstellen 
des  Spectrometerfernrohres  S  auf  die  Mitte  des  von  der 
planparallelen  Glasplatte  gespiegelten  Spaltes,  weil  dies  die 
schnellste  Einstellung  ist.  Hierauf  wurde  das  Spectrometer- 
fornrohr  S  zur  Seite  gedreht,  das  zweite  Collimatorrohr  Ct 
und  das  Beobachtungsfemrohr  F  mit  Prismensystem  für  gerade 
Durchsicht  an  seine  Stelle  gebracht  (s.  Fig.  1),  und  mit  der 
Messung  der  Interferenzstreifen  begonnen.  Nach  beendigter 
Messung  wurde  zur  Controle  nochmals  das  8pectrometerfern- 
rohr  S  auf  die  Mitte  des  von  der  planparallelen  Glasplatte 
roflectirten  Spaltes  eingestellt. 

Zu  Anfang  eines  jeden  der  beiden  Versuche  war  die 
Luftschicht  zwischen  den  Platten  möglichst  gleichmässig  ge- 
macht worden  durch  horizontales  Verschieben  derselben  in 
ihrer  eigenen  Ebene  und  durch  Verstellen  der  Schrauben  * 
(s.  Fig.  2,  3,  4),  bis  die  Interferenzstreifen  bei  einer  solchen 
Verschiebung  der  Platten  nicht  mehr  oder  nur  ganz  unbe- 
deutend ihre  Lage  im  Spectrum  veränderten.  Hierauf  wur- 
den während  eines  jeden  Versuchs  die  Schrauben  *  nicht 
mehr  berührt,  also  die  Dicke  der  Luftschicht  —  bis  auf 
Temperatureinflüsse  —  unverändert  gelassen.  Man  darf  daher 
alle  Zahlen  d,  welche  in  der  Tabelle  II,  resp.  III  angegeben 
sind,  untereinander  vergleichen.  Doch  wird  man  es  begreif- 
lich finden,  dass  die  Zahlen  rf,  welche  an  einem  Tage  beob- 
achtet sind,  besser  untereinander  übereinstimmen,  als  sie  es 
mit  an  anderen  Tagen  gefundenen  thun.    Dass  die  vorkom- 


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Lichtreflexion  an  Quarz. 


247 


menden  geringen  Verschiedenheiten  der  Zahlen  d  nicht  auf 
Phasen&nderungen  beruhen,  sieht  man  schon  daraus,  dass 
die  absichtlich  wiederholten  Messungen  unter  einem  schon 
früher  untersuchten  Einfallswinkel  dieselben  Abweichungen 
gegen  die  früher  unter  diesem  Einfallswinkel  gefundenen 
Zahlen  zeigen,  wie  die  Zahlen  verschiedener  Einfallswinkel. 
Die  Verschiedenheiten  der  Zahlen  d  sind,  sofern  sie  nicht 
in  Beobachtungsfehlern  ihren  Grund  haben,  die  Folge  von 
wirklichen  Veränderungen  der  Dicke  und  Form  der  Luft- 
schicht, welche  durch  Temperaturänderungen  oder  durch 
eine  elastische  Nachwirkung  der  Federn  /  hervorgerufen 
werden. 

So  scheint  die  grösste  Abweichung,  die  der  Zahlen  d 
vom  14.  Februar  gegen  die  Zahlen  der  folgenden  Tage,  die 
Folge  einer  Nachwirkung  der  Federn  f  gewesen  zu  sein, 
welche  am  ersten  Tage,  an  welchem  die  Schrauben  s  einge- 
stellt worden  waren,  noch  nicht  zur  vollen  Geltung  gekom- 
men sein  mögen.  Denn  die  Luftschicht  war  am  folgenden 
Tage  dicker,  trotzdem  die  Zimmertemperatur  um  1,7°  C. 
gefallen  war.  Dass  aber  die  Dicke  der  Luftschicht  zwischen 
den  Platten  unter  dem  blossen  Einrluss  der  Temperatur  zu- 
gleich mit  der  Temperatur  wächst  und  abnimmt,  tritt  in  den 
späteren  Versuchen,  welche  ich  im  Sommer  bei  weit  höherer 
Temperatur  angestellt  habe,  deutlich  hervor  und  zeigt  sich 
ebenso  in  den  Zahlen  vom  17.  Februar,  welche  ich  erhalten 
habe,  nachdem  ich  durch  Oeffnen  der  Luftheizungsklappe 
die  Temperatur  absichtlich  erhöht  hatte.  Doch  kann  man 
die  Temperatur  nicht  einfach  in  Rechnung  bringen,  weil  die 
Verhältnisse  der  Messingfassung  und  der  glatten  Oberflächen 
der  eingefassten  Platten  zu  complicirt  sind,  und  man  nicht 
annehmen  kann,  dass  alle  Theile  des  Schraubenapparates  zu 
gleicher  Zeit  und  sofort  die  Temperatur  der  den  Apparat 
umgebenden  Luft  annehmen,  welche  in  den  Tabellen  ange- 
geben ist;  ferner  machen  die  Temperaturänderungen  die 
Luftschicht  nicht  einfach  dicker  oder  dünner,  sondern  ver- 
ändern in  unregelmässiger  Weise  ihre  Form,  indem  sie  auf 
die  einzelnen  Schrauben  und  Federn  in  unregelmässiger 
Weise  einwirken,  wodurch  die  Luftschicht  gewöhnlich  un- 


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248 


R.  Ritter. 


gleichmässiger  wird.  Es  bleibt  daher  nur  übrig,  die  Tem- 
peratur während  des  Versuchs  möglichst  constant  zu  erhalten 
und  die  Messungen  möglichst  schnell  auszuführen,  um  eine 
grössere  Anzahl  Zahlen  in  verhältnissmassig  kurzer  Zeit 
zur  Vergleichung  zu  erhalten.  Die  angegebenen  Wellen- 
längen sind  daher  das  Mittel  aus  nur  drei,  übrigens  gut 
übereinstimmenden  Mikrometereinstellungen.  Sie  sind  in  bei- 
den Tabellen  in  der  Reihenfolge  angegeben,  in  welcher  sie 
gemessen  worden  sind.  Die  mit  *  bezeichneten  Zahlen  sind 
nur  geschätzt. 


Tabelle  II. 

Luftschicht  zwischen  Glas  und  Quarz  im  parallel  der  Einfallsebeiie 

polarisirten  Licht. 

Optische  Axe  senkrecht  zur  Einfallsebeue. 


Datum 


IM 


d      Temp.  Datum  a 


14.  2.  87.  53°  56' 


15.  2. 


16.  2. 


8  6  »5,7   445«   16.8«  C. 

9  584,4  4467 

10  526,7  4473 
III  47(>,0  4475 

f  1 21  4S8.7*  441V 

40°    12  572,8*  4487*  16,7 

11  490,9*  4486* 


40  11 


55 


55 


632,4 

12  580.2 

13  536,7 
14j  4*8,0 

15  165,1 

16  436,2 

I  i  580,9 

S  649,5 
9,  578,0 
10  520,7 

II  473,3 


4540  15 

4544 

4554 

4551  15,2 
4554 
4555 
4550 

4529 
4535 
4539 
4538 


15,3 
15,4 

Mi,4 


|12  433,9  4539 


81  653,0 
9  581,3 

10  523,0 

11  475.9 


4554 
4561 

4539 
4563 


16,'. 


16,4 


16.2.  87. 


17.2. 


X*"'} 


60 


65 


55 


52 


52 


8  621,3 

9  553,3 

10  497.7 

11  452,4 
414,6* 
653,3 
572,8 
509,5 
458,4 
416.6 
646,0 
555,1 


12 

7 

8 
9 

10 
11 

6 
7 

8  484,9* 

9  '582,7 

10  524,4 

I  1  477.0 
13  432,6 
12  469,1 

11  511,4 
10  562,4 

9  624,4 

9  629,4 
10  15  >6,8 

II  515,3 

12  472.7 

13  436,4 
10  568,3 


d  Temp. 

4563  16,8*  C 
4572 

4569  16,5 
4568 

4568*  16,3 

4573  lf> 
45>2 
4585 
4584 
4583 

4586  16 
4598 

4589*  16,1 

4571  15,8 
4571 

4. »74  16 

4567  1 5,8 

4571 

4568 

4. ^6  7 

4564 


4600 
4603 
4603 
4b06 
4607 
4615 


20,2  l| 

20,5 
21 


1)  Bei  offener  LufthoizungsMapp*'. 


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Lichtreflexion  an  Qiiarz. 


249 


Tabelle  III. 

Luftschicht  zwischen  Glas  und  Quarz  im  parallel  zur  Ehifalleebeue 

polaristrten  Licht. 

Optische  Aze  parallel  der  EinfallfcbiMu'. 


1  >&tum    o  77i 


d  Temp. 


11.3.87.  54°  10 
11 
12 
13 
14 
15 

16  422,4 


674,0  5733 
614,7  5752 
5750 
5749 
5750 
57^9 
5749 


18»C. 


563,3 
519,9 
4*2,8 
450,6 


57 


15 
14 
13 
12 
11 
10 


20 


415.5  5722 
445,7  5729 
4*0,0  5729 

519.6  5725 
567,6  5732 
623,2  5722  19,6 


59 


50 


Dutum    a  TO 


Temp 


18.3.87.50°  11    665,8   5699  19°C. 
12  611,2  570) 
564,1 
523,3 
488,3 
457,5 


13 
14 
15 
16 
17 


40 


13 
14 
15 

15 
16 
17 
18 
19 
20 
21 


430,3 


670,6 
623,4 
5*2,3 


:>704 
5699 
56  9  7 
5094 
56t«0 


5690 
5697 
5701 


5*3,5  5713 
547,9  :  5722 
514,3  ;  5707 
4*6,0  5710 
460,7  ,5714 
437,*:  5713 
416,7  5712 


20 


20,4 


10  5*9,1  5719 

11  536.1  5725 

12  490,7  5717 

13  453,2  5720!  20 

12  612,3  5715  ;  20,6 

13  565,8  1  5721 

14  525,6  5724 

15  490,5  5723 

Ausser  der  directeti  Wirkung  von  Temperaturänderungen 
und  elastischer  Nachwirkung  müssen  die  Beobachtungsfehler 
erwähnt  werden,  welche  daraus  entstanden,  dass  nicht  immer 
ganz  dieselbe  Stelle  der  Luftschicht  und  hierdurch,  nachdem 
die  Luftschicht  durch  Temperatureinflüsse  und  elastische 
Nachwirkung  etwas  ungleichmässig  geworden  war,  verschie- 
den dicke  Stellen  der  Luftschicht  zur  Untersuchung  kamen. 
So  zeigt  sich  z.  B.  an  den  Zahlen  des  16.  Februar  da* 
Folgende :  das  Sonnenbildchen  auf  der  Linse  des  ersten  Col- 
limators wurde  immer  genau  auf  derselben  Stelle  erhal- 
ten; würden  die  Strahlen  in  gerader  Linie  bis  zur  Luftschicht 
gelangen,  eo  würden  sie  also  stets  dieselbe  Stelle  der  Luft- 
schicht treffen;  da  sie  aber  bei  verschiedenen  Einfallswinkeln 
verschieden  starke  Ablenkung  in  der  planparallelen  Glas- 
platte erleiden,  so  geschieht  dies  nicht.  Bei  grösseren  Ein- 
fallswinkeln (a  =  65°)  wurden  dickere  Stellen  getroffen,  als 


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250 


H.  Ritter. 


bei  kleineren.  Daher  der  Verlauf  der  Zahlen  d  am  16.  Februar. 
—  Beim  Einfallswinkel  «  =  40°  am  15.  Februar  war  dieser 
Fehler  durch  eine  kleine  Verschiebung  des  Tischchens  com- 
pensirt  worden.  —  Die  hieraus  entstandenen  Abweichungen 
verdecken  in  den  Tabellen  II  und  III  meistentheils  die 
Richtung  der  Temperatureinflüsse.  Bei  den  späteren,  in 
Tabelle  IV,  V  und  VI  mitgetheilten  Versuchen  fallen  die 
von  der  Ablenkung  in  der  planparallelen  Glasplatte  herrüh- 
renden Fehler  fort,  weil  dort  die  Einfallswinkel  nur  wenig 
verändert  wurden. 

4.  Beobachtungen  in  der  Nähe  des  Hauptein- 
fallswinkels. —  Bei  den  bisher  mitgetheilten  Versuchen 
konnte  die  in  Fig.  1  dargestellte  Anordnung  der  Apparate 
angewandt  werden,  da  es  sich  in  diesen  Versuchen  nur  um 
qualitative  Untersuchungen  handelte.  Will  man  aber  die  in 
der  Nähe  des  Haupteinfallswinkels  erhaltenen  Zahlen  zu 
Messungen  der  absoluten  Phasenänderungen  der  senkrecht 
zur  Einfallsebene  polarisirten  Componente  (Phasendifferenzen 
der  beiden  Componenten)  verwenden  und  hieraus  den  Haupt- 
einfallswinkel berechnen,  so  ist  eine  vollkommen  genaue  Be- 
stimmung des  Einfallswinkels  unbedingt  nothwendig,  da  be- 
kanntlich die  Phasendifferenzen  äusserst  schnell  sich  mit  dem 
Einfallswinkel  ändern.  Ich  habe  deshalb  bei  allen  folgenden 
Versuchen  das  zweite  Oollimatorrohr  Ct  beseitigt  (s.  Fig.  6) 
und  das  Beobachtungsfernrohr  F  auf  den  schmalen  Collima- 
torspalt  5,  eingestellt,  welcher  so  breit  war,  dass  er  gerade 
noch  deutliche  Fraunhofer 'sehe  Linien  lieferte.  Die  Ein- 
fallswinkel wurden  in  ähnlicher  Weise  wie  für  Tabelle  II 
und  III  vermittelst  des  Spectrometerfernrohrs  £  gemessen. 
Sie  sind  bis  auf  ±  30''  genau.  Das  Spectrometer  erlaubte 
zwar,  die  Einfallswinkel  noch  viel  genauer  zu  messen,  allein 
es  kam  darauf  an,  möglichst  schnell  zu  beobachten,  um  eine 
möglichst  grosse  Anzahl  Zahlen  zur  Vergleichung  zu  erhal- 
ten. Daher  wurde  auch  nur  an  einem  der  beiden  mit  dem 
Spectrometerfernrohr  S  fest  verbundenen  Mikroskope  m  ab- 
gelesen ,  sodass  die  Excentricität  des  Spectrometers  beim 
möglichen  Fehler  in  Rechnung  gezogen  werden  musste. 

Die  Tabellen  IV  und  V  geben  die  bei  verschiedenen 


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Licht  reflexion  an  Quarz. 


251 


Einfallswinkeln  a  gemessenen  Wellenlängen,  A"  und  A-L,  der 
Interferenzstreifen  im  parallel  und  senkrecht  polarisirten 
Licht  (Columne  3  und  4),  und  die  aus  denselben  nach  der 
Formel: 

•         in .  i. 
2  .  cos . a 

berechneten  Grössen  d11  und  dl-  (Columne  5  und  6)  in  Mil- 
liontelmillimetern. Columne  7  gibt  die  Zimmertemperatur  t 
in  Celsiusgraden  an.  Es  dürfen  in  diesen  Tabellen  nur  die 
Zahlen  rf11  und  dl-  ,  xoelche  an  einem  und  demselben  Tage  beob- 
achtet worden  sind,  verglichen  werden,  da  zwischen  den  einzelnen 
Beobachtungstagen  die  Schrauben  s  (Fig.  2,  3,  4)  verstellt 
und  somit  die  Dicke  der  Luftschicht  verändert  worden  war. 
Die  Wellenlängen  X 11  sind  das  Mittel  aus  drei  Einstellungen, 
die  Wellenlängen  im  allgemeinen  das  Mittel  aus  fünf 
Einstellungen  des  Ocularmikrometers  M.  Die  Zahlen  A!l  und 
d'  sind  innerhalb  eines  jeden  Beobachtungstages  in  der 
Reihenfolge  angegeben,  in  welcher  sie  gemessen  worden  sind. 


Tabelle  IV. 


Luftschicht  zwischen  Glas  und  ^uarz. 
Optische  Axe  ßenkrecht  zur  Eiufallsebene. 


a 


l       l±    d\\    d±  t 


?)6«  -'  12  517,9  519,6  5557  5575  24,2» 
13  478,4  479,9  5561  5578 

56  15  12  |515,0  517,7  5562  5591 1 
13  '476,2  478,1  5571  5593 

56  30  12  512,9  516,1  5576  5610' 

13J473,7  477,2  5579  5620  25,4 

f;  56°  45'  8  462,6  478,8  3375  3493  23° 


7 
8 
7 
7 
8 

K  -  7 


56  50 
56  55 


529,6  548,3  3380  3500 
462,8  482,8  3884  3530  23,4 
528,8  559,5  3383  3579 
1528,9  565,7 13391  362723,7 
1463.71491,713398  3603, 
528,3  573,8  3395  3687  24,4 


s  46M  491^8  3396  8612 


I 


Ali     U    d     d±  t 


57 


0  15  12  521,4  563,6 
13  481,9  513,4 

11  570,1. 
57  30  11  568.01 

12  520,0  564,6 

13  480,4  516,9 
57  45  12  516,2  562,8 

13  477,0  514,5 

11  564,0 
57    -  13  486,1  506,1 

12  526,6 
11  575,4| 


5783  6251  25°  ») 
5790  6169 
5796  26,2 
5814 

5807  6305 
5812  6253 
5804  6328  26,9 
5810  6267 
5813 

5801  6040  27,2 

5801 

5811 


1)  am  22.  7.  87.  2)  am  25.  6,  3)  am  14.  7  beobachtet. 


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252 


R.  Ritter. 


Tabelle  V. 

Luftschicht  zwischen  Glas  und  Quarz. 
Optische  Are  parallel  der  Einfallsebene. 


56  55 
57 
57 


•)  56°  50'  7  559,4  591,8  3579  3786  22,2' 

!  8  489,4  508,9  3578  3721 

7  5KO,7  598,3  3595  3836  22,6 
:  8  490.8  516,3  3597  3783  23 

—    7  561,3  601,8  3607  3864 

8  492,1  519,7  3614  3*17 
5    8  492,4  521,4  3625  3838 

7  564,0  605,9  3632  3902  23,5 

57   10    7  564.4  609,4  3643  3934 

S  492,9  525,3  3636  3875  23,6 

*)  57°  —  10  438.5  458,5  1 4026  4209, 22» 

9  487,7  512,2  '4030  4232 
'  8  549,5  4036 

S  583,4  1  4285 


8  550,7 


^4045 


i 


56  30    8  559,5  56«,0   4055  4102  22,9 
9  497,7  501.3  1 4058  4087 
10  448,1  452,2*,4059  4096 


56°  45'   9  542,9  555,6  4456  4560  24.1  0 
10  489,1'  4460 
:i0,         499,4:  4554 
10  489,61        "4465!  24,5 
—    9  5 43,9; 573,1 .4494  4735  25 


5 


10  489,4 

10;  510,4 

10489,9 


4493 


4686 


4497 


57»  20  12  527,0  559,7  5858  6222  27,5» 
,13  486,3  510,2  5856  6144 


57   40  12  527,7 
13 

,11  576,8 


574,5,5920  6445  2S.7 
524,7f  6377 
5931 

58  —  1 12  523,7  570,9  5930  6464  29.1 
|13,         522,0,  6403 
11(572,5  r>942 


Man  ersieht  aus  diesen  beiden  Tabellen,  daas  das 
parallel  der  Einfallsebene  polarisirte  Licht  auch  in  der  Nähe 
des  Haupteinfallswinkels  ohne  Phasenänderung  reflectirt  wird, 
und  dass  die  mit  dem  ßabinet'schen  Compensator  beob- 
achteten Phasendifferenzen  nur  von  einer  Phasenänderung  der 
senkrecht  polarisirten  Componente  herrühren.  —  Solange  das 
Nicol'sche  Prisma  nur  eine  Spur  von  parallel  polarisir- 
tem  Licht  durchliess,  hatten  die  Interferenzstreifen  die  ihnen 
in  diesem  Lichte  zukommende  Lage  im  Spectrum,  und  erst  im 
Augenblick,  wo  das  Nicol  die  Stellung  einnimmt,  in  welcher 
es  nur  senkrecht  polarisirtes  Licht  hindurch  lässt,  tritt  ein 
plötzliches  Ueberspringen  der  Streifen  in  ihre  neue  Lage 
ein,  was  einen  sehr  interessanten  Anblick  gewährt. 

Das  von  der  vorderen  Glasfläche  und  von  der  hinteren 
Quarzttäche  retiectirte  Licht  wurde  durch  den  Schirm  r 
(s.  Fig.  6)  abgeblendet,  dessen  verticaler  Spalt  etwa  1  mm 
breit  war;  trotzdem  waren  dielnterferenzstreifeu  bei  gleich- 
mässiger  Luftschicht  in  beiden  Lichtarten  vollkommen 
schwarz,  und  konnte  dies  als  nothwendiges  Kriterium  für 

1)  am  27.6.;  2)  am  29.6.;  8)  am  4.7.;  41  am  29.7.  beob. 


kJ  by  Googli 


Lichtreflexum  an  Quarz. 


253 


die  Gültigkeit  der  Versuche  dienen:  die  Luftschicht  rausste 
mindestens  so  gloichmässig  sein,  dass  die  Streifen  vollkommen 
schwarz  erschienen.  Die  Interferenzen  im  senkrecht  polari- 
sirten Licht  hatten  gewöhnlich  die  Form  Ton  schwarzen 
Flecken,  da  der  obere  und  untere  Theil  des  Gesichtsfeldes 
noch  von  parallel  polarisirtem  Licht  erleuchtet  wurde. 

Das  geringe  Wachsen  der  Zahlen  d  [  —  hauptsächlich  in 
der  Tab.  V  —  ist  offenbar  die  Folge  des  im  Laufe  des  Tags 
eintretenden  Temperaturanstieges,  welcher  sich  gerade  an 
völlig  wolkenlosen  und  daher  heissen  Sommertageu  am  schwie- 
rigsten vermeiden  lässt.  In  Tab.  VI  theile  ich  einen  Ver- 
such vom  30.  Juli  1887  mit,  bei  welchem  die  optische  Axe 
parallel  der  Einfallsebene  war,  und  bei  weichein  ich  nur  die 
Interferenzstreifen  im  parallel  polarisirten  Licht  gemessen 
habe.  Dieser  Versuch  zeigt  freilich  auch  ein  allmähliches 
Ansteigen  der  Zahlen  dtt,  doch  kann  er  trotzdem  als  Er- 
gänzung der  Tab.  V  dienen,  wenn  man  z.  B.  in  der  letzteren 
die  Zahlen  vom  29.  Juni  und  vom  29.  Juli  mit  den  Zahlen 
der  entsprechenden  Einfallswinkel  in  der  Tab.  VI  vergleicht 
Bei  diesem  Versuch  wurden  die  Streifen  während  des  Tags 
etwas  geneigt  gegen  die  Fraunhofer'schen  Linien,  dafür 
blieb  aber  die  Luftschicht  in  horizontaler  Richtung  recht 
gleichmässig;  und  es  wurde  genau  darauf  geachtet,  dass 
immer  dieselbe  Stelle  der  Luftschicht  untersucht  wurde. 

Tabelle  VI. 

Luftschicht  zwischen  Glas  und  Quarz  im  parallel  zur  Eiufallsebene 

polarisirten  Licht. 

Optische  Axe  parallel  der  Einfallaebeuc. 
a  mi  d  II         t      I       ii  in        k  d  t 


5*5»  30'      10  642,2  58 18  28,5° 

11  583,7  5816 

12  534,6  5812 

13  493,4  5811 

14  459,1  5823 

15  428,'J  5*24 

16  402,0  1  5827 


56°  45      10  641,5  5850 

11  582,5  i  584 3 

Iii  534,0  5844 

13  492,7  5841 

14  !  45M,  1  5849 

15  427,5  5848 

16  400,6  1  5845 


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254 


Ii.  Ritter. 


57°  — '     10  639,4  5870  1  29,2° 

11  5H1,6  5878 

12  532,»  5S70 

13  491,8  5869 
;  14  457,8  58x4 

15  427,1  5881 

16  400,5  58  83 

57   15'     10  637,5  5892 

11  579,0  5887 

12  530,9  5888 

13  490,1  5889 

14  455,4  5893 

15  424,8  5889 


57°  30'     10  684,2  5902  1  30° 

tl  576,5  5901  i 

12  527,4  5889 

13  487,2  5894 

14  452,6  5897 

57   45     10  630,3  5906 

11  573,7  5913 

12  525,1  5904 

13  484,7  5904 

14  450,7  5912  30,2 


5.  Phasendifferenzen.  —  Aus  den  in  den  Tabellen 
IV  und  V  mitgetheilten,  sowie  aus  meinen  übrigen  Mes- 
sungen, habe  ich  die  Phasenänderungen  der  senkrecht  zur 
Einfallsebene  polarisirten  Componente  bei  der  Reflexion  in 
Luft  an  Quarz  +  derjenigen  in  Luft  an  Glas  berechnet. 
Die  interferirenden  Wellenlängen  im  senkrecht  zur  Einfalls- 
ebene polarisirten  Licht  genügen  der  Gleichung: 

2d.  cos.  u  +  A  -  A'  +  D1  +  D2  =  m.A-S 

wo  in  unserem  Special  falle  Ay  Ä,  Dx  und  Dt  die  Phasen- 
verzögerungen bei  der  Reflexion  in  Luft  an  Quarz,  in  Glas 
an  Luft  und  bei  der  Brechung  in  der  die  Luftschicht  be- 
grenzenden Glasfläche  bedeuten.  Bezeichnen  wir  mit  A}  die 
Phasenverzögerung  bei  der  Reflexion  in  Luft  au  Glas  unter 
dem  Einfallswinkel  «,  und  machen  wir  die  Annahme: 

A'  =  -  Ax\     j^  +  Z^O, 

d.  h.  die  Annahme,  dass  bei  innerer  und  äusserer  Reflexion 
am  Glase  unter  den  entsprechenden  Einfallswinkeln  die 
senkrecht  polarisirte  Componente  entgegengesetzt  gleiche 
Phasenänderungen,  und  dass  sie  bei  der  Brechung  im  Glase 
keine  Phasenänderungen  erleidet,  so  geht  die  obige  Gleichung 
für  die  Interferenzstreifen  im  senkrecht  polarisirten  Licht 
über  in  die  Gleichung: 

2d.  cos .  a  +  A  +  Ax  =  m . 
und  man  erhält  zur  Berechnung  der  Summe  A  +  Ax : 

A  +  Ax  —  m .  I- —  2d.  cos .  u. 


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Lichtreflexion  an  Quarz. 


255 


In  dieser  Gleichung  sind  ro,  X±f  a  die  bekannten  zu- 
sammen gehörenden  Grössen,  wie  sie  in  allen  bisherigen 
Tabellen  stets  in  gleicher  Weise  bezeichnet  worden  sind; 
d  dagegen  ist  die  wirkliche  Dicke  der  Luftschicht,  welche 
ich  immer  aus  dem  unmittelbar  vor  oder  nach  dem  betref- 
fenden X-  gemessenen  Xn  nach  der  Formel: 

=  27coe .  a 

berechnet  habe  (und  nicht  etwa  als  das  Mittel  aus  den  ver- 
schiedenen Zahlen  <fn),  um  möglichst  genau  die  Dicke  zu 
erhalten,  welche  die  Luftschicht  während  der  Messung  des 
betreffenden  gehabt  hatte.  —  Vom  14.  Juli  an  habe  ich 
übrigens  bei  der  Messung  der  XL  immer  das  folgende  Ver- 
fahren eingeschlagen,  welches  die  aus  denselben  berechneten 
Phasenänderungen  von  Aenderungen  der  Dicke  der  Luft- 
schicht während  der  Messung  unabhängig  macht;  ich  habe 
nicht  den  Abstand  des  Streifens  im  senkrecht  polarisirten 
Licht  von  der  benachbarten  Fraunhofer 'sehen  Linie,  son- 
dern den  Abstand  desselben  vom  nächsten  Interferenzstreifen 
im  parallel  polarisirten  Licht  raikrometrisch  bestimmt,  und 
erhielt  hieraus  und  aus  der  Lage  des  betreffenden  parallel 
polarisirten  Streifens  die  Wellenlänge  des  senkrecht  polari- 
sirten Streifens.  Aus  den  beiden  zusammen  gemessenen 
Streifen  X1'  und  X1-  wurde  die  Phasenänderung  von  X1-  be- 
rechnet nach  der  Formel: 

A  +  Ax  =  m.A-L  -  (m  -  n)XK 

wo  je  nach  dem  Einfallswinkel  n  =  0  oder  n  =  1  war,  da 
natürlich  derjenige  Interferenzstreifen  im  parallel  polarisir- 
ten Licht  benutzt  wurde,  welcher  dem  senkrecht  polarisirten 
Streifen  am  nächsten  lag.  Aenderte  sich  während  der  Mes- 
sung die  Dicke  der  Luftschicht  durch  Temperatureinflüsse, 
so  wurde  hierdurch  die  Lage  der  beiden  Streifen  im  Spec- 
trum in  gleicher  Weise  verändert,  sodass  ihr  Abstand  un- 
geändert  blieb. 

Der  Schraubenapparat  ist  überhaupt  mehr  zu  Messungen 
der  Phasendifferenzen  geeignet,  als  zu  der  Untersuchung,  welche 
der  beiden  Componenten  eine  Phasenänderung  erleidet,  und 


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R.  Ritter. 


i 


welche  nicht;  denn  bei  dieser  Untersuchung  handelt  es  sich 
vor  allem  darum,  eine  möglichst  grosse  Anzahl  Zahlen  d 
zur  Vergleichung  zu  erhalten;  dies  erfordert  selbst  bei  sehr 
schneller  Beobachtung  eine  Zeit  von  einiger  Dauer,  während 
welcher  leicht  Aenderungen  in  der  Dicke  und  Form  der 
Luftschicht  eintreten.  Dagegen  kann  man  bei  der  Messung 
der  Phasendifferenzen  zur  Zeit  sich  mit  der  MessuDg  weniger 
Streifen  begnügen,  kann  diese  Messungen  um  so  genauer 
ausführen  und  nach  Belieben,  sobald  die  Luftschicht  nicht 
mehr  ganz  gleichmässig  ist,  durch  Verstellen  der  Schrauben  s 
die  vollkommene  Gleichmässigkeit  derselben  wiederherstellen, 
da  es  in  diesem  Falle  gar  nicht  darauf  ankommt,  dass  die 
Dicke  der  Luftschicht  immer  dieselbe  bleibt.  Hierzu  kommt 
noch  der  Vortheil,  dass  man  jede  halbe  Stunde  Sonnenschein 
benutzen  kann. 

Schliesslich  setzt  uns  der  Schraubenapparat  in  den 
Stand,  die  Phasenänderung  jeder  beliebigen  Wellenlänge  zu 
messen,  indem  man  durch  Verstellen  der  Schrauben  s  der 
Luftschicht  eine  solche  Dicke  geben  kann,  dass  im  senkrecht 
polarisirten  Licht  ein  Streifen  in  dem  gewünschten  Theile 
des  Spectrums  auftritt.  Der  Schraubenapparat  kann  somit 
dazu  dienen,  den  Haupteinfallswinkel  als  Function  der  Wel- 
lenlänge zu  untersuchen. 

Meine  Messungen  waren  zunächst  Tür  die  Tabellen  IV 
und  V  bestimmt;  die  aus  ihnen  berechneten,  in  den  Tabellen 
VII  und  VIII  mitgetheilten  Phasenänderungen  erreichen 
daher  nicht  die  grösste  von  der  Methode  gestattete  Genauig- 
keit. Doch  tritt  in  denselben  im  grossen  und  ganzen  her- 
vor, dass.  wie  zu  erwarten  war,  der  Haupteinfallswinkel  bei 
abnehmender  Wellenlänge  grösser  wird. 

Ich  habe  in  den  Tabellen  VII  und  VIII  die  erhaltenen 
Resultate  zunächst  nach  den  Einfallswinkeln,  innerhalb  dieser 
nach  den  Versuchstagen,  und  innerhalb  der  Versuchstage 
nach  steigenden  Wellenlängen  geordnet;  Columne  3  enthält 
die  Summe  der  Phasenänderungen  der  senkrecht  polarisirten 
Componente  (Phasendifferenzen  der  beiden  Componeuten)  bei 
Reflexion  in  Luft  an  Glas  und  in  Luft  an  Quarz,  gemessen 
durch  die  Wellenlänge  AA,  welche  die  betreffenden  Phasen- 


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Lichtrefiexion  an  Quarz. 


257 


änderungen  erleidet.  Columne  4  gibt,  ohne  Rücksicht  auf 
die  Wellenlänge,  die  Mittel  aus  allen  in  Columne  3  für  den 
betreffenden  Einfallswinkel  angegebenen  Phasendifferenzen 
{mit  Ausschluss  der  mit  *  bezeichneten);  Columne  5  gibt 
die  Zimmertemperatur  während  der  Messung  in  Celsiusgraden 
an,  Der  Vollständigkeit  wegen  habe  ich  auch  die  ungenauen 
Zahlen  (welche  entweder  nur  geschätzt  sind,  oder  wo  die 
Luftschicht  schon  so  ungleichmässig  geworden  war,  dass  die 
Streifen  nicht  mehr  ganz  schwarz  erschienen)  mit  *  bezeich- 
net beigefügt,  sodass  in  den  Tabellen  VII  und  VIII  alle 
während  der  Zeit  vom  25.  Juni  bis  zum  20.  Juli  1887  ge- 
messenen Wellenlängen  X1-  im  senkrecht  zur  Einfallsebene 
polarisirten  Licht  nebst  den  aus  denselben  berechneten 
Phasendifferenzen  mitgetheilt  sind. 


Tabelle  VII. 
Phasendifferenzeu. 
Optische  Axe  des  Quarzes  senkrecht  zur  Einfallsebenu. 


56»-  479,9 
519,6 

56  15    4  78,1 
517,7 

56  30  477,2 
516,1 

56  45  478,8 
548,3 

519,4* 

56  50  482,8 
559,5 


0,041  0,040  24,2° 
0,039 

0,052  0,057 
0,063 

0,095  0,084 
0,074 


56  55  491,7 
565,7 


0,271 
0,239 

0,189* 

0,3.'<1 
0,384 


0,255  23 

I 

25,4 
0,357  23,4 


0,456  0,455  23,7 
0,455 

i 


A+J*  Mittel 


57°  - 


57  5 
57  15 


491,8 
573,8 

499,3 
546,6 


0,478  0,512 
0,555 

0,502 
0,509  ; 


506,1  0,514 


504,8 
557,6 


563,6  0,873 


57   30  516,9 
I  564,6 

57  45  514,5 
562,8 


0,644  0,680 
0,716 


24,4° 

JA 

27,2 
24,-1 


51H,4    0,M13     0,843  25 


0,928  0,931 
0,934 


26,2 


0,960  0,96S  2(5,9 
0,977 


d.  Phyr  u.  Cham.  N.  F.  XXXVI. 


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258 


R.  Ritter. 


Tabelle  VIII. 
Phasendifferenzen. 
Optische  Axe  parallel  der  Einfallsebene. 


cx 

Mittel 

a 

56°  30' 

1  452,2* 
501,3 
566,0 

0,091* 

0,065 

0,092 

0,078  |  22,9° 

t 

0,203  24,1 

56  45 

499,4 
555,6 

0,201 
0,206 

57°  10' 

56  50 

508,9 
591,8 

0,307 

0,383 

0,345 

22,2 

56  55 

516,3 
598,3 

0,395 
0,440 

0,417 

22,6 

519,7 
601,3 
458,5 
512,2 
583,4 
510,4 
573,1 

0,425 
0,466 
0,436 
0,430 
0,457 
0,407 
0,459 

0,440 

23 
22 

25 

23,5 
25,7 

57  15 

57  20 

57  5 

521,4 

605,9 
486,4 
530,9 
'  534,1 

0,445 

0,484 

0,486* 

0,468 

0,486 

0,468 

57  40 

58  - 

Mittel 


488,0 
534,8 
512,0 
558,5 

525,3 

609,4 

454,3 

508,9 

578,1 

536,6 

513,6  • 

559,3 

517,1 

564,3  i 

514,8* 
586,4* 
510,2 
559,7 

524,7 
574,5 

522,0 
570,9  | 


0,445 
0,469 
0,457 
0,494 

0,493 
0,517 
0,522 
0,508 
0,513 
0,525 
0,481 
0,498 

0,533 
0,572 

0,^44* 
0,687' 
0,609 
0,701 

0,931 
0,956 

0,961 
0,969 


0,468  27,7° 
27 

0,507  23,6 
24 

27,1 

0,552  28 

0,655  25,7 
27,5 

0,948  28,7 

0,965  29,1 


Die  beiden  Tabellen  zeigen  einen  merklichen  Unterschied 
in  der  Grösse  des  „mittleren  Haupteinfallswinkels  von  Glas 
und  Quarz"  —  wie  ich  den  Einfallswinkel,  für  welchen 
(J  +  Jj)//.- =  0 5  ist,  nennen  will.  Die  in  Columne  4  fur 
jeden  Einfallswinkel  berechneten  Mittel  aus  den  gemessenen 
Phasen&nderungen  sind  sämmtlich  in  Tab.  VII  grösser,  als 
in  Tab.  VIII.  Man  erhält  in  Tab.  VII  aus  diesen  Mitteln 
den  „mittleren  Haupteinfallswinkel  von  Glas  und  Quarz'* 
=  56°  59'  für  den  Fall,  dass  die  optische  Axe  des  Quarzes 
senkrecht  zw  Einf allsebene  steht,  dagegen  in  Tab.  VIII  für 
diesen  Winkel  den  Werth  57°  9'  für  den  Fall,  dass  die  opti- 
sche Axe  der  Einf  allsebene  parallel  ist.  Da  dieser  Unterschied 
nicht  von  der  isotropen  Glasfläche  herrühren  kann,  so  muss 
man  ihn  einer  Verschiedenheit  des  Haupteinfallswinkels  am 
Quarz,  jenachdem  die  optische  Axe  senkrecht  oder  parallel 


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Lkhtrefiexion  an  Quarz. 


259 


zur  Einfallsebene  ist,  zuschreiben.  Die  Quarzplatte  und  die 
Glasplatte  sind  beide  im  Herbst  1886,  also  etwa  neun  Monate 
vor  diesen  Versuchen  geschliffen  und  mit  dem  gewöhnlichen 
Polirmittel  (Eisenoxyd)  polirt  worden.  Man  muss  daher  an- 
nehmen, dass  dieselben  mit  einer  fremdartigen  Oberflächen  - 
schicht  behaftet  waren.  Diese  Oberflächenschicht,  welche 
wohl  den  absoluten  Werth  des  Haupteinfallswinkels  verän- 
dern mag,  verdeckt  also  nicht  die  Verschiedenheit  desselben 
je  nach  der  Lage  der  optischen  Axe  zur  Einfallsebene,  trotz- 
dem diese  Verschiedenheit  wegen  der  schwachen  Doppel- 
brechung des  Quarzes  nur  eine  geringe  ist  Dies  hat  seinen 
Grund  wohl  darin,  dass  die  Oberflächenschicht  in  beiden 
Fällen  den  Haupteinfallswinkel  in  derselben  Richtung  ver- 
ändert. 

Ueber  die  elliptische  Polarisation  bei  der  Reflexion  an 
doppeltbrechenden  Medien  ist  bisher  nur  wenig  Experimen- 
telles veröffentlicht  worden. 

Jam  in  gibt  zwar  in  seiner  Tabelle1)  die  Haupteinfalls- 
winkel verschiedener  doppeltbrechender  Substanzen  an,  doch 
immer  für  jede  Substanz  nur  einen  Werth  desselben.  Hr. 
K-  Schmidt2)  hat  die  Reflexion  am  Quarz  nicht  in  Bezug 
auf  die  Doppelbrechung  untersucht.  Uebrigens  wäre  es  mit 
den  bisherigen  Methoden  kaum  gelungen,  einen  Einfluss  der 
schwachen  Doppelbrechung  des  Quarzes  auf  den  Hauptein- 
fallswinkel nachzuweisen,  weil  die  Ungenauigkeit  derselben 
in  der  Bestimmung  des  Einfallswinkels  Beobachtungen  von 
fünf  zu  fünf  Minuten  nicht  zulässt. 

Hr.  E.  Schenck5)  hat  bei  seinen  Beobachtungen  über 
die  elliptische  Polarisation  bei  der  Reflexion  an  zwei  ein- 
axigen,  electiv  absorbirenden  Krystallen,  am  Rothgültigerz 
und  Magnesiumplatincyanür,  auf  die  Lage  der  optischen  Axe 
Rücksicht  genommen;  doch  sind  die  complicirteren  Verhält- 
nisse jener  Krystalle  zur  Vergleichung  mit  Quarz  nicht 
geeignet. 

1)  Ja  min,  Ann.  de  chim.  et  de  phys.  (3)  29.  p.  303.  1850. 

2)  K.  Schmidt,  Wied.  Ann.  29.  p.  451.  1886. 

3)  E.  Schenck,  Wied.  Ann.  15.  p.  177.  1882. 

17* 


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260 


R.  Ritter. 


i 


Am  besten  lässt  sich  mein  Resultat  am  Quarz  mit  den 
Beobachtungen  Brewster's1)  und  Seebeck's3)  über  die 
„Polarisationswinkel"  am  Kalkspath  und  mit  den  Formeln, 
welche  Neu  mann3)  für  den  „Polarisationswinkel"  an  durch- 
sichtigen einaxigen  Krystallen  abgeleitet  hat,  vergleichen. 

Brewster  hat  zuerst  am  Kalkspath4)  eine  Verschieden- 
heit des  Polarisationswinkels  je  nach  der  Lage  der  reflecti 
renden  Fläche  und  der  Einfallsebene  zur  optischen  Axe  be- 
obachtet.   Er  findet  fur  den  Polarisationswinkel  y  einer 
gegebenen  Fläche  des  Kalkspaths  die  empirische  Gleichung: 

cp  =  a  +  {ß  —  er) .  sin 8 .  w , 
wo  o)  den  Winkel  zwischen  Hauptschnitt  und  Einfallsebene, 
und  wo  a  und  ß  die  Werthe  des  Polarisationswinkels,  wenn 
der  Hauptschnitt  parallel  und  senkrecht  zur  Einfallsebene 
ist,  bedeuten,  und  wo  ß  >  a  ist.  D.  h.  der  Polarisations  - 
winkel  ist  ein  Maximum,  wenn  der  Hauptschnitt  senkrecht 
zur  Einfallsebene,  ein  Minimum,  wenn  der  Hauptschnitt  der- 
selben parallel  ist. 

Seebeck  hat  die  Versuche  Brewster's  am  Kalkspath 
wiederholt  und  vervollständigt  Er  hat  durch  zahlreiche 
Messungen  an  natürlichen  und  geschliffenen6)  Flächen  sowohl 
die  Abhängigkeit  des  Polarisationswinkels  vom  Winkel  zwischen 
Einfallsebene  und  Hauptschnitt  (o>),  als  auch  diejenige  vom 
Winkel  zwischen  der  rettectirenden  Fläche  und  der  optischen 
Axe  (90°—  A)  untersucht,  und  fand  für  den  Polarisations- 
winkel qp,  zunächst  für  eine  gegebene  Fläche  des  Kalkspaths: 

(1)  fM  •  cos2 . «  +f(ß) .  *ins  •  « 

und  hierauf  für  a  und  ß: 


1)  Brewster,  Phil  Trans,    p.  145.  1819. 

2)  Seebeck,  Pogg.  Anu.  21.  p.  290.  1831. 

3)  Neumann,  Abh.  d.  Berl.  Acad.,  Math.  CL,  p.  1.  1835. 

4)  Brewster  hatte  auch  an  einer  Fläche  des  zweiaxigeu  Krystalls 
„Chromate  of  lead"  (Bleichromat,  Rothbleierz,  krystallisirt  monoklin)  eine 
Verschiedenheit  des  Polarisationswinkels  von  2°  6'  je  nacli  der  Lage  der 
Einfallsebene  beobachtet 

b)  Hier  hatte  schon  Seebeck  mit  dem  EinÜuss  der  vom  Poürmittel 
herrührenden  Oberflächeuschicht  zu  kämpfen,  den  er  schliesslich  durch 
Anwendung  von  Kreide  als  Polinnittel  auf  ein  Minimum  beschrankte. 


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Lichtrefiexion  an  Quarz. 


261 


;2)  f(u)  . sin3. /.  + /(c).  cos2.  A. 

wo  a,  b  und  c  die  Polarisationswinkel  für  eine  der  optischen 
Axe  parallele  Fläche,  wenn  die  Einfallsebene  parallel  und 
senkrecht  zur  optischen  Axe,  und  für  eine  zur  optischen 
Axe  senkrechte  Flache  bedeuten.  See  beck  fand  eine  ge- 
nauere Uebereinstimmung  der  Formeln  (1)  bis  (3)  mit  den 
Beobachtungen,  wenn  man  für  die  Function  /  nicht  wie 
Brewster  für  Formel  (1)  den  Winkel  selbst,  sondern  den 
sinus  oder  cotg  desselben  setzt  —  und  entschied  sich  zunächst 
für  den  cotg. 

Durch  die  Gleichungen  (1),  (2),  (3)  ist  der  Polarisations- 
winkel fp  für  jede  beliebige  Fläche  (X)  und  Lage  der  Ein- 
fallsebene (w)  gegeben,  sobald  a,  b  —  die  Polarisationswinkel 
in  den  zwei  Hauptlagen  an  einer  der  optischen  Axe  paral- 
lelen, und  c  —  der  Polarisationswinkel  an  einer  zur  optischen 
Axe  senkrechten  Fläche  bekannt  sind.  Die  nächste  Aufgabe 
war  nun,  diese  drei  Grössen  durch  die  Constanten  des 
Krystalls,  den  ordentlichen  (n)  und  den  ausserordentlichen 
Brechungsexponenten  (m)  auszudrücken.  Seebeck  fand  fol- 
gende empirische  Formeln: 


(4)tg.Ä=n,      5)  tg.a  =  ».j/£_J,     6)  tg.c  =  m.j/»~~J. 

In  einer  späteren  Abhandlung1)  hat  Seebeck  versucht, 
diese  Formeln  theoretisch  zu  begründen,  und  erhielt  unter 
Zugrundelegung  der  Fresnel'schen  Principien  (ausser  der 
Formel:  tg£=  n)  für  den  Fall,  dass  der  Hauptschnitt  mit 
der  Einfallsebene  zusammenfällt,  die  Gleichung: 


(7)  sin2.a  = 


(1  —  /i'i.sin*.  A  +  (1  -  f%).coat.l 


1  1 

wo:  —  =  n:       —  —  m 


In  dieser  Gleichung  sind  die  Formeln  (5)  und  (6)  enthal- 


te Seebeck,  Pogg.  Ann.  22.  p.  126.  1831. 


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262 


R.  Bitter. 


ten,  wie  man  sich  sofort  überzeugt,  wenn  man  A  =  0,  und 
X  =  90°  setzt;  sie  lässt  sich  auch  so  schreiben: 


woraus  man  erkennt,  dass  die  Gleichung  (7)  nichts  anderes 
ist,  als  die  Gleichung  (2),  in  welcher  für  die  Function  f  statt 
des  cotg  das  Quadrat  des  sinus  zu  setzen  ist. 

Eine  allgemeine  Gleichung  für  den  Polarisationswin- 
kel bei  der  Reflexion  an  durchsichtigen  einaxigen  Kry- 
stallen  hat  zuerst  Neumann1)  abgeleitet.  Dieselbe  geht  für 
den  Fall,  dass  Hauptschnitt  und  Einfallsebene  zusammen- 
fallen, in  die  Gleichung  (7),  —  für  den  Fall:  X  =  90°,  w  =  90°, 
in  die  Gleichung:  tg£  =  n  über.  Die  Formeln  (4),  (5),  [6) 
sind  somit  von  Neu  mann  abgeleitet  worden. 

Für  andere  Azimuthe  als  oj  =  0  bleibt  bei  Neumann 
der  Polarisationswinkel  durch  eine  ziemlich  complicirte 
Gleichung  bestimmt,  die  indessen  bei  der  Berechnung  keine 
wesentlichen  Abweichungen  von  den  einfachen  empirischen 
Formeln  (1)  und  (3)  zeigt  und  mit  den  Messungen  See- 
beck's  ebenfalls  gut  übereinstimmt.2) 

Ich  stelle  zunächst  in  Tab.  IX  die  Polarisationswinkel 
a,  c,  welche  Seebeck  in  den  drei  Hauptlagen  beobachtet 
hat,  mit  denjenigen,  welche  er  nach  den  Formeln  (4),  (5), 
(6)  berechnet  hat,  zusammen.8) 


Ferner  habe  ich  aus  den  Brechungsexponenten,  welche 


1)  Neumann,  Abh.  der  Berl.  Acad.  p.  1.  1835. 
2}  Neumann,  1.  c.  p.  38  u.  39. 

3)  Die  Zusammenstellung  der  übrigen  von  See  beck  beobachteten 
und  berechneten  Polarisationswinkel  a.  Pogg.  Ann.  21.  p.  309.  1831  und 
Pogg.  Ann  22.  p.  135.  1831. 


(8) 


sin2,  a  =  sin2,  a .  sin2.  K  +  sin2,  c  .  cos2.  X, 


Tabelle  IX.  (Kalkspath.) 


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Lichtreflexion  an  Quarz. 


263 


Rudberg1)  für  Quarz  für  die  Fraunhofer'schen  Linien 
D,  E,  F  angibt,  nach  den  Formeln  (4),  (5),  (6)  die  Grössen 
a.  b,  c  berechnet  und  in  Tab.  X  zusammengestellt. 


Tabelle  X.  (Quarz.) 


n 

in 

.  i 

b 

c 

D 

1,51418 

1.55328 

57°  20  2 

57°  4,4' 

56°  57,8' 

E 

1,54711 

1,55631 

57  23,2 

57  7,4 

57  0,8 

F 

1,54965 

1  ?o5894 

57  25,9 

57  9,9 

57  8,3 

Da  Quarz  positive  Doppelbrechung  besitzt,  so  ist  für 
ihn  a  >  b  >  c. 

Die  Differenz  a  —  b  beträgt  in  der  Tab.  X  etwa  16' 
Meine  Versuche  ergeben  a>b  und  die  Differenz  der  „mitt- 
leren Haupteinfallswinkel  von  Glas  und  Quarz"  in  den  bei- 
den Lagen  der  optischen  Axe  10',  was  mit  der  aus  den 
Formeln  (4).  (5),  (6)  berechneten  Differenz  a  —  b  sehr  gut 
übereinstimmt,  wenn  man  bedenkt,  dass  wegen  der  Ueber- 
einanderlagerung  der  Phasenänderungen  an  Glas  und  Quarz 
die  Differenz  der  beobachteten  „mittleren  Haupteinfallswin- 
kel" kleiner  sein  muss,  als  die  Differenz  der  Haupteinfalls- 
winkel am  Quarz. 

Um  die  absoluten  Werthe  der  Haupteinfallswinkel  am 
Quarz  in  den  drei  Hauptlagen  zu  messen  und  mit  den  in 
Tab.  X  berechneten  Werthen  zu  vergleichen,  müsste  bei  der 
von  mir  benutzten,  parallel  zur  optischen  Axe  geschliffenen 
Fläche,  und  bei  einer  zweiten,  senkrecht  zur  optischen  Axe 
geschliffenen  Fläche  vor  der  Untersuchung  die  fremdartige 
Oberflächenschicht  vermittelst  des  Wernicke'schen  Gelatine- 
verfahrens beseitigt  werden. 

Berlin,  im  Januar  1888. 


1)  Rudberg,  Pogg.  Ann.  14.  p.  52.  1828. 


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264 


W.  He*s. 


XI.    lieber  einige  einfache  Gesetze,  welchen  der 
durch  ein  Prisma  gehende  Lichtstrahl  gehorcht, 
und  über  das  Minimum  der  Ablenkung ; 

von  W.  Hess. 

(Hilm  T>f.  II  Flf.  10-11.) 

Selten  wohl  hat  ein  so  einfaches  Problem  eine  so  viel- 
seitige Beachtung  gefunden,  wie  dasjenige  der  Minimal- 
ablenkung des  durch  ein  Prisma  gegangenen  Lichtstrahls. 
Die  häutige  Wiederkehr  seiner  Behandlung  dürfte  dasselbe 
hierbei  in  erster  Linie  dem  Wunsche  nach  einer  elementaren 
Ableitung  zu  verdanken  haben.  (In  der  That  finden  sich  in 
der  Literatur  auch  nur  einige  wenige  Bearbeitungen,  welche 
sich  zu  seiner  Ermittelung  der  von  der  Differentialrechnung 
gebotenen  Methode  bedienen;  so  einige  Noten  von  Bauer1) 
—  in  denen  theilweise  frühere  Darstellungen2)  vereinfacht 
oder  modificirt  werden  —  von  Fabian3)  und  verschiedene, 
in  Lehrbüchern  der  Physik  verbreitete  Beweise.)  Wenn  ich 
mir  nun  erlaube,  im  Folgenden  einen  neuen  Beweis  solcher 
Art  zu  liefern,  so  geschieht  es  vornehmlich  aus  dem  Grunde, 
weil  ich  glaube,  dass  die  bisherigen  Ableitungen  nicht  ge- 
nügend Gewicht  legen  einerseits  auf  Strenge,  andererseits 
auf  Leichtverständlichkeit,  bezw.  Uebersichtlichkeit  des  Be- 
weisverfahrens. 

Sieht  man  nämlich  von  den  Erörterungen  ab,  welche, 
auf  der  Anwendung  des  Unendlichkleinen  beruhend,  ihrem 
inneren  Wesen  nach  einem  höheren  Calcül  zuzuzählen  sind4), 
so  lassen  sich  in  der  Folge  der  Elementarbeweise  hauptsäch- 
lich zwei  ganz  verschiedene  Richtungen  verfolgen,  eine  tri- 
gonometrische und  eine  geometrisch-construetive. 

1)  Bauer,  Pogg.  Ann.  181.  p.  472.  1867;  132.  p.  658.  1868;  Carl's 
Rep.  3.  p.  28.  84.  377.  1867. 

2)  In  Gehler's  pbysik.  Wörterbuch,  Wilde's  Geschichte  der  Optik. 
Külp's  Lehrb.  der  Physik. 

3)  Fabian,  Carls  Rcp.  9.  p.  84.  1873. 

4)  Wie  die  citirten  Noten  von  Bauer,  die  in  ihrem  zweiten  Theil 
die  Schreibweise  A  statt  d  anwenden  oder  unendlich  kleine  Grössen  $ 
statt  der  Decremente  da,  dß  einführen. 


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Prisma. 


285 


Die  Reihe  der  ersteren  beginnt  mit  Bary1),  der  nach 
Newton*)  wohl  der  erste  war,  welcher  einen  elementaren 
Beweisgang  einschlug,  indem  er  die  Summe  der  Sinus  des 
Einfalls-  und  Austrittswinkels  auf  den  Sinus  der  halben 
Winkelsumme  transformirte.  Es  ist  dies  genau  derselbe  Ge- 
danke, auf  den  Eisenlohr9)  und  später  auch  Berg4)  ihre 
Verfahren  gründeten,  während  Radau  8)  abweichend  hiervon 
das  Quadrat  des  Sinus  der  halben  Winkelsumme  bildete. 
Eine  Abhandlung  von  Lommel*)  verwendet  statt  der  be- 
sprochenen Summe  der  Sinus  deren  Differenz  und  Product, 
eine  solche  von  Hesehus7)  die  Sinus  von  Winkeln,  welche 
von  der  symmetrischen  Lage  abweichen,  eine  solche  von 
Schellbach8)  endlich  den  sogenannten  Cosinussatz  in  einem 
Dreiecke,  welches  in  einem  Kreise  vom  Radius  Eins  liegend 
gedacht  wird.  Auch  die  Darstellung  in  der  neueren  Aus- 
gabe des  Müller- Pouillet'schen  Lehrbuches9)  ist  im  wesent- 
lichsten Theil  eine  trigonometrische.  Allgemein  wird  man 
aber  zugestehen  können,  dass  die  Vornahme  trigonometrischer 
Umformungen  und  die  Verfolgung  von  Beziehungen  zwischen 
der  Aenderung  von  Argument  und  Function  nicht  geeignet 
sein  dürften,  den  Beweis  übersichtlich  zu  gestalten. 

Unter  diesem  Umstände  haben  die  geometrischen  Be- 
weise weniger  zu  leiden.  Kann  dies  auch  nicht  gerade  von 
der  ersten  aller  elementaren  Behandlungen,  der  Newton'- 
schen  10)  gesagt  werden,  so  doch  sicherlich  von  den  neueren 


1)  Bary,  Pogg.  Ann.  2G.  p.  170.  1832. 

2)  Newton,  a.  unten. 

3)  EiaeDlohr,  Schlömilch's  Zeitschr.  12.  p.  43s.  1867.  Reproducirt 
in  Wü liner's  Lehrb.  u.  Compend.  d.  Physik  u.  a. 

4)  Berg,  Pogg.  Ann.  15*.  p.  651.  1876. 

5)  Radau,  Carl's  Rep.  4.  p.  184.  1868. 

6j  Lommel,  Pogg.  Ann.  159.  p.  139.  1876. 

7>  Hesehus.  Fortechr.  d.  Phys.  37.  p.  382.  18*1. 

8)  Schellbach,  Wied.  Ann.14.  p.  367.  1881. 

9\  Müller-Pouillet,  Lehrb.  2.  p.  85.  8.  Aufl.  1879. 
10)  Newton,  Lect.  opt.  P.  I.  Sect.  II.  N.  29—36.   Es  mag  an  dieser 
Stelle  als  nicht  uninteressant  bemerkt  werden,  dass  gegen  die  Newton'- 
•che  Metbode  der  Minimalablenkung  von  Euler  (reflexions  sur  )a  ona- 
niere d'examiner  la  refraction  du  verre  par  les  moyens  des  prismes.  Mem. 


IV.  Hess. 


Constructionen  von  Radau1),  Eisenlohr2),  Loramel3). 
Kessler4),  welche  sich  sämmtlich  auf  dem  zuerst  von 
Reusch6j  ausgesprochenen  Gedanken  aufbauen,  den  Gang 
des  Lichtstrahls  vom  Mittelpunkt  zweier  concentrischer  Kreise 
aus  zu  verfolgen,  deren  Radien  je  gleich  sind  der  Längen- 
einheit Eins  und  dem  ßrechungsexponenten  w.  (Insofern  ist 
denn  auch  ein  neuerlicher  Vorschlag  von  Lermontow6) 
viel  zu  spät  gekommen.)  Diese  Erörterungen  haben  aber 
alle  zum  mindesten  das  Missliche,  dass  sie  den  Vorgang  der 
Ablenkung  von  Figuren  verfolgen,  welche  als  solche  mit  der 
einfachen  und  klaren  Grunddarsteilung  im  Prisma  nichts  zu 
thun  haben7),  abgesehen  noch  von  der  Anwendung  compli- 
cirender  Htilfslinien,  deren  sie  sich  bedienen  müssen. 

Diesem  Uebelstande  soll  der  nachfolgende  Beweis  abzu- 
helfen versuchen;  derselbe  ergibt  sich  unmittelbar  aus  eini- 
gen sehr  einfachen  Gesetzen,  welchen  der  durch  ein  Prisma 
tretende  Lichtstrahl  Genüge  leistet.  Letztere  mögen  deshalb 
zunächst  der  Reihe  nach  angeführt  werden. 

I.  Der  in  ein  Prisma  eintretende  und  der  aus  demselben 
austretende  Lichtstrahl  sind  beide  von  dem  Schnittpunkte  des  Ein- 
tritts- und  Austrittslothes  qleichtceit  entfernt.  Sie  berühren  also 
einen  Kreis,  toelcher  um  diesen  Schnittpunkt  beschrieben  ist. 8) 

de  Berlin  17<)6)  Bedenken  erhoben  wurden,  als  wenu  dieselbe  das  Ab- 
lesen der  Winkel  besonders  fehlerhaft  gestalte.  Dementgegen  zeigte 
Newton,  dass  gerade  in  der  Minimalstellung  als  einer  extreme»  Lage 
die  Fehler  am  kleinsten  ausfallen  raüssten. 

1)  Radau,  Pogg.  Ann.  118.  p.  452.  1865  u.  CaiTs  Rep.  1.  p.  84.  18GS. 

2)  Eisenlohr,  Lchrb.  d.  Phys.  p.  278.  18 TO. 

3)  Lommel,  Pogg.  Ann.  156.  p.  578.  1875. 

4)  Kessler,  Fortschr.  d.  Phys.  36.  p.  398.  1880. 

5)  Reusch,  Pogg  Ann.  117.  p.  241.  18G2. 

6)  Lermontow,  Bcibl.  11.  p.  32.  1887. 

7)  Die  beiden  Most'schen  Beweisversuche  (Pogg.  Ann.  189.  p.  505 
u.  141.  p  601.  1870),  deren  erster  von  Kurz  (ibid.  140.  p  758.  1870) 
übrigens  einer  rectificirenden  Bemerkung  unterstellt  wurde,  benutzen  zwar 
die  Gruudfigur,  können  aber  keinen  Anspruch  auf  Strenge  erheben. 

8)  Dieser  Satz  ist  so  einfach,  dass  es  mich  wundem  sollte,  wenn  der- 
selbe nirgends  verzeichnet  wäre.  Doch  habe  ich  trotz  sorgfältiger  Durch- 
forschung der  Literatur  nichts  darauf  Bezügliches  finden  können.  Ueber 
ilie  einzigen  mir  im  Originale  nicht  zugänglichen  Abhandlungen  von  <»ri- 


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Prisma. 


267 


Beweis:  Seien  OS  der  einfallende,  00  der  gebrochene, 
S(f  der  austretende  Strahl,  in  der  gewöhnlichen  Weise  ge- 
zeichnet (Fig.  10),  und  a,  u  \  ß.  ß'  die  Einfalls-  und  Brechungs- 
winkel, so  verlangt  zunächst  das  Brechungsgesetz: 

ein  a      sin  «'  #      »  j  i 

.  =      ,,  (=  n),  oder  auch: 

sin  ^      sin  ,^  v  " 

(1)  sin  a  sin     »  sin  «'  sin  0. 

Bezeichnen  nun  OQ  und  O'Q  die  beiden  Lothe  und  QÄ, 
bezw.  QR  die  Entfernungen  ihres  Schnittpunktes  vom  ein- 
fallenden Strahl  OS,  bezw.  dem  austretenden  SO',  so  ist  doch: 

QR  =  OQ.sin  a,      QR'  =  O '^.sin 

also:  QÄ:  Qä'=  (O^  sin  a):{0'Q.s\n  et). 

Im  dOO'Q  verhält  sich  aber  nach  dem  Sinussatze: 

0Q:O'Q  =  sin/?':  sin  £ 

also  folgt:      QÄ:  Qä'ä  (sina.sin^):(8ina'. sin/9), 

und  nach  (1):  QR  =  QÄ\ 

Durch  das  also  bewiesene  Gesetz  erlangt  man  das  denk- 
bar einfachste  Mittel,  sowohl  zur  Erzeugung  des  austretenden 
Strahls,  als  auch  zur  Entscheidung  über  die  Möglichkeit  des 
letzteren. 

Um  den  aus  einem  Prisma  austretenden  Lichtstrahl  con- 
structs sofort  zu  erhalten,  beschreibe  man  um  den  Schnitt- 
punkt des  Incidenz-  und  Emergenzlothes  einen  Kreis,  welcher 
die  Richtung  des  einfallenden  Strahls  berührt,  und  lege  an 
diesen  Kreis  vom  Austrittspunkt  aus  eine  Tangente.  —  Der 
Strahl  tritt  aus  dem  Prisma  thatsächlich  aus,  wenn  dieser 
Kreis  die  Austrittsfläche  des  letzteren  gar  nicht  schneidet; 
er  verlässt  das  Prisma  als  streifender  Strahl,  sobald  der  Kreis 
die  Prismenfläche  berührt;  er  wird  endlich  gar  nicht  aus- 
treten können,  sondern  totale  Reflexion  erleiden,  sobald  der 
Kreis  die  Austrittsfläche  in  zwei  Punkten  durchsetzt. 

Diese  Sätze  sind  blosse  Corollare  des  Hauptsatzes.  Nach 


maldi,  Buzzolini  und  Vanni  in  der  Rivista  scient.-industr.  (12,  15  u.  16) 
lauten  die  Referate  in  den  „Fortechr.  d.  Phys."  und  den  „Beiblättern" 
derart  kurz,  dass  ich  annehmen  zu  dürfen  glaube,  nichts  wesentlich  Neues 
in  denselben  vorzufinden. 


268 


IV.  Hess. 


letzterem  sind  die  verschiedenen  Abhandlungen  und  Lehr- 
büchern beigegebenen  Figuren  als  unrichtig  zu  bezeichnen. 

IÄ.  Verbindet  man  den  Scheitel  des  Ablenkung  sicinkels  mit 
dem  Schnittpunkte  des  Ein-  und  Austrittslothes ,  so  halbirt  diese 
Verbindungslinie  stets  das  Supplement  des  Ablenkungswinkels. l) 
(Ks  bilden  also  fur  jedes  Prisma  der  ein-  und  austretende  Strahl 
mit  der  Halbirungslinie  des  Ablenkungswinkels  und  mit  der  Ver- 
bindungslinie zwischen  dem  Scheitel  des  letzteren  und  dem  Schnitt- 
punkt der  optischen  Lothe  vier  harmonische  Strahlen.) 

Der  Beweis  ergibt  sich  daraus,  dass  nunmehr  die  recht- 
winkligen Dreiecke  RSQ  und  QSR'  congruent  und  dem- 
gemäss  die  Winkel: 

RSQ  =  QSR'=*  x  =  90°  -  |  sind. 

II.    Legt  man  durch  die  brechende  Kante  eines  Prismas  und 
dtn  Schnittpunkt  der  zwti  optischen  Lothe  eine  Ebene 7  so  kommt 
der  Scheitel  des  Ablenkungswinkels  stets  auf  diejenige  Stite  der 
Ebene  zu  liegen,  auf  welcher  sich  der  grössere  unter  den  zwei 
Winkeln  des  Ein-  und  Austritts  befindet. 

Zum  Beweise  dessen  ist  vorerst  zu  constatiren,  dass  in 
der  bislang  benutzten  Figur  10,  welche  «'>  a  annimmt,  der 
halbe  Strahlenwinkel  x  kleiner  sei  als  der  Winkel  £  —  dann 
ist  |  Aussen winkel  für  xy  und  S  liegt  rechts  von  QC. 

Nun  ist  bekanntlich  aus  dem  Dreieck  OSO': 

3zfi  =  (a- fi  +  (« ß')  =  (a  +  rO  -  (ß  +  A 

also:         ^x  =  90°  -  |  =  90°  +  -  ^  . 

Im  Kreisviereck  OCO'Q  aber  ist: 

JzOQC=  ^OO'C=90°- ß'    und    -£SOQ  =  *, 

also  folgt:  t  =  90°  +  ß'—  a. 

Soll  nun:  x  <  |  sein,  so  muss: 

/  2     <ß  -  «,  ß-ß  <u  -  a 

lt  Dieser  Supplementwinkel  wurde  von  Keusch  (1.  c.)  Strahlen - 
winkel"  geheissen  —  ein  Name,  der  ganz  bezeichnend  ist. 


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Prisma. 


26V» 


sein,  was  in  der  That  der  Fall  ist:  denn  die  rechte  Seite 
dieser  Ungleichheit  ist  der  Voraussetzung  zufolge  positiv,  die 
linke  aber,  da  zum  kleineren  Einfallswinkel  auch  der  kleinere 
Brechungswinkel  gehört,  wesentlich  negativ. 

Wäre  a  >  a',  so  würde  eine  ganz  analoge  Deduction  zu 
dem  Ergebniss  führen,  dass  5  links  von  QC  liegen  müsse. 
Man  hat  aber  gar  nicht  nöthig,  dieselbe  durchzuführen:  eine 
einfache  Drehung  der  Fig.  10  aus  ihrer  Ebene  heraus  um 
180°  in  Fig.  11  gibt  hierüber  sofortige  Gewissheit.  *) 

III.  Die  Ablenkung  des  ein  Prisma  durchlaufenden  Licht- 
strahls ist  am  kleinsten,  wenn  der  Scheitel  des  Ablenkungswinkels 
in  die  Ebene  fallt,  welche  durch  die  brechende  Kante  und  den 
Schnittpunkt  des  Ein-  und  Ausfallslothes  bedingt  ist;  fur  diesen 
Fall  durchläuft  der  Sti'ahl  das  Prisma  symmetrisch. 

Denn  8  ist  am  kleinsten,  wenn  x  am  grössten  ist.  x  ist 
aber  stets  kleiner  als  £  und  erreicht  seinen  Maximalwerth  £ 
nur  dann,  wenn  5  in  QC  liegt.    Dann  darf  weder  u  >  u. 
noch  «  >  a  sein,  d.  h.  es  muss  a  =  a'  sein,  woraus  nach  (1 
auch  ß  =  ß'  folgt 

Zur  Begründung  des  Satzes  III  sind,  wie  man  erkennt, 
nur  die  beiden  Sätze  Ia  und  II  sammt  ihren  kurzen  Beweisen 
nöthig  gewesen. 

Bamberg,  im  Juli  1888. 

1)  Diese  Drehung  dürfte  sich  auch  zur  objectiven  Darstellung 
empfehlen:  ist  Fig.  10  auf  ciu  trausparente*  Stück  Papier  mit  etwas  kräf- 
tigen Strichen  aufgetragen,  so  ergibt  der  Anblick  der  hinteren  Papier- 
däche unmittelbar  Zeugniss  von  der  Existenz  der  Fig.  11.  Etwaigen  Zwei- 
feln bezüglich  der  Begriffe  Eintritt  und  Austritt  kann  man  dabei  begegnen, 
indem  man  auf  dieser  Hinterfläche  mit  anderer  Farbe  eine  Umnumeriruu^ 
der  acceutuirten  und  nicht  aecontuirten  Buchstaben  vornimmt,  wie  sie 
auch  in  Fig.  11  geschah. 


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270 


J\  Quincke . 


XII.  Electrolyse  des  Kupferchloriirs ; 
von  F.  Quincke. 


Nach  dem  Faraday'schen  *)  Gesetze  verhalten  sich  bei 
verschiedenen  Electrolyten  die  Mengen  der  vom  electrischen 
Strom  ausgeschiedenen  Stoffe  wie  die  chemischen  Aequiva- 
lente.  Erscheint  also  bei  Salzen  der  basische  und  metallische 
Bestandtheil  an  der  Kathode,  der  saure  an  der  Anode,  so 
muss  der  Strom  auf  dieselbe  Menge  Anion  aus  den  Oxydul- 
verbindungen eine  andere  Menge  Metall2)  (bei  Cu  und  Hg 
die  doppelte  Menge)  abscheiden,  wie  aus  den  Oxydverbin- 
dungen; das  Metall  würde  somit  verschiedene  Aequivalente 
zeigen. 

Den  —  eigentlich  einzigen  —  experimentellen  Beweis 
für  eine  solche  Ausscheidung,  wo  jede  Möglichkeit  einer 
secundären  Wirkung  ausgeschlossen  scheint,  hat  Buff5)  durch 
die  Zersetzung  geschmolzenen  Kupferchlorürs  zu  geben  ver- 
sucht, indem  er  denselben  Strom  durch  ein  Kupfervoltameter 
und  mit  zwei  eintauchenden  Drähten  durch  Kupferchlorür 
leitete,  das  in  einem  Glasrohr  geschmolzen  und  zur  Ent- 
fernung etwa  gebildeten  Chlorids  mit  Kupferspähnen  digerirt 
worden  war.  Ein  Wagen  der  Kathodenplatte  des  Volta- 
meters und  des  Anodenkupferdrahtes  des  Chlorürs  ergab 
dann  die  Menge  des  aus  der  Kupfersulfatlösung  nieder- 
geschlagenen Kupfers  annähernd  halb  so  gross,  als  die  Ge- 
wichtsabnahme des  Drahtes  war.  Die  Zunahme  des  Kathoden- 
drahtes  zu  bestimmen,  gelang  ihm  nicht,  wegen  der  raschen, 
dendritenartigen  Ausbreitung  des  abgeschiedenen  Kupfers 
und  wegen  der  Schwierigkeit,  das  anhaftende  Chlorür  zu 
entfernen. 

Um  diesen  Versuch  mit  völlig  reinem  Kupferchlorür  zu 
wiederholen,  wurde  in  einem  Viertelliterkolben  mit  aufge- 
setztem Kautschukventil  Kupferchlorid  in  concentrirter  Salz- 
säure unter  Zusatz  von  Kupferspähnen  zwei  Stunden  gekocht, 

1)  Faraday,  Exp.  Res.  (;>)  §  505.  1833. 

2)  Vgl.  G.  Wiedemann,  ElectricitÄt.  2.  Aufl.  1883.  II.  §  601.  604. 

3)  Buff,  Lieb.  Ann.  110.  p.  257.  1859. 


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Electrolyse  des  Kupferchlorürs. 


271 


wobei  das  rein  weisse  Chlorür  theils  sofort,  theils  beim  Er- 
kalten ,  theils  auf  Wasserzusatz  kristallinisch  ausfiel.  Das 
Chlorür  wurde  dann  so  schnell,  dass  die  Zersetzung  an  der 
Luft  sich  nur  in  einem  hellgelben,  oberflächlichen  Schimmer 
zeigte,  auf  ein  Filter  gebracht,  mit  der  Luftpumpe  abgesogen 
and  rasch  in  einen  kleinen,  später  direct  zur  Electrolyse  be- 
nutzten Porzellantiegel  eingeschmolzen.  Es  erstarrt  zu  einer 
braunen  Masse  mit  hell  krystallinischem  Bruch,  die  beim  Er- 
hitzen stark  verdampft,  an  den  Wänden  des  Tiegels  empor- 
kriecht und  einen  Theil  seiner  Aussenseite,  indem  sie  sich 
zersetzt,  mit  rothem,  metallischem  Kupfer  bedeckt.  Wie  das 
kystallinische,  zersetzt  sich  auch  das  geschmolzene  Chlorür 
bei  längerem  Stehen  an  der  Luft  und  überzieht  sich  —  wohl 
unter  Bildung  von  Chlorid  und  Oxychlorid  —  mit  einer  grü- 
nen feuchten  Schicht;  im  Exsiccator  ist  es  dagegen  Monate 
hing  haltbar. 

Die  Electrolyse  des  Kupferchlorürs  wurde  mit  spiral- 
förmigen Electroden  aus  blankem  Kupferdraht  ausgeführt. 
Bei  schwacher  Rothgluthhitze  wurde  das  Chlorür  in  dem  Por- 
zellantiegel geschmolzen;  derselbe  war,  um  das  Verdampfen 
zu  beschränken,  mit  einer  doppelt  durchbohrten  Porzellan- 
oder Glimmerplatte  bedeckt,  durch  welche  die  Electroden- 
drähte  gingen.  Der  Strom  von  zwanzig,  bei  den  beiden  letzten 
Versuchen  von  vier  Chromsäureelementen  ward  gleichzeitig 
durch  eine  Tangentenbussole,  ein  Kupfer-  und  ein  Silber- 
voltameter  geführt.  Die  Kathode  des  letzteren  war  ein  Pla- 
tintiegel mit  dünnem,  galvanoplastischem  Silberüberzug;  der 
Tiegel  wurde  mit  zehnprocentiger  Silbernitratlösung  gefüllt; 
die  Anode  bildete  ein  cylindrischer  Stab  geschmolzenen  Sil- 
bers, der  in  einen  kleinen  Tboncylinder  tauchte,  um  abfal- 
lende Silbertheilchen  aufzufangen.  Gewichtszunahme  der 
Kathode  und  Gewichtsabnahme  der  Anode  waren  nahezu 
gleich  gross.  Die  spiralförmigen  Kupferdrähte  wurden  bei 
Versuch  2  durch  Eintauchen  in  eine  geschmolzene  Mischung 
von  Chlornatrium  und  Chlorkalium,  bei  Versuch  4  durch 
Abspülen  mit  nicht  zu  starker  Salzsäure,  sonst  durch  mehr- 
stündiges Liegen  in  kalter  Ammoniakflüssigkeit  vom  anhaf- 
tenden Kupferchlorür  befreit. 


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272 


F.  Quincke. 


Die  Resultate  der  electroly  tischen  Versuche  fasst  folgende 
Tabelle  zusammen;  die  vierte  Spalte  gibt  die  Kupfermenge, 
welche  der  Gewichtszunahme  der  Silberkathodo  äquivalent  ist. 


Nr. 

Strom 

Cn 

Kupferchlorür 

Dauer  Stärke 

berechn. 

Anod.'  Kathode 

mlu  Amp. 

KT  gr 

1 

30  0,6001 

0,3044 

0,6585  0,4681 

2 

20  4804 

1891 

2810  927 

3 

10  8944 

776 

1704  1065 

4 

10  4572 

900 

2388  100 

Cu  gerund. 

Cu  berechn. 
Anode  |Katho«1-- 


1,858 
1,486 
2,19* 
2,648 


1,320 
0.490 
1,372 
0,111 


Die  Zahlen  schwanken  zu  sehr,  um  bestimmte  Schlüsse 
ziehen  zu  lassen;  besonders  gross  sind  die  Unregelmäßig- 
keiten bei  der  Kathode,  während  die  Durchschnittssiimme 
der  vorletzten  Columne  zufällig  einen  dem  Buff  sehen  ähn- 
lichen Werth  ergibt,  nämlich  2,047. 

Die  Schwankungen  rühren  zum  Theil  von  einer  Auf 
lösung  der  Küpferelectroden  im  Kupferchlorür  her,  die  nach 
einstündigem  Eintauchen,  ohne  galvanische  Kette,  finen 
Gewichtsverlust  von  0,2033  und  0,2790  gr  zeigten.  Gleich- 
zeitig scheiden  'sich  im  oberen  Theile  der  Salzmasse  an  der 
Oberfläche  der  Kupferdrähte  feine  Kupfernadeln  ab,  mögen 
die  Drähte  ausserhalb  des  Salzes  metallisch  verbunden  sein 
oder  nicht.  Diese  Ausscheidung  von  Cu  wird  veranlasst 
durch  das  spontane  Auftreten  eines  electrischen  Stromes, 
der  schon  beim  Einschalten  einer  gewöhnlichen  Tangenten  - 
bu8sole  zu  erkennen  war,  und  der  in  Stärke  und  Richtung 
grosse  Schwankungen  zeigte;  derselbe  schien  von  einer  un- 
gleichen Erwärmung  der  Salzmasse  herzurühren. 

Die  Electrolyse  des  Kupferchlorürs  kann  also  nicht  zur 
Bestimmung  des  Aequivalentes  des  Kupfers  benutzt  werden 
und  keinen  Beweis  für  die  Ausscheidung  eines  Doppeläqui- 
valentes erbringen. 

Physik.  Inst,  der  Univ.  Heidelberg,  im  October  1888. 


Druck  »ou  M  etiler  A  Witti*  in  Leipilg. 


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889. 


ANMALEN 

m   m  • 

DER  PHYSIK  UND  CHEMIE. 


NEUE  FOLGE.   BAND  XXXVI. 


■ 


.«  2. 


I.  Zur  ohjectiven  Darstellung  der  Schallintensität; 

von  A.  Raps. 

(Blena  T»f.  IV  u.  T.) 


Die  erste  Anregung  zu  vorliegender  Arbeit  ging  von 
einem  Aufsatze  aus,  welchen  Hr.  Prof.  Kundt:  „Ueber  ein 
Maximum-  und  Minimummanometer  für  die  Druckänderun- 
gen in  tönenden  Luftsäulen,"  veröffentlichte.1)  Dort  be- 
schreibt Kundt  ein  Verfahren,  durch  welches  ermöglicht 
wird,  das  Maximum  (resp.  Minimum)  des  in  dem  Knoten 
einer  Orgelpfeife  herrschenden  Druckes  sichtbar  zu  machen 
und  der  Messung  zu  unterwerfen.  Dies  wurde  dadurch 
erreicht,  dass  zwischen  Pfeife  und  Manometer  ein  sich  ein- 
seitig öffnendes  Membranventil  eingesetzt  wurde,  welches  nur 
die  Verdichtungen  (resp.  Verdünnungen)  der  Pfeife  auf  das 
Manometer  wirken  lässt,  während  es  bei  der  entgegengesetzten 
Druckphase  einen  Abschluss  bildet. 

Hierdurch  war  in  der  That  die  Möglichkeit  gegeben,  die 
Intensität  von  Luftschwiügungen,  welche  durch  tönende  Kör- 
per erzeugt  werden,  objectiv  darzustellen  und  zu  messen.  Zu 
genauen  Messungen  zeigten  sich  diese  Ventile  jedoch  noch 
nicht  geeignet.  Denn,  wie  Kundt  selbst  angibt,  lassen  sich 
Ventile  von  so  grosser  Beweglichkeit  nur  sehr  schwer  luft- 
dicht herstellen;  ferner  ist  immer  noch  ein  Ueberdruck  von 
merklicher  Grösse  auf  einer  Seite  nothwendig,  um  das  Ventil 
zu  öffnen. 

Hierzu  kommt  noch,  dass  man  keinen  Anhalt  dafür  hat, 
ob  die  Membran  auch  dann  wirklich  luftdicht  abschliesst, 
wenn  in  der  Pfeife  die  dem  Manometerdrucke  entgegen- 
gesetzte Druckphase  herrscht,  und  ob  sie  sich  auch  gerade 
in  dem  Augenblicke  luftdicht  anlegt,  wenn  der  Druck  im 

1)  Kundt,  Pogg.  Ann.  137.  p.  503.  1868. 
Ann.  d.  PhjB.  u.  Cbra.  N.  F.  XXXVI.  18 


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274 


A.  Raps. 


Knoten  seinen  Maximalwerth  (positiv  oder  negativ)  durch- 
laufen bat.  Würde  das  Abschliessen  nicht  in  diesem  Augen- 
blicke erfolgen,  so  könnte  wieder  Luft  zurückströmen. 

Auch  Dvorak1)  hat  viele  Versuche  mit  diesen  Schall- 
ventilen angestellt  und  gefunden,  dass  die  Angaben  verschie- 
dener Manometer  sehr  ungleich  ausfielen.  Es  lässt  sich  eben 
nicht  bestimmen,  wann  ein  derartiges  Ventil  vollkommen 
functionirt. 

Bei  den  in  dieser  Untersuchung  beschriebenen  Versuchen 
hatte  ich  es  mir  zur  Aufgabe  gestellt,  Schallventile  herzu- 
stellen, bei  welchen  die  oben  erwähnten  Fehler  möglichst 
vermieden  sind.  Alsdann  würden  Instrumente  gegeben  sein, 
mit  welchen  die  Schallintensität  sich  weit  genauer  bestim- 
men lässt. 

Diese  Versuche  wurden  im  königlichen  physikalischen 
Institut  der  Universität  Berlin  ausgeführt. 

Es  sei  mir  an  dieser  Stelle  vergönnt,  meinen  Lehrern, 
Hrn.  Geheimrath  v.  Helraboltz,  sowie  Hrn.  Prof.  Kundt, 
für  die  vielfache  Unterstützung  durch  Rath  und  That  meinen 
besten  Dank  auszusprechen. 

§  1.    Gang  der  Untersuchung;  Theorie  der 

Schallventile. 

Um  die  eben  erwähnten  Uebelstände  der  Schallventile 
abzustellen,  wurden  die  Membranventile  durch  solide  Metall- 
ventile ersetzt,  welche  sich  viel  besser  dicht  herstellen  und 
auf  ihre  Dichtigkeit  prüfen  lassen.  Diese  können  aber  durch 
die  Luftverdichtungen  in  der  Pfeife  nicht  mehr  bewegt  wer- 
den. Deshalb  raussten  sie  durch  eine  äussere  periodische 
Kraft,  den  Dichtigkeitsvariationen  der  Pfeife  entsprechend, 
in  Bewegung  gesetzt  werden.  Damit  war  aber  auch  die 
Trägheit  der  Ventile  beseitigt  und  dieselben  für  die  gering- 
sten Druckschwankungen  empfindlich  gemacht. 

Die  Bewegung  der  Ventile  wurde  anfangs  durch  einen 
Electromagnet  bewirkt,  der  von  einem  intermittirenden  Strome 
durchflössen  wurde.  (Die  genaue  Beschreibung  dieser  Ventile 
folgt  im  nächsten  Abschnitte.) 

Dieser  Strom  konnte  auf  verschiedene  Weise  unterbrochen 

1)  Dvoh'ik,  Pogg.  Ann.  150.  p.  11  u.  1*73. 


d  by  Gooq 


Dnrstelluiuj  der  Schallintensität 


275 


werden.  Einmal  durch  die  Pfeife  selbst,  deren  Luftschwin- 
gungen  auf  eine  gleichgestimmte  Membran  einwirkten.  An 
dieser  Membran  war  ein  Platingäbelchen  befestigt,  welches, 
intermittirend  in  Quecksilber  tauchend,  eine  Schliessung  des 
Stromes  und  hiermit  ein  Oeffnen  des  Ventiles  bewirkte,  wenn 
der  Luftstrom  in  der  Nähe  der  Mundöffnung  nach  aussen 
gerichtet  war.  Bei  dieser  Anordnung  war  das  Ventil  zu 
einer  bestimmten  Phase  offen,  und  das  Manometer  zeigte  den 
Druck  an ,  welcher  während  dieser  Phase  in  der  Pfeife 
herrschte.  Eine  andere  Art  der  Stromunterbrechung  bot 
jedoch  dieser  gegenüber  viele  Vortheile.  Dies  war  eine  Oeff- 
nung  bei  wechselnder  Phase.  Der  Strom  wurde  nämlich 
durch  eine  Helmholtz'sche  Unterbrechungsgabel,  welche 
mit  der  Pfeife  sehr  nahe  zur  Uebereinstimmung  gebracht 
war,  unterbrochen,  und  so  eine  Bewegung  des  Ventiles  be- 
wirkt Dann  zeigt  das  Manometer  natürlich  keinen  con- 
stanten  Druck  mehr,  vielmehr  setzt  es  sich  bei  jeder  Oeffnung 
mit  dem  zu  dieser  Zeit  in  dem  Knoten  vorhandenen  Drucke 
ins  Gleichgewicht  und  gibt  so  in  langsamer  Folge  alle  Druck- 
phasen an,  welche  in  der  Pfeife  schnell  wechseln.  Ist  näm- 
lich die  Periode  der  Ventilöffnung  etwas  grösser  als  jene 
der  Pfeifenschwingung,  so  ist  bei  jeder  folgenden  Oeffnung 
des  Ventiles  der  Druck  in  der  Pfeife  schon  über  die  Phase 
hinausgeeilt,  welche  bei  der  vorhergehenden  Oeffnung  herrschte, 
und  das  Manometer  gibt  den  Druck  dieser  späteren  Phase 
an.  Das  Manometer  macht  also  eine  verlangsamte  Schwin- 
gung in  der  natürlichen  Folge  der  Pfeifenschwingung  durch. 
Ist  umgekehrt  die  Periode  des  Ventiles  kleiner  als  die 
der  Pfeife,  so  bewegt  sich  das  Manometer  in  umgekehrtem 
Sinne.  Je  grösser  die  Uebereinstimmung  dieser  beiden  Pe- 
rioden ist,  um  so  langsamer  findet  die  Manometerschwin- 
gung statt. 

Angenommen,  die  Pfeife  mache  in  einer  Secunde  p  Schwin- 
gungen, das  Ventil  öffne  sich  q  mal,  so  wird  sich  letzteres 
wieder  zu  der  zuerst  angezeigten  Phase  öffnen  (d.  h.  das 
Manometer  wird  eine  Schwingung  vollendet  haben),  wenn 
das  Ventil  um  eine  ganze  Schwingungsdauer  der  Pfeife  vor- 
ausgeeilt (resp.  zurückgeblieben)  ist.  Bezeichnen  wir  diese 
Zeit  mit  r,  so  muss  die  Gleichung: 

18* 


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A.  Raps. 


ax  =  pr      1    oder    t  =  ^    l-  =  , 7  —  , 

erfüllt  sein.  Diese  Zeit  ist  gleich  derselben,  in  welcher  die 
Pfeife  eine  Schwebung  mit  der  Gabel  macht. 

Aus  diesen  Betrachtungen  sieht  man,  dass  zwischen  dieser 
Beobachtungsart  und  dem  sogenannten  stroboskopischen  Ver- 
fahren eine  merkwürdige  Analogie  herrscht. 

Wenn  auf  das  Auge  sehr  rasch  veränderliche  Lichtein- 
drücke wirken,  so  ist  dasselbe  nicht  im  Stande,  diese  klar 
zum  Bewusstsein  zu  bringen.  Da  nämlich  der  Eindruck  eines 
bestimmten  Lichtbildes  noch  nicht  verschwunden  ist,  wenn 
ein  neuer  zu  wirken  anfängt,  so  gehen  die  einzelnen  Ein- 
drücke in  einander  über  und  verwischen  sich  gegenseitig. 
Lässt  man  nun  durch  irgend  eine  Vorrichtung  den  Lichtreiz, 
den  ein  periodisch  sich  bewegender  Körper  auf  das  Auge  in 
einer  bestimmten  Phase  ausübt,  erst  dann  durch  einen  neuen 
ersetzen,  wenn  der  alte  beinahe  erloschen  ist,  so  werden  wir 
den  Eindruck  einer  continuirlichen  Bewegung  gewinnen. 
Andererseits  darf  die  Zeit,  welche  von  einer  bis  zur  anderen 
Beleuchtung  vergeht,  nicht  so  gross  sein,  dass  der  erste  Licht- 
eindruck schon  ganz  verschwunden  ist.  Dann  würde  nämlich 
keine  continuirliche ,  sondern  eine  sprungweise  Bewegung 
wahrgenommen  werden.  Das  stroboskopische  Sehen  erfüllt 
die  angegebenen  Bedingungen.  Die  Unfähigkeit  des  Auges, 
sehr  schnelle  Schwingungen  klar  zum  Bewusstsein  zu  bringen, 
können  wir  gleichsam  als  eine  Trägheit  auffassen.  Diese 
Trägheit  wird  durch  das  stroboskopische  Verfahren  in  gewis- 
sem Sinne  aufgehoben. 

Ganz  ähnlich  liegen  die  Verhältnisse  bei  einem  Mano- 
meter, welches  sehr  schnelle  Druckschwankungen  der  Luft 
anzeigen  soll.  Die  Masse  des  Manometers  besitzt  eine  so 
grosse  Trägheit,  dass  sie  dem  Druckwechsel  nicht  folgen 
kann;  denn  ehe  die  Manometermasse  angefangen  hat,  sich 
durch  die  Verdichtung  zu  bewegen,  ist  schon  eine  Verdün- 
nung da,  und  so  fort.  In  der  That  ändert  ein  Wassermano- 
meter, in  den  Knoten  einer  Pfeife  eingesetzt,  seinen  Stand 
durchaus  nicht  (wenn  wir  von  einer  etwaigen  constanten 
Druckangabe  absehen,  welche  direct  durch  den  Anblasestrom 


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Darstellung  der  Schallintensität. 


277 


hervorgerufen  wird).  Langsamen  Druckänderungen  folgt  jedoch 
ein  Manometer  willig. 

Durch  die  Schallventile  wird  nun  die  Trägheit  des  Mano- 
meters dadurch  aufgehoben,  dass  man  demselben  bei  jeder 
Ventilöffnung  nur  einen  so  kleinen  Ueberdruck  (resp.  Ver- 
dünnung) aus  der  Pfeife  zuführt,  dass  derselbe  sich  bis  zur 
nächsten  Oeffnung  mit  dem  Manometer  ins  Gleichgewicht 
setzen  kann. 

Die  Analogie  zwischen  dem  hier  beschriebenen  Verfahren 
und  dem  stroboskopischen  Sehen  besteht  demnach  darin,  dass 
die  Verbindung  des  schwingenden  Körpers  mit  der  Vorrich- 
tung, welche  die  Schwingung  darstellen  soll  (dies  ist  das 
Auge,  resp.  das  Manometer),  plötzlich  abgeschnitten  wird. 
Alsdann  wird  dem  Auge  Zeit  gegeben,  den  Lichtreiz  ver- 
löschen zu  lassen,  dem  Manometer,  sich  mit  dem  Drucke  ins 
Gleichgewicht  zu  setzen,  ehe  ein  neuer  Licht-,  resp.  Druck- 
impuls zugeführt  wird.  (Auch  für  die  Kundt'schen  Schall- 
ventile findet  sich  eine  Analogie  bei  dem  stroboskopischen 
Verfahren.  Dies  ist  nämlich  die  von  Mach1)  eingeführte 
stroboskopische  Selbstregulirung,  bei  welcher  dem  tönenden 
Körper  selbst  das  Geschäft  der  Beleuchtung  in  einer  gewissen 
Phase  übertragen  wird.) 

Die  Druckunterschiede  zwischen  Pfeife  und  Manometer 
gleichen  sich  bei  jeder  Ventilöffnung  dadurch  aus,  dass 
ein  Theil  der  Luft  überströmt.  Die  immerhin  enge  Ventil- 
öffnung  kann  aber  in  der  kurzen  Zeit  der  Oeffnung  nur  eine 
sehr  kleine  Menge  Luft  durchströmen  lassen.  Sollen  daher 
die  Druckschwankungen  im  Manometer  den  Druckänderungen 
der  Pfeife  wirklich  entsprechen,  so  rauss  offenbar  der  Druck- 
unterschied in  der  Pfeife  zwischen  zwei  aufeinanderfolgenden 
Oeffnungen  so  klein  sein,  dass  folgende  zwei  Bedingungen 
erfüllt  werden. 

Erstens  muss  die  ganze  überschüssige  Menge  Luft  durch- 
strömen können,  zweitens  muss  sich  dieser  abgeschlossene 
Ueberdruck  (resp.  Verdünnung)  mit  dem  Manometer  ins 
Gleichgewicht  setzen  können.  Angenommen,  die  erstere  der 
beiden  Bedingungen  wäre  nicht  erfüllt,  so  wird  blos  ein  Theil 


\)  Mach,  Optisch-akustische  Versuche.    Prag  l*7:t. 


278  A.  Raps. 

der  Luft  überströmen  können.  Der  im  Manometer  ange- 
gebene Druck  wird  also  kleiner  sein,  als  der  wirklich  vor- 
handene. Dies  wird  namentlich  für  das  Maximum  und  Mini- 
mum des  Druckes  gelten. 

Ist  die  zweite  Bedingung  nicht  erfüllt,  so  wird  schon 
ein  neuer  Druck  in  das  Manometer  eintreten,  ehe  der  frühere 
sich  ins  Gleichgewicht  gesetzt  hat.  Das  Maximum  wird  in 
der  Pfeife  schon  eintreten,  ehe  das  Manometer  den  ent- 
sprechenden Werth  erreicht  hat.  Dann  wird  sich  das  Ventil 
wieder  bei  Phasen  geringeren  Druckes  öffnen,  der  Ueber- 
druck  wird  zurückströmen  und  so  das  Manometer  den  Druck 
immer  zu  klein  angeben. 

Experimentell  hat  man  die  Macht,  die  Druckände- 
rung zwischen  zwei  aufeinander  folgenden  Ventilöffnungen 
beliebig  klein  zu  machen.  Bedeutet  A  nämlich  den  Unter- 
schied zwischen  dem  Druckmaximum  und  -minimum  im 
Knoten,  und  nehmen  wir  der  Einfachheit  halber  an,  dieser 
Druckwechsel  gehe  mit  einer  gleichförmigen,  mittleren  Ge- 
schwindigkeit vor  sich,  so  ändert  sich  der  Druck  d  zwischen 
einer  Ventilöffnung  bis  zur  nächsten  im  Mittel  um: 

H 

wobei  die  Buchstaben  die  frühere  Bedeutung  haben.  Be- 
trachten wir  q  als  fest  gegeben,  p  als  veränderlich,  so  hin- 
dert nichts,  die  Differenz  p  —  y  beliebig  klein  zu  machen, 
indem  man  die  Pfeife  mit  der  Unterbrechungsgabel  in  immer 
grössere  Uebereinstimmung  bringt.  Stellt  sich  nun  heraus,  dass 
das  Manometer  bei  einer  gewissen  Schwingungszeit  Maximal- 
werthe  angibt,  welche  bei  einer  grösseren  Schwingungszeit 
(genaueres  Abstimmen)  durch  grössere  ersetzt  werden,  so  ist 
dies  ein  Zeichen,  dass  d  noch  nicht  klein  genug  war.  Als- 
dann muss  p  dem  q  noch  so  lange  genähert  werden,  bis  keine 
Aenderung  in  den  Maximalangaben  des  Manometers  mehr 
eintritt. 

Dieses  Gleichbleiben  der  Maximalwerthe  der  Manometer- 
schwingung bei  grösser  gemachter  Uebereinstimmung  ist  dem- 
nach das  Kriterium  für  das  richtige  Arbeiten  der  Ventile  (wenn 
man  dieselben  technisch  als  vollkommen  betrachten  würde). 

In  diesem  Punkte  unterscheidet  sich  das  hier  beschrie- 


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Darstellung  der  Schallintensität. 


279 


bene  Verfahren  allerdings  von  dem  stroboskopischen,  da  auch 
bei  den  raschesten  stroboskopischen  Schwingungen  die  Maxi- 
malwerthe  sich  nicht  ändern,  wenn  auch  die  ganze  Schwingung 
verwaschen  ist.  Der  Unterschied  liegt  darin,  dass  beim  Auge 
der  Eindruck  langsam  aufhört,  während  beim  Manometer  der 
Anfang  der  Erregung  träge  vor  sich  geht. 

Es  fragt  sich  nun,  ob  die  gestellten  Bedingungen  für 
das  richtige  Arbeiten  der  Ventile  in  der  Wirklichkeit  mit 
gehöriger  Schärfe  erfüllt  werden  können.  Dies  ist  bei  ein- 
fachen (oder  nahe  einfachen)  Pendelschwingungen  der  Luft, 
welche  bei  schwachem  Anblasen  der  Pfeife  auftreten,  sicher- 
lich der  Fall.  Aber  auch  bei  starkem  Anblasedruck  konnte 
in  den  meisten  Fällen  eine  genügende  Abstimmung  erzielt 
werden,  wie  dies  aus  §  3  hervorgehen  wird. 

Um  bei  dem  stroboskopischen  sowohl  wie  bei  diesem 
Verfahren  ein  wahres  Bild  des  Schwingungsvorganges  zu 
erhalten,  ist  es  unerlässliche  Bedingung,  dass  sich  die  Periode 
der  Pfeife  während  der  Darstellung  einer  Schwingung  nicht 
ändert.  Wenn  es  auch  für  die  Art  der  stroboskopischen 
Schwingung  gleichgültig  ist,  ob  diese  (innerhalb  gewisser 
Grenzen)  schneller  oder  langsamer  vor  sich  geht,  so  darf 
sich  doch,  um  wahre  Angaben  zu  erhalten,  die  Periode  der 
Pfeife,  während  der  Dauer  einer  stroboskopischen  Schwin- 
gung, absolut  nicht  ändern.  Geht  eine  derartige  Schwingung 
in  einer  Zeit  von  drei  (bis  32)  Secunden  vor  sich,  wie  dies 
bei  dieser  Untersuchung  der  Fall  war,  so  darf  sich  während 
dieser  Zeit  die  Tonhöhe  der  Pfeife,  also  auch  der  Anblase- 
druck, gar  nicht  ändern.  Konnte  auch  der  Anblasedruck 
sehr  constant  gemacht  werden,  so  sind  doch  kleine,  in 
unregelmässigen  kurzen  Zeiten  folgende  Druckstösse  nicht 
zu  umgehen.  Da  nun  die  tönende  Luftsäule  der  Pfeife  eine 
sehr  geringe  elastische  Kraft  besitzt,  so  folgen  die  Tonhöhen 
den  Druckschwankungen  fast  augenblicklich,  und  es  wird 
daher  sowohl  von  dem  stroboskopischen  als  dem  hier  be- 
schriebenen Verfahren  kein  absolut  richtiges  Bild  der  Pfeifen- 
schwingung zu  erwarten  sein.  Mit  diesen  Schwierigkeiten 
hat  die  stroboskopische  Untersuchung  der  Schwingungen  von 
Körpern  mit  grosser  elastischer  Kraft  in  weit  geringerem 
Maasse  zu  kämpfen,  da  deren  Tonhöhe  nicht  solch  unregel- 


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280 


A.  Rops. 


mässigen  Schwankungen  unterworfen  ist.  Diese  Betrachtungen 
sollen  an  einer  graphischen  Darstellung  veranschaulicht 
werden.    (Siehe  Tafel.) 

Es  soll  in  Taf.  IV  Fig.  IAA'  die  Schwingung  der  Pfeife 
darstellen  (welche  der  Einfachheit  halber  als  gebrochene  Curve 
dargestellt  ist),  BB'  die  des  Ventiles.    Die  Zeiten  sind  als 
Abscissen,  die  Druckunterschiede  der  Pfeifen  als  Ordinaten 
abgetragen.  Jedesmal,  wenn  die  Schwingungscurve  des  Ven- 
tiles die  Abscissenaxe  BB'  erreicht,  soll  eine  Oeffnung 
stattfinden.    Dann  wird   die  Manometerschwingung  durch 
die    Curve    1,  2,  8  ...  10   dargestellt  werden.  Diese 
wird  ein  getreues  Bild  einer  Einzelschwingung  geben,  weil 
während  ihres  Entstehens  die  Periode  der  Pfeife,  wie  hier 
gezeichnet,  sich  absolut  nicht  geändert  hat.    Sobald  sich 
aber   die  Tonhöhe  während   einer  Manometerschwingung 
ändert,  bekommen  wir  ein  Schwingungsbild,  wie  solches 
Fig.  2  darbietet.    Die  Perioden  der  Pfeife  sollen  innerhalb 
der  Intervalle  CD,  DE,  EF  unter  einander  gleich,  von 
Intervall  zu  Intervall  aber  verschieden  sein.  Sobald  die  Ton- 
höhe sich  ändert,  sehen  wir  die  Curve  1,  2,  3...  steiler, 
bezw.  gestreckter  werden.    Natürlich  ist  diese  Entstellung 
der  Schwingungsfigur  übertrieben  gezeichnet,  da  sich  die 
Tonhöhe  lange  nicht  in  dem  Maasse  und  so  plötzlich  ändert. 
Die  Zeichnung  soll  nur  andeuten,  dass  eine  Druckschwan- 
kung des  Anblasestromes,  welche  die  Periode  der  Pfeife  mit 
derjenigen  der  Gabel  zu  grösserer  Uebereinstimmung  bringt, 
die  Manometercurve  gestreckter  macht,  während  dieselbe  im 
umgekehrten  Falle  steiler  wird.    Bedenkt  man  die  lange 
Dauer  einer  Manometerschwingung  und  den  Umstand,  dass 
schon  eine  Aenderung  des  Anblasedruckes  um  1  mm  (unter 
gewissen  Bedingungen)  diese  Schwingungsdauer  von  sieben 
Secunden  auf  zwölf  Secunden  brachte,  so  sieht  man  leicht 
ein,  dass  die  kleinen  unregelm&ssigen  Schwankungen  des 
Anblasestromes    (sie   lagen   bei  schwachen  Tönen  unter 
mm  Wasser)  die  Schwingungsfigur  schon  merklich  ent- 
stellen können.1)  Am  deutlichsten  lassen  sich  derartige  durch 

1)  Wie  empfindlich  die  Methode  für  jede  noch  so  kleine  Schwankung 
in  der  Tonhöhe  der  Pfeife  ist,  mögen  liier  einige  Heispielc  zeigen.  Wurde 
dir  Tln'ire  des  ncnhnrhtungxlnfRles  geöffnet  und  geschlossen,  so  zeigte 


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Darstellung  der  Schallintensität. 


281 


den  Anblasestrom  hervorgerufenen  Schwankungen  erkennen, 
wenn  man  die  Uebereinstimmung  zwischen  Pfeife  und  Gabel 
möglichst  weit  treibt.  Man  sieht  alsdann  das  Manometer 
mit  nnregelmässigen  Schwankungen  seine  Schwingung  durch- 
machen. Eine  derartige  sehr  langsame  Schwingung  würde, 
wie  sehr  sie  auch  dem  wirklichen  Vorgange  entspricht,  doch 
nor  ein  sehr  unvollkommenes  Bild  einer  Einzelschwingung 
der  Pfeife  geben.  (Zum  Messen  der  Maximalwerte  wäre 
sie  allerdings  am  geeignetsten.)  Deshalb  ist  es  vortheilhaft 
die  Schwingungen  blos  so  langsam  zu  machen,  als  es  die 
Eigentümlichkeit  der  Schallventile  eben  erheischt. 

Ausser  der  Uebereinstimmung  zwischen  Pfeifen-  und 
Gabelperiode  ist  auch  die  Oeffnungsdauer  des  Ventiles  von 
grosser  Wichtigkeit.  Denn  je  kleiner  dieselbe  ist  im  Ver- 
gleich zu  einer  Schwingung  der  Pfeife,  um  so  mehr  Zeit 
hat  die  vom  Ventil  abgeschlossene  Luft,  sich  mit  dem 
Manometer  ins  Gleichgewicht  zu  setzen. 

Bei  dem  eingangs  erwähnten  electromagnetischen  Ventile 
ist  die  Oeffnungsdauer  sehr  schwer  zu  bestimmen  und  auf 
die  nöthige  Kürze  herabzudrücken.  Dasslbe  wurde  daher 
durch  ein  anderes  ersetzt,  welches  (ohne  Vermittelung  des 
electrischen  Stromes)  direct  von  einer  Unterbrechungsgabel 
bewegt  wird. 

Im  wesentlichen  besteht  dasselbe  aus  zwei  luitdicht 
aneinander  vorbeigleitenden  Schiebern,  von  welchen  der  eine 
fest  ist,  der  andere  durch  die  Gabel  bewegt  wird.  (Die 
genaue  Beschreibung  soll  im  nächsten  Abschnitte  folgen.) 
Jeder  dieser  Schieber  ist  mit  einem  horizontalen  Spalte 
versehen,  bei  deren  Uebereinanderfallen  eine  Verbindung 
zwischen  dem  Knoten  der  Pfeife  und  dem  Manometer  her- 
gestellt ist.    Diese  Deckung  der  Spalten  kann  man  an  zwei 

das  Manometer  sofort  eine  unregelmässige  Bewegung.  In  der  Nähe  der 
Pfeife  war  ein  König'scber  Phonautograph  aufgestellt;  wurde  das  Uhr- 
werk desselben  in  Bewegung  gesetzt,  so  genügte  der  durch  die  Wind- 
flüg(;l  erzeugte  Luftzug,  um  eine  ziemliche  Aenderung  der  Manometer- 
pniode  hervorzubringen.  Man  brauchte  sieh  blos  in  die  Nähe  der 
Muiulöffhung  der  Pfeife  zu  stellen,  und  e«  wurde  im  Manometer  eine 
Veränderung  des  Pfeifentones  bemerkt. 

1>  Wenigstens  um  das  Bild  des  Keliwingtingsvnrgnngcs  zu  erhalten. 

<  * 

i.         *  - 

■ 

i 

^  ^  V,  ;  Digitized  by  Google 


2S2 


A.  Raps. 


verschiedenen  Stellen  bewirken.  Einmal  kann  man  die  Spalte 
sich  decken  lassen,  wenn  die  Gabel  das  Maximum  der  Ent- 
fernung von  ihrer  Gleichgewichtslage  erreicht  hat;  dann 
muss  die  Pfeife  nahe  den  Ton  der  Gabel  haben.  Ferner 
können  die  Spalte  beim  Durchgang  der  Gabel  durch  ihre 
Gleichgewichtslage  zur  Deckung  gebracht  werden.  Da  dieses 
aber  bei  jeder  Gabelschwingung  zweimal  geschieht,  so  muss 
die  Pfeife  eine  Octave  höher  sein,  als  die  Gabel.  Die  letzte 
Anordnung  wurde  am  meisten  angewandt. 

Jetzt  ist  das  Mittel  gegeben,  die  Oeffnungsdauer  zu 
bestimmen  und  zu  reguliren.  Nennt  man  nämlich  die 
Spaltbreite  s,  die  Amplitude  der  Gabel  A,  die  Dauer  einer 
Gabelhalbschwingung  t,  so  wird  nach  der  Formel: 


die  Oeffnungsdauer  t  des  Ventiles  gegeben  sein  durch  die 
Gleichung: 


oder  bei  kleinen  Winkeln: 

/  —  2-  — 
n  A' 

Hierbei  ist  s  und  A  variabel.  Die  Spaltbreite  darf,  der 
Luftreibung  wegen,  nicht  zu  klein  genommen  werden;  als 
passendste  wurde  eine  Breite  von  3/4  mm  gefunden.  Da 
man  aber  die  Gabel  Excursionen  von  8  bis  10  mm  machen 
lassen  kann,  so  lässt  sich  die  Oeffnungsdauer  auf  ein  Achtel 
bis  ein  Zehntel  einer  Pfeifenperiode  bringen. 

(Bei  der  zuerst  angeführten  Art  der  Spaltdeckung  be 
trägt  die  Oeffnungsdauer: 


wobei  T  die  Dauer  einer  ganzen  Gabelschwingung  bedeutet.) 

Zeichnet  man  die  Manometerschwingungen  graphisch 
auf,  so  erhält  man  sowohl  eine  Darstellung  der  Schwingungs- 
form wie  auch  der  Intensität  der  Druckschwankungen  in 
der  Pfeife.  Diese  kann  wohl  mit  Recht  als  eine  objective 
bezeichnet  werden. 


y  =  Asin- 


Darstellung  der  Schallintensität. 


283 


§  2.    Beschreibung  der  Apparate. 

Da  es  bei  der  Ausführung  des  eben  beschriebenen  Ver- 
fahrens wesentlich  auf  das  richtige  Functioniren  der  ange- 
wandten Apparate  ankommt,  so  dürfte  eine  etwas  ausführ- 
lichere Beschreibung  derselben  angebracht  sein. 

I.   Das  electromagnetische  Ventil. 
(Fig.  3  und  3a.) 

In  Fig.  3  ist  das  electromagnetische  Ventil  in  natür- 
licher Grösse  abgebildet,  und  zwar  durchschnitten.  Dasselbe 
besteht  wesentlich  aus  drei  Theilen,  dem  Electromagnet  A, 
dem  Gehäuse  B  und  dem  Ventilkörper  Cl)  mit  der  Vor- 
richtung, um  den  Anker  des  Ven tiles  den  Polen  des  Electro- 
magnets zu  nähern  oder  zu  entfernen  und  so  die  Amplitude 
des  Ventiles  zu  ändern.  Soll  dies  geschehen,  so  wird  der 
Apparat  mit  einem  kurzen  Rohrstutzen  df  welcher  in  das 
Gehäuse  einmündet,  an  die  Pfeife  angeschraubt.  (Die  Zeich- 
nung stellt  dieses  Rohr  d  punktirt  dar,  weil  dasselbe  in 
Wirklichkeit  senkrecht  zur  Ebene  des  Papiers  steht;  ebenso 
die  Schraube  /.)  1st  die  richtige  Amplitude  hergestellt,  so 
kann  der  Ventilkörper  mit  der  Schraube /  festgestellt  werden, 
ond  alle  die  in  der  Figur  durch  x  bezeichneten  Theile  können 
entfernt  werden.  Dann  wird  das  Gehäuse  ohne  Vermittelung 
des  Rohrstutzens  d  direct  mit  dem  Gewinde  g  (welches 
gleich  der  Schraube  g  des  Stutzens  ist)  in  die  Pfeife  ge- 
schraubt. Hierdurch  wird  der  überflüssige  Luftraum  ver- 
mieden und  das  Ventil  fast  in  die  Knotenfläche  gebracht. 
Ueberhaupt  geht  die  ganze  Construction  darauf  hinaus,  ein- 
geschaltete Lufträume  möglichst  zu  vermeiden. 

Der  Electromagnet  A,  dessen  Schenkel  aus  dünnen 
Eisendrähten  gebildet  sind,  wird  mit  seinen  beiden  Pol- 
enden2) a  und  a  luftdicht  durch  die  obere  Decke  des  Ge- 
häuses B  geführt.  In  die  beiden  Polenden  sind  kleine 
Messingstückchen  eingeschraubt,  welche  eine  directe  Be- 
rührung   des   Ventilankers   mit    dem  Electromagnet  ver- 

l)  C  ist  in  df-r  Nebenfigur  3.  im  Aufriss  dargestellt,  das  Ventil  um 
90*  gedreht. 

2i  Der  Durchschnitt  eines  Polcndes  ist.  halbkreisförmig. 


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284 


A.  Raps. 


hindern.  In  die  obere  Wand  des  Gehäuses  ist  ausserdem 
noch  ein  rechtwinklig  gebogenes  Rohr  e  eingeschraubt, 
welches  die  Luft  zum  Manometer  führt  Die  obere  und 
untere  Metallwand  des  Gehäuses  sind  durch  einen  Glas- 
hohlcylinder  h  verbunden,  welcher  das  Spiel  des  Ventiles  zu 
beobachten  gestattet. 

In  der  unteren  cylindrischen  Bohrung  des  Gehäuses 
kann  der  Ventilkörper  C  mittelst  der  Schraube  H  und  einer 
entgegenwirkenden  Spiralfeder  F  auf  und  ab  bewegt  werden. 
Der  luftdichte  Verschluss  wird  durch  einen  gefetteten  Hanf- 
ring i  (siehe  Nebenfigur  3.)  bewirkt.  In  den  Ventilkörper  C 
ist  von  unten  noch  eine  kleine  Büchse  T  eingeschraubt, 
welche  die  Spindel  der  Schraube  H  trägt.  Damit  durch  den 
Zwischenraum  keine  Luft  entweichen  kann,  ist  über  den  unteren 
Theil  des  Gehäuses  und  den  dieser  Büchse  ein  Stück  Gummi- 
schlauch gezogen,  welches  zwar  einen  luftdichten  Abschluss 
bildet,  die  Bewegung  des  Ventilkörpers  jedoch  nicht  hindert 

In  zwei  axialen  Durchbohrungen  des  Ventilkörpers  be- 
wegt sich  mit  grosser  Leichtigkeit,  jedoch  fast  ohne  Spiel- 
raum, das  Kegelventil  mittelst  einer  stählernen  Axe.  Das- 
selbe ist  aus  Rothguss  gefertigt  und  sorgfältig  eingeschliffeu. 
An  demselben  ist  ein  kleiner  Anker  befestigt,  welcher,  damit 
er  seinen  Magnetismus  rasch  verliere,  nach  Art  der  Anker 
der  Morsetelegraphen  aus  einem  der  Länge  nach  auf- 
geschlitzten Eisenrohre  besteht.  Dieser  Anker  wird  bei 
Stromschluss  von  dem  Electromagnete  angezogen,  und  das 
Ventil  so  geöffnet.  Nachdem  der  Strom  wieder  geöffnet  ist, 
zieht  eine  stählerne  Spiralfeder  deren  Spannung  durch 
die  Schraube  s  regulirt  werden  kann,  das  Ventil  zu.  Damit 
das  Ventil  sich  nicht  um  seine  Axe  drehen,  und  so  seine 
Oeffnungszeit  variiren  kann,  muss  sich  dasselbe  zwischen 
zwei  Stiften  //'  bewegen,  welche  von  dem  Magnet  herab- 
reichen.   (Fig.  3ft). 

Der  intermittirende  Strom,  welcher  das  Ventil  in  Be- 
wegung setzt,  wird,  wie  schon  erwähnt,  von  einer  Helm- 
hol tz 'sehen  Unterbrechungsgabel  geliefert.  Jedoch  kann 
man  den  Electromagnet  des  Ventiles  nicht  in  den  Haupt- 
strom einschalten,  welcher  die  Gabel  treibt.  Denn  da  die 
Offnungsdauer  des  Ventiles  von  der  Zeit  abhängt,  während 


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Darstelhiny  der  Schallintensität. 


285 


welcher  der  Platinstift  des  Unterbrechers  in  das  Queck- 
silber eintaucht,  so  muss  die  Zeit  dieses  Contactes  so  ge-  ' 
wählt  werden  können,  wie  sie  einer  richtigen  Oeflnungsdauer 
des  Ventiles  zukommt.  Diese  Zeit  fallt  aber  nicht  zusammen 
mit  der  günstigsten  für  die  Bewegung  der  Gabel.  Es  ist 
deshalb  ausser  dem  Contact  der  Helmholtz'schen  Gabel 
noch  ein  zweiter  angebracht,  welcher,  von  dem  ersten  isolirt, 
den  Ventilstrom  unterbricht.1) 

Diese  Ventile  entsprechen  noch  keineswegs  den  Anfor- 
derungen, welche  an  dieselben  gestellt  werden  müssen.  Denn 
einerseits  kann  das  Ventil  nur  durch  einen  solchen  Strom 
in  Vibration  gesetzt  werden,  dessen  Dauer  nicht  klein  genug 
ist  im  Verhältniss  zu  einer  Schwingung  der  Pfeife;  anderer- 
seits ist  es  sehr  schwer,  die  Oeffnungsdauer  des  Ventils  zu 
bestimmen  und  festzustellen,  ob  dasselbe  während  eines  Thei- 
les  der  Gabelperiode  auch  wirklich  abschliesst. 

Die  Intensitätsbestimmungen  wurden  daher  mittelst  eines 
anderen  ausgeführt,  welches  ihm  gegenüber  grosse  Vortheile 
besitzt.  Das  electromagnetische  Ventil  ist  auch  nur  deshalb 
erwähnt,  weil  es  gute  Dienste  bei  der  Untersuchung  von 
Phasendifferenzen  in  tönenden  Luftsäulen  leistet.  Diese  Un- 
Untersuchungen sollen  im  letzten  Abschnitte  beschrieben 
werden. 

II.  Stirauigabelvi  iitile. 
(Fig.  4»,  4b,  4c  theil weise  durchschnitten.) 

Bei  den  Stimmgabelventilen  wird  die  Oeffnung  ohne 
Vermittlung  des  electrischen  Stromes  direct  durch  eine  Un- 
terbrechungsgabel bewirkt 

An  der  oberen  Zinke  einer  Stimmgabel,  (Fig.  4C)  ist 
ein  ebener  Schieber  s  angebracht,  in  welchem  ein  horizon- 
taler Spalt  von  a/4  mm  Breite  und  4  mm  Länge  eingefraist 
ist.  Dieser  Spalt  ist  mit  einem  seitlich  einmündenden  Rohre 
in  Verbindung,  welches  der  Gabelzinke  entlang  bis  zu  dem 
Punkt  läuft,  wo  die  Bewegung  der  Gabel  aufhört;  dort  ist 
es  rechtwinklig  umgebogen  und  führt  zum  Manometer.  Nahe 

1)  Die  verschiedenen  Wege,  auf  welchen  die  Luft  je  nach  der  Ver- 
bindung der  Pfeife  mit  dem  Ventil  zu  dem  Ventilkegel  gelangen  kann, 
ßiod  durch  ausgezogene,  bezw.  punktirte  Pfeile,  in  der  Figur  bezeichnet. 


286  A.  Raps. 

am  Schieber  ist  das  Rohr  durchschnitten  und  durch  elasti- 
schen Schlauch  wieder  verbunden.  Auf  diese  Weise  ist  eine 
luftdichte  Verbindung  des  Spaltes  mit  dem  Manometer,  auch 
während  des  Tönens  der  Gabel,  hergestellt.  Die  Ebene  die- 
ses Schiebers,  welchen  wir  den  beweglichen  nennen  wollen, 
muss  genau  parallel  zu  der  Schwingungsebene  der  Gabel  sein, 
da  derselbe  luftdicht  an  einem  anderen,  mit  dem  Knoten  der 
Pfeife  in  Verbindung  stehenden  Schieber  vorbeigleiten  soll. 
Deshalb  ist  derselbe  zwischen  zwei  Spitzenschrauben  ««'  in 
der  Klaue  K  drehbar  befestigt;  praktisch  genügt  es,  diese 
Ventiltiäche  der  Seitenebene  der  beiden  Gabelzinken  genau 
parallel  zu  stellen;  alsdann  wird  der  Schieber  mittelst  der 
Klemmschrauben  ßß'  festgeklemmt. 

Würde  man  nun  die  bewegliche  Ventiltiäche  unmittelbar 
auf  der  festen  schleifen  lassen,  so  würde  einerseits  eine  luft- 
dichte Verbindung  schwer  herzustellen  sein,  andererseits 
eine  allzu  grosse  Reibung  die  Gabel  am  Tönen  verhin- 
dern. Deshalb  wird  zwischen  die  beiden  Ventilflächen  eine 
capillare  Flüssigkeitsschicht  gebracht,  welche  abdichtet  und 
die  Reibung  bedeutend  vermindert.  Für  diesen  Zweck  hat 
sich  Petroleum  am  geeignetsten  gezeigt.  Fette  Oele  sind  un- 
brauchbar. 

Das  Material,  aus  welchem  die  Schieber  angefertigt  sind, 
ist  ebenfalls  von  grossem  Einflüsse  auf  das  gute  Arbeiten 
derselben.    Bios  glasharte  Stahlplatten,  welche  sorgfaltigst 
eben  geschliffen  und  polirt  sind,  zeigen  eine  Reibung,  welche 
klein  genug  ist   Bei  der  gewöhnlichen  Methode  des  Härtens 
bleibt  der  Stahl  meist  zu  weich  für  unseren  Zweck.  Durch 
Ablöschen  der  über  Rothgluth  erhitzten  Stahltheile  in  ver- 
dünnter Schwefelsäure  wird  jedoch  bei  den  meisten  Stahlsorten 
eine  genügende  Härte  erzielt.  Damit  diese  Theile  sich  glas- 
hart herstellen  lassen,  darf  an  denselben  nichts  gelöthet  sein; 
dieselben  sind  daher  entweder  aus  einem  Stück  zu  fertigen, 
oder  sie  müssen  durch  luftdichte  Verschraubungen  miteinander 
verbunden  werden,  was  ihre  Herstellung  allerdings  sehr  er- 
schwert. 

Man  könnte  glauben,  dass  durch  die  zwischengebrachte 
Flüssigkeitsschicht  die  immerhin  engen  Spalten  verstopft 


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Dur  Stellung  der  Schallintensität.  287 

werden  könnten.  Da  jedoch  richtig  gearbeitete  Ventiltiächen, 
nachdem  man  sie  voneinander  gezogen  hat,  schöne  Inter- 
ferenzfarben zeigen,  ist  die  Flüssigkeitsschicht  offenbar  von 
derselben  Grössenordnung,  wie  die  Wellenlänge  des  Lichtes. 
Deshalb  kann  ein  capillares  Flüssigkeitshäutchen,  weiches 
sich  über  die  Spalten  ziehen  sollte,  doch  nur  so  dünn  sein, 
dass  es  von  dem  kleinsten  Ueberdruck  auf  einer  Seite  durch- 
brochen wird.  Ein  Eindringen  von  Flüssigkeitstropfen  in 
die  Spalte  wurde  niemals  bemerkt.  Man  kann  sich  übrigens 
leicht  davon  überzeugen,  ob  die  Oeffnungen  von  Flüssigkeit 
frei  sind,  indem  man,  wahrend  die  Gabel  arbeitet,  auf  einer 
Seite  einen  kleinen  Ueberdruck  erzeugt;  ein  rasches  Sinken 
des  Manometers  zeigt  das  Freisein  der  Oeffnung  an. 

Der  feste  Schieber  muss  sich  begreiflicher  Weise  sehr 
genau  an  den  beweglichen  anlegen.  Zu  diesem  Zwecke  muss 
derselbe  um  eine  horizontale  und  eine  verticale  Axe  drehbar 
sein  (Cardanische  Suspension).  Die  horizontale  Axe  ist 
durch  die  beiden  harten  Spitzenschrauben  mm'  (B'ig.  4»,  b) 
gebildet,  welche  eine  sehr  sichere  und  leicht  regulirbare  La- 
gerung bieten.  Die  verticale  Axe  ist  ein  kleiner  Stahlcylin- 
der  (in  der  Figur  punktirt  dargestellt),  welcher  durch  eine 
Schraube  n  festgeklemmt  werden  kann.  Der  Ventilträger  T 
ist  nun  seinerseits  in  den  Spitzenschrauben  hh'  drehbar,  so- 
dass die  Fläche  des  festen  Schiebers  gegen  die  des  beweg- 
lichen mittelst  der  Spiralfeder  F  sanft  angedrückt  werden 
kann.  Die  Spannung  dieser  Spiralfeder  kann  mittelst  der 
Schraube  I  sehr  fein  regulirt  werden.  Bei  guten  Spaltflächen 
ist  die  Adhäsion  der  Flüssigkeitsschicht  so  Btark,  dass  es 
eines  besonderen  Andrückens  nicht  mehr  bedarf.  Dann 
dient  diese  Feder  blos  zum  Reguliren  der  Gabelamplitude. 

Damit  der  feste  Schieber  parallel  zu  der  Fläche  des  be- 
weglichen verschoben  werden  kann  (die  Stelle,  wo  die  Spal- 
ten coincidiren,  wird  auf  diese  Weise  bestimmt),  ist  das 
ganze  beschriebene  System  auf  einem  Mikrometerschlitten  f 
befestigt,  welcher  in  UV  seine  Führungen  hat  und  mittelst 
der  Mikrometerschraube  V  in  Verein  mit  der  entgegenwir- 
kenden Feder  W  messbar  verschoben  werden  kann.  Die 
Ebene,  in  welcher  diese  Verschiebung  geschieht,  muss  natür- 
lich auch  parallel  der  Schwingungsebene  der  Gabel  sein. 


288 


A.  Raps. 


Deshalb  ist  auch  hierfür  eine  Justirvorrichtung  am  Fusse  des 
Trägers  Z  angebracht. 

Schwierigkeiten  verursachte  die  Verbindung  des  festen 
Schiebers  mit  der  Pfeife.  Eine  feste  Verbindung  (selbst 
durch  Gummischlauch)  würde  bei  der  geringsten  Bewegung 
der  Pfeife  gegen  die  Gabel  ein  Abreissen  der  Ventilti&chen 
hervorrufen.  Deshalb  ist  die  Verbindung  folgendermaBsen 
eingerichtet:  Das  rechtwinklig  gebogene  Rohr  L,  welches 
mit  dem  Spalte  des  festen  Schiebers  communicirt,  ragt  in  ein 
Glasgefäss  P\  durch  dessen  Boden  geht  das  Rohr  o  hin- 
durch, welches  vom  Knoten  der  Pfeife  kommt  Wird  nun 
in  das  Glasgefäss  P  eine  Quecksilberschicht  gegossen,  welche 
über  den  unteren  Rand  von  L  ragt,  so  ist  eine  luftdichte 
Verbindung  hergestellt,  welche  dennoch  Bewegung  des  festen 
Schiebers  zulässt,  ohne  die  Ventilflächen  zum  Abreissen  zu 
bringen. 

Eine  derartige,  zwischen  Ventil  und  Pfeife  eingeschaltete 
Flüssigkeitsschicht  ändert  beim  Tönen  der  Pfeife  der  Träg- 
heit halber  ihren  Stand  nicht. 

Der  wesentliche  Vorzug  dieses  Ventiles  vor  dem  electro- 
magnetischen  besteht  darin  (abgesehen  von  der  kürzeren,  re- 
gulirbaren  Oeffnungsdauer),  dass  man  dasselbe,  auch  während 
des  Arbeitens,  auf  sein  Dichthalten  hin  prüfen  kann.  Man 
braucht  blos  den  Hahn  H  abzuschlieesen  und  Luft  in  dem 
Manometer  zu  comprimiren. l)  Dann  würde  dasselbe,  falls 
die  beiden  Flächen  nicht  luftdicht  aneinander  vorbeigleiten, 
rasch  sinken;  ändert  es  seinen  Stand  jedoch  nicht,  so  halt 
das  Ventil  dicht.  Bei  der  Prüfung  stellte  es  sich  heraus, 
dass  die  Ventile  auch  schon  bei  minder  sorgfaltig  gearbei- 
teten Flächen  für  alle  in  Frage  kommende  Drucke  voll- 
ständig luftdicht  abschliessen.  Hiernach  ist  man  zu  dem 
Schlüsse  berechtigt,  dass  das  Ventil,  da  man  sich  ja  ziem- 
lich vollkommen  ebene  Flächen  verschaffen  kann,  einen  voll- 
ständigen Abschluss  zwischen  dem  Knoten  der  Pfeife  und 
dem  Manometer  bildet,  wenn  die  Spalten  sich  nicht  decken. 

1)  Damit  beim  Comprimiren  nicht  etwa  durch  das  Heben  des  Rohrer 
/,  ein  Abreissen  der  Vcntilflachen  entstände,  ist  ein  kleines  Stahlstäbchen 
d  angebracht,  welches  sich  gegen  die  Schraube  e  anlegt,  wenn  L  in  die 
Höhe  gedrückt  werden  sollte. 


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Darstellung  der  Schallintensität. 


289 


Um  die  Verbindung  nach  dem  Probiren  des  Ventils  wieder 
herzustellen,  braucht  man  blos  den  Hahn  //  zu  öffnen,  ohne 
sonst  irgend  etwas  zu  ändern. 

Da,  wie  schon  erwähnt,  die  Oeffnungsdauer  des  Ventils 
?on  der  Amplitude  der  Gabel  abhängt,  so  wurde  natürlicher 
Weise  eine  möglichst  grosse  Amplitude  angestrebt.  (Die 
Form  der  Gabel,  welche  sich  am  besten  zu  dem  Versuche 
eignete,  geht  aus  Fig.  4e  hervor;  die  Gabel  muss  eine  ziem- 
lich grosse  Masse  besitzen.)  Deshalb  musste  der  Strom,  wel- 
cher die  Gabel  treibt,  möglichst  ausgenutzt  werden.  Ver- 
snche  zeigten,  dass  die  Gabel  dann  die  grössten  Amplituden 
macht,  wenn  der  Stift  des  Unterbrechers  ziemlich  tief  in 
das  mit  Alkohol  überdeckte  Quecksilber  tauchte.  Weder 
durch  die  Erregung  der  Gabel  durch  eine  gleichgestimmte 
(sodass  beide  einen  Phasenunterschied  von  V«  Schwingungs- 
dauer zeigen),  noch  das  von  Töpler1)  angewandte  Verfahren, 
an  dem  Unterbrechungsstifte  einen  Quecksilberfaden  adhäriren 
zu  lassen  und  die  Dauer  des  die  Bewegung  fördernden  Strom- 
schlusses so  zu  verlängern,  gaben  gleich  gute  Resultate.  Dies 
hängt  offenbar  mit  den  auftretenden  Inductionsströmen  zu- 
sammen. 

Mittelst  eines  Stromes  von  fünf  Bunsenelementen  und 
eines  zu  diesem  Zwecke  eigens  gebauten,  sehr  kräftigen 
Electron) agneten  wurde  trotz  der  Reibung  der  Ventilflächen 
doch  eine  Amplitude  von  4  bis  5  mm  erreicht.  Solche  Am- 
plituden lassen  sich  allerdings  auch  nur  bei  vollkommen  ge- 
arbeiteten Ventilflächen  und  sorgsamer  Ausbalancirung  der 
Gabelzinken  erreichen. 

So  gut  wie  diese  Ventile  auch  functioniren,  so  stellte 
sich  bei  ihrem  Gebrauche  doch  ein  Uebelstand  heraus,  wel- 
cher namentlich  bei  starken  Tönen  hervortrat.  Es  zeigte  sich 
nämlich,  dass  eine  Veränderung  der  Länge  des  Rohres, 
welches  sich  zwischen  Ventil  und  Knoten  befindet,  von  Ein- 
Huss  auf  die  Angaben  des  Manometers  ist,  und  zwar  erfolgte 
ein  Maximum  der  Angaben,  wenn  die  Länge  jenes  Verbin- 
dungsrohres der  halben  Wellenlänge  des  dritten  Partialtones 
der  (gedackten)  Pfeife  ungefähr  gleichkam.  Dieser  Umstand 

Ii  Töpler  u.  Boltzmfinn,  Pogg.  Ann.  141.  p.  fl3.r>.  1870. 
Ana.  d.  Ptayt.  u.  Ch«m.  N.  F.  XXXV  [.  1<j 


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290 


A.  Baps. 


inuss  wohl  der  Kesonanz  des  Zwischenstückes  zugeschrieben 
werden. 

Um  daher  Werthe  zu  erhalten,  welche  dem  wirklichen 
Drucke  im  Knoten  der  Pfeife  entsprechen,  musste  dieser 
schädliche  Raum  vermieden  und  das  Ventil  der  Knotenfläche 
ganz  nahe  gebracht  werden.  Dies  ist  durch  die  Anordnung 
erreicht,  welche  Fig.  5  zeigt.  (Dieselbe  stellt  einen  Schnitt 
durch  die  Pfeife  nahe  der  Knotenfläche  dar.)  Die  beiden 
aufeinander  gleitenden  Ventilflächen  sind  in  der  Nebenfigur 
besonders  gezeichnet,  und  zwar  ist  in  Fig.  5»  die  Fläche  des 
festen,  in  Fig.  6h  die  des  beweglichen  Schiebers  dargestellt. 
Der  letztere  ist  zwischen  zwei  Spitzenschrauben1)  aa  in  einer 
Klaue  c  befestigt,  welche  ihrerseits  mit  der  Stimmgabel  so 
verbunden  ist,  dass  eine  Drehung  um  eine  horizontale  d  und 
eine  verticale  Axe  bb  erfolgen  kann.  Jeder  dieser  Schieber 
hat  einen  horizontalen  und  einen  verticalen  Spalt.  Die  ver- 
ticalen  Spalte  sind  sehr  breit  und  communiciren  immer,  wäh- 
rend die  horizontalen  schmal  sind  (3/4  mm)  und  sich  nur  dann 
decken,  wenn  die  Gräbel  durch  ihre  Gleichgewichtslage  geht. 
Der  Knoten  steht  direct  mit  dem  horizontalen  Spalt  1  des 
festen  Schiebers  in  Verbindung;  von  diesem  gelangt  die  Luft 
bei  der  Gleichgewichtslage  der  Gabel  durch  den  Spalt  2, 
welcher  mit  3  in  Verbindung  steht,  nach  4  und  dann  mittelst 
des  Ansatzes  e  zum  Manometer.  Die  beiden  Ventiltiächen 
werden  blos  durch  die  Adhäsion  der  capillaren  Flüssigkeits- 
schicht aneinander  gehalten.  Dieselbe  wirkt  so  stark  bei 
richtiger  Justirung  der  Flächen,  dass  dieselben  sich  ziemlich 
schwer  voneinander  reiBsen  lassen. 

Um  dieses  Ventil  auch  während  des  Vibrirens  auf  seine 
Dichtigkeit  zu  prüfen,  ist  folgende  Vorrichtung  angebracht. 
In  die  Wand  der  Pfeife,  gerade  der  Ventilmündung  gegen- 
über, ist  eine  Büchse  B  eingelassen,  durch  welche  sich,  gut 
geführt,  der  Stahlstift  /  verschieben  lässt.  Dieser  Stahlstift 
trägt  an  seinem  vorderen  Ende  eine  runde  Messingscheibe  /<, 
gegen  welche  ein  weiches  Gummiplättchen  i  geschraubt  ist. 

1)  Alio  Spitzensehraubeu  sind  mit  Gegenmuttern  versehen,  um  die- 
selben sieher  einstellen  zu  können.  Das  geringste  Schlottern  irgend 
eines  beweglichen  Theiles  würde  das  Arbeiten  des  Ventils  vollständig 
hemmen. 


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Darstellung  der  Schallintensität. 


291 


Wird  dieser  Stahlstift  nun  mittelst  der  Schraube  s  in  die 
Pfeife  gedrückt,  so  legt  sich  das  Gummiplättchen  gegen  den 
vorstehenden  Rand  des  Rohres  y  an  und  bildet  so  einen 
luftdichten  Abschluss.  Dann  kann  das  Ventil,  gerade  so  wie 
oben  beschrieben,  auf  sein  Dichthalten  geprüft  werden.  Ist 
dies  geschehen,  so  wird  die  Schraube  s  zurückgeschraubt, 
der  Bügel  L  zurückgeklappt,  der  Stift  f  ganz  zurückgezogen 
und  der  normale  Zustand  der  Pfeife  wieder  hergestellt. 

Bei  dieser  Ventilconstruction  kann  das  Manometer  fast 
ohne  Zwischenraum  mit  dem  Ventil  verbunden  werden; 
kleine  Luftvolumina,  zwischen  Manometer  und  Ventil  ein- 
gefugt, haben  durchaus  keinen  Einfluss  auf  die  Manometer- 
angaben. 

Da  der  feste  Ventilschieber  an  der  Pfeife  selbst  befestigt 
ist,  die  ihrerseits  mit  der  Stimmgabel  keine  gemeinsame 
Basis  hat,  so  muss  die  Pfeife  sehr  fest  gelagert  sein,  damit 
ein  Abreissen  der  Ventilflächen  vermieden  wird.  Deshalb 
ist  dieselbe  in  ein  gusseisernes  Gestell  G  geschraubt,  welches 
für  jede  Grösse  und  Form  der  Pfeife  gebraucht  werden 
kann  (Fig.  6»  und  6b).  Die  eine  Klammer  K,  welche 
die  Pfeife  umfasst,  ist  festgestellt,  während  die  andere  /  mit- 
telst der  Schraube  F  fein  in  der  Verticalen  verschoben  wer- 
den kann.  Auf  diese  Weise  wird  der  feste  Spalt  in  Bezug 
anf  den  beweglichen  eingestellt 

Es  mag  hier  erwähnt  werden,  dass  ein  derartiges  Ventil 
eine  Sirene  von  sehr  constanter  Tonhöhe  abgibt,  wenn  es  von 
irgend  einer  Seite  angeblasen  wird;  auch  kann  man  mannig- 
faltige Klangfarben  damit  hervorbringen,  wenn  man  die 
Grösse  und  Form  der  Spalte  variirt.  So  geben  weite  Spal- 
ten angeblasen  einen  weichen  Ton,  während  bei  engen  Spal- 
ten ein  Klang  erzeugt  wird,  der  an  einen  in  der  Ferne  er- 
klingenden, schmetternden  Trompetenton  erinnert. 

III.  Die  Manometervorrichtung;  das  Aufzeichnen  der  Curven. 

Um  genaue  Messungen  über  die  Druckvariationen  tönen- 
der Luftsäulen  anzustellen,  schien  ein  Wassermanometer  nicht 
geeignet,  denn  die  Trägheit  und  Reibung  einer  solchen 
Wassersäule  ist  immerhin  ziemlich  gross.  Auch  ist  es  schwer, 
parallactische  Fehler  beim  Ablesen  des  schwingenden  Mano- 

10* 


29L> 


A.  Raps. 


meters  zu  vermeiden.  Deshalb  wurden  die  Messungen  mit- 
telst eines  anderen  ausgeführt,  welches  man  wohl  als  Mera- 
hranmanometer  bezeichnen  könnte. 

Dasselbe  ist  in  Taf.  V  Fig.  7a  im  Durchschnitt,  in 
Fig.  7  b  im  Aufriss  (um  90°  gedreht)  dargestellt, 

Auf  einen  Dreiwegehahn  A  kann  eine  Messingtrommel 
B  (von  verschiedener  Grösse)  geschraubt  werden.  Diese 
Trommel  wird  mit  einer  feinen  Gummimembran  überspannt, 
auf  welche  in  der  Mitte  ein  rundes,  glashartes  Stahlplättchen 
u  aufgekittet  ist.  Auf  diesem  polirten  Stahlplättchen  sitzt 
eine  ebenfalls  harte  Spitze  ß  auf,  welche  an  den  Hebelarm 
f  geschraubt  ist.  Dieser  Hebel  /  hat  seine  Drehungsaxe  in 
einer  Stahlschneide,  welche  sich  in  zwei  stumpfwinkligen, 
sorgfaltig  ausgeschliffenen  Stahllagern  c  bewegt.  Die  Spitzen 
des  schräg  abgeschnittenen  Stahlprismas  liegen  mit  Spiel- 
raum gegen  zwei  Stahlplättchen  gg  an,  welche  eine  seitliche 
Verschiebung  der  Axe  verhindern  sollen.  An  diesem  Stahl- 
prisraa ist  ein  leichter  Spiegel  h  drehbar  befestigt,  kann 
aber  mittelst  der  Schraube  i  in  jeder  beliebigen  Lage  (einem 
bestimmten  Sealentheil  entsprechend)  festgeklemmt  werden. 
Durch  ein  kleines  Gegengewichtchen  e  kann  der  Hebel  aus- 
balancirt  werden.  Es  ist  ferner  die  Einrichtung  getroffen, 
dass  der  Hebelarm,  an  welchem  die  Bewegung  der  Membran 
wirkt,  beliebig  verändert  werden  kann.  Auf  diese  Weise  ist 
man  im  Stande,  den  Winkel,  um  welchen  sich  der  Spiegel 
dreht,  passend  zu  wählen. 

Dieser  Winkel  wird  mittelst  Fernrohres  und  Scala  ab- 
gelesen. 

Jenachdem  die  Art  der  Membran  (verschiedene  Gummi- 
sorten, Nickelinwellblech  u.  s.  w.)  gewählt  und  der  Hebelarm 
des  Lichtzeigers,  sowie  der  des  Manometers  abgestimmt  wird, 
kann  die  Empfindlichkeit  des  Manometers  variirt  werden; 
dieselbe  lässt  eine  ausserordentlich  hohe  Steigerung  zu.  Da 
jedoch  eine  derartige  Membran  ihre  Spannung  beständig  än- 
dert (Gummimembranen  müssen  häufig  erneuert  werden)  und 
auch  von  einer  derartigen  Vorrichtung  keine  Scalenangaben 
erwartet  werden  können,  welche  dem  Drucke  proportional 
wachsen,  so  muss  das  Membranmanometer  vor  und  nach  jeder 
Beolmchtungsreihe  ausgewerthet  werden. 


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Darstellung  der  Schallintensität. 


Zu  diesem  Zwecke  ist  der  oben  erwähnte  Dreiweghahn 
angebracht,  welcher  folgende  Verbindungen  gestattet: 

1)  Ventil- Membranmanometer  l)9 

2)  Ventil •  Wassermanometer 

3)  Ventil- Wassermanometer-Membranmanometer ]), 

4)  Membranmanometer- Wassermanometer. 

Bei  der  Auswerthung  wird  die  Stellung  4  benutzt.  In 
die  Rohrleitung  zwischen  den  beiden  Manometern  ist  noch 
eine  Zweigleitung  A2)  eingefügt,  durch  welche  man  die  Luft 
in  den  Manometern  auf  einen  bestimmten  Druck  (mit  dem 
Munde)  bringen  kann.  Ist  dies  geschehen ,  so  wird  die 
Luft  durch  Schliessen  des  Hahnes  F  abgesperrt.  Um  das 
Manometer  mit  Genauigkeit  auf  einen  bestimmten  Druck 
schnell  einstellen  zu  können,  ist  in  die  Zweigleitung  k  ein 
kurzes  Stück  y  dickwandigen  Gummischlauches  eingesetzt, 
welches  durch  die  Schraube  k  mehr  oder  weniger  zusammen- 
gedrückt werden  kann.  Indem  so  das  abgeschlossene  Luft- 
volum um  kleine  Bruchtheile  variirt  wird,  kann  der  Druck 
mit  Leichtigkeit  genau  regulirt  werden.  Das  Wassermano- 
meter wurde  bei  den  definitiven  Beobachtungsreihen  mit  dem 
Kathetometer  abgelesen. 

Selbstverständlich  musste  sowohl  das  Manometer  wie 
auch  das  Fernrohr  isolirt  von  den  tönenden  Theilen  aufge- 
stellt werden. 

Dieselbe  Manometervorrichtung  wurde  auch  zur  graphi- 
schen Aufzeichnung  der  Schwingungen  benutzt.  Alsdann 
wurde  an  dem  Prisma  ein  langer  Hebelarm  von  dünn  ge- 
spaltenem Riet  angebracht,  in  welchen  vorn  eine  sehr  feine, 
etwas  abgerundete  Stahlspitze  eingesetzt  war.  Ejn  solcher 
auf  der  hohen  Kante  stehender  Holzhebel  verbindet  mit 
grosser  Leichtigkeit  eine  merkwürdige  Stabilität  und  eignet 
sich  vorzüglich  zum  Aufschreiben  langsam  verlaufender  Cur- 
ven.  (Eine  ähnliche  Vorrichtung,  welche  den  Namen  einer 
Marey 'sehen  Kapsel  trägt,  wird  von  den  Physiologen  häufig 
angewandt.)  Die  Curven  wurden  auf  eiue  rotirende  berusste 
Trommel  aufgezeichnet,  deren  Drehung  durch  einen  Villar- 

1)  Diese  Combinationen  der  Luftwege  leisten  bei  der  Umbucht ung 
trute  Dienste. 

2)  Siehe  die  achcraatische  Zeichnuiig  Fig.  7  c. 


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294 


A.  Raps 


ceau'schen  Windflügelregulator  gleichmässig  gemacht  wurde. 
Die  Fixirung  der  Curven  geschah  auf  photographischem  Wege. 

Ein  auf  die  Trommel  aufgespannter  Streifen  lichtempfind- 
lichen Papiercs  wurde  berusst.  Alsdann  Hess  man  den  Stift 
der  Schreib  Forrichtung  die  Curve  aufzeichnen,  indem  er  den 
Russ  abkratzte.  An  diesen  Stellen  konnte  das  Licht  an  das 
lichtempfindliche  Papier  gelangen  und  dasselbe  zersetzen. 
Nachdem  nun  kurze  Zeit  belichtet  war  (in  director  Sonne 
circa  fünf  Minuten),  wurde  der  Russ  abgewaschen  und  das 
Bild  fixirt.  Vorzüglich  eignet  sich  zu  diesem  Verfahren  das 
Emulsionspapier  nach  Dr.  Stolze,  welches,  im  nassen  Zu- 
stande auf  eine  Glasplatte  aufgequetscht,  nach  dem  Trocknen 
eine  äusserst  hohe  Glatte  zeigt  und  daher  dem  Schreibstift 
sehr  wenig  Reibung  bietet.  Die  auf  solche  Weise  fixirten 
Curven  sind  weit  sauberer  und  haltbarer,  als  die  auf  die  ge- 
wöhnliche Art  erhaltenen.  Die  beigefügten  Curven  sind  mög- 
lichst getreue  Reproductionen  der  Originale. 

IV.  Die  Erzeugung  und  Regulirung  des  Anblase&tromes;  da*- 

Abstiwmen  der  Pfeife. 

Die  Genauigkeit  des  vorliegenden  Verfahrens  hängt  vor- 
zugsweise von  der  Gleichförmigkeit  des  Anblasestromes  ab. 
wie  dies  im  ersten  Paragraphen  auseinandergesetzt  wurde. 
Es  wurde  deshalb  auf  die  Regulirung  desselben  die  grösste 
Sorgfalt  verwendet.  In  der  That  bot  diese  Regulirung  die 
grössten  praktischen  Schwierigkeiten  der  Untersuchung. 

Zur  Erzeugung  des  Luftstromes  stellte  sich  ein  sogen. 
Roots  blower  am  geeignetsten  heraus;  ein  gewöhnliches  Centri- 
fugalgebläse  liefert  nicht  den  nöthigen  Druck.  Ohne  Regu- 
lirvorrichtung  ist  jedoch  ein  solches  Gebläse  für  diese  Ver- 
suche absolut  unbrauchbar,  weil  es  rasche,  ziemlich  starke 
Druckschwankungen  gibt.  Immerhin  sind  solche  Druck- 
schwankungen aber  kleiner  als  diejenigen,  welche  ein  gewöhn- 
licher Blasebalg  erzeugt. 

Diese  Stösse  lassen  sich  jedoch  fast  ganz  vernichten 
durch  Einschalten  grosser  Luftvolumina  zwischen  Pfeife  und 
Gebläse.  Auch  ist  es  sehr  vortheilhaft,  den  Luftstrom  mit 
starker  Reibung  durch  enge  OefFnungen  zu  pressen. 

Von  den  zwischengeschalteten  Lufträumen  muss  eines 


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Darstellung  der  Schallintensität. 


205 


variabel  sein,  um  grössere  Druckschwankungen  ausgleichen 
zu  können,  wie  solche  von  dem  unregelmässigen  Gang  des 
Motors,  welcher  das  Gebläse  treibt,  herrühren.  Dieses  ver- 
änderliche Luftvolum  wurde  durch  ein  grosses  Gasometer 
gebildet,  welches  in  Fig.  8  abgebildet  ist.  Die  Führung  des 
beweglichen  Theiles  ist  folgendermassen  angeordnet.  Mit  der 
oberen  Wand  des  inneren  Theiles  ist  ein  Eisenrohr  R  fest 
verbunden.  Dasselbe  wird  oben  in  drei  Rollen  geführt,  welche 
um  120°  voneinander  verschieden,  angeschraubt  sind.  (In 
der  Figur  sind  nur  zwei  gezeichnet.)  An  der  Wand  des  be- 
weglichen Cylinders  sind  zwei  senkrechte,  genau  parallel  zu 
einander  justirte  Messingröhren  p  angebracht,  welche  sich  in 
den  beiden  Rollen  cc  bewegen.  Alle  Rollen  laufen  zwischen 
Spitzen  und  sind  genau  laufend  gedreht.  Hierdurch  ist  die 
Reibung  der  sich  bewegenden  Theile  auf  ein  Minimum  be- 
schränkt, weil  sie  überall  in  wälzende  verwandelt  ist.  Der 
Druck  im  Gasometer  wird  durch  Wasser,  welches  in  den 
Raum  E  eingegossen  werden  kann,  resp.  durch  aufgelegte 
Gewichte  regulirt.  Der  vom  Gebläse  kommende  Luftstrom, 
welcher  schon  ein  etwa  1  cbm  haltendes  Gefäss  passirt  hat 
und  durch  enge  Oeftnungen  hindurchgepresst  ist,  gelangt 
durch  den  Hahn  H  in  das  Gasometer,  aus  welchem  er  durch 
den  Hahn  H'  zur  Pfeife  geführt  wird.  Die  Stärke  des  An- 
blasedruckes wird  durch  die  Stellung  des  Hahnes  H'  regu- 
lirt. Der  andere  Hahn  wurde  jedesmal  nur  so  weit  geöffnet, 
dass  eben  so  viel  Luft  ein-  wie  ausströmte,  und  der  beweg- 
liche Theil  des  Gasometers  eine  constante  Höhe  beibehielt. 

Der  so  regulirte  Luftstrom  ist  schon  sehr  constant;  bei 
geringem  Anblasedruck,  bis  etwa  100  mm  Wasser,  bleiben 
die  Schwankungen  innerhalb  eines  Drittel  Millimeters.  Diese 
Schwankungen  steigern  sich  natürlich  mit  dem  Drucke.  Bei 
200  mm  betragen  sie  ca.  ll/_>  mm,  bei  300  mm  etwa  3  mm1). 

Die  Abstimmung  der  Pfeife  mit  der  Gabel  wurde  durch 
die  in  Fig.  6,  und  6b  gezeichnete  Vorrichtung  ausgeführt. 

I  i  Bei  der  Bestimmung  der  Schwingungszabl  der  Pfeife  wurde  durch 
diesen  LnfMrom  eine  Sirene  getrieben.  Die  Tonhöhe  derselben  konnte 
während  mehrerer  Minuten  so  constant  erhalten  werden,  dass  die  Zahl 
der  Schwebungeu.  welche  sie  mit  der  Stimmgabel  machte,  nur  in  gerin- 
gen Grenzen  schwankte. 


296 


A.  Raps. 


Dieselbe  besteht  aus  einer  starken  Messingplatte  J*,  welche 
an  einer  Axe  A  befestigt  ist.  Diese  Axe  bewegt  sich  in 
Spitzen  zwischen  einem  Pfeifenhalter  K  und  dem  Stander  T. 
Die  Platte  kann  hochgezogen  und  damit  die  Pfeife  tiefer  ge- 
stimmt werden,  wenn  man  die  Schraube  F  löst.  Hat  man  die 
ungefähre  Stellung  der  Platte  P  gefunden,  so  wird  F  ange- 
zogen. Durch  die  Mikrometerschraube  M,  gegen  welche  sich 
der  Hebel  H  infolge  des  Uebergewichtes  der  schweren  Platte 
anlegt,  kann  die  Platte  ganz  fein  verschoben,  und  so  die 
Pfeile  sehr  genau  mit  der  Gräbel  zur  Uebereinstimmung  ge- 
bracht werden.  Die  Platte  ist  auf  diese  Weise  sehr  sicher 
gelagert,  sodass  sie  nicht  durch  das  Tönen  der  Pfeife  zum 
Erzittern  gebracht  und  dadurch  verstellt  werden  kann;  den- 
noch kann  dieselbe  leicht  durch  die  Mikrometerschraube  ver- 
stollt werden.  Da  durch  diese  Vorrichtung  die  Tonhöhe  nur 
innerhalb  sehr  geringer  Grenzen  geändert  werden  kann,  die 
Pfeife  dieselbe  aber  bei  verschiedenem  Anblasedruck  stark 
ändert,  so  muss  zuerst  eine  gröbere  Abstimmung  durch  pas- 
sende, auf  die  Gabel  aufgeschraubte  Gewichte  ausgeführt 
werden. 

Eine  sehr  bequeme  Art,  die  Pfeife  abzustimmen,  bietet 
auch  die  Veränderung  des  Anblasedruckes,  von  weichem  ja 
die  Tonhöhe  abhängt.  Dieses  Mittel  ist  sogar  für  starke 
Töne  das  beste,  weil  sich  dann  die  Pfeife  durch  das  oben 
erwähnte  Verfahren  nicht  gut  mehr  abstimmen  lässt  Deshalb 
ist  zwischen  Gasometer  und  Pfeife  ein  zweiter  Hahn  1  (Fig.  9») 
eingesetzt,  dessen  Stellung  durch  den  Zeiger  Z  auf  dem  ge- 
seilten Kreise  L  ablesbar  ist.  Vor  und  hinter  dem  Hahn  1 
mündet  eine  kleine  Zweigleitung  (Der  Hahn  /  darf  nicht 
ganz  geöffnet  sein.)  Der  durch  die  Zweigleitung  fliessende 
Luftstrom  kann  mittelst  des  Schraubenhahns  A  (Fig.  9b) 
sehr  fein  regulirt  werden.  Dieser  Schraubenhahn  ist  dem- 
jenigen nachgebildet,  welchen  R^gnault1)  bei  seinen  Unter- 
suchungen über  die  specirische  Wärme  der  Gase  anwandte. 
Diese  Abstimmvorrichtung  hat  sich,  namentlich  bei  starken 
Tönen,  sehr  gut  bewährt. 

1)  Kignault,  Mim.  do  l'mad.  20.  \>.  5«. 


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Darstellung  der  Schallintensität. 


297 


§  3.    Beobachtungen  an  gedackten  Pfeifen. 

A.  Druckvariation  im  Knoten  einer  gedackten 
Pfeife.  —  Die  untersuchte  Pfeife  hatte  folgende  Dimen- 
sionen: 


Die  Schwingungen  in  der  Secunde  betrugen  184 

Die  Pfeife,  welche  absichtlich  mit  einer  besonders  hohen 
Mundöffnung  versehen  wurde,  gab  einen  kräftigen  Grundton. 
Die  Obertöne  waren  auch  bei  sehr  starkem  Anblasen  ver- 
hältnissmässig  schwach.  Auch  durch  den  stärksten  zur  Ver- 
fügung stehenden  Druck  konnte  der  Grundton  nicht  zum 
Ueberspringen  in  den  ersten  überton  gebracht  werden. 

In  folgenden  Tabellen  ist  der  grösste  (D)  und  kleinste 
Druck  ( V),  welcher  im  Knoten  der  untersuchten  Pfeife 
herrschte,  bei  neun  verschiedenen  Anblasedrucken  {A  in  Mil- 
limetern Wasser)  verzeichnet.  Die  Zahlen  bedeuten  Scalen- 
theile,  welche  das  Manometer  zeigte.  (Als  Nullpunkt  ist  500 
gewählt.)  Unter  dem  arithmetischen  Mittel  sind  die  Zahlen 
angegeben,  welche  sich  bei  der  Auswerthung  des  Membran  - 
manometers  mit  einem  kathetometrisch  abgelesenen  Wasser- 
manometer ergaben.  Ausserdem  ist  die  mittlere  Zeit  einer 
Manometer8chwinguug  (=  S)  angegeben.  Da  die  Beobach- 
tungsreihen zu  verschiedenen  Zeiten  ausgeführt  wurden,  ist 
an  der  Spannung  der  Membran  und  der  Länge  des  Hebel- 
armes mannichfach  geändert  worden.  Deshalb  können  die 
Scalenablesungen  nicht  direct  miteinander  verglichen  werden. 
Die  angegebenen  Beobachtungsreihen  bilden  blos  einen  klei- 
nen Theil  von  denjenigen,  welche  unter  mannichfaltiger  Ab- 
änderung der  Versuchsanordnungen  ausgeführt  wurden.  Alle 
hatten  untereinander  dieselbe  Uebereinstimmung,  welche  aus 
den  Beispielen  hervorgeht. 


Länge  der  Pfeife  .  . 
Querschnitt  .  .  . 
Höhe  der  Mundöffnung 


360  mm 

•45,  re-sp.  (Jö  min 
22  min 


2im 


A.  Ro]>s. 


I. 

J  a  44  mm.  .S^OSce. 
Druck  Verdünnung 
473,1 


II. 


526,9 
527,0 
527,4 
527.1 
526,8 
527,0 
527.5 
527,4 
526,8 
526,7 

527,1 


473,2 
473,1 
473,4 
473,0 
473,1 
473,5 
473.5 
473,3 
473,3 

473,2 


40,0  mm  -39,75mm 


.f  ---  60  mm 

1) 

539,2 
539,3 
539.2 
539,5 
539,4 
539,2 
539,1 
539,5 
539,1 
539,4 

539,3 

57,5 iniu 


S=  10  Sec. 
V 

460,9 
460,8 
461,0 
461,1 
461,0 
461.0 
461,1 
460,9 
460,8 
461,2 

461,0 

—  57,3  mm 


III. 

A  -  SO  mm   N—  8Sci-. 


1) 

551,2 
551.3 
551,1 
551,5 
5.1,4 
551,6 
551,2 
551.« 
551,3 
551,2 

551,4 

78,4  mm 


V 

4  48.7 
448,9 
449.1 
449.3 
449,2 
449,2 
449.1 
449.1 
449,2 
448,* 

4  4M 

-78,0  mm 


IV. 


VI. 


/  -102  mm 

6'=  7  Sec. 

A  -  1 45mm  6'  =a  1 4  Sec. 

A  =  174  mm 

S  =  9  Sec. 

J) 

V 

D 

V 

D 

V 

564,7 

436,0 

582,9 
5S2.7 

418,3 

594,1 

407,8 

564,5 

436,1 

418.7 

593.6 

408.2 

564,3 

436,4 

582,5 

418,2 

594.3 

407,7 

564,7 

436,3 

582,8 
582,9 

418,8 

593,7 

407,5 

564,2 

436,2 

418,9 

594,6 

407,7 

564, S 

436,0 

582,7 

418,1 

593,6 

408,3 

564,6 

436,5 

582,9 

418,6 

593,7 

407.6 

564,5 

436,0 
436,0 

582.8 

418,3 

593,6 

408,4 
407,7 

564,5 

582,5 

418,5 
418,5 

593.5 
593,6 

564,3 

436,1 

582,3 

407. 8 

564,5 

436,2 

j  582,7 

418,5 

593,8 

407,9  " 

94,8mm 

-94,0mm 

120,1mm 

-118,4  mm 

135,1  mm 

133,4  mm 

VII. 


VIII. 


IX. 


1  =  200  mm 

6'= 6  Sec. 

A  =  240  mm 

S  =  9Scc. 

A  =  308  mm 

6  =  6  Sec. 

D 

V 

D 

610,5 

V 

D 

V 

601,0 

401.5 

392,6 

626,3 

377,1 

600.4 

401,7 

609.4 

392,8 

624,1 

37«,9 

600^3 

401,9 

610,7 

392,1 

624,3 

377,2 

600,7 
601.8 

401,4 
401,4 

609,8 

392.0 

625,7 

37*,2 

609.« 

392,2 

624,8 

378,4 

601,1 

401,6 

609,9 

392,8 

626,1 

378,1 

601,4 

4ol.8 

609,4 
609,7 
610,4 

392,7 

«26,3 

378,4 

600,7 

401 ,2 

392,6 
392,8 

624,8 

378,5 

600,8 

401,3 

625,6 

376,8 

600,9 

401,7 

«10.7 

392.3 

625,5 

377,3 

600,9 

401,5 

610,0 

392,5 

625,4 

377,7 

145,2mm  - 

-142,3  mm 

160,3  mm  - 

156,2  mm 

182,4  mm  - 

177.3  mm 

Vergleicht  man  die  Einzelbeobachtungen  jeder  Reihe 
miteinander,  so  findet  man  bei  geringem  Anblasedrucke  eine 
gut  zu  nennende  Uebereinstimmung.    Diese  Uebereinstim- 


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Darstellung  der  Schallintensität. 


29'.» 


mung  wird  jedoch  immer  schlechter,  je  stärker  die  Pfeife 
angeblasen  wird.  Hieran  mögen  die  immer  grösser  werden- 
den Stösse  des  Anblasestromes  Schuld  sein;  auch  erschwert 
ein  bei  starken  Tönen  auftretendes  Erzittern  des  Spiegels 
die  Ablesung. 

Die  Minimalwerthe  des  Druckes  wachsen  nicht  im  Ver- 
hältnisse wie  die  zugehörigen  Maximalwerte,  was  sich  aus 
der  Vergleichung  der  betreffenden  Zahlen  ergibt.  Die  Curve 
in  Fig.  10  veranschaulicht,  in  welcher  Weise  der  Druck  im 
Knoten  von  der  Starke  des  Anblasestromes  abhängt. 

Die  Maximaldrucke  im  Knoten  sind  als  Ordinaten  auf- 
getragen, während  dieAbscissen  den  Anblasedruck  angeben.1) 

Aus  dem  Maximaldruckunterschicde  im  Knoten  der 
Pfeife  lässt  sich  nun  die  Amplitude  eines  Lufttheilchens  an 
irgend  einem  Punkte  im  Inneren  der  Pfeife  berechnen,  wenn 
wir  als  Bewegung  eine  Pendelschwingung  annehmen.  Dies 
ist  bei  schwachen  Tönen  vollständig  erlaubt. 

Bezeichnet  x  den  Abstand  eines  Lufttheilchens  von  der 
Knotenfläche  zur  Zeit  t,  c  die  Schallgeschwindigkeit  (340  m), 
T  die  Periode  der  Pfeife,  so  findet  man  für  die  Excursioncn 
dieses  Lufttheilchens: 

2  n  l   .    2  7i  .r 

w  =  «  sin  -T  sin  c  T  , 
wobei  sich  a  aus  der  Gleichung: 

x-s,=  l-  er™  r^cr 

bestimmt. 

Es  ist  nämlich  1  —  dLjdx  die  Dichte  der  Luft  im  Kno- 
ten zur  Zeit  /,  wenn  wir  die  Dichte  der  ruhenden  Luft 
gleich  Eins  setzen.  Das  Maximum  und  Minimum  im  Knoten 
Hegen  auseinander  um: 

Ant 

Üie  vorhergehenden  Tabellen  geben  die  Druckunterschiede  an. 

Wir  wollen  von  diesen  Drucken  den  kleinsten  (1)  und 
den  grössten  (9)  zur  Berechnung  nehmen.  In  Atmosphären- 
druck umgerechnet,  ergibt  sich: 

J,  =0,00771,       4>  =  0,03481. 

1)  Hie  Kreuze  sind  die  Beobachtungen. 


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300  A.  flap*. 

Da  die  Temperaturänderungen  während  der  Schall- 
schwingungen die  Dichtigkeitsänderungen  vergrüssern,  müs- 
sen wir,  um  aus  den  Druckänderungen  die  Dichtigkeitsände- 
rungen zu  finden,  dieselben  durch  1,41  dividiren;  man  er- 
hält so: 

vl  ~~  !!  ^!!?™  1  die  Dichte  der  ruhenden  Luft  —  1  gesetzt. 
oit  —  0,02469  J 

Hiernach  berechnet  sich: 

av  =  0,805,       a9  =  3,632. 
Im  Schwingungsbauche  der  Pfeife  wird: 

.    tl     360    •  2nl 
i.  =  a  sin2;r  — sin  y,  , 

also  die  Amplitude: 

^=0,757,       Av  =  3,4ir>. 
Die  Gcsamratverschiebung  —  2  A : 

Wx  —  1,514,  =  6,830. 

Aus  diesen  Zahlen  berechnen  sich  die  Verschiebungen 
inmitten  der  Mundöffnung,  des  kleineren  Querschnittes  hal- 
ber, zu: 

W/=  4,578  mm,       WIK  =  20.18  mm. 

B.  Schwingungsforra  gedackter  Orgelpfeifen.— 
Eine  sorgfältig  construirte  Pfeife  (vom  Orgelbauer  Appun 
in  Hanau)  wurde  auf  ihre  Schwingungsform  hin  untersucht. 

Die  Dimensionen  derselben  waren  folgende: 

Länge  der  Pfeife   340  mm 

Höhe  des  quadratischen  Querschnittes  66  mm 
Höhe  der  Mundöffnung  16  mm 

Die  Schwingungscurven  derselben  sind  bei  den  Zeich- 
nungen wiedergegeben  und  den  Originalen  möglichst  genau 
nachgebildet.  Es  wurden  Schwingungscurven  bei  drei  ver- 
schiedenen Anblasedrucken  aufgezeichnet.  Bei  der  graphi- 
schen Darstellung  sind  die  Manometerausschläge  (Ordinateo) 
nicht  ohne  weiteres  miteinander  zu  vergleichen;  erst  durch 
Auswerthung  mit  einem  Wassermanometer  wird  dies  der 
Fall.  Die  Empfindlichkeit  der  Schreibvorrichtung  wurde  für 
jeden  Druck  abgepasst,  um  keine  zu  grossen  Ausschläge  zu 
erhalten,  bei  welchen  die  Excursionen  des  Schreibstiftes  ihrer 
Bogenform  wegen  nicht  mehr  zu  Ordinaten  genommen  wer- 


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Darstellung  der  Schallintensität. 


301 


den  können.  Auch  ist  die  Umlaufszeit  der  Trommel  bei  den 
verschiedenen  Curven  verschieden. 

I.  Schwingungsform  bei  schwachem  Anblasen  (60  mm 

Wasser). 

Die  Curve  ist  in  Fig.  B  dargestellt.  Die  mittlere  Dauer 
einer  Schwingung  betrug  40  Secunden.  Der  Unterschied 
zwischen  Maximal-  und  Minimaldruck  im  Knoten  betrug 
87,5  mm.  Eine  grosse  Anzahl  dieser  Curven  wurden  auf  der 
Theilmaschine  ausgemessen.  Hierzu  eigneten  sich  durchaus 
nicht  alle,  vielmehr  wurde  die  Messung  nur  bei  denen  aus- 
geführt, die  aufgezeichnet  wurden,  während  der  Anblasestrom 
sehr  constant  blieb.  (Das  Wassermanometer  wurde  mikro- 
skopisch beobachtet  und  die  betreffenden  Curven  markirt.) 
Solche  Curven  sind  verbältnissmässig  selten. 

Es  wurden  die  Ordinaten  gemessen,  welche  den  Werthen 
H6,  T/8,  T/4  entsprechen. 


T 

T 

T 

T 

T 

T 

T 

T 

T 

16 

8 

4 

16 

8 

4 

16 

V 

4 

1,80 

2.62 

1,04 

1,80 

2,68 

1,07  , 

1,80 

2,59 

l.f'l 

1,82 

2,61 

1,04 

1,81 

2.6  ( 

1,02 

1,81 

2,59 

\Stt 

1,84 

2,59 

1,03 

1,*5 

2,61 

1,04 

l,so 

2,61 

<>,9X 

I,H0 

2,00 

1,02 

1,80 

2,58 

1,05 

1,82 

2,61 

1,81 

2,60 

1,06 

1 .82 

2,59 

0,99 

1,83 

2,59 

0,9« 

1,84 

2,61 

1,08 

1,81 

2,«0 

0,!<6 

1,82 

2,59 

l.lfl 

1,82 

2,63 

1,04 

1,82 

2,61 

Mittel 

1,020 

1,816  , 

2,605 

Berechnet  man  mittelst  der  gefundenen  Amplitude  die 
Werthe  der  Ordinaten  für  7)16  und  7)8,  so  findet  man: 

berechnet  0,997  1,842 
beobachtet    1,020  l,blG 

Diese  Abweichungen  können,  da  sie  einmal  im  positiven, 
einmal  im  negativen  Sinne  erfolgen,  nicht  wohl  durch  das 
Mitklingen  des  dritten  Partialtones  erklärt  werden;  sie 
müssen  vielmehr  als  Beobachtungsfehler  betrachtet  werden 
(namentlich  die  Schreibvorrichtung  dürfte  daran  Schuld  sein). 
Diese  Abweichungen  liegen  jedoch  in  solchen  Grenzen,  dass 
die  Schwingung  mit  Recht  als  eine  einfache  Sinusschwingung 
^zeichnet  werden  kann. 


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302 


A.  Htips. 


II.  (Curve  Cj.  Schwingungsform  bei  mittelstarkem 
Drucke.  (190  mm  Wasser.)  Maximaldruckunterschied  258  mm. 
Mittlere  Schwingungszeit  5  Secunden. 

Auch  bei  dieser  Curve  wurden  die  zu  den  Absei ssen- 
werthen  T/16,  T/8,  T/4,  3T  8  zugehörigen  Ordinatenwerthe 
ausgemessen  und  aus  den  Werthen  für  jede  Ordinate  dann 
das  Mittel  gebildet. 

Diese  Auswerthung  ergab: 

T  T  3  7'  T 
H  4  s  n; 

y  0  35  44  3<i  32 

Berechnet  man  nach  der  Fourier'schen  Reihe: 

y  =  2  ( A* cos  a  2  t  +  B,t  cos  a  "f ') ' 

(wobei  im  Falle  der  gedackten  Pfeifen  a  die  ungeraden  Zahlen 
durchläuft)  die  Wer  the  der  Partialamplituden./?a  — ]/yJa2-|-  Bn- 
und  die  Phasen  tg ya=  AajBa}  so  erhält  man,  wenn  man  nur 
den  ersten  und  dritten  Ton  berücksichtigt: 

/?,  =  47,10,    if  x  =  -  0°26';       Rs  =  3,124,    <f  ,  =  0*30,4'. 

Phasendiflerenz:         cp3  —  <fx  =  6°  56'. 

Wird  mittelst  dieser  Coefticienten  der  (noch  gemessene) 
Werth  für  T/16  berechnet,  so  ergibt  sich  statt: 

22  —  20,7 . 

III.  (Curve  A).  Schwingungsform  bei  starkem  Anblasen 
(400  mm  Wasser).  Maximalwerth  des  Druckunterschiedes 
305  mm.  Dauer  einer  Schwingung  zwischen  2  und  3  Se- 
cunden. 

Wurde  die  Pfeife  mit  solcher  Stärke  angeblasen,  so  war 
es  sehr  schwer,  sie  mit  der  Gräbel  in  genügende  Ueberein- 
stimmung  zu  bringen.  Bei  nicht  ganz  vollkommener  Ueber- 
einstimmung  wechselte  das  Manometer  sprungweise  zwischen 
seiner  Maximal-  und  Minimallage.1)  Alsdann  konnte  das 
Manometer,  den  früheren  Angaben  zufolge,  kein  richtiges 
Bild  des  Schwingungsvorganges  mehr  geben.  Es  gelang 
jedoch  auch  hierbei,  mit  Mühe  allerdings,  die  Pfeife 
genau  genug  abzustimmen.    Alsdann  wurde  die  Curve  A  er- 

1)  Cianz  ähnliche  Verhältnisse  fanden  Töplcr  und  Roltzmann; 
siehe  oben  erwähnte  Abhandlung  Pogg.  Ann.  141.  p.  321.  1STO. 


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Darstellung  der  Schallintensität. 


303 


halten,  welche  den  Einfluss  des  nunmehr  stärker  auftretenden 
dritten  Ober  tones  auf  den  Grundton  evident  darstellt. 

Zum  Zwecke  der  Bestimmung  dieses  Einflusses  wurde 
die  Curve  in  ihre  Partialschwingungen  zerlegt.  Es  wurden 
die  zu  dem  Maximum,  resp.  Minimum  der  Ordinaten  zuge- 
hörigen Abscissen  gemessen  (ebenso  die  zu  den  Werthen 
T,  IG,  r/8,  T/4  zugehörigen  Ordinaten)  und  aus  vielen  Mes- 
sungen das  Mittel  gebildet;  dies  ergab: 

0  T  T  42  T  T  73.7' 

16  8  2.100  4  2.100 

.y  0  28  41  36  10  53 

die  T/2  entsprechende  Abscisse  =  100  gesetzt.    Für  den 
Werth  73  T/ 100  kann,  weil  er  einem  Maximal werthe  der 
Ordinate  entspricht,  3  T/8  gesetzt  werden. 
Aus  den  Werthen: 

T  T  -AT 

h  4  8 

if  0  41  40  53 

lmdet  man  die  Partialamplituden  und  Phasen: 

Kx  =  53,39,    tf  l  -  -  4° 33,5';       Ä3  =  13,88,    7;J  =  17"  47,0'; 

r/s-yi-.  22*21'. 

Die  Intensität  der  Partialtöne  ist  gleich  dem  Quadrate 
der  Amplituden  zu  setzen. 

Bestimmt  man  mittelst  dieser  Werthe  die  Ordinaten  für: 

7'  4°  T 

'    und    ,  **    ,  so  findet  man: 

10  Z . 1 uu 


30,3 
28 


37,9  berechnet, 
30  beobachtet. 


Diese  Abweichungen  liegen  innerhalb  der  Beobachtungs- 
fehler. Ein  merklicher  Einfluss  des  fünften  Obertones  kann 
daher  nicht  nachgewiesen  werden. 


In  Fig.  D  und  E  sind  noch  zwei  Schwingungsformen  der 
zuerst  erwähnten  Pfeife  beigegeben,  welche  bei  mittlerem  und 
starkem  Anblasedrucke  aufgezeichnet  wurden.  Man  sieht, 
wie  die  Formen  bei  verschiedenen  Pfeifen  wechseln  können. 


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304  A.  Raps. 

Auch  in  freier  Luft  wurden  Beobachtungen  über  die 
Schallintensität  angestellt.  Es  stellte  sich  heraus,  dass  die 
Luftverdichtungen,  resp.  Verdünnungen,  welche  von  einer 
massig  angeblasenen  Pfeife  in  der  freien  Luft  (selbst  in  der 
Entfernung  von  4  m)  erzeugt  wurden,  noch  sehr  messbare 
Manometerausschläge  gaben.  Diese  lagen  noch  lange  nicht 
an  der  Grenze  der  Empfindlichkeit  der  Vorrichtung.  Da 
sich  jedoch  in  dem  kleinen  Beobachtungsraume  stehende 
Wellen  ausbildeten,  die  nachweisbare  Druckmaxima  und 
-minima  hervorriefen,  mussten  die  hierher  gehörigen  Ver- 
suche aufgegeben  und  auf  eine  spätere  Zeit  aufgeschoben 
werden. 

§  4.    Untersuchungen  über  Phasendifferenzen  der 
Bewegung  tönender  Luftsäulen. 

Auf  einen  Vorschlag  des  Hrn.  v,  H elmhol tz  wurde 
eine  Combination  zweier  Schallventile  zur  Untersuchung  von 
Phasendifferenzen  in  tönenden  Luftsäulen  verwandt. 

Hr.  v.  Helmholtz  stellt  in  seinem  Aufsatze:  „Ueber 
Schwingungen  offener  Röhren,"1)  folgende  Gleichung  auf: 

(I)  ^  =    A-,    cosklx  —  a)  co^2nnt  +  A--®  siukx  sin2jrn/, 

v  '    di       COS  k  a  y  '  2n 

wobei  ift  das  Geschwindigkeitspotential,  a  die  Entfernung  des 
Maximums  der  Schwingungen  von  der  Mundöffnung,  Q  den 
Querschnitt  des  cylindrischen  Rohres,  n  die  Schwingungsz&bl 
pro  Secunde,  k  =  2njl  (X  Wellenlänge)  und  A  eine  Constante 
bezeichnet. 

Setzt  man: 

i        i  i  /cos  1  *     —  Q *  sin  2k.r 

V        cos 'Arn  4n* 

.  k*Q  Bin  kx  cos  kn 

ß  r   ~    ~      2  TT  COB  k(.T-^~n\  ' 

so  erhält  man  für  die  Gl.  (I): 

^  =  J  cos(2?rnf  -f  r). 

Die  Werthe  von  .r,  für  welche  Jl  ein  Maximum,  resp. 
Minimum  wird,  gibt  die  Gleichung: 

1)  v.  HclmnoHz,  Journ.  f.  reine  und  angewandte  Mathematik. 
»7.  ]).  1. 


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Darstellung  der  Schallintensität  305 


(II)  tg2A(*-«)  =        *  • 

Wird  nun  k-Q  als  unendlich  kleine  Grösse  betrachtet, 
so  wird  die  Gl.  (II)  mit  Vernachlässigung  der  Glieder  höherer 
Ordnung: 

tg2Ä(x-  «)  =  0. 
Dann  wird       ein  Maximum 

—  «Am»i)>  wenn: 
£(x  -  a)  ==  arc;      cosA(.r  —  a)  =  ±  1; 
/a     _  ^* 

und  Minimum  =  Jfau),  wenn: 

A  (x  —  «)  =  ?r  (ö  +  J) ;i;     cos  A  (x  —  a)  =  0; 

^ih}-^?? C08*A«. 

Im  Schwingungsbauche  (Maximum  der  Bewegung)  wird 
tgr  eine  unendlich  kleine  Grösse,  also  t  =  an.  Im  Knoten 
dagegen  wird  tgT  =  oo,  r  (a  +  |)  rc,  also  liegen  die  Phasen 
der  Bewegung  im  Bauch  und  Knoten  um  lj%  Undulationszeit 
auseinander. 

Diese  Phasendifferenz  wird  sich  mit  Hülfe  der  Schall- 
ventile folgendermassen  ermitteln  lassen. 

Zwei  Schallventile,  durch  dieselbe  periodische  Kraft  zu 
derselben  Zeit  geöffnet  und  geschlossen,  werden  Manometer« 
Schwingungen  von  derselben  Periode  und  Phase  haben,  wenn 
wir  sie  mit  einer  tönenden  Luftsäule  in  Verbindung  setzen, 
die  überall  gleiche  Phase  hat.  Aendert  sich  jedoch  die  Phase 
an  einer  Stelle  um  einen  constanten  Werth,  so  werden  auch 
die  Manometer  dieselbe  Phasendifferenz  anzeigen. 

Setzt  man  in  den  Knoten  und  den  Bauch  einer 
Pfeife  je  ein  solches  abgestimmtes  Ventil,  so  werden  deren 
Manometer  eine  etwa  vorhandene  Phasendifferenz  angeben 
müssen.  [Auch  im  Schwingungsmaximum  der  Pfeife  treten 
deutlich  nachweisbare  Druckänderungen  auf  (bis  zu  15  mm 
Wasser).] 

Vorher  muss  man  sich  aber  vergewissern,  ob  die  Ventile 
wirklich  den  gestellten  Anforderungen  genügen,  d.  h.  ob  sie 

l»n.  d.  Phy«.  u.  Chen.  N.  F.  XXXVI.  20 


306 


A.  Raps 


genau  zur  selben  Zeit  abschliessen  (das  Abschliessen  ist  das 
Wesentliche)  und  nicht  etwa  in  ihrer  eigenen  Bewegung  schon 
eine  Phasenverschiebung  zeigen.  Deshalb  wurden  die  Ven- 
tile beide  mit  dem  Knoten  derselben  Pfeife  verbunden.  Eins 
davon  war  ein  electromagnetisches,  das  andere  ein  Stimm- 
gabelventil.  Das  electromagnetische  Ventil  öffnete  sich  jedes- 
mal, wenn  die  obere  Gabelzinke,  welche  das  andere  Ventil 
bewegte,  ihre  tiefste  Lage  erreicht  hatte  und  den  Strom- 
schlu88  durch  einen  Quecksilbercontact  herstellte.  Zu  der- 
selben Zeit  deckten  sich  auch  die  Spalte. 

Diese  Ventile  zeigten  eine  constante  Phasenverschie- 
bung, welche  nicht  beseitigt  werden  konnte,  und  zwar  schloss 
sich  das  electromagnetische  Ventil  später.  Dies  ist  leicht 
erklärlich,  wenn  man  bedenkt,  dass  an  dem  Platinstift  des 
Quecksilbercontactes  beim  Austauchen  ein  Quecksilberfaden 
adhärirt,  welcher  den  Stromschluss  verlängert  Auch  kommt 
die  Zeit  wohl  noch  in  Betracht,  welche  der  Magnetismus 
zum  Verschwinden  braucht.  Diese  Phasendifferenz  der  Ven- 
tile kann  leicht  constant  erhalten  werden. 

Wird  nun  eins  der  Ventile  in  den  Schwingungsbauch1) 
gebracht,  so  zeigt  sich  sofort,  dass  (wenn  wir  von  der  con- 
stanten  Differenz  absehen)  die  Manometermaxima  nahe  um 
V4  Undulationszeit  differiren. 

Dieser  Versuch  dürfte  wohl  als  eine  experimentelle  Be- 
stätigung des  theoretischen  Ergebnisses  angesehen  werden. 

Mehrere  von  den  in  dieser  Abhandlung  erwähnten  Appa- 
raten wurden  in  der  mechanischen  Werkstatt  von  Max  Wolz 
(Bonn)  mit  bekannter  Präcision  und  Eleganz  ausgeführt 

Phys.  Laborat.  der  Univ.  Berlin,  im  Herbst  1888. 


1)  Dasselbe  wurde  in  die  Pfeifen  wand  gerade  in  Höhe  der  Muud- 
öffhung  eingesetzt. 


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Festigkeit  des  Glases. 


307 


II.  Untersuchungen  über  die  Festigkeit  des  Glases; 
von  Joseph  von  Kowalski. 


Einleitung. 

Eins  der  interessantesten  Capitel  der  Molecularphysik 
der  festen  Körper  bildet  die  Lehre  von  der  Festigkeit  der 
Körper.  Sie  hat  sogar,  wie  Lame  sagt,  die  Veranlassung 
gegeben  zu  dem  Aufbau  der  Theorie  der  Elasticität.  Und 
wenn  auch  zahlreiche  Versuche1)  über  die  Festigkeit  von 
allerlei  Körpern  vorliegen,  so  können  sie  nur  dazu  dienen, 
der  Technik  gewisse  Anhaltspunkte  zu  geben,  wie  weit  man 
die  Materialien  in  Anspruch  nehmen  darf,  ohne  sie  zum 
Brache  zu  bringen.  Ueber  die  wahre  Drsache  des  Bruches 
wurden  aber  nur  Hypothesen  aufgestellt,  von  denen  zwei 
hauptsächlich  hervorgehoben  werden  und  als  Grundlage 
zur  Theorie  der  Festigkeit  bei  technischen  Anwendungen 
gelegt  wurden.. 

Nach  der  ersten  nimmt  man  an,  dass  es  eine  gewisse 
Grenze  für  die  inneren  Spannungen  gibt,  die  man  nicht 
überschreiten  darf,  ohne  den  Körper  zum  Bruche  zu  bringen. 
Es  ist  die  Hypothese,  welche  Clebsch  in  seinem  Lehrbuche 
der  Elasticität  zu  Grunde  legt,  um  gewisse  Gleichungen, 
welche  technischen  Zwecken  dienen  können,  abzuleiten. 

Die  zweite  Hypothese  geht  davon  aus,  dass  die  lineare 
Dilatation  eine  gewisse  Grenze  nicht  überschreiten  darf,  und 
dass  der  Körper  dort  zu  brechen  anfangt,  wo  bei  einer 
gewissen  Deformation  die  grösste  lineare  Dilatation  eintritt. 
Diese  letzte  Hypothese  wurde  schon  von  Mariotte  aufgestellt 
in  seinem:  „Traite  du  mouvement  des  eaux"2)  an  der  Stelle, 
wo  er  von  der  Festigkeit  der  Leitungsröhren  spricht;  sie 
wurde  auch  später  von  vielen  Gelehrten,  wie  z.  B.  F.  Neu- 
mann und  Barre  de  Saint- Venant,  wieder  aufgenommen. 

Es  ist  aber  meines  Wissens  gar  keine  directe  Beobach- 
tung gemacht  worden,   aus   der  man   etwas  bestimmtes 


1)  Zahlreiche  Literaturangabeu  über  den  Gegenstand  finden  sich  in 
Violle,  Cour*  de  phys.  1.  p.  463. 

2i  Mariotte,  Oeuvres  p.  455.  1740. 


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308 


J.  v.  Kowalski 


über  die  wahre  Ursache  der  Grenze  der  Festigkeit  sagen 
könnte.1) 

Auf  Anregung  des  Hrn.  Prof.  W.  Voigt  habe  ich  daher 
die  vorliegende  Untersuchung  unternommen,  da  es  nicht 
uninteressant  erscheint,  die  Hypothesen  über  die  wahre 
Ursache  des  Eintritts  des  Bruches,  einer  experimentellen 
Prüfung  zu  unterziehen. 

Als  Material  habe  ich  Glas  gebraucht,  da  mir  von 
Hrn.  Prof.  Voigt  Glasstabchen  gütigst  zur  Verfügung  ge- 
stellt wurden,  die  sich  sehr  gut  zu  der  Untersuchung  eigneten. 
Sie  waren  in  der  Fabrik  von  Greiner  und  Friedrichs  in 
Stützerbach  eigens  zu  diesem  Zwecke  hergestellt  und  be- 
sonders aus  einem  Gusse,  der  frei  von  Blasen  war,  gezogen 
und  dann  recht  vorsichtig  und  langsam  gekühlt.  Ich  konnte 
also  voraussetzen,  dass  ich  es  mit  einem  ziemlich  isotropen 
Körper  zu  thun  haben  würde.  Die  Untersuchung  machte 
ich,  indem  ich  die  Glasstäbchen  dem  Zerreissen,  Zerdrehen. 
Zerbrechen  und  Zerreissen  combinirt  mit  Zerdrehen  unter- 
warf und  jedesmal  die  dabei  eintretende  Spannung  und  lineare 
Dilatation  berechnete.  Die  lineare  Dilatation  in  einer  ge- 
wissen, durch  die  Richtungscosinus  a,  ß,  y  bestimmten  Rich- 
tung ist  durch  die  Formel: 

(1)       A  =  a2xm  -f  ß*yy  +•  y2zt  +  ßyyt  +  yaz9  +  aßxv 

gegeben,  die  sich  durch  Einführung  sphärischer  Coordinaten 
&  und  (p  auch  in  folgender  Form  schreiben  lässt: 

,nx       A  =  sin2#  cos2qpxx  +  sin2#  sin8qpyy  +  cos*#z, 
*  '    -f  Jsin2#  sin<jpys+  Jcosgp  sin2#*.  +  Jsin2#  sin2<p. 

Die  Richtung  der  grössten  Dilatation  ist  also  bestimmt 
durch  die  Werthe  von  <jr  und      die  man  aus  den  Gleichungen: 

A  <5  A  •  i  , 

,    =  v ,  =  o  zieht. 

Wenn  man  die  so  erhaltenen  Werthe  von  q>  und 

1)  Von  älteren  Arbeiten  erwähnt  Franken  heim  in  seiner  »Lehre 
der  Cohäsion"  (1835)  eine  Arbeit  von  Sickingen  vom  Jahre  1782  über 
die  Festigkeit  de«  Platins  bei  verschiedener  Art  von  Belastung,  die  er 
als  rein  wissenschaftliche  Untersuchung  und  als  eine  in  jeder  Beziehung 
physikalische  Musterarbeit  nach  den  damaligen  Begriffen  bezeichnet. 
Leider  ist  mir  die  Arbeit,  die  im  Jahre  17S2  erschienen  sein  soll,  uicht 
zugänglich  gewesen.  — 


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Festigkeit  das  Glases, 


309 


in  dem  Ausdrucke  (2)  für  A  einsetzt,  lässt  sich  leicht  auch 
die  Abhängigkeit  des  Werthes  von  A  im  Punkte  x,  y  von 
dessen  Lage  im  Querschnitte  untersuchen. 

Auf  ähnliche  Weise  lässt  sich  auch  das  Druckellipsoid 
untersuchen  und  der  Werth  und  die  Richtung  der  grössten 
Spannung  bei  einer  gewissen  Art  von  Deformation  bestim- 
men.1) Die  Versuche  wurden  bei  verschiedenen  Tempera- 
turen gemacht.  Indessen  hat  sich  herausgestellt,  dass  in 
den  von  mir  innegehaltenen  Grenzen  (10°  . . .  20°)  der  Ein- 
fluss  der  Wärme  so  klein  ist,  dass  er  vernachlässigt  wer- 
den kann. 

Im  allgemeinen  stellte  ich  die  Festigkeitsversuche  in 
der  Weise  an,  dass  die  allmähliche  Belastung  in  einem  fort 
erfolgte.  Es  wurden  aber  auch  einige  Versuche  so  aus- 
geführt, dass  das  Stäbchen  einer  gewissen  Belastung  längere 
Zeit  unterworfen  wurde  und  dann  erst  einer  grösseren.  Es 
ergab  sich  die  merkwürdige  Thatsache,  dass  das  Verhalten 
der  Glasstäbchen  in  dem  Falle  anders  ist.  Ich  gedenke  in 
einer  späteren  Arbeit  auf  den  Gegenstand  näher  einzugehen. 

Theil  I. 
Bestimmung  der  Constanten. 

Zunächst  kam  es  darauf  an,  die  Elasticitätsconstanten 
der  gebrauchten  Glassorte  zu  bestimmen.  Ich  habe  sie  durch 
Beobachtungen  über  die  Biegung  und  Torsion  der  Glas- 
stäbchen gefunden. 

Zu  dem  Ende  mussten  zunächst  die  Dimensionen  der 
Stäbchen  auf's  genaueste  gemessen  werden,  was  ich  mit 
Hülfe  eines  Fühlhebels  mit  Wasserwage  von  Repsold  aus- 
führte. Ich  will  mich  hier  nicht  näher  auf  die  Beschreibung 
dieses  bekannten  Instrumentes  einlassen,  sondern  nur  hervor- 
heben, dass  einer  Umdrehung  der  Schraube  0,2042  mm  ent- 
sprachen. Die  Trommel  der  Schraube  war  in  200  Theile 
getheilt,  und  da  einer  Drehung  um  einen  Theil  eine  Ver- 
schiebung der  Luftblase  in  der  Wasserwage  noch  um  2  mm 
entsprach,  konnte  die  Dickenmessung  bis  auf  0,0005  mm  genau 
geschehen.    Da  die  Glasstäbchen  von  nahezu  elliptischem 


Ii  Clebsch,  Theorie  der  Elast-  §  6. 


310 


./.  v.  Kowalski. 


Querschnitt  waren,  so  musste  ich  zunächst  den  grössten 
Durchmesser  messen,  welcher  vermittelst  des  gebrauchten 
D:ckenmessers  recht  leicht  zu  ermitteln  war.  Es  wurde 
dann  eine  kleine  Längsmarke  an  einem  Ende  des  Stabes 
mit  einem  Diamanten  gezogen,  um  die  Lage  des  grössten 
Durchmessers  zu  fixiren.  Dann  wurden  die  auf  diesen  senk- 
recht und  unter  45°  stehenden  Durchmesser  gemessen.  Diese 
Messungen  wurden  an  jedem  Stäbchen  an  Stellen,  welche 
in  je  2  cm  Entfernung  voneinander  lagen,  angestellt. 

Es  zeigte  sich,  dass  die  Durchmesser  bei  einem  und 
demselben  Stäbchen  nicht  viel  voneinander  abwichen.  Es 
wurden  daher  bei  der  Berechnung  der  Constanten  die  arith- 
metischen Mittel  der  Querdiameter  als  Diameter  des  Quer- 
schnittes des  Stäbchens  genommen. 

Die  Biegungsconstante.  —  Der  Apparat,  mittelst 
dessen  ich  die  Biegung  der  Glasstäbchen  mass,  war  ähnlich 
dem,  den  schon  früher  Baumgarten  ^gebraucht  und  beschrie- 
ben hat  und  wurde  mir  gütigst  von  Hrn.  Prof.  Voigt  geliehen. 

Das  Stäbchen  wurde  auf  beiden  Schneiden  des  Apparates 
in  der  Weise  aufgelegt,  dass  die  grösste  Axe  des  Quer- 
schnittes horizontal  war.  Auf  die  Weise  konnte  man  ein 
ziemlich  stabiles  Gleichgewicht  erzielen. 

Die  Senkung  bei  der  Biegung  wurde  mit  Hülfe  eines 
fest  mit  dem  Apparat  verbundenen  Mikrometermikroskops 
gemessen.  Einer  Umdrehung  der  Trommel  entsprachen 
0,0328  mm,  wie  es  die  Auswerthung  an  einem  in  V50  mm 
getheilten  Glasgitter  ergab.  Die  Trommel  der  Mikrometer- 
schraube war  in  100  Theile  getheilt,  die  absolute  Senkung 
konnte  bis  auf  0,0H33  mm  abgelesen  werden.  Das  Faden- 
kreuz wurde  immer  auf  den  untersten  Rand  des  Stabchens 
aufgestellt,  der,  indem  man  das  Stäbchen  von  hinten  be- 
leuchtete, scharf  zu  sehen  war.  Es  wurde  jedesmal  das 
Fadenkreuz  dreimal  auf  den  Rand  eingestellt,  und  von  den 
sich  ergebenden  Werthen  in  Trommeltheilen  das  arithmetische 
Mittel  genommen.  Zur  Berechnung  der  Elasticitätscon  stauten 
wurde  die  Formel: 


_/3 
Jäh* 


benutzt 


1)  Baiimgarten,  Popp.  Ann.  lf»2.  p.  Ilfii».  1S74. 


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Festigkeit  des  Glases. 


311 


Dabei  bedeutet  /  die  in  Rechnung  zu  ziehende  Länge 
des  Stabchens,  d.  h.  die  Entfernung  der  beiden  Schneiden 
voneinander,  die  mittelst  eines  Maassstabes,  welcher  in 
halbe  Millimeter  getheilt  war,  gemessen  wurde,  a  die  grosse, 
b  die  kleine  Axe  der  Querschnittsellipse,  s  die  Senkung  der 
Mitte  des  Stäbchens  für  1  g  Belastung.  Diese  letzte  Grösse 
wurde  aus  vier  Beobachtungen  mit  den  entsprechenden  Be- 
lastungen: Schale  +  50  g;  Schale  -f  100  g;  Schale  +  150  g; 
Schale  +  200  g  berechnet.  Dabei  war  das  Gewicht  der 
Schale  =  20,1  g. 

Die  Beobachtungen  ergaben  Folgendes: 

I        a  b      W*  10  SJ£  /       a  b      107*  10  lE 

1.  H9  1,1103  1,1022  1857  6753  9.  90  0,8342  0,8136  6152  6647 

2.  90  0,9005  0,8673  4952  6646  10.  90  0.8334  0.8126  6181  6050 

3.  63  1,0352  1,0169  9086  6707  11.  90  0.7491  0,7205  2845  6649 

4.  90  1,1952  1,1734  1434  6744  12.  90  0,7867  0,7728  2235  665H 

5.  90  1,1964  1,1705  1431  6741  13.  90  1,1406  1,1291  1714  6732 

6.  90  1,7311  1,6976  0315  6751  14.  90  Ü500  1,1367  1662  6729 

7.  90  0,9225  0,9036  4070  6701  15.  90  0,9129  0,9022  4202  6704 
S.  90  0,9210  0.9027  4089  6705  16.  90  0,9201  0,9089  4078  6713 

Geeammtmittel    E  -■  6  702  000. 

Wahrscheinlicher  Fehler  ±  7  200. 

Die  Torsionsconstante.  —  Die  ziemlich  grosse  Länge 
der  Glasstäbchen  erlaubte  mir,  ein  einfaches  Verfahren  bei 
der  Bestimmung  der  Torsi onsconstan ten  anzuwenden.  Der 
Apparat  wurde  mir  von  dem  hiesigen  physikalischen  Institute 
zur  Verfugung  gestellt.    Die  Anordnung  war  folgende: 

Das  obere  Ende  des  Stäbchens  wurde  an  einem  fest 
in  die  Wand  eingeschlagenen  Halter  vertical  befestigt.  An 
dem  unteren  Ende  wurde  eine  horizontale  Torsionsrolle 
angebracht.  Von  derselben  liefen  zwei  dünne,  gut  ausge- 
glühte Drähte  von  genau  gleicher  Länge  über  je  eine  Rolle 
mit  horizontaler  Axe.  Am  Ende  der  dünnen  Drähte  war 
ein  Querstab  befestigt,  der  seinerseits  in  der  Mitte  an  einem 
kleinen  Haken  die  Schale  trug.  Der  Querstab  war  aus 
leichtem  Holz  und  hatte  genau  die  Länge  gleich  dem  Ab- 
stände der  beiden  entferntesten  Punkte  der  beiden  Rollen. 

Die  beiden  Rollen,  um  welche  die  Drähte  liefen,  waren 
in  je  einer  tragenden  Gabel  auf  einem  Brettchen  befestigt. 
Um  die  Reibung  möglichst  klein  zu  machen,  bewegten  sich 


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312  J.  v.  KotoaWd. 

die  Rollen  auf  Spitzen  von  Schrauben,  welche  in  die  Enden 
der  tragenden  Gabeln  hineingebohrt  waren.  Die  beiden 
Köllen  wurden  in  eine  solche  Lage  in  Bezug  auf  die  Torsions- 
rolle gebracht,  dass  erstens  der  Einschnitt  der  Torsionsrolle 
und  der  obere  Rand  des  Einschnittes  der  beiden  anderen 
Rollen  in  einer  horizontalen  Ebene  lag;  das  geschah  ein- 
fach, da  die  Stäbchen  von  ziemlich  gleicher  Länge  waren, 
durch  die  Verschiebung  in  der  oberen  Befestigung  des  Stäb- 
chens; zweitens  bo,  dass  auf  die  Torsionsrolle  nur  ein 
Drehungsmoment  ausgeübt  wird.  Das  letzte  geschah  durch 
Verschiebung  der  beiden  Rollen  mit  dem  Brettchen,  auf 
welchem  sie  auf  dem  Untersatz,  der  fest  mit  jder  Wand 
verbunden  war,  befestigt  waren,  und  wurde  controlirt,  indem 
man  auf  das  untere  Ende  des  Stäbchens  das  Fadenkreuz 
eines  kleinen  Fernrohrs  einstellte,  das  auch  fest  mit  der 
Wand  verbunden  war.  Die  Befestigung  der  beiden  Enden 
des  Glasstäbchens  geschah  durch  Festkitten  in  zwei  kleinen 
Messingklötzen,  die  einerseits  in  der  Fassung  der  Torsions- 
rolle, andererseits  in  der  des  oberen  Halters  durch  Schrau- 
ben festgeklemmt  wurden. 

Die  Einrichtung,  um  den  Drehungswinkel  abzulesen, 
war  folgende:  dicht  bei  den  Fassungen  waren  an  dem  Stäb- 
chen zwei  Zeiger  angeklemmt.  Die  Klemmvorrichtung  war 
der  Art,  dass  das  Stäbchen  nur  in  den  Randpunkten  eines 
Querschnittes  gefasst  wurde;  es  konnte  also  die  Entfernung 
der  beiden  gefassten  Querschnitte  vermittelst  eines  Stangen- 
cirkels  mit  genügender  Genauigkeit  gemessen  werden.  An 
dem  Ende  des  Zeigers  war  ein  kleiner  Glasmaassstab  von 
ungefähr  1  cm  Länge  befestigt.  Er  war  mit  einer  photo- 
graphischen Theilung  in  Vi«  mm  versehen,  ähnlich  den 
Theilungen  bei  Maassstäben  der  spectralanalytischen  Apparate, 
sodass,  wenn  er  von  hinten  beleuchtet  wurde,  die  Theilung 
recht  gut  vermittelst  eines  fest  mit  der  Wand  verbundenen 
Mikroskopes  bis  auf  die  zu  schätzenden  Zehntel  der  Theilung 
abzulesen  war.  Die  Länge  des  Zeigers  betrug  99,5  mm,  also 
erlaubte  die  Einrichtung,  noch  Winkel  von  5"  abzulesen. 

Der  Winkel  für  eine  Belastung  von  einem  Gramm,  den 
wir  \p  nennen  wollen,  wurde  aus  vier  Belastungen,  P,  2P, 
SP,  4P  nach  der  Methode  der  kleinsten  Quadrate  berech- 


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Frstigkeit  des  Glases.  313 

net.  Zur  Berechnung  der  Constanten  wurde  die  Formel  von 
de  Saint* Venant  gebraucht,  nämlich: 

r=  39,48         +P-  , 

worin: 

R  der  Radius  der  Torsionsrolle,  hei  raeinen  Apparaten 
war  R  =  49,5  mm, 

/  die  in  Rechnung  zu  ziehende  Länge  des  Glasstäb- 
chens, 

x  und  A  die  Trägheitsradien  des  elliptischen  Querschnitts, 
<x  die  Fläche  desselben  und 

ti/,  wie  schon  erwähnt,  der  Drehungswinkel  hei  einem 
Gramm  Belastung. 

Schliesslich  will  ich  bemerken,  dass  die  Hauptfehler- 
quellen bei  unserem  Verfahren  der  Bestimmung  der  Tor- 
sionsconstanten  im  Folgenden  liegen. 

1)  In  der  Reibung  der  kleinen  Rollen, 

2)  In  der  ungenauen  Einstellung  der  beiden  kleinen  Rol- 
len in  Bezug  auf  die  Torsionsrolle, 

3)  In  der  Schwierigkeit  der  Messung  der  in  Rechnung 
zu  ziehenden  Länge  des  Stäbchens. 

Es  Hess  sich  aber  alles  dies  so  weit  beseitigen,  dass  die 
Genauigkeit  der  Methode  für  meine  Zwecke  völlig  ausrei- 
chend war.    Die  Beobachtungsreihe  ist  folgende: 


/ 

a 

b 

tp     10  *T 

/ 

a 

6 

V 

io  sr 

257 

1,1406 

1,1291 

6'  12,5'  2704 

7. 

254 

1,0355 

1,0167 

9  8,5 

2712 

264 

1.7311 

1,6976 

1  11,5  2784 

8. 

252 

0,8342 

0,81 

21  40.1 

2724 

261 

1,1190 

1,0741 

7    4,2  2709 

9. 

261 

1,1451 

1,1336 

6  9,2 

2732 

251 

0,9249 

0,9029 

14  26,6  2766 

10. 

253 

0.9278 
1,1390 

0,9088 

13  53,9 

2707 

258 

1.1952 

1,1734 

5  18,2  2746 

11. 

253 

1,1336 

6  3.6 

2710 

251 

0,9225 

0,9026 

13  32  2762 

Geaammtnuttel 

T  = 

2  732  000. 

Wahrscheinlicher  Fehler  5  600. 

Da :  E  =  ,    T=p   ist,  so  ergibt  sich : 

ft  =  2  732000,       A  =  2262  500 
und  weiter  das  Verhältniss  der  Quercontraction  zur  Längs- 
dil&tation:  a  =  0,226. 

Also  eine  Zahl,  die  merkwürdigerweise  sehr  nahe  der,  welche 
Hr.  Prof.  Voigt  gefunden  hat,  liegt. 


:U4 


J.  v.  Kowalski. 


Theil  II. 
Untersuchungen  der  Festigkeit. 

1)   Festigkeit  bei  einseitigem  Zug. 

Bei   diesen    Beobachtungen   wurde    ein  Glasstäbchen 
von  ungefähr  4  bis  8  cm  Lange  in  zwei  Halter  eingekittet, 
sodass  ungefähr  1,5  bis  2  cm  ausserhalb  der  Fassungen 
waren.  Es  wurde  zuerst  zum  Kitten  gewöhnlicher  Siegellack 
benutzt,  er  erwies  sich  aber  bald  als  zu  spröde,  und  deswegen 
benutzte  ich  später  Schellack    Die  obere  Fassung  des  Stab- 
chens wurde  an  einem  Querstabe  zwischen  zwei  Stell  tischen 
befestigt;  an  die  untere  wurde  eine  Schale  aufgehängt  mit- 
telst einer  Vorrichtung,  die  etwaige  kleine  Schwingungen  der 
Schale  dem  befestigten  Stabchen  nicht  übermittelte.  Die 
Belastung  geschah  zunächst  durch  behutsames  Auflegen  von 
grösseren  Gewichtsstücken  und  dann  durch  Zuschütten  von 
Schrotkörnern  in  einen  auf  der  Schale  stehenden  Kasten, 
bis  zum  Bruch  fortgesetzt.  Das  Zuschütten  wurde  sehr  leise 
gemacht,  und  um  die  Stösse  möglichst  zu  vermeiden,  geschah 
es  durch  eine  kleine  Rinne,  die  bis  über  den  Kasten,  der 
auf  der  Schale  lag,  führte.    Von  den  Beobachtungen  wurden 
nur  die  gebraucht,  bei  denen  der  Bruch  ausserhalb  der  Fas- 
sungen geschah,  also  bei  welchen  man  voraussetzen  konnte, 
dass  der  Bruch  nicht  von  Sprüngen,  die  im  Glase  beim  Ein- 
kitten entstehen  konnten,  zu  Stande  gekommen  war. 

Die  Brüche,  welche  von  einem  Stosse  herrührten,  wurden 
selbstverständlich  nicht  in  Rechnung  gezogen. 

Wie  bekannt,  ist  die  Spannung  wie  auch  die  Dilatation  bei 
der  einfachen  Dehnung  am  grössten  parallel  der  z-Axe,  d.  h. 
der  Längsaxe  des  Stäbchens.  Es  wurde  also  der  Druck  pro 
Quadratmillimeter,  der  nöthig  war,  um  das  Stäbchen  zum 
Zerreissen  zu  bringen,  und  die  entsprechende  lineare  Dilata- 
tion in  der  Richtung  der  r-Axe  berechnet.  Dabei  wurde 
die  Formel  benutzt: 

A  =  •"  +  k      c  . 

wo  C  der  Druck  pro  Quadratmillimeter. 
Die  Versuche  ergaben  Folgendes: 


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Fesägkeit  des  Glases. 


315 


(P  Gesammtbelastung  in  Grammen.) 


ab  PC 

1.  1,0385  1,0185  28672  8628 

2.  1,0034  0,9835  27839  8981 

3.  0,9917  0,9809  27443  8971 

4.  1,0132  0,9985  27941  8791 

5.  1,1154  1,0688  32341  8635 

6.  1,0156  0,9972  27619  8683 
T.  1.1227  1,0613  32905  8790 
P.  1.140"  1,1256  34796  8667 
9.  1,1456  1,1252  35829  8847 

10.  1.1514  1,1121  35756  8889 

11.  0,8066  0,7989  17778  8787 

12.  0^438  0,8255  19153  8752 

13.  0?8239  0.8004  18279  8823 

14.  0,8530  0,8352  19469 

15.  0,8959  0,8612  21245 


10*1, 
1293 
1346 
1344 
1317 
1294 
1301 
1317 
1299 
1826 
1332 
1314 
1312 
1322 
1804 
1314 


a 


i, 


8699 
8765 

Ge&ammtmittel 

Wahrscheinlicher  Fehler 


P  C  10«/... 

16.  0,8888  0,8627  21227  8812  132ö" 

17.  0,7785  0,7667  16530  b»15  1321 

18.  1,0516  1,0297  29540  8684  1301 
I  19.  1,0404  1,0220  28898  8651  1297 

20.  1,0348  1,0108  28454  8659  1291 

21.  1,0562  1,0316  29021  8676  1300 

22.  0,9311  0,9199  23441  8712  1305 

23.  0,9291  0,9092  23082  8697  1304 

24.  0,9309  0,9098  23093  8679  1801 

25.  0,9282  0,9074  23048  8706  1305 

26.  1,1887  1,1602  37998  8777  1315 

27.  1,1838  1,1627  37919  8774  1315 

28.  1,1792  1,1589  87524  8740  1310 

29.  1,0120  0,9982  28028  8754  1312 

30.  1,0362  1,0021  28501  8737  1809 

if  =»  0,001  310 
db  0,000004. 


Bei  allen  diesen  Versuchen,  ebenso  wie  bei  den  späteren 
Versuchen  mit  dem  Zerdrehen  und  Zerdrehen  corabinirt  mit 
Zug,  wurden  die  Dimensionen,  nachdem  der  Bruch  erfolgt 
ist,  gemessen.  Die  Messung  geschah  an  den  beiden  Bruch- 
flächen, und  von  den  sich  dort  ergebenden  Werthen  für  a 
uod  h  wurde  das  arithmetische  Mittel  genommen.  Als  Er- 
gebni8s  aus  den  Versuchen  erhalten  wir,  dass  die  grösste 
lineare  Dilatation  A,  =  0,00131,  eine  Zahl,  die  grösser  ist, 
als  die  von  F.  Neumann1)  aus  den  Versuchen  von  Brewster 
berechnete.  Man  sieht  auch  aus  den  vorhergehenden  Zahlen, 
dass  die  Versuche  so  weit  übereinstimmen,  dass  ich  anneh- 
men konnte,  mit  einem  ziemlich  einheitlichen  Material  zu 
thun  zu  haben. 

2)  Festigkeit  bei  der  Biegung. 

Um  die  Festigkeit  bei  der  Biegung  zu  untersuchen, 
wurde  derselbe  Apparat  benutzt,  welcher  schon  zur  Bestim- 
mung der  Biegungsconstante  gedient  hatte.  Das  Stabchen 
wurde  so  auf  die  beiden  Schneiden  des  Apparates  gelegt, 
dass  die  grosse  Axe  horizontal  war,  und  dann  wurde  es  in 
der  Mitte  bis  zum  Bruch  belastet  Die  Belastung  geschah 
durch  Zuschütten  von  Schrot  in  einen  Kasten,  der  die 
Schale  ersetzte.    Dies  musste  mit  der  grössten  Vorsicht  ge- 


1)  F.  Neumann,  Glotze  dor  Doppelbrechung  des  Lichts  (1841 1  be- 
rechnet ij  =  0,0S7,  vermuthet  aber,  das«  die  wahre  Zahl  grösser  ist. 


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310 


./.  v.  Kowalski. 


schehcn,  denn  jeder  kleine  Stoss  hatte  hier  schon  einen  be- 
deutenden Einfluss. 

Die  Dimensionen  des  Stäbchens  müssen  vorher  bestimmt 
werden.  Sie  wurden  ebenso  ermittelt,  wie  bei  der  Bestim- 
mung der  Elasticitätsconstanten. 

Wie  bekannt,  findet  bei  dieser  Art  Biegung  die  grösste 
Spannung,  wie  auch  die  grösste  lineare  Dilatation  in  der 
dem  niedrigsten  Punkte  der  Mitte  des  Stabchens  statt.  Die 
grösste  Spannung  wurde  nach  der  Formel  von  Clehsch1): 

R  =  Eh 

berechnet,  wobei  E  die  Biegungsconstante,  b  der  Abstand  des 
niedrigsten  Punktes  von  der  Hauptaxe,  um  welche  die  Bie- 
gung geschieht,  q  der  Krümmungsradius  in  demselben  Punkte 
der  Curve  dritten  Grades,  in  welche  bei  dieser  Art  von  Defor- 
mation die  Geraden  parallel  der  z-Axe  übergehen,  bedeutet. 

Für  die  grösste  Dilatation ,  die  auch  im  niedrigsten 
Punkte  parallel  der  z-Axe  stattfindet,  haben  wir  den  Aus- 
druck von  Neu  mann2): 

,      3 .b  P 

A2  =      -r.Tr  » 


(£)' 


wobei  ä  die  Senkung  bei  1  g  Belastung,  P  die  Belastung  und 
/  die  in  Rechnung  zu  ziehende  Länge  des  Stäbchens  ist  Es 
ergaben  sich  folgende  Resultate: 


1 

a 

b 

P 

R 

ion, 

/ 

a 

b 

P 

H 

1. 

90 

0,8342 

0,8136 

176 

87H6 

1311 

16. 

40 

0,8340 

0,8137 

382 

8806 

2. 

90 

0,8334 

0.8126 
1,1291 

177 

8819 

1316 

17. 

40 

0,8333 

0,8127 

382 

8846 

8. 

90 

1,1406 

463 

8893 

1327 

18. 

40 

1,1407 

1,1291 

1013 

8893 

4. 

90 

1,1500 

1,1367 

473 

8853 

1321 

19. 

40 

1,1500 

1,1367 

1041 

8920 

5. 

90 

0,9129 

0,9022 

234 

880« 

1314 

20. 

90 

1,1103 

1,1022 

427 

8853 

6. 

90 

0,9201 

0,9028 

238 

8779 

1310 

21. 

90 

0,9005 

0,8673 

207 

8866 

T. 

60 

0,9248 

0,9029 

345 

8759 

1307 

22. 

90 

1,1952 

1,1734 

535 

8940 

s. 

60 

0,9264 

0,9011 

353 

8987 

1341 

23. 

90 

1,1964 

1,1705 

536 

8920 

9. 

90 

1,1402 

1,1298 

454 

8953 

1336 

24. 

90 

1,7311 

1,6976 

1609 

8819 

10. 

90 

1,1410 

1,1284 

447 

8806 

1314 

25. 

90 

0,9225 

0,9036 

241 

8793 

11. 

(iü 

0,9121 

0,9096 

345 

8712 

1300 

26. 

90 

0,9210 

0.9027 

254 

8900 

12. 

60 

0,9201 

0,9089 

349 

8793 

1312 

27. 

«3 

1,0355 

1,0169 

37o 

8826 

13. 

60 

0,9203 

0,9084 
0,9024 
0.9090 

357 

8980 

1340 

28. 

60 

0,7491 

0,7205 

193 

8860 

14. 

40 

0,9127 

512 

8779 

1310 

29. 

60 

0,7667 

0,7728 

232 

8980 

15. 

40 

0.9200 

523 

8752 

1306 

w 

131 

I32f 

1321 

133 

132 

13* 

n\ 

1331 
131«» 
13I2 
132* 

131 : 

132. 
134* 


Gesammtmittel 
Wahrscheinlicher  Fehhi 


/..  =  0,001  320 
"  ±  0,000  003. 


1)  Clebseh,  I.  v. 

2)  Neumann.  1.  c.  p.  5o. 


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Festigkeit  des  Glases. 


317 


'M  Festigkeit  bei  <l<?r  Torsion. 

Die  Versuche  wurden  folgendermassen  angestellt:  Die 
Stäbchen  waren  zunächst  ebenso  wie  bei  den  Versuchen  über 
den  einseitigen  Zug  in  zwei  Halter  eingekittet  und  zwischen 
zwei  Stelltischen  an  einem  Querstab  befestigt.  An  dem  un- 
teren Halter  war  eine  Torsionsrolle  vom  Radius  r=49,5mm 
angebracht,  von  welcher,  ähnlich  wie  bei  der  Bestimmung  der 
Torsionsconstanten,  zwei  gut  ausgeglühte  Drähte  über  zwei 
andere  Rollen  liefen.  An  dem  Ende  der  Drähte  war  ebenso 
wie  bei  der  Constantenbestimmung  eine  Schale  angebracht. 
Die  Belastung  geschah  durch  vorsichtiges  Zuschütten  von 
Schrotkörnern  in  die  Schale  bis  zum  Eintritt  des  Bruches. 

Im  allgemeinen  mussten  viel  mehr  Versuche  gemacht 
werden,  um  brauchbare  Daten  zu  erhalten,  als  bei  den  vor- 
hergehenden Beobachtungen,  hauptsächlich  deshalb,  weil  das 
Stäbchen  recht  oft  in  den  Fassungen  zerdreht  wurde,  und 
diese  Versuche  nicht  in  Rechnung  zu  ziehen  waren.  Der 
Bruch  erfolgte  in  einer  Fläche,  die  am  Rande  von  einer  Spi- 
rallinie begrenzt  war,  also  eine  schöne  Uebereinstimmung  mit 
der  Theorie. 

Die  Dimensionen  des  Stäbchens  wurden  gerade  so  wie 
bei  den  Zerreisseversuchen  ermittelt. 

Die  grösste  Dilatation  ebenso  wie  die  grösste  Spannung 
findet  bei  der  Torsion  eines  elliptischen  Cylinders  am  Ende 
der  kleinen  Axe  der  Querschnittsellipse  statt.  Dabei  ge- 
schieht die  erste  in  einer  Richtung,  die  einen  Winkel  von 
45°  mit  der  Axe  des  Cylinders  einschliesst.  Da: 

x*  =  yv  =  *»  =  *y  =  o 

ist,  so  ist  der  Ausdruck  für  das  Maximum  der  Dilatation 
gegeben  durch  die  Formel: 

was  im  Falle  eines  elliptischen  Cylinders  zu: 
wird. 

Dabei  bedeutet  N  das  Drehungsmoment,  und  a,  b,  ft  haben 
die  früheren  Bedeutungen. 


318 


J.  v.  Kowalski. 


Ebenso,  da  die  Spannung  in  einem  beliebigen  Punkte: 
ist,  so  ist  das  Maximum  von  st: 


2N 

St  nah* 


Aus  den  Versuchen  erhalten  wir  Folgendes: 
a         b       P      st     lOM^o  a  b 


p 

•t 

10M^ 

399 

10223 

1873 

402 

10114 

1851 

571 

10119 

1852 

539 

9494 

1737 

552 

9977 

1826 

531 

9993 

1830 

519 

10124 

1834 

529 

10059 

1841 

540 

10042 

183?« 

538 

10042 

1838 

3U9 

10156 

1851 

3w; 

10064 

1842 

199 

10086 

1846 

207 

10234 

1873 

203 

10228 

1872 

231 

10113 

1851 

13.  1,1353  1,1277  529  10135  1855 

14.  1,1307  1,1294  526  10086  1846 

15.  1,1441  1,1324  537  10119  1852 

16.  1,0377  1,0062  310  8163  1494 

17.  1,0355  1,0231  401  10234  1873 

Gesammtmittel    lw  =  0,001  837 
Wahrscheinlicher  Fehler         ±  0,000  002. 

4)  Combinirte  Versuche  von  Zerreissen  mit  Zerbrechen. 

Bei  diesen  Versuchen  war  die  Torsionsrolle  in  der  Mitte 
unten  mit  einem  Haken  versehen,  an  welchen  eine  Schale 
angehängt  wurde.  Es  wurde  eine  gewisse  Dehnung  durch 
Auflegen  von  Gewichtsstücken  auf  die  Zugschale  hervorge- 
bracht, und  sodann  das  Stäbchen  durch  Zuschütten  von  Schrot 
in  die  Torsionsschale  zerdreht  Bei  der  so  hervorgebrachten 
Deformation  haben  wir  für  die  Verrückungen  die  Ausdrücke: 

c  c 

u  =  rzy  +  E  ux,       u  =  -  tzx  +  E*y, 

Das  Minimum  der  Dilatation  tritt  also  ein  unter  einem 
Winkel  #  zur  z-Axe  geneigt,  wobei  der  Winkel  &  definirt 
ist  durch: 

t«2Ä  =  !_«•  ~c  l^ab*' 


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Festigkeit  des  Glases.  319 

wo  N  das  Drehungsmoment,  und  C  die  Belastung  pro  Quad- 
ratmillimeter bedeuten. 

Für  die  grosste  Dilatation  gibt  daher  die  Formel: 

=  y  {a  sin2#  +  cos2#)  +  J  sin 2*  • 

Für  die  Spannung  entsprechend  die  Formel: 

AN* 

Wenn  wir  die  Ergebnisse  der  Versuche  zusammenstellen, 
so  erhalten  wir  Folgendes: 


f  +  i/T + 


a 

b 

Pt 

*i 

& 

•* 

10<4,, 

1. 

0,9352 

0,9234 

14515 

146 

29°31'  9" 

8786 

1504 

0,9141 

0,9123 

14058 

142 

29  59  55 

9004 

1582 

3. 

1,0950 

0,9296 

16308 

196 

39  40  6 

9404 

1650 

4. 

0,9596 
0,9314 

0,9161 

16358 

143 

28    5  45 

8752 

1501 

5. 

0,914H 

15225 

141 

2x  51  50 

8879 

1499 

6. 

0,9382 

0,9127 

5048 

202 

40  50  50 

9883 

1696 

7. 

0,8109 
0,8471 

0,7807 
0,8219 

7420 

157 

38  22  10 

9838 

1780 

8. 

10574 

128 

33    3  30 

9739 

1553 

9. 

0,9284 

0,9093 

1035 

229 

44  12  45 

9986 

1723 

Die  Dilatation  wächst  mit  dem  Winkel,  welchen  die 
Richtung,  in  der  die  Dilatation  geschieht,  mit  der  r-Axe 
einschliesst. 

5)  Festigkeit  bei  der  Compression. 

Dazu  wurde  ein  sehr  einfacher  Apparat  gebraucht.  Er 
bestand  aus  einem  eisernen  Druckhebel,  der  sich  an  einem 
Ende  um  eine  horizontale  Axe  bewegte  und  am  anderen  be- 
lastet werden  konnte.  Unter  den  Druckhebel  wurde  auf  einer 
festen  Unterlage  ein  kurzes  Stabchen  von  der  Länge  von  8  mm 
bis  10  mm  aufgestellt  und  durch  Belastung  des  einen  Endes 
des  Hebels  zerdrückt.  Damit  bei  diesem  Verfahren  die  Ver- 
th eilung  der  Druckkräfte  möglichst  gleichmässig  sei,  hat 
man  die  beiden  Enden  der  untersuchten  Stäbchen  zwischen 
zwei  kleine  Platten  aus  gut  ausgeglühtem  Kupfer  gestellt. 
Es  konnten  indess  von  den  vielen  angestellten  Versuchen 
nur  wenige  benutzt  werden,  denn  sobald  das  Stäbchen 
ein  klein  wenig  schief  stand,  so  trat  der  Bruch  viel  zu 
früh  ein,  was  man  auch  schon  daraus  merken  konnte,  dass 
in  diesen  Fällen  das  Stäbchen  nicht  parallel  seiner  Längs- 
richtung, wie  es  nach  der  Theorie  sein  muss,  zerbrach.  Die 


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320 


J.  v.  Kowalski. 


Dimensionen  der  Stäbchen  waren  vorher  gemessen,  und  der 
Hebel  wurde  vermittelst  eines  Zirkels  ausgewertet. 

Bei  diesen  Versuchen  findet  die  grösste  Dilatation  in 
der  Richtung,  welche  senkrecht  auf  der  z-Axe  steht,  statt. 

Es  gilt  dabei  die  Formel: 

,      J_   C 

x      2,ti  '  2fi  +  3Ä  " 

Die  Ergebnisse  der  Versuche  sind  im  Folgenden  zusam- 
mengestellt, wobei  e  den  Hebelarm  bedeutet: 


I0*b 

P 

l 

C 

10»AX 

10*a 

10*6 

P 

l 

C 

l' 

8761 

8639 

18080 

4,9 

37900 

128 

8. 

«672 

8573 

21832 

4,5 

42063 

1 

8587 

M414 

1M740 

4,5 

37152 

125 

9. 

8781 

8564 

17745 

4,8 

37556 

1 

8494 

8434 

29440 

3,5 

447« 

154 

10. 

8763 

8644 

17764 

5,0 

37225 

1 

8493 

M36 

23728 

3,5 

36091 

124 

11. 

«682 

8563 

19684 

4,5 

37926 

l 

8677 

856« 

19160 

4,5 

36915 

125 

12. 

8490 

8438 

24662 

3,5 

38422 

1 

8673 

S.YIl 

19972 

4,5 

38484 

130 

13. 

8786 

8645 

l  löiO 

5,0 

36407 

1 

8679 

8565 

19358 

4,5 

37269 

126 

14. 

8662 

«596 

16754 

5,1 

35856 

1 

Geflammtmittel    lx  =  0,00129. 
Wahrscheinlicher  Fehler         ±  0,00003. 


Resultate. 

Wenn  wir  die  Resultate  der  einzelnen  Untersurhungen 
hier  noch  einmal  zusammenstellen,  so  erhalten  wir  folgende 
Zahlen  für  den  Druck  pro  qmm  und  die  Grenzdilatation: 

Einseitiger  Zug  C  =  8767  Xa  =  0,00131, 

Biegung  C «  8794  lt  =»  0,00132, 

Torsion  C  =  10142  XUo  =  0,00183, 

Zusammendrücken  C  =  37700  l9  =  0,00129. 

Wir  sehen  also  zunächst,  dass  keine  der  beiden  in  der 
Einleitung  dieser  Arbeit  erwähnen  Hypothesen  ohne  weiteres 
anzunehmen  ist. 

Bei  dem  Zerreissen  und  Zerbiegen,  wo  die  grösste  Dila- 
tation in  der  Richtung  parallel  der  Längsaxe  des  Stäbchens 
geschieht,  erreicht  die  Grenzdilatation  denselben  Werth,  näm- 
lich für  die  von  uns  untersuchte  Sorte  von  Glas  ist 
/.,  =  0,00131.  Bei  der  Torsion  dagegen,  wo  sie  unter  dem 
Winkel  von  45°  zu  der  z-Axe  geschieht,  ist  sie  von  ver- 
schieden. 

Ebenso  verhält  es  sich  bei  den  combinirten  Fällen  von 
Drillüng  und  Zug,  wo  auch  die  grösste  Dilatation  in  einer 
Richtung  geschieht,  welche  einen  Winkel  0<#<rc/4  mit  der 


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Festigkeit  des  Glases.  321 

z-Axe  einschliesst.  Dabei  bemerken  wir,  dass  die  grösste 
Dilatation  mit  wachsendem  &  wächst  und  den  grössten  Werth 
für  #  =  45°  besitzt.  Bei  dem  Zusammendrücken  ergibt  sich 
fur       ein  Werth,  der  auch   nahe   dem  Werthe  von  A, 

liegt 

Man  könnte  denken,  dass  die  Ursache  dieses  merkwür- 
digen Verhaltens  sich  auf  eine  krystallinisohe  Structur  zurück- 
führen lässt.  In  der  That  könnte  man  annehmen,  dass  das 
Glasstäbchen  als  Krystall  vom  hexagonalen  System  zu  be- 
trachten wäre.  Wir  werden  im  Folgenden  sehen,  dass  die 
Annahme  uns  keine  Erklärung  gibt. 

Die  Elasticität  eines  Krystalls  vom  hexagonalen  System 
hängt  von  fünf  Constanten  ab.  Wir  wollen  in  Folgendem 
nach  Prof.  W.  Voigt1)  mit  u  die  Determinante: 


u  — 


A 

D 

B 

0 

0 

0 

D 

A 

B 

0 

0 

0 

B 

B 

A" 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

c 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

e 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

A.D 
2 

bezeichnen  und  mit  den  Co§fficienten  des  A  ten  Elementes 
der  h  ten  Reihe  der  Determinante  u. 

Nun  wollen  wir  den  einseitigen  Zug  betrachten.  Es  er- 
gibt sich  dabei,  dass  der  Werth  für  die  grösste  Dilatation, 
welche  parallel  der  r-Axe  stattfindet,  gegeben  ist  durch  die 
Formel2): 

X,  —  F,  83r 

Von  derselben  Constante  hängt  aber  auch  die  Biegung 
ab,  und  sie  ist  bei  meiner  Biegungsconstantenbestimmung 
direct  beobachtet  *S3  =  1  /  E,  also  ist  die  Berechnung  von  lt 
frei  von  jeder  Hypothese  über  die  Isotropie  des  Glases. 

Bei  der  Torsion  eines  hexagonalen  Krystalls  erhalten 
wir  für  die  Dilatation  Xt  in  einer  beliebigen  Richtung,  bei 
Zugrundelegung  der  Formel  (54)  des  1.  c: 

Die  Constante  *44  ist  aber  diejenige,  von  welcher  die 

It  W.  Voigt,  Wied.  Ann.  16.  p.  275.  1882. 
2)  W.  Voigt,  Elasticitatsverhältniase  dur  Kryatalle  p.  ßß. 
lau.  d.  Phj«.  o.  Cb»m.  N.  F.  XXXVI.  21 


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322 


E.  Rieche. 


Drillung  um  die  Längsaxe  des  Stäbchens  abhängt.  Wir  ha- 
ben sie  also  ebenfalls  bei  der  Bestimmung  des  Torsionscocffi- 
cienten  direct  beobachtet,  sie  ist  nämlich  si4  =1/7;  Hier 
ist  also  die  Berechnung  von  auch  frei  von  jeder  Hypo- 
these über  die  Isotropie  des  Stäbchens. 

Anders  verhält  sich  die  Sache  bei  dem  Zusammendrücken. 
Die  Dilatation  bei  der  Compression  des  hexagonalen  Krystalls 
ist  gegeben  durch1): 

he  Ä  J"i  *i3» 

wo  «]3  eine  neue  unabhängige  Constant©  ist.  Also  die  An- 
nahme einer  kristallinischen  Structur  könnte  uns  nur  Auf- 
klärung über  gewisse  Merkwürdigkeiten,  welche  bei  der  Com- 
pression eintreten,  geben. 

Die  Versuche  aber  mit  letzterer,  abgesehen  von  der 
grossen  Ungenauigkeit,  ergeben  uns  einen  Mittel werth  für 
die  Grenzdilatation,  der  nahezu  gleich  =  ist.  Der  Haupt- 
widerspruch mit  der  Hypothese,  dass  der  Bruch  bei  einer 
constanten  Grenzdilatation  eintritt,  liegt  indessen  in  dem 
grossen  Unterschiede  von      und  A«c 


III.  Beiträge  zttr  Hydrodynamik; 
von  Eduard  Rieche. 

(Aus  den  Göttinger  Nachr.  vom  8.  Oct  1888;  mitgetheilt  vom  Hrn.  Verf.! 

(Hleria  Taf.  VI  Pig.  1-1«.) 


In  den  beiden  ersten  Abschnitten  der  folgenden  Mitthei- 
lung werden  einige  Probleme  der  Hydrodynamik,  welche  in 
den  gewöhnlichen  Darstellungen  nur  andeutungsweise  behan- 
delt werden,  im  wesentlichen  auf  dem  Wege  graphischer 
Darstellung  weiter  verfolgt.  Dieselben  beziehen  sich  auf  die 
gleichförmige  Bewegung  einer  Kugel  durch  eine  ruhende 
Flüssigkeit  und  auf  das  Fortschreiten  zweier  paralleler  Wir- 
belfäden in  einer  solchen,  beziehungsweise  eines  einzigen  Fa- 
dens längs  einer  festen  Wand.  In  beiden  Fällen  besteht  die 
Aufgabe  darin,  die  Bewegungen  der  einzelnen  Flüssigkeit*» 

1)  W.  Voigt,  1.  c.  p.  66. 


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Hydrodynamik. 


32:'» 


theilchen  zu  bestimmen,  welche  durch  die  genannten  Vor- 
gänge veranlasst  werden.  Der  dritte  Abschnitt  enthält  die 
Resultate  einer  experimentellen  Untersuchung,  welche  Hr. 
Dr.  Krüger  auf  meine  Veranlassung  hin  unternommen  hat, 
und  welche  geeignet  erscheint,  auf  den  Vorgang  der  Strahl- 
und  Wirbelbildung  einiges  Licht  zu  werfen. 

I.  Bewegung  einer  Kugel  durch  eine  ruhende  Flüssigkeit. 

1.  Wir  betrachten  zuerst  den  Fall,  dass  in  einer  unbe- 
grenzten Flüssigkeit  eine  einzige  Quelle  vorhanden  ist,  von 
welcher  aus  dieselbe  nach  allen  Seiten  hin  ins  Unendliche 
abströmt  Das  Geschwindigkeitspotential  ist  ^r  =  —  ejr.  Von 
dem  Quellpunkt  aus  ziehen  wir  eine  Linie,  welche  wir  zu  der 
Axe  eines  Polarcoordinatensystemes  machen ;  wir  beschreiben 
um  die  Quelle  eine  Kugel,  auf  welcher  ein  Parallelkreis  be- 
stimmt wird  durch  seine  Poldistanz  »V,  den  Winkel,  welchen 
ein  nach  einem  beliebigen  Punkt  des  Kreises  gezogener  Ra- 
dius mit  der  Axe  einschliesst.  Die  Flüssigkeitsmenge,  welche 
in  der  Zeiteinheit  durch  eine  von  dem  Parallelkreis  &  be- 
grenzte Kugelzone  hindurch  geht,  ist  gleich  2ne(l  —  cos#). 
Wir  setzen  dieselbe  gleich  4ny  und  erhalten  zur  Berechnung 
von  %p  die  Formel  y  =  */2r(l  -  cos#).  Für  #=0  ist  t//=0; 
f ür  xr  =  n  ist  \p  =  e.  Die  Werthe  von  t%  für  welche  \p  der 
Reihe  nach  die  Werthe  1,  2,  3  .  . .  annimmt,  sind  durch  eine 
einfache  Construction  zu  finden.  Wir  nennen  \p  die  Strö- 
mungsfun ction. 

2.  Auf  einer  und  derselben  Axe  r  liegen  beliebig  viele 
Quellen  oder  Senken  der  Flüssigkeit;  das  Geschwindigkeits- 
potential ist  gegeben  durch: 


Sind  i/'j,  y'29  V'3  die  in  den  einzelnen  Quellen  entsprechenden 
Strömungsfunctionen ,  so  ist  die  bei  gleichzeitigem  Bestehen 
sammtlicher  Quellen  auftretende  Strömungsfunction : 

V>  =  Vi  +  V>2  +  V'3  +  •  •  • 
Dieselbe  entsteht  durch  Superposition  aus  den  Stromungs- 
functionen der  einzelnen  Quellen.    Bezeichnen  wir  durch  q 
die  Entfernung  eines  beliebigen  Punktes  von  der  ar-Axo,  so 

21» 


324  £.  Rieche. 

ergeben  sich  die  Strömungsgeschwindigkeiten  in  der  Richtung 
der  letzteren  Axe  und  senkrecht  zu  derselben  mit  Hülfe  der 
Formeln : 

2  du  2  6  w 

U  =  —  _T  ,    (O  =  _-v  • 

Q  OQ  Q  ox 

Die  Flachen  const  anten  Potentiates  sind  Rotationsflächen, 
deren  Figurenaxe  durch  die  Linie  der  Quellen  und  Senken 
gegeben  ist.  Sie  werden  senkrecht  durchschnitten  von  den 
Flächen,  welche  durch  Umdrehung  der  Strömungslinien  %p  um 
die  z-Axe  erzeugt  werden.  Wir  bezeichnen  diese  Flachen 
als  Strömungsflachen.  Zwei  benachbarte  unter  denselben, 
welche  durch  die  Werthe  i/'  un<*  V  +  d  y  bestimmt  sein 
mögen,  begrenzen  auf  einer  Flache  constanten  Potentiales 
einen  Ring.  Ist  dm  die  Breite  desselben,  60  ist  die  in  der  Zeit- 
einheit durch  ihn  gehende  Flüssigkeitsmenge  gegeben  durch: 

2n9dmVu*+  V-4jidm|/(**)f+       f  =  4  V'- 

Bezeichnen  wir  dasjenige  Flächenstück,  welches  auf  einer 
Potentialfläche  durch  die  Strömungsflache  \p  ausgeschnitten 
wird,  als  den  Querschnitt  der  letzteren,  so  ergibt  sich  der 
Satz:  Die  in  der  Zeiteirüieit  durch  den  Querschnitt  der  Strö- 
mung sfläche  ift  gehende  Flüssigkeitsmenge  ist  gleich  4nv> 

3.  Es  liegt  eine  Quelle  der  Flüssigkeit  auf  dem  nega- 
tiven Zweige  der  x-Axe  in  unendlicher  Entfernung;  fur 

diese  ist: 

(p  =  cx   und    if.i  «=  °4  q2. 

4.  Eine  auf  der  x-Axe  liegende  Quelle  vereinigt  sich 
mit  einer  ebenfalls  auf  der  #-Axe  liegenden  und  gleich  mäch- 
tigen  Senke  zu  einem  Doppelpunkt   Für  diesen  ist: 

2eax  eag- 

<3P=  r. i-  i    V-  -  rt  "f 
oder  mit  Benutzung  der  Polarcoordinaten  r  und 

2  ea  cos  ir         j  ea  ein*& 

<P  =  — p —    und   i/<  =  -     r  • 

Hier  bezeichnet  q  die  halbe  Entfernung  von  Quelle  und  Senke. 
2ea  das  Moment  des  Doppelpunktes. 

Die  Curven  xp  =  Const,  sind  untereinander  ähnlich;  sie 


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Hydrodynamik. 


325 


sind  rar  1/'  =  1,2, 3,.. 8  auf  Fig.  1  punktirt  gezeichnet,  wobei 
ta  =  30  gesetzt  ist. 

5.  In  einer  Flüssigkeit,  welche  in  der  Richtung  der  x- 
Axe  mit  der  constanten  Geschwindigkeit  c  sich  bewegt,  be- 
finde sich  ein  Doppelpunkt,  dessen  Axe  mit  der  x-Axe  zu- 
sammenfallt   Das  Geschwindigkeitspotential  ist: 

Die  Strömungsfunktion: 

Ht-")*s- 

Die  Strömungslinien  für  die  Werthe  y  =  0,  1,  2,  3,  4,  5,  10, 
20,  30,  40,  50,  60  sind  in  der  Pig.  I  durch  gestrichelte  Our- 
ven  dargestellt  Die  Ström ungslinie  i/»  =^  0  besteht  aus  der 
r-Axe  und  aus  dem  Kreise,  dessen  Mittelpunkt  in  dem  Dop- 

3  . 

pelpunkt  liegt,  dessen  Radius  gleich  yAeajc  ist,  die  ent- 
sprechende Strömungsfläche  aus  der  a>Axe  und  aus  der  durch 
Umdrehung  jenes  Kreises  um  dieselbe  erzeugten  Kugel.  Die 
Bewegung  der  ausserhalb  dieser  Kugel  befindlichen  Flüssig- 
keit wird  in  keiner  Weise  geändert  werden,  wenn  wir  das 
Innere  der  Kugel  erfüllen  mit  irgend  einer  festen  Substanz. 
Es  gibt  somit  unsere  Zeichnung  ein  Bild  von  der  Strömung, 
welche  in  einem  gleichmassigen  Strome  durch  das  Einsenken 
einer  festen  Kugel  hervorgebracht  wird. 

6.  Für  die  Beurtheilung  der  Strömungsverhältnisse  ist 
es  von  Wichtigkeit,  zu  wissen,  wie  ein  bestimmter  Flüssig- 
keitsfaden durch  die  mit  verschiedener  Geschwindigkeit  er- 
folgende Strömung  seiner  einzelnen  Theilchen  im  Laufe  der 
Zeit  deformirt  wird.  Unsere  Zeichnung  gibt  die  Gestalt  des- 
jenigen Flüssigkeitsfadens,  welcher  zu  irgend  einer  Zeit  mit 
einem  zur  x-Axe  senkrechten  Kugeldurchmesser  zusammen- 
lallt, von  Secunde  zu  Secunde  durch  schwach  ausgezogene 
Linien  an. 

7.  Ertheilt  man  dem  ganzen  im  Vorhergehenden  be- 
trachteten System  eine  Geschwindigkeit  c  in  einem  der  Strö- 
mung der  Flüssigkeit  entgegengesetzten  Sinne,  so  kommt  die 
Flüssigkeit  im  Unendlichen  zur  Ruhe,  während  die  Kugel 
mit  der  Geschwindigkeit  c  durch  dieselbe  fortschreitet.  Die 
Bewegungen,  welche  dabei  von  den  einzelnen  Flüssigkeits- 


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E.  Rieche. 


theilchen  ausgeführt  werden,  ergeben  sich  mit  Hülfe  der  im 
vorhergehenden  Abschnitt  besprochenen  Verschiebungscurven. 
Diese  geben  nämlich  durch  ihren  Schnitt  mit  den  Ström  ungs- 
linien  die  Punkte  an,  nach  welchen  die  zu  Anfang  in  einem 
äquatorialen  Durchmesser  befindlichen  Flüssigkeitstheilchen 
nach  1,  2,  3  . . .  Secunden  gelangen,  unter  der  Voraussetzung, 
dass  die  Kugel  ruht,  und  die  Flüssigkeit  im  Unendlichen  mit 
der  Geschwindigkeit  c  strömt  Bewegt  sich  nun  das  ganze 
System  mit  der  Geschwindigkeit  c  rückwärts,  so  werden  jene 
Theilchen  von  den  gefundenen  Punkten  aus  in  1  Secunde 
um  die  Strecke  c,  in  2  Secunden  um  2  c,  in  3  Secunden  um 
3  c  rückwärts  getragen  werden.  So  ergeben  sich  also  die 
Punkte,  nach  welchen  bei  ruhender  Flüssigkeit  und  bewegter 
Kugel  diejenigen  Theilchen,  welche  zu  derselben  Zeit  in 
einem  äquatorialen  Durchmesser  der  bewegten  Kugel  sich 
befanden;  nach  1,  2,  3  Secunden  gelangen.  Die  so  construir- 
ten  Curven,  welche  die  Bewegung  der  Theilchen  einer  Flüs- 
sigkeit darstellen,  durch  welche  eine  feste  Kugel  geradlinig 
mit  gleichförmiger  Geschwindigkeit  fortschreitet,  sind  in 
Fig.  1  stark  ausgezogen. 

Die  Bewegung  besitzt  den  Charakter  einer  Wellen- 
bewegung; die  Bahnen  der  einzelnen  Flüssigkeitstheilchen 
sind  aber  nicht  geschlossen,  sondern  dieselben  bestehen  in 
Schleifen,  deren  Ebene  durch  die  von  dem  Mittelpunkt  der 
Kugel  durchlaufene  Axe  hindurchgeht;  der  Endpunkt  der 
Schleife  ist  gegen  den  Anfangspunkt  verschoben  in  der  Be- 
wegungsrichtung der  Kugel.  Die  Grösse  der  Verschiebung 
nimmt  sehr  schnell  ab  mit  der  Entfernung,  sodass  die  Bahnen 
in  einiger  Entfernung  von  der  Kugel  als  nahezu  geschlossene 
erscheinen.  Kleiner,  aber  immerhin  noch  bedeutend,  ist  die 
Abnahme,  welche  die  Amplitude  der  Bahnen  mit  der  Ent- 
fernung von  der  Kugel  erleidet 

II.  Zwei  geradlinige  parallele  Wirbelfäden  in  einer 

ruhenden  Flüssigkeit. 

8.  Wir  nehmen  zuerst  an,  die  beiden  Wirbelfäden  be- 
sitzen eine  im  Räume  unveränderliche  Lage.  Legen  wir 
eine  beliebige  Ebene  senkrecht  zu  denselben,  und  machen 
wir  diese  zu  der  xy- Ebene  eines  rechtwinkeligen  Coordinaten- 


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Hydrodynamik 


327 


systems,  so  Laugen  die  Geschwindigkeiten  der  Flüssigkeit 
nur  ab  von  x  und  y,  die  Bewegung  ist  in  allen  zu  der 
jy- Ebene  parallelen  Ebenen  dieselbe.  Bezeichnen  wir  durch 
rx  und  r2  die  Entfernungen  eines  beliebigen  Punktes  von 
den  Schwerpunkten  der  beiden  Wirbelfäden,  so  wird  die 
Strömungsfunction  gegeben  durch  den  Ausdruck: 

JF.  _  »log*. 
Die  Strömungslinien  sind  gegeben  durch: 

7  =  *-  -  • 

Dieselben  sind  Kreise,  welche  das  System  der  durch 
die  Schwerpunkte  gehenden  Kreise  senkrecht  durchschneiden. 
Durch  den  Querschnitt  eines  Ringes,  welcher  zwischen  zwei 
ßtröm ungslinien,  beziehungsweise  den  ihnen  entsprechenden 
Strömungsfl&chen  enthalten  und  dessen  Höhe  gleich  der 
Längeneinheit  ist,  iiiesst  in  der  Zeiteinheit  eiue  Flüssigkeits- 
menge, welche  gegeben  ist  durch  die  Differenz  der  den 
Grenzflächen  entsprechenden  Werthe  von  fV. 

9.  Wir  legen  das  Coordinatensystem  xy  so,  dass  der 
Mittelpunkt  desselben  mit  der  Mitte  der  Centrallinie  der 
beiden  Wirbel  zusammenfallt;  die  x-Axe  nehmen  wir  so. 
dass  ihre  positive  Richtung  von  dem  Wirbel  2  zu  dem 
Wirbel  1  geht.  Die  Entfernung  der  Wirbelcentren  sei  2«. 
Die  Geschwindigkeit  derjenigen  Flüssigkeitstheilchen,  welche 
sich  gerade  in  der  Mitte  zwischen  den  beiden  Wirbelnden 
befinden,  ist  dann  gegeben  durch  v  =  —2m /na.  Wären  die 
beiden  Wirbel  frei  in  der  Flüssigkeit,  so  würden  sie  nicht 
in  Ruhe  an  derselben  Stelle  verbleiben  können,  vielmehr 
würde  jeder  derselben  diejenige  Geschwindigkeit  annehmen, 
weiche  dem  von  dem  anderen  herrührenden  Impulse  ent- 
spricht, d.  h.  es  würden  beide  Wirbel  in  der  Richtung  der 
//-Axe  fortschreiten  mit  der  Geschwindigkeit  —  mj2na.  Man 
kann  in  diesem  Falle  die  Wirbel  zu  feststehenden  machen, 
wenn  man  der  ganzen  Flüssigkeit  eine  Bewegung  im  Sinne 
der  positiven  j?-Axe  mit  der  Geschwindigkeit  m\2na  ertheilt. 
Die  wirkliche  Bewegung  der  Flüssigkeit  wird  sich  dann 


328 


E.  Rieche. 


ergeben  durch  Superposition  der  letzteren  Geschwindigkeit 
mit  der  Ton  den  feststehenden  Wirbeln  erzeugten.  Für  diese 
haben  wir  im  Vorhergehenden  die  Strömungsfunction  in  der 
Form  —  (>n / n) log  rx  / ra  gegeben;  für  die  erstere  würde  die 
Strömungsfunction  durch  —  (mj2na)x  darzustellen  sein.  Die 
Strömungsfunction  der  resultirenden  Bewegung  ist  somit: 


Setzen  wir  (w/»)s0,8  und  a « 2,  so  werden  die  Wirbel 
den  in  der  Mitte  zwischen  denselben  liegenden  Flüssigkeits- 
theilchen  eine  Geschwindigkeit  0,8  in  der  Richtung  der 
negativen  y-Axe  ertheilen.  Gleichzeitig  wird  die  Geschwindig- 
keit, mit  welcher  die  Flüssigkeit  in  der  Richtung  der  posi- 
tiven y-Axe  strömt,  gleich  0,2.  Unter  Zugrundelegung  dieser 
Annahmen  sind  die  Strömungscurven ,  für  welche  SB  die 
Werthe: 

0      0,1       02       0,3  ..  .       0,9       1      1,5       2  3 
-0,1    -0,2    -0,3  .  .  .    -0,9    -1  -2 

annimmt,  in  Fig.  2  gezeichnet  Die  ganze  Bewegung  ist 
symmetrisch  gegen  die  y-Axe;  aus  diesem  Grunde  ist  die 
Zeichnung  beschränkt  auf  die  dem  positiven  Zweige  der 
x-Axe  entsprechende  Halbebene.  Die  positive  y-Axe,  und 
somit  auch  die  Strömung  der  Flüssigkeit  ist  nach  unten 
gerichtet.  Die  Flüssigkeit  wird  durch  die  dem  Werth 
ÜB  =  0  entsprechende  Strömungsfläche  in  zwei  Theile  von 
verschiedenem  Bewegungscharakter  zerlegt.  Innerhalb  der 
Fläche  2B  —  0  besteht  die  Bewegung  in  einer  Circulation 
der  Flüssigkeitstheilchen  um  die  Wirbelfaden  herum;  diese 
findet  in  der  gezeichneten  Halbebene  im  Sinne  einer  Drehung 
von  der  *-Axe  zur  y-Axe  statt  Die  Fläche  3B  =  0  wm- 
schliesst  einen  stets  von  denselben  materiellen  Elementen  gebildeten 
Theil  der  Flüssigheit,  welchen  wir  als  den  Wirbelkbrper  bezeichnen 
wollen.  Ausserhalb  der  Fläche  933  =  0  besteht  die  Bewegung 
in  einer  einfachen  Strömung,  welche  durch  die  Existenz  des 
Wirbelkörpers  in  derselben  Weise  gestört  wird,  wie  durch 
das  Vorhandensein  eines  festen  Körpers.  Die  Deformation, 
welche  ein  der  äusseren  Flüssigkeit  angehörender  Flüssig- 
keitsfaden erleidet,  welcher  zu  irgend  einer  Zeit  mit  der 


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Hyd  rndynamik. 


329 


/•Axe  zusammen  fallt,  ist  in  der  Zeichnung  durch  die  ge- 
strichelten Linien  für  die  Zeiten  von  10,  20  ...  60  Secunden 
dargestellt  Im  Innern  des  Wirbelkörpers  sind  auf  den 
Circulation slinien  SB  =  0  —  0,1  —  0,5  —  1  die  Punkte  markirt, 
in  welchen  sich  nach  einer  bis  fünf  Secunden  die  Flüssig- 
keitstheilchen  befinden,  welche  zu  Anfang  auf  dem  inneren 
Stück  der  x-Axe  lagen. 

10.  Wir  haben  im  Vorhergehenden  die  Wirbelfaden  zu 
stehenden  gemacht  dadurch,  dass  wir  der  Flüssigkeit  die 
Geschwindigkeit  m(2na  in  der  Richtung  der  y-Axe  ertheilten. 
Die  unter  diesen  Umständen  auftretenden  Strömungsverhält- 
nisse sind  in  Fig.  2  dargestellt.  Verschieben  wir  nun  das 
ganze  System  mit  der  Geschwindigkeit  m\2na  im  Sinne  der 
negativen  y-Axe,  so  wird  dadurch  die  Flüssigkeit  im  Unend- 
lichen zur  Ruhe  gebracht.  Der  Wirbelkörper  dagegen, 
welcher  unter  den  früheren  Verhältnissen  eine  unveränder- 
liche Lage  im  Räume  bewahrte,  wird  sich  jetzt  mit  der 
Geschwindigkeit  m/2na  in  der  Richtung  der  negativen 
y-Axe  bewegen.  Er  wird  aber  nach  wie  vor  stets  aus  den- 
selben Flüssigkeitstheilchen  bestehen,  und  diese  werden  in 
derselben  Weise  wie  früher  um  die  Wirbelfäden  circuliren. 

Die  Bewegung,  welche  in  der  ruhenden  Flüssigkeit,  durch 
das  Fortschreiten  des  Wirbelkörpers  erzeugt  wird,  ist  vollkommen 
dieselbe,  wie  die  durch  das  Fortschreiten  eines  festen  Körpers 
erzeugte.  Die  Curven,  in  welchen  die  Flüssigkeitstheilchen 
dem  vorübergehenden  Wirbelkörper  ausweichen,  sind  in 
Fig.  2  gezeichnet.  Für  die  Dimensionen  des  Wirbelkörpers 
ergibt  sich  ein  Anhaltspunkt  daraus,  dass  in  dem  Schnitt- 
punkt der  Curve  20  =  0  mit  der  y  Axe  u  =  0  sein  muss;  es 
zeigt  sich,  dass  dieser  Schnittpunkt  mit  den  beiden  ^irDel* 
centren  ein  gleichseitiges  Droieck  bildet.  Der  mit  der 
Centrailinie  der  beiden  Wirbel  zusammenfallende  Durch- 
messer des  Wirbelkörpers  ist  nahezu  gleich  4,4  a. 

11.  Der  Flüssigkeitsfaden,  welcher  zu  irgend  einer  Zeit 
mit  dem  zwischen  den  beiden  Wirbelfaden  liegenden  Stücke 
der  x-Axe  zusammenfallt,  wird  durch  die  in  dem  Wirbel- 
körper vorhandene  Circulation  deformirt.  Gleichzeitig  nimmt 
derselbe  an  der  Bewegung  des  ganzen  Wirbelkörpers  Theil 


:130 


E.  Rieckr. 


wird  also  in  der  Richtung  der  negativen  y-Axe  verschoben 
mit  der  Geschwindigkeit  m/2ncu  Die  Gestalten,  welche  der 
betrachtete  Faden  nach  der  Zeit  von  1,  2  .  .  5  Secunden 
annimmt,  sind  in  Fig.  3  gezeichnet.  Als  Querschnitt  der 
Wirbelfaden  sind  dabei  die  Ourven  angenommen,  für  welche 
20  den  Werth  —  2  hat  Die  Verschiebungen  in  der  Richtung 
der  y-Axe  sind  zehnmal  vergrössert,  um  ein  störendes  Ueber- 
schneiden  der  einzelnen  Curven  zu  vermeiden.  Für  die 
Secunden  1  und  2  sind  die  letzteren  gezeichnet  bis  zu  dem 
Querschnitt  der  Wirbelfäden;  für  die  Secunde  3  ist  die 
Curve  bei  dem  auf  SB  =  —  1,5,  für  die  Secunden  4  und  5 
bei  dem  auf  SB  —  —  1  circulirenden  Theilchen  abgebrochen. 
Die  Curven  sind  im  wesentlichen  identisch  mit  denjenigen, 
welche  man  bei  der  von  Reusch  angewandten  Erzeugungs- 
weise der  Wirbel  beobachtet,  und  welche  von  ihm  zuerst 
beschrieben  worden  sind.1)  Die  Dilatationen  des  deformirten 
Fltissigkeitsfadens  sind  dadurch  anschaulich  gemacht,  dass  " 
die  Positionen  derjenigen  Flüssigkeitstheilchen,  welche  auf 
den  Curven  SB  =  —  0,5  -  1,0  —  1,5  —  2  sich  bewegen,  und 
welche  sich  zu  Anfang  in  der  .r-Axe  befanden,  von  Secunde 
zu  Secunde  angegeben  sind.  Das  der  Curve  SB  =  —  2 
angehörende  Theilchen,  dessen  Lagen  nur  für  die  beiden 
ersten  Secunden  angegeben  sind,  würde  in  drei  Secunden 
den  Wirbelfaden  beinahe  fünfmal  umlaufen;  ebenso  oft 
würde  sich  in  dieser  Zeit  der  Flüssigkeitsfaden  um  den 
Wirbelfaden  herumschlingen;  in  fünf  Secunden  würde  die 
Zahl  der  Umschlingungen  auf  acht  anwachsen. 

12.  Die  ganze  Bewegung  der  Flüssigkeit  ist  symmetrisch 
zu  der  Ebene,  welche  durch  die  y-Axe  senkrecht  zu  der 
xy-  Ebene  hindurchgeht.  Man  kann  diese  Ebene  als  eine 
feste  Wand  in  die  Flüssigkeit  einführen,  ohne  dass  in  den 
Verhältnissen  der  Bewegung  etwas  geändert  wird.  Unsere 
Zeichnung  stellt  also  auch  die  Bewegung  einer  Flüssigkeit 
dar,  welche  einerseits  durch  eine  feste  Wand  begrenzt  wird, 
und  in  welcher  ein  dieser  Wand  paralleler  Wirbelfaden 
fortschreitet    Der  Faden  umgibt  sich  wieder  mit  einem 


\)  Keuöch,  Acad.  Progr.   Tübiugeu  lb60. 


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Hydrodynamik, 


331 


Wirbelkörper,  welcher  jetzt  auf  der  einen  Seite  durch  die 
feste  Wand  begrenzt  wird;  dieser  Wirbelkörper  schreitet 
wieder  in  der  Richtung  der  negativen  y-Axe  mit  der  Ge- 
schwindigkeit mj2na  fort. 

13.  Von  den  Resultaten,  zu  welchen  die  vorhergehenden 
Betrachtungen  geführt  haben,  dürfte  eines  eine  allgemeinere 
Bedeutung  besitzen.  Wir  haben  gefunden,  dass  der  Wirbel- 
faden  umgeben  ist  von  einer  in  Circulation  begriffenen  Flüs- 
rigkeitsmasse,  welche  an  der  Bewegung  des  Fadens  unab- 
hängig von  der  übrigen  Flüssigkeit  theilnimmt,  und  welche 
wir  als  den  Wirbelkörper  bezeichnet  haben.  Ein  solcher 
Ii  irbelkörper  wird  immer  auftreten,  wenn  in  einer  Flüssigkeit  eine 
Ihrlteliinie  vorhanden  ist,  weiches  auch  die  Gestalt  derselben  sei. 
Sind  in  der  Flüssigkeit  gleichzeitig  mehrere  fVirbeäinien  vorhan- 
den, so  werden  sie  von  einem  gemeinsamen  JVirbelkbrper  umgeben 
mn.  Dieser  Körper  wird  sich  in  der  Flüssigkeit  bewegen 
infolge  der  Bewegung  der  in  ihm  enthaltenen  Wirbelfaden, 
gleichzeitig  wird  aber  auch  seine  Gestalt  sich  ändern,  ent- 
sprechend der  Aenderung,  welche  in  der  relativen  Lage  der 
Wirbelfaden  eintritt.  Sind  beispielsweise  zwei  kreisförmige 
Wirbel  mit  gemeinsamer  Axe  und  gleicher  Rotationsrichtung 
gegeben,  so  wird  die  Oberfläche  des  sie  umschliessenden 
Wirbelkörpers  periodische  Pulsationen  machen  entsprechend 
dem  periodisch  sich  wiederholenden  Durcheinanderschlüpfen 
der  Wirbelringe.  Sind  die  Entfernungen  der  Wirbelfäden 
oder  einzelner  Gruppen  derselben  unendlich  gross  gegenüber 
den  Dimensionen  der  Ringe  oder  Ringgruppen,  so  zerfällt 
der  Wirbelkörper  in  mehrere  Theile.  Diese  getrennten 
Wirbelkörper  bewegen  sich  in  der  Flüssigkeit  voneinander 
unabhängig,  bis  sie  zusammenstossen ,  d.  h.  bis  sie  in  Ent- 
fernungen gelangen,  welche  ihren  Dimensionen  gegenüber 
nicht  mehr  unendlich  gross  sind.  Beim  Zusammenstossen 
vereinigen  sich  die  vorher  getrennten  Wirbelkörper  zu  einem 
einzigen,  dessen  Stabilität  oder  Instabilität  von  den  Be- 
wegungsverhältnissen der  zu8ammenstossenden  Wirbel  ab- 
hängig ist. 


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332 


E.  Rieche. 


III.  Beobachtungen  über  Strahl-  und  Wirbelbildung. 

14.  Zu  diesen  Beobachtungen,  für  deren  Ausführung 
ich  Hrn.  Dr.  Krüger  zu  grossem  Danke  verpflichtet  bin, 
diente  eine  quadratische  Hohlplatte  von  75,5  mm  Seitenlänge 
und  6,4  mm  Höhe.  Dieselbe  war  durch  Einlassen  zweier 
Glasplatten  in  die  ausgekehlten  Seiten  eines  quadratischen 
Rahmens  hergestellt,  welcher  aus  einer  10  mm  dicken  Messing- 
platte ausgeschnitten  worden  war.  An  zwei  gegenüberliegen- 
den Ecken  des  Quadrates  war  der  Rahmen  in  der  Richtung 
der  Diagonale  durchbrochen  von  Canälen  von  6,4  mm  Höhe 
und  3  mm  Breite;  die  Verbindung  mit  den  Flüssigkeits- 
behältern wurde  durch  Schlauchansätze  vermittelt,  von  glei- 
chem Querschnitt  und  gleicher  Richtung  mit  den  Canälen. 
Bei  den  Beobachtungen  wurde  die  Hohlplatte  eingeschaltet 
in  ein  System  von  Röhren,  welche  die  beiden  Wasserreservoire 
R  und  Rl  heberartig  miteinander  verbanden.  War  das 
ganze  System  mit  Wasser  gefüllt,  so  floss  dieses  durch  die 
Platte  unter  einem  Drucke,  welcher  durch  die  Niveau- 
differenz der  Behälter  R  und  Rx  gemessen  wurde. 

Die  Constanz  dieser  Niveaudifferenz  wurde  durch  fol- 
gende Einrichtung  erhalten.  (Fig.  4.)  Das  eine  Reservoir  72, 
bestand  aus  einem  cylindrischen  Gefässe  von  dünnem  Zink- 
blech, welches  von  einer  luftdicht  verlötheten  cylindrischen 
Büchse  B  getragen  wurde.  Diese  Büchse  war  durch  vier 
rechtwinkelig  gebogene  Träger  mit  einer  Bleiplatte  verbun- 
den, sodass  die  ganze  Vorrichtung  in  dem  grösseren  mit 
Wasser  gefüllten  Reservoir  Ä  in  stabilem  Gleichgewichte 
schwamm.  Wurde  nun  das  GefUss  Ä,  mit  Wasser  bis  zum 
Rande  gefüllt,  so  bestand  zwischen  den  Reservoiren  R  und  ft: 
eine  Niveaudifferenz  von  40  mm.  Wurden  durch  einen  Heber 
die  beiden  Reservoire  miteinander  verbunden,  so  strömte 
das  Wasser  von  Rl  nach  Ä,  gleichzeitig  hob  sich  aber  der 
Schwimmer  infolge  des  verminderten  Gewichtes,  sodass  der 
Niveauunterschied  constant  blieb.  Verschieden  grosse  Niveau- 
unterschiede wurden  durch  geeignete  Belastung  des  Schwim- 
mers hergestellt.  Der  Niveauunterschied  wurde  mit  einem 
Kathetoraeter  gemessen,  an  dessen  Schlitten  in  passendem 
Abstand  zwei   in  Spitzen  endigende  vertical  nach  unten 


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Hydrodynamik. 


333 


gehende  Metallstäbe  angebracht  waren.  Die  Spitze  des  einen 
wurde  auf  das  Niveau  in  R,  hierauf  die  Spitze  des  anderen 
auf  das  Niveau  in  JR1  eingestellt  und  beidemal  die  Stellung 
des  mit  dem  Schlitten  verbundenen  Nonius  an  der  Theilung 
abgelesen.  Der  Verticalabstand  der  Spitzen  selbst  wurde 
dadurch  bestimmt,  dass  beide  Spitzen  nach  einander  auf 
dasselbe  Niveau  eingestellt  wurden. 

15.  Mit  den  geschilderten  Mitteln  konnte  die  Strömung 
des  Wassers  durch  unsere  Platte  bei  verschiedenen  Drucken 
beobachtet  werden.  Um  die  Strömungscurven  zur  Anschauung 
zu  bringen,  wurden  auf  den  Grund  der  Platte  an  geeigneten 
Stellen  Fuchsinkrystalle  geklebt,  welche  bei  eingeleiteter 
Strömung  den  Ausgangspunkt  gefärbter  Flüssigkeitsfäden 
bildeten.  Diese  wurden  auf  einer  hinreichend  durchsichtigen 
Tafel  matten  Glases,  welche  auf  die  Deckplatte  der  durch- 
strömten Kammer  gelegt  wurde,  nachgezeichnet  und  von 
dieser  auf  das  Papier  übertragen.  Auf  diese  Weise  sind 
die  Figuren  5  bis  12  entstanden.  Sie  geben  ein  Bild 
der  Strömung  fur  Niveaudifferenzen,  welche  von  2,03  mm 
bis  16)50  mm  wachsen.  Bei  dem  sehr  kleinen  Druck 
▼on  2,0  mm  strömt  das  Wasser  durch  die  Platte  in 
denselben  Curven  wie  der  galvanische  Strom.  Schon  bei 
einem  Druck  bei  3  mm  sind  aber  zwei  zu  beiden  Seiten  der 
Eintrittsstelle  sich  bildende  Wirbel  zu  bemerken,  welche 
sich  bei  wachsendem  Drucke  mehr  und  mehr  ausbreiten. 
Bei  einem  Drucke  von  16,5  mm  erfüllen  sie  beinahe  ganz 
die  beiden  Hälften  des  quadratischen  Raumes;  der  zwischen 
den  Wirbeln  bleibende  Canal  wird  von  einem  Strahle  aus- 
gefüllt, welcher  von  der  Eintritts-  nach  der  Austrittsstelle 
bin  sich  etwas  verbreitert,  vor  der  Austrittsstelle  selbst  eine 
kleine  Ausbuchtung  zeigt. 

16.  Auf  den  engen  Zusammenhang,  welcher  zwischen 
Strahlbildung  und  Wirbelbewegung  besteht,  hat  zuerst  Hr. 
t.  Helmholtz  aufmerksam  gemacht.1)  Mit  Bezug  auf  seine 
Bemerkungen  möge  hier  noch  eine  Beobachtung  erwähnt 
werden,  welche  mit  dem  von  Reusch  angegebenen  Apparate 


1)  v.  Helmholtz,  Ueber  diacontinuirliche  Flüssigkeitabcwepungen. 
Wiswngchaftl.  Abbandl.  1.  p.  146. 


334 


P.  Bohl 


angestellt  worden  ist.  Lässt  man  in  dem  mit  reinem  Wasser 
gefüllten  Gefasse  einen  Strahl  gefärbter  Flüssigkeit  ganz 
langsam  sich  erheben,  so  bemerkt  man,  wie  an  diesem  in 
gewissen  Intervallen  Anschwellungen  sich  bilden.  An  der 
Peripherie  derselben  entstehen  Wirbellinien,  welche  eine 
Auflösung  des  ganzen  Strahles  in  eine  Folge  kreisförmiger 
Wirbel  herbeiführen.  Die  gemeinsame  Axe  dieser  Wirbel 
ist  durch  die  Axe  des  früheren  Strahles  gegeben.  Häufig 
beobachtet  man  weiterhin  in  sehr  schöner  Weise  das  von  Hrn . 
v.  Helmholtz  zuerst  beschriebene  Durcheinanderschlüpfen 
der  Ringe. 


IV.  Das  Gesetz  der  molecularen  Attraction; 

von  JPiers  Bohl, 


In  der  folgenden  Abhandlung  wird  das  Gesetz  der  mole- 
cularen Anziehung  auf  Grund  experimenteller  Ergebnisse 
festgestellt.  Der  Weg,  den  ich  zur  Lösung  dieses  —  meines 
Wissens  hier  zum  ersten  mal  behandelten  —  Problems  ein- 
geschlagen habe,  ist  der  folgende.  Zunächst  ertheile  ich  der 
Zustandsgieichung  für  Gase  eine  bestimmtere  Gestalt,  insofern 
nur  noch  eine  Function  einer  Variablen  vorläufig  unbekannt 
bleibt.  Da  natürlich  die  Attraction  der  Molecüle  mit  in  Be- 
tracht gezogen  wird?  so  gibt  die  erhaltene  Gleichung  ein 
Mittel,  das  Gesetz  der  Anziehung  zu  bestimmen. 

Die  genannte  speciellere  Fassung  der  Zustandsgieichung 
bildet  meinen  Ausgangspunkt;  ich  habe  es  daher  für  gut  ge- 
halten, sie  auf  zwei  voneinander  unabhängigen  Wegen  herzu- 
leiten, von  denen  der  eine  auf  kinetischen,  der  andere  auf 
thermodynamischen  Betrachtungen  beruht.  Das  Resultat  mei- 
ner Arbeit  —  das  ich  hier  gleich  anfangs  erwähne  —  be- 
steht in  dem  Nachweis,  dass  auch  die  kleinsten  Massentheile 
sich  nach  dem  Newton' sehen  Gesetz  anziehen. 

1.  Nimmt  man  in  der  Gastheorie  das  Schema  materieller 
Punkte  ohne  wechselseitige  Anziehung  an,  so  führt  dasselbe 
zu  dem  Gay-Lussac'schen  Gesetz.  Eine  weitere  Annähe- 
rung an  das  thatsächliche  Verhalten  der  Gase  wird  erhalten, 


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Molecular*  Attraction. 


335 


wenD  man  die  Attraction  der  Molectile  mit  in  Betracht  zieht. 
Ich  setze  die  Anziehung  proportional  mit  (m, .  wi2)  /  r»,  wobei 
m  die  Masse,  r  die  Entfernung  zweier  Molecüle  bedeutet. 

Falls  das  Attractionsgesetz  nicht  unter  diese  Form  fallt, 
so  soll  dieses  das  Hauptglied  sein.  Der  Verlauf  unserer  Un- 
tersuchung wird  darüber  Aufschluss  geben,  ob  ein  weiteres 
Glied  sich  nachweisen  Iässt 

Die  Gleichungen,  denen  gemäss  die  Bewegungen  der  Gas- 
theilchen  geschehen,  sind  nach  dem  Typus  zu  bilden: 

Dieselben  entsprechen,  wie  man  sieht,  einem  Gasgemisch, 
welches  Molecüle  von  der  Masse  Wlj  77?.,,  etc.  enthält.  Auch 
die  Druckkräfte  sollen  dabei  berücksichtigt  sein,  insofern  wir 
die  Wände  offenbar  als  zum  ganzen  System  gehörig  betrach- 
ten dürfen.  Dadurch  vereinfachen  wir  die  Untersuchung; 
wir  können  aber  auch  die  Druckkräfte  gesondert  in  die  Glei- 
chung (1)  einführen  und  kommen  dann  natürlich  zu  denselben 
Ergebnissen. 

Sind  Xi^Xiifi  etc.  Integrale  der  Gl.  (1),  so  sind  auch 
anter  der  Bedingung: 

(2)  «n+1  P  -  u , 

die  Grössen  |<  =  a. etc.  Integrale  der  Gleichungen: 

(3»      ^=^m.2^'+^m'2^ etc- 

Stellen  die  Gleichungen  *{  =  etc.  die  moleculare 
Bewegung  eines  im  Gleichgewicht  befindlichen  Gases  dar,  so 
bestimmen  die  Gl.  =  |,(f)  etc.  —  wenigstens  unter  der  hier 
zunächst  gemachten  Voraussetzung,  die  Molecüle  seien  ein- 
fache materielle  Punkte  —  ebenfalls  eine  solche  Bewegung. 
Stets  ist  dabei  die  Configuration  des  zweiten  fingirten  Gases 
zur  Zeit  t}  der  des  ersten  zur  Zeit  ß.t  ähnlich,  wobei  alle 
Strecken  «  mal  vergrössert  sind.  Das  erste  Gas  enthält 
Molecule  von  der  Masse  m,,  77?2  etc.,  das  zweite  von  der 
Masse  p.mv  ft.m9  etc,;  das  zweite  nimmt  einen  ces  mal  grös- 
seren Raum  ein,  als  das  erste.  Entsprechende  Geschwindig- 
keiten verhalten  sich  wie  a.ß  zu  1.    Da  im  zweiten  FalJp 


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:*3fl 


P.  Bohl. 


alle  EntfernuDgen  a  mal  grösser  sind,  so  ist  der  Druck  auf 
entsprechende  Theile  der  Umgebung  ju2  er«  mal  grösser  oder 
der  Druck  auf  die  Flächenheit  /u2/aw+2  mal  grösser,  als  im 
ersten  Fall.  Dasselbe  hinsichtlich  des  Druckes  ergibt  sich 
auch,  wenn  wir  die  Gleichung: 

(4)  2i"9*-l2fi  +  *'v 

benutzen,  welche  man  aus  der  Virialgleichung  erhält  Ge- 
schwindigkeit, q  Entfernung,  p  Druck,  v  Volumen).  Die  ac- 
tuelle  Energie  des  zweiten  Gases  ist  p.cPfi1  mal  grösser  als 
die  des  ersten.  Ebenso  können  alle  anderen  Parameter,  so- 
fern nur  ihre  Bedeutung  (und  zwar  die  sogenannte  kinetische) 
hinreichend  feststeht,  eingeführt  werden. 

Bleiben  wir  bei  den  drei  Parametern  pvA  (Druck,  Vo- 
lum, actuelle  Energie),  und  beschränken  wir  uns  auf  ein  nicht 
zusammengesetztes  Gas  (denn  auf  ein  Gasgemisch  lassen  sich 
die  Betrachtungen  sofort  ausdehnen),  so  folgt  aus  den  obigen 
Erörterungen,  dass  die  Grössen: 

vA*/(n-D  pm*fi—h  p»/("+2>r 

"^Ö/(n-D   '       ^(«+2J/(«-l>  '  m6/(ii+2) 

für  die  beiden  oben  fingirten  Gase  denselben  Werth  besitzen. 
Nun  setzen  wir  in  Uebereinstimmung  mit  der  mechanischen 
Theorie  der  Wärme  voraus,  dass  der  Zustand  eines  Körpers 
durch  zwei  Parameter  bestimmt  ist.  Es  können  daher  die 
genannten  drei  Grössen  durch  zwei  Parameter  und  m  aus- 
gedrückt werden.  Da  von  a,  ß  und  u  zwei  willkürlich  sind, 
so  gibt  es  eine  zweifach  unendliche  Reihe  von  Gasen  und 
Gaszuständen,  bei  denen  die  oben  erwähnten  Grössen  con- 
stant bleiben. 

Hieraus  folgt,  dass  jede  derselben  eine  Function  jeder 
anderen  allein  sein  muss,  und  dieses  gilt  für  jedes  Gas.  Da 
ferner  p.v/A  eine  identische  Function  jener  Grössen  ist,  so 
können  wir  schreiben: 

PLl-f(l^*-l\  etc 

Ich  werde  nun  noch  die  Molecülzahl  in  die  Formel  ein- 
führen. Es  ist  offenbar  f(o.  vy  rr  .v)  =  a.f(v,v),  wenn  v  die 
Anzahl  der  Molecüle  bezeichnet,  und  a  beliebig  ist.  Hieraus 


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Molerulare  Attraction. 


337 


folgt  f=*v.rf(vjv).  Es  lauten  daher  die  gefundenen  Glei- 
changen: 

^4  ist  hierbei  auf  ein  Molecül  bezogen,  sonst  müsste  auch 
A  durch  v  dividirt  werden. 

Diese  Gleichungen  sind  miteinander  wesentlich  identisch 
und  auseinander  ableitbar. 

Bei  der  Berechnung  von  n  mit  Hülfe  dieser  Gleichungen 
begegnen  wir  der  Schwierigkeit,  dass  A  nicht  direct  gemessen 
werden  kann.  Es  bleibt  nichts  übrig,  als  an  Stelle  von  A 
die  Temperatur  /  einzuführen1),  obgleich  über  die  kinetische 
Bedeutung  dieser  Grösse  zur  Zeit  keine  haltbare  Ansicht 
besteht  Beschränken  wir  uns  aber  auf  nicht  allzu  verdich- 
tete Gase,  so  können  wir  A  der  Temperatur  proportional 
setzen  (gemäss  der  herkömmlichen  Annahme).  Wir  setzen  also: 


(6) 


p*  =  v  f(pm-A. 


Für  ein  zusammengesetztes  Gas  ist  pvjt  ebenfalls  eine 
blosse  Function  einer  der  drei  Grössen  ur3^"-1»,  ^/*<»+2)/(n-i) 
oder  p*/i«+Vvy  und  zwar  kann  diese  Function  aus  den  für  die 
einzelnen  zusammensetzenden  Gase  geltenden  Functionen  in 
einfacher  Weise  gebildet  werden. 

Ich  werde  nun  zeigen,  wie  man  dieselben  Gleichungen 
auch  unabhängig  von  den  obigen  Erörterungen  mit  Hülfe 
der  Virialgleichung  vermittelst  der  mechanischen  Wärme- 
theorie erhalten  kann.  Dabei  wollen  wir  uns,  soweit  es 
möglich  ist,  von  den  beschränkenden  Voraussetzungen,  die 
wir  oben  gemacht  haben,  befreien.  Ich  lasse  die  Annahme, 
dass  wir  es  mit  einfachen  Molecülen  zu  thun  haben,  fallen, 
und  nehme  also  an,  dass  ein  Molecül  aus  Atomen  besteht, 
die  sich  nach  dem  erörterten  Anziehungsgesetz  anziehen. 

1)  In  der  That  ist  man  hierau  bei  einatomigen  Gasen  berechtigt. 

Aon.  <L  rby».  o.  Chem.  N.  F.  XXXVI.  22 


338  P.  Bohl. 

Es  mag  zunächst  bemerkt  werden,  dass  man  die  Virial- 
gleichung  in  der  hier  benutzten  Form: 

rxK 

sofort  erhalt,  wenn  man  gemäss  dem  H  a  m  i  It o  n' sehen 
Princip  setzt: 

[2-  (£ b* + # s*  +  \>)  ]  -  Sdt^A + ü> 

t,  tv 

uüd  den  Verschiebungen  etc.  eine  solche  Grösse  ertheilt. 
dass  das  Gas  in  eine  der  ursprünglichen  ähnliche  Configura- 
tion übergeht.  (U  bedeutet  die  Arbeit  der  wirkenden  Kräfte 
bei  dieser  Verschiebung.) 

Dieses  zeigt,  dass  die  Virialgleichung  auch  zu  den  obigen 
Untersuchungen  in  Beziehung  steht. 

Ich  setze: 

dJ  dt 

Bv  dv 
dA    dl  ~ 

~6p  dp 

Die  Virialgleichung  gibt,  wenn  man  die  Energie  mit  E 
bezeichnet: 

dE  dt  dt 
dv    dv    _     3      P  dv        3  -  »  . 
BM    dl     ""»-Ii       (H  n  -  1  * 

dp    dp  v  dp 

Ich  entnehme  nun  der  mechanischen  Theorie  der  Wärrae 
die  Beziehung: 

dE  dt 

dv    dv  dt 

dt:  dt   ~  ' ~  v  dp' 

8p  dr 

Mithin  ergibt  sich: 

,7v  ,      n  +  2     dt         *        dt      :i  -  n  A 

W  t=  n-~lPdp-  n-lVdv-n-l  A 

Diese  Gleichung  gilt  allgemein  für  alle  Aggregatzuständi*. 
Setzen  w  ir  A  proportional  der  Temperatur,  oder  nehmen  wir 
auch  nur  an,  dass  A  eine  Function  der  Temperatur  sei,  so 
ist  A  =  0.  In  der  That  wird  man  nun  für  nicht  allzu  ver- 
dichtete Gase  mit  genügender  Annäherung  die  Annahme 


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Moleeulure  Attraction. 


330 


machen  dürfen,  dass  der  Zustand  der  Molecule  wesentlich 
von  der  Temperatur  allein  abhängt,  und  zwar  gilt  dieses 
am  so  genauer,  je  höher  die  Temperatur  ist.  Setzen  wir 
dann  die  Temperatur  proportional  der  progressiven  Bewegung 
der  Molecüle,  so  ergibt  sich  A  =  0.    Die  Gl.  (7)  wird: 

n  +  2    de        3  de 

'-ii-lPrp-n-lT,' 

Das  Integral  dieser  partiellen  Differentialgleichung  ist 
t-pv(f  (p3'  f*+3)u),  d.  h.  wir  haben  die  Gl.  (6)  wiedergefunden; 
nur  bleibt  hier  die  Art,  wie  m  in  der  Function  <p  vorkommt, 
unbestimmt 

Ich  mache  darauf  aufmerksam,  dass  es  gentigt,  eine 
vollkommene  Definition  der  Temperatur  zu  finden,  um  ver- 
mittelst der  Gl.  (7)  sofort  eine  den  Gl.  (6)  analoge  Forinu- 
lirung  der  Zustandsgieichung  zu  finden,  welche  für  alle 
Aggregatzustände  gilt  Ferner  bemerke  ich,  dass,  falls 
Aggregate  von  Molecülen  in  dem  Gase  vorhanden  sind,  man 
natürlich  consequenter  Weise  dazu  geführt  wird,  die  Tem- 
peratur proportional  der  actuellen  Energie  der  fortschreiten- 
den Bewegung  der  Aggregate  und  nicht  der  einzelnen  Mole- 
cüle zu  setzen.  Diese  Annahme  ändert  aber  unsere  Gleichung 
nicht  wesentlich.  Es  folgt  nämlich  aus  unseren  anfänglichen 
Betrachtungen,  dass  die  Zahl  der  Aggregate,  die  sich  bilden, 
nahezu  eine  Function  der  Grössen  or3  etc.  sein  wird, 
sodass  die  Gl.  (7)  doch  wieder  auf  die  Form  (8)  gebracht 
werden  kann. 

Wir  haben  demnach  gefunden,  dass  die  Gl.  (6)  auch 
durch  die  Annahme  zusammengesetzter  Molecüle  ihre  Brauch- 
barkeit innerhalb  gewisser  Grenzen  nicht  verlieren.  Uebor 
die  Rolle,  die  das  Moleculargewicht  in  diesen  Gleichungen 
spielt,  werden  wir  noch  später  einiges  zu  sagen  haben. 

Die  meisten  Formeln  der  mechanischen  Wärmetheorie 
gewinnen  durch  die  Gl.  (6)  eine  bestimmtere  Gestalt  Wegen 
der  beschränkten  Gültigkeit  der  letzteren  gehe  ich  nur  auf 
das  ein,  was  für  uns  von  unmittelbarem  Nutzen  ist. 

Ich  setze  x  =  vt3  \n~l>  und  pvjt  ^  (p{x).  Dann  wird 
=  wobei  ux  nur  von  x  abhängt.  Berücksichtig  n 
wir  noch  die  Gleichung: 

22* 


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Mi)  P.  Hohl. 

(£).  —  —  -.I, » •  w  «■<  (53,-  ??  + .  - 1 

wobei  m  die  Entropie  bezeichnet.  Aus  den  beiden  letzten 
Gleichungen  folgt  a»  —  3/(n  —  1)        —  c*  —  constans. 

Es  ergibt  sich  also,  dass  die  specitische  Wärme  bei 
con8tantem  x  constant  ist.    Ferner  erhält  man: 

E~  E0  =  A-  11  =  m  3  xPv  +  c%t 

(II  bedeutet  der  Potential).  Diese  Gleichung  führt,  mit  der 
Virialgleichung  verglichen,  zu  dem  Schluss,  dass,  wenn 
A  =  w  (x)  t  gesetzt  wird,  \p  (x)  eine  Constante  ist,  d.  h.  setzen 
wir  bei  constantem  x  At  proportional,  so  besteht  diese  Pro- 
portionalität immer.    Es  ist  ferner: 

*  -  <-  +  „I  !         +  =  .  !  i 

n  +  2  fdv\ 
»»«»  !/'(■«>),  +  '»• 

Bezeichnen  wir  E—E0+pv  mit  X,  so  kommt: 

_      n  +  2 

Diese  Grösse  bleibt  bei  dem  Versuch  der  Strömung  der 
Flüssigkeit  durch  ein  Diaphragma  constant.  Die  Abkühlung 
hierbei  erhält  man  nach  der  Formel: 

«  ^-i::(T),' 

wie  leicht  aus  den  oben  gegebenen  Beziehungen  folgt  Man 
erhält  diesen  Ausdruck  auch  sofort  aus  dem  bekannten  für 
die  Abkühlung  von  Thomson  gegebenen.  Unser  Ausdruck 
zeigt,  wie  die  Abkühlung  direct  mit  der  Abweichung  von 
Mariotte's  Gasdruckregel  zusammenhängt. 

2.  Ich  gehe  jetzt  zur  Bestimmung  von  n  auf  Grund 
der  Gl.  (6)  über.  Um  diese  Zahl  nach  experimentellen  Daten 
zu  berechnen,  können  wir  verschiedene  Wege  einschlagen. 
Zunächst  mögen  Untersuchungen  über  die  Compressibilit&t 
der  Gase  benutzt  werden. 

Bei  der  Wahl  der  exprimentellen  Feststellungen  werden 
wir  uns,  wie  aus  dem  Obigen  folgt,  gewisse  Beschränkungen 


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Moleadare  Attraction. 


841 


.ui (zur i  legen  haben.  So  wird  z.  B.  nur  die  Minusabweichung 
von  dem  Mariotte'schen  Gesetz  benutzt  werden  dürfen. 
Das  Verfahren,  das  ich  zunächst  einschlage,  ist  das  folgende. 
Ich  suche  auf  zwei  Isothermen  (es  werden  am  besten  weit 
voneinander  entfernte  Temperaturen  gewählt)  die  Stellen  auf, 
wo  />, tfj/*!  =  Piffle  ist.    Dann  wird  n  berechnet  aus: 

log  Pi  -  1oR  P\   ,  2 

»  =  1  -  a!0*''  oder  n  =  |0*   >  j*'»-. 

10g  r,  -  log  r,  log/;,  -  log  p,  _  j 

log  /,  -  log 

oder   »=  -2-  3!°* 

log  r,  —  log  ü, 

Dieses  Verfahren  ergibt  sich  leicht  bei  Betrachtung  der 
Gl-  (6),  in  denen  m  =*  1  gesetzt  wird.  In  den  Isothermen  bin 
ich  nahezu  bis  zu  den  Drucken  gegangen,  bei  denen  pv  ein 
Minimum  hat,  um  grosse  Abweichungen  benutzen  zu  können. 
Dabei  muss  sich  freilich  ein  Gang  in  den  Werthen  von  n 
einstellen,  da  die  so  erhaltenen  Zahlen  schliesslich  zu  klein 
ausfallen  müssen.  (Dieses  ergibt  sich,  wenn  man  erwägt, 
dass  bei  starkem  Verdichtungsgrad  auch  die  Aggregate  als 
vom  Druck  heeinflusst  angesehen  werden  müssen,  und  ver- 
sacht, diesem  Umstände  durch  Abzug  vom  Volumen  Rech- 
nung zu  tragen.)  Die  nachfolgenden  Tabellen  geben  über 
die  Grösse  der  Abweichungen  Aufschluss. 

Versuche  von  Amagat  über  Kohlensäure. 


85,1  0  C. 


90,2°  C. 


10«»°  C. 


pv 

p  r_ 

P  j 

pv 

p  V 

T 

SO  7,6602 
40  6,7017 
50  5,5988 

30 

60 
90 

8,5908 
7,4471 

6,3734 

50 
70 
90 
110 

7,9893 
7,3735 
6,7826 
6,2314 

n  berechnet  a 

us  den  ^ 

/ersuchen  von  Amagat. 

tx  -  85,1  0  tt 

=  100° 

t{  =  35,1  • 

=  90,2° 

Px  Pi 

n 

Px 

n 

30  (60,69) 
(32,99)  70 
(39,16)  90 

40  1*2,93) 

2,1 
2,0 
1,9 

1,!. 

80 

(32,22) 
40 

(42,98) 

(54,41) 
60 

180,83) 
9» 

2,1 
2,1 
1,9 

1,9 

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342 


P.  Bohl 


Die  durch  Interpolation  gefundenen  Zahlen  sind  ein- 
geklammert Alle  Werthe  von  n  liegen  nahe  an  2.  Ein 
Gang  in  dem  oben  erwähnten  Sinne  ist  zwar  deutlich  zu 
erkennen,  die  Differenzen  sind  aber  sehr  geringfügig.  Wollte 
man  sie  durch  Beobachtungsfehler  erklären,  was  hier  nach 
dem  Obigen  durchaus  nicht  geschehen  soll,  so  würden  sie 
einem  Fehler  von  etwa  einem  Procent  in  der  Bestimmung 
des  Productes  pv  entsprechen. 

Versuche  von  Roth  üb^r  Ammoniak. 


99,6  •  C.  1S3,0°C. 

  _         mi  »1  t  _ 

pv  j,        p        I  pr 
12,00         0,008  536  19,50  0,003  (iOs 


1S,G0 
25,40 


0,003  425  27,20  0,003  523 

0,003  274  »7,85  0,003  455 

58.00  0,003  220 


w  berechnet  aus  den  Versuchen  von  Roth. 
tx  =  99,6°  C.       /,  =  183ÜC. 


|  ! 
Px  )>%  « 

12                (2«)  2,1 

Ii  2,8)  |        27,2  2,1 

(16,*)              37,85  i  2,0 

25,4              (58,26)  2,1 

18,6  !       (40!  2,1 

Ich  erinnere  daran,  dass  wir  die  Gl.  (6)  ursprünglich 
ableiteten  mit  Vernachlässigung  der  Zusammensetzung  der 
einzelnen  Molecüle.  Wir  sahen  später,  dass  die  Gl.  (6)  auch 
mit  Berücksichtigung  dieses  Umstandes  ihre  Brauchbarkeit 
behalten,  wofern  in  ihnen  m  =  1  gesetzt  wird.  So  sehen  wir 
denn  auch  hier  eine  sehr  gute  Ueberciustimmung  der  Werthe 
von  n,  obgleich  Ammoniak  zu  den  Gasen  gehört ,  bei  denen 
sich  der  erwähnte  Einfluss  stark  geltend  macht.  Ordnet 
man  nämlich  die  Gase  nach  der  Grösse  ihrer  Compressibi- 
lität  und  darauf  nach  ihrem  Molecularge wicht,  so  fallen 
beide  Reihen  durchaus  nicht  zusammen.  Es  steht  mithin 
erfahrunssmäsNig  fest,  dass  ein  Gas  durch  Angabe  seines 
Moleeulargewiclites  hinsichtlich  seiner  ( Vnnpressibilitätsver- 


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Moleculare  Attraction 


343 


liältnisse  nicht  bestimmt  ist.  Bei  einigen  Gasen  ist  dieses 
jedoch  annäherungsweise  der  Fall,  und  dort  werden  wir  die 
GL  (6)  in  ihrem  vollen  Umfang  gebrauchen  dürfen;  bei  den 
übrigen  müssen  wir,  wie  schon  hervorgehoben,  die  Gl.  (6) 
specialisiren,  indem  wir  m  =  1  setzen.  Ich  habe  ferner  Be- 
obachtungen bezüglich  SO,  und  C,H4  benutzt.  Zu  den  fol- 
genden Tabellen  bemerke  ich,  dass  zwei  Werthe  von  der 
Benutzung  ausgeschlossen  werden  mussten,  da  sie  eine 
plötzliche  Zunahme  von  po  statt  einer  Abnahme  zeigten. 
[p  =  18  für  S02  bei  99,6°  und  p  =  47,45  für  CaH4  bei  182,8°.) 

Versuche  von  Roth  über  schweflige  Säure. 


99,6«  C. 


14 
24 

32 


pv 

t 


0,003  318 
0,002  963 
0,002  721 


183,2°  C. 


pv 
t 


28 
50 
80 
100 


0,003  305 
0,003  044  6 
0,002  761 
0,002  515  3 


m  berechnet  aus  den  Versuchen  von  Roth  über 

schweflige  Säure. 


99,6 


1*3,2. 


P  Pt 


(14,37) 

(21,7) 
24 

(30,67) 
32 


28 

50 

(58,6) 
80 

(83,25) 


2,3 
2,0 

1,9 
1,8 

1,H 


Versuche  von  Roth  über  Aethylen. 


99,6°  C. 


20,50 
21,65 
24.00 
25,85 
28,80 


I 


io>?Lp 

351,18 

H47,70 

346,895 

345,96 

339,19 


182,8°  C. 


37 

40,20 
52,80 
62,05 


I 


io^F 


356,39 
352,01 
346,76 
340,68 


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MA 


P.  Bohl. 


ii  berechnet  aus  den  Versuchen  von  Roth  über  Aethylen. 


'i  = 

99,6°  C. 

tt  =  182,8°  C. 

Vx 

• 

Pt  * 

20,50  42,19 
21,65  50,55 
24,00  52,48 

2,2 

1,9 
2,0 

24,27         52,80  2,0 
25,85         54,01  2,1 
28,15    ,    62,05  2,0 

Bei  Gasen,  welche  hinsichtlich  ihrer  Compressionsver- 
hältnisse  innerhalb  eines  gewissen  Gebietes  durch  das  Mole- 
culargewicht  allein  hinreichend  charakterisirt  sind,  kann  mau 
auch  folgendes  Verfahren  anwenden.  Man  nimmt  zwei  ver- 
schiedene Gase  und  sucht  auf  zwei  Isothermen  die  Stellen 
auf,  wo: 


«flogst?,)  _  d\og(j)tvt) 
dPx      -ft  dPi 


ist. 


Dort  haben  wir  dann: 


t  («+2)/(n-l)        t  (n+2)/(n-l)' 

sodass  n  leicht  berechnet  werden  kann. 

Beispiel:  Regnault  gibt  für  gleiche  Temperaturen  die 
Zahlen : 


Kohlensäure 
p  =  1  v  =  1 

p  =  3,8973    v  =  \ 


Stickstoff 
p  =  11,9191 
p  =  19,7885    r  = 


Setzt  man  innerhalb  dieser  kleinen  Intervalle  p^^ Rx  —  <*xpx 
und  p.,v2  =  i?2  —  a2/>2,  so  ist  (iHj/in,)6/*"-1)«  i^/Äj  .^/o?.  Da 
in  unserem  Beispiel  »',/m,  =  Jj  ist,  so  folgt: 

n  =  1,94. 

Diese  Zahl  ist  sehr  befriedigend;  leider  lässt  sich  diese 
Methode  nur  selten  anwenden. 

Schliesslich  will  ich  die  Joule-Thomson' sehen  Aus- 
strömungsversuche zur  Berechnung  von  n  verwerthen.  Nach 
Gl.  (9)  haben  wir: 

dt  ^       n  +  2  d(pv) 
p  dp  '        n  —  \  d  p  [t) 

Die  rechte  Seite  muss  nach  irgend  einer  den  Erfahrun- 
gen gemässen  Gleichung  berechnet  werden.  Ich  habe  die 
einfachste  Gleichung  gewählt  pv  =  A  —  Bp.  B  nimmt*  mit 
der  Temperatur  ab;  ich  habe  es  der  dritten  Potenz  der  Tem- 
peratur umgekehrt  proportional  gesetzt  (für  Kohlensäure). 


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Moleculare  Attraction 


345 


Man  überzeugt  sich  leicht,  dass  die  hierin  liegende  Willkür- 
lichkeit keinen  wesentlichen  Einfluss  auf  den  Werth  von  n 
hat,  da  die  Benutzung  irgend  einer  anderen  Gleichung  zu 
keinen  schlechteren  Resultaten  fuhrt.  Far  Kohlensäure  geben 
die  Beobachtungen  Regnault's  (die  für  3,2°  gelten): 

pv  =  1,020215  %^  -  0,006584  ( + ')"V  • 

Es  ergibt  sich: 

dt_      8  428  000  n+2 
dp  ~~  (273  +  0"'  n  -  l  ' 

In  der  folgenden  Tabelle  sind  die  aus  dieser  Formel  mit 
n«=2  berechneten  Werthe  von  dt/ dp  mit  den  Ergebnissen 
der  Versuche  verglichen  und  die  Werthe  von  n  angegeben, 
die  sich  ergeben,  wenn  man  für  dt  dp  den  beobachteten 
Werth  einsetzt. 

Versuche  von  Joule  und  Thomson. 
Temperatur  Beobachtet  Berechnet  w^IhTbtr F  n 


12,84  1,22  1,443  —  2,26 

19,08  1,16  1,353  0,90  2,23 

20,00  1.14  1,340  2,25 

35,60  1,02  1,147  -  2,17 

54,00  0,89  0,964  -  2,11 

91,52  0,70  0,696  0,64  1,99 

97,55  0,64  0,663  2,05 


Zieht  man  in  Betracht,  dass  die  Zahlen,  die  man  aus 
der  thermodynami8chen  Formel  mit  Benutzung  zuverlässiger 
Zustandsgieichungen  erhalt,  keine  bessere  Uebereinstimmung 
zeigen,  so  muss  die  Uebereinstimmung  unserer  Formel  zu- 
friedenstellend genannt  werden.  Des  Vergleiches  halber  habe 
ich  die  beiden  Werthe,  die  van  der  Waals  in  seiner  Schrift 
über  „die  Continuität  des  gasförmigen  und  flüssigen  Zu  stan- 
dee" berechnet  hat,  in  der  Tabelle  angegeben.  —  Würden 
wir  die  Versuche  über  Luft  ebenso  behandeln,  so  erhielten 
wir  etwas  zu  kleine  Zahlen  und  für  n  etwa  den  Werth  1,8. 
Da  n  bei  Anwendung  der  Gl.  (6)  in  vielen  Formeln  der  Gas- 
theorie auftritt,  so  werden  wohl  noch  manche  Beziehungen 
2ur  Berechnung  von  n  verwerthet  werden  können,  sobald  hin- 
reichende Beobachtungen  vorliegen. 


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346 


A.  Schleier niacher. 


Aus  allen  angeführten  Zahlen  geht  hervor,  dass  m./Wfc/r.i 
jedenfalls  den  Haupttheil  der  Anziehung  zweier  Massentheil- 
chen  ausmacht.  Die  Differenzen  zwischen  n  und  2  sind  aber 
auch  zu  geringfügig,  als  dass  der  Schluss  gestattet  wäre,  dass 
ausser  diesem  Gliede  noch  ein  weiteres  anzunehmen  sei. 
Ausserdem  fanden  die  Abweichungen  eine  genügende  Erklä- 
rung in  den  gemachten  Vernachlässigungen.  Hierzu  kommt 
die  interessante  und  gewiss  von  vielen  erwartete  Thatsache, 
dass  n  sich  gerade  gleich  2  ergab.  Bedeutet  dies  doch,  dass 
dasselbe  Gesetz,  das  den  Makrokosmos  beherrscht,  sich  auch 
im  Mikrokosmos  als  gültig  erwiesen  hat.  Ich  spreche  daher 
das  Ergebnis  meiner  Arbeit  dahin  aus,  dass  auch  die  klein- 
sten Massentheile  sich  nach  dem  Newton'schen  Gesetz  an- 
ziehen. 

August  1888. 


V.   Ueber  die  Wärmeleitungsfähigkeit  des  Queck- 
silberdampfes;  ran  A.  Schleiermacher. 


In  einer  Untersuchung  über  die  Wärmeleitungsfähigkeit 
der  Gase  Luft,  Wasserstoff  und  Kohlensäure1)  habe  ich 
Werthe  erhalten,  welche  von  den  theoretisch  berechneten 
Werthen  sehr  beträchtlich  abweichen.  Nun  kann  man  zwar 
jede  der  vorliegenden  Theorien  mit  den  Beobachtungen  in 
Einklang  bringen,  indem  man  bestimmte  Annahmen  über 
die  Betheiligung  der  intramolecularen  Energie  an  der  Wärme- 
leitung der  zwei-  und  mehratomigen  Gase  macht  Wenn 
man  aber  die  wohl  am  nächsten  liegende  Annahme  einführt, 
dass  sich  die  intramoleculare  Energie  bei  der  Wärmeleitung 
mit  derselben  Geschwindigkeit  fortpflanzt,  wie  die  moleculare 
Energie,  so  liefert  damit  die  von  Hrn.  Boltzmann  ent- 
wickelte Theorie  grössere  Werthe  als  die  Beobachtung,  die 
Theorie  des  Hrn.  O.  E.  Meyer  dagegen  zu  kleine  Werthe. 
Da  man  nun  die  Annahme,  dass  die  intramoleculare  Energie 
noch  schneller  tibertragen  werde,  als  die  moleculare,  von 

1)  A.  Schlciermachcr,  Wied.  Aun.  34.  p.  623.  188*. 


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Würmeleitungsfähigkeit,  des  Quechstiberdampfes.  347 


vornherein  als  höchst  unwahrscheinlich  ausschliessen  darf, 
zag  ich1)  den  Schluss,  dass  die  von  Hrn.  Meyer  hergeleitete 
Theorie  mit  den  Thatsachen  unvereinbar  sei.  Eine  endgültige 
Entscheidung  liefert  die  Ermittelung  der  LeitungsßLhigkeit 
eines  einatomigen  Gases,  da  hier  die  erwähnten  Annahmen 
gegenstandslos  und  also  ohne  Einüuss  auf  den  Vergleich  von 
Theorie  und  Beobachtung  sind. 

Daher  unternahm  ich  den  Versuch,  die  Leitungstätigkeit 
des  Quecksilberdampfes  zu  messen,  und  theile  im  Folgenden 
die  erhaltenen  Resultate  mit. 

Durch  den  Vergleich  der  Leitungsfähigkeit  des  Queck- 
silberdampfes mit  derjenigen  der  anderen  Gase  durfte  man 
ferner  auch  Aufschluss  darüber  erwarten,  in  welchem  Ver- 
hältniss  die  intramoleculare  Energie  an  der  Wärmeieitung 
der  mehratomigen  Gase  theilnimmt. 

Da  die  Leitungsfähigkeit  des  Quecksilberdampfes  nur 
bei  Temperaturen  oberhalb  180°  bestimmbar  ist,  so  wird 
dadurch  die  Schwierigkeit  der  Messung  vergrössert,  und  es 
durfte  kaum  möglich  sein,  hier  ebenso  genaue  Zahlen  zu 
erhalten,  als  bei  anderen  Gasen.  Dasselbe  gilt  wohl  auch 
von  der  Bestimmung  der  Reibungsconstante,  die  ja  bekannt 
sein  muss,  um  die  Leitungsfälligkeit  theoretisch  berechnen 
zu  können.  Doch  glaube  ich,  dass  die  erhaltenen  Resultate 
genau  genug  sind,  um  wenigstens  die  erste  der  erwähnten 
Fragen  zur  Entscheidung  zu  bringen. 

Methode  und  Versuchsanordnung  waren  die  gleichen, 
wie  bei  den  früheren  Messungen.  Nur  der  Apparat  musste 
insofern  abgeändert  werden,  dass  statt  des  Platindrahtes,  der 
sich  in  Quecksilberdampf  sehr  schnell  amalgamirt,  ein  Nickel- 
draht eingespannt  wurde.  Die  Elcctrodendrähte  bestanden 
aus  sehr  feinem  Neusilberdraht  und  waren  mit  Hartloth  an 
den  Nickeldraht  angelöthet.  Zum  Einschmelzen  der  Draht- 
enden in  den  Glasapparat  mussten  freilich  Platindrähte  ver- 
wendet werden,  die  an  den  Enden  des  Nickeldrahtes  und  der 
Electrodendrähte  angelöthet  wurden.  Diese  Platinenden,  sowie 
die  Neusilberdr&hte  waren  schwach  verkupfert  und  an  der 
Luft  ausgeglüht.    Der  so  entstandene  dünne  Ueberzug  von 

Ii  A.  Scbleiennacher,  1.  t\  p.  <*,4(>. 


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;U8 


A.  Schleiermacher. 


Kupteroxyd  genügte,  um  sie  gegen  Amalgamation  zu  schützen. 
Die  Dimensionen  des  Apparates  sind: 

Länge  des  Nickeldrahtes  zwischen  deu  Elect  roden   305,2  mm 


Um  den  Quecksilberdampf  in  hinreichender  Dichte  und 
doch  in  ungesättigtem  Zustande  untersuchen  zu  können, 
dienten  Bäder  von  siedendem  Anilin  (182,5°)  und  siedendem 
Xy lidin  (215,0°).  Der  Apparat  war  horizontal  in  einem  5  1 
haltenden  Kasten  aus  hart  verlöthetem,  starkem  Eisenblech 
befestigt.  Eine  eiserne  Deckplatte,  mit  eingelegter  Blei- 
dichtung auf  eine  Flansche  am  oberen  Rande  des  Kastens 
verschraubt,  schloss  diesen  dampfdicht  ab.  In  den  Deckel 
sind  zwei  Rohrstutzen  eingelöthet  und  in  diese  Glasröhren 
eingekittet,  welche  als  Rückflusskühler  dienten.  Durch  das 
eine  Kühlrohr  führte  das  den  Apparat  mit  der  Pumpe  ver- 
bindende Glasrohr.  Auch  die  vier  Zuleitungsdrähte  zu  dem 
Nickeldraht  und  den  Electroden  liefen  durch  die  Kühler. 
Ausserdem  hing  noch  in  jedem  ein  in  die  Flüssigkeit  ein- 
tauchendes Thermometer,  um  daran  die  Constanz  der  Siede- 
temperatur controliren  zu  können.  Durch  Reguliren  der 
fünf  unter  den  Kasten  gesetzten  Brenner  gelang  es  leicht, 
das  Sieden  der  Flüssigkeit  so  gleichmässig  zu  erhalten,  dass 
sich  der  Dampf  in  den  Kühlröhren  lange  Zeit  immer  bis 
zur  gleichen  Höhe  erhob.  Um  die  Berührung  des  Dampfes 
mit  der  Luft  und  die  dabei  stattfindende  Veränderung  der 
Flüssigkeit  möglichst  einzuschränken,  waren  die  Kühler  am 
oberen  Ende  mit  Watte  verstopft. 

Widerstand  des  Drahtes  bei  0°  und  Temperaturcoefficient 
der  Widerstandsänderung  wurden  ebenso  wie  früher  bestimmt. 
Der  letztere  erwies  sich  auffallend  stark  mit  der  Temperatur 
veränderlich.  Der  Temperaturcoefficient  beträgt  nämlich 
zwischen: 


Danach  wurde  zur  Berechnung  gesetzt :  a  —  0,023000 
+  Ü,Ü5587  t. 


Durchmesser  des  Drahtes  .... 

Wideretand  bei  0°  

Lichter  Durchmesser  des  Glasrohres 
Dicke  der  Glaswand  


0,284  mm 
0,6362  S.-E. 
18,2  mm 
0,8  mm. 


0-18  0—55  0—100  0—138  0—215° 
0,0,310      0,Oa826      0,0,3583      0,0,383  0,0,4262. 


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Wärmeleititiiysfäkigkeit  des  Qncchiilber  dampf  vs.  340 


Zur  Messung  der  allein  durch  die  Strahlung  übertragenen 
Wärme  wurde  der  Apparat  bei  250°  und  unter  häufigem 
Ausglühen  des  Drahtes  möglichst  gut  ausgepumpt  und  blieb 
während  der  Beobachtungen  mit  der  Pumpe  in  Verbindung. 
Tab.  I  enthält  die  Werthe  der  ausgestrahlten  Wärmemengen 
in  Grammcalorien  für  die  Temperaturdifferenzen  t  —  t'  zwi- 
schen Draht  und  Umhüllung  (Bad). 

Tabelle  I. 

/=0°  ■  f  =  100°  /=215° 


t-t  S  t-f  8  t-f  8 

11.91°      0,000  532  7,78°  1  0,000  930  5,10°  0.001518 

13,16  583  8,64  1  163  5,78  1  792 

16,18  739  11,14  1  362  7,57  2  299 

19,57  89H  17,54  2  197  8,66  2  832 

23,23  1  103  29,88  4  077  15,97  5  060 

34,39  1  742  40,53  5  717 


Aus  diesen  Zahlen  konnten  die  Werthe  der  Strahlung 
fur  f'=  182,5°,  soweit  sie  zur  Berechnung  der  im  Anilinbad 
angestellten  Wänneleitungsyersuche  erforderlich  waren,  hin- 
länglich genau  ermittelt  werden. 

Dem  neuerdings  von  Hrn.  H.  F.  Weber1)  aufgestellten 
Strahlungsgesetz  entsprechen  die  Beobachtungen  am  Nickel- 
draht nicht  so  gut  als  die  früheren  an  Platindrähten.  Be- 
rechnet man  die  von  Hrn.  Weber  mit  C  bezeichnete  Con- 
stante  für  die  drei  Temperaturen,  bei  denen  der  Nickel- 
draht untersucht  wurde,  so  erhält  man  die  Mittelwerthe : 
C0=  1CM.  2,16;  C100=  10-«.3,29;  C216  =  10"rt.  4,18.  Ein 
Wachsen  dieser  Grösse  mit  der  Temperatur  zeigen  übrigens 
auch  die  beiden  zuletzt  von  mir  untersuchten  Platindrähte, 
aber  in  viel  geringerem  Maass  als  der  Nickeldraht.  Es 
ergibt  nämlich  Platindraht  I  C„  =  10-«. 3,41;  Cl00=>  10"«. 3,88, 
und  Platindraht  II  C0  =  10"fl.4,42;  C100  =  10-«. 5,14.  Eine 
Äenderung  des  „Temperaturcoefficienten  a"  hebt  die  Incon- 
stanz  von  C  bei  dem  Nickeldraht  nicht.  Es  muss  also  wei- 
teren Untersuchungen  überlassen  werden,  die  Ursache  der 
vorliegenden  Abweichungen  aufzuklären. 

l)  H.  F.  Weber,  Ber.  d.  Berl.  Akad.  37.  p  933.  1888. 


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350 


A.  Schleiermacher. 


Die  Bestimmung  der  Wärmeleitungsfähigkeit  wurde  an 
drei  verschiedenen  Füllungen  des  Apparates  mit  Quecksilber- 
dampf ausgeführt.  Der  Druck  des  Dampfes,  aus  den  einge- 
führten Quecksilbermengen  berechnet,  betrug  bei  der  ersten 
Füllung  pl  =  10,3  mm  für  215°;  bei  der  zweiten  Füllung 
Pt  =  3,2  mm  für  215°  und  3,0  mm  für  182,5°;  bei  der  dritten 
Füllung  />;}=7,0  mm  für  215°  und  6,6  mm  für  182,5°.  Da 
diese  Drucke  höchstens  zwei  Drittel  des  Sättigungsdruckes 
erreichen,  welcher  bei  215°  29  mm  und  bei  182,5°  10  mm  be- 
trägt, darf  man  wohl  annehmen,  dass  der  Dampf  stets  aus  isolir- 
ten  Atomen  bestand.  Uebrigens  haben  die  Herren  Kundt 
und  War  bürg  die  Einatomigkeit  des  Dampfes  auch  für  den 
gesättigten  Zustand  bewiesen. 

Zur  Füllung  des  Apparates  wurde  die  abgewogene 
Quecksilbermenge  in  das  geschlossene  Ende  eines  knieformig 
gebogenen  und  seitlich  an  das  Verbindungsrohr  von  Apparat 
und  Pumpe  angesetzten  Schliffstückes  gebracht.  Nachdem 
der  Apparat  unter  Erwärmung  vollkommen  evacuirt  und 
wieder  abgekühlt  war,  Hess  man  durch  Drehen  des  Schliff- 
sttickes  das  Quecksilber  in  den  Apparat  einfallen.  Eine  Stelle 
des  Verbindungsrohres  nahe  am  Apparat,  die  zu  einer  dick- 
wandigen Capillare  verengt  war,  wurde  dann  bis  fast  zum  Er- 
weichen erhitzt  und,  nachdem  das  Vacuum  nochmals  geprüft 
war.  abgeschmolzen. 

In  der  folgenden  Tabelle  sind  die  Ergebnisse  der  Mes- 
sungen zusammengestellt.  Die  römischen  Ziffern  beziehen 
sich  auf  die  Füllungen,  t  —  t'  ist  der  Temperaturüberschuss 
des  Drahtes  und  Lj(t  —  t')  sind  die  durch  Leitung  übertrage- 
nen Wärmemengen  für  die  Einheit  des  Temperaturüber- 
schusses, also  der  Leitungsfähigkeit  proportionale  Grössen. 


Tabelle  II. 


t  = 

182,:>° 

/ 

=  215° 

t-t 

T.  \t-  t\ 

t-t 

/..(/->) 

1. 

10,04  0 

0,000  *S2 

I. 

12,06° 

900 

II. 

7,04  " 

0,000  «02 

6,46° 

896 

II. 

10.23 n 

*80a 

9,34  " 

897 

II. 

11,54° 

900 

III. 

6.98° 

820 

0,61  " 

S77 

III. 

10,20° 

öl8 

y,4f> " 

H8S 

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Wärmeleituiit/xßihiifheit  des  Quechsilberdawpfts.         35 1 

Der  Einflu88  von  Strömungen,  der  der  Dichte  propor- 
tional sein  würde,  tritt  hinter  den  Beobachtungstehlern  ganz 
zurück.  Aus  dem  Mittelwerth  aller  Bestimmungen  erhält 
man  die  Wärmeleitungsfthigkeit  bei  der  mittleren  der  Tem- 
peraturen *'  +  (/-  0/2: 

k  =  0,0 4 1846  g/cm  .  sec.  bei  203°. 

Luft  und  Wasserdampf,  die  sich  während  der  Messung 
?on  der  Glaswand  des  Apparates  abgelöst  haben  könnten, 
würden  die  Leitungsfähigkeit  erhöhen,  und  zwar  müssten  z.  B. 
die  Werthe  um  so  mehr  gefälscht  sein,  je  geringer  die  Dichte 
des  Quecksilberdampfes  ist.  Davon  lassen  die  Zahlen  nichts 
erkennen,  indem  eine  regelmässige  Abhängigkeit  von  der 
Dichte,  wie  bereits  erwähnt,  überhaupt  nicht  hervortritt. 
Einer  Correction  wegen  der  Glasleitung1)  bedürfen  die  Zah- 
len nicht,  da  die  übergeführten  Wärmemengen  zu  gering  sind. 

Der  Teroperaturcoefficient  der  Leitungsfähigkeit,  aus  den 
Mittelwerthen  für  182,5°  und  215°  berechnet,  ergibt  sich  zu 
7  =  0,0074.  Wenn  man  auch  die  Genauigkeit  dieser  Zahl 
wegen  der  relativ  grossen  Beobachtungsfehler  und  des  gerin- 
gen Temperaturintervalle8,  aus  dem  sie  abgeleitet  ist,  nicht 
zu  hoch  schätzen  darf,  so  mag  doch  darauf  hingewiesen  wer- 
den, dass  sie  sich  nicht  allzuweit  von  dem  von  der  Theorie 
verlangten  Werth  entfernt.  Bei  einatomigen  Gasen  mit  con- 
stanter  spezifischer  Wärme  sollte  nämlich  die  gleiche  Ab- 
hängigkeit von  der  Temperatur  für  die  Leitungsfähigkeit, 
wie  für  die  Reibungsconstante  bestehen.  Aus  seinen  Mes- 
sungen der  Reibungsconstante  des  Quecksilberdampfes  hat 
Hr.  S.  Koch2)  die  Aenderung  der  Constante  mit  der  Tem- 
peratur durch  die  Formel  dargestellt:  jt*  »  a0(l  +  af)1,6> 
worin  a  =  0,003  665.  Drückt  man  die  Abhängigkeit  der 
Leitungsfähigkeit  von  der  Temperatur  durch  eine  ähnliche 
rationelle  Formel  aus,  so  erhält  man  als  Werth  des  Expo- 
nenten 1,4. 

Nach  Beendigung  der  Versuche  mit  Quecksilberdampf 
war  es  meine  Absicht,  durch  einige  Bestimmungen  der  Lei- 


1)  Schleiermacher,  I.  c.  p.  64<». 

2i  S.  Koch.  Wied  Ann.  19.  p.  *70.  18«3. 


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3.V2  A.  Schleier macher. 

tungsfähigkeit  der  Luft  bei  0°  die  Messungen  mittelst  des 
jetzigen  Apparates  an  die  früheren  Messungen  anzuschliessen. 

Leider  zerbrach  der  Apparat,  ehe  ich  diese  naheliegende 
Vervollständigung  meiner  Arbeit  ausführen  konnte,  und  von 
der  Herstellung  eines  neuen  Apparates  sah  ich  vorerst  ab, 
da  der  angedeutete  Zweck  damit  doch  nicht  erreicht  werden 
konnte. 

Wir  haben  nunmehr  den  für  die  Leitungsfähigkeit  des 
Quecksilberdampfes  gefundenen  Werth  mit  den  Forderungen 
der  Theorie  zu  vergleichen.  Alle  bisher  entwickelten  Theorien 
kommen  in  ihrem  Endresultat  dahin  überein,  dass  die  Lei- 
tungsfähigkeit  k  eines  einatomigen  Gases  proportional  ist 
dem  Product  aus  der  Reibungsconstante  rt  mit  der  specifischen 
Wärme  bei  constantem  Volumen  c{,,  sodass  also  der  Quotient 
kjtf .  cv  für  alle  einatomigen  Gase  den  gleichen  Werth  besitzt. 
Dieses  Resultat  ist  unzweifelhaft  richtig;  es  steht  damit  in 
Einklang,  dass  erfahrungsgemäss  sich  die  Leitungsfälligkeit 
der  Gase  ebenso  wie  die  Reibungsconstante  als  unabhängig 
vom  Druck  erweist  Nur  in  dem  numerischen  Werth  des 
Quotienten  gehen  die  Theorien  auseinander  und  in  diesem 
Punkt  sind  sie  also  durch  die  Beobachtung  zu  prüfen.  Die 
Boltzmann'sche  Theorie  ergibt  diesen  Werth  =2,5,  wenn 
die  Hypothese  eingeführt  wird,  dass  die  Molecüle  abstossende 
Kräfte  aufeinander  ausüben,  welche  der  umgekehrten  fünften 
Potenz  der  Entfernung  proportional  sind.  Die  Entwicklung 
des  Hrn.  O.  E.  Meyer  führt  auf  den  Werth  1,58.  Für  den 
Quecksilberdampf  lasst  sich  die  specifische  Wärme  cv  aus 
dem  von  den  Herren  Kundt  und  War  bürg  ermittelten 
Verhältniss  der  beiden  specifischen  Wärmen  berechnen  zu 
0,01485.  Die  Reibungsconstante  ist  nach  den  Messungen 
von  Hrn.  S.  Koch  /,  =  0,03 162  (1  +  0,003  665 tf*>.  Hieraus 
ist  der  Werth  von  n  für  die  Temperatur  203°  zu  berechnen, 
resp.  zu  extrapoliren,  da  die  Beobachtungen  nur  das  Tem- 
pcraturintervall  270— 380°  umfassen.  Man  erhält  tjxn o=0,0s895. 
Aus  diesen  Zahlen  ergibt  sich  der  Werth  des  Quotien- 
ten k/tj.cv  zu  3,15,  d.  h.  mehr  als  doppelt  so  gross,  als  der 
Werth  1,53  der  Meyer'schen  Theorie.  Damit  ist  also  be- 
wiesen, dass  diese  Theorie  zu  einem  mit  der  Erfahrung  un- 
vereinbaren Resultat  führt 


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WärmeUitungsßLhigkeit  des  Quecksilberdampfes.  353 


Weniger  entscheidend  ist  der  gefundene  Werth  von 
k  tj.c,  in  Bezug  auf  die  Gültigkeit  der  Boltz mann' sehen 
Theorie.  Er  ist  freilich  um  nahe  25  Proc.  grösser,  als  diese 
Theorie  verlangt,  aber  es  mag  dahingestellt  bleiben,  ob  die 
Abweichung  nicht  auch  durch  die  relativ  grossen  ßeobach- 
tungsfehler  bei  der  Bestimmung  sowohl  der  Leitungsfähig- 
keit als  anch  der  fleibungsconstante  erklärt  werden  kann. 
Die  folgenden  Betrachtungen  machen  mir  allerdings  wahr- 
scheinlich, da8s  der  gefundene  Werth  3,15  eher  zu  klein  als 
zq  gross  ist,  und  dass  daher  auch  der  Boltzman n'sche 
Werth  nicht  den  Thatsachen  entspricht. 

Für  die  Wärmeleitung  der  mehratomigen  Gase  führt  die 
Theorie  nicht  unmittelbar  zu  einem  bestimmten  Ergebniss; 
man  hat  hier  zunächst  eine  Annahme  über  die  Betheiligung 
der  intramolecularen  Energie  an  der  Leitung  zu  machen, 
über  deren  Berechtigung  zur  Zeit  nur  der  Vergleich  mit  den 
Beobachtungen  einen  Anhalt  liefert.  Eine  der  möglichen 
Annahmen  ist  die,  dass  innere  und  progressive  Energie  sich 
in  demselben  Verhältniss  an  der  Wärmeleitung  betheiligen, 
indem  sie  in  dem  überall  gleich  temperirten  Gas  stehen. 
Diese  Annahme  werde  mit  (1)  bezeichnet.  Sie  führt  für  die 
Wärmeleitungsfahigkeit  aller  Gase  auf  den  Ausdruck  A=y.  rt.cV} 
wo  y  eine  Constante.  Nach  einer  anderen  Annahme  (II), 
die  einen  zweiten  Grenzfall  darstellt,  geschieht  die  Ueber- 
tragung  der  Wärme  allein  durch  die  progressive  Energie  der 
Molecule.  Hiernach  hat  man  statt  der  speeifischen  Wärme 
welche  der  gesammten  Energie  der  Molecüle  H  propor- 
tional ist,  eine  Grösse  einzuführen,  welche  der  fortschreiten- 
den Energie  K  proportional  ist,  also  statt  cv  zu  setzen 
<-,.KjH.  Da  K\H=  }.(x  —  1) ,  wenn  x  =  cpjcv1  so  ist 
also  c9  durch  ] .  (x  —  1 )  cv  zu  ersetzen ,  und  man  erhält 
*  =  j«7(x  —  \)cv.rh  Für  ein  einatomiges  Gas  führen  beide 
Ausdrücke,  da  |(x  —  1)  =  1  sein  muss,  auf  denselben  Werth. 
Ergibt  sich  nun  aus  den  Beobachtungen  ^  =  A/?;.cw  für  alle 
Gase  gleich  und  so  gross,  wie  für  den  Quecksilberdampf,  so 
hat  man  sich  für  die  Annahme  (I)  zu  entscheiden.  Ist  da- 
gegen der  Quotient  q  —  k  f  (|(x  —  2) .  c0 .  >j)  bei  allen  Gasen 
gleich  und  gleich  dem  für  Quecksilberdampf,  so  ist  damit 
die  Richtigkeit  der  Annahme  (II)  bewiesen.    Es  kaflu  aber 

•Vnn.  d.  Phj».  n.  Ctaem.  N.  F.  XXXVI.  23 


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354  A.  Schleier macher . 

auch  drittens  der  Fall  sein,  dass  keine  der  beiden  Annahmen 
durch  die  Beobachtung  bestätigt  wird:  wenn  nämlich  die 
innere  Energie  an  der  Leitung  theilnimmt,  aber  in  geringerem 
Maass,  als  es  die  Annahme  (I)  verlangt.  In  diesem  Fall 
wird  der  Werth  des  ersten  Quotienten  kleiner,  der  des  zwei- 
ten grösser  sein  müssen,  als  beim  Quecksilberdampf.  Nach- 
stehend sind  die  Quotienten  für  die  vier  von  mir  untersuch- 
ten Gase  zusammengestellt;  von  den  zur  Berechnung  er- 
forderlichen Zahlen  sind  die  Reibungsconstanten  den  Beob- 
achtungen des  Hrn.  von  Obermayer1),  die  specifi sehen 
Wärmen  und  die  Verhältnisse  der  beiden  speeiüschen  Wär- 
men einer  Zusammenstellung  des  Hrn.  Wüllner2)  ent- 
nommen. 

Tabelle  III. 

k  i?         cv  x       (Ii  (Iii 

Quecksilber   203°  0,04185  0,09394  0,01485  1,66..  3,15  3,15 

Luft                0°  0,04562  0,0,1678  0,1690  1,405  1,08  3,26 

Wasserstoff      0°  0,0,410  0.04861  2,461  1,385  1,94  3,35 

Kohlensäure     0°  0,0,327  0,0,1383  0,1489  1,311  1,59  3,40 

Hieraus  ergibt  sich,  dass  der  nach  der  ersten  Annahme 
berechnete  Quotient  durchaus  nicht  constant  ist.  Diese 
Annahme  ist  daher  abzuweisen.  Dagegen  wird  für  die  drei 
mehratomigen  Gase  die  Hypothese  (II)  recht  gut  bestätigt: 
die  Abweichungen  bei  den  einzelnen  Gasen  von  dem*  Mittel- 
werth 3,84  sind  ganz  unerheblich;  andererseits  beträgt  die 
Differenz  zwischen  diesem  und  dem  für  Quecksilberdampf 
gefundenen  Werthe  nur  6  Proc.  Man  könnte  die  Differenz 
den  unvermeidlichen  Beobachtungsfehlern  zuschreiben,  man 
könnte  den  Grund  der  Abweichung  aber  auch  darin  sehen, 
dass  bei  den  mehratomigen  Gasen  die  intramoleculare  Energie 
in  geringem  Maasse,  weit  weniger,  als  es  die  Annahme  (I) 
fordert,  zur  Wärmeleitung  beiträgt.  In  jedem  Falle  ergibt 
sich  als  Resultat  unserer  Vergleichung,  dass  bei  den  Gasen 
Luff,  Wasserstoff  und  Kohlensäure  die  Wärmeleitung  im  wesent- 
lichen in  der  Uebertragung  von  nur  progressiver  Energie  besteht. 

Dasselbe  wie  die  eben  mitgetheilte  Berechnung  lehrt 
auch  die  Betrachtung  der  relativen  Leitungsfähigkeiten  in 

1)  A.  v.  Obermayer,  Wien.  Ber.  78.  II.  Abth.  p.  433.  1876 
2>  A".  Wüllner,  Wied.  Ann.  4.  p.  321.  1678. 


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yVärmeleihinijsfahiijhvU  (Its  Qiteckatibertfampjes.  Hob 


Bezug  auf  Luit.  Nach  An  Dahme  (1)  sollen  diese  gleich 
sein  dem  Verhältniss  ijc/i/c,',  nach  Annahme  (II)  gleich 
n (x  —  t}'[x'  —  \)cv',  wo  sich  die  Buchstaben  mit  Index 
auf  Luft  beziehen.  Die  betreffenden  Werthe  sind  in  der 
folgenden  Uebersicht  mit  den  durch  die  Beobachtung  erhaltenen 
Werthen  zusammengestellt.  Wie  früher  sind  die  Zahlen 
beim  Quecksilberdampf  für  203°,  bei  den  anderen  Gasen 
fur  0°  berechnet.  Der  beobachtete  Werth  für  Wasserstort 
ist  mit  beiden  Annahmen  gleich  gut  verträglich,  aber  die 
Zahlen  für  Kohlensaure  und  namentlich  für  Quecksilber- 
dampf sind  nur  mit  Annahme  (II)  vereinbar. 

Tabelle  IV. 

Quecksilber  Wasserstoff  Knhlensuurt! 
(Ii          0,135              7,47  0,7-ji; 
(II)            0,209                7,10  0,.V»7 
beobachtet     0,223                7,30  0,.V<1 

Es  soll  nun  nicht  behauptet  werden,  dass  für  alle  Gase, 
namentlich  für  solche  mit  compiieirteren  Molecülen,  die 
Annahme  (II)  ebenso  genau,  wie  für  die  oben  angefühlten 
Gase,  gültig  sei.  Von  denjenigen  Gasen,  deren  Leitungs- 
tätigkeit von  Hrn.  Winkel  mann1)  beobachtet  ist,  lassen 
sich  noch  drei,  Kohlenoxyd,  Stickoxydul  und  Aetbylen,  der 
Vergleichung  unterwerfen,  da  für  sie  die  erforderlichen 
Grössen  bekannt  sind.  Für  dieselben  ist  in  der  folgenden 
Zusammenstellung  das  Ergebniss  der  Berechnung  der  Quo- 
tienten (I)  und  (II),  sowie  die  dabei  benutzten  Weithe  von 
*,  c,  und  x  angeführt.  Die  Grössen  rh  r„  und  x  sind 
wieder  den  bereits  genannten  Quellen  entnommen.  Um 
Zahlen  zu  erhalten,  welche  mit  den  früher  angeführten  ver- 
gleichbar sind,  habe  ich,  da  die  Winkelmann'schen  Be- 
stimmungen der  Leitungsfahigkeiten  kleinere  Werthe  ergaben 
ils  die  meinigen,  an  jenen  eine  Correction  angebracht,  deren 
betrag  nach  den  Differenzen  unserer  Beobachtungen  für 
Luft  und  für  Kohlensäure  bemessen  ist. 


1)  A.  Winkelmann,  Pogg.  Ann.  K»6   p.  497.  Im7*» 


23* 


A.  Schtciermacher. 


Tabelle  V. 

Kohlenoxyd      0,0449»       544      0,0,1625     0,1729  1,403  1,94  3.20 

Stickoxydul      0,04350       376     0,0,1353     0,1513  1,311  1,84  3,94 

Authylen  0,04395       427     0,04922       0,2701  1,245  1,71  4,66 

Die  Zahlen  unter  (I)  zeigen  zunächst,  dass  auch  für 
diese  Gase  die  Annahme  (I)  nicht  richtig  sein  kann,  da 
dieselben  weit  unter  dem  für  Quecksilberdampf  erhaltenen 
Werth  bleiben.  Dagegen  schlieast  sich  der  nach  (II)  be- 
rechnete Werth  für  das  Kohlenoxydgas  recht  gut  den  früher 
gefundenen  an,  und  es  scheint  also  dieses  (ras  ebenfalls  dem 
oben  ausgesprochenen  Satz  zu  folgen.  Grösser  sind  die 
Werthe  für  Stickoxydul  und  namentlich  für  Aethylen,  sodass 
man  hier  die  Fortpflanzung  auch  intramolecularer  Energie 
bei  der  Wärmeleitung  anzunehmen  hat. 

Eine  weitere  Entscheidung  zwischen  den  beiden  An- 
nahmen müsste  die  Untersuchung  der  Temperaturcoefficienten 
der  Wärmeleitung  liefern  bei  Gasen,  bei  welchen  sich  sowohl 
cv  als  cpjcv  mit  der  Temperatur  ändern.  Von  den  von  mir 
untersuchten  Gasen  würde  hierfür  nur  Kohlensäure  in  Be- 
tracht kommen.  Man  wird  indessen  dem  Resultat  der  Ver- 
gleichung  keine  grosse  Bedeutung  beilegen  können,  da,  wie 
bereits  in  der  früheren  Abhandlung  hervorgehoben,  die  zu 
Grunde  zu  legenden  Zahlen  noch  zu  wenig  gesichert  sind, 
und  sich  ausserdem  bei  der  Aenderung  der  Leitung  mit  der 
Temperatur  Einflüsse  geltend  machen  können,  die  bis  jetzt 
zu  wenig  untersucht  sind.  Es  sei  daher  nur  angeführt,  dass 
sich  der  für  die  Wärmeleitung  der  Kohlensäure  gefundene 
Temperaturcoelficient  der  Annahme  (I)  besser  anschliessen 
würde,  als  der  Annahme  (II). 

Die  im  Vorstehenden  gezogenen  Schlussfolgerungen  be- 
halten natürlich  nur  dann  Gültigkeit,  wenn  unzweifelhaft  ist, 
dass  die  Wärmeübertragung  in  einem  Gase  nur  vermöge  der 
Bewegung  seiner  Molecüle  stattfindet.  Würde  dagegen  gleich- 
zeitig auch  Wärme  durch  die  „innere  Strahlung"  der  Mole- 
cüle übergeführt,  so  wäre  eine  Prüfung  der  kinetischen 
Theorien  durch  die  Beobachtung  auf  dem  eingeschlagenen 
Wege  nicht  möglich.  Die  Uebereinstimmung  aber,  welche 
die  Vergleichung  bei  den  vier  Gasen  Luft,  Wasserstoff, 


uigmze 


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Wärmehihinfjsfähifjkeit  de»  Quecksilherdampfes.  357 


Kohlenoxyd  und  Kohlensäure  ergeben  hat,  beweist  doch  wohl, 
dass  bei  diesen  die  innere  Strahlung  keinesfalls  beträchtlich 
zur  Wärmeübertragung  beitragt,  da  sich  ja  die  Kohlensäure, 
bei  der  man  infolge  ihres  merklichen  Absorptionsvermögens 
am  ersten  die  Mitwirkung  der  inneren  Strahlung  vermuthen 
sollte,  nicht  von  diathermanen  Gasen  unterscheidet.  Ueber 
das  Absorptionsvermögen  des  Quecksilberdampfes  ist  freilich 
nichts  bekannt;  es  könnte  also  behauptet  werden,  dass  in 
dem  ermittelten  Werthe  der  Leitungsfähigkeit  noch  ein  der 
inneren  Strahlung  zuzuschreibender  Antheil  enthalten  sei. 
Auch  aus  diesem  Grunde  will  ich  daher  unentschieden  lassen, 
ob  das  fur  den  Quecksilberdampf  gefundene  Resultat  gegen 
die  Richtigkeit  der  Boltzm an n'schen  Theorie  beweisend  ist. 
Dagegen  bleibt  gewiss,  dass  die  Abweichung  des  gefundenen 
Werthes  von  der  Meyer' sehen  Theorie  nicht  durch  die 
innere  Strahlung  erklärt  werden  kann.  Wenn  deren  Einfluss 
so  gross  sein  sollte,  müsste  er  in  einer  sehr  bemerklieben 
Abhängigkeit  des  scheinbaren  Leitungsvermögens  von  der 
Dichte  des  Dampfes  und  von  der  Temperatur  des  Drahtes 
zum  Ausdruck  kommen,  und  hiervon  lassen  die  Beobach- 
tungen nichts  erkennen. 

Die  mitgetheilten  Schlussfolgerungen  würden  auch  dann 
zweifelhaft  werden,  wenn  sich  der  von  den  Herren  Lummer 
und  Pringsheim1)  neuerdings  mitgetheilte  Werth  des  Ver- 
hältnisses der  beiden  specitischen  Wärmen  der  Luft  als  richtig 
bestätigen  sollte.  Vor  allem  würde  dann  in  Frage  gestellt, 
ob  der  Quecksilberdampf,  der  nach  seinen  chemischen  Eigen- 
schaften unbezweifelbar  einatomig  ist,  sich  auch  in  seinen 
thermischen  Eigenschaften  wie  ein  einatomiges  Gas  verhält 

Karlsruhe,  im  October  1888. 


1)  0.  Lummer  u.  E.  Fringsheim,  Verhandl.  d.  phys.  Berlin 

m.  P.  136. 


358 


C.  Hfi  ms. 


VI.   Die  Zähigkeit  der  Gase  bei  hrtteii 
Temperaturen1);  von  Carl  Harun, 

(liierst  T*r.  VII  Flg.  1-11.) 


I.  Einleitung. 

1.  In  vorliegender  Arbeit  versuche  ich  die  Zähigkeits- 
änderungen der  Gase  dadurch  zu  ermitteln,  dass  ich  dieselben 
durch  heisse,  resp.  durch  glühende  Platincapillaren  transpi- 
riren  lasse.  Es  bietet  aber  sowohl  die  Herstellung  sowie  die 
weitere  Behandlung  langer,  befriedigend  fehlerfreier  Metallcapil 
laren  viele  Schwierigkeiten.  Ich  beobachtete  daher  meistens 
mit  Röhren  von  ein  drittel  bis  über  einen  halben  Meter  Länge, 
und  zwar  fing  ich  mit  einem  Kaliber  an,  für  welches  das 
Poi  seu  i  11  e-M  ever 'sehe  Gesetz  bei  niederen  Temperaturen 
nicht,  wohl  aber  bei  hohen  Temperaturen  wegen  der  be- 
deutend verlangsamten  Strömung  galt.  Solche  Röhren  zog 
ich  dann  successive  zu  dünneren  Durchmessern  heraus,  bis 
sich  schliesslich  ein  Kaliber  herausstellte,  das  dem  besagten 
Gesetz  sowohl  bei  niederen  wie  auch  bei  hohen  Tempera- 
turen entsprach.  Dieses  ist  der  chronologische  Gang  meiner 
Arbeit.  In  der  Ausarbeitung  gedenke  ich  mich  nicht  weiter 
daran  zu  halten. 

2.  Die  Literatur  des  Gegenstandes  ist  wohl  hingläng- 
lich bekannt.  Insbesondere  hat  Hr.  O.  E.  Meyer  sowohl 
in  seinen  Originalarbeiten2),  sowie  auch  in  seinem  Buche3) 
die  Thatsachen  vielfach  erforscht  und  zusammengestellt.  Unter 
anderen  hat  auch  in  neuerer  Zeit  Hr.  S.  W.  Hol  man4)  sämmt- 
liche  Arbeiten  einem  kritischen  Vergleiche  unterzogen.  Ich 
kann  mich  daher  auf  wenige  Notizen  beschränken. 


1)  Mit  Genehmigung  des  Directors  der  U.  S.  Geological  Surrey. 
Hrn.  Major  J.  H.  Powell,  mitgetheilt.  Eine  vorläufige  Notiz  über  diese 
Arbeit  findet  sich  im  Amer.  Journ.  (3)  35.  p.  407.  1888. 

21  0.  E.  Meyer,  Pogg.  Ann.  127.  p.  253.  353.  1866. 

3)  0.  E.  Meyer,  Die  kinetische  Theorie  der  Gase  p.  123 ff.  Breslau 
1877. 

4)  S.  \V.  Hol  man,  Proc.  Am.  Acad.  21.  p.  1.  1886;  Phil.  Mag. 
(.rM  21.  p.  199.  18?s6 


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Zähitjkeit  der  Gase. 


3f)9 


Nachdem  die  grundlegenden  Arbeiten  Graham's1)  er- 
schienen, und  die  moleculare  Weglange  durch  Clausius3) 
in  die  Wissenschaft  eingeführt  worden  war,  gelang  es  Max- 
well9), aus  Stokes'schen*)  Zahlen  für  die  Zähigkeit  der  Luft  die 
mittlere  freie  Weglänge  zu  berechnen.  Maxwell  ging  weiter, 
indem  er  versuchte,  auch  die  thermischen  Verhältnisse  dar- 
zustellen, gelangte  jedoch  zu  Resultaten,  welche,  obgleich 
mit  der  Coulomb'schen  Schwingungsmethode  experimentell 
bestätigt  *) ,  von  späteren  Forschern  nicht  wiedergefunden 
wurden.  Durch  Verbesserungen  dieser  Methode  erhielten 
zwar  Meyer8),  sowie  Puluj7),  indem  er  einen  Kundt- 
Warburg'schen  Apparat  gebrauchte,  Werthe,  die  unter  sich, 
sowie  mit  den  Daten  anderer  Methoden  H)  besser,  man  kann 
sagen  befriedigend  im  Einklang  sind.  Einen  besonderen 
Staadpunkt  bewahrt  die  kritisch  eingehende  Arbeit  Schu- 
mann's.9) Indessen  ist  doch  der  wichtigen  Arbeit  Meyer's10), 
in  welcher  er  den  theoretischen  Ergebnissen  yon  Stokes11) 
oder  Stefan  1S)  folgend,  die  Transpiration  der  Gase  genau 
ableiten  konnte,  als  der  wesentlichste  Fortschritt  auf  diesem 
Gebiete  anzusehen.  Meyer  entwickelte  dabei  eine  dem  Poi- 
seuille'-13)  und  Hagen'schen 14)  Gesetze  sehr  ähnliche 
Gleichung,   welche  letztere  durch  Stokes15)  und  andere 


1)  Graham,  Phil.  Trane.  Lund.  p.  573.  li*46;  ibid.  p.  849.  1849; 
Lieb.  Ann.  76.  p.  138.  1850. 

2)  Clausius,  Pogg.  Ann.  105.  p.  239.  1858. 

3)  Maxwell,  R?p.  Br.  Assoc.  1859.  (2)  p.  9;  Phil.  Mag.  (4)  1». 
p.  19.  I860.    Cf.  ibid.  20.  p.  21.  1860. 

4)  Stokee,  Fortschritte  d.  Phys.  1850-1851.  p.  101;  PhU.  Mag.  (4) 
1.  p.  337.  1851. 

5j  Maxwell,  Phil.  Trans.  156.  p.  249.  1866. 

6)  O.E.  Meyer,  Pogg.  Ann.  125.  p.  177.  1865;  148.  p.  14.  1871. 

7)  Puluj,  Wien.  Ber.  73.  (2)  p.  589.  1876. 

8)  Cf.  O.  E.  Meyer,  Sitzungsber.  d.  Kgl.  Bayer.  Acad.  1887.  p.  361. 

9)  Schamann,  Wied.  Ann.  23.  p.  353.  1884. 
10)  0.  E.  Meyer,  Pogg.  Ann.  127.  p.  367.  1866. 

U)  Stokes,  Cambridge  Phil.  Trans.  8.  p.  287.  1847. 

12)  Stefan,  Wien.  Ber.  46.  II.  Abth.  p.  8.  1862. 

13)  Poiseuille,  Mem.  Sav.  ßtrang.  0.  p.  433.  1846;  Ann.  de  chiin. 
«t  de  phys.  (3)  7.  p.  50.  1843. 

14)  Hagen,  Abh.  d.  Ber!.  Acad.  1854.  p.  17. 
15i  Stokes,  1.  c. 


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360 


C.  Bums. 


(Neumann,  G.  Wiedemann,  Hagenbach,  Stefan, 
v.  Helmholtz)  hinlänglich  discutirt  worden  ist.  Es  gelang 
Meyer1),  indem  er  die  Versuche  von  Graham  interpretirte, 
später  zum  Theil  in  Gemeinschaft  mit  Springmühl  *) 
die  sicheren  Resultate  für  die  thermischen  Verhältnisse 
der  Gaszähigkeit  zu  erhalten.  Seitdem  haben  sich,  sowohl 
durch  Vervollkommnung  des  Apparates,  sowie  der  Methoden 
Puluj8),  v.  Obermayer4),  E.  Wiedemann5),  Warburg°i 
und  besonders  Schumann  und  Holman7)  um  die  weitere 
Bearbeitung  des  Gegenstandes  mit  Erfolg  bemüht 

Ich  füge  hier  noch  hinzu,  dass,  wie  man  einerseits  die 
Strömungsverhältnisse  den  obigen  Arbeiten  gemäss  bei  wirk- 
lichen (langen)  Capillaren  kennt,  man  ebenfalls  mit  Na  vier8) 
den  Austiuss  bei  sehr  kurzen  Röhren  als  theoretisch  gegeben 
ansehen  kann.  Complicirter  und  noch  Verhältnis smässig  wenig 
bearbeitet  ist  der  Gegenstand  bei  Röhren  zwischenliegender 
Dimensionen.  Doch  haben  Guthrie9)  und  besonders  O. 
Reynolds10)  und  Hoffmann11)  für  diese  Fälle  eingehende 
Untersuchungen  angestellt. 

Die  vorliegenden  Arbeiten  beziehen  sich  hauptsäch- 
lich auf  niedere  Temperaturen.  Allerdings  ging  v.  Ober- 
mayer in  seinen  späteren  Arbeiten  (Bleicapillaren)  bis  280°- 
Holman  untersuchte  bei  Kohlensäure  bis  224°  und  bei  Luft 
bis  124°.  E.  Wiedemann  bediente  sich  der  Dampfbader 
des  Wassers  (100°)  und  des  Anilins  (185°).  Sollen  aber  die 
thermischen  Verhältnisse  der  Gaszähigkeit  weiter  erörtert 
werden,  sollen  eventuell  die  Resultate  als  sogar  zu  pyro- 


1)  O.  E.  Meyer,  Pogg.  Ann.  127.  p.  367.  1866. 

2)  Meyer  u.  Springmühl,  Pogg.  Ann.  148.  p.  503.  1873. 

3)  Puluj,  Wien.  Ber.  69.  p.  287.  1874;  70.  p.  243.  1874. 

4)  v.  Obermayer,  Wien.  Ber.  71.  p.  281.  1875;  7S.  p.  433.  1S76. 

5)  E.  Wiedemann,  Fortschr.  d.  Phys.  82.  p.  206.  1876. 

6)  Warburg,  Pogg.  Ann.  159.  p.  403.  1876. 

7)  Holman,  Proc.  Am.  Acad.  12.  p.  41.  1876;  21.  p.  1.  1886. 

8)  Na  vi  er,  M6in.  Ac.  Roy.  de  Sc.  9.  p.  336.  1830. 

9)  Guthrie,  Phil.  Mag.  (5)  6.  p.  433.  1878. 

10)  Reynolds,  Roy.  Inst,  of  Great  Brit  1884.  p.  1;  Beibl.  10. 
217.  1886. 

11  j  Hoffmann,  Wied.  Ann.  21.  p.  470.  1884. 


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Zähiykeit  der  ^^^/jpQ^  ^  ^ 

metrischen  Zwecken  verwendbar  werden,  so  ist  es  geboten, 
das  Temperaturintorvall  über  300°  hinaus,  soweit  als  mög- 
lich in  das  Gebiet  der  Weissglühhitze  hinein,  auszudehnen. 
Man  muss  eben  versuchen,  einerseits  die  Molecularaggre- 
gation1),  andererseits  die  Dissociation  vermeidend,  dem  Zu- 
stand des  vollständigen  Gases  näher  zu  kommen.  Diese 
Aufgabe  habe  ich  mir  gestellt 

n.   Transpirationen,  welche  dem  Poiseuille-Meyer'schen 

Gesetz  genügen. 

Apparate. 

3.  Die  grosse  Vollkommenheit,  welche  Prof.  R.  H.  Ri- 
chards *)  in  seinen  hydraulischen  Saugapparaten  erreicht 
hat  liesse  die  Anwendung  derselben,  z.  B.  wie  durch  Hol- 
man,  bei  Versuchen  dieser  Art  als  wünschenswerth  er- 
scheinen. Ich  zog  es  jedoch  vor,  mit  Quecksilberüberdruck 
zu  arbeiten,  hauptsächlich  deswegen,  weil  sich  dadurch  ab- 
solute Bestimmungen  leichter  ausführen  lassen,  und  weil  man 
im  Stande  ist,  die  Gasmasse  sowohl  vor  dem  Eintritt,  wie 
nach  dem  Austritt  aus  der  Capillare  zu  messen.  Es  lässt 
sich  also  über  den  Verlauf  des  ganzen  Versuches  eine  Ueber- 
sicht  erzielen. 

In  meinem  Apparate  tritt  das  Gas  bei  einem  gegebenen 
constanten,  zwischen  1  bis  2  Atmosphären  gelegenen  Druck 
ein  und  fliesst  nahezu  bei  Atmosphärendruck  ab.  Der  Ap- 
parat selbst  hat  Aehnlichkeit  mit  der  Quecksilberluftpumpe 
und  besteht  wesentlich  aus  zwei  grösseren,  mit  starkem 
Schlauch  verbundenen  Behältern.  Von  diesen  war  dem  einen 
(Gasbehälter)  eine  feste,  mittlere  Lage  gegeben.  Der  andere 
Hess  sich  an  demselben  Stativ  auf  und  nieder  bewegen  und 
in  beliebiger  Lage  tief  oder  hoch  befestigen.  Ist  der 
feste  Recipient  mit  trockenem  Gas  gefüllt,  enthält  der 
obere  Recipient  hingegen  eine  auf  dieses  Gas  drückende 
Quecksilbermasse,  so  fliesst  das  Gas  bei  geöffneten  Hähnen 


1)  Natanson,  Wied.  Ann.  83.  p.  683.  18»8. 

2)  R.H.  Richards,  Amer.  Jonrn.  m  S.  p.  200.  1S7<>;  Trans.  Amer. 
Inst.  Mining  Engineers  6.  p.  492.  1879. 


des  ersteren  durch  die  Capillare  unter  messbaren  Bedin- 
gungen aus.  Es  ist  indess  nöthig,  hier  auf  einige  wichtige 
Einzelheiten  aufmerksam  zu  machen.  Zuerst  handelt  es 
sich  darum,  den  Druck  hinlänglich  constant  zu  erhalten. 
Zu  diesem  Zwecke  fungirt  der  obere  Behälter  als  Ma- 
riotte'sche  Flasche  besonderer  Art;  während  das  Queck- 
silber durch  den  U-förmig  hängenden  Schlauch  langsam,  fast 
tropfenartig  vom  Scheitelpunkt  des  unteren  Recipienten  in 
denselben  hineinfällt.  Das  untere  Niveau  der  Säule  bleibt 
daher  bis  zur  Grasentleerung,  resp.  Quecksilberfüllung  genü- 
gend constant.  Der  Gebrauch  der  Mariotte'schen  Flasche 
bei  schwerer  Flüssigkeit  erheischt  grössere  Vorsicht.  Indessen 
lässt  sich  dieselbe  doch  verwenden,  wenn  man  die  verticale, 
in  die  Flüssigkeit  eintauchende  Röhre  unten  capillar  aus- 
zieht, sehr  schräg  und  scharf  abschleift,  dass  die  Luft  ge- 
wissermassen  durch  einen  feinen  seitlichen  Spalt  in  ganz 
kleinen  Bläschen  tönend  hineintritt.  Besser  noch  bewährt 
sich  eine  Anzahl  solcher  Risse  von  gleicher  Höhe. 

Um  die  Constanz  des  Druckes  im  Gasbehälter  zu  con- 
troliren,  resp.  den  Druck  zu  messen,  ist  daselbst  ein  offenes, 
mit  Kathetometer  abzulesendes  Quecksilbermanometer  ange- 
bracht. Auch  sind  Sperrvorrichtungen  vorhanden,  vermittelst 
welcher  der  besagte  Behälter  nach  der  Entleerung  wieder 
mit  getrocknetem  Gas  gefüllt  werden  kann,  während  das 
Quecksilber  zur  Mariotte'schen  Flasche  zurückfliesst.  Der 
Versuch  kann  also  beliebig  oft  wiederholt  werden;  zugleich 
tiiesst  bei  jedem  Versuche  das  in  dem  unteren  Behälter  ent- 
haltene Luftquantum,  resp.  ein  bestimmter  Theil  desselben 
bei  bekannten  Druck-  und  Temperaturverhältnissen  durch 
die  Capillare. 

Es  wäre  noch  der  Lage  des  Thermometers  etc.  im  Gas- 
behälter zu  gedenken.  Doch  kann  ich  die  weitere  Beschreibung 
des  dem  arbeitenden  Physiker  leicht  verständlichen  Apparates 
übergehen.  Ich  füge  noch  hinzu,  dass  nach  vollendeter  Con- 
struction Druckänderungen  sich  kaum  mehr  am  Manometer 
nachweisen  Hessen.    (Vgl.  die  Tabellen.) 

4.  Von  grösserem  Belang  ist  die  Beschreibung  des 
Capillarapparates.  Derselbe  ist  in  den  Figuren  1  und  2  in 
Vertical-  und  Horizontalschnitt  dargestellt.   Stativ  und  der- 


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Zähigkeit  der  Gast 


gleichen  sind  weggelassen.  Vorausschicken  möchte  ich,  wie 
bereits  angedeutet,  dass  man  den  Apparat  zur  Ausführung 
der  Zähigkeitsmessungen  in  dreierlei  Weise  gebrauchen  kann: 
1.  durch  Ermittelung  der  Ausflusszeit  gegebener  Volumina 
Gas  im  Gasbehälter  durch  die  Capiüare  (Messungen  vor  der 
Capillare);  2.  durch  Ermittelung  der  Volumina,  welche  in 
gegebenen  Zeiten  die  Capillare  verlassen  (Messungen  hinter 
der  Capillare);  3.  durch  Differentialmessungen,  gleichzeitig 
bei  je  zwei  Temperaturen.  Von  diesen  Methoden  ist  die 
erste  im  allgemeinen  nicht  so  bequem  wie  die  zweite,  weil 
die  Volumina  im  Behälter  gross  sind,  und  bei  hohen  Tem- 
peraturen die  Zeiten  enorm  anwachsen  können  (5  Stunden). 
Ich  habe  mich  daher  hauptsächlich  der  zweiten  Methode 
bedient,  während  die  erste  und  dritte  zur  Controle  herbei- 
gezogen wurden. 

Das  durch  den  Hahn  k  (Fig.  1  und  2)  ankommende 
comprimirte  Gas  durchfliesst  die  Röhre  y,  dann  die  spiral- 
förmig zu  einer  Spule  gewundene  Platincapillare  1  und  wird 
beim  Ausfliessen  in  der  in  die  pneumatische  Wanne  MM 
tauchende,  mit  Wasser  gefüllten  graduirten  Röhre  ////  auf- 
gefangen. Diese  Röhre,  in  welcher  das  zwischen  Oeffnen  und 
Schliessen  des  Hahnes  k  ausgeflossene  Gas  zu  messen  ist, 
hat  ca.  50  ccm  Inhalt.  Vor  Ablauf  der  Beobachtung  saugt 
man  vermöge  des  Hahnes  O  Wasser  aus  der  Wanne  MM 
io  die  Röhre  ////  bis  zur  Füllung  hinein,  und  der  Versuch 
kann  dann  von  neuem  beginnen.  Um  Temper aturconstanz 
zu  erzielen,  ist  ////  mit  einer  Glasröhre  iiii  umgeben,  in 
welche  möglichst  schnell  circulirendes  Wasser  aus  der  Was- 
leitung  bei  p  eintritt  und  bei  X  wieder  ausfliesst.  Am  Anfange 
ist  natürlich  auch  iiii  mit  Wasser  zu  füllen.  Dazu  dient 
das  schlies8bare  Seitenrohr  y.  Es  läest  sich  bewerkstelligen, 
dass  selbst  bei  heftiger  WeisBgluth  der  Capillare  /  sich  die 
Temperatur  des  Wassers  in  iiii  kaum  merklich  ändert. 
Asbestschirme  werden  trotzdem  möglichst  zweckmässig  an- 
gebracht 

5.  Die  Capillare  /  besteht  aus  zwei  oder  mehreren 
ziemlich  eng  nebeneinander  gewundenen  Platinröhren  bb,  wie 
dies  in  Fig.  3  schematisch  angedeutet  ist.  Jedoch  ist  die 
Spule  hohl,  um  den  feuerfesten  Thonisolator  i  des  Thermo- 


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304 


C.  Bams. 


dementes  aß  knapp  aufnehmen  zu  können.  Der  untere  Theil 
des  Spulencanals  c  ist  mit  Asbestwolle  verstopft.  Die  vor- 
deren Enden  der  Capillare  sind  in  einen  in  die  kalte  Glas- 
röhre g  eingekitteten  Messingcylinder  h  eingelöthet  Ferner 
sind  die  durch  die  Blech  wand  des  Troges  MM  tretenden 
Theile  der  Capillare  an  der  Innenseite  angelöthet  Man 
muss  sich  aber  sorgfältig  davor  hüten,  dass  kein  Loth  auf 
die  zu  erwärmenden  Theile  der  Capillare  kommt  Sonst  wird 
dieselbe  beim  Erhitzen  zerstört  Ueberhaupt  erheischt  das 
Löthen  die  allergrösste  Vorsicht,  damit  die  Canäle  nicht 
beschädigt  werden. 

Die  Herstellung  der  Capillaren  ist  mit  Schwierigkeiten 
verknüpft.  Für  Kupferröhren  ist  bereits  von  Regnault1)  ein 
Verfahren  angegeben,  dessen  man  sich  mit  Erfolg  bedienen 
-  kann.  Es  werden  dicke  Kupferstäbe  der  Länge  nach  durchbohrt 
und  in  die  weite  Durchbohrung  Wood'sches  Metall  gegossen. 
Man  rollt  und  zieht  dann  die  Stäbe  zu  feinen  Drähten 
aus  und  schmilzt  schliesslich,  zugleich  unter  Druck,  das 
leicht  flüssige  Metall  aus  dem  feinen  Canal  heraus.  Die  so 
erhaltenen  Röhren  sind  oft  gut,  doch  misslingen  die  Versuche 
leicht  bei  irgendwie  schief  laufendem  Zug. 

Platin-  und  Silbercapillaren  läset  man  sich  zweckmässiger 
von  geschickten  Platinkünstlern  direct  ziehen.  In  folgender 
Tabelle  habe  ich  die  Dimensionen  der  von  mir  gebrauchten 
Röhren  zusammengestellt.  Es  sind  dies  Stücke  der  etwa  in 
150  cm  Länge  gezogenen  Capillaren. 

Nr.  Länge   Aeusserer  Radius  Innerer  Radius 


CID  Ctll  CID 

1  51  0,057  0,026 

2  43  0,057  0,028 

3  41  0,057  0,028 

4  44  0,057  0,028 

5  51  0,057  0,026  etc. 


Solche  Röhren  lassen  sich  dann  durch  weiteren  Zug. 
inwendig  und  auswendig  beliebig  verjüngen.  Darüber  geben 
die  Tabellen  weiteren  Aufschluss. 

Es  sei  hier  noch  einiges  über  den  Differentialapparat 

(Fig.  2)  erwähnt.    Derselbe  hat  Aehnlichkeit  mit  dem 

  < 

1)  Regnault,  Relat.  des  Experiences  1.  p.  264.  1847. 


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Zähigkeit  der  Gase. 


365 


Differentialgalvanometer.  Es  werden  unter  sonst  identi- 
schen Umständen  die  Transpirationsvolumina  durch  zwei 
nebeneinander  liegende  Capillarspulen,  von  denen  die  eine 
heiss,  die  andere  kalt  erhalten  wird,  beobachtet  Ein 
Seitenrohr  vi'  der  Röhre  gh  führt  zur  kalten,  von  dem 
Wasser  des  Troges  MM  umspülten  Capillare  1'.  Die  Mess- 
röhre ist  in  angegebener  Weise  mit  dem  Wassercylinder  i "i 
umgeben.  Im  allgemeinen  sind  die  Capillaren  /  und  1'  nebst 
pneumatischem  Zubehör  so  weit  wie  möglich  identisch. 

7.  Schliesslich  sind  die  Erhitzungsmethoden  der  Capil- 
lare 1  zu  erwähnen.  Zur  Erhaltung  niedriger  Temperaturen 
umspült  man  /  mit  kaltem  Wasser  aus  der  Wasserleitung.  Die 
Temperatur  100°  wird  durch  einen  in  einer  schlechtleitenden 
Röhre  rasch  circnlirenden  Dampfstrom  gegeben.  Sehr  constante 
Temperaturen  bei  etwa  1000°  erhält  man  durch  Erhitzung 
der  Platinspirale  in  einem  mit  Schornstein  versehenen  Bun- 
sen 'sehen  Brenner.  Durch  Einführung  eines  regelmässigen 
Luftgebläses  kann  man  die  Temperatur  bis  1300°  und 
darüber  steigern.  In  diesen  Fällen  ist  die  Spirale  /  mit 
einem  cylindrischen ,  hinten  eingeschnittenen  Asbestschorn- 
stein zu  umgeben.  Denselben  erhält  man,  indem  man 
durchnässte  Asbestpappe  um  einen  Holzcylinder  rollt  und 
trocknen  lässt.  Ueberhaupt  sind  dicke  Asbestschirme  üben^l 
zweckmässig  anzubringen.  Die  directe  Erhitzung  der  Spirale 
ist  verwerflich.  Ich  habe  sie  daher  mit  einer  cylindrischen 
Umhüllung  von  Glimmer  versehen,  wodurch  unter  anderem 
auch  die  Constanz  der  Temperatur  innerhalb  der  Platinmasse 
bedeutend  befördert  wird. 

Grosse  Schwierigkeiten  hingegen  ergaben  sich  bei  der 
Herstellung  genügend  constanter  Temperaturen  zwischen  300 
und  1000°.  Nach  vielen  vergeblichen  Versuchen  verwandte 
ich  schliesslich  mit  Erfolg  die  Luftsäule  im  Cylinder  einer 
gewöhnlichen  A  rgand'schen  Petroleumlampe.  In  Fig.  1  ist 
bei  N' N'  die  Lage  dieses  Cylinders  (Schornsteins)  ange- 
deutet. Je  höher  man  im  Cylinder  beobachtet,  um  so  ge- 
ringer werden  die  Temperaturen,  während  die  Constanz  einer 
gegebenen  Zone,  nachdem  einmal  die  Lampe  völlig  erwärmt 
ist,  sich  für  die  vorliegenden  Zwecke  befriedigend  erweist.  Für 
niedere  Temperaturen  wird  man  also  neben  der  Verkleine- 


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366 


C.  Barus, 


rung  der  Flamme  den  Cylinder  durch  Anfügung  weiterer 
verticaler  Glasröhren  beliebig  verlängern.  Für  höhere  Tem- 
peraturen umwickelt  man  die  tiefer  gelegenen  Zonen  mit 
Asbestpapier.  Geschieht  dies  allzunahe  der  Flamme,  so 
schmilzt  der  Cylinder  sogar  zusammen.  Folgende  Angaben 
der  Temperaturen  (0)  der  inneren  Luftsäule  bei  verschiede- 
nen mittleren  Höhen  (Ä)  über  der  Flamme  wird  das  Gesagte 
erläutern: 


h 

18 

18 

18 

Zeit 

0 

7 

14 

0 

414 

416 

421 

h 

17 

6 

6 

Zeit 

10 

20 

8 

669 

681 

685 

h 

11 

11 

17 

Zoit 

25 

30 

40 

n 

904 

904 

825 

18  cm  | 
21  m  \ 

123  0  I 


Kleine  Flamme. 

423 


6  cm  1 

30  m    \  Grössere  Flamme. 
695  0  J 

17        6  6  cm  | 

60      63  69  m      Grosse  Flamin?. 

.S25     956  956°  I 


Ausser  dem  Vortheil  eines  grösseren  Temperaturinter- 
valles  ist  noch  der  zu  erwähnen,  dass  man  es  hier  mit  einem 
Luftbad  zu  thun  hat.  Bei  höheren  Temperaturen  ist  Gefahr 
vorhanden,  dass  bei  director  Flammenerhitzung  Gase  des 
Brenners  durch  das  glühende  Platin  driogen  (s.  w.  u.). 

8.  Zur  Temperaturmessung  bediente  ich  mich  eines 
oder  mehrerer,  direct  mit  dem  Porzellanluftthermometer  ver- 
glichener Thermoelemente  aus  Platin  und  Platiniridium. 
Leider  muss  ich  auf  eine  eingehende  Beschreibung  der  Aus- 
führung dieser,  für  die  vorliegende  Arbeit  hochwichtigen  Auf- 
gaben verzichten.1)  Ich  bemerke  nur,  dass  die  von  mir  ge- 
brauchten Porzellanballons  am  Boden  eingestülpt  sind,  und 
zwar  so,  dass  sich  eine  enge  cylindrische  (Durchmesser  0,6  cm), 
in  den  Ballon  hineinragende,  innen  geschlossene  Porzellan- 
röhre bildet.  In  diese  wird  das  Thermoelement  gesteckt, 
wodurch  die  Löthstelle  nahe  dem  Centrum  des  Ballons  zu 
liegen  kommt.  Als  Isolatoren  für  die  Drähte  dienen  lange, 
dünne  Stäbe  aus  feuerfestem  Thon  (Durchmesser  0,45  cm), 
innerhalb  welcher  zwei  parallele,  die  Platindrähte  onthal- 


1)  Das  in  Kürze  erscheinende  Bulletin  der  U.  S.  Geological  Survey. 
Nr.  54.  über  die  Messung  hoher  Temperaturen,  wird  über  besagte  und 
verwandte  Gegenstände  ausführlichen  Bericht  ertheilen. 


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Zähigkeit  der  Gase. 


367 


tende  Canäle  in  der  Längsrichtung  laufen.  Ferner  ist  der 
Ballon  von  einer  sphärischen,  rotirenden,  feuerfesten  Muffel 
umgeben,  durch  deren  Hohlraum  einerseits  die  aussen  fest- 
geklemmten Isolatoren,  andererseits  der  ebenfalls  aussen 
festgeklemmte  Stiel  des  Luftthermometers  hindurchgehen. 
Schliesslich  ist  die  Muffel  mit  den  dicken  Thonwänden  des 
nahezu  sphärischen  Ofens  umgeben.  Zwei  kräftige,  parallele, 
jedoch  nach  der  Art  eines  Kräftepaares  in  den  Ofen  ein- 
gesetzte, mit  Gebläse  gespeist«  Gasbrenner  blasen  in  ein 
um  die  Verticale  rotirendes  Flammenrohr.  In  diesen  Wirbel 
taucht  dann  die  Muffel  bei  ihrer  Rotation  um  die  Horizontale 
bis  über  die  Hälfte  hinein.  Es  ergibt  sich  auf  diese  Weise 
eine  befriedigende  Temperaturconstanz ,  die  von  niederen 
Werthen  (200°)  bis  zur  heftigen  Weissgluth  gesteigert  wer- 
den kann. 

Man  erhält  so  zwischen  Luftthermometer  und  Thermo- 
element über  sehr  grosse  Intervalle  ausgedehnte  Temperatur- 
rergleichungen,  die  bei  verschiedenen  Reihen  von  Beobach- 
tungen sehr  gut  untereinander  übereinstimmen. 

Zu  bemerken  ist  noch,  dass  die  Data  wiederholt  mit 
hohen  Siedepunkten  (Zink  und  dergl.)  controlirt  wurden. 

Berechnung. 

9.  Die  auf  vorliegende  Arbeit  bezüglichen  Gleichungen 
hat  Hr.  0.  E.  Meyer1)  in  zwei  Formen  gegeben.  Man  hat 
erstens: 

wo  u  die  Geschwindigkeit  eines  Gastheiichens  im  Abstände 
t  *on  der  Axe  einer  Capillare,  von  der  Länge  L  und  dem 
inneren  Radius  R  bedeutet;  P  und  p  die  an  den  Enden 
wirkenden  Drucke,  tj  die  Zähigkeit,  J  der  Gleitungscoeffi- 
cient  des  Gases  sind.  Die  zweite  Form  folgt  durch  In- 
tegration aus  der  ersten  und  ergibt  als  neue  Variable  das 
Gasvolumen  Vl ,  welches  durch  irgend  einen  Querschnitt  der 
Rohre  unter  dem  Drucke  p  in  der  Zeit  t  transpirirt.  Dem- 
nach ist: 

1)  0.  E.  Meyer,  Pogp.  Ann.  127.  p.  269.  1*66. 


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368  C  Bants. 

Soll  diese  Gleichung  zu  absoluter  Bestimmung  des  r, 
benutzt  werden,  so  hat  man  zu  beachten,  dass  (Pi  —  p*)IPi 
gewöhnlich  in  Quecksilberhöhen  ausgedrückt  wird ;  dass 
folglich  der  Factor  8g,  wo  S  die  Dichte  des  Quecksilbers, 
der  rechten  Seite  von  (1)  beizufügen  ist.  Dann  ergibt  sich 
für  ay,  vermittelst  (2)  berechnet,  die  Dimension  [mMT*-1], 
also  identisch  mit  dem  Maxwell'schen  i?  =  0,318  gS2L  der 
kinetischen  Gastheorie.  Ferner  zeigt  (2),  dass  die  Dimension 
des  £  linear  ist,  wie  ebenfalls,  da  £  vermuthlich  der  mittleren 
freien  Weglänge  proportional  sein  muss,  aus  der  Gastheorie 
folgt.  Sollen  die  Gleichungen  (1)  und  (2)  auf  die  Tempe- 
ratur im  Anfangsquerschnitt  Bezug  haben,  so  ist  zu  beach- 
ten, dass  />  =  A(>(1  -f  ccö)>  worin  p  die  Dichte,  6  die  Tem- 
peratur bedeuten,  welche  dem  Druck  p  entsprechen,  und  ä,  a 
die  Constanten  des  Boy le- Char les'schen  Gesetzes  sind. 
Noch  zu  bemerken  wäre,  dass  bei  der  Ableitung  von  (1)  und 
(2)  p  und  q  unabhängig  von  r,  rt  unabhängig  von  P  ange- 
sehen werden;  ferner  ist  vorausgesetzt,  dass  die  Differential- 
quotienten von  m*  und  dujdx,  also  udujdx,  diu/dxi,  dlujdrdrr 
wo  x  längs  der  Axe  gemessen  wird,  der  Null  sehr  nahe 
kommen.  Die  Bedingungen  erfordern  also  ein  möglichst 
langsames,  ruhiges  Fliessen.  Analoge  Gleichungen  gelten  bei 
elliptischen  Querschnitten. 

10.  Die  Gleichung  (2)  ist  nur  für  den  Fall  obiger 
Apparate  anzuwenden,  in  welchen  die  kurzen  Enden  der 
Capillare  gewöhnlich  eine  niedrigere  Temperatur  als  die 
mittleren  Theile  besitzen.  Ich  will  hier  gleich  einfügen, 
dass  ein  Apparat,  in  welchem  die  ganze  Capillarlänge  die- 
selbe Temperatur  haben  soll,  nicht  schwer  zu  ersinnen  ist 
Man  muss  zu  diesem  Zwecke  die  Enden  der  Capillarröhre 
in  Platinröhren  von  verhältnissmässig  grossem  Durchmes- 
ser einfügen.  Dabei  erzielt  man  etwa  dasselbe,  wie  bei 
bei  Löthung  eines  dünnen  Widerstandsetaions  an  dicke 
Kupferelectroden.  Ein  solcher  Platincapillarapparat  würde 
sich  aber  zu  den  Zwecken  dieser  Arbeit  gar  nicht  eignen. 
Man  will  hier  eben  die  Möglichkeit  behalten,  die  Capil- 
laren  in  Bezug  auf  Caliberlänge  und  Zahl  derselben  im 


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Zähigkeit  der  Gase. 


369 


im  Bündel,  ohne  zu  grosse  Mühe  abändern  zu  können,  was 
bei  einem  Apparat  von  vollendeterer  Construction  nur  unter 
grossem  Zeitverlust  und  Kostenaufwand  möglich  wäre.  Für 
eine  in  das  schwierige  Thema  dieser  Arbeit  einführende 
Untersuchung  ist  also  der  obige  Apparat  (Pig.  1  u.  2)  ganz 
besonders  geeignet,  und  es  handelt  sich  nur  darum,  die 
Oorrectionen  wegen  Temperatur  ebenfalls  an  den  Enden  an- 
zubringen. 

Es  mögen,  wie  oben,  Ä,  Z,,  0,  /,  Radius,  Länge,  Tempe- 
ratur und  Zeit  bedeuten.  An  der  Stelle  einer  einzigen 
bat  man  nunmehr  drei  ineinander  laufende  Capillaren  von  der 
Länge  /'/"/'",  wobei  L  =  V  +  /"  /"'.  Indem  man  die  übri- 
gen Variablen  in  gleicher  Weise  accentuirt,  ergibt  sich  fol- 
gendes Schema: 

P,  V\R\    0',  t'  ,/  etc.,   p  V",  R",  /",  0",  t"  ti", 
p"  V"\R"\l"%Ö"\t'",rr  etc/>. 
Nun  ist  aber  /'  und  /"'  klein  gegen      ebenfalls  Ö'  und 
0"'  klein  gegen  6".    Ferner  ist  bei  obigem  Apparate  ein- 
facher R'  a  R'"  =  R\  j/  =  »/"  =      6'  =  d  "  -  6.  Schliesslich 
ist  V  q"=  \"'<>''=  Vq\  f"  =  t  Die  Anwen- 

dung der  Me y er' sehen  Gleichung  ergibt  also: 

|       /V  -  Vk  9  (1  +  aö)      \^^)  (V  +  n 
u  I  _!_+« «r         V'   _  ,«1 

Setzt  man  dann  R"  =  Ä0"(l  +  ßd")  und  Ä  =  Ä0,  so  ist 
schliesslich: 


(4) 


I  lie  j>  vi'  i  +  4;!ß\Ra)  r  j  i +"«»••  V"  ' 
Diese  Gleichung  lässt  sich  für  jeden  specieUen  Fall  wu» 
ter  vereinfachen.  In  obigem  Apparat  ist  R0"  =  Ä.  Es  ist 
daher  nothwendig,  (/'+/'")//"  klein  zu  machen,  oder  sonst 
i'  und  V"  möglichst  genau  zu "  messeta.  Ich  habe  durch 
den  Gebrauch  stark  fliessenden  Wassers  in  der  angegebenen 
Weise  die  heissen  und  kalten  Theiie  der  Capillare  nahe  bei- 
a Wen  Ue$ej4  ein/jigen.  könne.n.  Au<0>,  ißt 9  Wein/gegen  v", 
W\,  grosse  Temper^urinferyalle  zur ,  Anwendung,  korn^r* 

Aia.  1  Ptaji.  a.  Ch*n.  N.  P.  XXXVI.  24 


370  C.  Bants. 

» 

Ich  bemerke  dabei,  dass  infolge  des  Factors  (R0"  IR0)4  man 
das  Correctionsglied  durch  Anwendung  von  Endröhren  von 
grösserem  Durchmesser  sehr  rasch  zum  Verschwinden  bringen 
kann.  Ist  6  =  0",  also  =  r; " ,  so  fallt  (4;  mit  (2)  zusammen, 
angenommen  natürlich,  dass  Ä0"  =  i?0  sei. 

11.  Ich  will  hier  noch  in  kürze  den  analogen  Fall  für 
den  Differentialapparat  §  6  berühren.  Für  die  heisse  Capil- 
lare  hat  man  obige  Gleichung  (4);  für  die  kalte  Capillare 
hingegen  einfacher  (bei  entsprechender  Bezeichnung): 

1  +4C/£e"  ~H     P  VeLt> 
wodurch  nahezu: 

_  J 

l  +  4r"/Ä" 


(5) 


Sind  die  beiden  Spiralen  identisch  in  Bezug  auf  Caliber 
und  Länge,  sind  ferner  (erster  praktischer  Fall)  die  Zeiten 
einander  gleich,  also  /  =  te.  L  =  Lei  R0"  «  R0  =  Jic,  dann  ist: 

^   r-~  -  n~?w  -T_(r_n^_.  (1  +  £  0 

Andererseits,  falls,  wie  oben,  Ä0"  =  i?0  = /?e ,  Z.  =  Z.C; 
wobei  aber  (zweiter  praktischer  Fall)  dieselben  Volumina  in 
den  Zeiten  t  und  fe  transpiriren,  gilt  ähnlich: 


*  * 

"i  +  «ö"  i  -<r  +  o/z.  *     •     '  • 


1 

Ist  0  —  d'\  so  ergibt  sich  aus  (5)  eine  einfache  Relation 
für  das  Radienverhältniss.    Ist  t=ic,  so  gilt: 

(8)  (Ä"/Ä)4-  VL\VtLc, 

ein  oft  brauchbares  Resultat. 

Beobachtungen. 

12.  Anfangs  habe  ich  die  (grossen)  Gasvolumina  vor  dem 
Eintritt  in  die  Oapillare  gemessen,  in  der  Folge  jedoch 


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Zähigkeit  der  Gase. 


371 


zweckmässiger  kleinere  Volumina  nach  dem  Austritt  aus 
der  Capillare  bestimmt.  Die  Einzelheiten  der  Manipulation 
mass  ich  hier  übergehen,  obgleich  sich  manches  beachten*, 
werthe  dabei  ergab. 

Die  angewandten  Grase,  Luft  und  Wasserstoff,  wurden  in 
gewöhnlicher  Weise  durch  Schwefelsäure  und  Chlorcalcium 
getrocknet.  Wasserstoff  entnahm  ich  einem  geräumigen  Gaso- 
meter. Von  einer  weiteren  oder  vollständigeren  chemischen 
Reinigung  dieser  Gase  habe  ich  abgesehen.  Es  kommt  mir 
einstweilen  nur  darauf  an,  die  Möglichkeit  eines  identi- 
schen Gesetzes  bei  zwei  genügend  verschiedenen  permanenten 
Gasen  experimentell  zu  prüfen,  andererseits  auch  in  die  Ver- 
suche selbst  eine  weitgehende  Variation  hineinzubringen.  Dies 
wird  eben  bei  dampffreien  Gasen  irgend  welcher,  voneinander 
verschiedener  Art,  deren  Eigenschaften  man  vor  jeder  Ver- 
suchsreihe bestimmt,  erreicht. 

13.  Bezüglich  der  Nomenclatur  in  den  Tabellen  halte 
i<h  mich  an  den  vorausgehenden  Abschnitt.  Es  sei  noch 
folgendes  erwähnt: 

P  ist  der  Druck,  unter  welchem  das  Gas  in  die  Capil- 
lare eintritt,  also  die  Normalhöhe  des  Quecksilbers  im  Ma- 
nometer, vermehrt  um  den  corrigirten  Barometerstand. 

p  ist  der  Druck,  unter  welchem  das  Gas  die  Capillare 
verlässt ;  also  gleich  dem  Barometerstand  vermehrt  um  den 
Quecksüberwerth  der  Tiefe  der  capillaren  Ausflussröhren, 
unter  dem  Wasserniveau  im  Trog  (Fig.  1).  Es  wäre  noch 
cine  Correction  wegen  Capillarreaction  des  Wassers  gegen 
die  Blasenbildung  an  der  Röhrenöffnung  anzubringen.  Da 
sich  diese  schwer  bestimmen  Hess,  zog  ich  es  vor,  P  so  gross 
zu  wählen,  als  es  sich  mit  einer  hinreichend  langsamen 
Strömung  vereinbaren  Hess. 

t,  das  Zeitintervall,  welches  dem  Gasvolumen  V0  ent- 
spricht, ist  gewöhnlich  nahezu  constant  zu  wählen.  Oeffnung 
und  darauffolgende  Schliessung  des  Hibnes  k  (Fig.  1),  durch 
welche  t  bestimmt  wird  (mir  stand  ein  gutes  Bröcking'sches 
Chronometer  zu  Gebote),  lässt  sich  wohl  mit  einem  Fehler, 
der  0,2  Secunden  nicht  übersteigt,  bewerkstelligen. 

V0.  das  Volumen  des  trockenen  Gases,  welches  bei  Normal- 
druck (76  cm)  und  0°  C.  abfliesst,  ist  die  eigentliche  Variable 

24* 


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1 


872  C.  Bams. 

dieser  Versuche.  Zur  Reduction  der  nass  gemessenen  Volu- 
mina V  auf  Kuli  und  Trockenheit  eignen  sich  die  Landoldt- 
Börn  stein 'sehen  Tabellen  vortrefflich,  wobei  zu  beachten 
ist,  dass  das  beobachtete  V  unter  Atmosphärendruck  ver- 
mindert um  den  Quecksilberwerth  der  übrigbleibenden 
Wassersäule  in  ////,  Fig.  1,  gemessen  wird.  Auch  ist  eine 
Correction  wegen  LöBlichkeit  des  Gases  im  Wasser  anzu- 
bringen, welche  bei  Luft  und  lufthaltigem  Wasser  zu  ver- 
nachlässigen ist,  bei  Wasserstoff  aber  2  Proc.  betragen  kann. 
Nun  wird  in  der  Gleichung  (4)  V  bei  gegebenem  6  und  p 
verlangt.  Falls  man  daher  V  tabellarisch  auf  V0  reducirt, 
so  ist  es  bequem,  die  genannte  Gleichung  in  die  folgende 
angenäherte  Form  umzuwandeln: 

1+4C  "/Ä"~|16     76      F0   /"       l  +  4;!R\Rj     7"  Jl+«6>r' 

worin  auf  ein  kleines  0  Rucksicht  genommen  ist. 

Schliesslich  ist  V  wegen  der  residuellen  Luft  in  dem 
Rohr  yh  (Fig.  1)  und  der  Schliessung  zu  corrigiren.  Vorerst 
ist  natürlich  gk  durch  Einführung  eines  Glasstabes  und  der- 
gleichen zu  verkleinern.  Es  sei  nun  v  das  Restvolumen  in  gh\ 
ferner  entspreche  Fder  Zeit  /  zwischen  Oeffnen  und  Schliessen 
des  Hahnes  k.  Bei  der  Beobachtung  misst  man  also  factisch 
a  =  V+  v.  Hätte  man  in  der  Zeit  t  den  Hahn  n  einmal  ohne 
Zeitverlust  geöffnet  und  geschlossen,  so  würde  A  =  F-fnrf 
abgelesen  werden.  Also  ist  b  —  a  =  (n  —  aus  welcher 
oder  analogen  Gleichungen  man  v  bestimmt. 

0  ist  die  Temperatur  der  kalten  capillaren  Enden  und 
des  Wassers  im  Trog,  gemessen  durch  ein  in  denselben  ein- 
tauchendes Thermometer. 

6",  die  Temperatur  des  heissen  Theils  der  Capülare, 
welche,  wie  bereits  angeführt,  thermoelectrisch  gemessen 
wird.  Hierüber  wird  weiteres  der  jedesmaligen  Tabelle 
vorausgeschickt.  Ich  habe  eben  meine-  Versuche  duxcli  all- 
mähliche Verbesserung  der  0",- Messung  vervoll konuqnen 
müssen.  lt  .if.-v.«.,,  ,i.      •  . 

Die  Messung  yon  R  verursacht  endlich ,  die  gröbsten 
Schwierigkeiten.  Man .  hat  es  nämlicfr  mit  undurchsichtigen 
Oapillarea  zu  thun.   In  einige»;  frühecen^  VersucireiM M>e 

I!. 


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Zähigkeit  der  Gase. 


373 


ich  allerdings  mit  Quecksilber  gefüllt  und  die  Faden  gewogen. 
Spater  hielt  ich  es  für  gefahrlich,  Quecksilber  in  die  Metall- 
rohren zu  bringen.  Ich  habe  daher  den  äusseren  Radius 
mit  der  Mikrometerschraube  gemessen  und  danach  aus 
Wägungen  den  inneren  Radius  berechnet  Dies  ist  jedoch 
eine  rohe  Methode,  insbesondere  da  R4  in  die  Formeln  ein- 
tritt In  der  Folge  habe  ich  mich  überzeugt,  dass  R  wohl 
am  besten  sich  durch  Transpiration  bestimmen  lässt,  indem 
man  eine  durchsichtige  Glascapillare  von  bekannter  Innen- 
weite (deren  Bestimmung  sich  ja  genau  ausführen  lässt)  mit 
der  PlatincapiUare  vermöge  des  Differentialapparates  §  6,  11 
vergleicht.    Auch  lässt  sich  R  volumenometrisch  messen. 

Es  sind  also  meine  absoluten  Werthe  von  »/'  und  ;/0  mit 
dem  grossen  Fehler  des  R  behaftet.  Da  dieser  aber  über- 
all gieichmässig  auftritt,  kommt  darauf,  soweit  es  meine 
Hauptzwecke  betrifft,  weniger  an.  Ich  bezweifle  überhaupt, 
ob  man  mit  Metallcapillaren  scharfe  absolute  Werthe  er- 
reichen kann ;  denn  der  Radius  wird  niemals,  weder  in 
jedem  Querschnitt,  noch  der  Länge  nach,  identisch  sein.  Das 
für  hohe  Temperaturen  nothwendige  Aufrollen  der  Röhren 
verursacht  Verflachung  in  radialer  Richtung.  Auch  kann 
man  nicht  sicher  sein,  ob  sich  nicht  im  Innern  hier  und  da 
beim  Zug  feine  Metallfasern  losgelöst  haben,  die  den  Canal 
etwas  verengen.  Dadurch  werden  aber  die  relativen  Werthe, 
und  besonders  die  im  Auge  zu  behaltenden  pyrometrischen 
Anwendungen,  wenig  beeinträchtigt. 

14.  In  den  folgenden  Tabellen  habe  ich  meine  letzten  (6) 
Versuchsreihen  mitgetheilt.    In  allen  ist  die  Function: 

•  < 

 1  

F10") «  1+4»  R 

v  

1  +  4£/Ä 

das  Hauptergebniss.  In  den  Tab.  1  und  2  hat  das  Thermo- 
element die  Anordnung,  welche  in  Fig.  3  darstellt  ist,  und 
zwar  ist  hier  die  PlatincapiUare  noch  nicht  mit  einer  Glimmer- 
kapsel umkleidet  Graphisch  dargestellt  sind  diese  Resultate 
io  Fig.  5,  und  zwar  sind  die  Punkte  für  Luft  nach  oben, 
die  Punkte  für  Wasserstoff  nach  unten  gestrichelt. 


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374 


C.  Bavus. 


Tabelle  1.    Zähigkeit  des  Wasserstoffs. 
Platincapillai röhre  Nr  10,    L  =  33,43  cm,    /'+/"'=  4,4  cm. 

%  =  0,000  141  6    0  =  6°  Ä  =  0,0079  cm. 


cm 
123,97 
123,97 
123,97 
123,97 
123,98 

123,82 
123,83 
123,81 
123,83 
123,85 
123,83 

123,88 
123,90 
123,92 
123,92 
123,92 

123,«7 
123,68 
123,64 
123,64 
123,85 
128,85 
123,85 
123,85 

121,75 
121,73 

124,64 
124,63 
124,81 
124,83 
1Ü4,84 

124,65 
124,64 
124,65 
124,79 

124,31 
124,31 
124,31 
124,31 
124,31 

123,99 
123,99 
124,03 
124,00 


cm 
75,66 


75,66 


75,60 


75,62 


75,72 
76,25 


76,32 


76,35 


76,37 


r  r0 

sec 

ccm 

95 

51,38 

90 

48,73 

/VA 

90 

48,70 

QO 

10,(0 

90 

48,33 

90 

48,37 

90 

48,42 

90 

48,37 

90 

48,39 

90 

48,37 

440 

50,64 

440 

49,83 

440 
»tu 

4P  fi4 

440 

4Q  R\ 

440 

630 

50,63 

s%  r%  n 

6bü 

50,9b 

so  *>a 

fi80 

50  A3 

S1  7^ 

Vlji  J 

660 

51,55 

660 

50,95 

660 

50,14 

1115 

1  I  iu 

SO  82 

1115 

SO  77 

1080 

50,82 

1080 

SO  7H 

S1  10 

1080 

M  IQ 

1080 

51,21 

1560 

51,24 

1560 

51,26 

1560 

51,45 

1560 

52,23 

90 

47,52 

95 

50,56 

95 

50,85 

95 

50,96 

95 

50,96 

95 

50,51 

95 

50,50 

95 

50,47 

95 

50,51 

*c. 


6 


6 


482 
490 
490 
504 
511 

671 
695 
705 
715 
688 
691 
700 
707 

985 
985 

1010 
1010 
1007 
1005 
1006 

1222 
1227 
1224 
1223 


FiO") 


m  It 

142,7 
142,6 
142,7 
142,4 
142,5 

143,2 
143,1 
142,9 
143,1 
143,1 
148,1 

281,3 
283,1 
284,2 
286,7 
287,4 

324,4 
330,7 
332,0 
334,0 
329,5 
329,9 
330,6 
333,6 

416,2 
416,5 

423,1 
423,7 
423,7 
423,8 
423,4 

525,4 
518,9 
522,8 
517,6 

146,4 
145,3 
144,4 
144,1 
144,1 

144,1 
144.2 
144,4 
144,2 


I  z 

I  - 


1,986 
1,999 
2,007 
2,021 
2,030 

2,291 
2,336 
2,345 
2,359 
2,327 
2,330 
2,335 
2,356 

2,939 
2,941 

2,987 
2,992 
2,992 
2,993 
2,990 

3,710 
3,660 
3,692 
3.655 


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Zähigkeit  der  Gase. 


375 


Tabelle  2.    Zähigkeit  von  Luft. 

Platincapillare  Nr.  10.    L  =  33,43  cm,   /'+  /'"=  4,4  cm. 
>;0  =  0,000247  2    /9  =  5°  Ä  =  0,0079  cm. 


125,08 
125,08 
1*5,08 
125,03 

124,93 
124,93 
124,95 

124,77 
124,77 
124,74 
124,73 
124,73 
124,77 
124,76 

124,04 
124,08 
124,05 
123,97 
123,88 

123,69 
123,65 
123,64 
123.60 

123,37 
123,37 
123,37 
123,40 
123,40 


250,0 
250,5 
249,8 
250,5 
250,3 


Die  Curve  zeigt,  dass  unterhalb  10C00  die  beiden  Gase 
sich  ziemlich  gleich  verhalten.  Dasselbe  fand  ich  in  früheren 
Reihen.  Oberhalb  1000°  divergiren  die  Curven,  wohl  wegen 
der  grösseren  Durchdringlichkeit  des  glühenden  Platins  für 
Wasserstoff  als  für  Luft  Infolge  der  Gasdiffusion  durch 
die  Platinwand  der  (kapilläre  wird  also  hier  der  wahre 
Charakter  des  ri'\%  verdeckt,  jedoch  nicht  in  unmessbarer 


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376 


C.  Bums. 


Weise.  Man  trifft  schliesslich  in  der  Figur  bei  1200  bis 
1300°  Punkte  an,  die  sich  decken.  Es  kommt  dies  wahr- 
scheinlich daher,  dass  die  nicht  registrirten  Temperaturen 
der  äusseren  Lagen  der  Capillare  noch  anwachsen,  nachdem 
die  registrirten  Temperaturen  der  inneren  Lagen  bereits 
constant  sind.  Es  ist  dies  ein  Fingerzeig  in  der  Richtung 
weiterer  Verbesserungen. 

Behufs  zusammenhängender  Darstellung  habe  ich  die 
gebräuchliche  Function  (1  +  a 6")n  angewandt  Dabei  zeigt 
sich,  dass  die  Punkte  zwischen  n  =  l/2  und  n  =  3/4,  sehr 
nahe  der  Curve  für  n  =  2/3  gelegen  sind.  Diese  habe  ich 
ausgezogen. 

15.  Das  Ungenügende  der  Temperatur messung  habe  ich 
in  den  folgenden  Untersuchungen  zu  beseitigen  gesucht.  Von 
Versuchsabänderungen  theile  ich  nur  Tab.  3  mit  (in  Fig.  6 
schief  gestrichelt  eingetragen).  Hier  wurde  sowohl  Spirale, 
wie  Thermoelement  ohne  Umkleidung  der  Erhitzung  aus- 
gesetzt. Dabei  wird  die  Temperatur  zu  hoch  gemessen, 
während  in  §  16  die  Temperaturen  muthmasslich  zu  klein 
sind.  Natürlich  zeigen  sich  bei  nackter  Löthstelle  bedeu- 
tende Temperaturschwankungen ,  wodurch  die  Beobachtung 
unsicher  wird.  Es  Hessen  sich  aber  die  Punkte  nicht  bis 
(l-h«0")v«  herunterdrücken,  obgleich  dieselben  im  allgemeinen 
unter  (1  +  ad")1'*  liegen. 

Tabelle  8.   Zähigkeit  der  Luft  Vorläufiges. 

Platincapillare  Nr.  10.    L  =  33,43  cm,    /'+        4,4  cm. 
ri0  -  0,000  247  2.    0  =  6°  R  «  0  0079  cm. 


r 

0" 

. 

»7 

i+4;/ä' 

170 
170 
170 
170 
170 

51,85 
51,35 
51,40 
51,38 
51,38 

5 

249,7 
249,9 
249,7 
250,0 
250,0 

1800 
1950 
1845 

51,60 
51,60 
51,00 

1055 
1040 
1062 

671,6 
735,9 
693,3 

2460 
2460 
2460 

50,96 
50,50 
50,89 

1347 

1338 
I  1336 

768,4 

781,3 
785,2 

123,11 
123,13 
123,15 
123,17 
123,17 

124,29 
124,31 
124,30 

124,17 
124,22 
124,27 


75,89 
75,82 
75,79 


2,717 
2,977 
2,805 

3,109 
3,16t 
8,177 


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Zähigkeit  der  Gase 


377 


16.  In  den  nun  folgenden  Tabellen  4  bis  7  Labe  ich  die 
Versuche,  den  §  16  und  17  gemäss,  zu  verbessern  gesucht. 
Es  wurde  die  innen  mit  Asbestwolle  c  (Fig.  4)  ausgefüllte 
Capillare  bb  auswendig  mit  der  Glimmerkapsel  a a  umgeben. 
Ferner  gebrauchte  ich  statt  eines  einzigen  Platin  |  Platin- 
Iridiumthermoelementes  deren  drei.  In  der  Fig.  4  sind  bei 
I.  2,  3  die  Lagen  der  Löthstellen  der  mit  Glimmer  isolirten 
Drähte  angedeutet.  Die  Pfeile  beziehen  sich  auf  den  Gang 
des  Gasstromes  durch  die  Capillare. 

Auf  diese  Weise  erhalte  ich  zwei  Werthe  des  Ö". 
tfj"  bezieht  sich  auf  die  Temperatur  der  inneren  Spulentiäche. 
6."  auf  die  mittlere  Temperatur  der  äusseren  Spulentiäche. 
Soost  sind  die  Tabellen  wie  die  obigen  angeordnet.  Gra- 
phisch dargestellt  sind  die  Resultate  in  den  Figuren  6  und  7, 
und  zwar  wieder  in  Bezug  auf  (1  +  ad")**.  Die  sich  in  der 
Tab.  5  in  der  Region  6  —  500°  zeigenden  hohen  Werthe  für 
Wasserstoff  habe  ich  weggelassen,  da  sie  jedenfalls  durch 
eine  Verunreinigung  des  Gases  bedingt  sind.  Dies  ist  durch 
die  besonders  sorgfaltige  Wiederholung  der  Versuche  in 
Tab.  6  erwiesen. 

Tabelle  4.   Zähigkeit  der  Luft. 
Piatincapillare  Nr.  10,    L  =  33,43,    /'  +  /"'  =  4,4  cm, 


r4o  »  ( 

),000  2 

49  1, 

0  =  7°, 

R  =  0,00" 

'9  cm. 

p 

V 

t" 

v* 

124,00 

76,08 

165 

49,95 

7 

7 

252,6 

124,00 

165 

49,83 

253,2 

124,00 

165 

49,84 

253,2 

124,00 

165 

49,94 

252,7 

124,01 

165 

49,94 

252.8 

123,51 

75,92 

1750 

51,3.i 

984 

1007 

669,3 

2,687 

123,45 

75,87 

1760 

51,90 

988 

1004 

666,6 

2,676 

123,38 

75,H1 

1740 

51,36 

984 

1004 

665,4 

2,671 

123,32 

75,75 

2339 

51,05 

1200 

1224 

775,7 

3,114 

123,29 

75,72 

2340 

50,48 

1204 

1230 

782,0 

8,139 

123,25 

75,67 

2340 

50,76 

1204 

1233 

776,5 

3,117 

123,39 

75,68 

860 

52,69 

515 

525 

497,7 

1,998 

123,65 

890 

50,91 

557 

567 

511,4 

2,053 

123,61 

910 

51,00 

557 

578 

506,8 

2,082 

123,59 

930 

50,79 

580 

592 

521,0 

2,091 

123,61 

960 

51,37 

592 

604 

525,4 

2,109 

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378 


C.  Barus, 


(Fortsetzung  von  Tab.  4.) 


t 

i+4;/Ä"xl°* 

Fi*") 

123,36 

74,73  1K5 

49,59  8 

254,7 

123,37 

165 

4V»9 

254,7 

123,36 

165 

49.50 

255,2 

123,36 

165 

49,59 

254,7 

—* 

123,33 

165 

49,63 

254,3 

Tabelle  5. 
Zähigkeit  des  Wasserstoffes. 

Platincapillare  Nr.  10,    L  =  33.43  cm.    /'  +  /"'  =  4,4  cm, 

R  =  0,0079  cm. 


0;000129  4,    0  =  8°, 


122,48 
122,49 
122,50 
122,50 
122,50 

122,20 
122,22 
122,24 
122,22 
122,24 

122,30 
122,30 
122,32 
122,36 
122.43 

122,97 
122,94 
122,96 

124,56 
124,56 
124,56 
124,54 
124,56 
124,58 

125,09 
125,08 
125,d9 
125,08 
125,09 


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Zähigkeit  der  Gase. 


370 


Tabelle  6.    Zähigkeit  des  Wasserbtoffcs. 

Plathicapillare  Nr.  10,    L  *=  33,43  cm ,    /'  +     =  4,4  cm , 

=  0,000  129  4,    6  =  7°.  R  «  O.OU79  cm. 


P 


p      r      r0  ! 


123,30 
123.32 
123,3  t 

155,27 
155,27 
155.27 
155,30 

155,30 
155,27 

155.25 


;6,95 


76,55 


76,55 


155,45  76,59 
155,35  1 
155,45 

156,10  76,67 
156,c7 
156,05 
156,07 


450 
450 
450 

K90 
h90 
890 
870 


90 

90 
90 

360 
360 
360 
360 

440 
450 
450 


50,00 
50,00 
50,00 

50,82 
50,42 
50,02 
49,67 

50,89 
51,37 
51,23 

50,87 
50,57 
50,63 

50,89 
51,00 
51,43 
50,01  , 


7 


410 
412 
416 
420 

504 

509 
512 

514 
516 
517 

954 
954 
952 
94« 


418 

420 

425 
426 

510 
516 
519 

522 
525 
526 

956 
953 
951 
94« 


1+4;"  Ii 


X10».  Fl«") 


1  3,2 
133,3 
133,3 

251,8 
252,9 
25H,6 
254,7 

274,1 

274,7 
274,7 

276.2 
277,0 
276,6 

363,5 
362,9 
360,6 
360,1 


1,946 
1,954 
1,960 
1,968 

2,118 
2,123 
2,124 

2,135 
2,141 
2,138 

2,809 
2,805 
2,787 
2,783 


Tabelle  7.    Zähigkeit  der  Luft. 

Platincapillare  Nr.  10,    L  =  33,24  cm,    /'  +  /'"=  4,4  cm. 

»/n  =  0  000  249  1 ,    0  =  8°,  R  =  0,0079  cm. 


125,50 
125,51 
125,53 

124,71 
124,71 
124,69 
124,65 

124,73 
J  24.68 
1 24,68 
124,68 

124.95 
124,95 
124,95 

I24,ft6 
124,96 
124,95 


77,01 


re,87 


76,87 


76,89 


7«,98 


165 
165 
165 

710 
710 

735 
750 

930 
930 
940 
940 

1710  I 
1715 
1740  I 

2370 
2870  I 
2370  | 


50,72 
50,75 
50,72 

51,10 
50,22 
51,03 
50,93 

51,34 
50,98 
51,34 

50,93 

51,42 
51,20 
51,25 

51,27 
51,17 
51,25 


,m!-  /r*""  *'<"') 


424 

436 

430 

443 

439 

453 

419 

462 

558 

568 

562 

574 

565 

576 

569 

580 

964 

987 

970 

992 

979 

1000 

1206 

1214 

1207 

12:4 

1207  ; 

1210  1 

257,9 
257,9 
258,1 

482,0 
486,5 
499,5 
493,7 

535,1 
535,1 
536,0 
536.4 

678,4 
664,5 
684,2 

801,3 
802,8 
801,7 


1,935 
1,953 
2,005 
1,982 

2,148 
2,148 
2,152 
2,15:t 

2,723 
2,668 
2,747 

3,217 
3,223 
3,218 


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380 


C.  Barus. 


Eine  Vergleichung  der  Werthe  von  6"  und  ö."  ist  wohl 
das  beste  Kriterium  für  die  Constanz  der  Temperatur.  Die 
Zahlen  lassen  noch  zu  wünschen  übrig.  Indessen  bin  ich 
wohl  so  weit  gegangen,  als  es  ohne  gründliche  Abänderung 
des  Apparates  und  der  Methode  möglich  ist.  Glimmer  wird 
durch  Glühen  gelockert,  muss  daher  oft  erneuert  werden. 
Andererseits  ist  vieles  Herumbiegen  an  der  feinen  Capillare 
bedenklich. 

Discussion. 

17.  Die  Werthe  ;/0  (Zähigkeit  bei  0°  C.)  ergeben  eich 
bedeutend  zu  hoch,  ein  Umstand,  der  jedoch  leicht  erklär- 
lich ist:  denn  da  di,jt;  =  48RjR  ist,  hängt  der  absolute  Werth 
des  i]0  ganz  wesentlich  von  dem  des  R  ab.  Ich  hätte  nun 
vermöge  des  wohlbekannten  Werthes  von  r(o  für  Luft  s&mint- 
liche  Daten  leicht  reduciren  können.  Indessen  hielt  ich  diesen 
Schritt  doch  insofern  für  bedenklich,  als  man  nicht  sicher 
wissen  kann,  ob  im  Inneren  feiner  Platincapillaren  die  Gas- 
verdichtungen nahe  der  Metallfläche  ohne  merklichen  Einfluss 
sind.  Da  ich  ferner  von  einer  besonderen  Bestimmung  von  R 
absehen  muss,  und  da  es  bei  dieser  Arbeit  auf  absolute 
Werthe  wenig  ankommt,  lasse  ich  die  Zahlen  so  stehen,  wie 
ich  sie  fand. 

Von  grösserem  Belang  ist  der  zeitliche  Verlauf  der  iJ0. 
Es  zeigt  sich  für  H2  (6  Tage)  eine  mittlere  Vergrösserung 
des  ?/0  von  etwa  0,5  Proc.  per  Tag;  für  Luft  in  elf  Tagen 
eine  Vergrösserung  von  nur  0  2  Proc.  per  Tag.  Im  ersteren 
Falle  bietet  das  aus  verschiedenen  Gasometerfüilungen  ent- 
nommene Gas  keinen  guten  Anhaltspunkt.  Im  letzteren 
Falle  jedoch  zeigt  die  geringe  Aenderung  für  taglangen  Ge- 
brauch der  Capillare,  dass  selbst  bei  solch  hohen  mittleren 
Drucken,  wie  P  125  cm,  resp.  p  =»  76  cm,  an  den  beiden 
Enden  der  Röhre  und  bei  Temperaturen,  die  oft  bis  zu  Weiss- 
gluth  (1400°)  gesteigert  wurden,  keine  bedenkliche  Vergrösse- 
rung des  R  zu  constatiren  ist.  (Vgl.  §  26.)  Die  Nachwir- 
kung im  glühenden  Platin  ist  daher  selbst  bei  hohen  Tem- 
peraturen unter  den  genannten  Umständen  noch  eine  hin- 
reichend geringe,  um  die  Ausführung  pyro metrischer  Versuche 


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Zähigkeit  der  Gase. 


unbedenklich  zu  machen.  Auch  ist  dies  aus  den  Werthen 
des  //0,  welche  vor  und  nach  jeder  Beobachtungsreihe  für 
hohe  Temperaturen  gefunden  wurden,  klar  ersichtlich. 

Für  das  zu  verschiedenen  Zeiten  dem  Gasometer  ent- 
nommene Wasserstoffgas  ist  tj0  leider  sehr  verschieden.  Man 
bat  daher  jede  solche  Gasmasse  für  sich  selbst  zu  behandeln. 
Die  Werthe  des  i?0  für  Luft  schwanken  nicht  zu  viel,  wahrend 
der  ganzen  Versuchszeit  nur  um  etwa  2  Proc.  Ob  die  durch 
den  Quecksilberdruckapparat  mitgeführten  Quecksilberdämpfe 
die  Transpiration  beeinflussen,  kann  ich  nicht  entscheiden. 
Ein  solcher  Fehler  ist  bei  20°  wohl  nicht  zu  befürchten. 
Bezüglich  der  Platinzerstäubnng  vgl.  §  19  und  der  Gasver- 
dichtung an  der  Oberfläche  vgl.  §  28. 

18.  Um  eine  Uebersicht  über  das  Verhältniss  der  Zähig- 
keit Tj"Jtj0  zu  erhalten,  benutzt  man  am  besten  die  Dar- 
stellung Fig.  5  bis  7.  Daraus  geht  hervor,  dass  die  Werthe 
von  F{0")  sich  der  Function  (1  +  a  ö")*'«  innerhalb  der 
Grenze  der  Beobachtungsgenauigkeit  befriedigend  gut  an- 
schmiegen. Selbstverständlich  fällt  es  mir  nicht  ein,  definitiv 
zu  behaupten,  dass  (1  +  a0")v*  die  wahre  Form  der  F(0") 
sei  (§  28).  Es  ist  nur  bemerkenswerth,  dass  an  der  Hand 
der  üblichen  Darstellungsweise  der  Temperaturverhältnisse 
des  /;  durch  die  Exponentialfunctionen  der  einfache  Aus- 
druck (1  +  ad"fl*  meine  Versuche  ganz  gut  wiedergibt  Ich 
nehme  daher  vorläufig  an,  dass  die  Zähigkeit  eines  vollkom- 
menen Gases,  im  Gebiete  höherer  Temperaturen,  mit  der 
Zweidrittelpotenz  der  absoluten  Temperatur  zunimmt.  Daraus 
ergibt  sich  dann  aus  der  bekannten  Beziehung  Maxwell's: 
ij i  =  0318  q  L  £>,  wo  £2  der  arithmetische  Mittelwerth 
der  Moleculargeschwindigkeit,  L  die  mittlere  Weglänge, 
V  die  Gasdichte  ist,  und  insofern  S2  =  £2Q  V  1  +  ~aÖ ",  auch 

L  =  y~\  +  aö".  Pas  lässt  sich  auch  so  ausdrücken:  Die 
mittlere,  freie  Weglänge  ändert  sich  proportional  der  Cubik- 
wurzei  jjei  Moleculargesch windigkeiten  (&).  Zieht  man  die 
takannjie  Claudius' sehe  Gleichung  L—l  /  \  2 .Ä3/5i£2  hinzu, 
fio  ist  a^ph  meM  der  Baum  der  Wirkungssphäre  der  Quadrat- 
ur^ d$r  Mq^cujar^ßschwindiglfeit  {fi).  umgekehrt  pro- 
portional. ..y.,'*:        i      i         ■  j  <■:>.  > 


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382 


G  -  Bants. 


19.  Nach  diesen  Angaben  müssen  wir  noch  die  Fehler- 
quellen specieller  betrachten.  Zweifellos  kommt  dabei  das 
Ungenügende  der  Temperaturconstanz  im  Innern  der  Piatin- 
spirale zuerst  in  Betracht.  Man  hat  es  eben  mit  zwei 
Pyrometern,  einem  electrischen  und  einem  Zähigkeitspyro- 
meter, zu  thun,  welche  beide  genaue  Temperaturen  an- 
zugeben sehr  wohl  im  Stande  sind,  deren  Temperatur- 
angaben sich  aber  nicht  auf  genau  dieselben  Bedingungen 
beziehen  und  sich  daher  nicht  vollständig  decken  können. 
Speciell  zu  bemerken  ist,  dass  selbst  bei  dem  Temperatur- 
vergleich  zwischen  Thermoelement  und  Luftthermometer  der 
Versuch  über  1200°  an  Genauigkeit  verliert. 

Ausser  diesen  ä usserlichen  Ursachen  kommen  noch  innere 
hinzu.  Den  thermischen  Effect  der  Ausdehnung  des  vom 
Druck  Pzum  Druck  p  transpirirenden  Gases  hat  Ö.  E.  M  ever 
ausführlich  discutirt  Zugleich  ist  der  Einfluss  der  Abkühlung 
des  in  die  glühende  Capillare  einströmenden  kalten  Gases 
zu  beachten.  Bei  langsamem  Fluss  ist  dieser  Fehler  gering; 
bei  schnellerem  Fliessen  konnte  ich  jedoch  Kühlungen  von 
20°  C.  beobachten. 

Die  beobachtete  Wendung  der  Curven  oberhalb  1000°. 
verbunden  mit  der  Thatsache,  dass  beim  Wasserstoff  die  Er- 
scheinung besonders  ausgesprochen  ist,  deutet  wohl  auf  eine 
Diffusion  der  Gase  durch  die  Platinwand  der  Capillare.  Dann 
muss  man  aber  auch  auf  eine  entsprechende  Diffusion  des 
Wasserstoffgases  des  Brenners  bedacht  sein.  Im  letzteren 
Falle  würden  die  durchgetretenen  Gase  im  Luftstrome  ver- 
brennen, wodurch  das  Sauerstoffvolumen  etwa  verdoppelt  wird. 
Da  aber  der  Wasserdampf  im  pneumatischen  Apparate 
absorbirt  wird,  ergibt  sich  hier  wie  beim  Wasserstoff  ein  zu 
kleines  VQ.  Daraus  folgt,  dass  ?/',  welches  sich  umgekehrt 
wie  V0  ändert,  zu  gross  ausfallen  muss.  Derselbe  Fehler 
entsteht  auch  dann,  wenn  der  Wasserstoff  Luftverunreinigun- 
gen enthält. 

Es  folgt  daraus,  dass  die  Anwendung  verhältnissmässig 
dickwandiger  Capillaren  mit  sehr  feinem  Lumen  (R  <  0,01) 
zweckmässig  ist.  Auch  sind  vorerst  Differentialmethoden,  bei 
welchen  zwei  Grössen  verglichen  werden,  ohne  das  jede  ein- 
zeln charakterisirt  wird,  bedenklich. 


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Zähigkeit  der  Oase. 


388 


Schliesslich  ist  ein  äusserst  wichtiger  Umstand  zu  be- 
achten, das  Fortschleudern  feiner  Metalltheilchen  durch 
glühende  Metalle,  wie  es  von  Nahrwold1),  Berliner*), 
Kayser*)  und  anderen  constatirt  worden  ist.  Leider  war 
mir  dieses  Phänomen  im  Verlaufe  meiner  Arbeit  noch 
nicht  genügend  bekannt.  Es  sind  also  meine  sämmtlichen 
Resultate  mit  dem  daraus  erwachsenden  Fehler  behaftet. 
Aach  ersehe  ich  nicht,  wie  man  denselben  ohne  eingehende 
Versuche  in  Rechnung  setzen  kann. 

Ich  glaube  aber  nicht,  dass  besagte  Zerstäubungs- 
encheinungen  für  meine  Versuche  kritisch  sind.  In  der 
letzten  Arbeit  Nahrwold's4)  ist  gezeigt  worden,  dass 
glühendes  Platin  im  Wasserstoff  weniger  leicht  zerstäubt, 
als  in  atmosphärischer  Luft1) 

Nun  zeigen  aber  bei  mir  beide  Gase  dasselbe  Zahigkeits- 
verhalten  bei  verschiedenen  Temperaturen,  ein  Verhalten,  das 
dem  des  Wasserstoffes  bei  der  Zimmertemperatur  gleich  ist; 
woraus  sich  dann  die  Rechtfertigung  meiner  Ansicht  ergibt. 

20.  Geht  man  zum  Resultat  des  §  18  zurück,  so  hat 
man  für  vollständige  Gase  nunmehr  folgenden,  noch  den 
Gleitungscoefficienten  noch  enthaltenden  Ausdruck: 

— 2Sp  =  -•*-*-  d  +  «ns 

+  Ji9  1 

wo  sich  Ä0  und  £<>  auf  0°  C.  beziehen,  und  £  nach  Meyer, 
Kundt  und  Warburg  der  Weglänge  proportional  sich  än- 
dert Ist  dann  wie  man  allgemein  annimmt,  sehr 

klein  gegen  1,  so  wird  auch  4J0i/T+öö7'/Ä0  (1  +  ßO")  inner- 
halb des  obigen  Temperaturintervalls  gegen  1  zu  vernach- 
lässigen sein;  denn  der  Coefficient  (1  +  «Ö7"  (1  +ßQ")  ist  bei 
50G,  1000,  1500°  nicht  grösser  als  1,15,  1,22,  1,23;  während 
ein  wahrscheinlicher   Maximal werth   bereits   bei  niederer 


1)  Nahrwold,  Wied.  Aon.  31.  p.  473.  1887;  85.  p.  120.  1888. 

2)  Berliner,  Wied.  Ann.  33.  p.  289.  1889. 

3)  Kavier,  Wied.  Ann.  34.  p.  607.  1888. 

4)  Nahrwold,  Wied.  Ann.  35.  p.  120.  1888. 

5)  Vgl  Elster  u.  Geitel,  Wied.  Ann.  81.  p.  109.  1S87. 


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384 


C.  Bants. 


Temperatur  angetroffen  werden  wird.  Es  folgt  also,  dass, 
falls  die  in  Frage  stehenden  Daten  der  Gastheorie  richtig 
sind,  der  EinÜuss  des  Gleitungscoefficienten  durchweg  zu 
vernachlässigen  sein  wird.  Es  folgt  ferner,  dass  der  Ueber- 
gang  aus  der  rascheren  Aenderung  des  ij  bei  niederen  Tem- 
peraturen, z.  ß.  nach  der  Holman'schen  Formel  (0  bis  130°): 

>/7>/0  =  1  +  0,0,2  751  *  -  0,0,34  fl, 

in  die  langsamere  nicht  eicer  progressiven  Vergrößerung 
der  Function  1  +  4J/Ä  zuzuschreiben  ist. 

21.  In  Bezug  hierauf  bemerke  ich  ferner,  dass  nach 
der  Formel  (1  +  «#");  =  >)jtio  die  0.  E.  Meyer'schen 
VVorthe  für  Luft  zwischen  n  =  2/3  und  n  =  3/4  schwanken; 
die  Puluj'schen  zwischen  n  =  0,56  und  n  —  0,72.  War - 
bürg  fand  n  =  0,77;  v.  Obermayer  n  —  0,76.  Holman 
verwirft  mit  Schumann  die  Exponentalformen.  Es  fragt 
sich  also,  ob  meine  Versuche,  welche  für  Temperaturen 
oberhalb  400°  gelten,  nicht  das  Verhalten  eines  vollstän- 
digeren Gases  wiedergeben  als  Luftversuche  bei  niederer 
Temperatur.  Dissociation  ist  natürlich  ausgeschlossen. 
Es  sind  hier  die  Resultate  E.  Wiedemann's  zu  erwähnen, 
gemäss  welcher  nach  Meyer' scher  Berechnung  der  Ex- 
ponent n  abfällt  von  n  =  0,73  für  Luft  zwischen  0  und 
100°,  bis  n  =  0,67  für  Luft  zwischen  100  und  185°.  Letz- 
terer ist  aber  mit  meinem  Werthe  n»2/3,  welcher  sogar 
bis  1330°  gilt,  gut  im  Einklänge.  Es  ist  daher  die 
Vermuthung  gerechtfertigt,  dass  unterhalb  200°  die  Luft 
die  Eigenschaften  des  Gaszustandes  allmählich  verliert; 
dass  die  reine  kinetische  Gasreibung  durch  Cohäsionen, 
d.  h.  durch  die  Bildung  ephemerer  Molecularaggregate,  mehT 
und  mehr  beeinflusst  wird.  Besonders  hat  v.  Obermayer 
die  Werthe  von  n  bei  verschiedenen  Gaseü  und  die  sich 
analog  vergrößernden  Ausdehnungsco§fficieriten  derselben 
verglichen.  ' '  *,:  •  '-  '*'  ;  >m 

Diese  Folgerungen  weiden  durchweg  durch  das  Ver- 
halten des  Wasserstoffs  best ätigt.  Pal  u  j  fand  für.  dieses 
Gas  n  =  0,69;  Warburg  n  =  0,68;  v.O  be'f  may  fern«  0,70. 
Es  zeigt  also  Wasserstoff,  seinem  vollständigeren  Gaszustand 
caet.  par., entsprechend,;^  foa  ^  be>  0°  C, 


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Zähüjkeit  der  Gase. 


385 


wie  bei  Rothgluth.  Die  Thatsache,  dass  Wasserstoff  bei 
niedriger  Temperatur  (0°  C.)  bereits  demselben  Gesetz  folgt, 
wie  Luft  oberhalb  200°,  dass  femer  bei  Temperatur- 
Steigerung  über  200°  bis  in  die  Rothgluth  die  Gesetze  für 
beide  Gase  mehr  und  mehr  identisch  werden,  ist  wohl  der 
beste  Beweis,  welchen  ich  für  die  Wahrscheinlichkeit  meiner 
Beziehung: 

V'=  Vo  (1  +  «0'T» 

liefern  kann.  Diesen  identischen  Verlauf  habe  ich  eben  be- 
obachten können,  weil  dabei  die  Fehler  der  Temperatur- 
constanz  und  dergleichen  in  höherem  Maasse  herausfallen. 
Die  Fehler  sind  eben  gleichmassig  auf  beide  Gase  vertheilt, 
da  die  Beobachtungen  in  gleicher  Weise  nacheinander  aus- 
geführt wurden.    Vgl.  §§  19,  28. 

22.  Ich  will  nun  noch  einiges  über  den  praktischen 
Werth  der  Function  (1  +  a  0")"»  anfuhren.  Falls  man 
zwischen  verschiedenen  Formen  wählen  dürfte,  so  w&re  die 
exponentielle  schon  deswegen  vorzuziehen,  weil  sie  die  pyro- 
metrischen  Berechnungen  erleichtert.  Theoretisch  lässt  sich 
für  eine  durch  zweiatomige  Molecule  charakterisirte  Gasart 
wenig  aussagen,  obgleich  für  Gasarten  mit  einatomigen, 
elastischen  Molecülen  Max  we  II1)  und  Meyer*)  das  einfachere 
Gesetz  r/'=  jy0  yT+  a 0"  haben  ableiten  können.  Bekannt 
ist  ferner,  dass  das  Maxwell'sche8)  AbstosBungsgesetz  der 
umgekehrten  fünften  Potenz  unhaltbar  ist,  wie  besonders 
Meyer4)  gezeigt  hat.  Demnach  bliebe  die  Wahl  der  Tem- 
peraturfunction  der  Zähigkeit  noch  frei. 

Als  Beispiel  will  ich  eine  weitere  einfache  Function,  die 
man  wohl  versucht  sein  dürfte  anzuwenden,  mit  der  exponen- 
tiellen  vergleichen.  Ich  setze  ij"«  y0  (1  +y<d")  VY+  aW',  in 
welchem  Ausdruck  L  =s  L0{1  +  y  Ö")  enthalten  ist.  Um 
diesen  Vergleich  einigermassen  darstellen  zu  können,  habe 
ich  aus  den  Daten  für  hohe  Temperaturen  einerseits  die 


!'  Maxwell,  Phil.  Mag.  (4)  19.  p.  31.  1860. 

2)  Meyer,  Pogg.  Ann  125.  p.  177.  401.  564.  1865. 

3)  Maxwell,  Phil.  Trans.  1.  p.  249.  1866;  cf.  Phil.  Mag.  (4)  85. 
P-  129.  185.  1868. 

4)  Meyer,  Kinetische  Theorie.  §  77. 

Am.  d.  Pb,i.  u.  Ctaem.  N.  F.  XXXVI.  25 


986  C.  Barus. 

Nullwerthe  von  >/"/»;0  (d-  h-  den  der  Einheit  nahezu  gleichen 
Werth  für  0"—  0°  C),  andererseits  die  Werthe  fur  y  be- 
rechnet  und  in  folgende  Tabelle  eingetragen.  Die  Argu- 
mente sind  den  Tab.  4  bis  7  entnommen. 


Tabelle  8.    Nullwerthe  von  V'/i70  und  y. 


Luft 
Tab.  4 


Luft 
Tab  7 


Tab.  5 
Tab.  6 


5G5 
592 
935 
1216 

442 

569 
982 
1210 

961 
1212 

418 

512 
520 
952 


2,068 
2,100 
2,678 
3,123 

1,969 
2,150 
2,713 
3,219 

2,727 
3,535 

1,957 
2,122 
2,138 
2,798 


n"  1 

_j  i  h 

Fehler 

i »/"  i 

i  7o  \  1  +  a  cf 

1 

y  X  10* 

0,98 

+  0,02 

1,18 

318 

0,97 

+  3 

1,18 

304 

0,96 

+  4 

1,24 

243 

1,01 

-  1 

1,34 

277 

1,01 

-0,01 

1,22 

489 

1,01 

-  1 

1,22 

394 

0,98 

+  2 

1,26 

270 

1,04 

-  4 

1,38 

815 

1,00 

±0,00 

1,28 

295 

1,14 

-  14 

1,52 

425 

1,05 

-0,05 

1,23 

550 

1,05 

-  5 

1,25 

490 

1,05 

1,25 

489 

1,03 

=  5 

1,3? 

336 

Die  bei  den  Daten  für  Luft  auftretenden  Fehler: 

 i.  „ 

n  (l  +  avyu 

zeigen  keinen  regelmässigen  Gang  und  sind  nicht  grösser,  als 
man  bsi  der  Schwierigkeit  der  Versuche  erwarten  muss.  Die 
Fehler  bei  Wasserstoff  sind  zwar  bedeutender,  lassen  sich  aber 
leicht  erklären.  Bei  1212°  begegnet  man  wieder  dem  bereits 
erwähnten  Diffusionsfehler.  Ferner  sind  die  nahezu  constan- 
ten  Fehler  der  Tabelle  6  nicht  dem  Verlauf  des  ?/',  sondern 
dem  des  r/0  zuzuschreiben.  Schliesslich  ist  in  der  zweiten  Ta- 
bellenhälfte die  Unzulänglichkeit  der  Hypothese  Z,=Z,0(1 
klargestellt.    Proben  mit  anderen  Functionen  übergehe  ich. 

T  ranspi  rati  onspyrome  trie. 

23.  Ich  nehme  daher  die  Relation  i/'  =  ?,0  (1  +  red")1- 
für  ein  zweiatomiges  vollständiges  Gas,  wie  Luft  oder  Wasser- 
stoff als  gültig,  an.  Darauf  lässt  sich  dann  eine  neue  pjro- 
metrische   Methode    aufbauen.    Dieselbe    fusst   auf  der 


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Zähigkeit  der  Gase, 


387 


Meyer' sehen  Gleichung  der  Gastrauspiration.  Ich  glaube 
fest,  dass  eben  auf  diese  Weise  Bestimmungen  von  hohen  Tem- 
peraturen sich  nicht  nur  absolut  ausfuhren  lassen  werden,  son- 
dern dass  dies  über  ein  grösseres  Temperaturintervall  und  mit 
grösserer  Präciaion  und  Bequemlichkeit  zugleich  geschehen 
wird,  als  bei  irgend  einer  bekannten  pyrometrischen  Methode 
z.  Z.  möglich  ist,  das  Porzellanluftthermometer  keineswegs 
ausgeschlossen.  Ferner  ist  bei  empirischen  Gesetzen,  welche 
sich  auf  grosse  Intervalle  beziehen,  die  vorsichtige  Extra- 
polation bei  einem  Gase  ein  weniger  bedenkliches  Wagniss, 
als  bei  analogen  Gesetzen  fur  feste  oder  flüssige  Körper. 

Führt  man  y"ifj0  =  (1  +  in  die  Meyer'sche  Glei- 

chung ein,  so  ergibt  sich: 


(11) 


(1  +  «0%      n  1  +  4      * R"  Pl-px  t"  R2 
(1  +  0»")*  "  16  ~       Vo  76      F0  l" 

-^■gf-(i-r^'-o+(-+^), 


welche  Beziehung  durch  Weglassung  der  £- Grössen  sofort 
vereinfacht  werden  kann.  Hier  bedeutet  qQ  den  Nullwerth 
der  Luftzähigkeit,  0  die  Temperatur  der  kalten  Enden  der 
Capillare,  /  den  Coefricienten  für  kaltes  Gas,  also  für 
Luft  etwa  y  =  0,00275.  Die  übrigen  Variablen  sind  aus 
§  13  bekannt;  R0"  und  BQ  z.  B.  sind  die  Halbmesser  des 
heissen  (/")  und  des  kalten  (/'  +  /"')  Theiles  der  Capillare  bei 
0°C.  In  meinem  Apparat  ist  aber  B0"  —  R0.  Um  also  die 
Temperaturen  der  Tabellen  4  bis  7  aus  reinen  Gaszähig- 
keitsmessungen zu  reproduciren,  bedient  man  sich  für  Luft 
der  Gleichung: 

das  heisst: 

(13)        |     =  A  £  (1*  -  p*)  -  B  ( l  +  0,0064  0) , 

eine  Form,  die  (II)  enthält. 

Ist  also  eine  Pyrometercapillare  gegeben,  bei  welcher 
der  Länge  nach  das  Galiber  nicht  genügend  gleichförmig  oder 
gleichwerthig  ist,  so  kann  man  vermittelst  zweier  bekannten 
Temperaturen  0"  die  Werthe  A  und  B  experimentell  be- 

25» 


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I 


388  C.  Bar  us. 

stimmen  (s.  w.  u.).  Au9  (11)  bis  (13)  ist  ersichtlich,  dass, 
da  die  rechte  Seite  wie  die  */3  -  Potenz  der  absoluten 
Temperatur  variirt,  man  es  mit  einem  gegen  Temperatur- 
anderungen äusserst  empfindlichen  Apparate  zu  thun  hat. 
Ferner  geht  daraus  hervor,  dass  das  bedenkliche  Auftreten 
▼on  (1  -f  ßd")4  insofern  von  geringerem  Belang  ist,  weil  in 
Bezug  auf  (\  +  ad")  die  Correction  (1  +  ßd")  nur  in  der 
2,4- Potenz  vorkommt.  Ja,  man  kann  bei  bekannter  Tem- 
peratur ß  direct  aus  Transpirationsmessungen  bestimmen, 
indem  man  (13)  in  Bezug  auf  ß  auflöst.  Schliesslich  lässt 
sich  auch  die  Grösse  Ä0*/'?o  der  Gleichungen  (11)  und  (12) 
durch  Transpiration  bei  niederen  Temperaturen  bestimmen. 
Uebergeht  man  unwesentliche  Correctionen,  so  gilt: 

l 

rj        16  .  76  .  L  V0  K  V  } 

wo,  falls  die  Messungen  bei  6  gemacht  werden,  rt  sich  aus 
bekannten  Constanten  auf  q0  reduciren  lasst.  Es  entspricht 
dies  der  Nullpunktsbestimmung  des  Pyrometers. 

24.  Ich  führe  nun  Angaben  über  Temperaturbestim- 
mung aus  reinen  Transpirationsbeobachtungen  an  und  ver- 
gleiche dieselben  mit  den  direct  gemessenen  Temperaturen. 
Dazu  dienen  die  Mittelwerthe  in  den  Tabellen  4  bis  7.  In 
folgender  Tabelle  ist  6"  die  mittelst  des  Luftthermometers 
thermoelectrisch  bestimmte  Temperatur,  [#"]  die  zugehörige 
Transpirationstemperatur.  Die  Art  der  Messung  6"  ist  in 
Fig.  4  dargelegt.    (Siehe  Tab.  9  p.  389.) 

Die  Fehler  liegen  hier  also  anders,  ihre  Grösse  habe  ich 
bereits  angedeutet,  um  hier  schnell  darüber  hinweg  gehen  tu 
können.  Eine  bestimmte  Fehlervertheilung  ist  nicht  zu  er- 
kennen. In  der  letzten  Bestimmung  der  Temperatur  des  Wasser- 
stoffs ist  der  Uebelstand  eines  zu  kleinen  >?0  bemerkbar,  da  die 
Fehler  durchweg  denselben  negativen  Werth  beibehalten.  In 
Bezug  auf  die  Fehler  im  allgemeinen  ist  es  ersichtlich,  dass  zwi- 
schen der  mittleren  Temperatur  der  etwa  67  cm  langen  Pia- 
tincapillare  und  der  mittleren  Temperatur  der  drei  Punkte 
des  Thermoelements,  in  anbetracht  der  Erhitzungsart,  Diffe- 
renzen von  20°  bei  1000°  ohne  weiteres  vorauszusetzen  sein 
werden.  Vergleicht  man  aber  die  TranspirationstemperLturen 


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Zähigkeit  der  Gase, 


389 


fö"]  unter  sich,  so  springt  die  ausgezeichnete  Pr&cision  der 
Resultate  sofort  in  die  Augen.  Man  schliesst  leicht,  dass 
das  Transpirationspyrometer  die  Genauigkeit  von  einigen 
Zehntel  Graden  bei  1000°  sehr  wohl  ergeben  könnte,  gleich- 
gültig, ob  das  vorauszusetzende  j/'/fy  wirklich  das  Verhalten 
der  Zähigkeit  des  Gases  fur  verschiedene  Temperatur  an- 
gibt oder  nur  ein  für  Platin -Luft,  resp.  Platin  -  Wasserstoff 
geltendes  empirisches  Gesetz  sein  mag. 

Tabelle  9.    Temperaturmessung  durch  Transpira- 
tionspyrometer. 


IT 

[»"] 

Diff. 

r 

L«"]  ; 

Diff. 

«" 

:»"]  ' 

Difl. 

Tab 

.  4.  Luft. 

563 

571 

-  8 

1209 

1329 

—  120* 

520 

511 

+  9 

568 

574 

-  6 

1212 
1215 

1338 

-126* 

562 

549 

+  13 

570 

577 

-  7 

1387 

-122* 

567 

55s 

+  9 

575 

580 

-  5 

Tab.  6.  Wasserstoff. 

586 
59S 

572 
583 

+  14 

+  15 

975   ,  9K5 
981    ,  971 
990  981 

+  10 
+  10 

414 
416 

434 

437 

-20 
-21 

991 

«! 

+  9 

421 

441 

-20 

994 

'963 

1209 

1245 

-36 

428 

445 

-22 

996 

966 

+  30 

1210 

1245 

-85 

507 

529 

-22 

1212 

1217 

-  5 

1210 

1247   |  -37 

513 

535 

-22 

1217 

1227 

-lü 

515 

536 

-21 

1219 

1222 

-  3 

518 
520 

54 

-23 

i 

Tab.  5.  Wasserstoff. 

543 

-23 

Tab.  7.  Luft. 

958 

956 

+  2 

521 

543 

-22 

430 

442 

-12 

960 

958 

+  2 

916 

963 

-17 

436 

450 

-14 

962 

959 

+  l 

952 

968 

-16 

446 

458 

-14 

-12 

962 

960 

+  2 

,  954 

974 

-20 

455 

467 

970 

975 

-  5 

955 

976 

-21 

*  Gasdiffitsion. 


lü,  Transpirationen,  welche  dem  PoiseuUle-Meyer'schen 
Gesetz  nicht  genügen.  Schluss. 

Allgemeine  Ergebnisse. 

25.  Es  steht  dem  Gebrauch  sehr  feiner  Capillaren  der 
tiebeistand  entgegen,  dass  die  Transpirationsströmung  bei 
Weissglühhitze  fast  vollständig  zum  Stillstand  kommt  Diese 
Schwierigkeit  lasst  sich  natürlich  in  verschiedener  Weise 
umgehen.  Man  kann  z.  B.  statt  einer  einzigen  Capillare  ein 
Capillarbündel  anwenden  oder  das  Gas  in  verschieden  gra- 
duirten  Gefassen  messen,  worin  grosse  und  kleine  Gasvolumina 


390 


C.  Barus, 


sich  etwa  gleich  genau  messen  lassen,  oder  man  wendet  gra- 
duirte  Capillaren  an,  deren  Kaliber  und  Länge  sich  nach  vor- 
geschriebenen Gesetzen  ändert;  oder  schliesslich,  man  misst 
bei  langsamem,  continuirlichen  Strom  die  Transpirations- 
geschwindigkeiten V0/t  durch  irgend  eine  zweckmässige  Re- 
petitionsmethode.  Trotz  alledem  ist  aber  zu  wünschen,  dass 
für  Röhren,  die  nicht  gerade  capillar  sind,  die  Transpira- 
tionsart ermittelt  würde;  denn  unter  sich  stimmen  solche  fur 
gleiche  Bedingungen  geltende  Beobachtungen  sehr  gut,  ob- 
gleich die  Zeitdauer  der  empirischen  Temperaturmessungen 
kaum  eine  Minute  betragen  mag. 

Zur  Ausführung  solcher  Versuche  sind  aber  grössere 
Grasvolumina  nothwendig.  Ich  habe  daher  das  Gas  vor  dem 
Eintritt  in  die  Capillare  gemessen  und  möchte  dabei  auf  die 
wichtige  Eigenschaft  meines  Apparates  zurückgehen,  dass 
derselbe  das  Gas  sowohl  vor  dem  Eintritt  in  die  Capillare, 
wie  nach  dem  Austritt  zu  messen  gestattet.  Der  Beobach- 
tende hat  es  also  in  der  Gewalt,  die  Capillare  auf  Risse 
und  dergleichen  zu  prüfen;  ferner  den  burchgang  des 
Gases  sowohl  durch  den  Capillarcanal  (Normalfall)  sowie 
auch  durch  die  glühende  Wand  derselben  (Diffusion)  zu  con- 
troliren. 

Vom  theoretischen  Gesichtspunkte  aus  bietet  die  vorlie- 
gende Arbeit  bedeutende  Schwierigkeit.  Beim  ersten  Blick 
scheint  sie  vom  experimentellen  Standpunkt  aus  leichter  zu 
bewältigen.  Man  täuscht  sich  dabei  aber  auch.  Eingehend  hat 
Hoff  mann1)  den  Gegenstand  bearbeitet.  Leider  sind  indess 
die  Verhältnisse  für  die  jetzigen  Zwecke  zu  complicirt. 

Die  Methode,  vermittelst  welcher  ich  ähnliche  Ziele 
zu  erreichen  hoffte,  ist  an  sich  neu.  Ich  suchte  nämlich 
die  Abweichungen  vom  Meyer' sehen  Gesetz  dadurch  zu 
ergründen,  dass  ich  bei  einer  und  derselben  Capillare  die 
Bedingungen  der  Anwendbarkeit  desselben  durch  successive 
Steigerung  der  constanten  Transpirationstemperatur  erreichte. 
Auf  diese  Weise  werden  dann  die  Strömungsgesch windig- 


1)  Hoffman n,  Wied.  Ann.  21.  p.  470.  l*-4.  Die  Literatur  fXa- 
vier,  Poisson,  Stokes,  Cauchy,  de  St  Venant,  Stefan)  ist  da- 
selbst angegeben. 


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Zähigkeit  der  Gase. 


391 


keiten  infolge  der  Volumen-  und  Zähigkeitszunahme  auf  eine 
beliebige  kleine  Grösse  herabgedrückt,  bis  man  schliesslich 
sich  innerhalb  der  Grenze  des  Meyer'schen  Gesetzes  bewegt 
Von  den  Versuchsresultaten  abgesehen,  die  ich  in  ziemlicher 
Fülle  gesammelt  habe,  ist  mir  aber  bei  dem  weiteren  Aus- 
bau der  eigentlichen  Aufgabe  nicht  wesentlich  Beachtens- 
wertes gelungen.  In  Anbetracht  der  grösseren  Ausdehnung 
der  jetzigen  Arbeit  werde  ich  mich  auch  hier  beschranken, 
indem  ich  ausser  einigen  Zahlenbeispielen  die  Hauptmitthei- 
lungen graphisch  darzulegen  suche.  Tabellarische  Mitthei- 
lung wird  a.  a.  O.  ei  folgen. 

Statt  einfach  vom  Radius  R  der  Oapillare  zu  reden,  v  are 
es  naturlich  richtiger,  sich  auf  das  Dimensionsverhältniss  des 
Canals  (2RJL)  zu  beziehen.  Es  ändert  sich  die  Länge 
aber  weniger;  daher  ist  es  zweckmässig,  diejenige  Grösse 
R  zu  wählen,  welche  die  geeignetste  erscheint 

Mitzutheilen  wäre  noch,  dass  ich  mich  im  Verlauf  dieses 
Abschnittes  öfters  der  Differentialmethode  mit  Erfolg  be- 
dienen konnte. 

Resultate. 

26.  Für  die  graphischen  Darstellungen  der  Figuren  8  bis  1 1 
wurde  die  Ordinatengrösse  r"  vermittelst  der  Meyer'schen  Glei- 
chung aus  den  Dimensionen  der  resp.  Capillaren  (Radius  =  R) 
und  den  Transpirationsbeobachtungen  (Druck,  Zeit,  Vo- 
lumen) berechnet  Daraus  folgt  dann,  insofern  der  ge- 
nannten Gleichung  hier  im  allgemeinen  nicht  Genüge  geleistet 
wird,  dass  rf*  sich  als  eine  Function  der  Druckdifferenz  an 
den  Enden  der  Capillare  darstellt.  Ich  habe  also  diesen 
Druckwerth  P—p,  von  dem  der  Atmosphäre  (76  cm  etwa) 
an  bis  ca.  p  +  50  cm,  successive  vergrössert,  und  zwar  für 
jede  der  betreffenden  Temperaturen  der  Capillarspirale.  In 
deu  Darstellungen  ist  sowohl  j/',  wie  der  Druck  und  die 
Temperatur,  aDgo geben.  Fig.  8  enthält  die  */'*Werthe  für 
das  kleinste  Lumen,  R  «  0,0079  cm.  Selbst  hier  ist  eine  Ver- 
größerung von  17"  mit  der  Druckdifferenz  erkennbar.  Die 
verschiedenen  Curvenlagen  entsprechen  verschiedenen  Ein- 
stellungen der  Capillare  und  rühren  etwa  von  Caliberände- 


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392 


C.  Bants. 


rungen  wahrend  der  Wickelung  her.  Bei  980°  machte  ich 
nur  eine  Beobachtung,  da  dieselbe  18000  Secunden  in  An- 
spruch nahm.  Es  ist  eben  dieses  die  Capillare,  mit  wel- 
cher ich  nachträglich  die  Beobachtungen  des  Abschnittes  II 
machte.  Ich  führe  daher  die  folgende  Zahlenangabe  an. 
Hierbei  wurde  das  grosse  Volumen  V  vor  dem  Eintritt  in 
die  Capillare  gemessen.  Demnach  bildet  also  diese  Tabelle 
eine  Controle  für  die  Ergebnisse  der  Figuren  1  bis  7,  wie 
oben  angegeben.  In  Tab.  10  bedeutet  ausser  den  bekannten 
Grössen  t  die  Temperatur  der  eintretenden  Gasmasse  V. 
Wahrend  der  fünfstündigen  Zeit  der  Transpiration  bei 
977°  wurde  d"  und  P  wiederholt  gemessen. 


Tabelle  10.    Zähigkeit  der  Luft. 

Platincapillare  Nr.  10,    L  »  33.43  cm,    /'  +  /"'  -  2,7  cm, 

V  =  565,7  cem ,  R  =  0,0079  cm, 
0  =  7°. 


P*-P\ 


P  xt    — v       xl0§#"   5  x  10*   t  F-» 


l)  133,11  56,35    1506    232  000 
92,32  i  15,56    6545,    224  300 

*)  124,69  48,04  I  1677     211  600 
88,60  11,95  1  7930'    204  400 

9)  125,64  49,18|  1683  218  800 
125,68  49,22|  1660    216  000 

*)  125,22  48,86  18000,  2  321  000 
124,68  48,32  |  1678    213  500 

1)  Erste  Einstellung 

2)  Zweite 

3)  Dritte 

4)  » 


P 

P 
P 
P 


272 
262 

251 
243 

256 
255 
254 

76,76, 
76,65 , 
76,46, 
76,36. 


0 
0 

0 
0 

14 

0 

977, 
0  J 


266 
257 

246 


258,8 
250,8 
685,8 
249,1 


19,6  - 

IV  - 

.22,0  - 

20,8  - 

20.7.  - 

22,8  2,743 

22,8  - 


Bs  ist  höchst  erfreulich,  dass  die  hier  gemessene 
Grösse  F{0")  gut  mit  den  Werthen  des  Abschnittes  II  stimmt; 
also  das  Gesetz  ?;=siy0(l  +  a  0  ")*/»,  trotz  der  yerschiedenen 
Methode,  bestehen  bleibt,  und  auch  r;0  vor  und  nach 
der  Bestimmung  der  hohen  Temperatur  (5  Stunden)  iden- 
tische Werthe  zeigt.  Bs  deutet  dies  sichtlich  auf  sehr 
geringe  Nachwirkung  hin.    Dass  F{fl")  hier  etwas  unter 


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Zähigkeit  der  Gase, 


393 


früheren  Wertben  liegt,  ist  wohl  dem  Umstände  zuzuschrei- 
ben, dass  während  der  langen  Beobachtungszeit  selbst  ein 
minimaler  Leck  im  Apparate  nicht  ohne  störenden  Ein- 

flü38  ist, 

27.  In  Bezug  auf  die  Ergebnisse  selbst  springt  das  Ver- 
halten der  Figur  9  für  etwas  grösseren  Capillarradius, 
R  -  0,018  cm,  in  die  Augen.  Hier  ist  jede  der  Curven  für 
d"=4,  100,625,  1025°  aus  etwa  zehn  Beobachtungen  be- 
Btimmt,  und  zwar  bilden  dieselben  zusammen  ein  System 
schräg  ansteigender,  Bebr  nahezu  gerader  Linien.  Diese 
Linien  steigen  um  so  weniger  steil  an,  je  höher  die  Temperatur 
wird,  bis  bei  etwa  1000°  die  horizontale  erreicht  wird,  d.  h. 
bei  1000°  ist  die  Strömung  hinlänglich  langsam,  um  dem 
Meyer 'sehen  Gesetze  Genüge  zu  leisten. 

Bei  noch  grösserem  Radius,  R  =  0,025  cm,  tritt  dasselbe 
Phänomen  im  verstärkten  Maassstabe  hervor.  Die  Curven 
sind  durchweg  steiler  und  nähern  sich  langsam  der  Hori- 
zontalen, wie  die  Figuren  11  und  12  deutlicher  zeigen.  Die 
Unterschiede  sind  hier  verschiedenen  Längen  und,  ebenfalls 
infolge  des  Aufwickeins,  verschiedenen  Radien  zuzuschreiben. 
Bei  den  hierher  gehorendan  raschen  Strömungszeiten  ist 
der  Verlauf  der  Beobachtungswerthe  weniger  ausgesprochen 
geradlinig.  Es  zeigen  Bich  bei  der  Strömung  Kühlungen 
bis  25°. 

28.  Für  P  —  /?  =  0  ergibt  sich,  dass  das  Verhältniss 
von  r/7  ri0  zur  Temperatur  bei  R  =  0,018  cm  schon  unterhalb 
(1  +  ütd")v*  gelegen  ist;  bei  R  =  0,025  cm  last  bis  zum  Aus- 
druck Vi  +  ßÖ"  hc rabgedrückt  erscheint.  Infolge  der  Ver- 
größerung des  Radius  wird  also  der  Temperatureinfluss  bedeu- 
tend verlangsamt  Da  nun,  wie  Fig.  8  zeigt,  selbst  bei  meiner 
dünnsten  Capillare  der  Einfluss  des  Druckes  noch  nicht  streng 
ausgeschlossen  ist,  habe  ich  das  Gesetz  (1  +  aß")*'*  in  §  18 
mit  Vorsicht  mitgetheilt  Indessen  glaube  ich  doch,  dass 
bei  Temperaturen  über  0°  die  Bedingung  des  Meyer' sehen 
Gesetzes  erreicht  worden  ist. 

Ferner  habe  ich  noch  die  Tangenten  in  Bezug  auf 
if',  R,  d"  zusammengestellt,  daraus  aber  nichts  Wesent- 
liches ableiten  können. 

Es  ist  schliesslich  der  Erscheinung  der  Gascondensation 


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304 


C.  Barm. 


auf  festen  Körper  zu  gedenken,  welche  vermutlich  bei  Platin 
besonders  stark  ist.  Nimmt  man  mit  Kay 9 er1)  an,  dass 
die  Dicke  der  auf  Glas  adsorbirten  Schichten  von  Ammoniak 
0,032  bis  0,033  cm  übersteigen  können,  so  ist  man  schon  bei  mei- 
ner dünnen  Capillare  [R  =  0.008  cm)  dieser  Dicke2)  bereits 
nahe  gerückt.  Es  ist  daher  anzunehmen,  dass  sich  die  An- 
zahl der  im  Canal  befindlichen  Molecu laraggregationen  ver- 
grössern  können.  Hr.  0.  Schumann8),  indem  er  sich  auf 
die  Resultate  Kayser's  und  Chappuis'4)  stützt,  verwirft 
sogar  die  Transpirationsmethode  für  die  Bestimmung  des 
Temperaturcoßi'ficienten  der  Zähigkeit  gänzlich.  Ich  glaube 
aber  doch,  dass  er  darin  zu  weit  geht.  Z.  B.  beziehen 
sich  Urn.  Schumann's  eigene  Ei  fahrungen  auf  das 
Intervall  0  bis  100°;  überhaupt  kann  man  aus  den  bis- 
herigen Beobachtungen  unterhalb  £00°,  nicht  befriedigend 
auf  das  Verhalten  oberhalb  400°  bis  Weissgluth  schliessen. 
Ich  habe  die  Versuche  der  Tabellen  1  bis  7  ausführlich  mit- 
getheilt,  um  zu  zeigen,  dass  zwischen  Anfang  und  Ende  des 
oft  stundenlangen  Glühens  die  Abweichung  in  den  Wertben 
der  Gaszähigkeit  klein  genug  ist,  um  von  den  recht  geringen 
Versuchsfehlern  verdeckt  zu  werden.  Dass  man  daraus  nicht 
schliessen  kann,  welche  Aendeiung  der  Dicke  der  Gasschich- 
ten momentan  vor  sich  gehen  mag,  gebe  ich  zu. 

Bei  Ermangelung  einer  genügend  eingehenden  Experi- 
mentaluntersuchung  scheint  mir  eine  weitere  Discussion  einst- 
weilen fruchtlos  zu  sein.  Ich  bemerke  aber,  dass  der  von 
mir  wiederholt  beobachtete  identische  Verlauf  der  Luft- 
reibung und  der  Wasserstoffreibung,  in  Bezug  auf  Temperatur, 
am  ungezwungensten  als  directe  Thatsache  aufzufassen  ist; 
denn  sonst  müsste  man  annehmen,  dass  Luft  und  Wasser- 
stoff bei  der  Bildung  von  Schichten  auf  Platin  sich  gleich 
verhalten,  oder  dass  der  Unterschied  in  der  Reibung  der 
beiden  Gase  durch  entsprechende  Unterschiede  der  Con- 
densation derselben  auf  Platin  aufgehoben  wird.  Diese 


1)  Kayser,  Wied.  Ann.  14.  p.  450.  1881. 

2)  Vgl.  J  \V.  Lang  ley,  Zeitechr.  für  Pbys.  Chem.  2.  p.  83.  1889. 

3)  Schumann,  Wied.  Ann.  88.  p.  381.  385.  1884. 

4)  Chappuis,  Wied.  Ann.  8.  p.  1.  1879. 


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Zähigkeit  der  Gase. 


305 


an  sich  schon  unwahrscheinlichen  Alternativen  werden  noch 
unwahrscheinlicher,  wenn  man  berücksichtigt,  dass  die  von  mir 
bei  Wasserstoff  erhaltene,  von  0  bis  1000°  durch  wog  geltende 
Beziehung  (1  +  x0")v*  durch  eine  ganz  complicirte  Function, 
bezw.  durch  die  Annahme  einer  Abwesenheit  der  Gas- 
condensation  beim  Wasserstoff  im  Vergleich  mit  Luft,  ersetzt 
werden  mtisste.  Zum  Schluss  bemerke  ich  noch,  dass,  falls 
man  die  Transpirationsmethode  verwirft,  man  über  das 
Verhalten  der  Gaszähigkeit  bei  hohen  Temperaturen  keinen 
Aufschluss  erwarten  kann. 

IV.  Sohlussbemerkungen. 

29.  Kraft  des  im  §  23  Gesagten  lassen  sich  Messungen 
der  Temperatur  mittelst  der  Transpiration  durch  Zeitbeobach- 
tungen i  oder  durch  Yolumenbeobachtungen  V0  oder  durch  Ge- 
schwindigkeitsbeobachtungen V0jt  oder  sogar  durch  Druck- 
anderungsbeobachtungen  (Pt  —  pr)lp  ausführen.  Sämmtliche 
Grössen  allein  genommen  variiren  wie  die  5/3  Potenz  der 
absoluten  Temperatur.  Daher  die  Empfindlichkeit  der 
Methode.  Von  den  Methoden  ist  wohl  eine  Differ*  ntial- 
methode  am  brauchbarsten,  und  zwar  entweder  in  der  in 
6,  11  beschriebenen  Form,  oder  aber  in  der  von  Hol- 
man1)  gebrauchten  eleganten  Weise,  wobei  man  ent- 
weder Compression  oder  Verdünnung  anwenden  kann.  In 
Ermangelung  einer  guten  Pumpe  lässt  sich  eine  mög- 
lichst leichte  kleine  Gasglocke  aus  Eisenblech,  welche  nach 
Ait  der  Gasometer  in  Quecksilber  taucht,  und  je  nach- 
dem positiv  oder  negativ  zu  beschweren  ist,  verwenden. 

Natürlich  hat  man  bei  Differentialmethoden  den  bedeuten- 
den Vortheil,  dass  sowohl  der  Gebrauch  des  Chronometers, 
als  auch  des  zur  Druckmessung  erwünschten  Kathetometers 
überflüssig  wird,  resp.  dass  selbst  kleine  Druckänderungen 
unschädlich  sind. 

Will  man  volle  Genauigkeit  bei  der  Transpirations- 
methode erhalten,  so  ist  dann  auch  der  Platincapillare  eine 
bessere   Form   zu   verleihen,   als   in    dem  improvisirten, 

1)  Holman,  1.  c. 


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39o 


C.  Bar  us. 


aber  sonst  sehr  zweckmässigen  Apparat  Figur  1  und  2. 
Da  das  Correctionsglied  für  die  kalten  Enden  mit  der  vierten 
Potenz  des  Radienverhältnisses  abfällt,  vermag  man  den  cen- 
tralen Capillarcanal  in  Bezug  auf  die  Eadöffnungen  ge- 
nügend zu  verkleinern.  Dadurch,  dass  man  den  verkleiner- 
ten Tbeil  spiralförmig  windet,  sowie  die  Zuleitungs-  und  Ab- 
leitungsröhren an  den  Enden  parallel  der  Spiralaxe  laufen 
lässt,  ist  es  möglich,  dem  Transpirationspyrometer  eine  Stab- 
form zu  verleihen,  welcbe  die  Grösse  eines  gewöhnlichen 
Thermometers  nicht  zu  übersteigen  braucht,  vom  Messapparat 
abgesehen.  Dabei  ist  es  in  mancherlei  Berechnung  zweck- 
mässig, sowohl  die  Spirale  als  auch  die  Endröhren  mit  einer 
dünne.n  Platinröhre  eng  zu  umhüllen.  In  Fällen  allzu  grosser 
Endröhren  ist  jedoch  andererseits  Gefahr,  dass  Aenderungen 
der  Temperaturvertheilung  hierselbst  die  Resultate  trüben 
könnten. 

Schwierig  ist  die  Aufgabe,  die  Capillare  in  die  Platin- 
enden ohne  Beschädigung  des  feinen  Canalcs  einzufügen. 
Ausser  den  dem  Platinkünstler  bekannten  Methoden  habe 
ich  noch  derjenigen  gedacht,  dass  die  Enden  der  Capillar- 
röhre  in  die  etwas  zu  weite  Endröhre  gesteckt  werden, 
letztere  alsdann  durch  Drahtzug  im  Caliber  verjüngt  und 
schliesslich  fest  auf  die  Capillarenden  gezogen  wird.  Es 
lassen  sich  z.  B.  auf  diese  Weise  Metallröhren  sehr  fest 
mit  eingelegten  Drahtenden  verbinden.  Schweissung  er- 
folgt bei  höherer  Temperatur.  Uebrigens  kommt  auf  die 
Aenderung  des  Capillarradius  nicht  gar  so  viel  an,  da 
man  ja  R0/ij0  direct  bestimmen  kann.  Deswegen  lässt  sich 
die  Verjüngung  centraler  Theile  auch  dadurch  erzielen, 
dass  man  entweder  in  eine  Platinröhre  grösseren  Calibers 
ein  kurzes,  dünnes  Stück  einer  feineren  hinein  bringt,  die 
weitere  Röhre  dann  durch  Drahtzug  im  Durchmesser  ge- 
nügend vermindert,  oder  aber  man  schiebt  einfach  einen 
feinen  Platindrabt  in  den  Capillarcanal  central  hinein.  Diese 
Formen  haben  den  Vortheil,  dass  zwischen  dem  capillaren 
und  terminalen  Tbeil  des  Pyrometers  kein  Bruch  der  äusseren 
Metallcontinuität  der  Röhren  stattfindet.  Ja  man  kann  ein- 
fach die  centralen  Theile  einer  weiteren  Capillare  (z.  B. 
H  =  0,025  cm)  durch  eine  passende  kleine   Presse  direct 


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Zähigkeit  der  Gase. 


397 


verjüngen.  Man  kann  schliesslich  ganz  ohne  Verjüngung 
den  besagten  Zweck  erreichen,  und  zwar  durch  Tem- 
peraturerniedrigung. Im  Apparat  Fig.  1  und  2  ist  dann  der 
offene  Wassertrog  MM  durch  feinere  cylindrische  Röhren 
zu  ersetzen ,  in  welchen  Wasser  schnell  circulirt.  Hier  ist 
man  darauf  angewiesen,  die  Dimensionen  und  Temperatur 
der  längeren  Enden  direct  und  scharf  zu  messen,  wodurch 
das  Correctionsglied  bestimmt  wird. 

Genügend  lange  Gapiiiaren  lassen  sich  auch  sehr  leicht 
zu  einem  Cylinder  von  2,5  cm  Länge  und  9,6  cm  äusserem 
Durchmesser  aufwickeln.  Solche  Spiralen  kann  man  direct 
in  die  Centrairöhre  meines  eingestülpten  Luftthermometer- 
ballons hineinbringen.  Der  Vergleich  wird  ebenso  wie  beim 
Thermoelement  ausgeführt. 

Zieht  man  die  Capillare  dünn,  so  lässt  sie  sich  durch 
den  galvanischen  Strom  erhitzen.  Gibt  man  ihr  dann  die 
Form  einer  offenen  Spiralfeder  mit  isolirten  Endröhren,  um- 
hüllt sie  ferner  mit  schlecht  leitender  Substanz,  z.  ß.  mit 
Asbestwolle  oder  Papier,  so  erhält  man  einen  Apparat  ther- 
mostatischer Art.  Vermittelst  dieses  lässt  sich  eine  im  Inne- 
ren der  Capillarspule  eingeführte  thermoelectrische  Löthstelle 
direct  mit  dem  Transpirationspyrometer  calibriren. 

Schliesslich  sei  mir  die  Bemerkung  erlaubt,  dass  sich 
die  Transpirationsmethode  ebenfalls  zum  Studium  der  Gas- 
dissociation  in  hohen  Temperaturen  eignen  muss;  denn  Dis- 
sociation bringt  eben  Abweichungen  im  Normalverhalten  der 
Temperaturveihältni8se  der  Zähigkeit  mit  sich.  In  Fällen,  wo 
Gase  durch  die  Platincapillare  diffundiren,  ist  der  Metall- 
apparat mit  einer  aussen  glasirten,  an  einem  Ende  geschlos- 
senen Porzellanröhre  eng  zu  umgeben.  Denkt  man  sich  bei 
Wasserstoritranspiration,  z.  6.  eine  solche  Röhre  ebenfalls 
mit  Wasserstoff  vom  Druck  ^(P+p)  angefüllt,  so  ist  der 
störende  Einfluss  der  Gasdiffusion  aufgehoben.  Ueberhaupt 
ist  es  im  allgemeinen  rathsam,  das  Capillarpyrometer,  so  oft 
dasselbe  direct  der  Flamme  ausgesetzt  werden  sollte,  mit  einer 
Porzellanröhre  zu  umgeben. 

Der  mit  Untersuchungen  dieser  Art  vertraute  Leser  wird 
die  fielen  sachlichen  wie  mechanischen  Schwierigkeiten  bei 
dieser  Untersuchung  beurtheilen  können.  Zum  Beispiel  ziehen 


398 


E.  Dorn. 


sich  die  Fehler  der  ursprünglichen  Temperaturcalibration 
sich  laufend  durch  die  ganze  Arbeit  hindurch.  Ich  habe 
deshalb  es  vorgezogen,  von  weiteren  Austuh  runden,  wi<? 
z.  B.  der  Ausmittelung  der  Capillarradien,  der  Gasreinigung 
und  dergl.,  obgleich  mir  dadurch  mancher  Vortheil  erwachsen 
wäre,  abzusehen,  um  mich  eben  in  der  mir  zu  Gebate 
stehenden  Zeit  enger  an  das  eigentliche  Problem  der  Arbeit, 
die  Ermittelung  des  Temperatur  Verhältnisses  der  Gaszähig- 
keit halten  zu  können. 

Phys.  Lab.  U.  S.  Geological  Survey,  Washington, 
D.  C,  U.  S.  A. 


VII.  Eine  Bestimmung  des  0)vm; 
van  E.  Dorn. 

(Im  Auszuge  der  Königlichen  Academie  der  Wissenschaften  zu  Berlin 

vorgelegt  am  5.  Juli  1888.) 

(Ilicn.  T»f.  I  Flg.  7-18.) 
(Fortsetzung  von  p.  72.) 


16.  A bleu kungsbeobachtungen  zur  Ermittelung 
von  M J H.  —  Unter  den  hierzu  erforderlichen  Grössen  ist 
von  besonderer  Wichtigkeit  der  Magnetabstand,  (r  resp. 
r  in  Formel  (15)). 

Die  oben  beschriebenen  Lager  (vgl.  p.  32)  gestatten, 
den  Magnet  in  zwei  verschiedenen  Entfernungen  wirken  zu 
lassen.  Um  nun  zunächst  die  Differenz  dieser  Entfernungen 
möglichst  scharf  zu  erhalten,  wurden  die  Lager  vor  der  Be- 
festigung auf  ihrem  Platze  unter  den  Comparator  gebracht 
und  die  beiden  mit  Ocularmikrometer  verseheneu  Mikro- 
skope desselben  auf  eine  am  Magnet  (4)  angebrachte  Marke 
gerichtet,  wenn  derselbe  von  der  einen,  resp.  der  anderen 
Seite  an  das  Glasstück  angedruckt  war.  Dann  wurde  das 
Normalmeter  substituirt  und  dieselbe  Operation  in  der  um- 
gekehrten Richtung  des  Magnet6  wiederholt    Das  Mittel 


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Bestimmung  des  Ohm. 


399 


der  Resultate  an  den  zusammengehörigen  Lagern  gibt  dann 
die  mittlere  Differenz  der  Entfernungen. 

Am  29.  Mai  1885  wurde  dieselbe  (auf  10°  reducirt)  ge- 
funden für  die  Lager  an 

der  Tangentenbussole     285,188  mm 
am  Galvanometer         285,389  » 

Da  die  Grösse  sich  aus  etwa  210  mm  Stahl  und  75  mm 
Glas  zusammensetzt,  wächst  sie  fur  1°  um  210.0,0412 
+  75. 0,0585  «  0  0031  mm. 

Nachdem  die  Magnetlager  auf  den  seitlichen  Ansätzen 
der  Tische  festgekittet  waren ,  wurde  das  Magnetometer  der 
Tangentenbussole  (und  ebenso  das  Gehänge  des  Galvano- 
meters) entfernt  und  zunächst  eine  Milchglasscala  mit  Hülfe 
leichter  Klötzchen  und  auf  die  Ansätze  gestellter  Stativchen 
nahe  symmetrisch  so  angebracht,  dass  die  obere  getheilte 
Seite  in  einer  horizontalen  Ebene  mit  der  oberen  Kante 
des  in  seinem  Lager  ruhenden  Magnets  sich  befand.  Die 
Unverrückbarkeit  wurde  durch  reichliche  Verwendung  von 
Kleb  wachs  gesichert. 

Nun  wurde  eine  durchsichtige  Glasscala  —  die  Theilung 
nach  unten  —  mit  einem  Ende  auf  den  Magnet,  mit  dem 
anderen  auf  die  Milchglasscala  gelegt,  wobei  eine  Durchbie- 
gung durch  ein  untergesetztes  Stativchen  verhütet  wurde,  und 
der  Abstand  einer  Marke  auf  dem  Magnet  und  des  End- 
striches der  Milchglasscala  von  den  benachbarten  Theil- 
strichen  mikroskopisch  ausgemessen.1)  Die  Mikroskops  waren 
dabei  auf  besondere  Stative  gesetzt. 

Der  Magnet  wurde  in  unveränderter  Richtung  auf  die 
andere  Seite  gebracht  und  ebenso  verfahren;  schliesslich 
wurde  die  ganze  Messung  für  die  umgekehrte  Lage  des 
Magnets  wiederholt. 

Sämmtliche  benutzten  Theilstriche  der  durchsichtigen 
Scala  sind  berichtigt,  ebenso  die  Länge  der  Milchglasscala. 

Nachstehend  sind  die  Resultate  der  Messungen  auf  10° 
reducirt  angegeben. 


1)  Dag  Einlegen  des  Magnets  brachte  nach  mikroskopischer  Mes 
wog  eine  HorizontalverBchiebung  von  noch  nicht  0,01  mm  hervor. 


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400  E.  Dorn, 


Magnetabstände. 


Tangente 

r  (mm) 

«bussole"   Galvanometer     Verlängerung  fxir  !• 

r       |;      r       |  r 

1.  Juni  1885 
29.  Juli  1885 

(1245,04) 
1245,07 

(1245,22) 
1245,26 

(959,91)  (1245,23) 
959,88  1245,25 

(960,10)  ' 

960,07  1245,87 

(959,88)  •     r  :0,0110  mm  \> 
959,86  j!     r  :  0,0078  „ 

i 

959,98  ! 

Die  eingeklammerten  Werthe  sind  direct  aus  den  Mes- 
sungen abgeleitet,  die  anderen  —  welche  später  verwendet 
sind  —  in  der  Weise,  dass  die  Differenz  der  gemessenen 
(s.  o.)  gleich  gemacht  ist,  während  die  Summe  unverändert 
bleibt. 

An  beiden  Apparaten  hat  eine  Vergrösserung  der  Ent- 
fernung stattgefunden  (um  0,19,  resp.  0,12  mm),  daher  ist  für 
die  Zwischenzeit  interpolirt  worden.  Die  Beobachtungen 
2 — 5  vom  Sommer  1885  sind  infolge  dessen  mit  einer  klei- 
nen Unsicherheit  behaftet. 

Um  diese  für  die  späteren  Beobachtungen  zu  vermeiden, 
brachte  ich  auf  den  Lagern  Marken  —  rothe  Theilstriche 
auf  Milchglas  —  an  und  controlirte  den  Abstand  (nahe 
2200  mm)  derselben  jedesmal  mit  einer  langen  Glasscala, 
Die  späteren  Angaben  der  Magnetabstände  sind  auf  die 
Entfernung  2200,00  mm  der  Marken  bezogen. 

Ferner  ersetzte  ich  die  Lager  an  der  Tangentenbussole 
durch  neue  und  benutzte  als  Marke  am  Magnet  eine  kleine 
aufgeklebte  Scala,  wodurch  die  Messungen  an  Schärfe  sehr 
gewannen. 

Es  wurde  so  erhalten: 


Magnetabßtfinde  fur  10°  und  2200,00  mm  Markenabstand. 


1 

■ 

Tangentenbussole 
r  (mm)  r 

Galvanometer 

L._r.    .1  r 

26.  u.  28.  Sept.  1885  \ 
1.  Febr.  1886  j 

1246,60  961,43 
1246,608  961,435 

1    1245,31  959,92«) 
|    1245,83  959,94*) 

1)  Nämlich: 

i  (2283  .  0,0,85  +  210  .  0,0412)  und   *  (2133  .  0,0S85  -  210  . 0,0412). 

2)  Die  Differenz  r-r  stimmte  hier  ohne  weiteres  mU  dem  früher 
durch  die  Substitutionsmessung  ermittelten  Werth. 


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Bestimmung  des  Ohm. 


401 


Ueber  die  beiden  Magnetometer,  welche  in  der  Tangen- 
tenbussole auch  bei  den  Ablenkungsbeobachtungen  zur  Be- 
stimmung von  MjH  Verwendung  fanden,  sind  die  erforder- 
lichen Aügaben  schon  gemacht.   (Vgl.  p.  33,  34  und  70  ff.) 

In  das  Schiffchen  des  Galvanometers  wurden  als  Hülfs- 
magnete  ein  Hohlcylinder  (3)  und  ein  Voilcylinder  (2)  ein- 
gelegt. Es  sind  dies  die  in  einer  früheren  Mittheilung  *)  mit 
den  gleichen  Ziffern  bezeichneten  Magnete;  die  auf  dieselben 
bezüglichen  Data  stelle  ich  noch  einmal  kurz  zusammen. 


yfiZSn  Masse  Länge  Durchm.  mmj  Temp.-      Mom.  Inductionscoäfl'. 
g        mm    '  innen  |  aussen    co6°-    {mm,in>r.wci    |£ng8  quer 

2  318,05    209,63     —  I  15,71    0,03360  1  6,53  .  107    B,186.1ü4  4440 

3  1  06,46    160,93  !  12,05  j  10,80    0,0,24*)  2,99 .  107    2,269.1g1  3950 

*)  Für  20°. 

Die  Torsionsverhältnisse  0'  waren: 

Hohlmagnet  3. 
Messingdraht. 

4.  Juni  1885     0,01294        20.  Oct.  1885 
2.  Juli  1885     0,01301    ,      9.  Nov.  1885 
0,01298        10.  Nov.  1885 

Voilcylinder  2. 
Messingdraht  Eisendraht. 

14.  Nov.  1885     0,00585        30.  Nov.  1*85     0,001  66t» 

13.  Dec.  1885     0,001  674 
I    22.  Jan.  1886»)  0,001  645 

Polabstände.*)  Da  der  Hohlmagnet  4  bei  den  Haupt- 
beobachtungen jedesmal  aus  zwei  Entfernungen  r  und  r 
auf  das  Magnetometer  der  Tangentenbussole  ablenkend  wirkte, 
so  Hessen  sich  diese  Beobachtungen  zur  Ermittelung  des 
PolabBtandes  2ax  verwerthen. 

Indem  die  rechte  Seite  von  15)  für  beide  Entfernungen 
gleich  gesetzt  wird,  folgt: 

1)  E.  Dorn,  Wied.  Ann.  35.  p.  275.  1888. 

2)  Wie  schon  erwähnt,  war  am  16.  Januar  1*8(5  der  Draht  gerissen 
and  bei  der  Neubefestigung  verkürzt.  Vor  der  Verkürzung  hätte  nach 
dem  Längenverhältniss  sein  sollen  H 0,001  637;  das  Mittel  dieser  Zahl 
und  der  beiden  ersten  ist  0,001  660. 

3)  Ueber  den  Polabstand  der  Magnetometer  s.  p.  69. 

Ann.  d.  Phji.  u.  Cbem.  N.  F.  XXXVI.  26 


0,01298 
0,01302 
0,01304 

0,01301 


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402 


E,  Dorn. 


(»7) 


2^ 2 


r'tgy  -  r'4  tg  y 


wo  der  Kürze  wegen  gesetzt  ist: 


/>t  und  j>l  enthalten  allerdings  ax,  doch  genügt  für  die  Be- 
rechnung von  q  und  q  ein  Näherungswerth  (z.  B.  5/]3  der 
Magnetlänge). 

a  ist  =  10,04  mm  zu  nehmen  (vgl.  p.  69);  ferner  war  im 
Mittel  sämmtlicher  Beobachtungen: 


y  =  1245,28.      ,    r' =  960,0ö0      ,  1246,50«     ,    r  =  961.334. 

=      2,04fS78°,    y=     4,49471°,        y/=      2,05500°,    y, '«  4,50393», 


Dieser  Werth  ist  für  die  Reduction  der  Beobachtungen 

benutzt. 

Die  besten  Beobachtungen  im  Herbst  (3.,  6.,  8.,  13.,  17.  No- 
vember), ähnlich  behandelt,  lieferten  in  guter  Uebereinstim« 
mung  ax  =  89,56  mm,  die  weniger  zuverlässigen  Winterbeob- 
uchtungen  mit  Magnetometer  I  den  etwas  grösseren  Werth 
90,97. 

Nachträglich  habe  ich  noch  in  Halle  einige  Bestimmun- 
gen vorgenommen,  bei  welchen  der  auf  eine  durchsichtige 
Glasscala  gekittete  Magnet  auf  zwei  berichtigten  Milchglas- 
scalen  verschoben  wurde.  Verwendet  wurde  hierbei  das  zum 
Galvanometer  gehörige  Stativ  und  Magnetometer  I;  die  für 
je  drei  Abstände  in  angemessener  Abwechselung  angestellten 
Beobachtungen  wurden  nach  kleinsten  Quadraten  berechnet. 
Es  ergab  sich  so: 

27.  u.  30.  März  1888.  10.  April  1888.  14.  April  1888. 

r  unm)  tgj^beob.1  tgtj/ber.   r(mm)  tg^beob.  tgy  ber.  |  r(mm)  tgtffbeob.  tg^bf? 

1349.60.'»  0,027  921»  0.027  92a  !  1299,636  0,031  387  0,031  383  1299,636'  0,031  396  0,031  <tf 
10411.641t  0,050  682  O,0*i9  687  :  999,659  0,069  390  0,069  393  1  999,6591  0,069  438  0,06!»  4S» 
M9.706  0,113  361  0,113  3«ö !  799,682  0,136  735  0,136  734    799,682  0,136  814  0,136  6Ü 

tf,  =  88,90  min.  a,  =  88,02  nun.  a,  =  88,00  mm. 


Sommer 


Herbst 


a,  =  89,72  mm. 


Mittel   Qj  =  89,46. 


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liestimmnny  des  Ohm. 


403 


Hiernach  hätte  sich  der  ganze  Polabstand  um  2  min  — 
etwa  1  Proc.  —  verringert;  dies  dürfte  beim  Transport  ge- 
schehen sein,  fur  den  der  Hohlmagnet  4  mit  dem  fast  gleich- 
starken Magnet  2  durch  zwei  kleine  Anker  zu  einem  geschlos- 
senen System  vereinigt  war. 

Für  Magnet  2  wurde  beobachtet: 

12.  Januar  1886.     r  =  1246,41  mm,     r  =  9«1,58  mm, 

<p  «  2,0480°,  y  =s  4,1826°, 

woraus  nach  (37),  (38):  «,  =*  87,5;  ferner  nachträglich  in  Halle 
(8.  April  1888): 

r  =  1349,605       1049,649  34y,706 
tg  p  beob.  -  0,027  878      0,059  559      0,113  085      a,  =  87,05  mm. 
ber.    =  0,027  871      0,059  561      0,113  085 

Der  Polabstand  hat  also  auch  hier  abgenommen;  übri- 
gens ist  der  Werth  87,5,  wie  aus  der  Berechnung  der  Ab- 
lenkungsbeobachtungen hervorging,  jedenfalls  noch  etwas  zu 
klein,  und  88,3  dürfte  der  Wahrheit  näher  kommen. 

Die  später  mitzutheilenden  Rechnungen  sind  mit 
a,  =  87,7  mm  geführt;  dieser  Werth  hatte  sich  bei  einer 
Näherungsrechnung  ergeben  und  weicht  von  dem  definitiven 
87,5  so  wenig  ab,  dass  eine  Wiederholung  der  Rechnungen 
uberflüssig  schien. 

Die  Beobachtungen  über  den  Polabstand  des  kleinen 
Hohlmagnets  sind  folgende: 

11.  Juli  1885.     r  =  1220,84,     r  =  804,57,      ,    _  uuu 
y  =  0,97945«    ,,/=  3,4460°,  * 
ax  =  69,3  mm. 


30.  Dec.  1*87.     r  ~  938,58,      r  =  638,59,    .  ,        .  .r 

(Halle)        y  =  2,0392',        =*  6,5304<\  <a        4>lj  mm >' 

a,  =  69,8  mm. 

Für  die  Rechnung  verwendet  ist  das  Mittel  69,6  mm. 

Es  mögen  noch  die  aus  dem  Vorstehenden  sich  ergeben- 
den Quotienten  Polabstand  /  Magnetlänge  zusammengestellt 
werden : 


Magnet  4  (hohl) 

Länge  209,97 

Polabstand  178,9  l  177,0 

Quotient  0,852  0,843 


2  (voll)  3  (hohl) 

209,63  160,93 


175,0 
0,835 


174,1 

0,831 


139,1 
0,864 


1)  Magnetometer  I  mit  Magnet  von  10  mm  Länge. 

26* 


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401  E.  Dom. 

Diese  Zahlen  schliessen  sich  eng  an  die  Angaben  von 
Hrn.  F.  Kohlrausch1)  an,  und  zwar  liefern  auch  bei  mir 
die  Hohlmagnete  etwas  höhere  Werthe. 

Da  in  jeder  Reihe  der  flauptbeobachtungen  die  Magnet- 
abstände fast  ungeändert  blieben,  und  auch  die  Ablenkungen 
—  welche  auf  p2  und  px  einen  geringen  EinÜuss  haben  — 
nur  unerheblich  schwankten,  so  konnten  in  jeder  einzelnen 
Reihe  dieselben  ein  für  allemal  berechneten  Werthe  von  jk, 
und  pi  beibehalten  werden,  wie  sie  in  nachstehendem  Täfel- 
chen vereinigt  sind. 

Taugenteubussole. 


Magnetometer  I.    a  =  10,04;        =  89,46.  Ji'S^o^^S. 
Sommer  Herbst  u.  Winter  Winter 


r  (min) 

V>° 
P* 

r  ,u 

1  1245,3 

2,049 

15706 
t, 802. 10* 

960,1 
4,495 
15713 
1,805.10" 

1246,5  961,3 
2,055     |  4,504 
15706     '  15713 
1,802.10s  1,805.10s 

!  1264,4 
2,055 
15770 
1,827.10» 

961,2 
4.504 
15775 
1,829.10* 

'  1,01020 

1,01726 

1,01018  1,01721 

1,01023 

1,0172* 

Galvanometer. 

Hülfsmagnet:  3; 

a  =  69,6;  a,  =89,46. 

Hülfsmagnet:  2; 

a  =  87,7; 

a,  =  89,4^. 

Sommer  u.  Herbst 

Herbst 

Winter 

r(ium)         1245,4        960,0       ,    1245,3        959,9  1245,3  i*5i>7S 

t//°  1,999  4,361  1,998  4,343  2,00"  4,364 

p2  1562  1893         -6928        -6406        -6927        -  64lx> 

/><  -2,561 . 108  -2,512. 10*  ,  -3,985. 108  -3,984. 108  - 3,984 . 10*  -3,981.  \K 

[l+^  +  ^jl    1,00090       1,00176    1    0,99537       0,99258       0,99536    j  0,9«/>5" 

17.  Local  variometer.  —  Das  Local  variometer  mit 
vier  Ablenkungsmagneten  nach  Hrn.  F.  Kohlrausch  besitzt 
vor  den  Bifilarinstrumenten  dieser  Art  den  grossen  Vorzug, 
eine  Unverrückbarkeit  seiner  Aufstellung  nur  fur  die  kurze 
Zeit  der  Ablesungen  in  beiden  Lagen  des  Rahmens  zu  bean- 
spruchen. 

Die  zur  Berechnung  der  Angaben  dienende  Formel  wurde 
bereits  angegeben.    Ist  für  den  Normalwerth  der  Horizontal  - 


1)  F.  Kohlrauscb,  Gött.  Naebr.  1883.  Nr.  13.  p.  396. 


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Bestimmung  des  Ohm. 


405 


intensitat  H0  bei  einer  Temperatur  r0  die  Differenz  v0  der 
Ablesungen  in  beiden  Stellungen  der  Ablenkungsmagnete 
beobachtet,  und  haben  für  eine  andere  Zeit  oder  einen  ande- 
ren Ort  Hy  r,  v  die  entsprechende  Bedeutung,  so  ist: 

Der  Coefficient  ^  hängt  mit  dem  Temperaturcoefticien- 
ten  (mj)  des  Momentes  der  Ablenkungsmagnete  und  dem 
Ausdehnungscoefficienten  t  des  Rahmens  zusammen  durch 
die  Beziehung:  ul  =  (ja,)  +  3c. 

Um  (mj)  zq  bestimmen,  klebte  ich  die  später  aus  der 
ersten  Hauptlage  wirkenden  Magnete  1)'  und  3)'  des  Vario- 
meters V  parallel  nebeneinander  in  39  mm  Abstand  auf  eine 
Glasplatte  (wobei  jeder  Magnet  auf  den  anderen  eine  schwä- 
chende Kraft  von  etwa  1,5  //ausübte),  und  verfuhr  im  übrigen 
nach  der  Web  er' sehen  Methode.2)  Ich  erhielt  im  Mittel 
aus  je  fünf  Beobachtungen  (28.  September  1884): 

Temp.     Magnetometer  n    beob  ber 
/  beob.  ber. 


20,31  ,   507,63  507,86  -0,23  n  ber.  =  524,71  —  0,8299 1. 

30,15  4  99,74  499,69  +  0,<>5  Summe  der  Scalen  Verschiebungen 

20,33  508,14  507,*4  +0,30  bei  folgeweiser  Entfernung  der 

10,14  516,42  516,30  +0,12  Magnetchen  und  des  Gumpen- 

20.27  507,S2  507,89  -0,07  sationsmagnets  N «  1287,2. 

±0,15 

[ßx)  =  0,3299/1287,2  =  0,03645. 

Die  für  die  zweite  Hauptlage  bestimmten  Magnetchen  2)' 
und  4)'  gaben  ähnlich: 

Temp.     Magnetometern    beob,  _  ber> 
/         beob.  ber. 

20,52  506,46  506,77  —0,31  n  ber.  -  51S.56  -  0,5744  f. 

29,97  501,24  501,34  -0,10 

20,67  506,88  506,69  +0,1»  y  =  1124,6. 

10,04  '   512,68  512,79  -0,11 

20,26  507,05  506,92  +0,13 

±0,17 

(/i,)'  -  0.5744  1124,6  =  0,0,511. 

1)  Diese  Formel  setzt  voraus,  dass  va  von  massigem  Betrage  ist. 
r  kann  auch  grössere  Wertbe  besitzen,  muss  dann  aber  der  Tangente 
der  Ablenkung  vom  mittleren  Sealentheil  proportional  gemacht,  werden. 

2)  Vgl.  z.  B.  F.  Kohlrausch,  Leitfaden  der  praktischen  Physik, 
ß.  Aufl.  p.  200  u.  201.  Nr.  3. 


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406 


E.  Dorn. 


Sind  rl3  und  ru  die  Abstände,  aus  welchen  die  in  der 
ersten  und  zweiten  Hauptlage  befindlichen  Magnetchen  wir- 
ken, so  wurde  nach  Anweisung  von  flrn.  F.  Kohl  rausch 
r13  =  1,12.  r24  gemacht.  Hiernach  ist  als  Temperaturcoefti- 
cient  der  Combination  anzusetzen: 

_  (1,12)  '.0,0,511  +  2.0,0,645  ^ 

Wird  der  AusdehnungscoeTficient  des  kupfernen  Rahmens 
nach  Fizeau  t  =  0,03168  gesetzt,  so  folgt  schliesslich: 

u]  =  0,03590  +  8.0,0^168  =  Ü,03640. 

Ich  habe  auch  versucht,  den  Coefticienten  ^  direct  zu 
bestimmen,  indem  ich  das  Instrument  durch  Heizen  des 
Zimmers  auf  verschiedene  Temperaturen  brachte,  während 
ein  zweites,  in  einem  Räume  constanter  Temperatur  aufge- 
stellt, die  zeitlichen  Aenderungen  von  H  zu  eliminiren  ge- 
stattete. Ich  erhielt  so  y.x  —  Ü,03G53,  indessen  war  das  heiz- 
bare Zimmer  nicht  ganz  frei  von  magnetischen  Störungen, 
sodass  ich  den  Werth  0,0364()  vorziehe. 

Das  Variometer  V  diente  nur  zu  Hülfsmessungen,  wäh- 
rend deren  die  Temperatur  höchstens  um  einige  Zehntelgrade 
schwankte;  ich  habe  seinen  Temperaturcoefficienten  daher 
einfach  auch  =  0,0S64  gesetzt 

Das  Variometer  V  habe  ich  mehrmals  justirt  und  dann 
jedesmal  den  Coefticienten  f  bestimmt.  Derselbe  kann  er- 
halten werden  nach: 

f=  > 
'  AA 

• 

wo  <p  den  halben  Drehungswinkel  des  Rahmens  zwischen  den 
Anschlägen  und  A  den  (wegen  des  Vorsatzglases1)  corrigirten) 
Scalenabstand  bedeutet.  Andererseits  kann  man  rein  empi- 
risch verfahren,  indem  man  durch  einen  genäherten  Magnet, 
für  welchen  MjH0  ermittelt  ist,  die  Horizontalintensität  um 
einen  bekannten  Bruchtheil  von  H  verändert    Er  war: 

1)  Dicke  3,33  mm;  durch  Vorsetzen  wird  das  Bild  um  1,16  mm  gt»- 
nähert,  wie  mit  Hülfe  eines  Mikroskopes  direct  gefundeu  wurde. 


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Bestimmung  dex  Ohm. 
Variometer  V. 


407 


Datum  r/i         A  f        /(mit  Magn.j  /zur  Rechnung 

10.  Oct  1884      23,87°     5J4,7  |  0,03219         0,0,221  0,0,219 

1.  April  1885*)   23,58      507,3     0,0,2151        0,0,2149  0,0/2151 

0.032t4S  Noraalort: 

westliche  C«nim>lt\ 


Ifi.  Oct  1885      23.58      507,8    0,0,2169       0,0,2164  0,0,216*5 

0,0,2163        n  Normalort: 

Gilranometerplatr. 

*)  Hier  war  ein  dünnerer  Faden  eingezogen  nnd  tjorgfilltig  uustordirt. 

Erwähnt  sei  noch,  dass  bei  Variometer  V  zur  Ablesung 
stets  das  mit  dem  Instrument  verbundene  Fernrohr  und  die 
zugehörige  in  Va  mm  getheilte  Scala  benutzt  wurde. 

Das  Variometer  V  wurde  durch  ein  unabhängig  aufge- 
stelltes Fernrohr  abgelesen  und  nur  die  Aenderung  des  Stan- 
des bei  einer  Stellung  des  Rahmens  verfolgt.  Der  Coeffi- 
cient f  wurde  hier  nur  empirisch  ermittelt  und  erhalten: 

7.  April  1885  /'  =  0,03144Ö;    26.  Juli  1885»)  /'  =  <).033254; 

5.  October  1885  0,0,3248. 

Uebrigens  gab  das  Variometer  V  die  Aenderungen  der 
Horizontalintensität  in  Bruchtheilen  desselben  Normal- 
werthes  H^,  wie  das  erste,  da  für  den  benutzten  Magnet  Mj //0 
bestimmt  war. 

Die  Temperatur  r  wurde  durch  ein  Thermometer  ange- 
zeigt, dessen  Gefass  sich  in  der  Höhe  der  Ablenkungsmagnete 
möglichst  nahe  an  denselben  befand.  Beim  Drehen  des 
Rahmens  von  K,  welches  etwa  zwei  Secunden  in  Anspruch 
nahm,  trug  der  Beobachter  dicke  Handschuhe,  auch  trat 
derselbe  immer  nur  so  lange  an  des  Instrument  heran,  als 
zur  Ablesung  unbedingt  nöthig  war.  Wenn  künstliche  Be- 
leuchtung erforderlich  war,  wurde  im  Herbst  das  Licht 
einer  Kerze,  welche  hinter  einem  mit  Wasser  gefüllten 
gläsernen  Troge  stand,  durch  eine  Linse  auf  die  Scala  con- 
centrirt,  weniger  gut  bewährte  sich  im  Winter  eine  Petro- 
leumlampe, deren  Strahlen  nur  die  Scala  trafen,  während 
die  Magnete  durch  einen  mehrfachen  Pappschirm  beschattet 
wurden. 

Bei  den  örtlichen  Intensitätsvergleichungen,  welche  im 


1)  Von  hier  an  Doppelmillimeterscalii. 


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408 


E.  Dorn. 


Herbst  und  Winter  am  Schlüsse  jeder  Hauptbeobachtung 
vorgenommen  wurden,  hielt  ich  ein  Streichhölzchen  einige 
Augenblicke  über  die  Scala. 

Da  mir  im  Sommer  1885  Zweifel  an  der  Zuverlässigkeit 
des  von  mir  benutzten  Variometers  V  zur  Bestimmung  der 
örtlichen  Aenderungen  der  Horizontalintensität  aufgestiegen 
waren,  so  ermittelte  ich  am  18.  October  1885  das  Verhältniss 
von  H  an  zwei  Stellen  G  und  T  (Platz  des  Galvanometers 
und  der  Tangentenbussole  bei  den  Hauptbeobachtungen) 
mit  V  und  durch  Schwingungen  des  Hohlmagnets  4  in  einem 
transportablen  Magnetometer.  Die  zeitlichen  Aenderungen 
von  //  wurden  durch  V  eliminirt. 


V  V  \  I 

Zeit  (/  =  0,0,2166)    '«/« 0.0,3248)  ^  ^ 

Ort       r         r        v  i 

10»>31'-37 '»)  Tgb.  !-88,58  12,14  186,21  11,99  +5,24! -33,34  vT-vg  =  -49,29 

10M8-54'    Galv.  +11,48  12,25  186,58  1 2,05  +4,54;  + 16,02  Vt--^ 

llh  5-11'    Tgb.  -34,75  12,30  188,67  12,14  +1,531-33,22; — ^—=-0,0106^ 

Schwingungsdauer  (schon  auf  Normalstand  von  V 

und  gleiche  Temperatur  des  Magnets  reducirt). 

Ort  Mittel 

Galv.  2M3-57  :  13,3689;  2»»57 -3Ml  :  13,3681  1  13.3685 

Tgb.  3M6'-59:  18,4409;  3b59'-4M3' :  13,4414;  4>>  13  — 4^27  :  13,4406  ;  13,4410 
Galv.  5»»  2  -16:13,3684;  5M6-    30' :  18,3681  13,3683 

Da  die  Torsionsverhältnisse  %  =  0,00777  und  &T  «  0,0078;*) 
waren,  folgt: 


Zeit 

[Ort 

V 

v     !  r 

r 

V  J 

Redact;  V 

an  v  reduc. 

5h  49' -55' 

Tgb. 

-42,68  12,15  183,62  11,72 

+  8,30  -34,38  vT-vg*= 

-49,46 

6h  6'— 13 
6»»  25'  -30' 

Galv. 
Tgb. 

» 

+  6,63  12,20  188,15  11,68 
-41,25  12,24  188,93  11,68 

+  8,74  +15,37^t-^ 
+  7,45-38,80  jj 

9 

=  -0,01069 

1)  Mittel  aus  zwei  Ablesungen  zu  6'  auseinander  liegenden  Zeiten. 

2)  Es  ist  bequem ,  r  auf  den  Normalstand  des  Variometers  V  und 
Norinalteniperatur  zu  reduciren.  Wie  leicht  ersichtlich,  hat  man  zu  dem 


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Bestimmung  des  Ohm. 


409 


Die  Differenz  der  Werthe  -  0,0108tf  und  -  0,01069 
betragt  0,03 17,  d.  h.  etwa  Veooo»  unc^  ^eß^  innerhalb  der  mög- 
lichen Beobachtungsfehler  bei  der  Schwingungsmethode, 
womit  der  Zweifel  als  unbegründet  nachgewiesen  ist. 

Für  die  Zuverlässigkeit  der  Hauptbeobachtungen  ist  es 
wesentlich,  dass  die  Intensitätsänderungen  an  den  in  Betracht 
kommenden  Stellen  die  gleichen  sind.  Beobachtungen  auf 
Stein  1  und  2  führten  zu  folgendem  Ergehniss: 


V  (Stein  1)  V  i  Steil)  2) 


Zeit  118*:»  ,       All  All      All  -All 

 l  *    l  '     Ļ_.JL*_..  7     i4       jr.  _ 

T.  April  3h  60'  j  388,20')  10,16  +0,00076  1—38,65  10,16  +  0,0O0H<»  -  0,00004 

4*  40'   388,05  10,17  +  64  -38,95  10,17  +  72  -  S 

*  April  8*  35*  i!  395.10  9.45  +  21  -43,40  9,45  +  24  -  M 

.    10h  53  j  403,15  9,51  —  99  -48,95  9,511—  100  +  1 

12h55  ;  39s,80  9,82  -  56  -46,35  9,78  -  »52  -f  H 

4h  0' 1395.05  9,94  -  9  -43,70  9,95  -  16  +  7 

April  8h  30  j  395,30  9,69,+  3  -43,70  9,K6  +  :i  ±  0 

3!>4~94     '9,82.  —43.39    '.».81  J- 0,0000  » 

1)  Wachsendem  H  entsprechen  abnehmende  Sealentheile. 
Die  Differenzen  betragen  also  nie  710rt0(l  und  im  Mittel 

i; 

25000  • 

Ferner  wurde  durch  Versetzen  von  V  erhalten  (April 
1885,  Nor  mal  ort:  Westliche  Console  K3  Fig.  7)  (H-M0)IJf(  = 


8.  April 

20.  April  -0,00762 
25.  April  -0,00766 


Stein  1  Stein  2     j  V  (östl.  Fenster) 


-0,00948  -  0,00646 

-0.00947 

-0,00949    |  -0,00644 


Mittel        -0,00764    ,    -0,00948  -0,00645 

Hieraus  folgt  noch- für  die  Differenz  Stein  1—2:  +0,00184. 

Nach  diesen  Resultaten  hielt  ich  mich  für  berechtigt, 

die  örtlichen  Differenzen  von  //  als  constant  anzusehen.  Es 

ergab  sich  aber  am  26.  Juli  1885  als  relative  Differenz 

gegen  die  westliche  Console: 

Stein  1  —  Cons.     Stein  2  —  Cons.      F,  (Oeatl.  Fenster)  —  Cons. 
-0,00698  —0,00898  -0,00651 

and  daraus  Stein  1  -  Stein  2 :  +  0,00200. 

Ende  (»,'-  r')/'//+  (i—  t)  w,  '/  zu  v  zu  addiren.  Oben  ist  r„'=  190,00 
genommen,  was  übrigens  ftir  das  Endresultat  ohne  Belang  ist. 


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410 


E.  Dorn. 


Diese  Differenz,  auf  welche  es  besonders  ankam,  war 
also  wenigstens  bis  auf  0,031G  unverändert  geblieben. 

Die  anderen,  bis  auf  0,0S5  ansteigenden  Differenzen  ha- 
ben möglichenfalls  in  der  Aenderung  des  inducirten  Magne- 
tismus im  Eisen  des  Gebäudes  durch  die  Temperatur  ihren 
Grund. 

Nach  dem  Umbau  (vgl.  p.  413)  war  die  Differenz  gegen 
Stein  1  (in  Theilen  der  hier  geltenden  Horizontalintensität): 

Stein  2  -  Stein  1     F,  (Oestl.  Fenster)  -  Stein  1 
18.  Oct.  1885.       —0,01063  -0,00669 

forner  die  Differenz  zwischen  Pfeiler  und  Fenster  ( V*  —  I ) 
20.  Jan.  1886:  +0,00108. 

Anordnung  und  Aufstellung  der  Apparate.  Die 
allgemeine  Anordnung  der  Apparate  geht  wohl  hinreichend 
deutlich  aus  dem  Situationsplan  (Fig.  7)  hervor.  Einzelne 
Erläuterungen  will  ich  noch  zusammen  mit  der  Beschreibung 
der  Aufstellung  geben. 

18.  Stativ  für  das  Galvanometer.  Zunächst 
wurde  die  Ablenkungsschiene  horizontal  gemacht  und  der 
Drehpunkt  der  oberen  Platte  mit  Hülfe  eines  Lothes  genau 
unter  den  an  der  Decke  befestigten  Torsionskreis  gebracht. 
Um  noch  die  Ablenkungsschiene  senkrecht  zum  magneti- 
schen Meridian  zu  stellen,  wurde  auf  der  ftxirten  Tischplatte 
ein  Blatt  Papier  mit  zwei  sich  rechtwinklig  schneidenden 
Linien  befestigt,  von  denen  die  eine  genau  in  die  Richtung 
der  Ablenkungsschiene  fiel. 

Auf  der  Tischplatte  wurde  nun  ein  75  cm  langer  Magnet 
(hochkant)  so  lange  verschoben  und  gedreht,  bis  er  das 
45  cm  südlich  von  seinem  Ende  aufgestellte  Magnetometer  I 
nicht  mehr  aus  dem  Meridian  ablenkte  und  mit  einem  Blei- 
stift  die  Spur  des  Magnets  auf  dem  Papier  ausgezogen. 
Di  esc  Operation  wurde  der  Sicherheit  wegen  wiederholt, 
nachdem  der  Magnet  um  seine  Axe  durch  180°  gedreht  war. 
Die  Linien  fielen  parallel  aus  und  gaben  die  Richtung  des 
magnetischen  Meridians. 

Der  Winkel  zwischen  den  Linien  und  der  zur  Ablenkungs- 
schiene senkrechten  Linie  des  Kreuzes  Hess  sofort  den  Be- 
trag der  noch  erforderlichen  Drehung  erkennen.  Nachdem 


l 

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Bestimmung  des  Ohm 


111 


diese  ausgeführt  war,  wurden  alle  Einstellungen  controiirt, 
und  endlich  die  Füsse  des  Stativs  mit  einem  Gemisch  yon 
Leim  und  Gyps  auf  dem  Stein  befestigt. 

Das  Galvanometer  selbst  wurde  so  auf  das  Stativ  ge- 
setzt, dass  der  geometrische  Mittelpunkt  des  Rahmens  unter 
das  Loth  vom  Torsionskreise  fiel.  Dann  kittete  ich  den 
Multiplicatorrahmen  an  das  Gehäuse  und  die  Fussscheiben 
der  Stellschrauben  des  letzteren  auf  die  festgeklemmte 
Platte  des  Stativs. 

Nachdem  der  Aufhängungsdraht  sorgfältig  von  Torsion 
befreit  war,  legte  ich  den  Hohlmagnet  4  in  das  Schiffchen  ein 
und  verschob  den  mittleren  Stift  des  Torsionskreises,  welcher 
den  Draht  trug,  so  lange  in  verticalem  Sinne,  bis  der  Magnet 
sich  in  der  Mitte  des  Multiplicatorrahmens  befand,  was  mit 
Hülfe  eines  entfernt  aufgestellten  Theodolithes  constatirt 
wurde. 

Weiter  machte  ich  den  um  eine  horizontale  Axe  beweg- 
lichen Spiegel  des  Galvanometers  vertical,  und  zwar  benutzte 
ich  hierbei  ein  in  gleicher  Höhe  mit  dem  Spiegel  befindliches 
Fernrohr,  welches  bei  der  richtigen  Spiegelstellung  sein  eige- 
nes Objectiv  gespiegelt  sehen  musste.  *) 

Dass  die  Windungsebene  des  Multiplicators  nach  dem 
Verfahren  des  Hrn.  Schering  in  den  Meridian  gebracht 
wurde,  ist  bereits  oben  (p.  61)  mitgetheilt.  Um  eine  etwaige 
Veränderung  bemerken  zu  können,  wurde  an  dem  Galvano- 
metergehäuse ein  Spiegel  so  befestigt,  dass  in  ihm  die  Scala 
des  Beobachtungsfernrohres  erschien,  wenn  dieses  passend 
geneigt  wurde.  Diese  Vorsichtsrnaassregel  war  besonders  dann 
von  Nutzen,  wenn  das  Galvanometer  von  seinem  Platze  ent- 
fernt und  wieder  hingesetzt  werden  musste. 

Die  Lager  für  den  Magnet  (zum  Zweck  der  Ablenkungs- 
beobachtungen) wurden  soweit  auf  der  Unterfläche  abgehobelt, 
bis  der  ablenkende  Magnet  in  einer  Horizontalen  mit  dem 
Hülfemagnet  lag,  und  in  einem  solchen  Abstände  festgekittet, 
dass  die  Ablenkung  des  Hülfsmagnets  für  beide  merklich 
gleich  ausfiel. 


Ii  Im  Herbat  hatte  eine  kleine  Veränderung  stattgefunden,  vgl.  Mes- 
sung der  Scalenabstündc. 


412 


E.  Dirrn. 


Endlich  wurde  das  Ablesefernrohr  (von  Stein  heil, 
52  mm  Objectivdurchmesser,  Montirung  der  von  E.  H art- 
man  n  ähnlich)  aufgestellt,  seine  Fussscheiben  auf  der  Platte 
des  dreifüs8igen  Stativs  und  die  Füsse  dieses  letzteren  auf 
dem  Stein  befestigt.  Die  Scala  stellte  ich  anfänglich  mit  Be- 
nutzung rechter  Winkel  und  durch  Abmessung  der  Ent- 
fernung entsprechender  Punkte  vom  Ocular  zur  Fernrohraxe 
senkrecht;  weit  besser  bewahrte  sich  aber  folgendes  Verfah- 
ren. Eine  Kerze  wurde  mit  dem  Fernrohr  anvisirt,  sodass 
die  Flammenspitze  auf  dem  Fadenkreuz  gesehen  wurde.  Dann 
trat  der  Beobachter  hinter  die  Kerze  und  Hess  die  (spie- 
gelnde) Scala  durch  einen  Gehülfen  solange  drehen,  bis  die 
Kerze  und  ihr  Bild  in  der  Scala  mit  der  Fernrohraxe  in 
einer  Verticalebene  erschien,  wobei  die  beiden  Bildchen  im 
Objectiv  die  Beurtheiiung  erleichterten. 

Die  von  Hrn.  G.  Wiedemann  angegebene  Methode1) 
erlaubt  jedenfalls,  eine  noch  grössere  Schärfe  zu  erreichen, 
doch  ist  das  oben  beschriebene  Verfahren  mehr  als  aus- 
reichend, sehr  einfach  und  kann  fast  immer  ausgeführt  wer- 
den, ohne  das  Fernrohr  von  seinem  Platze  zu  entfernen.  An 
eine  nicht  spiegelnde  Scala  braucht  man  nur  einen  Spiegel- 
streifen anzudrücken. 

19.  Das  Stativ  für  die  Tangentenbussole  wurde  ähn- 
lich, wie  oben  angegeben,  justirt  und  das  Magnetometer  I 
sorgfältig  mit  der  Magnetmitte  in  die  Mitte  der  Windungen 
gebracht,  wobei  die  gelegentlich  der  Ausmessung  auf  der 
Marmorplatte  gezogenen  Durchmesser  gute  Dienste  leisteten. 

Die  Einstellung  der  Windungen  in  den  Meridian  erfolgte 
nach  der  Gleichheit  der  beiderseitigen  Ablenkungen  durch 
einen  Strom;  übrigens  war  von  der  vorläufig  mit  einer  lan- 
gen Magnetnadel  ermittelten  Lage  nur  eine  Drehung  um 
etwa  0,5°  erforderlich.  Die  Magnetlager  wurden  wie  beim 
Galvanometer  angebracht. 

Das  Fernrohr  (von  E.  Hartmann,  40  mm  Objectiv- 
durchmesser) erhielt  fast  genau  den  gleichen  Scalenabstand 
wie  das  des  Galvanometers  und  wurde  auch  tixirt. 


1)  G.  Wiedemann,  Abhandl.  dor  Herl.  Akad.  1884.  Reparatabdruck 
p.  10  ff. 


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Bestimmung  des  Ohm. 


4\<$ 


Auch  das  aperiodische  Galvanometer  PG  erhielt 
merklich  gleichen  Scalenabstand. 

Durch  einen  Umbau  des  Gebäudes  der  Technischen  Hoch- 
schule im  Spätsommer  1885,  bei  welchem  im  zweiten  Stock- 
werk Eisen  verwendet  wurde,  erlitten  die  magnetischen 
Verhältnisse  eine  Veränderung.  Infolge  dessen  wurde 
die  Orientimng  der  Stative  am  17.  Oct.  1885  wiederholt; 
die  Stellung  der  Tangentenbussole  in  den  magnetischen  Me- 
ridian wurde  am  2.  Jan.  1886  noch  nachjustirt. 

20.  Im  Sommer  und  Herbst,  wo  die  Zimmertemperatur 
von  der  äusseren  wenig  abwich,  stand  das  Variometer  V 
zur  Verfolgung  der  zeitlichen  Aenderungen  der  Horizontal- 
Intensität  (mit  hintergesetztem  Schirm)  auf  dem  eichenen 
Brett  des  östlichen  Fensters  ( Vl  Fig.  7),  im  Winter  auf  einer 
Console  des  Pfeilers  daneben  (Vt). 

Das  Hülfs variometer  V  verblieb  auf  dem  mittleren  Fen- 
sterbrett. 

21.  Den  schnellen  Uebergang  von  einer  Schaltung  zur 
anderen  ermöglichten  zwei  Quecksilberverbindungsnäpfe 
.Yj  und  X2  der  Art,  wie  sie  von  dem  Comite  der  British 
Association  und  auch  von  Hrn.  Wild  benutzt  sind.1) 

Die  Drahtleitungen  waren,  soweit  sie  nicht  über  den 
Tischen  verliefen,  in  etwa  2  m  Höhe  an  ausgespannten  Bind- 
fäden geführt,  und  zwar  stets  Hin-  und  Rückleitungen  lose 
umeinander  geschlungen.  Die  Leitung  von  den  Hauptwin- 
dungen des  Galvanometers  bis  zu  den  Verbindungsnäpfen  Ä\ 
uud  X2  bestand  aus  demselben  doppelt  mit  Seide  besponnenen 
Drahte,  welcher  zum  Galvanometer  verwendet  war,  die  übri- 
gen Leitungen  aus  1,5  mm  starkem  Kupferdraht  mit  wach- 
sirter  Baumwollenbespinnung. 

Zur  Beleuchtung  wurde  nie  Gas,  sondern  fast  aus- 
schliesslich Kerzen  verwendet 

Die  Hauptbeobachtungen. 

22.  Dieselben  zerfielen  in  drei  Reihen,  welche  im  Som- 
mer und  im  Herbst  1885  und  im  Winter  1885/1886  ange- 
stellt sind. 

Jede  einzelne  Hauptbeobachtung  umfasste 

1)  Fleoming  Jenkin,  Reports  of  the  British  Ass.  1873.  p.  119. 


E.  Dom. 


am  Vormittag : 

1)  Messung  des  Scalenabstandes  lür  Galvanometer  und 
Tangentenbussole, 

2)  Controle  des  Abstandes  der  Marken  auf  den  Magnet- 
lugern  (im  Herbst  und  Winter); 

am  Nachmittag,  bez.  Abend1): 

3)  Vergleichung  des  Galvanometerwiderstandes  mit  IVQ*). 

4)  Dämpfungsbeobachtungen  für  vier  verschiedene  Wider- 
stände des  Galvanometerkreises, 

5)  Bestimmung  der  Galvanometerfunction  (zweimal), 

6)  Messung  der  Schwingungsdauer  (zweimal  15  Minuten) 

und 

6  a)  der  Luftd&mpfung, 

7)  Ermittelung  von  M/II  aus  der  Ablenkung  des  Magne- 
tometers der  Tangentenbussole  durch  den  Galvanometermagnet 
(in  zwei  Abständen), 

8)  Die  entsprechende  Beobachtung  am  Ort  des  Galvano- 
meters mit  3  oder  2  als  Hülfsmagnet, 

9)  Vergleichung  der  Horizontalintensität  für  den  Ort 
des  Galvanometers  und  der  Tangentenbussole  (im  Herbst  und 
im  Winter). 

Die  Operation  4)  dauerte  3/4  bis  1  Stunde,  3) — 7)  3  bis 
3V8  Stunden,  3)— 9)  etwa  4%  Stunden. 

Ausser  mir  selbst  waren  stets  zwei  Hülfsbeobachter 
thätig. 

Das  Variometer  für  Declination  wurde  abgelesen  wäh- 
rend 4),  5),  6  a),  7)8).  8),  das  Intensitäts variometer  während 

4),  6),  7),  8). 

Die  Temperatur  des  hohlen  Galvanometermagnets  wurde 
durch  ein  eingeschobenes  Thermometer  gemessen  vor  4),  nach 
6)  und  während  7),  8);  das  Thermometer  in  der  Rolle  unter 
dem  Galvanometerkasten  wurde  abgelesen  während  3),  4),  6). 

Selbstverständlich  wurde  die  Temperatur  von  JVQ  für 
3)  und  4)  die  des  Stöpselrheostaten  WKX  und  des  Neben- 
schlusses für  5)  bestimmt. 

1)  Im  Sommer  wurde  nur  Nachmittags,  im  Winter  nur  Abends,  im 
Herbst  meist  Abends  (nur  am  25.  Oct.,  1.  Nov.  u.  8.  Nov.  Nachm.  beobachtet). 

2)  Hierbei  war  der  Magnet  stets  herausgenommen. 

3)  Im  Herbst  und  Winter. 


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lle&timmuiuj  des  Ohm. 


415 


Mitunter  war  die  Reihenfolge  der  Operationen  eine  an- 
dere; immer  aber  kam  3)  unmittelbar  vor  oder  nach  4). 
Ferner  wurde  stets  daran  festgehalten,  dass  zwischen  den 
Beobachtungen  4),  5),  6)  der  Magnet  unberührt  im  Schiff- 
chen des  Galvanometers  liegen  blieb  und  auch  kei- 
ner stärkeren  magnetisirenden  Wirkung  unterwor- 
fen wurde.  Aus  diesem  Grunde  habe  ich  auch  auf  ein  Ab- 
wechseln von  Dämpfungs-  und  Widerstandsbeobachtungen 
verachtet. 

Ich  bin  der  Ueberzeugung,  dass  bei  der  guten  Tempo- 
raturconstanz  des  Beobachtungsraumes  hierdurch  geringere 
Fehler  entstanden  sind,  als  durch  Aenderung  des  magneti- 
schen Momentes  infolge  der  Ströme  bei  Widerstandsmessung 
aufgetreten  wären.  Bei  Differentialwickelung  wäre  allerdings 
eine  Widerstandsmessung  bei  einliegendem  Magnet  möglich 
gewesen. 

23.  Bevor  auf  die  Mittheilung  der  Hauptbeobachtungen 
selbst  eingegangen  wird ,  muss  noch  eine  Vorfrage  erledigt 
werden,  nämlich  die  gegenseitige  Beeinflussung  der 
Instrumente. 

Dieselbe  wurde  theils  empirisch  ermittelt,  theils  nach 
der  Formel: 

(39)   {      Y  =  ^  [3  cos  (A,  g)  cos  (Ä,  (>)  -  cos  (hx  A,)] . 

Hierin  bedeutet  hY  die  Eichtung  der 
Axe  des  Magnets,  M  sein  Moment,  (> 
seine  Entfernung  von  der  seiner  Wirkung 
unterworfenen  Stelle,  Y  die  Componente 
nach  der  Richtung  A3. 

Nach  derselben  Formel  kann  auch 
die  Fernwirkung  eines  Stromkreises  be- 
rechnet werden,  wenn  M durch  das  Product 
▼on  Stromstärke  und  Windungsfläche  er- 
setzt wird. 

a)  Die  auf  dem  Tisch  I  vereinigten 
Apparate  übten  auf  das  Hauptgalvano- 
meter keine  merkliche  Ablenkung  aus,  auch  unter  Anwendung 
▼on  4  Chromsäureelementen  statt  des  bei  den  Beobachtungen 
benutzten  einen  Daniells. 


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410 


JE.  Dorn. 


b)  Eine  Einwirkung  dos  Chronographen  Hess  sich  nicht 
constatiren. 

c)  Der  im  Schiffchen  des  Galvanometers  liegende  Hohl- 
magnet  4  vermehrt  am  Orte  der  Tangentenbussole  die  Hori- 
zontalintensität um  0,0,14  abs.,  d.  h.  noch  nicht  Viooow 
Betrages  (M  =  6,53.  107,  g  =  6000  mm,  hxg  =  h^g  =  126,2°). 
Auch  die  —  gleichgültige  —  ablenkende  Wirkung  ist  gering: 
1,4  Scalentheil. 

d)  Aus  derselben  Lage  übt  der  Hohlmagnet  4  am  Orte 
des  Local  variometers  eine  vermindernde  Wirkung  von 

0,03106  abs.  aus  (M  =  6,53 . 107,  g  =  6763  mm,  -£A,  g  =-£/*3(> 
=  114°).  Indessen  wurde  der  Magnet  4  vom  13.  November 
ab,  wenn  er  zum  Zweck  der  Bestimmung  von  MjH  heraus- 
genommen war,  sofort  durch  den  fast  genau  gleich  starken 
Magnet  2  ersetzt,  sodass  also  bei  diesen  Beobachtungen 
eine  Aenderung  überhaupt  nicht  eintrat.  Bis  zum  angegebe- 
nen Datum  wurde  Magnet  3  eingelegt,  dessen  Moment 
2,98. 107.  Die  relative  Aenderung  der  Horizontalintensität 
ergibt  sich  hieraus  zu  +  0.0,24;  eine  Grösse,  welche  vernach- 
lässigt werden  darf. 

e)  Hingegen  wirkt  der  auf  den  Lagern  am  Galvano- 
meter O  —>  W  liegende  Magnet  merklich  auf  die  Stelle  Vl 
( }*=  0,0324.//  empirisch).  Daher  wurde  das  Mittel  der  Va- 
riometerablesungen für  beide  Lagen  des  Magnets  benutzt 
oder  der  Magnet  während  der  Variometerbeobachtung  fem 
von  Vx  vertical  gestellt.  Für  die  entsprechenden  Beobach- 
tungen an  der  Tangentenbussole  war  nur  das  letztere  Ver- 
fahren anwendbar. 

f)  Die  Ablesungen  am  Declinationsvariometer  PG  müssen 
von  der  Einwirkung  des  Magnets  4  befreit  werden. 

Äj  und  sind  hier  West-Ost  gerichtet.  Für  die  Be- 
obachtungen am  Galvanometer  hat  man  (von  Ost  nach  West 
auf  den  Lagern  fortschreitend): 

q  =  7505,     7644,     8801,     8995  mm, 
4cAl(>  =  61,0y,    59,1°,    47,6°,  46,4°, 

und  findet  leicht  die  an  den  Daten  von  PG  anzubringenden 
Reductionen  in  Scalentheilen *): 

l)  ScalenabsUud  3036  Seth. 


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Bestimmung  des  Ohm. 


417 


4:0,14,       =F0,10,       ±0,11,  ±0,12. 

Das  obere  Zeichen  gilt,  wenn  der  Nordpol  nach  West 
liegt   Empirisch  fand  sich  im  Mittel  aus  vier  Reihen: 

+  0,14,       ^0,12,       ±0,10,  ±0,11. 

Befand  sich  der  Magnet  auf  den  Lagern  an  der  Tan- 
r'entenbussole,  so  waren  die  entsprechenden  Reductionen  im 
Mittel  aus  zahlreichen  Beobachtungen  (ebenfalls  von  Ost  nach 
West  fortschreitend): 

4.48,    6,09,    4,47,    2,86  (abs.  Werthe). 
Doch  ist  hiervon  nur  selten  Anwendung  gemacht,  wenn  der 
Erdmagnetismus  für  eine  unmittelbare  Verwerthung  der  Ab- 
lesungen an  der  Tangentenbussole  zu  unruhig  war. 

g)  Eine  etwaige  gegenseitige  Einwirkung  der  Ströme  in 
Galvanometer  und  Tangentenbussole  fällt  infolge  der  Ab- 
lesung fur  alle  vier  möglichen  Stellungen  der  Commutatoren 
heraus. 

h)  Auf  das  Declinationsvariometer  wirkt  dagegen  der 
Strom  der  Tangentenbussole  etwas  ein.  Da  h{  und  nach 
Ost  zu  zahlen  sind,  so  folgt  die  Ablenkung  £  aus: 


wo  F  die  Windungsfläche  der  Tangentenbussole  bedeutet. 
Für  diese  selbst  ist  hinreichend  nahe: 


Statt  des  Verhältnisses  der  Tangenten  darf  wegen  der  Gleich- 
heit des  Scalenabstandes  das  der  Scalentheile  gesetzt  werden ; 
fuhrt  man  noch  ein  R  =  249  mm,  q  =  2914  m,  -£ä,  o  =  88,2°, 
so  findet  man  die  Reduction1)  =iV.0,0331,  wo  N  die  Ab- 
lenkung an  der  Tangentenbussole  in  Scalentheilen  bedeutet. 

24.  Scalenabstande.  —  Die  Messung  der  Scalenab- 
stände  erfolgte  nach  dem  Verfahren  von  Hrn.  F.  Kohl- 
rausch2):  berichtigte  Glasmaassstäbe  wurden  an  Spiegel 
und  Scala  vorsichtig  angeschoben  und  ein  nachträglich  aus- 

1)  Diese  ist  der  Ablenkung  entgegengesetzt  gleich. 

2)  F.  u.  W.  Kühlrausch,  Wied.  Ann.  17.  p.  ft.  1882. 

Ann.  d.  Phyfc  n.  Chem.  N.  F.   XXXVI.  27 


w(3co,,<V)-i). 


demoach : 


tgi  =  tg         (3  cos  *(/«,(>)-  1.) 


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418 


E.  Dorn. 


* 


gemessenes1)  Stück  eines  festen,  langen  Holzmaassstabes 
(40  x  46  mm)  mit  Pendeln  aus  Cocon  darauf  projicirt. 

Um  die  Correction  wegen  der  Spiegelneigung3)  zu 
ermitteln,  mass  ich  mit  einem  Kathetometer  die  Höhe  S  und 
F  der  Scalenstriche  und  der  Drehungsaxe  des  Fernrohrs3) 
über  der  Spiegelmitte,  woraus  die  Reduction  am  gemessenen 
Scalenabstande  A  nach  (S +F)(S  —  F)AA  berechnet  wurde. 

Am  Galvanometer  ergab  sich  so  im  Sommer  0,  fur 
Herbst  und  Winter  —0,23  mm;  an  der  Tangentenbussole 
für  Magnetometer  I  —0,08  mm  (1.  Juni  1885)  und  —0,10 
(15.  Jan.  188b),  im  Mittel  —0,09  mm,  für  Magnetometer  II 
am  16.  Jan.  1886:  —0,95  mm  und  nach  einer  Veränderung 
der  Einstellung  am  18.  Jan.  1886:  -0,72  mm. 

Bei  dem  Spiegel  der  Tangentenbussole  und  des  Galva- 
nometers wie  bei  den  Vorsatzglasern  der  Tangentenbussole 
konnte  ich  eine  Krümmung  nicht  constatiren. 

Die  Correctionen  wegen  der  Vorsatzgläser  und  der  (auf 
der  Rückseite  belegten)  Spiegel  habe  ich  unmittelbar  auf 
optischem  Wege  bestimmt4),  zur  Controle  aber  auch  die 
Glasdicke  gemessen.  Die  dieserhalb  zu  den  direct  erhalte- 
nen Scalenab8tänden  zu  addirenden  Grössen  waren: 

Galvanometer  (kein  Vorsatzglas):  +2,28  mm;  Tangenten» 
bus8ole,  Magnetometer  I,  Sommer:  —  1,65  +  0.59  =  —  1,06; 
Herbst  und  Winter  (anderes  Vorsatzglas)  —  1,32  +  0,59 
=  -0,73  mm;  Magnetometer  II:  -  1,19  +  0,81  =  -0,38mm. 

Die  Messung5)  lieferte  nach  Anbringung  aller  erwähnten 
Reductionen  den  in  Rechnung  zu  setzenden  Scalenabstand 
in  Millimetern.  Statt  die  Scalentheile  durch  Multiplication 
mit  1  +  0,0685  s  (s  =  Scalen temperatur)  in  Millimeter  zu  ver- 
wandeln, ist  es  bequemer,  den  Scalenabstand  durch  Division 
mit  derselben  Grösse  in  Scalentheilen  auszudrücken.  War 

1)  Diese  Messung  wurde  jedesmal  ausgeführt. 

2)  F.  Kohlrausch,  Wied.  Ann.  31.  p.  95.  1887. 

3)  Eigentlich  ist  F  bis  zum  Durchstosspunkt  der  Visirünie  mit  der 
Verticalebene  der  Scala  zu  rechnen;  doch  machte  dies  keinen  merkbaren 
Unterschied. 

4)  Vgl.  F.  Kohlrausch,  1.  c.  Das  hier  für  Spiegel  angegebene 
Verfahren  habe  ich  übrigens  seit  drei  Jahren  benutzt. 

5)  Alle  Längen  sind  auf  das  Genfer  Meter  bezogen  und  mit  Tem- 
peraturcorrcction  vorsehen. 


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Bestimmung  des  Ohm. 


419 


künstliche  Beleuchtung  benutzt,  so  wurde  auf  Grund  einer 
vergleichenden  Beobachtung  die  Öcalentemperatur  um  2° 
höher  als  die  Zimmertemperatur  angesetzt. 

In  folgender  Tabelle  sind  die  Scalenabstände  A  vereinigt. 

Scalenabstand. 


Datum 


Galvanometer. 


Tangent  enbussole. 


A{mm)  \   Diff.   :    j°     /{(Seth.)    A  (mm)  I  Diff.  ^(Scth.l 


31.  Mai 

21.  Juni 

28. 

5.  Juli 
12.  n 

19.  „ 


!  3037,82 

,64 
,53 
,88 
,49 
,38 


+  0,20 

+  0,02 
-0,09 
+  0,26 
-0,13 
-0,24 


3037,62  ±0,16 


-0,24 


17,3 

20,0 
22,1 
20,1 
22,1 
22,2 


3037,37 

7,12 
6,96 
7,85 
6,90 
6,81 


3034,90') 

3035,64 
,78 
,66 
,59 

'4l 

3035,62 


+  0,02 
+  0,16 
+  0,04 
-0,03 
—0,21 

±0,09 


3034,45 

5,12 
5,23 
5,13 
5,00 
4,84 


+  0,29;  14,0 


12,3    3037,90     3035,29     -  0,16  30^4,94 


13.  Nov. 
17.  » 


28.  Der. 

29.  ^ 

30.  „ 
2.  Jan. 

15.  „ 


16.  Jan. 

IS.  „ 
19.  „ 


3038,75 


-0,16 
+  0,12 
+  0,02 
+  0,07 
-0,09 

±0,14 

+  0,09 
-0,09 

±0,09 


3038,49  -0,10 

,56  -0,03 
,60  ,  +0,01 


.34 

,69 


-0,25 
+  0,10 


13,5 
11,2 
12,3 
12,1 
10,3 


11,7 
10,0 


9,3 

9,8 
10,0 

8,5 

10,* 


8,41 

7,95 
8.29 
8,16 
8,22 
8,10 


3038,54 
,40 


3038,26 
.31 


,34 

,12 

,41 


,44 
,44 

,59 

,42 
,46 

3035,45 

3035,30 
25 

3035,28 

3037,61 ») 
3038,02 


i.i 


99 
ft 


-0,01 
-0,01 
+  0,14 
+  0,04 
—0,03 
+  0,01 
±0,06 

+  0,02 
-0,03 

±0,02 


+  0,09 
+  0,06 
-0,15 


5,08 
5,09 
5,30 
5,17 
5,11 
5,19 


3035,00 
4,99 


3037,38 
,77 


3037,43'  j 
3037,93  ±0,10 


3038,85 
,83 
,82 


-0,24  11,0 
+  0,24  11,4 


.  3038,59 

Selbst 


+  0,23 
±0,15 


wenn  man 


11,0 


die 


3038,07     3034,70  1-0,11 

,54           ,88  +0,07 

,54            ,84  +0,03 

3034,81  |  ±0,07 


,73 
,56 
,15 


3034,43 

,5!» 
,56 


Differenzen  der  unter  einander 
vergleichbaren  Werthe  nur  Beobachtungsfehlern  zuschreiben 
wollte,  wäre  die  Uebereinstimmung  eine  gute.  Insbesondere 
beim  Galvanometer  haben  aber  thatsächliche  Aenderungen 
des  Scalenabstandes  durch  kleine  Schiebungen  und  Tempe- 
raturänderungen  im  Gebäude  u.  s.  f.  stattgefunden. 

1)  Für  die  Mittel  nicht  verwerthet,  da  eine  kleine  Aenderung  der 
Einstellung  vorgenommen. 

27  * 


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420 


E.  Dorn. 


25.  Magnetabstände.  —  Nach  den  Ausführungen  von 
p.  398  ff.  können  sofort  die  Magnetabstände  zusammengestellt 
werden.  Als  Temperatur  t  ist  die  im  Hohlmagnet  beobach- 
tete genommen. 


Datum 


Tangen  ten  bussole 

XUrkenaUt. 


Galvanometer. 


31.  Mai 

21.  Juni 
2s.    „  j 

5.  Juli 

12.  „ 
Ii).     „  1 
25.  Oct. 
27.  „ 
30.  „ 

1.  Nov. 

3.  » 

6.  », 
s.  ,, 

13.  „ 
17.  „ 
2*.  Dee. 

29.  „ 

30.  „ 

2.  Jan. 
15.  „ 
1»?.  „ 

IM. 
19. 


17,7 
19,7 
22,1 
20,3 
23.0 

12,5 
12,(5  , 
12,1 
11,4 
10,8 
10,6 
10,7  , 
10,1 
8,4 

7,s 
8,3 
8,2 
7,7 
9,2 
9,2 
9,5 
9,4 


-0,18 
■0,17 
-0,17 
0,20 
-0.23 
0,2« 
0,23 
0,1* 
0,19 

0,42 
-0,39 
■0,46 
0,49 
0,49 
(>,51 
0.57 


1245,15  959,94 

,25  9C0,O3 

,29  ,07 

,29  .07 

,34  ,1t 

,37  ,14 

1246,54  961,36 


26. 


,54 
,54 
,52 
,49 
,48 
,49 
,51 
,49 
,39 
,37 
,39 
,34 
,35 
,35 

;b4 

,31 
der 


,36 
,36 
,34 
,32 
.31 
,32 
,34 
,32 
,22 
,21 
22 

;ts 

,1H 
,18 

,17 

,14 


I 


17,7 

19,7 

22,0 

20,2 

23,0 
♦>•>  4 

12,7 
12.3 
12.2 
11,6 
11,0 
10,6 
10,9 
10,3 
8.6 
8.1 
8,3 
8,3 
8.0 
9,3 

9,6 
9,6 


-0,07 
-0,05 
-0,07 
-0,08 
-0,07 
-0,07 
-0,07 
—  0,06 
-0,05 
-0,02 
-0.01 
-0,05 
-0,04 
+  0,02 

-0,02 
+  0,02 


1245.33 
.40 
,44 
,43 
,47, 
,49" 

1245,31 
.32 


,31 
,30 
.30 
,29 
,29 
,29 
,28 
.29 
,30 
,28 
,2S 
,32 

,31  I 
,32 


959.92 
.98 

960,02 
,01 

.06 
959,92 
,92 
.9! 
,90 
.90 
,!H> 
.90 
.90 
,89 
,"0 
.91 

.W 

,92 
,94 

für 


Verhältniss   der  Horizontalintensität 
Galvanometer  und  Tangentenbussole.  {HTjHg.) 

Ich  gehe  zunächst  auf  diesen  Gegenstand  ein,  da  das 
erwähnte  Verhältniss  zur  Reduction  einiger  anderer  Beob- 
achtungen gebraucht  wird. 

Es  bedeuten  IIg  und  HT  die  innerhalb  der  betreffen- 
den Apparate  geltenden  Werthe  (also  einschliesslich 
des  Localeintiusses  derselben);  die  Werthe  ohne  Local- 
einfiuss  der  Apparate  seien  Hx  und  I/2.  Nach  p.  4*09 
setze  ich  für  den  Sommer  (//,  —  //,)/ Hx  gleich  dem 
Mittelwerthe  -  J  (0,00184  +  0,00200)  =  -  0,00192;  da  ferner 
(vgl.  p.  65  und  72)  der  Localeintluss  des  Galvanometers 
—  0,0313,  derjenige  der  Tangentenbussole  -f-  0,0323,  so  wird 
(ffr -  //,)///„  =  - 0,00192  +  0,0313  +  0,0323  =  - 0,00156,  und: 

J/rj  Hg=  0,99844. 
Im  Herbst  und  Winter  wurde  1IT  i  Itg  am  Schlüsse 


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Bestimmung  fits  Ohm. 


421 


jeder  einzelnen  Hauptbeobachtung  bestimmt.  Der  Magnet 
des  Variometers  wurde  hierbei  genau  (d.  b.  bis  auf  wenige 
Millimeter)  an  den  Ort  gebracht,  welchen  vorher  die  Magnete 
der  Instramente  einnahmen.  Nach  dem  Umsetzen  des  Local- 
variometers  wartete  ich  stets  acht  Minuten  und  machte  dann 
zwei  Ablesungen  im  Zwischenraum  von  fünf  bis  sechs  Minuten, 
tod  denen  das  Mittel  verwerthet  wurde.  Die  Art  der  Beob- 
achtung und  Berechnung  möge  aus  folgendem  Beispiel 
hervorgehen. 


2ö.  Octo-  Variometer  V   Varioni.  V  Redact.1)  v 

ber  1885  ürt      r         r        t>        r       an  "  reduc. 

^58'a.m.  T.  -48,10  11,85  170.87  11,60  +  14,45  -33,65  r,-r,  =  -52,36 

*hl2-lS  G.  +  4,84  12,11  179,86  1 1,74  +  14,12 >  18,96 'Bv    lfx  _ftfll1qJt. 

'Ji»27  -32  T.  -47,67 '12,15  179,73  11,80  +  14,52  -33,15      Jfl    "  U>UI1^' 


^27  p.m.  G.  +  11,00 

j 

«M«'-4.V  T.  -40,75 
^:>5  -7bO'  G.' 4- 11,83 


12,65  185,20  12,10  -}-  5,58  +  16,58;ir,-r,  =  -51,8* 

12,51  185,18  12,03  ~  5,81  —34,1*4,      ;/    '  =-0,01124 

'  ff  H 

12,50  185,40  12,00  +  5,43  +  17,20  9  -  -0.01088 

I  9 

p.  m.:    Urjlfg  =  0,98912 

1)  Vgl.  p.  408  Anmerkung  2).  Die  Reduction  iet  berechnet  nach 
i  190,00-  r'H0,0,3248 •' 0.0,2166)  +  (0,0,640/0,0,2166)  (r  -  r). 

2)  Nämlich  —  52,36.0,0,2166. 

Nachstehend  sind  die  Resultate  zusammengeschrieben. 

Verhältni8s  von  //  für  Galvanometer  und 
Tangentenbussole. 


I>at. 


25.  Oct 

27.  „ 

1.  Nov. 

» 

\  „ 

13.  „ 
17.  „ 


p.  m.     I    a.  m. 


lltHgl)  Dat. 


-0,01124  -0,01134  0,98912  2*  Dec. 

-0,00979  '  -0,00979  0,99057  29.  « 

-0,01068  -0,01071  0,98968  30. 

-0,01072  —0,01069  0,98964      2.  Jan. 

-0,01072  -0,01067  0,98964  15. 

-0,01053  -0,01036  0,9.-983  16. 

-0,01052  —  0,98984  18.  „ 

—  0,01043  —  !  0,98993  19.  „ 

-0,01052  —  ;  0,9*984 


p.  m. 

—  0,00954 
-0,00955 
-0.00955 
-0,00958 


0,99082 
0,99081 
0,99081 
0,9907* 


-0,00994  0,99042 

-0,00998  0,99049  *) 

-0,01001  0,9903« 

-0,00993  0,99044 


1)  Hierzu  sind  nur  die  Beobachtungen  p.  m.  benutzt. 
t)  Von  hier   an   Magnetometer  1 1 ,    al»o  wegen   LocaleinHuss  zu 
{U,  -  Hx);Ul  zu  addiren  +  0,0,13  +  0,0,25  =  0,0,38. 


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422 


E.  Dorn. 


Die  gute  Uebereinstimmung  der  a.  m.  und  p.  in.  erhal- 
tenen Wertbe  beseitigt  jedes  Bedenken  gegen  die  künstliche 
Beleuchtung;  auch  schwanken,  vom  25.  und  27.  October 
abgesehen,  die  Verhältnisse  nur  um  wenige  Zehntausend- 
theile  für  die  Beobachtungen  jeder  Reihe. 

27.  Vergleichung  des  Galvanometerwiderstan- 
des mit  W Q.  —  Hierbei  wurde  der  Universalwiderstand 
UfVlJ  als  Wheatstone'sche  Brücke  benutzt,  und  zwar 
D  =  1000,  C=  10  gemacht.1) 

Die  Ausführung  der  Messung  wird  am  kürzesten  aus 
einem  Beispiel  hervorgehen.    31.  Mai  1885. 

Die  Enden  der  Leitung  5  und  6  sind  in  den  Queck- 
silberverbindungsnapf X1  gesteckt.  Im  Zweiget  des  UWP 
erforderlich  25,006  S.-E.  (uncQrrigirt).») 

Die  Drähte  1  und  5  kommen  in  Xv  2  und  6  in  Xv  In 
WQ  sind  alle  Kupferbügel  eingelegt.  A  (uncorrigirt) 
=  401,208  S.-E.  Nachdem  in  H'Q  1,+  lj+la  eingeschaltet 
ist:  A  (uncorrigirt)  =  700,763  S.-E.  Endlich  wieder  für  die 
Galvanometerleitung  aliein  25,004  S.-E.,  Mittel  25,005. 

Das  Thermometer  in  der  Rolle  unter  dem  Galvano- 
meterkasten zeigte  17,44°,  das  in  WQ  17,21°. 

Zunächst  sind  die  A  wegen  der  Caliberfehler,  Kupfer- 
drähte und  Stöpsel  zu  corrigiren.    Nach  p.  43  ist: 


Widerst. 


Corr. 


20  +0,015 

5  -0,004 

4  Drähte  +0,002 

-  2  Stöpsel*)  -0,000 


A  (uncorr.) 
A  (corr.) 


+  0,013  i 
25,005 
25,018 


Widerst. 

Corr.   "  Widerst. 

Corr. 

200 
100 

100 

1 

4  Drähte 
-  4  Stöpsel 

+0,021 
+  0,039 
+  0,047 
-0,001 
+  0,002 
-0,001 

500 
200 
2  Drähte 
-  2  Stöpsel 

tr 

+0,061 
+0,021 
+  0,001 
-0,000 

+0,107  ü 

401,208 

401,315 

+  0,083 
700,763 
700,846 

Nach  Abzug  der  Zuleitung  Gralv.: 
Galv.  +  1,  +  1,  +  1:1: 

1,  +  14  +  13: 


A  (corr.)  376,297 
_n  676,828 


1)  Der  bereits  p.  39  erwähnte  auch  hier  verwendete  Doppelschlüssel 
ist  in  den  Situationsplan  nicht  eingetragen. 

2)  Interpolirt  zwischen  A  =  25  S.-E.  und  26  S.-E. 

3|  Eigentlich  17  -  2  =  15  Stöpsel,  doch  heben  sich  die  17  Stöpsel 
heraus. 


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Bestimmung  des  Ohm. 


423 


Die  durch  Herausnahme  der  Bügel  zugefügten  Wider- 
stände sind  (vgl.  p.  55)  in  m/qmmHg: 

fur  10°  Reduction  auf  17,21° 
1,        0,99424  0,00270 
13       0,99094  0,00270 
1,        0,99453  0,00271 

2,97971  0,00811 

Oi  +  13  +  13)  für  17,21°  =  2,98782  m/qinm  Hg.  Deinoueh 
endlich  Galv.  +  Leitung  bis  1  und  2  für  17,44°: 

2,98782.376,297/299,531  =  3,75357  m /qmm  Hg. 

Da  bei  den  Dämpfungsbeobachtungen  die  Drahtenden  1  und  2 
in  Xt  eingedrückt  wurden,  so  ist  dies  (abgesehen  von  einer 
kleinen  Correction  wegen  der  Temperaturänderung)  gerade 
derjenige  Widerstand,  welcher  gebraucht  wird.1) 

War  der  kleinste  bei  den  Dämpfungsbeobachtungen  be- 
nutzte Widerstand  Galv.  -f-  1,  und  der  grösste  Galv.  -f-  1, 
+  l2  +  ls  +  l4,  so  wurden  auch  diese  Widerstände  nach 
obigem  Verfahren  verglichen. 

Ausser  den  Ergebnissen  theile  ich  soviel  von  den  Beob- 
achtungen mit,  dass  die  Rechnung  controlirt  werden  kann. 
Unter  A  (corr.)  steht  der  dem  Galvanometer  (resp.  + 1})  und 
der  den  drei  zugefügten  Einheiten  entsprechende  Betrag,  der 
Widerstand  des  Galvanometers  findet  sich  unter  „beob.". 
Anordnung  I  bedeutet,  dass  zum  Galvanometer  in  fVQ 
zugefügt  war  0  und  lt  +  l2-h  13,  II:  ll  und  l^  la+ 13+ 1„ 
III:  0  und  16  +  1«  +  17. 

Vergleichung  des  Galvanometerwiderstandes 

mit  IV Q. 


Dat.  T*mP'      jAnord-        A[^  )        Galv.  m/qmm  Hg :  ^ 


WQ  Galv.  nung  beob  ber. 

31.  Mai  17,21  j  17,44  I  376,297  299,531  |  3,7536  3,7561  -0,0025 J) 

21.  Juni  19,53  19,97  379,443  299,433  j  3,7902  !  8,7894  +0,0008 

28.   n  21,39  22,11  •<  382,455  299,566  3,8206  3,8198  +0,0008 

o.Juli  19,89  20,01  II  479,601  299,535  3,7905  3,7892  +0,0013 

12.   m  22,48  28,30  „  483,866,299,595  3,8359  3,8371  -0,0012 

19.   „  21,67  22,17  „  482,450 1 299,570  3,8210  3,8207  +  0,0003 

1)  Auch  der  Widerstand  innerhalb  des  Verbindungsnapfes  ist  hierin 
enthalten.  Sei  derselbe  nämlich  x,  der  Widerstand  der  Zuleitung  nach 
dem  U  WP :  ( ,  so  misst  man  bei  den  Operationen  |  +  -r  und  Galv.  + 
$  +  2x,  sodass  die  Differenz  Galv.  +  x  liefert 

2)  Hier  war  ein  anderes  Thermometer  benutst  als  später. 


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424 


K.  Dorn. 


Dat. 


25.  Oct. 

27.  v 
30.  „ 

1.  Nov. 

3.  jj 

«.  „ 
«.  » 

13.  „ 

17.  v 

28.  Dec. 

29.  „ 
30. 

2.  Jan. 
1 5.  »? 
1G.  » 

18.  M 
1».  » 


Temp.  Anord- 
WQ  Galv.  nung 


J  (corrig.) 


OiIt.  m/fjrom  H% 

beob.  ber. 


12,41  12,38 
11,79  j  11,62 
11,56  11,33 
11,23  10,9ö 
10,32  10,04 
10,05  9,87 
10,20  I  10,15 
9,38  9,27 


7,92 

7,12 
7,95 
8,26 
6,66 
8,S7 
8,94 
8,97 
8.93 


7,75 

6,96 
7,71 
7,94 
6,56 
8,67 
8.69 
8,79 
8,72 


V 

I 

>» 

III 

•T 

M 


46^,219 

468,195 

4H7,884 

467,179 

460,001 

465,723 

4(5,990  1 

364,942 

362,934 

:-i6 1,790 
362,813  1 

I  363,180 
361,183  , 
304,359 
364,316  , 
364,522 

1  304,380 


299.55b 
299.544 
299,571 
299,543 
299,519 
299,543 
299,541 
299,532 
299,508 

300,167 
300,170 
300,164 
300,145 
300,198 
300.234 
300,194 
300,204 


3,6772 
3,6663 
3.6625 
3,6555 
3,6429 
3,6394 
3,6423 
3.6306 
3,6088 

3,5961 
3,6083 
8.61 15 
3,5897 
3,6237 
3,6229 
3.0253 
3,6239 


3.6773 
3,6661 
8,6019 
3,0562 
3,0428 
3,0403 
,  3,6444 
3,0314 
3,6088 

.  3,5971 
■  3,6083 
3,6117 
3,5912 
8,6225 
3,6228 
3,6243 
3,6232 


-0.0001 

+  0,0002 

+o,ooo« 

-  0,0007 

+  0.0OOI 

-0,0009 
-0,0021 

— 0.0O08 

0.0000 

— o.ooio 

0.<KX>0 
-0.0002 
-0,0015 
+  0,0012 
+  0.0001 
+  O,00lo 
+  0,0007 


±0.00075 

Um  den  Temperaturcogfficienten  des  Galvanometers  ge- 
nauer zu  ermitteln  und  um  einen  Anhalt  zu  gewinnen, 
inwieweit  das  Thermometer  in  der  Rolle  die  Temperatur 
des  Galvanometers  angibt,  habe  ich  obige  Beobachtungen 
durch  eine  quadratische  Formel  dargestellt: 

Wt  =  3,49313  +  0,015015*  -  0,0.10868z2 
=  3,49313(1  +0?004  298/-  0,063111  O. 

Die  hiernach  berechneten  Werthe  stehen  in  der  Columns 
„her.14  Der  grössten  Abweichung  0,0025  entsprechen  etwa 
0,17°,  der  mittleren  0,0375  :  0,05°,  ein  recht  befriedigendes 
Resultat. 

Aus  obiger  Formel  leitete  ich  noch  die  relative  Zunahme 
der  Leitungsfahigkeit  des  Kupfers  ab: 

ferner  den  Zuwachs  des  Widerstandes  für  0,1"  bei  10°  und 
20°:  0,0148,  resp.  0,0146. 

Widerstand  des  Galvanometerkreises  für  die 
Dämpfungsbeobachtungen.  —  Das  logarithmische  De- 
crement wurde  für  vier  verschiedene  Widerstände  beobachtet. 
Mit  dem  kleinsten  Widerstande  (Galvanometer  allein  oder 
Galvanometer  +  1,)  wurde  begonnen,  dann  dreimal  je  eine 

l )  V 


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Bestimmung  des  Ohm. 


425 


Einheit  von  W Q  zugegeben  und  rückwärts  dieselben  Beob- 
achtungen wiederholt.  Die  entsprechenden  Werthe  des  lo- 
garithmischen Decrements  sind  dann  zu  Mitteln  vereinigt, 
demnach  sind  auch  nur  die  entsprechenden  Mittelwerthe  der 
Widerstände  zu  berechnen.  Zu  berücksichtigen  ist  hierbei 
die  kleine  Differenz  der  Galvanometertemperatur  gegen  die 
bei  der  Widerstandsmessung  herrschende. 

So  war  am  31.  Mai  1885  für  die  Dämpfungsbeobachtun- 
gen die  Temperatur  des  Galvanometers  17,39°.  Für  17,44° 
war  gemessen  sein  Widerstand  3,75357  m/qmm  Hg;  wegen 
der  Differenz  0,05°  ist  abzuziehen  0,0374,  also  3,75283 
ui/qmm  Hg. 

Da  ferner  während  der  Dämpfungsbeobachtungen  in  fVQ 
die  Temperatur  17,14°  herrschte,  so  sind  die  Widerstände 
der  benutzten  Einheiten  in  m/qmm  Hg: 

1,  =  0,99692,       12  =  0,99361,       13  =  0,99721, 
sodass  die  in  Rechnung  zu  setzenden  Widerstände  des  Gal- 
vanometerkreises sind: 

3,7528.     4,7498,     5,7434,     6,7406  m  qmm  Hg. 

Die  erste  Columne  des  folgenden  Täfelcbens  (nach  dem 
Datum)  enthält  die  Temperatur  des  Galvanometers  zu  Anfang 
und  Ende  der  Dämpfungsbeobachtungen,  die  zweite  bis  fünfte 
die  für  die  Rechnung  benutzte  Temperatur,  die  sechste  die 
Temperatur  von  fVQ,  die  folgenden  die  Widerstände,  welche 
auf  Grund  von  p.  55  u.  423  tf.  leicht  nachzurechnen  sind,  nach- 
dem bereits  (p.  423tf.)  angegeben,  welche  Stücke  von  «^jedes- 
mal verwendet  wurden. 

Widerstand  des  Galvanometerkreises  für  die 
Dämpfungsbeobachtungen. 
W 


Dat.                   Te.np.    Galv.  Temp.  Widerst,  d.  Galv, Kreise« 

r  W (l             in  qmm  Hg 

M.  Mai  17,39-17,39  17.39      —      -  17,14  3,7528  4,7498  5,7434  6,7400 

21.  Juni "20,07-  19,97  20,07  l)  20,0a    —  19,50  3,7909  4,78*0  5,7825  0,7805 

24   n    22,04-22,11  22,08      —  —      21,39  3,8202  4,8187  5,8131)6,8127 

5.  JuU|    V    -20,01  20,01               —  19,89  4,7885  5,7831  6,7814  7,7791 

12.  »    ,23,11) -23,27  23,23      —      —  —      22,42  4.8337  5,8293  6,8285  7,8272 

19.  n    |22,13  —  22,17  22,15              —  —      21,60  4,8192  5,814  5  6,8134  7,8118 

1)  Durch  ein  Versehen  war  hier  zuletzt  nicht  Galv.  allein  beobachtet, 

sondern  Galv.  +1,  wiederholt. 


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426 


E.  Dorn. 


25.  Oct.  12,43- 

12,38  12,40 

27.  » 

11,62- 

11,70 

11,67 

11,7011,71  11,72») 

30.  „ 

,11,34- 

11,46  11,40 

| 

1.  Nov.  10,96- 

11,03  10.99 

3.  „ 

10,07- 

10,18 

10,12 

ii 

6.  >• 

9,89- 

9,97 

9,94 

_           —  - 

8.  » 

10,18- 

10,28 

10,23 

_ 

13. 

9,27- 

9,47 

9,38 

17.  „ 

7,76- 

7,88 

7,82 

7,83;  7,85 

7,85  '' 

28.  Dec. 

6,99  — 

7,15 

7,07 

7,08  7,09 

7,09 

29.  „ 

7,76- 

7,78 

7,76 

30.  m 

7,94- 

7,94 

7,94 

6,69 

2.  Jan. 

6,56- 

6,76 

6,67 

6,68  6,69 

15.  » 

8,66- 

8,70 

8,68 

,  8,67  i  — 

1  (>.  » 

8,69— 

8,73 

8,71 

18.  „ 

8,78- 

8,86 

8,83 

19.  „ 

8,69- 

8,78 

8,75 

8,76 

z 

Dat.  j  Temp    Galv.       "        T«np.  Wideret  d.^al^rei^ 

—  —  12,37  4,6729  5,6649  6,6606, 7,65*- 
11,82  ;4,6623  5,6545  6,6502i7,64^ 
11,58  ,4,6587  5,6505  6,6459, 7,64«'- 

1 1.22  '4,6510;5,6427  6,6380  7,63$ 
10,31  4,6387  5,6800  6,62491 7,6  VM 
10,06  4,6350  5,62626,6210  7,61^ 

10.23  4,6381  5,6294  6,6243|7,61>: 
9,41  3,6321 14,6265,5,61756,6111 

7.94  3,6099  4,6038  5,5945  6,58*i 

7^16~]3,5978  4,5953  5,5888  6,58 

7.95  [3,609t  4,6067  5,6005  6,59 :* 
8,20  3,6115  4,6092  5,6031  6.5*  * 
6,73  ,3,5914  4,5897  5,5822  6,57 .V) 
8,85  j 3,6238  4,6216  5,6157  6.60^ 
8,92  3,6233|4,6213  5,6 154  6.60?* 
8,95  3,6260  4,6241  5,6183  6,61 1* 
8,91  8,6244  4,6225'5,6166  6,6101 

2)  Unregelmäßiger  Gang  der  Temperatur. 

Eine  Vergleichung  der  Temperaturen  des  Galvanometers 
mit  denen  während  der  Widerstandsmessung  zeigt  nur  Diffe- 
renzen von  wenigen  Hunderttheilen  eines  Grades.  Die  Ver- 
nachlässigung derselben  würde  das  Endresultat  etwa  um  Vi*».» 
verändern. 

28.  Dämpfungsbeobachtungen.  —  Um  den  Magnet 
in  Bewegung  zu  setzen,  wurde  der  Strom  eines  Leclanche- 
Elementes  unter  Einschaltung  eines  passenden  Widerstandes 
(etwa  200  S.-E.)  durch  die  Neben windung  des  Galvanometers 
geleitet  und  unterbrochen,  wenn  eine  auf  der  Scala  ange- 
brachte Marke  im  Gesichtsfelde  erschien.  Abgelesen  wurden 
dann  drei  (bei  belastetem  Magnet  vier)  aufeinander  folgende 
Umkehrpunkte.  Es  war  in  dieser  Weise  möglich,  den  grossen 
Bogen  bis  auf  einige  Procent  constant  zu  halten,  und  die 
erste  Elongation  abwechselnd  nach  den  grossen  und  nach  den 
kleinen  Zahlen  der  Scala  erfolgen  zu  lassen. 

Wie  schon  erwähnt,  verfolgte  ein  Hülfsbeobachter  die 
Intensitätsvariationen  am  Variometer,  ein  zweiter  die  Decli- 
nationsänderungen  am  Galv.  PG.  Dämpfungsbeobachtungen, 
bei  denen  diese  0,1  Sealentheil  überschritten,  wurden  verworfen 

Es  wurde  so  eingerichtet,  dass  die  erste  Umkehr  etwa 
350  Scalentheile  von  der  Ruhelage  geschah,  bei  belastetem 
Magnet  etwa  420  Seth. 


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licstimmuny  des  Ohm. 


427 


Bei  welchen  eingeschalteten  Widerständen  beobachtet 
wurde,  ist  bereits  angegeben;  übrigens  sind  immer  6  bis  8, 
bei  der  mittleren  Beobachtung  8  bis  12  Einzelbeobachtungen 
gemacht. 

Die  abgelesenen  Umkehrpunkte  wurden  mit  der  Correc- 
tion wegen  der  Theilfehler  der  Scala  und  auf  Bogen  versehen, 
das  log.  Deer.  X  in  Brigg i sehen  Logarithmen  (5  Stellen) 
berechnet  und  auf  oo  kleine  Amplituden  reducirt 

Waren  durch  WQ  0,  1,  2,  3,  4  Einheiten  zum  Galvano- 
meter zugefügt,  so  war  X  (brigg)  rund  0,70—0,76,  0,53  —  0,056, 
0,43-0,45,  0,36-0,38,  0,31-0,32,  und  die  Reduction  0,0013, 
0.0010,  0,0S7,  0,035  ,  0,034,  d.  h.  Vooo— Vaoo  des  Ganzen.  Bei 
belastetem  Magnet  erhob  sich  die  Reduction  für  das  erste 
der  beiden  immer  hintereinander  (beobachteten  Decremente 

auf  V400»  war  aDer  fur  das  zweite  nur  noch  etwa  l/i000. 

Zur  Erläuterung  der  obwaltenden  Verhältnisse  diene 
folgendes  Beispiel  (28.  Juni  1885). 


176,6 


Red.  auf 
log(Bog.)  Atbri**.)  ookl. 

Hogen 


Albris) 
rod. 


557,35  -0,01 
4SI, 75  1  0,00 

Aehnlich: 


+  1,22     177,82    379,52    2,57924  0,7007» 


557.34  75,59 
481,75  — 


1,87846  - 


0,00106  0,70184 


Erste  Elongation 
+ 


Hauptmittel 


0,70184 
0,70185 
0,70188 


0,70194 
0,70110 
0,70203 


O,70186±2  0,70169±39 


0,70178 


WQ      Ä(bri*g.),  erste  Elong.    *jbriw.>  Variom.1)  H~^m 


iu-Hm 

2  II, 


Afbriiw.)  A  <briW. , 
red. 


liechn. 


0,70186 ±  2  0,70169±39  0,70178  +18,48  22,03  -0,0310 

0,53052  ±  12  0,53037±20  0,53045  +18,40  21,98  -  09 

+1,     0,42953  ±10  0,42945  ±  3  0,42949  +18,63  21,95-  02 

+'.+1,0,361 78 +.11  0,36166±  8  0,36172  +19,10  21,98  +  06 

0,42959 +.15  0,42938  ±  4  0,42949  +19,28  22,00  +  09 

\          0,53029  ±  7  0,53031  ±28  0,53030  +19,20  22,03'+  05 

0,70201  ±26  0,70225±25  0,70213  +18,05  22,03  00 

+  18,66  22,00 
1 i  Mittel  aus  je  zwei  bis  drei  Ablesungen. 


-0,0,3  0,70175  0,70194 
-      2  0,53043  0,53037 

0  0,42949  0,42950 
+  1  0,36173  0,36173 
+      210,42951 1  — 

1  0,53031  - 
0  0,70213 


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428 


K  Dom. 


Neben  den  log.  Decr.  sind  die  zugehörigen  Varioineter- 
stände  angegeben  und  weiter  die  daraus  berechneten  Abwei- 
chungen der  Horizontalintensität  von  dem  Werth  welcher 
dem  Mittel  entspricht.  Das  in  der  folgenden  Coluuane  ent- 
haltene ±X.(H—Hm)j  II0  ist  die  Reduction  an  k  auf  Z/»1)?  die 
übrigens  hier  und  auch  sonst  so  geringfügig  ist,  dass  sie 
ohne  Schaden  hätte  wegbleiben  können.  Hieran  schliesst 
sich  dann  der  reducirte  Werth  von  Hm  und  das  Mittel  der 
entsprechenden,  welches  für  die  weitere  Rechnung  ver- 
werthet  ist. 

Die  Luftdämpfung  war  (zugleich  mit  der  Schwingungs- 
dauer  beobachtet)  Itbr^g.,  —  0,00165;  unter  Benutzung  der 
bereits  angegebenen  Werthe  von  W  (vgl.  p.  425  ff.)  und  11 
=  0,1448  m/qmm  Hg  x  sec  kann  nun  nach  Umrechnung  der 
).  in  natürliche  Logarithmen  die  in  (6)  definirte  Grösse  £1 
erhalten  werden: 

52  =  5,4511;     5,4510;     5,4517;  5,4513; 
Mittel  .<>  =  5,4513  ±2. 

Da  die  Reduction  auf  den  Mittelwcrth  der  Horizontal- 
intensität, wie  schon  erwähnt,  sehr  geringfügig  ist,  so  begnüge 
ich  mich  mit  der  Angabe  der  reducirten  log.  Decr.  (in  Brig- 
gischen  Logarithmen),  der  aus  ihnen  folgenden  fl  und  der 
mittleren  Variometerstände.  Das  log.  Decr.  für  den  geöft- 
neten  Multiplicator  steht  in  Klammern.    (Folgt  Tab.  p.  420.) 

Die  Uebereinstimmung  der  verschiedenen  an  demselben 
Tage  erhaltenen  „Q  ist  im  allgemeinen  eine  sehr  gute. 

Man  kann  nun  noch  die  an  verschiedenen  Tagen  erhal- 
tenen Mittelwerthe  der  il  untereinander  vergleichen,  indem 
man  sie  auf  einen  Normalstand  des  Intensitätsvariometers 
und  eine  Normaltemperatur  des  Galvanometermagnets  redu- 
cht.  Vorausgesetzt  ist  hierbei  Unveränderlichkeit  der  son- 
stigen Verhältnisse,  insbesondere  der  für  eine  bestimmte 
Temperatur  geltenden  Momente  des  Galvanometermagnets 
und  der  Ablenkungsmagnete  des  Variometers,  sowie  des  Ver- 
hältnisses der  Horizontalintensität  an  den  Plätzen  des  Gal- 
vanometers und  Variometers. 

1)  Man  ersieht  dies  am  einfachsten,  indem  man  in  Formel  (3:  die 
Correctioncn  fortlässt  und  7'0  durch  H  ausdrückt. 


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Bestimmuny  des  Ohm.  429 
Logarithmische  Decremente  und  Werthe  von  SI. 


a  >  brier-) 


Mittel 


=  0.72O19  0,72001  0,72010 
p  0.54033  0,54036  0,54035 
0.43614  0^43630  0,43622 

^  0,36665  (0,00159)  0,36665; 

r=+5,l7,      r=  17,89 

=  0.710Ö2  — ')  0,7101)2 
=  «».53477  0,5346  5  0,53471 
"0.43229  0,43239  0,43234 

^(•36372  (0,00157)  0,36372 

r     +  12,27.    i  =  19,33 

r  0,70175  0,7  0213  0,70194 
=  0,53043  0.53031  0,53037 
^  U.42949;  0,42951  0,42950 

0.36173  (0,00165)  0.36173 

r  =  +  18,86,    r  =  22,00 


Si 

5,4636 
5,4610 
5,4629 
5,4631 
5,4626  ± 

(5,4538) 
5,4555 
5,4558 

5,4547 

5,4553  ± 

5,4511 
5,4510 
5,4517 

5,4513 

5,4513+.  2 


*  (bririr.) 


Mittel 


* 


?i 


4 


-5 


^  0.55127  0.55  1  04  0,55116  5,4663 

^  0.44282  0,4  4  3  0  5  0,44294  5,4651 

"  0,37145  0,37  1  4  1  0,37143  5,4  660 

0.32U0(0,OO145)0,32040|  5,4668 

r  -  _  24,88,    r  =  12,26  5,4661  + 

^  0,55191  0,55225  0.55208  5,4618 

g  0,44357  0,44374  0,44366  5,4631 

^  0,37202  0,37  1  94  |0,37198  5,4650 

0,.'I20S7  (0,001 45)  jo,32087  5,4668 

r=* --21.53,       =  11,67  5,4642  ±17 

0^55278  0,55286  ,0,55282  5,4632 

0,44409  0,44  408  0,44409  5,4634 

0,37223  0,37  221  0,37222  5,4641 

0,32087  (0,00149)0,82087  5,4629 

r  =^  26,67,    r  =  U,25  5,4634  ±  3  1 

U,55398~ 0,55399  ;0,55399  5^4647 

0,44504  0,44503  0,44504  5,4671 

0,37274  0,37289  jo,37282  5,4665 

0,32145  (0,001 44) i0,321 45  5,4674 

r= -32,51,    z  =  10,92  5,4664  + 


: 


0,53454  0,53438  0,53446 
0,43201  0,43233  0,43217 
0,36365  0,36349  0,36357 

0,31435(0,00137)0,31435 

v  =  +  10,18,    t  =  19,78 

0,52809  0,52769  0,52789 
0,42806  0,42781  0,42794 
;0,36047  0,36054  0,36050 

;0,3I214  (0,00164)  0,31214 

v  -  +  22,99,    r  =  23,88 

0,53006  0,5300t  0,53004 
0,42924  0,42914  10,42919 
0,36165  0,36147  J0,36156 

^  0,31282(0,00159)  0,31282 

r  =  +  18,82,    r  =  22,40 

>  ,0.55586  0,55565  0,55576 
o  0,44598  0,44580  0,44588 
~  0,37351  0,37343  0,37347 

m  0,82190  (0,0015210,32190 

v  =  -  27,84,    i  =  9,79 

0,55646  0,55667  0,55657 
©  10,44664  0,44659  0,44662 
^  0,37403  0,37399  0.37401 

*  0,32235  (0,00150)  0,32235; 

r  =  -  32,76     i  =  9,77 

.  10,556381  0,55627  0,55633 
©  0,44627  0,44630  0,44628 
0,37388  0,37384  0,37386 

<*>  0,32214|i  O,00145)  0,32214 

v  =  -  35,94,    i  =  10,26 


5,4560 
5,4571 
5,456:{ 

5,4564 

5,4565  !-  3 

5,4460 
5,4482 
5,4466 

5,4486 
5,4473  +  10 
5,4493 
5,4494 

5,450;t 

5,4500 
5,4498+  4 

5,464:* 
5,4631 
5,4635 

5,4637 

5,4636+  4 

5,4669 
5,4677 
5,467s 

5,4683 

5,4677+  4 

5,4692 
5,4679 
5,4694 

5,4684 

5.4687+  6 


0,44049  0,440  1  9  j0,44034 
0,33910  0,33905  i0,33907 
0.27662!  0,27656  |0,27659 
0,23373  (0,00104)0,23373 
»■  =  -  32,45,    r  =  9,52     3,4895  +  4 


3,4888 
3,4899 
3,4898 

3,4894 


0,44373  0,44370  0,44372 
£0,34105  0,31119  0,34112 
I  Y<  0,27806  0,27792  0,27799 

XZ  |o,23485  (0,00112)  0,23485 

t  =  -  36,14,  i-7,61 


8,4909 
3,4918 
3,4915 

3,4920 

3,4915  ±  4 


1)  Durch  ein  Versehen  war  nicht  Galvanometer  allein  beobachtet, 
sondern  noch  einmal  Galvanometer  +  1. 

2)  Magnet  mit  den  100  g-Gewichten  belastet. 


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430 


E.  Dorn. 


Mittel 


ü 
B 

Q 


o 


9 

-a 

-M* 


0,76442  0,76386  0,76414 
0,56379  0,56418  0,56399 
0,45126  0,45125  0,45126 

,37760(0,00144)0,37760 

r  =  —  30,30,    t  =  7,83 

0,76060  0,76070  0,76065 
0,56221  j  0,56222  0,56222 
0,45006!  0,45020  0,45013 

0,37670  (0,00147)  0,37670 

0  -  —  26,77,    r  =  8,29 

0,75984  0,75936  0,75935 
0,56149  0,56169  0,56159 
0,44948  0,44958  0.44953 

0,37637  (0,00156 1  0,37637 

g  =  —  22,57,    t  ■  8,25 

0,76587  0,76539  0,76563 
0,56515  0,56520  10,56518 
0,45196  0,45177  0,45187 

0,3778810,00143)0,37788 

v  =  -  29,60,    i  =  7,59 


Si 

5,4X29 
5,4S24 
5,4833 

5,4850 

5,4884 ± 

5,4807 
5,4805 
5,4818 

5,4822 

5,4813  + 

5,4764 
5,4778 
5,4765 

5,4786 

5,4773  ±_ 

5,4812 
5,4846 
5,4835 

5,4833 

5,4832  + 


es 

Q 


Mittel  Si 


8 


c  10,75701  0,75682  0,75692  5,4326 

£  10,56060 i  0,56052  0,56056  5,4848 

i6  0,44888  0,44889  0,44889  5,4830 

~  0,37595(0,00148)0,37595  5,4848 

v  =  -  34,96,    r  =  9,11  5,4888  +  10 


•  0,75554  0,75581  0,755681  5,4751 
es  0,55975  0,55972  0,55974!  5,4777 
"1  0,44834  (VI4845  ,0,44840  5,4775 

2  0,37576  (0,00146)  0,37576  5.4823 

r  =  -  26,84,    i  =  9,31    ?  5,4782  =  20 


c 
■ 


0,75544,  0,75540  i0,75542|  5,4784 
0,55935  0,55930  |0,55930  5,47*2 
0,44816  0.44812  0,44812  5,4783 


~  0,37525  (0,00137)  0,37525| 
v  =  -  25,59,    t  =  9,28 


5,4791 
5,4785  ± 
5,4763 
5,4800 

!  0,44816  0,44823  ,0,44820,  5,4768 


0,75539i  0,75575  10,75557 
3  0,55974  0.55987  ,0,55981 


9 


-  ;0,37562(0,00144)  0,37562  5,4817 
V  =  —  27,04,    i  =  9,46     5,4787  ±22 


Urn  die  Reductionsformel  zu  erhalten,  ersetze  man  in 
der  Formel  (7)  2H  durch  Mund  Tn  durch  tiK^H^M-\ 
wodurch  dieselbe  übergeht  in: 

2.10'°  KXl*£iH1!~ 


171  WS 


Hierin  ist  m  und  G  als  constant  anzusehen ;  ferner 
hat  man  (der  Index  n  deutet  Normalwerthe  an): 

sodass  die  Reduction  von  U  auf  die  Normalwerthe  wird: 


iL  -  LI  =  Si 


\,  ff- IT" 

)('-<«)  +  ! 


Da  fi  =  0,08281,  für  den  unbelasteten  Magnet  x=0,O3278, 
für  den  belasteten  x  =  0,03312,  so  ergibt  sich  |fA-f|x 
=  0,03435,  resp.  0,03437. 

Als  Temperatur  des  Magnets  ist  die  des  Thermometers 
in  der  Rolle  (vgl.  p.  425  ff.)  angenommen;  die  Aenderungen  von 
//  gegen  die  später  anzuführenden  Normalstände  folgen  leicht 
aus  den  v  und  t. 

Der  Kürze  wegen  theile  ich  nur  das  Resultat  mit.1) 

1)  Im  Früheren  sind  alle  zur  Controle  der  Rechnung  nöthigen  Data 
enthalten. 


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Bestimmung  des  Ohm.  431 
il  auf  Normalstände  reducirt. 


Sommer. 
/.  =  20°, 


Herbst 
tn  =  10», 


Winter. 


=  +  10,0,         vn  =  -  30,0,       M^»et  be,ast(  t       /  =  -  30, 


20° 


10°, 


Dat. 


Dat. 


Dat 


31.  Mai  5,4573 

21.  Juni  5,4579 

28.   „  5,4579 

5.  Juli  !  5,4570 

12.   -  5,4567 

1!).   „  5,4559 

5,4571 

iß 


25.  Oct. 
27.  ,» 

30.  » 
1.  Nov. 
3.  „ 

6.  n 

8. 


5,4708 
5,4703 

5,4665  < 

5,4657 

5,4656 

5,4663 

5,4653 

5,4669 
±4 


13.  Nov. 
17. 


3,4885 
3,4885 

3,4985 
±0 


28.  Dec. 

29.  „ 

30.  m 
2.  Jan. 

15.  „ 

16.  „ 

18.  n 

19. 


5.48(H) 

5,4808 
5,4800 
5,4797 
5,4793 
5,4782 
5,4796 
5,4785 

5.4795 
±6 


Bei  der  Bildung  des  Mittels  im  Herbst  sind  die  beiden 
ersten  Beobachtungen  nicht  berücksichtigt,  da  Grund  zu  der 
Annahme  vorliegt,  dass  das  Verhältniss  von  H  für  den  Platz 
des  Galvanometers  und  Variometers  seitdem  sich  änderte. 
Multiplicirt  man  noch  das  Resultat  für  den  belasteten  Mag- 
net mit  V56Mi~röV  1,8388.  10",  der  Wurzel  aus  dem  Ver- 
hältniss der  Trägheitsmomente,  so  kommt  5,4658  fast  iden- 
tisch mit  dem  ohne  Belastung  beobachteten  Werthe. 

Uebrigens  sind  die  drei  Serien  untereinander  nicht  ver- 
gleichbar. 

29.  Bestimmung  der  Galvanometerfunction.  — 
Im  Situationsplan  ist  die  für  diese  Messung  benutzte  Schal- 
tung eingezeichnet. 

Als  Beispiel  zur  Erläuterung  des  Verfahrens  wähle  ich 
die  Beobachtung  vom  31.  Mai. 

Die  Stände  des  Galvanometers  sind  aus  fünf  aufeinander 
folgenden  Umkehrpunkten  berechnet,  die  der  Tangentenbus- 
sole aus  den  fünf  gleichzeitigen  Ablesungen.  Die  Scalentheile 
haben  die  Theilfehlercorrection  und  die  Reduction  auf  Bogen 
erhalten;  auch  sind  die  Declinationsänderungen  mit  Hülfe 
der  (vom  Einfluss  der  Tangentenbussole  befreiten)  Ablesungen 
an  P.  G.  eliminirt. 

In  IV Kx  der  Stöpsel  5000  gezogen.  Temperatur  im 
Benzol  (Nebenschluss):  17,06°,  in  WKX  \  17,02°. 


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432 


E.  Dorn. 


'Ruhelage  Ruhelage        Ablenkung  M 

Galv.  i  495,80  215,891215,30:776,37,776,42  495,81  n  =  280,51  <y  =2,6457 0 
Tgb.  !.  491,89   789,20'l95,23  789,07  195,51'   491,53  <N=  296.88  0  =  2,8028 

In  fVK}  5000  +  2000  gezogen;  Temperatur  im  Benzol: 
17,00°,  in  WKX  :  17,02". 

Ruhelage]  Ruhelage  i  Ablenkung 

Galv.  495,81  295,05  295,13  696,32696,34'  495,62  »  =  200,62  ^  =  1,8922' 
Tgb.      491,53   788,43  195,45  788,19  195,61    491,53   xV=  296,39  0  =  2,7981 ' 

Die  absoluten  Werthe  von  y  sind  0,046176  und  0,033025. 

Durch  Interpolation  zwischen  dem  27.  Mai  und  13.  Juni 
(vgl.  p.  45)  ergibt  sich  für  10°:  JF,  =*  9.9662 «, ;  zur  Reduction 
auf  17,06°,  resp.  17,09°  ist  zu  addiren  7,06.0,00359  =  0,0253. 
resp.  7,09.0,00359=0,0254,  somit  JP„  =  9,99 15^,  resp.  9,99165r 

An  5000  ist  zunächst  die  Calibercorrection  (vgl.  p.  44 
unter  18.  Juni)  +  2,90  und  die  Temperaturreduction 
+  5000 . 0,03395 .  7,02  =  +  13,85  anzubringen.  Hierzu  kommt 
das  Galvanometer  mit  3,77^*)  und  die  Leitung  von  den 
Klemmen  an  Wn  bis  zu  den  Verbindungsnäpfen  mit  0,07*,. 
Im  ganzen  wird  also  JP,  =7)020,59  *j  und  ebenso  für  die 
zweite  Beobachtung  7025,98  *r 

Weiter  ergibt  sich  nach  p.  70  die  Constante  der  Tangenten - 
bussole  A  =  7,9185;  mit  Benutzung  von  ß  =  0,00610  (p.  70) 
und  V=  1,627  (p.  62)  folgt  endlich  aus  Formel  (23):  [p0HT) 
=  60,180  und  60,195,  im  Mittel  60,187  + 


Bestimmung  der  Galvanometerfunction. 


Datum 


Temp. 


N 


I 


0° 


Mittd 


31.  Mai 
21.  Juni 
28.  „ 
5.  Juli 

12.  M 

19.     „      M  - 


17,06  17,02 
17,09  I  17,02 
19,50  19,27 
19,53  I  19,29 
21,49  ,  21,03 
21,52  21,01 

19.79  19,82 

19.80  19,82 
22,58  22,15 
22,61  22,16 

21,33 
21,71  21,35 


9,9915 
9,9916 
10,0016 
10,0017 
10,0090 
10,0091 
10,0032 
1 10,0032 
!  10,0135 
:  10,01 36 
110,0105 
'  10,0106 


i  5020,6 
!  7026,0 
4018.5 
4018,6 
4021,5 
j  4021,5 
I  4019,4 
,  5026,2 
I  5030,8 
!  4023,4 
,  4022,0 
,  5029,2 


280,51 
200,62 
457,13 
281,48 
275,24 
454,84 
277,02 
289,78 
288,82 
275,12 
275,83 
287,38 


296,88 

296,39  ! 

389,03 

238,37 

233,12  ! 

387,15 

234,54 

306,56 

305,72 

232,93  | 

233,60 

304,31? 


2,6457 
1,8922 
4,3119 
2,6551 
2,5964 
4,2905 
2,6128 
2,7332 
2,7245 
2,5953 
2,6020 
2,7110 


2,8028 
2,7981  . 
3,6719 
2,2499  , 
2,2003  I 
3,6541  i 
2,2138 
2,8935 
2,8857  , 
2,1987 
2,205t  | 
2,8726 


60,180 
60,195 
60,204 
60,206 
60,191 
60,191 
60,212 
60,226 
60,191 
60,211 
60,192 
60,193 


60.1  < 
i" 

il 

60.1:^ 
-  ■  i 

60/Ji  * 

-41 


1)  Scalenabstand  8.  p.  419. 

2)  3,75  m.'qmui  Hg  =  3,77  x, . 


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Bestimmung  des  Ohm. 


433 


tarn 

bJETtjC,  »>■> 

"  i 

X 

Ott 

12,30 

12,09 

9,9793  5011,2 

283,11 
408,68  i 

302,1 1 

12,33 

12,10] 

9,9  i  94 

OOI  1,£ 

437,21 

11,99 

11,87  | 

DO  10,7 

413,77 

432,07 

12,06 

11,87  i 

9,9  «80 

400b,  - 

356,80 

304,76 

11,66 

11,66 

9,9773  | 

•  >010,o 

414,81 

443,69 

11,76 

11,68 

9  9776  ' 

4005,9 

357,8s  305,85 

Xoy. 

11,23 

11,26 

9.9758 

viv  •  ^m\J 

5009,5 

410,68 

439,01 

11  27 

11,27 

9,9760 
9,9742 

5009,5 

284,01 

302,83 

10,71 

10,44 

5007,9 

403,59  1 

431,30 

10,82 

10,44 

9  9746 

4003,8 

348,88 

297,94 

■ 

10,14 
10.22 

10,22 

9  9726 

5007,4 

407,16 

435,70 

10,23 

9  9729 

V«  V  %  mm  xß 

5007,5 

281,27 

300,14 

• 

10,40 

10,32 

9  9738 

5007,6 

416,32  ,445,15 

10  42 

10,32 

* 

9,9739 

4003,« 

274,70 

234,26 

9,82 

9,59 

9,9727 

5016,2 

419,38 

449,00 

9,87 

9,60 

9  9729 

7015,6 

301,17 

449,26 

- 

8,26 

8,10 

9,9678 
9,9680 

5003,2 

41S,98 

447.83 

8,31 

8,12 

5003,3  289,24 

308.12 

7,43 

7,24 

9,9899 

5001,6 

406,15 

430.94 

7,48 

!  ",25 
8,00 

9,9901 

6999,0 

203,32 

300,29 

■' 

7,83 

9,9912 

8999,1 

234,64 

445.32 

7,88 

8,00 

9,9913 

5003,1 

290,76 

307.80 

n 

7,93 

8,27 

9,9915 

500:  (.6 

410.81 

436,12 

J:lU. 

7,98 

8,27 

9,9917 

7001,9 

203,90 

SO  1,28 

7,19 

6,74 

9,9898 

0000,6 

405.M 

430,51 

7,26 

6,76 

9,9!  H  t0 

8994,6 

226,95 

430,48 

■ 

8,70 
8,74 
8,77 

9,02 

9,9967 

5000,1 

413,65 

439,28 

9,02 

9,9968 

7004,0 

204,88 

302.95 

■• 

9,07 

9.9971 

5004.5 

j  391,36 

414,94 

8,87 
9,07 

9,07 

i  9,9974 

4001.0 

1  265.76 

224,70 

■• 

9,06 

9,99M 

4001,0 

!  270,83 

229.07 

•• 

8,85 

9,04 

9,9974 

5004,5 

!  412,5s 

437.3S 

8,92 

9,04 

9,9976  5004,5 

217,93 

230,08 

0°    [p%Ht)\  Mittel 


2,6698 
3,8539 
3,9012 
3,3641 
3,9116 
3,3748 
3  8722 
2,6779 
3,8056 
3,2897 
3,8392 
2,6521 
3,9257 
2,5903 
3,9540 
2,8395 
3,9503 
2,7271 


2,8516 
4,1269 
4,0782 
2,8766 
4,1879 
2,8869 

|  4,1434 
2,8582 
4,0709 
2,8122 
4,1125 

]  2,8330 
4,2016 
2,2111 
4,2382 

,  4,2406 
4,2271 
2,9084 


i  3,8295 
1,9171 
2,2124 
2,7416 
3,8734 
i  1,9225 
.  3,8265 
|  2,1400 
I  3,9001 
1,9317 
3,6904 
2,5060 
2,5535 
3,8899 
;  2,0547 


4,0645 
2,8322 
4,1996 
2,9028 
4,1129 
2,8413 
4,0601 
4,0598 
4,1434 
2,8575 
3,9174 
2,1213 
2,1625 
4,1291 
2,1721 


59.651 
59,673 
59,750 
59,727 
59,697 
59,705 
59,722 
59,696 
59,719 
59,720 
59,646 
59,639 
59,709 
59,704 
59,733 
59,699 
59,709 
59,725 

60,029 
60,037 
60,029 
60,020 
60,023 
60,030 
60,035 
60,039 
59,983 
59,961 
59,955 
59,984 
59,958 
59,991 
59,986 


59,662 

±11 
59,738 

±11 
59,701 

±  4 
59.709 

±13 
59,719 

±  0 
(59,643) 

±  3 
59,707 

±  2 
59,716 

±17 
59,717 

±  8 

60,033 

±  4 
60,025 

±  4 
60,027 

±  3 
60,037 

±  2 
59,972 

±11 
59,970 

±11 

59,989 

±  2 


In  W Kx  sind  stets  die  Combinationen  benutzt  2000 
+  1000+1000',  5000,  5000  +  2000,5000  +  2000+1000+1000'; 
nur  am  13.  Not.  war  (noch  von  einer  früheren  anderweitigen 
Messung  her)  auch  noch  10  gezogen.  Am  6.  Nov.  muss  ein 
Versehen  vorliegen;  zur  Rechnung  ist  auch  fur  diesen  Tag 
später  das  am  8.  Nov.  erhaltene  59,707  verwendet,  und  ähn- 
lich am  18.  Jan.,  wo  die  erste  Messung  ganz  misslungen  war, 
59,980. 

Wenn  man  die  Lage  des  Magnets  innerhalb  der  Mul- 
Uplicatorwindungen  und  die  Vertheilung  des  Magnetismus 
im  Galvanometerraagnet  als  constant  voraussetzt,  hängt  (p0  HT) 
nur  noch  vom  Torsionsverhältniss  6  des  Galvanometers  und 
dem  Verhältniss  der  Horizontalintensität  HTjHg  ab.  Man 

i      Ab«,  d.         u.  Cfamn.  N.  F.  XXXVI.  28 


434 


E.  Dorn. 


erkennt  leicht,  dass  man  alle  Beobachtungen  untereinander 
vergleichbar  macht,  wenn  man  mit  dem  Factor  (Hgj  HT)  (1  +0) 
multiplicirt. 

Das  Resultat  dieser  Operation  ist  folgendes: 

Vergleichung  der  {p0  H2). 


Sommer 


Dat. 

31.  Mai 
21.  Juiii 

2S.  „ 
5.  Juli 
12.  „ 
19.  „ 


i 


60,654 
60,672 
60,658 
60,686 
60,668 
60,600 

60,666 
±9 


Dat. 

25.  Oct. 
2 1 .  >» 
30.  „ 
1.  Nov. 

3.  »» 

8. 
13. 
17. 


Herbst 


>» 

?> 


60,693 
60,682 
60,699 
60,70i> 
60,720 
60,695 
60,694 
60,700 

(50,699 
±8 


Dat. 

28.  Oct. 

29.  „ 

30.  „ 
2.  Jan. 

15. 
16. 
18. 
19. 


Winter 


60,711 
60,704 
60,705 
00,717 
60,673 
60,673 
60,663 
60,690 


I 


60,709 

+  5 


60,675 


iiu 


Eigenthtimlich  ist  das  Verhalten  im  Winter,  indem 
Werthe  deutlich  in  zwei  Gruppen  zerfallen,  deren  jede  in 
sich  eine  befriedigende  Uebereinstimmung  zeigt  In  der  Ver- 
wendung des  Magnetometers  II  seit  dem  16.  Jan.  liegt  der 
Grund  der  Differenz  nicht,  da  die  letzte  Beobachtung  mit 
Magnetometer  1  bereits  die  Abnahme  zeigt. 

Man  könnte  an  eine  Drehung  des  Multiplicatorrahmens 
infolge  des  Abnehmens  und  Aufsetzens  denken,  aber  eine 
solche  ist  sicher  nicht  erfolgt,  da  die  Stellung  jedesmal  mit 
Hülfe  eines  angeklebten,  mit  dem  Beobachtungsfernrohr  ab- 
lesbaren Spiegeis  controlirt  wurde  und  sich  innerhalb  weniger 
Scalentheile  constant  erhielt. 

Möglichenfalls  liegt  der  Grund  in  kleinen  seitlichen  oder 
verticalen  Verschiebungen  des  Magnets  gegen  den  Multipli- 
cator,  die  nicht  unmöglich  erscheinen  mit  Rücksicht  darauf, 
dass  der  Magnet  von  der  Decke  herabhing,  der  Multiplicator 
auf  dem  Tische  ruhte,  der  seinerseits  auf  dem  Fussboden 
stand. 

Ein  ähnliches  Schwanken  der  Galvanometerconstante  hat 
auch  Hr.  Wild  bemerkt 1)- 


1)  H.  Wild,  Abhandl.  der  Peterab.  Akad.  32.  1884.  Separatabdruck 

p.  100. 


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Bestimmung  des  Ohm 


435 


30.  Schwingungsdauer.  —  In  Zwischenräumen  von 
15  Minuten  wurden  dreimal  je  6  Durchgangszeiten  durch  die 
Ruhelage  mit  dem  Chronographen  aufgezeichnet  und  die 
hieraus  berechnete1)  Schwingungsdauer  mit  der  Reduction 
auf  unendlich  kleine  Amplituden  und  der  Correction  wegen 
des  Ganges  der  Uhr  versehen. 

Ein  Hülfsbeobachter  las  alle  5  (später  3)  Minuten  das 
Iotensitäts  variometer  ab. 

Als  Temperatur  t  des  Magnets  während  der  Schwin- 
gungsdauer ist  bis  zum  25.  Oct.  einschliesslich  die  Angabe 
des  Thermometers  in  der  Rolle  angesetzt.  Von  da  an  wurde 
nach  Beendigung  der  Schwingungsbeobachtungen  in  den 
Hohlmagnet  ein  in  Fünftelgrade  getheiltes  Thermometer  ein- 
geschoben und  seine  Temperatur  nach  2  Minuten  abgelesen. 
Diese  Ablesung  wurde  mit  dem  Mittel  der  zu  Anfang  und 
Ende  der  Schwingungen  in  der  Rolle  herrschenden  Tempe- 
ratur zu  einem  Hauptmittel  vereinigt.  Der  Unterschied  in 
den  Angaben  beider  Thermometer  war  durchschnittlich  noch 
nicht  0,1°  und  erreichte  nur  einmal  0,25°. 

Durch  Addition  von: 

T0rif-Un  1 
t[  "i/o  --(«+*)('-'")] 

[«  und  x  8.  p.  430] 

kann  die  Schwingungsdauer  auf  eine  Normaltemperatur  und 
einen  Normalstand  des  Variometers  reducirt  werden.  Die 
so  erhaltenen  Werthe  sind  unter  Tn  aufgeführt,  die  Normal- 
werthe  sind  die  nämlichen  wie  p.  431. 


Schwingungsdauer. 


T. 
Mittel 

Variom. 

v      1  i 

Temp. 
1 

T 
n 

31.  Mai  j  12,0187 
21.  Jani  i  12,0170 
2*.   „  12,0238 
5.  Juli  12,0194«) 
12.    ff  12,0306 
19.   n     I  12,0237 

12,0200 
12,0187 
12,0261 
12,0201 
12  0288 
12)0226 

12,0194 
12,0179 
12,0250 
12,0196 
12,0297 
12,0232 

+  3,82  17,84 
+  12,72;  19,92 
+  18,98,22,10 
+  12,35119,81 
+  21,39  23,80 
+  20,34  22,29 

1 

17,34  1  12,0247 
20,07  12,0216 
22,04  12,0247 
19,97  1  12,0234 
23,09  1  12,0260 
22,13  I  12,0238 

,/ 12,0240  ±11 

1)  Da«  Schema  s.  z.  B.  F.  Kohlrausch,  Leitfaden  etc.  6.  Aufl.  p.  169. 

2)  Drei  Beobachtungen,  von  denen  zwei  übereinstimmend  12,0194  gaben. 

28* 


Digitized  by  Google 


4B6 


E.  Dorn. 


Temp. 


25.  Oct 
27.  „ 

30.  » 
1.  Nov. 
3. 
6. 

8. 


13. 
17. 


28. 
29. 
3». 

\h. 
16. 
18. 
19. 


IT 


I 


Dec. 


Jan. 
»> 


11,98 
11,9735 

11,9714 
11,9801 
11,9677 
11,9690 
11,9756 

18,7617 

18,7565 

11,9972 
U,fl98H 
11,9898 

12,0017 
11,9951 
11,9955 
11,9974 


11,9795 
11,9766 

11,9705 
11,9784 
11,9679 
11,9692 
11,9762 

18,7634 
18,7577 


11,9804 
11,9751 

11,9710 
11,9793 
11,9678 
11,9691 
11,9759 

18,7626 
18,7571 


25,79! 
19,72 

25,14, 
■33,161 
27,35 
31,55' 
•32,62 

•31,71  j 
■37,64 

I 


12,24 
11,83 

11,63 
11,00 
10,06 
9,87 
10,40 


9,89 
7,86 


11,9971  !  11,9971 
11,9956  !  11,9947 
11,9909  j  11,9904 

11,9947«}  - 
12,0018 
11,9953 
11,9957 


29,69  8,26 
26,85.  8,51 
23,47 


12,0018 
11,9954 
11,9958 

12,0001  i  11,9991 


27,87' 
28,51 
24,24 
21,78 
26,14 


8,52 
8,15 
9,55 
9,75 
9,77 
9,62 


12,49 
11,97 

11,69 
11,14 
10,27 
10,09 
10,35 

9,63 
7,96 

7,33 
7,91 

7,98 
7,02 
8,87 
8,90 
9,06 
8,93 


11,9727') 
11,9779') 

11,9679 
11,9693 
11,9705 
11,9674 
11,9703 

11,9691  ±  1 1 

18,7609 
18,7604 

18J607±  2 

12,0091 
12,0090 
12,00*3 
12,0101 
12,0076 
12f0058 
12,0090 
12,0076 

12jÖÖ8S  ±10 


Im  Winter  ist  die  Temperatur  am  Variometer  erheblich 
höher  als  unter  dem  Galvanometerkasten.  Dies  rührt  yoü 
dem  Zusammenwirken  mehrerer  Umstände  her:  des  Schutzes, 
welchen  der  Galvanometerkasten  gegen  die  Temperatur- 
erhöhung durch  mehrere  Personen  und  die  Beleuchtung  ge- 
währt, der  grösseren  flöhe  der  Console  für  das  Variometer 
Über  dem  Boden  und  endlich  des  durch  die  Schirme  nicht 
ganz  abgehaltenen  Einflusses  der  Beleuchtungslampe. 

31.  Ermittelung  von  MjH  aus  der  Ablenkung 
des  Magnetometers  der  Tangentenbussole.  —  Das 
Schema  für  einen  Satz  der  Ablenkungsbeobachtungen  war: 


Magnet  o  o  o 
Nordpol   o    w  o 


10  10 

o  w 


öfter  wurde  das  erste  Tripel  wiederholt. 

Es  wurde  aus  der  grösseren  Entfernung  zweimal, 
der  kleineren  einmal  beobachtet;  für  die  inzwischen  vorge- 


1)  Aua  bereits  früher  angegebenen  Gründen  nicht  zum  Mittel  ver- 
werthet. 

2)  Mittel  aus  11,9939,  11,9938,  11,9963. 


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Bestimmung  des  Ohm 


-137 


nommenen  Ablesungen  des  Variometers  wurde  der  Magnet 
auf  die  westliche  Console  vertical  gestellt 

Der  Gang  einer  vollständigen  Beobachtung  war  also: 

1)  Var.,  2)  AbL  grössere  Entf.,  3)  Var.,  4)  Abi.  kl.  Entf., 
5)  Var.,  6)  Abi.  grössere  Entf.,  7)  Var. 

Da  das  Umlegen  des  Magnets  (ohne  Berührung  desselben 
mit  einem  gebogenen  Messingdraht  ausgeführt)  nur  wenige 
Secunden  in  Anspruch  nahm,  und  die  Beruhigungszeit  des 
Magnetometers  I  etwa  20  Secunden  betrug,  war  die  Auf- 
einanderfolge der  Beobachtungen  eine  rasche  und  auf  eine 
Reduction  mit  Hülfe  der  Ablesungen  am  Declinationsvario- 
meter  konnte  ausser  am  19.  Januar  verzichtet  werden.  Be- 
merkenswerth ist  übrigens  der  geringe  Einfluss  dieser  Re- 
daction auf  die  definitiven  Werthe  der  Ablenkungen  selbst 
bei  unruhiger  Declination. 

Die  Temperatur  des  ablenkenden  Magnetß  gab  ein  in 
den  Hohlraum  eingeschobenes  Thermometer. 

Da  die  Magnetabstande  (p.  420),  die  Torsionsverhältnisse 
(p.  70)  und  der  Betrag  der  vom  Polabstand  abhängigen 
Terme  (p.  404)  angegeben  ist,  so  können  gleich  die  nach 
Formel  (15)  berechneten  Resultate  zusammengestellt  werden. 


Mj  HT  aus  Ablenkungen  am  Magnetometer  der 

Tangentenbussole. 


Dat. 

M  HT 

=  10. 7X 

1  #  - — — --■ 

Mittel 
10Tx 

XT 

*** 

V 

Uli )  * 

1 

Temp,  des 
Mag«,  f' 

31.  Mai 

217,38 

2,0523 

3,4247 

M» 

+  7,28 

17,83 

17,67 

476,91 

4,5025 

3,4245 

-1.  Juni 

217,02 

2,0484 

3,4191 

8,4189 

+  11,95 

19,00 

19,69 

476,08 

4,4».% 

3,4187 

±2 

'i8. 

216,99 
476,20 

2,0481 

8,4189 

3,4194 

+  18,78 

22,09 

»2,12 

4,4946 

3.4199 

±5 

5.  Juli 

216,93 

2,0476 

3,4 18o 

3,4176 

+  13,89 

19,71 

20,27 

475,81 

4,4911 

8,4172 

±4 

12.  n 

216.93 

2,0476 

8,4186 
3,4188 

3,4187 

+  23,61 

23,20 

22)95 

47ö,95 

4.4926 

±1 

10.  „ 

217,04 

2.04M8 

3,4207 

3,4204 

+  18,01 

22,39 

22,44 

476,07 

4,4940 

3,420, 

±3 

Digitized  by  Google 


438 


K.  Dorn. 


Dat. 

i 

A 

V 

M'"!HT'"  ' 

Mittel  I 

Variom.     T««»p.  des 

M 

=  10. 7X 

107x  ! 

» » » 

p 

* » » 

_  T 

Hagn.  i 

25.  Oct 

21 H  03 

2,0580  ( 

'i  44AH 

3  4461 

-25,85 

12,30 

12,46 

477  ftft 

217,18 
47ft  Oft 

4  Mft7 

2,0500 
4  4917 

Q  44  R1 

27. 

» 

3,4325 

OiTMU« 

3,4328 

+  3 

—  16,31 1 

11,58 

12,55 

30. 

217  fifl 

ft\  i,u<) 

Q  4401 

4401 

—27,50 

11,67 

12.10 

Nov.  : 

477  03 
218,14 

47H  2S 

4,5026 

1  4401 

+  o 

1. 

2,0589 
i  Kioa 

t,U  1  DO 

3,4473 

3,4479 
+  6 

—  38,63 

11,11 

11.41 

3. 

217  *k4 

All  ,*s  * 

2  o*n 
4,4995 

1  4R77 

—  20,00 

10,08 

10,i6 

476,71 

3.4373 

±2 

6. 

217,52 
476,84 

2,0531 
4,5008 

3,4373 
3,4381 

3,4377 
+  4 

9Ä  Aft 

lU,UO 

1ft  7  m 

8. 

»» 

217,76 

2,0553 

8,4411 

3,4410 

111  VI 

—  «>U,00 

iu,oo 

iu,oo 

i 

477,22 

7 

4,5043 
2,0550 
4,5038 

3,4409 

±1 

!3. 

»» 

217,71 
477,14 

3,4407 
8,4408 

3,4408 

•+o 

Q1  Q£ 
—  01,00 

y,yo 

1ft  Oft 

17. 

- 

217,76 

2,0555 

3,4414 

3,4413 

Q(t  Ä9 

7  Q7 

ft  .Aft 
o,-*if 

477,22 

4,5046 

3,4412 

'  ±1 

28.  Dec. 

217,95 

2,0557 

3,4407" 

i  3,4412 

-30,32 

8,25 

7,84 

-177  N<* 

4  *»0fis 

3  441  7 

+  5 

21». 

217  77 

611,1  1 

477  HQ 

2  0Vt7 
4  *»021 

<t  4179 
1  417Q 

0,10  »  «7 

,  3  417S 
±4 

—25,91 

8,55 

8,31 

30. 

» 

217,74 
477  r>k> 

2,0534 

1,  *A/UiJ 

3,4369 

1  3,4369 
4-0 

-24,27 

8,46 

b,23 

2. 

Jan. 

?1  7  HR 

2,0549 

3,4390 

On  «  n 

—  29,19 

8,  JO 

477,68 

4,5051 

i  3,4399 

±4 

15. 

»> 

217,99 
477,81 

2,0562 
4,5069 

3,4412 
3,4413 

j  3,4413 
±0 

-27,93 

9,55 

9,1» 

16. 

217,50 

2,0534 

3,4374 

-24,10 
-24,10 

9.75 

9.12 

217,46») 

2,0530 

3,4367 

- 

9,75 

9.32 

18. 

217,42 
476,63 

2,0525 
4,4996 

3,4358 
3,4363 

I  3,4361 
±2 

-22,03 

9,77 

9,52 

19. 

217,87 

2,0568 
4,5096 

3,4427 
3,4436 

3,4432 

-80,80 

9,60 

9,35 

477,68 

±4 

Durch  Addition  von  {MjH)  &*(r  -  rn)  +  (//-  //.)///,; 
können  diese  Werthe  auf  den  Normalstand  des  Variometers 
und  eine  Normaltemperatur  reducirt  werden.  Pur  dieselben 
Normal  werthe  wie  früher  (p.  431)  gibt  dies: 

(Folgt  Tabelle  p.  439). 

Die  etwas  grössere  mittlere  Differenz  im  Sommer  mag 
daher  rühren,  dass  der  Magnetabstand  (welcher  im  Sommer 
nicht  jedesmal  controlirt  wurde)  von  meteorologischen  Ein- 
flüssen etwas  abhängig  war. 

1)  Von  16.  Jan.  an  Magnetometer  II. 

2)  Arn  16.  Jan.  konnte  nur  in  der  grösseren  Entfernung  beobachtet 
werden. 


Digitized  by  Google 


Bestimmung  des  Ohm. 


430 


Sommer 


Herbst 


Winter* 


31.  Mai 
21.  Juni 

28.  „ 
5.  Juli 
12.  » 
19.  „ 


(AfjMT)n 


10' 


3,4251 
3,4222 
3,4233 
3,4214 
3,4246 
3,4234 

3,4233710' 
±10 


?> 
V 

>l 


Datum 


25.  Oct. 
27.  » 

30.  „ 
1.  Nov. 
3.  »» 
6. 
8. 
13. 
,  17. 


v 


[MIHT)% 


.1    x     :  : 


Datum  (M\H,r\ 


3,4465.  10" 
3,4420  » 

3,4403.  10' 
3,4404 
3,4396 
3,4393 
3,4398 
3,4397 
3,4393 
3,4398  .  10' 
±3 


»  ') 

10 


1»  Nicht  zum  Mittel  verwendet. 


28. 

Dec. 

3,4427  . 

10' 

29. 

» 

3,4421 

>i 

30. 

3,4429 

•» 

2. 

Jan. 

3,4418 

i» 

15. 

»» 

3,4 130 

99 

16. 

M 

3,4415 

99 

18. 

>» 

3,4421 

•' 

19. 

»» 

3,4429 

99 

3,4424  . 

10' 

±5 

32.  Bestimmung  von  Mfll  am  Platze  des  Gal- 
vanometers. —  Die  Anordnung  der  Beobachtungen  war  hier: 

Entfernung  grösser  kleiner  grösser 

Magnet     o     o         o      u      w     u>         tr  w 
Nordpol     o      w  w     o      o     to  wo 


und  zwar  wurden  jedesmal  fünf  Umkehrpunkte  des  schwin- 
genden Magnets  notirt  Die  Elimination  der  Declinations- 
Änderungen  war  unumgänglich;  das  Intensitätsvariometer 
wurde  für  beide  Lagen  des  Magnets  abgelesen  und  das  Mittel 
verwerthet. 

Von  vornherein  wird  man  diesen  Beobachtungen  weniger 
Vertrauen  schenken,  da  durch  den  Polabstand  des  langen 
Hülfsmagnets  eine  neue  Fehlerquelle  eintritt,  welche  einen 
noch  grösseren  Einfluss  auf  das  Resultat  besitzt,  als  ein 
Irrthum  über  den  Polabstand  des  Hauptmagnets. 

Ich  verzichte  daher  auf  eine  ausführliche  Mittheilung 
der  Ablesungen  und  gebe  nur  die  auf  Normal werthe !)  der 
Temperatur  und  Horizontalintensität  reducirten  Resultate 
für  Ml  Hg.  Durch  Multiplication  derselben  mit  Hq\HT  müsste 
man  (MjHT)n  erhalten,  wie  dies  oben  aus  den  Beobachtungen 
an  der  Tangentenbussole  abgeleitet  ist. 


I  i  Diese  vgl.  p.  431. 


■Hl) 


E.  Dom. 


(Mjllg)*  aus  Beobachtungen  am  Platze  des 

Galvanometers. 


Datum 


Hülfsmagnet:  3 

1       °)n-  ber. 
=  10Tx 


10Tx 


31.  Mai 
21.  Juni 

28.  „ 
5.  Juli 
12.  M 

iy.  » 


25.  Uct. 
27.  „ 

30.  », 
l.Nov. 
H.  » 
6.  »t 
8.  »> 


I 


3,4165  !  3,4218 

3,4152  3,4205 

3.4154  !  3,4208 
3,4148  I  3.4201 
3,4160  3,4214 
3,4152  3,4206 

3.4155  3,4209 
±5 

3,4077  !  3,4452 

3,4083  3,4408 

3,4046  3,4401 

3,4034  3,4390 

3.4037  3,4393 
3,4034  3,4384 

3.4038  ,  3,4388 

3,4038 
±3 


beob.- ') 
ber. 

=  10' x 

+  0,0033 
+  17 

25' 
13 
32 
Ms 


Hülfsmagnet:  2. 
Datum  \XIZ,)^U!!!*\ 


-  107x 


ber. 

107X 


bonb.- 
bcr. 

107  x 


,+ 

1  + 
!  + 

+ 

+  0,0024 


13.  Nov.  I  3,4032  ,  3,4378 
17.    »      3,4021  3,4370 

3,4027 


+  0,0013 
+  12 

+  0,0002  i 
+  14 
'+  8 
+  9 
+  10 

+0,(KX)8 


28.  Dec. 

29.  i, 

30.  „ 
2.  Jan. 

15.  „ 

18.  -  * 
19. 


V 


3,4104 
3,4089 
3,4088 
8,4104 
3.4085 
3,4082 
3,4089 

3,4092 
±7 


3,4420 
3,4405 
3,4404 
3,4422 
3,4412 
3,4414 
3,4418 


+0,0019 
+  23 

I  +0,0021 
+  0,0007 


+ 

+ 

+ 
+ 
+ 


16 
25 
4 

1* 
11 


,  +0,0010 


1)  (A//i/2,)n  beob.  vgl.  p.  489.    2j  Am  16.  Jan.  war  der  Draht  gc- 


Eine  nähere  Betrachtung  derjenigen  Beobachtungen,  bei 
denen  Magnet  2  als  Hülfsmagnet  diente,  zeigte  aber  eine 
systematische  Abweichung  der  aus  der  grösseren  und  der 
kleineren  Entfernung  erhaltenen  Werthe,  woraus  auf  einen 
kleinen  Fehler  in  der  Bestimmung  des  Polabstandes  zu 
schlies8en  war. 

Ich  führte  daher  eine  Eliminationsrechnung  aus  nach 
der  Formel: 

'     9  2  (r*  —  r  '  +  <i) 

welche  leicht  aus  (15)  erhalten  wird,  und  in  der  schon  eine 
angenäherte  Kenntniss  der  Polabst&nde  genügt,  um  die 
kleine  Correctionsgrösse  q  (hier  —224)  hinreichend  genau 
zu  bestimmen. 

Es  ergab  sich  so  (für  die  Normalwerthe) : 


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Bestimmung  des  Ohm, 


441 


Datum 


13.  Nov. 

17.  n 

28.  Dec. 

29.  „ 

30.  „ 
2.  Jan. 

15.  „ 
18. 
1», 


I  Ml  If  \ 

(MlHT)n 
ber. 

beob.-bcr. 

=  10'  X 

=  107  x 

—  10*  x 

—  I  VF  S\ 

3,40:>8 

3,4405 

—  0,000 >> 

3,4083 

8,4382 

3,4087 

3,4403 

3,4105 

3,4422 

-0,0001 

3,4108 

3,4425 

+  0,0004 

3,4124 
(3,4052) 

3,4442 
(3,4382) 

-0,0024 

3,4116 

8,4448 

-0,0027 

3,4102  3,4431 

—  0,0002 

-0,0003 

Die  rcducirten  Werthe  weichen  untereinander  nun  natür- 
lich starker  ab,  die  mittlere  Differenz  gegen  die  Resultate 
an  der  Tangentenbussole  ist  aber  gering. 

Auch  mit  Httlfsmagnet  3  ist  im  Herbst  die  Differenz 
nur  0,038,  d.  h.  der  Unterschied  etwa  lli000. 

Woher  die  relativ  grosse  Differenz  im  Sommer  (VUoo) 
rührt,  habe  ich  nicht  aufzuklären  vermocht.  Vielleicht  hat 
sich  zu  einem  kleinen  Fehler  im  Polabstande  von  Magnet  3 
ein  anderer  an  sich  unbedeutender,  in  gleichem  Sinne  wirken- 
der Fehler  gesellt. 

Zur  Berechnung  des  Endresultates  sind  diese  Beob- 
achtungen nicht  verwerthet,  hingegen  gestatten  dieselben  in 
Verbindung  mit  der  Schwingungsdauer,  die  Horizontalin  ten - 
sität  und  das  Moment  des  Magnets  4  zu  bestimmen.  Benutzt 
man  die  reducirten  Werthe  von  Mj  Hg  und  T0,  so  erhalt  man 
H9  fur  den  jeweiligen  Normalstand  des  Variometers  und 
M  fur  die  Normaltemperatur. 

Sei  «  =  ri\M+  (y  -  «)  //)  =  &) ,      $  -  Mj  //, 

so  wird: 

HssV*  +>-«)'  M=%.lf. 

Hierin  ist  für  den  unbelasteten  Magnet  Aw  =  1,8388. 109, 
für  den  belasteten  4,5141.10»;  Ös.  p.65ff.,  Tn  p.  435 ff.,  y  -  « 
ist  0,00478. 107  (vgl.  p.  66). 

Indem  ich  vom  13.  November  an  die  nach  dem  Elimi- 
nationsverfahren berechneten  MjH zu  Grunde  lege,  linde  ich: 


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142 


E.  Dorn. 


Horizontalintensität  und  Momente  von  Magnet  4. 


Variometer: 


Variometer : 


20°  ,  t>=-30,0, 


Dat 


l*V«  i  =  io7x 


Variometer : 


31.  Mai  1,901)8  1  6,5249 

21.  Juni  1,9107  6,5253 

28.    „  1,9101  6,5238 

5.  Juli  1,9105  6,5239 


12. 
19. 


1,9097 
1,9103 


6,5237 
6.524 1 


1,9102  6,5243 


±3 


6,5426 


Dat 

25.  Oct. 
27.  „ 

30. 
l.Nov. 

3. 
6. 
8. 


±5 

Hieraus 

M  (10") 


13.  Nov 
17.  „ 


(U9\ 


rrt=10° 

4£|10pt 
»  =107x 


r  «-30,0, 


rR=10' 


Dat. 


i/llO»! 

l"*)»  ■  =l07x 


1,9205 
1,9207 

1,9222 
1,9223 
1,922U 
1,9226 
1,9220 


6,5446 
6,5464 

6,5443 
6,5424 
6,5420 
6,5434 
6,5422 


1,9222  6,5436 
±2  _±20 

1,9210  6,5424 
1±921 7  '6,5401 

1,9214  6,5413 
±3  ±11 


28.  Dec.   1.9185  6,5394 

29.  „    ,  1,91^0  !  ü.5412 

30.  „      1,9180  6,5419 
2.  Jan.  1,9173  6,5425 

15.  „     (1,9197)  (6,537ü> 

18.  »       1,9177  6,5423 

19.  *,       1,9183  6.5417 

i  [,9180  6,5415 

±3  ih 


t 


Die  am  25.  und  27.  October  erhaltenen  Hg  lassen  sich 
nicht  mit  den  folgenden  vergleichen,  wohl  aber  die  M. 

Ira  October  hatte  M  einen  höheren  Werth  als  im  Som- 
mer, was  vielleicht  daher  rührt,  dass  der  Magnet  einige 
Monate  mit  dem  Nordpol  nach  unten  in  einem  Schranke 
gestanden  hatte.  Durch  den  Gebrauch  sinkt  M  auf  den 
alten  Werth;  überhaupt  ist  die  ausserordentliche  Constanz 
von  M  bemerkenswerth. 

Da  das  Variometer  zwischen  den  einzelnen  Reihen  neu 
justirt  wurde,  resp.  seinen  Platz  wechselte,  so  besteht  zwischen 
dem  (l/g)n  der  verschiedenen  Columnen  keine  Beziehung. 

33.  Schlussrechnung.  Nachdem  die  Ergebnisse  der 
einzelnen  Operationen  mitgetheilt  sind,  erübrigt  nur  noch, 
aus  denselben  nach  Formel  (25)  das  Endresultat  herzuleiten. 

Um  die  Controle  der  Rechnung  zu  erleichtern,  will  ich 
vorher  noch  den  Correctionsfactor  Fx  wegen  der  Temperatur 
und  F2  wegen  Aenderung  der  Horizontalcomponente  (vgl. 
Formel  20)  angeben.  Es  ist  ft  =  0;03281,  x/2  «0,0414  (ftr 
den  belasteten  Magnet  0,0,16)  /=  0,032151  (Sommer)  resp- 
0,032166,  ^  =  0,0364. 

- 


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Bestimmung  des  Ohm. 
Correction  sfactoren. 


443 


Dat.       Fx  F« 


Dat. 


Fx    1  Ft 


31.  Mai  0,99993  0,99938  25.  Oct. 

ft  Juni  1,00008 10,99972  27.  » 

2S.    n    0,99999  1,00000  30.  „ 
5  Juli  0,999.»3  0,9993s  I.Nov. 


12. 
1«J. 


» 


1,00010 
0,99993 


0,9993s 
0,99961 
1,00036 


3. 

6. 

8. 
13. 
17. 


♦i 
Ii 
i» 
n 


0,99997 
0,99972 
0,99976 
0,99986 
0,99980 
0,99974 
0,99986 
i0,99977 
|0,99978j 


1,00014 

0,99895 
1,00049 
1,00135 
1,00019 
0,99939 
0,99940 
1,00009 
1,00009 


Dat 

28.  Dec. 

29.  „ 


Fi 


30. 
2. 
15. 
f  16. 
18. 
19. 


»» 

Jan. 
»> 
»> 


0,99975 
0,999Hl 
0,99991 
0,i>9967 
0,99981 
0,99983 
0,99977 
0,99981 


hedm 


w 

0,99995 
1,00032 
1,00031 
0,99932 
0,99983 
0,99979 
1,00094 


Der  Werth  von  rc,  also  die  Länge  der  Quecksilber- 
säule von  0°  und  1  qmm  Querschnitt,  welche  1  Ohm  dar- 
stellt, wird: 


Dat 

0 

! 

Dat 

rrr 

Dat. 

E7 

31.  Mai  1,06240 

25.  October 

1,06245 
1,06304  | 

28.  December 

1,06173 

21.  Juni 

1,06250') 

27. 

» 

1  29. 

ii 

1,06233 

28.  n 

1,06288') 

30. 

1,06230 

30. 

»j 

1,06180 

5.  Juli 

1,06227') 

1. 

November 

1,06192 

Januar 

1,06185 

12.  „ 

1,06209 

3. 

» 

1,06191  | 
1,06248 

I  15! 

» 

1,06309 

19.  „ 

1,06244 

6. 

ii 

16. 

»> 

1,06333 

1,06243 

8. 

M 

1,06242 

IM. 

»» 

1,06301 

±18 

13. 

»» 

1,06262 

19. 

»i 

1,06241 

17. 

1 

4 

n 

1,06266 
1,06242 

* 

1,06244 

±52 

±25 

Hirapt  mittel  1,06243. 

Es  sei  daran  erinnert,  dass  am  6.  Nov.  und  18.  Jan.  die 
Beobachtung  von  (p0jH2)  misslungen  war. 

Im  Sommer  sind  die  vier  mittleren  Beobachtungen  als 
weniger  sicher  zu  betrachten,  da  der  Magnetabstand  nicht 
controlirt  war  u.  s.  f.  Für  die  besten  Beobachtungen  möchte 
ich  die  vom  Herbst  halten;  im  Winter  machten  sich  die 
etwas  ungünstigeren  Temperaturverhältnisse  fühlbar. 

Dass  die  Mittel  so  genau  übereinstimmen,  ist  wohl  nur 
ein  Zufall;  hervorzuheben  ist  aber,  dass  trotz  der  grossen 
Verschiedenheit  der  äusseren  Umstände  je  nach  der  Jahres- 
zeit merkliche  Differenzen  nicht  vorhanden  sind. 


1)  Hier  ist  ein  unbedeutender  Irrthum  (um  0,0826)  verbessert,  der 
bei  der  ersten  Mittheilung  sich  eingeschlichen  hatte. 


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444 


E.  Dom. 


34.  Schliesslich  will  ich  noch  einige  Punkte  erörtern, 
welche  für  die  Beurtheilung  der  Zuverlässigkeit  der  Messun- 
gen wesentlich  sind.  • 

Die  im  Sommer  noch  leidlich  günstigen  magnetischen 
Verhältnisse  des  Beobachtungsraumes  waren  durch  den 
beim  Beginne  der  Arbeit  nicht  vorauszusehenden  Umbau  er- 
heblich verschlechtert. 

Durch  die  nach  jeder  Hauptbeobachtung  vorgenommene 
Bestimmung  des  Verhältnisses  'der  Horizontali ntensi tat  for 
den  Platz  von  Galvanometer  und  Tangentenbussole  ist  aber 
den  Folgen  dieses  Uebelstandes  wirksam  vorgebeugt. 

Zunächst  beträgt  die  Aenderung  von  HTj  Hg  während 
der  ganzen  Zeit  nicht  mehr  als  0,0017  und  erreicht  inner- 
halb jeder  Periode  der  Beobachtungen  (vom  25.  Oct.  abge- 
sehen) nur  wenige  Zehntausendtheile. 

Gefordert  ist  für  den  Herbst  und  Winter  nur  merkliche 
Gleichheit  der  magnetischen  Aenderungen  an  den  Orten  des 
Variometers,  des  Galvanometers  und  der  Tangentenbussole 
für  die  wenigen  Stunden  einer  Beobachtung.  Das 
Ergebni8s  der  Reduction  von  £2,  p0HT}  T0  M\HT  auf  Nor- 
malwerthe  ergibt  für  die  verschiedenen  Tage  nur  eine 
mittlere  Abweichung  von  Vrooo  b*s  Vioooo»  woraus  hervorgeht, 
dass  die  oben  erwähnte  Forderung  selbst  für  längere  Zeit- 
räume nahezu  erfüllt  ist  —  wie  viel  mehr  also  für  wenige 
Stunden. 

Dieselbe  Ueberlegung  entkräftet  auch  etwaige  Bedenken 
gegen  die  Aufstellung  des  Variometers. 

Die  Temperaturverhältnisse  im  Beobachtungsraume 
waren  recht  günstige. 

Ueber  den  Gang  der  Temperatur  der  Zimmerluft  gibt 
das  Thermometer  des  Variometers  Aufschluss,  welches  kei- 
nerlei Umhüllung  hatte.  Während  der  Operationen  4)  bis 
7)  (vgl*  P*  414)  betrug  die  mittlere  Schwankung  im  Sommer 
0,1°,  im  Herbst  0,3°,  im  Winter  0,4°  mit  den  Extremen  0,33°, 
0,42°,  0,71°.  j 

Was  ferner  die  einzelnen  Fälle  angeht,  in  denen  die 
Temperatur  zur  Anbringung  von  Reductionen  gebraucht 
wird,  so  wird  die  Temperatur  des  Hohlmagnets  4  durch  das 
eingeschobene  Thermometer  mit  genügender  Sicherheit  ge- 


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Bestimmung  des  Ohm. 


445 


geben;  WQ  war  durch  seine  Umhüllung  gegen  schnelle  Tem- 
peratursch wankungen  geschützt,  und  die  nur  wenig  Draht 
enthaltenden  Köllen  können  keine  merkliche  Temperaturdiffe- 
renz  gegen  das  im  Hohlraum  befindliche  Thermometer  be- 
sessen haben. 

Die  in  Betracht  kommenden  Rollen  von  WKX  waren 
allerdings  von  nicht  geringer  Masse,  dafür  war  dieser  Kasten 
aber  ausser  der  Umgebung  mit  Watte  und  Pappkasten  mit 
einer  wollenen  Becke  zugedeckt,  wodurch  die  tägliche  Am- 
plitude der  Temperatur  sehr  herabgesetzt  und  das  Eindrin- 
gen einer  Temperaturschwankung  verzögert  wurde. 

Um  übrigens  die  Zimmertemperatur  in  der  Nacht  nicht 
zu  stark  sinken  zu  lassen,  wurde  im  Herbst  und  Winter  nach 
Bedarf  1  oder  2  Bunsenbrenner  auf  den  Fussboden  gesetzt. 

Ich  habe  auch  den  Verlauf  der  Temperatur  innerhalb 
WKX  häufig  vom  Vormittage  an  verfolgt.  Im  Sommer  fand 
von  103/t  bis  27a  Uhr  ein  Ansteigen  um  etwa  0,2°  (höchstens 
0,4°)  statt,  von  da  an  betrugen  die  Aenderungen  stets  nur 
wenige  Hunderttheile,  im  Herbst  hielten  sich  die  Schwan- 
kungen überhaupt  in  diesen  Grenzen  *),  im  Winter  erreichten 
sie  in  den  7  Stunden  vor  Beginn  der  Messungen  nur  ein- 
mal 0,3°. 

Aus  dem  Mitgetheilten  geht  hervor,  dass  die  Tempera- 
turreduetionen  an  den  Widerständen  von  WKX  mit  hinrei- 
chender Sicherheit  angebracht  werden  können. 

Bei  dem  Galvanometer  handelt  es  sich  nur  darum,  ob 
das  Thermometer  in  der  Drahtrolle  unter  dem  Kasten  wäh- 
rend der  Dämpfungs-  und  Widerstandsmessung  hinreichend 
den  Temperaturänderungen  des  Galvanometers  selbst 
folgt  Die  p.  425  ff.  mitgetheilten  Beobachtungen  sprechen  hier- 
für; zudem  würde  eine  Fortlassung  der  ganzen  Temperatur- 
reduetion  am  Galvanometerwiderstande  das  Endresultat,  wie 
schon  erwähnt,  nur  um  etwa  Vioooo  verändern. 

Uebrigens  waren  die  Schwankungen  der  Temperatur  auch 
nur  unerheblich  (etwa  um  die  Hälfte)  grösser  als  oben  für 
WKX  angegeben. 

Hervorgehoben  sei  noch,  dass  im  Herbst  und  Winter 


1*  Nur  am  25.  Oct.  von  9»>  a.  m.  bis  3»'  p.  m.  0,24". 


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440 


E.  Dorn. 


jede  Hauptbeobachtung  mit  Galvanometerwiderstand1)  und 
Dämpfung  begann,  worauf  die  Ermittelung  der  Galvanometer- 
constante  folgte.  Der  Temperatursteigerung  wurde  also  mög- 
lichst wenig  Einfluss  eingeräumt. 

Zur  Vermeidung  von  Rechenfehlern  ist  ein  grosser  Tbeil 
der  Rechnung  doppelt  geführt.  Insbesondere  sind  die  meisten 
log.  Decr.  von  Studirenden  zweimal  unabhängig  gerechnet, 
und  die  Schlussrechnung  sowohl  nach  der  Formel  (25),  wie 
auch  mit  Benutzung  der  auf  Normalwiderstande  reducirten 
Werthe  den  einzelnen  Grössen  ausgeführt.  Gegen  gröbere 
Irrthümer  bietet  die  überall  vorgenommene  Vergleichung  der 
auf  Normaltemperaturen  und  Normalvariometerstande  redu- 
cirten Werthe  eine  Gewähr. 

Das  Endresultat  der  vorstehenden  Untersuchung  sei  noch 
einmal  angegeben: 

1  Ohm  =  1,06243  m/qmm  Hg  von  0°. 

Ich  habe  noch  mit  Dank  der  Unterstützung  zu  gedenken, 
welche  mir  bei  meiner  Arbeit  von  verschiedenen  Seiten  zu 
Theil  wurde.  Die  erforderlichen  Mittel  stellte  die  Königliche 
Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin  und  die  Grossherzog- 
lich Hessische  Regierung  zur  Verfügung;  als  Hüllsbeobachter 
waren  thätig  die  Herren  Dr.  W.  Fischer,  Reallehrer  H. 
Kasslick,  stud.  Agthe,  Heinzerling,  Jordan,  Sivert 
Rasmussen  und  Hr.  Mechaniker  L.  Waibler,  der  auch 
einen  grossen  Theil  der  benutzten  Apparate  angefertigt  hat 
Zu  ganz  besonderem  Danke  bin  ich  aber  Hrn.  Professor 
F.  Kohlrausch  verpflichtet,  der  die  Vergleichung  meiner 
Widerstände  mit  seinen  Quecksilbernorraalröhren  gestattete. 

Halle  a.  S.,  30.  Oct.  1888. 

1)  Hierbei  Wannten  höchstens  2  Kerzen,  und  es  waren  nur  -  IV- 
honen  im  Zimmer. 


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Widerstand  des  magnetischen  Eisens, 


447 


VIII.   lieber  den  Einfluss  der  Stärke 
der  Magnetisirtmf/  auf  die  Aenderung  des  electri- 
sehen,  Widerstandes  des  Eisens; 
von  G.  H.  von  Wyss. 

(Hierin  T»f.  VI  Flg.  11-16.) 


Die  Frage,  in  wie  weit  die  Aenderung  des  electrischen 
Leitung*  Vermögens,  welche  beim  Längsmagnetisiren  eines  Eisen- 
drahtes eintritt,  von  der  magnetisirenden  Kraft  abhängig  sei, 
ist  schon  von  verschiedenen  Beobachtern  untersucht  worden. 
Adams1)  hat  zuerst  gefunden,  dass  füf  kleine  und  mittlere 
Stromstarken  der  Quotient  dwji2  constant  sei,  wenn  i  die  magne- 
tisirende  Stomstärke,  dw  die  Aenderung  des  Widerstandes  be- 
zeichnen. Für  sehr  grosse  Werthe  von  i  dagegen  nimmt  der 
Quotient  ziemlich  rasch  ab.  Demgegenüber  folgert  Auerbach2) 
aus  seinen  Versuchen,  dass  die  Aenderung  der  magnetisirenden 
Kraft  proportional  sei.  Am  eingehendsten  hat  sich  Chwolson3) 
mit  dieser  Frage  befasst,  indem  er  die  magnetisirende  Strom- 
starke  innerhalb  eines  ziemlich  weiten  Spielraumes  schrittweise 
ansteigen  liess,  durch  Vermehrung  der  Elemente.  Die  Ab- 
hängigkeit der  Widerstandsänderung  von  der  Stomstärke  stellte 
et  durch  eine  Curve  dar.  Dieselbe  steigt,  anfänglich  langsam, 
dann  ziemlich  rasch  an,  um  sich  schliesslich  der  horizontalen 
Richtung  zu  nähern.  Auf  ein  ganz  ähnliches  Abhängigkeits- 
verhältniss  scheint  mir  die  bei  Anwendung  von  sehr  starken 
magnetisirenden  Strömen  auftretende  rasche  Abnahme  des 
Quotienten  dwji*  hinzudeuten,  die  von  Adams  beobachtet  wurde. 
Der  letztere  mass  die  Stromstärke  mittelst  einer  Tangentcn- 
bussole,  während  sich  Chwolson  und  Auerbach  damit  be- 
gnügen, aus  der  Anzahl  von  Elementen  oder  der  Vermehrung 
der  Drahtwindungen,  durch  welche  der  Strom  floss,  auf  die 
Zunahme  der  magnetisirenden  Kraft  zu  schliessen.  Und  doch 
ist  nicht  sowohl  diese  Grösse,  als  vielmehr  das  im  Eisen  ent- 
wickelte magnetische  Moment  für  die  Widerstandsändciung 
massgebend.    Dafür  seheint  mir  namentlich  der  Umstand  zu 

It  Adams,  Phil  Mag.  (5)  1.  p.  153.  187«. 

2i  Auerbach,  Wied.  Ann.  5.  p.  298  u.  301.  187-S. 

3)  Chwolson,  Carl»  Rtrp.  13.  p.  230.  1»77. 


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448 


G.  H.  v.  Wryss, 


sprechen,  dass  der  Verlauf  der  von  Chwolson  construirteii 
Curve  demjenigen  der  Magnetisirungsfunktion  ganz  ähnlich  ist. 

Ich  habe  daher  meinerseits  im  letzten  Sommer  den  Ein- 
fluss  untersucht,  welchen  die  Längsmagnetisirung  auf  den 
Widerstand  des  Eisens  ausübt,  dabei  aber  auch  die  Grösse 
des  entwickelten  Momentes  gemessen,  um  womöglich  eine 
directe  Beziehung  zwischen  den  beiden  Grössen  zu  finden. 

Die  Methode,  welche  ich  benutzte,  um  den  Widerstand 
der  zu  untersuchenden  Drähte  zu  messen,  war  diejenige  der 
Wheatstone'schen  Brücke.  Die  Drähte  sind  im  Zweiget  C, 
(Fig.  13)  eingeschaltet,  —  ihr  Widerstand  sei  mit  ws  be- 
zeichnet, —  während  sich  im  Zweige  C3  B  ein  unveränderlicher 
Vergleichswiderstand  w4  befindet.  Die  Widerstände  Wj  und 
w.£  der  beiden  übrigen  Zweige  werden  durch  einen  Neusilberdraht 
gebildet,  der  eine  Länge  von  1  m  und  einen  Durchmesser  von 
1  mm  hat,  und  der  längs  einer  in  Millimeter  getheilten  Scala  gerad- 
linig ausgespannt  ist  Ueber  diesem  Messdrahte  lässt  sich  ein 
Schütten  verschieben,  welcher  das  eine  Ende  der  Brücke  dar- 
stellt Ein  am  Schlitten  angebrachter  Nonius  ermöglicht  es. 
den  Schlitten  bis  auf  l/i0  mm  genau  auf  einen  Theilstrich  der 
Scala  einzustellen.  In  der  Brücke  befindet  sich  ein  Wiedemann'- 
sches  Spiegelgalvanometer  G.  Die  zur  Widerstandsmessung 
erforderliche  Stromstärke  lieferte  bei  allen  Versuchen  ein 
Daniellelement  E\ 

Verbindet  nun  die  Brücke  die  beiden  Punkte  D2  und  Cv 
in  denen  die  Widerstände  wl  und  w9  einerseits,  ws  und  tc4 
andererseits  zusammentreffen,  und  wird  der  Schlitten  so  ge- 
stellt, dass  die  Brücke  stromlos  ist,  so  gilt  bekanntlich  die 
Gleichung: 

wenn  /,  und  l2  die  Längen  sind,  in  welche  der  Messdraht 
durch  die  Schneide  des  Schlittens  getheilt  wird.  Dabei  ist 
natürlich  vorausgesetzt,  dass  der  Messdraht  ganz  homogen  sei 
wa  und  m>4  bedeuten  aber  in  diesem  Falle  den  ganzen,  zwischen 
A  und  C2,  resp.  C2  und  B  befindlichen  Widerstand,  also  den- 
jenigen des  Eisens,  resp.  den  Vergleichswiderstand,  plus  dem- 
jenigen der  Zuleitungsdrähte  und  der  Endklenimen  des  Mess- 
drahtes. Man  kann  sich  von  diesem  letzteren,  einer  ganz  un- 
bekannten Grösse,  befreien,  wenn  man  noch  zwei  Hülfswider- 


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Widerstand  des  magnetischen  Eisens.  449 

stände  <u,  und  w8  einschaltet  und  nun  drei  Einstellungen 
macht,  wobei  die  Brücke  das  eine  Mal  von  Ct  nach  DJ9  das 
zweite  von  C3  nach  D2,  und  das  dritte  Mal  von  C%  nach  Ds 
gelegt  wird.  Bezeichnet  man  jetzt  mit  /,  die  Differenz  — 
der  beiden  ersten  Einstellungen,  mit  die  der  beiden  letzten, 
so  ist  wiederum: 

w3  und  bedeuten  in  diesem  Falle  nur  den  Wider- 
stand des  Eisens  und  der  Zuleitungsdrähte.  Der  letztere  lässt 
sich  aber  leicht  ermitteln  und  von  w3,  resp.  wi  subtrahiren. 
Es  war  ungefähr  ic3  =  wk  und  oul  =  w,,  wodurch  die  mittlere 
Schneidenstellung  Dt  in  die  Mitte  des  Messdrahtes  zu  liegen 
kam.  Die  Grösse  von  <ax  und  oi2  habe  ich  so  gewählt,  dass 
die  beiden  äusseren  Einstellungen  in  die  Nähe  der  Theilstriche 
128  und  871  fallen.  Da  ich  immer  dieselben  Theilc  des  Mess- 
drahtes benutzte,  und  da  ich  namentlich  nicht  den  absoluten 
Werth  des  Widerstandes  w3  zu  kennen  brauchte,  glaubte  ich 
davon  absehen  zu  können,  den  Messdraht  zu  kalibriren.  Die 
Verbindungen  in  den  Punkten  Cv  Cv  C3  waren  durch  Queck- 
silbernäpfe hergestellt. 

Es  handelte  sich  also  darum,  zu  untersuchen,  ob  und  in 
welcher  Weise  die  Einstellungen  der  Schneide  Dv  D2f  D4  ver- 
ändert wurden,  wenn  die  Eisendrähte  inagnetisirt  waren.  Dazu 
schlug  ich  folgenden  Weg  ein. 

Das  eine  Ende  der  Brücke  wurde  zunächst  nach  C,  ge- 
legt, und  das  andere,  die  Schneide,  in  der  Nähe  des  Punktes 

auf  einen  Theilstrich  eingestellt  Dann  wurde  der  so  lange 
offene  Stromkreis,  den  die  ganze  Brückencombination  darstellt, 
geschlossen,  und  zwar  in  der  Weise,  dass  zuerst  das  Element 
und  erst  hernach  die  Brücke  geschlossen  wird.  Damit  ver- 
hütete ich,  dass  die  von  Villari1)  und  von  Herwig2)  be- 
obachteten beim  plötzlicheu  Schliessen  auftretenden  Extra- 
ströme ihren  Weg  durch  die  Galvanometerwindungen  nahmen 
und  so  meine  Messungen  beeinträchtigten;  denn  wenn  die  Brücke 
erst  nach  geschehenem  Stromschlusse  ihrerseits  geschlossen 


1)  Villari,  Nnov.  Cim.  (2)  11.  p.  201.  1874. 

2)  Herwig,  Pogg.  Ann.  153.  p.  115.  1874. 

Ana.  «L  Phj«.  o.  Ctom.  N.  F.  XXXVL  29 


4M)  G.  //.  v.  Wyss. 

wird,  so  kann,  wie  Auerbach1)  bemerkt,  ein  Extrastrom  nicht 
eintreten. 

Nachdem  der  erste  Ausschlag  des  Galvanometers  abgelesen 
worden  war,  schloss  ich  jetzt  den  magnetisirenden  Strom  — 
er  sei  mit  /  bezeichnet  —  und  beobachtete,  ohne  dass  die 
Stellung  der  Schneide  verändert  wurde,  abermals  den  ersten 
Ausschlag  des  Galvanometers,  worauf  der  Strom  /  wieder 
unterbrochen  wurde.  Der  Eisendraht  war  also  schon  magne- 
tisch, wenn  die  Brücke  geschlossen  wurde,  so  dass  ich  auch 
in  diesem  Falle  vor  Inductionsströmen  im  Galvanometer  sicher 
sein  konnte.  Es  wurde  jetzt  die  Schneide  um  2  oder  3  mm 
verschoben,  bis  der  Ausschlag  der  Nadel  nach  der  auderen 
Seite  hin  erfolgte,  und  für  diese  Stellung  wiederum  zwei  Ab- 
lesungen gemacht,  die  eine  bei  offenem,  die  andere  bei  ge- 
schlossenem Strome  /.  Ich  wiederholte  nun  die  vier  Ab- 
lesungen in  derselben  Reihenfolge,  bis  ich  schliesslich  sowohl 
für  den  un magnetischen,  wie  fur  den  magnetischen  Zustand  je 
fünf  positive  und  fünf  negative  Ausschläge  hatte.  Aus  den 
fünf  zusammengehörigen  Werthen  wurde  dann  das  Mittel  ge- 
nommen und  aus  dem  positiven  und  dem  negativen  Mittel- 
werthe  durch  eine  einfache  Interpolation  die  wahren  Einstel- 
lungen (Z?j)u  und  (D^m,  berechnet.  Die  Indices  n  und  m  be- 
ziehen sich  auf  den  unmagnetischen,  resp.  magnetischen  Zustand 
des  Eisens.  Das  Galvanometer  war  so  empfindlich,  dass  einer 
Verschiebung  der  Schneide  um  1  mm  ein  Ausschlag  von  ca. 
36  Scalentheilen  bei  den  beiden  äusseren,  von  ca.  2ü  Scalen- 
theilen  bei  der  mittleren  Einstellung  entsprach.  Da  die  Aus- 
schläge also  verhältnissmässig  klein  sind,  und  die  Schneide  nie 
mehr  als  2  mm  von  der  wahren  Nullstellung  entfernt  war,  ist 
es  erlaubt,  den  Ausschlag  der  Entfernung  von  der  Nullstellung 
proportional  zu  setzen,  und  die  letztere  so  zu  interpoliren.  Die 
Ausschläge  des  Galvanometers  können  leicht  bis  auf  Zehntel 
Scalentheile  abgelesen,  die  Mittelwerthe  daher  bis  auf  Hundert- 
stel berechnet  werden.  Infolge  dessen  ist  es  möglich,  die 
Schneidenstellung  bis  auf  Hundertstel  Millimeter  mit  Sicher- 
heit, und  wenigstens  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  noch  bis 
auf  eine  weitere  Stelle  zu  berechnen. 


1)  Auerbach,  Wied.  Ann  5.  p.  324.  1878. 


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Widerstand  des  magnetischen  Eisens. 


451 


War  in  der  oben  angedeuteten  Weise  die  obere  Ein- 
stellung Dx  gefunden,  so  wurde  die  Brücke  verschoben,  die 
beiden  anderen  Einstellungen  D2  und  Ds  gesucht  und  aus  den 
daraus  berechneten  Längen  /,  und  /,  die  Quotienten  (/,//2)tt  — 
(wj/irj),  und  (/,//3)«  bestimmt  Hierauf  wurden  dieselben 
Messungen  in  umgekehrter  Reihenfolge  gemacht.  Für  eine  und 
dieselbe  magnetisirende  Stromstärke  /  bestimmte  ich  die  Quo- 
tienten       gewöhnlich  viermal. 

Die  Eisendrähte  to3  wurden  magnetisirt  mit  Hülfe  einer 
Spirale  S{  aus  Kupferdraht  (Durchmesser  =  1  nun).  Die 
Spirale  hatte  eine  Länge  von  50  cm  und  einen  inneren  Durch- 
messer von  4  cm  und  bestand  aus  vier  Lagen  von  je  300  Win- 
dungen. Die  Stromstärke  /  lieferte  eine  Batterie  E  von  ge- 
wöhnlichen Daniel l'schen  Elementen,  deren  Zahl  bei  den  ver- 
schiedenen Versuchsreihen  geändert  wurde  und  bis  auf  24 
ansteigen  konnte.  Um  noch  grössere  Stromstärken  anwenden 
zu  können,  wurde  die  Batterie  bei  einzelnen  Beobachtungs- 
reihen noch  durch  Accumulatoren  verstärkt.  Zur  Messung 
von  /  diente  eine  gewöhnliche  Tangentenbussole. 

Ein  Punkt,  der  nothwendiger  Weise  berücksichtigt  werden 
musste,  ist  die  Wärmeentwickelung  im  Innern  der  Spirale  Sv 
wenn  diese  vom  Strome  /  durchflössen  ist.  Die  Dimensionen 
der  Spirale  sowohl,  wie  der  Ort  der  Beobachtungen  erlaubten 
keine  continuirliche  Wasserspülung  im  Innern  des  Hohlraumes 
von  Sr  Ich  suchte  daher  den  Einfluss  der  Temperatur  auf 
andere  Art  zu  eliminiren  und  wählte  ein  Verfahren,  das  dem 
Principe  nach  schon  von  Chwolson1)  befolgt  wurde.  Als  Ver- 
gleichswiderstand tr4  benutzte  ich  ebenfalls  Eisendrähte,  die 
in  Form,  Zahl,  Grösse  und  Material  denjenigen  von  w3  genau 
gleich  waren,  und  die  in  das  Innere  einer  zweiten  Kupferdraht- 
spirale Ss  geschoben  wurden.  Diese  letztere  hatte  ähnliche 
Dimensionen  wie  Sx  und  wurde  ebenfalls  vom  Strome  /  durch- 
flössen. Nur  schaltete  ich  die  vier  Windungslagen  von  &, 
so,  dass  der  Strom  in  den  beiden  unteren  Lagen  links,  in  den 
beiden  oberen  dagegen  rechtsläufig  war,  oder  umgekehrt,  sodass 
die  magnetisirende  Kraft  der  ersteren  derjenigen  der  letzteren 
entgegengesetzt  gerichtet  war,  und  dass  die  Eisendrähte 

—  ._.  — ,  . 

1)  Chwolson  1.  c.  p.  231. 

L'9* 


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G.  //.  v.  Wyss. 


somit  als  nicht  magnetisirt  betrachtet  werden  konnten.  Dass 
freilich  die  Kompensation  keine  vollkommene  war,  wird  sich 
im  Verlauf  der  Untersuchung  zeigen.  Da  die  beideu  Spiralen 
Sl  und  &j  gleich  gebaut  sind,  müssen  auch  die  Wärmemengen, 
die  der  Strom  /  in  ihnen  erzeugt,  einander  gleich  sein,  die 
beiden  Widerstände  wa  und  ip4  also  in  gleichem  Maasse  er- 
wärmt und  vergrössert  werden,  und  wenn  eine  Veränderung 
des  Widerstandes  w3  gegenüber  w4  eintritt,  so  darf  ich  sie 
nun  auf  Rechnung  der  Alagnetisirung  setzen.  Ueberdies  trug 
ich  Sorge,  dass  der  magnetisirende  Strom  /  nie  länger  ge- 
schlossen blieb,  als  absolut  nöthig  war  zur  Ablesung  des  Gal- 
vanometerausschlages, sowie  zur  Beobachtung  an  der  Tangenten- 
bussole, um  damit  die  Wärmeentwickelung  auf  ein  Minimum 
zu  beschränken.  Die  Temperaturerhöhung,  welche  von  dem 
zur  Messung  des  Widerstandes  dienenden  Strome  herrührt, 
kann  ganz  vernachlässigt  werden. 

Die  beiden  Spiralen  A\  und  S2  waren,  um  eine  Einwirkung 
auf  das  Galvanometer  zu  verhüten,  etwa  5  bis  6  m  von  dem- 
selben entfernt  Es  musste  daher  dafür  gesorgt  werden,  dass 
die  Drähte,  welche  die  Zuleitung  zu  den  eigentlichen  Eisen- 
widerständen  tc3  und  w4  bilden,  im  Verhältniss  zu  diesen 
letzteren  keinen  allzu  grossen  Werth  besitzen.  Ich  suchte  dies 
dadurch  zu  erreichen,  dass  ich  die  Zuleitungen  doppelt  legte, 
sodass  ihr  Widerstand  auf  die  Hälfte  sank.  Er  betrug  etwa 
V4  S.-E.,  während  w?8,  resp.  wA  bei  den  ersten  Versuchen 
1  S.-E.,  bei  den  späteren  dagegen  51  S.-E.  war. 

Iu  erster  Linie  schien  es  mir  wünschenswert!*,  zu  unter- 
suchen, ob  die  Richtung  der  Magnetisirung  auf  den  Wider- 
stand einen  Einfluss  habe,  mit  anderen  Worten,  ob  der  Wider- 
stand ein  anderer  sei,  je  nach  dem  die  positive  Electricität 
zuerst  den  Nordpol  oder  zuerst  den  Südpol  der  magnetisirteu 
Molecule  trifft  Zu  diesem  Zwecke  legte  ich  16  gerade  ge- 
zogene, je  31  cm  lange  Eisendrähte  und  16  ebenso  lange 
Kupfer drähte  parallel  so  neben  einander,  dass  immer  ein 
Kupferdraht  zwischen  zwei  Eisendrähten  lag.  Der  Durch- 
messer der  Drähte  war  1  mm.  Die  Kupferdrähte  waren 
mit  Seide  umsponnen,  die  Eisendrähte  blank,  weswegen  ich 
die  letzteren  durch  enge  Kautschukröhrchen  zog,  aus  deren 
Enden  sie  nur  in  einer  Länge  von  5  mm  hervorragten.  Jeder 


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Widerstand  des  magnetischen  Eisens.  453 

Draht  wurde  dann  an  den  Enden  mit  seinen  beiden  Nachbarn 
zusammengelöthet,  sodass  das  Ganze,  einer  Thermosäule  ähn- 
lich, eine  zusammenhängende  Kette  bildete.  Die  blanken  Löth- 
s teilen  wurden  sorgfältig  mit  Schellack  überzogen  und  nun  das 
ganze  Leitersysteni  um  eine  Glasröhre  gewickelt  (Durchmesser 
=  1,73  cm).  Jeder  einzelne  Draht  lag  unmittelbar  auf  der 
Röhre,  ihrer  Axe  parallel.  Die  Glasröhre  schob  ich  so  weit 
in  die  Spirale  Sl  hinein,  bis  die  Mitte  dieser  letzteren  mit  der- 
jenigen des  Drahtsystems  w3  —  ich  nenne  es  die  Eisenspirale 
»3  —  zusammenfiel  Da  die  Spirale  Sl  eine  Länge  von 
50  cm  hat,  die  Eisendrähte  dagegen  eine  solche  von  31  cm 
besitzen,  kann  ich  annehmen,  dass  die  magnetisirende  Kraft  in 
allen  ihren  Punkten  gleich  gross  ist.  Der  Vergleichswiderstand 
tc4  bestand  aus  einer  gleich  gebauten  Eisen-  und  Kupferspirale 
and  befand  sich  in  der  Spirale  Sv  Bei  diesen  Versuchen  aber 
schaltete  ich  die  Lagen  der  Spirale  Sa  so,  dass  die  magneti- 
sirende Kraft  der  beiden  oberen  Schichten  diejenige  der  beiden 
unteren  verstärkte,  und  dass  die  in  den  Axen  von  Sx  und  S2 
auftretenden  Kräfte  einander  gleich  aber  entgegengesetzt  gerichtet 
waren.  Die  positive  Electricität,  die  von  A  aus  in  die  Zweige 
des  Brückensystems  eintritt,  trifft  somit  in  w9  zuerst  den 
Nordpol,  in  m?4  zuerst  den  Südpol  der  Molecularmagnete  oder 
umgekehrt  Wenn  also  die  Richtung  der  Molecularmagnete 
in  Bezug  auf  den  durchgehenden  Strom  massgebend  ist,  in 
der  Weise,  dass  der  Widerstand  in  dem  einem  Falle  mehr  zu- 
nimmt, als  im  anderen,  oder  gar  im  einen  Falle  abnimmt,  im 
anderen  dagegen  wächst,  so  muss  das  hauptsächlich  in  einer 
Veränderlichkeit  der  mittleren  Schneidestellung  zu  Tage  treten. 

Eine  Reihe  von  Versuchen  haben  ergeben,  dass  die 
Richtung  der  Molecüle  in  Bezug  auf  den  durchgehenden  Strom 
von  keinem  Einfiuss  ist  In  Tab.  1  sind  die  Resultate  von 
zwei  Versuchsreihen  zusammengestellt  Bei  der  ersten  waren 
die  Widerstände  w3  und  w%  so  magnetdsirt,  dass  die  Nord- 
pole, bei  der  zweiten  dagegen  so,  dass  die  Südpole  der  Mole- 
cularmagnete in  sämmtlichen  Eisendrähten  nach  dem  Knoten- 
punkte C2  gerichtet  waren.  Die  Richtung  der  Nordpole  ist 
durch  einen  Pfeil  angedeutet.  In  der  ersten  Columne  sind  die 
Punkte  der  Scala  angegeben,  auf  welche  die  Schneide  einge- 
stellt war,  in  den  mit  s  bezeichneten  Columnen  die  entsprechen- 


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454  G.  H.  v.  Wyss. 

den  Ausschläge.  Die  folgenden  enthalten  die  berechneten  Null- 
stellungen Dt  die  daraus  abgeleiteten  Längen  lx  und  Zj  und 
deren  Quotienten.  Da  die  Ausschläge  s,  wie  ich  schon  be- 
merkte, Mittelwerthe  aus  je  fünf  Ablesungen  sind,  wobei  die 
Eisendrähte  immer  abwechselnd  unmagnetisch  und  magnetisch 
waren,  so  beziehen  sich  die  beiden  in  derselben  Zeile  stehen- 
den Ausschläge  *  auf  denselben  Zeitpunkt  und  lassen  sich  also 
miteinander  vergleichen.  Die  magnetisirende  Stromstärke  war 
=  1  Amp.  und  erzeugte  in  den  Drahten  ein  Gesammtmoment 
=  4430  (C.G.S.)  oder  im  Volumen  1  ccm  ein  Moment  a  =  1140. 
Die  Unterschiede  der  Quotienten  (/,/^\,  und  (/,//,).  betragen 
im  Mittel  Vsoooo«  Wir  können  also  die  Quotienten  als  gleich 
ansehen. 

Tabelle  1. 


W-  w 

Unraagnctisch.  Magnetisirt  — -■>■  C.t  <■  * 


7)  l        /,//,         *  D  l  ^ 


130  -  50,88  131,464  '     .  s.  -49,82  ,  I31,434         M  i 

492  -45,74  493,310   £1',.*    0,9827,  -46,02  1  493,824  Si»«:«  I  0,9827< 

860  -53,18  861,5.%    i6JVM«  -54,60  861,57,  aw>£*i 

863  48,78  861, ro%   „ftM  ,     47,46  8G1,63Ä  qßK  *>r  i 

495  67,46  493,059  1  «p? W  ,  0,9822,  ,     67,16  493,06,        W  '  0,9822, 

133  66,80  131,078   dbl'w«  |  67,98  131,Ü44  3    '  ^ 

Unmagnetisch.  Magnetisirt  <   '  C\  — 


*  1)  l    J   /,  L        *  D  l        /,  /, 


42  131,16:,    ,  -39,36 '181,13,  - 

78  493,23,  ™->™»  0,98220  -43,35  493,24,  i  0.9822s 
7K  «Ki V    3GH,63,  _kRm>  «ftioi'  368,1,6, 


130  I  -40,42 
492  -42,78 

800   -  64,76  861,86s    "M"',J^  -66,52  8G1,914 

S63      36,42  861,95,    „rs.QQ  34,84  861, 998  „M  M 

45.5      71,07,  492,95;  ^J'J?'  0,9811,       70,92  498,9«,  i»  0,9812, 

133,     73,06  ■  130,89g   *W>U5*  74,02  130,87,  ,i6->0S> 

Während  die  mittlere  Einstellung  D2  (493)  unverän- 
dert bleibt,  zeigen  die  beiden  äusseren  deutlich  eine  Aende- 
rung,  und  zwar  rücken  beide  nach  den  Enden  des  Messdrahtes 
hin.  Daraus  geht  hervor,  dass  die  Widerstände  w3  und  tr, 
bei  der  Magnetisirung  zunehmen,  aber  in  gleichem  Maasse, 
da  der  Quotient  constant  bleibt.  Auf  seine  Veränderlichkeit 
im  Laufe  einer  Versuchsreihe  komme  ich  noch  im  Folgenden 
zurück.  Wir  können  also  mit  Sicherheit  annehmen,  dass, 
wenn  der  Widerstand  des  Eisens  bei  der  Längsmagnctisintn? 


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Widerstand  des  magnetischen  Eisens. 


455 


wächst,  die  Richtung  der  magnetisirenden  Kraft  in  Bezug  auf 
den  durchgehenden  Strom  von  keinem  Einfluss  auf  diese  Zu- 
nahme ist» 

Nachdem  dieses  erste  Resultat  gewonnen  war,  ging  ich 
daran,  an  einer  ganz  aus  Eisendraht  gebildeten  Spirale  die  Ab- 
hängigkeit der  Widerstandsänderung  von  der  Stromstärke  zu 
untersuchen.  Ich  wand  auf  ein  dünnes  Holzbrettchcn  um- 
sponnenen Eisendraht  (Durchmesser  =  0,25  mm)  so  auf,  dass  ich 
eine  einschichtige,  rechteckige  Spirale  erhielt  Die  Länge  des 
Rechteckes  war  27,1  cm,  die  Breite  0,6  cm.  Ich  kann  somit 
die  in  den  kurzen  Seiten  der  rechteckigen  Windungen  auf- 
tretende Quermagnetisirung  vernachlässigen  gegenüber  der 
Langsmagnetisirung  der  langen  Seiten.  In  der  Schicht  be- 
fanden sich  40  Windungen.  Eine  gleiche  Spirale  bildete 
wiederum  den  Vergleichswiderstand  m?4.  Bei  diesen  Ver- 
suchen waren  aber  die  vier  Windungslagen  von  S2  so  geschal- 
tet, dass  die  resultirende  magnetisirende  Kraft  in  der  Axe 
=  0  war. 

Mit  diesen  Eisenspiralen  habe  ich  eine  Reihe  von  Ver- 
suchen gemacht,  wobei  die  Stromstärke  von  Versuch  zu  Ver- 
such variirte.  In  Tab.  2  ist  eine  Versuchsreihe  (vom  15.  Aug.  a.) 
ausfuhrlicher  wiedergegeben.  Die  Zahlen  werden  nach  dem, 
was  mit  Bezug  auf  Tab.  1  gesagt  wurde,  ohne  weiteres  ver* 
standlich  sein.  Neu  i*t  nur  die  letzte,  mit  Axo  bezeichnete 
Columne.  Sie  enthält  die  Aenderung  des  Quotienten  /,//2,  und 
zwar  in  Einheiten  der  vierten  Decimale,  oder  da  u>3  angenähert 
gleich  «?4  ist,  die  Aenderung  des  Widerstandes  w3  in  Zehn- 
tausendsteln. 

Vergleicht  man  die  zweite  Tabelle  mit  der  ersten,  so  be- 
merkt man,  dass  jetzt  die  mittlere  Einstellung  D2  eine  ganz 
entschiedene  Aenderung  zeigt,  wenn  die  Drähte  magnetisirt 
sind,  eine  Aenderung,  die  sich  nur  dadurch  erklären  lässt,  dass 
tr,  bei  der  Magnetisirung  zunimmt.  Die  beiden  äusseren  Ein- 
stellungen rücken  abermals  nach  den  Enden  des  Messdrahtes 
hin,  was  ebenfalls  auf  eine  Vergrößerung  des  Gesammtwider- 
standes  w?3  +  w4  +  o>  gegenüber  dem  zweiten  Hülfswider- 
stande  o>  hindeutet. 


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456  G.  IL  v.  H'yts. 

Tabelle  2. 


UnmagnetUch. 

i 

t 

Magnetisch. 

Aw 

* 

D 

I 

7~ 

D 

/ 

-  — 

130 
500 
873 

29,52 
30,22 
43,56 

129,09, 
498,72, 
871,64, 

j 

369,63, 
372,91, 

0,9911, 

30,46 
1 29,86 
42,96 

129,063 
498,75, 
871,65, 

396,69, 
372,90" 

978,11, 
370,03, 

0,9913,  1)2,1 

878  39,38 
500  31,76 
130  48,78 

871,81, 
498,68, 
128,70, 

!  378,12, 
369,97, 

88,66 
0,9915,  '  30,88 
1  44,72 

871,83, 
498,72, 
128,68, 

0,991 7e 

■ 

130  46,88 

500  34,28 
873  30,40 

128,60, 
498,59, 
872,09, 

369,984 
378,49, 

0,9905, 

47,70 

33,32 
29,64 

128,58, 
498,63, 
872,11, 

370,05, 
373,47, 

0,9908, 

2,6 

873 
500 
129 

27,80 
35,04 
19,60 

872,16, 
498,58, 
128,41, 

378,580 
370,1 70 

27,34 
0,9908,  84,04 
20,32 

872,17, 
498,62, 
128,39, 

373,55. 
870.22, 

0,9910, 

2,2 

i  =  0,83  Amp.,    Jf  =  1088  (G.-C.-S.),    <r  =  1023. 


Neben  dem  Einfluss  der  Magnetisirung  aber  tritt  uns  in 
Tab.  2  auch  derjenige  der  Temperatur  entgegen.  Während 
die  Eisendrähte  tr3  und  wi  durch  den  Strom  I  erwärmt 
werden,  stehen  die  Hülfswiderstände  io  nicht  unter  dem  Ein- 
flu9s  dieser  Wärmeentwickelung,  sondern  bleiben  constant  In- 
folge dessen  müssen  sich  die  beiden  Einstellungen  Dx  und  Dt 
stetig  nach  aussen  verschieben,  was  sich  auch  deutlich  aus  der 
Tab.  2  herauslesen  lässt  Wenn  sich  auch  bei  der  mittleren 
Einstellung  D%  eine  kleine  continuirliche  Aenderung  bemerkbar 
macht,  so  ist  dieselbe  im  allgemeinen  so  gerichtet,  dass  wir 
auf  eine  etwas  raschere  Temperatursteigerung  bei  tc4  als  bei  r3 
schliessen  können.  Die  Spirale  S%  zählt  etwas  mehr  Win- 
dungen als  Sv  besitzt  also  einen  etwas  grösseren  Widerstand, 
weswegen  denn  auch  die  Temperatur  in  ihrem  Hohlräume 
schneller  wächst  als  bei  Sx.  Die  Veränderlichkeit  der  Quo- 
tienten (/j/y«  und  (/j//2)w  innerhalb  der  Versuchsreihe  lässt 
sich  aus  der  Verschiebung  der  beiden  äusseren  Einstellungen 
erklären.  Während  wir  zu  den  Einstellungen  Di  und  D3 
fortschreiten ,  verschiebt  sich  natürlich  Dx ,  und  wenn  wir 
nun  doch  mit  Dt  und  D3  den  vorher  bestimmten  Werth 
von  Dx  kombiniren,  so  muss  der  Quotient  IJl^  etwas  zu  klein 
ausfallen.  Macht  man  dagegen  die  Einstellungen  in  der 
Reihenfolge  D3  D2  Dx ,  so  werden  die  Quotienten  im  allge- 
meinen etwas  zu  gross  sein.    Das  Mittel  der  beiden  ersten 


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Widerstand  des  magnetischen  Eisens. 


457 


ist  0,991 37,  das  der  beiden  letzten  0,9907r  Die  Abnahme 
entspricht  der  Verschiebung  von  D2  und  der  schon  erwähnten 
kleinen  Ungleichheit  der  beiden  Spiralen  Sx  und  Im 
übrigen  ist  diese  Veränderlichkeit  von  nicht  von  Belang, 
indem  nur  die  Differenzen  zwischen  den  beiden  in  derselben 
Zeile  stehenden  und  für  denselben  Zeitmoment  geltenden 
Werthe  für  uns  von  Interesse  sind. 

Um  ein  Urtheil  zu  haben  über  die  Grösse  der  Temperatur- 
Steigerung  im  Innern  der  Spirale  Slt  verfolgte  ich  mittelst 
oines  aus  Eisen  und  Kupferdraht  gebildeten  Thermoelementes 
den  Verlauf  der  Temperatur  an  der  Oberfläche  der  Eisen- 
spirale tPj.  Die  eine  Löthstelle  des  Thermoelementes,  JJV 
Temperatur  f,)  war  mit  etwas  Schellack  unmittelbar  auf  der 
Drahtschicht  befestigt,  die  andere,  «P»,  (Temperatur  A,)  in  ein 
mit  Wasser  gefülltes  Glas  eingetaucht.  Die  Temperatur  des 
Wassers  wurde  mittelst  eines  feinen,  in  Hundertstel  Grade  eiu- 
getheilten  Quecksilberthermometers  bestimmt.  Im  Stromkreis 
des  Thermoelementes  war  noch  ein  Wiedemann'sches  Galvano- 
meter eingeschaltet,  das  ich  so  weit  astasirt  hatte,  dass  es  für 
eine  Temperaturdifferenz  t2 — tx  =  1 0  einen  Ausschlag  von 
•'10  Scalentheilen  gab.  Der  Ausschlag  wurde  stets  vor  Beginn 
einer  Beobachtungsreihe  abgelesen  und  dann  jeweilen,  nachdem 
ich  eine  Gruppe  von  drei  Einstellungen  D  vollendet  hatte. 

Bei  der  in  Tab.  2  angeführten  Versuchsreihe  betrug  nun 
die  anfangliche  Temperatur  des  Wassers  t2'  19,08°.  Das 
Galvanometer  zeigte  einen  Ausschlag  u  von  12,71  Scalen- 
theilen, was  eine  Temperaturdifferenz  ergibt  =  0,41°. 
Es  war  also  £/  =  19,49°.  Am  Ende  der  Reihe  waren  die  ent- 
sprechenden Grössen  (mit  "  bezeichnet): 

>,"=*  19,38°;  n"  =  50,70;      — V  =  V  =  21,04°. 

Die  Temperatur  der  Eisendrähte  hatte  sich  also  während  der 
Beobachtungsreihe,  die  etwa  zwei  Stunden  dauerte,  um  1,55" 
erhöht. 

Sehen  wir  zu,  wie  gross  der  Einfluss  dieser  Temperatur- 
Steigerung  auf  den  "Widerstand  ist.  Es  war  mir  leider  nicht 
mehr  möglich,  den  Temperaturcoefficienten  für  die  von  mir 
benutzte  Eisensorte  zu  bestimmen.  Benoist1)  hat  gefunden,  es 
sei  für  Eisen  zu  setzen: 

1)  Wiedemann,  Lehre  von  der  Elect ricität.  1.  p.  525. 


458 


G.  H.  v.  Wyss. 


v>t  =  w0 (1  +  0,004  516 1  +  0,000 005  828  r  *), 

wenn  wQ  den  Widerstand  bei  0°  bezeichnet.  Nehmen  wir  der 
Einfachheit  halber  an,  die  Wärmeentwickelung  sei  in  beiden 
Magnetisirungsspiralen  genau  gleich  gross,  sodass  die  Kisen- 
spiralen  in  jedem  Zeitmomente  gleiche  Temperaturen  besitzen. 
Es  sei  m;  =  »r3  f  »ct ,  W  =  w  +  w.  Dann  ist ,  da  die  beiden 
Hülfswiderstände  ihre  Temperaturen  nicht  geändert  haben: 

*r  «w0(l  +  0,004  510/')+  M 
W  =  Wq  (1  +  0,004  516  O  +  oj. 

Es  war  to  =  0,17402 u/.  Setzen  wir  für  t'  und  /"  ihre  Werthe 
ein,  f'  =  10,49;  t "  =  21,04,  und  bilden  wir  den  Ausdruck 
\W"—  W')\W',  so  erhalten  wir: 

W  ~W  =0,0054. 

Also  hat  sich  der  Widerstand  W  während  der  Beobaehtungs- 
reihe  um  0,0054  seines  Werthes  vergrössert  Dieser  Zunahme 
von  W  muss  aber  offenbar  eine  ebenso  grosse  Abnahme  des 
Quotienten  ADX\DXB  entsprechen,  da: 

ADx:DxB  =  w:PV. 

Aus  Tab.  2  entnehmen  wir,  dass  der  Punkt  Dx  ursprüng- 
lich beim  Scalentheile  129,09,  lag.  Daraus  folgt,  (ADJD^) 
=  129,09^/870,90,  =  0,14823.  Am  Schlüsse  der  Reihe  hatte 
sich  Dx  verschoben  nach  128,41fl.  Es  war  jetzt  (ADJDxß)' 
=  128,4  lö/871,584  =  0,14734.  Der  Quotient  hat  sich  also  um 
O,0389/0, 14823  =  0,0060  seines  Werthes  verkleinert.  Dieser 
Werth  ist  allerdings  um  ljl0  von  dem  oberen  verschieden.  Wenn 
man  aber  berücksichtigt,  dass  der  Temperaturcoefficient  von 
Eisen  zu  Eisen  variiren  kann,  wird  man  die  Uebereinstimmung 
der  beiden  Werthe  für  genügend  erachten  müssen,  zum  Be- 
weis, dass  die  stetigen  Verschiebungen  der  beiden  äusseren  Ein- 
stellungen in  der  That  ihren  Grund  in  der  Erwärmung  der 
Eisendrähte  haben. 

In  Tab.  3  sind  die  Resultate  der  verschiedenen  Ver- 
suchsreihen mitgetheilt,  welche,  abgesehen  von  dreien,  sämmt- 
lich  in  derselben  Weise  ausgeführt  wurden.  Bei  jenen  drei 
Reihen,  welche  der  Zeit  nach  die  ersten  waren,  sind  die  Quo- 
ticntcn  /,//,  nur  zwei-,  statt  viermal  bestimmt  worden.  Die 


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Widerstand  des  magnetischen  Eisens. 


450 


erste  Columne  enthält  das  Datum  der  Beobachtung,  die  zweite 
die  Werthe  des  Quotienten,  welche  dem  unmagnetischen,  die 
dritte  diejenigen,  welche  dem  magnetischen  Zustand  des  Eisens 
entsprechen,  die  vierte  ihre  Differenzen,  also  die  Zunahme  des 
Widerstandes  in  Einheiten  der  vierten  Decimale,  und  die  fünfte 
endlich  die  Stromstärke  /,  ausgedrückt  in  Ampere.  Die  Zahlen 
der  sechsten  Ooluinne  werden  im  Folgenden  noch  ihre  Er- 
klärung finden. 

Tabelle  3. 


13.  Aug.  a 


2.    ?,  (i 


13. 


4. 


t4. 


15.  n 


0,9915, 
9915, 
991 15 
99153 

0,99 16, 
9916, 
9912,  ! 
9916, 

0,9916, 
9922, 

0,9918, 
99243 

0,9908, 
9912, 
9906, 
9907, 

0,9910, 
9913, 
'.»90S, 
99(19, 

0,9908, 
9914, 
9909, 
99129 

0,9910, 
9916,  1 
9912,  1 
99147  ! 

i 

0,9912- 
9914, 

ü,9914; 
9915, 

j 

,  0,9914, 
9915, 
9910, 
9911.  1 

0,9912. 
9913, 
9908, 
99094 

0,9911, 
991.% 
9905,. 
9908:' 

1  0,9913, 
9917, 
9908, 
9910, 

0,9926, 
9930, 

1 

0,9929, 

0,9932, 

Ate 

1,3 
1,0 
1,2 
1,2 
1,2 

1,9 
1,5 

1,7 

M,7 
1,6 
1,9 
1,8 

1,8 

2,0 
1,6 
2,2 
1,8 
1,9 

2,0 
1,8 

1,9 

1,8 
2,0 
1,9 
1,8 

1,9 

2,1 
2,0 
*>  6 
2,2 

2,2 

3,0 

2,8 


1 

0,52 


0,67 


0,90 


AM 
104 


132 


0,70    ;  139 


0,71  141 


0,75  14S 

I 

0,83    ,  162 


0,83    |  162 

I 


173 


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460 


G.  H.  v.  Wyss. 


<h\h\  Ate         I  AM 


11.  Auff.  p 


14. 


11. 


7. 


9. 


0,91*06., 
9909, 
9900e 
99058 


0,9916, 
991 10 

99048 


0,99010 
9906, 
9899, 
9902, 

0,98995 
9911, 
9900, 
990 1 


0,9896, 
99073 
9889f 

98963 


i  0,9888,, 
98955 
9*87„ 
08880 


0,9909: 
9912, 
9904ft 

AQAfi 


0,99200 
99144 
9910, 
99079 


0,99050 
9909, 
9903s 
99063 


0,990,% 
9915„ 
9904, 
9905. 


0,9900, 
9911, 
9893, 

98999 


0,9*92, 
9899a 
9891, 
9s95t8 


2.8 
3,0 
3,1 
2,6 

2,9 

3,8 
H,4 
3,6 
3,4 

3,6 

4,0 

3,5 
4,0 
3,5 

3> 

3,5 
3,9 
3,6 
3,7 

3,7 

4,0 
3,8 
4,2 
3,6 

3.9 

4,5 
3,8 
4,2 
4,6 

4,3 


0,92 


1,09 


1,19 


1,49 


1,54 


176 


19'.» 


209 


1,25    I  214 

I 


229 


230 


Aus  don  mitgetheilten  Zahlen  geht  erstens  deutlich  her- 
vor, dass  der  Widerstand  bei  der  Magnetisirung  in  allen 
Fällen  gewachsen  ist.  Es  geht  aber  auch  hervor,  dass  diese 
Zunahme  mit  wachsender  Stromstärke  ebenfalls  grösser  wird. 
Trägt  man  in  einem  rechtwinkligen  Coordinatensystemc  die 
Stromstärken  /  als  Abscissen  auf,  die  Widerstandsanderungeii 
Aw  als  Ordinaten,  so  erhält  man  die  in  Fig.  14  gezeichnete 
Curve.  Wenn  auch  die  einzelnen  Punkte  zum  Theil  ziemlich 
weit  von  derselben  abweichen,  was  sich  aus  der  Unsicherheit 
erklären  lässt,  welche  der  zweiten  Ziffer  von  Aw  anhaftet,  so 
ist  doch  der  Charakter  der  Curve  unverkennbar.  Ihr  Verlauf 
ist  ganz  analog  wie  derjenige  der  Chwolson'schen  Curve.  Leider 
sind  die  Wertho  von  Aw  zu  klein,  als  dass  es  erlaubt  wäre. 


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Widerstand  des  magnetischen  Eisens, 


die  zur  mathematischen  Definition  der  Curve  nöthigen  Zahlen- 
coefficienten  zu  berechnen.  • 

Um  den  directen  Zusammenhang  zwischen  der  Wider- 
standsänderung  und  dem  magnetischen  Momente  zu  erhalten, 
habe  ich  noch  die  Magnetisirungsfunktion  bestimmt  für  die 
benutzten  Eisendrähte.  Dabei  ist  aber  ein  wesentlicher  Punkt 
zu  beachten,  will  man  keinen  Pehlschluss  machen. 

Die  Eisenspirale  w3  befindet  sich  fortwährend  in  der  Spi- 
rale Sr  Fliesst  durch  die  letztere  der  Strom  7,  so  ruft  er  in 
der  Eisenmasse  ein  temporäres  Moment  M/  hervor.  Wird 
der  Strom  unterbrochen,  so  sinkt  das  Moment  nicht  auf  den 
Werth  0  zurück,  sondern  es  bleibt  ein  remanentes  Moment  MH' 
bestehen.  Eine  Aenderung  im  Widerstande  entspricht  also 
nicht  einem  Ansteigen  des  Momentes  von  ü  auf  Mr,  sondern 
nur  der  Differenz  AM'  =  MT' '— Mr.  Dabei  haben  wir  aber 
stillschweigend  die  Voraussetzung  gemacht,  dass  das  Moment 
des  Vergleichswiderstandes  u>4  während  der  ganzen  Versuchs- 
reihe =  0  ist  Nun  zeigt  sich  aus  meinen  Versuchen,  betr.  die 
Magnetisirungsfunction,  dass  die  magnetisirenden  Kräfte,  welche 
von  den  beiden  unteren  und  von  den  beiden  oberen  Schichten 
der  Spirale  S2  herrühren,  sich  nicht  vollkommen  aufheben. 
War  also  der  Strom  /  geschlossen,  so  besass  auch  w4  ein  tem- 
poräres Moment  MT"y  welches  nach  erfolgter  Stromunter- 
brechung auf  den  Werth  Mr  zurücksank.  Es  sei  AM''  = 
MT"  -  Mu'.  Eine  Aenderung  des  Widerstandes  Aw  entspricht 
dann  in  Wirklichkeit  einer  Aenderung  des  Momentes  von  der 
Grosse  AM=  AM'  -  AM  \ 

Das  Moment  der  Eisendrähte  bestimmte  ich  nach  der 
gewöhnlichen  Methode,  mit  Hülfe  eines  kleinen  Magnetometers, 
dasselbe  war  auf  einem  horizontalen  Balken  aufgestellt,  dessen 
Axe  in  der  Senkrechten  zum  magnetischen  Meridiane  lag.  Die 
beiden  Spiralen  und  St  befanden  sich  zu  beiden  Seiten  des 
Magnetometers  in  solchen  Entfernungen,  dass  ein  sie  durch- 
tfiessender  Strom  keine  Wirkung  auf  dasselbe  ausübt.  Be- 
zeichnet M  das  im  Eisen  entwickelte  Moment,  d  die  Ent- 
fernung der  Mitte  der  Spirale  Sl  (also  auch  der  Eisendrähtc) 
von  derjenigen  des  Magnetes,  X  die  halbe  Poldistanz  der  Eisen- 
drahte, H  die  Horizontalcomponente  des  Erdmagnetismus,  und 


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462  G.  //.  v.  IFy**. 

endlich  m  den  Ausschlags  win  kel,  so  ist  bekanntlich,  sofern  tl 
einigerniassen  gross  ist  gegen  X: 

,i/=fd'(i--fi)tg». 

Für  '/.  setzte  ich  5/ß/1),  wenn  /  die  halbe  Länge  der  Eisen- 
drähte  bezeichnet.  Für  die  Horizontalcomponente  nahm  ich 
den  Werth  0,201  an,  der  kurz  vor  ineinen  Versuchen  für  den- 
selben Beobachtungsort  gefunden  worden  war.  Ich  glaubte 
davon  absehen  zu  können,  //  selbst  noch  zu  bestimmen,  da  es 
mir  nicht  so  sein*  daran  gelegen  war,  den  absoluten  Werth  des 
Momentes,  als  vielmehr  die  Magnetisirungsfunction  zu  kennen. 

Tabelle  4. 


m;(    am'    3/;'     .i/;v:    am  am 


0,478  889  711  178  160  86  ,      80  98 

0.623  iun3  805  228  »60  23:  107  121 

0,746  1120  846  274  502  377  125  14!» 

0,856  1179  1    875  304  616  473  ,    143  161 

0,080  1241  805  346  733  571  162  184 

1,067  1265  890  366  811  635  176  100 

1,100  1312  i    y04  408  021  728  103  21o 

1,356  1341  011  430  1036  S25  211  210 


1,557        1378        915        463       1167        935        232  231 

In  Tab.  4  sind  die  für  Mt,Mh',  etc.  gefundeneu  Werthi* 
angegeben.  Die  Curven  aa',  bb\  cc  in  Fig.  15  stellen  den 
Verlauf  der  Functionen  MT',  Mt"  und  AM  dar.  Die  in  Tab.  3. 
in  der  letzten,  mit  AM  bezeichneten  Columne  stehenden 
Grössen  sind  nun  nichts  anderes  als  diejenigen  Ordinaten  der 
Curve  cc\  welche  den  in  der  fünften  Columne  von  Tab.  3 
angegeben  Werthen  der  Stomstärke  /  entsprechen.  Trägt  man 
dieselben  als  Abscissen  auf.  die  correspondirenden  Werthe  von 
Aw  als  Ordinaten,  so  erhält  man  die  in  Fig.  16  gezeichnete 
Curve,  welche  somit  den  directen  Zusammenhang  zwischen  der 
Widerstandsänderung  und  der  massgebenden  Aenderung  des 
Momentes  erkennen  lässt,  und  welche  denn  auch  einen  anderen 
Verlauf  zeigt,  als  die  in  Fig.  14  wiedergegebene  Curve.  Wäh- 
rend diese  letztere  mit  wachsender  Stromstärke  sich  offenbar 
der  horizontalen  Richtung  nähert,  ähnlich  wie  die  Magneti- 
sirungsfunction, so  lässt  sich  aus  der  ersteren  ein  gleiches  Ver- 
halten nicht  ersehen. 

1)  F.  Kohlrauach,  Leitfaden  d.  prakt  Phys.  p.  178.  1887. 


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Widerstand  des  magnetischen  täten*. 


Ks  ist  vielmehr  die  Aenderung  det  Widerstandes  nahezu  pro- 
jHtrtianal  derjenigen  de*  Momente* ,  wenigsten*  innerhalb  de*  Be- 
reiches, über  den  sich  meine  Untersuchung  erstreckt. 

In  Betreff  der  absoluten  Grösse  der  von  mir  gemessenen 
Widerstandsänderung  will  ich  noch  kurz  an  die  Ton  früheren 
Beobachtern  gefundenen  Werthe  erinnern.  Die  Versuche  von 
Beetz1)  ergaben  eine  Zunahme  des  Widerstandes,  deren  Grenz- 
werth Aw  —  (tnM  —  iru)>trK  bei  0,036  liegt.  Auerbach2),  der 
geglühte  und  ungeglühte  Eisen-  und  Stahlstäbe  untersuchte 
und  dabei  in  den  emen  Fällen  eine  Zunahme,  in  den  anderen 
line  Abnahme  des  Widerstandes  bemerkte,  erhielt  für  Aw- 
Werthe,  welche  innerhalb  der  Grenzen  +  0,02*1  und  -  0,0186 
liegen.  Während  die  von  Adams8)  beobachtete  Zunahme  im 
Betrage  von  1  °/„  noch  zwischen  den  A uer bach' sehen  Grenz- 
werthen  liegt,  will  To  ml  in  son4)  eine  solche  von  6°/0  gefunden 
Laben,  eine  Aenderung,  deren  unwahrscheinlich  holier  Werth 
\ermuthen  lässt,  dass  Temperatursteigerungen  oder  Inductions- 
ströme  seine  Messungen  beeinträchtigt  haben.  Neuerdings  hat 
Goldhammer5)  fur  Aw  Werthe  gefunden,  die  im  Maximum 
0.0,fJ  betragen.  Chwolson0)  endlich  gibt  für  die  Zunahme 
d"S  Widerstandes  Werthe  an,  welche  von  0,0 152  mit  wach- 
sender Stromstärke  stetig  ansteigen  bis  auf  0,0,433.  Nun 
ist  der  grösste  Werth  von  Aw,  den  ich  erhielt,  0,0344  (siehe 
Tab.  3).  Es  liegen  daher  die  von  mir  gefundenen  Werthe 
innerhalb  der  wahrscheinlichsten  Grenzen,  und  insbesondere 
stimmen  sie  mit  denjenigen  von  Chwolson  so  zu  sagen  ganz 
fiberein. 

Es  bleibt  mir  nun  nur  noch  übrig,  Herrn  Professor  Dr. 
H.  F.  Weber,  in  dessen  Laboratorium  ich  diese  Untersuchung 
ausführte,  meinen  herzlichen  Dank  auszusprechen  für  die 
Freundlichkeit,  mit  der  er  mich  während  meiner  Arbeit  mit 
seinem  Rathe  unterstützte. 

Zürich,  Phys.  Inst.  d.  Polyt,  im  November  ISSN. 

1)  Beetz,  Pogg.  Ann.  128.  p.  202.  186H. 

2)  Auerbaeh,  Wied.  Ann.  5.  p.  28<J.  1878. 

3)  Adams,  Phil.  Mag.  (5)  1.  p.  153.  187G. 

4)  Tom  Ii  n  son,  Beibl.  2.  p.  291.  1878. 

5)  Goldhammer,  Wied.  Ann.  31.  p.  360.  1887. 

6)  Chwolson,  Carl's  Rep.  13.  p.  230.  1877. 


4i;i 


A.  Right 


IX.  Ueber  die  electromotoriscJie  Kraft  des  Selens; 

von  Augusto  Big  hi. 

Hr.  Kalischer  hatte  aus  einem  Element,  das  aus  zwei 
Metallen  und  aus  krystallinischem  Selen  an  Stelle  des  Elek- 
trolyten besteht,  nur  bei  Beleuchtung  desselben  electrische 
Ströme  erhalten  können.  In  einer  Abhandlung  unter  obigem 
Titel  habe  ich  dagegen  nachgewiesen,  dass  der  Strom  auch 
im  Dunkeln  besteht,  dass  aber  das  Licht  seine  Intensität 
verändert  (und  zwar  nicht  nur  wegen  des  bekannten  Ein- 
flusses, den  das  Licht  auf  den  electrischen  Widerstand  des 
Selens  ausübt,  sondern  weil  auch  die  electromotorische  Kraft 
sich  ändert).  Da  der  Widerstand  des  Selens  oft  sehr  gross 
ist,  habe  ich  in  den  meisten  Fällen  die  Anwendung  des 
Electrometers  jener  des  Galvanometers  vorgezogen  und  konnte 
so  immer  eine  electromotorische  Kraft  in  den  Selenpaaren 
nachweisen,  auch  wenn  dieselben  vor  Belichtung  vollständig 
geschützt  waren. 

Hr.  Kai  is  eher  bemerkt  nun  *),  dass,  um  ganz  sicher  zu 
sein,  dass  das  Licht  bei  der  Entstehung  jener  electromotori- 
sehen  Kraft  nicht  betheiligt  ist,  es  nöthig  sei,  die  Selenele- 
mente im  Dunkeln  herzustellen  und  vor  der  Prüfung  jede  Belich- 
tung auszuschlie8sen.  Die  von  mir  im  Dunkeln  an  den  Selen- 
elementen beobachteten  electromotorischen  Kräfte  wären  da- 
nach die  andauernde  Wirkung  einer  vorhergehenden  Belichtung. 

Obwohl  es  an  triftigen  Gründen  nicht  fehlen  würde,  die 
man  heranziehen  könnte,  zu  zeigen,  wie  wenig  befriedigend 
diese  Deutung  meiner  Versuchsergebnisse  sei,  will  ich 
mich  darauf  beschränken,  zu  berichten,  dass  ich  neuerdings 
meine  in  Bede  stehenden  Versuche  wiederholt  habe,  indem 
ich  die  Selenelemente  im  Dunkeln  herstellte  und  ohne  Be- 
leuchtung der  Prüfung  unterwarf,  und  dass  auch  so  die- 
selben die  übliche  electromotorische  Kraft  anzeigten.  Ich 
bin  dabei  folgendermassen  vorgegangen.  Eine  messingene 
Scheibe  wurde  auf  einer  Seite  mit  einer  dünnen  Schicht  von 
geschmolzenem  Selen  bedeckt  und  alsdann  in  ein  Luftbad 
gebracht,  um  das  amorphe  Selen  in  kristallinisches  zu  ver- 
wandeln.  Der  metallene  Schrank,  der  als  Luftbad  diente, 

1)  Kalißcher,  Wied.  Aua.  35.  p.  397.  1888. 


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Electromotorische  Kraft  des  Selens.  465 

war  geschlossen  und  ausserdem  in  einem  vollkommen  finste- 
ren Zimmer  aufgestellt.  Nach  der  zur  Umwandlung  des 
Selens  erforderlichen  Zeit  wurde  die  Scheibe  im  Schranke 
erkalten  gelassen  und  hierauf  zur  Herstellung  des  Elementes 
herausgenommen;  die  Scheibe  wird  zu  diesem  Zwecke  auf 
ein  Zinkdrahtnetz  oder  auf  eine  Platte  aus  Zink  gelegt. 
Ohne  das  finstere  Zimmer  zu  verlassen,  setzt  man  tastend 
das  Clement  mit  den  Messinstrumenten,  die  sich  in  einem 
Nebenzimmer  befinden,  mittelst  isolirter  Drähte,  die  die 
Wand  durchsetzen,  in  Verbindung.  Auf  diese  Weise  lässt 
sich  das  Vorhandensein  einer  electromotorischen  Kraft  nach- 
weisen, welche  die  Nadel  des  Electromotors  und,  wenn  die 
Selenschicht  keinen  zu  grossen  Widerstand  bietet,  öfters  auch 
den  Spiegel  eines  Thomson'schen  astatischen  Galvanometers 
ablenkt. 

Ich  habe  hierauf  das  Selen  durch  das  Zinknetz  hindurch 
belichtet  und  dabei  eine  Zunahme  der  electromotorischen 
Kraft  beobachtet,  welche  nach  Entfernung  des  Lichtes  ihren 
ursprünglichen  Werth  annimmt.  Ich  habe  ausserdem  neuer- 
dings die  Wirkung  des  Druckes  festgestellt,  von  der  ich 
schon  früher  gefunden  hatte,  dass  sie  der  Wirkung  des 
Lichtes  entgegengesetzt  ist,  indem  beim  Beschweren  der 
auf  dem  Drahtnetze  liegenden  Scheibe  durch  Gewichte  die 
electromotorische  Kraft  abnimmt.  In  Kürze:  alle  Resultate, 
die  ich  an  Selenelementen,  die  bei  diffusem  Lichte  bereitet 
waren,  beobachtet  hatte,  habe  ich  auch  mit  solchen,  die  bei 
vollkommenem  Abschlüsse  des  Lichtes  hergestellt  waren,  er- 
halten können. 

Analoge  Ergebnisse  fand  ich  mit  Selenscheibchen,  welche 
durch  Schmelzen  mit  Selen  zwischen  zwei  Glasplatten  erhal- 
ten waren  und  im  Dunkeln  krystallinisch  gemacht  wurden. 
Ein  solches  Blattchen  zwischen  zwei  Scheiben  aus  zwei  ver- 
schiedenen Metallen  oder  zwischen  eine  Metallplatte  und 
ein  Drahtnetz  gelegt,  bildet  ein  electrisches  Paar,  welches 
ohne  jede  Beleuchtung  eine  deutliche  electromotorische  Kraft 
zeigt.  Auf  diese  Weise  wird  der  Einwand  gehoben,  dass  die 
beobachtete  Wirkung  durch  die  Bildung  eines  Selenids  be- 
dingt sein  könnte. 

Ann.  d.  Phj».  n.  Chtm.  N.  F.  XXXVI.  30 


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466  H.  Ebert 

X.   Zur  Anwendung  des  Doppler9 sehen  Principe* 
auf  leuchtende  Gasmolecule;  von  H.  Ebert. 


Durch  eine  Reihe  von  Versuchen  habe  ich  zu  entschei- 
den versucht,  ob  das  Doppler'sche  Princip  auf  die  einzel- 
nen Molecüle  eines  zum  Leuchten  gebrachten  Gases  anwend- 
bar ist  oder  nicht.  Durch  astrophysikalische  Beobachtungen 
ist  die  Gültigkeit  dieses  Principes  für  die  Lichtemission 
grösserer  bewegter  Massen  bis  zu  dem  Grade  von  Sicher- 
heit bestätigt  worden,  als  es  die  Schwierigkeit  der  Messungen 
bisher  gestattet  hat;  in  der  That  liegen  die  aus  Verschie- 
bungen der  Spectrallinien  berechneten  Bewegungen  sowohl 
bei  der  Sonnenrotation,  als  auch  im  Falle  der  relativen 
Sonnentranslation  gegen  eine  grosse  Zahl  von  Fixsternen 
innerhalb  der  Fehlergrenzen  der  aus  directen  Beobachtungen 
abgeleiteten  Werthe. 

Ob  wir  indessen  hieraus  auf  die  Gültigkeit  des  Do  pp ler' 
sehen  Principes  auch  im  Falle  der  Lichtemission  der  einzel- 
nen Molecüle  selbst  schliessen  dürfen,  bedarf  der  experimen- 
tellen Prüfung.  Nehmen  wir  die  Gültigkeit  des  Principes 
auch  hier  an,  so  können  wir  mit  Hülfe  der  Vorstellungen 
der  kinetischen  Gastheorie  folgende  Consequenzen  dieser  An- 
nahme entwickeln.  Es  zeigt  sich,  dass  die  in  den  verschie- 
densten Richtungen  erfolgende  Bewegung  der  leuchtenden 
Molecüle  einen  ßinfluss  auf  die  Breite  der  Spectrallinien 
haben  muss.  Nun  habe  ich  bei  einer  früheren  Gelegenheit l) 
gezeigt,  wie  man  Beobachtungen  von  Interferenzen  mit  hohen 
Gangunterschieden  dazu  verwenden  kann,  um  ein  Urtheil  über 
die  Breite  der  Spectrallinien  zu  gewinnen.  Man  ist  also  im 
Stande,  mit  Hülfe  der  hohen  Interferenzen  auch  ein  Urtheil 
über  die  Gültigkeit  des  Doppler 'sehen  Principes  in  dem 
vorliegenden  Falle  zu  gewinnen. 

Ein  leuchtendes  Theilchen,  *)  welches  im  Ruhezustand 

1)  H.  Ebert,  Wied.  Ann.  U.  p.  39.  1888. 

2)  Hierher  gehörige  Folgerungen  wurden  gesogen  von  Hrn.  J?\  Lip- 
pich, Pogg.  Ann.  13».  p.  465.  lt>70;  dem  Lord  Raylcigh,  Nature  8. 
p.  474.  1873;  und  Hrn.  L.  Pfaundler,  Wien.  Ber.  76.  Abth.  II.  p.  S5?. 
1877. 


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Doppler' sches  Princip. 


467 


Licht  von  der  Wellenlänge  k  aussendet,  bewege  sieb  mit  der 
Geschwindigkeit  v  in  einer  Richtung,  welche  mit  der  Beob- 
achtungsrichtung den  Winkel  #  bildet;  alsdann  scheint  nach 
dem  Doppler'schen  Principe  das  Theilchen  Licht  von  der 
Wellenlänge: 


auszusenden,  wenn  V  die  Lichtgeschwindigkeit  bezeichnet. 

Da  die  translatorischen  Bewegungen  der  verschiedenen 
Molecule  eines  Gases  mit  verschiedenen  Geschwindigkeiten 
erfolgen,  so  inuss  eine  verbreiterte  Spectrallinie  resultiren, 
in  welcher  die  Vertheilung  der  Helligkeit  dem  Maxwell'schen 
Vertheilungsgesetzes  entspricht,  wenn  wir  alle  Bewegungs- 
richtungen als  gleichwahrscheinlich  voraussetzen. 

In  erster  Annäherung  kann  man  voraussetzen,  dass  sich 
alle  Molecule  mit  derselben  mittleren  Geschwindigkeit  u  be- 
wegen, wo: 


ist,  (7*:  absolute  Temperatur,  D0  :  Dichte  bei  0°  auf  Luft  als 
E  nheit  bezogen).  In  diesem  Falle  vertheilen  sich  die  ein- 
zelnen Wellenlängen  gleich  dicht  über  einen  Spectralbezirk, 
dessen  Grenzen  offenbar  den  scheinbaren  Wellenlängen  der- 
jenigen Molecüle  entsprechen,  welche  mit  der  Geschwindig- 
keit u  gerade  in  der  Sehlinie  auf  den  Beobachter  zu  oder 
von  ihm  wegfliegen.  Man  erhält  demnach  eine  Spectrallinie 
von  der  mittleren  Wellenlänge  X  und  den  Grenzstrahlen: 


welche  überall  dieselbe  Helligkeit  b3sit/t. 

Die  hier  gefundene  Breite  b  —  X  —  X  stellt  eine  untere 
Grenze  der  wirklich  vorhandenen  Breite  dar.  Denn  die  Brei- 
ten der  wirklich  auftretenden  Spectrallinien  müssen  aus  zwei 
Gründen  grösser  ausfallen:  1)  Es  kommen  erheblich  grössere 
Geschwindigkeiten  als  die  mittlere  in  dem  Gase  vor.  Frei- 
lich ist  die  Zahl  der  Molecüle,  welche  solche  grössere  Ge- 
schwindigkeiten besitzen  und  darum  Licht  an  Stellen  des 
Spectrums  liefern,  welche  sich  weiter  von  der  mittleren 
Wellenlänge  entfernen,  in  dem  Maasse  geringer,  als  ihre  Ge- 


(i) 


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468  //.  Ehert. 

schwindigkeit  den  mittleren  Betrag  übersteigt;  die  Folge  ihres 
Vorhandenseins  wird  aber  immerhin  die  sein,  dass  sieb  die 
Spectrallinie  über  die  oben  bezeichneten  Grenzen  erweitert 
und  erst  jenseits  derselben  zu  unwahrnehmbaren  Helligkeits- 
werthen  allmählich  abfällt.  2)  Alle  Theilchen,  welche  sich 
gerade  in  ihrer  gegenseitigen  Wirkungssphäreberinden, führen 
zwar  nicht  „unregelmässige sondern  durch  den  Bau  der 
Molecüle,  die  Kräfte,  mit  denen  sie  aufeinander  wirken,  und 
durch  die  Tiefe,  bis  zu  der  sie  bei  der  augenblicklichen  Be- 
gegnung in  ihre  Wirkungssphären  eindringen,  ganz  genau 
bestimmte  Schwingungen  aus,  aber  doch  Schwingungen,  welche 
von  den  auf  den  freien  Wegstrecken  ausgeführten  verschie- 
den sind.  Wie  sich  hierbei  auch  der  Eingriff  in  die 
Schwingungsweise  des  einzelnen  Molecüles  gestaltet,  jeden- 
falls muss  dieser  Umstand  eine  weitere  Verbreiterung  einer 
jeden  Spectrallinie  herbei  führen. 

Die  Breite  der  Spectrallinien  hat  aber  einen  Einfluss 
auf  die  Interferenzfähigkeit  ihres  Lichtes. 

Eine  absolut  homogene  Spectrallinie  mit  der  Wellen- 
länge X  (ein  Element  einer  gewöhnlichen  Spectrallinie)  liefert 
an  einer  Platte  von  A  mm  Dicke  bei  einem  Brechungsexpo- 
nenten n  der  Substanz  Interferenzen  von  dem  Gangunter- 
schiede: 

2Jn  ,  l 

Wir  können  uns  jede  Spectrallinie  aus  solchen  Elemen- 
tarlinien zusammengesetzt  denken  und  erhalten  demnach  für 
eine  Spectrallinie  von  der  Breite  £  =  //'  —  X  Differenzen  in 
den  Gangunterschieden  an  einer  Stelle  mit  der  Plattendicke  J, 
welche  im  Maximum  angenähert: 

D  =  rf'-<r''  =  Y^{k''-k') 
Wellenlängen  betragen;  führt  man  b  =  X"  —  X'  ein,  so  wird: 

D  —  -j—  •  -  oder  D—  rf  -~  • 

Erfahrung8gemä88  darf  nun  diese  grösste  vorkommende  Gang- 
unterschiedsdifferenz D  einen  gewissen  Bruchtheil  einer  Wellen- 
länge nicht  überschreiten,  wenn  die  Interferenzstreifen  dem 
Auge  sichtbar  bleiben  sollen.    Legt  man  als  oberste  Grenze 


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Doppler  sches  Princip. 


4G9 


den  Wert  0,3  zu  Grunde1),  so  findet  man  bei  gegebenem  b 
und  /.  den  erreichbaren  Maximalgangunterschied  <J>  aus  der 
Gleichung: 

(2)  ty»  =  <!>  \ 

Hit  man  demnach  nach  Formel  1)  die  untere  Grenze  für 
die  Breite  b  =  k"  —  X  —  21 .  uf  V  berechnet,  so  kann  man  aus 
der  Formel  2)  den  Gangunterschied  berechnen,  den  man  mit 
dem  Lichte  der  betreffenden  Spectrallinie  höchstens  er- 
reichen kann.2) 

Offenbar  stellen  die  so  erhaltenen  Werthe  von  0  obere 
Grenzwerthe  für  die  Interferenzfahigkeit  dar. 

Ich  habe  für  die  rothe  Wasserstofflinie ,  die  gelben 
Natriumlinien  und  die  grüne  Quecksilberlinie  die  höchsten 
noch  erreichbaren  Gangunterschiede  mit  einem  Apparate 
bestimmt,  dessen  nähere  Beschreibung  ich  bereits  früher8) 
mitgetheilt  habe.  Dabei  waren  der  Wasserstoff  und  das 
Quecksilber  in  Entladungsröhren  von  verschiedenen  Formen 
gebracht;  sie  wurden  durch  die  Entladungen  eines  Inducto- 
riums  von  mittlerer  Grösse  zum  Leuchten  angeregt.  Die 
Quecksilberröhren,  welche  eine  reichliche  Menge  des  Me- 
talles enthielten,  sonst  aber  völlig  leer  gepumpt  waren,  wur- 
den in  einem  Lut'tbade  so  weit  erhitzt,  dass  genügende 
Dampfmassen  das  Rohr  erfüllten. 

Das  Natrium  wurde  in  der  früher  beschriebenen  Weise*) 
durch  Zerstäuben  bestimmt  concentrirter  Salzlösungen  im 
Bunsenbrenner  zum  Leuchten  gebracht. 

Die  durch  directe  Beobachtungen  ermittelten  Maximal- 
gangunterschiede 0'  habe  ich  verglichen  mit  den  unter  An- 
nahme der  Gültigkeit  des  Doppler'schen  Principes  nach 
der  kinetischen  Gastheorie  aus  Formel  1)  und  2)  berechneten 
Werthen  <l>.  Bei  diesen  Berechnungen  musste  die  Temperatur 

1)  Vgl.  hierüber  1.  c.  p.  -16. 

2)  Leider  ist  durch  ein  Versehen  in  der  oben  angeführten  früheren 
Arbeit  (Wied.  Ann.  34-  p.  39.  1889)  die  hier  mit  2)  bezeichnete  Formel 
unrichtig  geschrieben  worden;  es  iat  daselbst  in  der  ersten  der  auf  p.  47 
stehenden  Formel  das  X  linker  Hand  zu  streichen,  und  die  zweite  Formel 
besser  durch  die  hier  gegebene  Formel  2)  zu  ersetzen. 

3)  H.  Ebert,  Wied.  Ann.  34.  p.  56  f.  1888. 
4i  H.  Ebert,  Wied.  Ann.  32.  p.  3T7.  1887. 


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470 


H.  Ebert. 


der  leuchtenden  Gase  bekannt  sein.  Hr.  Eilh.  Wiedemann 
hat  zuerst  für  die  unter  der  Einwirkung  electrischer  Ent- 
ladungen zum  Leuchten  gebrachten  Gase  nachgewiesen,  dass 
wir  hier  sehr  intensive  Lichtemission  schon  bei  verhältniss- 
raässig  niedrigen  Temperaturen  haben  können.1)  Der  nied- 
rigste Werth,  den  man  annehmen  kann,  ist  offenbar  die 
Temperatur  der  Umgebung,  also  bei  den  mit  Wasserstoff 
gefüllten  Entladungsrohren  die  Zimmertemperatur,  bei  den 
Quecksilberröhren  die  Temperatur  des  Luftbades. 

Bei  dem  Natrium  wurde  die  Flammentemperatur  zu 
Grunde  gelegt  und  diese  zu  1000°  angenommen. 

Die  folgende  Tabelle  entbält  die  gewonnenen  Zahlen: 


Linie: 


t  (in  Geis.) 
r.absol.) 

u 
h 

0 

0' 


656  hu 
0°  '  ' 
273 
0,069 
1884  m 
0,008«  u 
24  610 
64  000 


NX 

Hg. 

589,2 

54fi,0 

1000 

300 

1273 

573 

0,8 

6,9 

1172 

267 

0,004 

0,001 

44  190 

168  800 

60  000 

150  000 

Es  könnte  auffallen,  dass  beim  Natrium  so  hohe  Gang- 
unterschiede erreicht  wurden,  da  die  gelben  Natriumlinien 
bekanntlich  zu  denen  gehören,  welcfie  schon  unter  gewöhn- 
lichen Umstünden  bei  nur  einigermassen  hoher  Dispersion 
erhebliche  Verbreiterungen  zeigen.  Bei  Anwendung  einer 
Chlornatriumlösung  von  der  Concentration  1  (gNa):30(gaq) 
wurde  allerdings  die  Breite  der  Natriumlinien  in  dem  vierten 
Spectrum  eines  Rowland'schen  Gitters  (ca.  14000  Linien  auf 
den  engl.  Zoll)  zu  !/6  des  Abstandes  der  beiden  Natrium- 
hnien  [Dx  —  D2)  geschätzt;  indessen  war  deutlich  zu  erkennen, 
dass  sich  inmitten  der  stark  verbreiterten  Linien  eine  schmale, 
ungleich  hellere  Zone  hervorhob.  Aus  dem  beobachteten 
Gangunterschiede  von  600O0  Wellenlängen  berechnet  sich 
die  Breite  der  Spectrallinie  zu  ^120  (^1  ~~  Q).  Dieser  Gang- 
unterschied wurde  erhalten  bei  dem  Zerstäuben  einer  Lösung 
von  doppeltkohlensaurem  Natron  von  der  Concentration 
l(g  Na) -.10000  (gaq). 

1)  Eilh.  Wiedemann,  Wied.  Ann.  6.  p.  298.  1879. 


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Doppler sches  Princip. 


471 


Durch  eine  besondere  Versuchsreihe  habe  ich  mich  direct 
Ton  dem  Einflüsse  der  Concentration  und  der  Wahl  des  Salzes 
auf  die  Interferenzfähigkeit  des  Lichtes  überzeugt 

£s  zeigte  sich,  dass  mit  zunehmender  Concentration, 
also  mit  zunehmender  Dampfmenge  in  der  Flamme,  bei  allen 
Salzen  die  Interferenzfähigkeit  erst  langsam,  dann  aber  sehr 
schnell  abnimmt,  was  im  wesentlichen  darauf  zurükzuiuhren 
ist,  dass  von  einer  bestimmten  Dampfmenge  an  die  Breite 
der  Spectrallinien  sehr  rasch  wächst.  Die  grosse  Breite  der 
Natriumlinien  unter  den  gewöhnlichen  Verdampfungsbedin- 
gungen (bei  directem  Einbringen  einer  Salzperle  in  die 
Flamme)  erklart  sich  somit  aus  der  grossen  Menge  von 
Dampf,  welche  gleichzeitig  in  den  verschiedenen  Theilen  der 
Flamme  vorhanden  ist 

Bei  dem  Quecksilber  waren  die  Interferenzstreifen  bei 
150000  Wellenlangen  Gangunterschied  noch  völlig  scharf; 
die  oberste  Grenze  der  Interferenzfähigkeit  war  hier  also 
noch  nicht  erreicht.  Indessen  wurde  ein  weiteres  Verfolgen 
der  Streifen  dadurch  sehr  erschwert,  dass  bei  der  grossen 
Entfernung,  in  welcher  die  Interferenzgläser  im  vorliegenden 
Falle  stehen  mussten  (ca.  40  mm)  die  geringsten  Lockerungen 
der  Schrauben  oder  die  kleinsten  Verruckungen  des  Appa- 
rates die  Streifen  aus  dem  Gesichtsfeld  bringen  mussten. 
Hier  verschwanden  also  die  Streifen  nicht  infolge  einer  sich 
geltend  machenden  Unhomogenität  der  Lichtquelle,  son- 
dern infolge  von  Einstellungsfehlern.  Es  war  ersichtlich, 
dass  der  Maximalgangunterschied  über  164  000  Wellenlängen 
liegen  muss. 

Damit  ist  auch  in  diesem  Falle  wie  in  den  übrigen  durch 
die  Versuche  der  Beweis  erbracht  worden;  dass  man  in  Wirk- 
lichkeit viel  höher  mit  den  Gangunterschieden  aufsteigen 
kann,  als  man  nach  der  Theorie  dürfte. 

Die  unter  Annahme  der  Gultiglieit  des  Doppler' sehen  Prin- 
cipe* für  den  Fall  der  leuchtenden  Molecule  berechneten  Breiten 
der  Spectrallinien  fallen  viel  grosser  aus,  als  sie  in  Wirklichkeit 
sein  können. 

Ein  Blick  auf  die  gemachten  Annahmen  zeigt,  dass 
dabei  tiberall  die  der  Beobachtung  ungünstigsten ,  der 
Theorie  günstigsten  Werthe  eingeführt  wurden.    Bei  dem 


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472 


//.  Ebert. 


Wasserstoff  z.  B.  wurde  die  Temperatur  0°  angenommen; 
doch  musste  die  wirkliche  Temperatur  des  Gases  bei  weitem 
höher  liegen,  denn  der  capillare  Theil  der  Entladungsröhre, 
dessen  Licht  ausschliesslich  verwendet  wurde,  erhitzte  sich 
in  kurzer  Zeit  so  stark,  dass  er  nicht  mehr  mit  der  Hand 
berührt  werden  konnte.  Das  in  die  Rechnung  eingeführte, 
sicher  zu  niedrige  T,  muss  also  ein  zu  kleines  u  ergeben. 
Wenn  wir  aber  diese  mittlere  Geschwindigkeit  u  zur  Berech- 
nung der  Breite  b  verwenden,  so  vernachlässigen  wir,  wie 
oben  ausgeführt  wurde,  einen  grossen  Theil  der  Randstrahlen, 
das  erhaltene  b  ist  also  erst  recht  zu  klein.  Diesem  zu 
kleinen  Werthe  entsprechend  stellt  der  daraus  abgeleitete 
Werth  0  =  24600  einen  Gangunterschied  dar,  den  man  in 
Wirklichkeit  mit  dieser  Linie  nie  erreichen  dürfte,  wenn  die 
Theorie  richtig  ware.  In  Wirklichkeit  beobachtet  man  aber 
noch  ohne  Schwierigkeit  Interferenzstreifen,  deren  Gangunter- 
schied mehr  als  das  Doppelte  des  theoretisch  berechneten 
oberen  Grenzwerthes  betragt. 

Hier  findet  sich  also  eine  auffallende  Differenz  zwischen 
Rechnung  und  Beobachtung. 

Diese  Differenz  tritt  noch  viel  erheblicher  hervor,  wenn 
wir  die  in  neuester  Zeit  mitgetheilten  Zahlen  der  Herren  A. 
Michelson  und  W.  Morley1)  zum  Vergleiche  heranziehen. 
Diesen  gelang  es,  mit  ihren  ausnehmend  grossen  Htilfsmitteln 
bei  der  Natriumlinie  noch  Interferenzstreifen  zu  sehen,  welche 
Gangunterschieden  von  200  000  Wellenlängen  entsprechen.  Bei 
dem  Quecksilber  konnte  sogar  bis  zu  Gangunterschieden  von 
540  000  Wellenlängen  fortgeschritten  werden.  Man  kann 
also  sagen: 

Wenn  das  Doppler' sehe  Princip  sich  auch  für  die  Be- 
wegung ganzer  leuchtender  Massen  aU  gültig  erwiesen  hat,  so 
darf  es  doch  nicht  ohne  Weiteres  auf  die  Bewegung  der  einzel- 
nen leuchtenden  Molecule  angewendet  werden. 

Es  ist  nicht  meine  Absicht,  an  dieser  Stelle  näher  auf 
den  Grund  dieser  Nichtübereinstimmung  einzugehen;  es  ge- 
nügte, vorläufig  den  Thatbestand  zu  constatiren.  Indessen 

1)  A.  Michelson  u.  W.  Morley,  Am.  Journ.  of  Science  (3)  JH. 
p.  430.  1887;  Beibl.  12.  p.  477.  1888.  A.  Michelson,  Proc.  of  the  Amer. 
Abs.  for  the  Advancement  of  Science.  87.  Scp.-Abdr.  p.  10.  1888. 


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Photometrie  der  diffusen  Zurückwerf unq. 


473 


möchte  ich  auf  einen  Unterschied  der  beiden  hier  in  Be- 
tracht kommenden  Fälle  aufmerksam  machen:  Haben  wir 
einen  Complex  schwingender  Molecule,  so  setzen  sich  die  von 
jedem  einzelnen  Molecül  erregten  A  ether  wellen  zu  einer  resul- 
tirenden  Welle  zusammen;  diese  ist  es,  auf  welche  wir  im 
Falle  leuchtender  Gestirne  das  Doppler'sche  Princip  an- 
wenden. Im  Falle  des  einzelnen  Molecüles  haben  wir  es  mit 
den  oscillatorischen  Bewegungen  der  lichterregenden  Aether 
partien  selbst  zu  thun. 

Erlangen,  Phys.  Inst,  der  Univ.,  Sept,  18S8. 


XI.  I>ie  Photometrie  der  diffusen  Znrüchwerfung  ; 

von  E.  Lommel. 

(Aus  den  Sitzungsber.  d.  math.  phys.  Classe  d.  K.  Acad.  zu  München, 

mitgetheilt  vom  Hrn.  Vc?rf.) 


In  einer  früheren  Abhandlung  „über  Fluorescenz"  *)  habe 
ich  in  einem :  ,,Ueber  die  Grundsätze  der  Photometrie",  über- 
schriebenen  Abschnitt  gezeigt ,  dass  in  der  theoretischen 
Photometrie  nicht,  wie  bis  dahin  üblich  war,  die  Flächen- 
elemente einer  leuchtenden  Oberfläche,  sondern  die  Volumen- 
elemente des  leuchtenden  Körpers  als  lichtstrahlend  zu  be- 
trachten seien.  Demgemäss  wurden  der  theoretischen  Be- 
handlung photometrischer  Probleme  die  folgenden  drei  Sätze 
zu  Grunde  gelegt: 

I.  Die  von  einem  Volumenelement  nach  einem  anderen 
strahlende  Lichtmenge  ist  dem  Quadrate  ihrer  Entfernung 
umgekehrt  proportional. 

IL  Die  von  einem  Volumenelement  ausstrahlende  und 
auf  ein  Flächenelement  fallende  Lichtmenge  ist  dem  Cosinus 
des  Incidenzwinkels  proportional. 

III.  Das  von  einem  Volumenelement  ausstrahlende  Licht 
wird  auf  seinem  Wege  innerhalb  des  strahlenden  Körpers 
nach  Maassgabe  des  Absorptionsgesetzes  geschwächt. 


1)  Lommel,  Wied.  Ann.  10.  p.  449  u.  631.  1880. 


474 


E.  Lomme/. 


Der  Lambert'sche  Satz  vom  Cosinus  des  Emanations- 
winkels  war  hierdurch  aus  der  Reihe  der  photometrischen 
Grundsätze  ausgeschieden  und  an  seine  Stelle  der  vor- 
stehende Satz  III  gesetzt  worden.  Das  Oosinusgesetz  ergab 
sich  vielmehr  jetzt  als  Folgerung  aus  den  obigen  Grund- 
sätzen, jedoch  nur  für  undurchsichtige  glühende  Körper; 
für  Selbstleuchter,  die  für  Licht  durchlässig  sind,  wie  z.  B. 
Flammen,  gilt  das  Cosinusgesetz  nicht. 

In  der  citirten  Arbeit  wurde  auf  der  Grundlage  obiger 
Sätze  nur  das  Verhalten  selbstleuchtender  (glühender  und 
tluorescirender)  Körper  in  Betracht  gezogen,  dagegen  das 
ungleich  schwierigere  Problem  der  mit  erborgtem  Lichte 
durch  diffuse  Reflexion  leuchtenden  Körper,  als  mit  dem 
Thema  jener  Abhandlung  nicht  in  unmittelbarem  Zusammen- 
hang stehend,  unberührt  gelassen. 

Auch  bei  den  zerstreut  reflectirenden  Substanzen  war 
seit  Lambert  für  das  von  ihnen  zurückgestrahlte  Licht  das 
Cosinusgesetz  angenommen  worden.  Dasselbe  Hess  sich  jedoch 
weder  theoretisch  begründen,  noch  zeigte  es  sich  mit  den 
Beobachtungen  in  befriedigendem  Einklang.  Auf  diese  nament- 
lich auch  für  die  Photometrie  der  Planeten  bedeutungsvolle 
Sachlage  hat  neuerdings  Seeliger1)  mit  Nachdruck  hin- 
gewiesen und  insbesondere  an  einer  Reihe  Beobachtungen 
gezeigt,  dass  von  einer  experimentellen  Bestätigung  des 
Lambert'schen  Cosinusgesetzes  für  zerstreut  reflectirende 
Körper  nicht  die  Rede  sein  kann.  Durch  diese  Arbeiten 
Seeliger's  angeregt,  habe  ich  die  vorliegende  bereits  1880 
begonnene  Arbeit  wieder  aufgenommen,  welche  sich  die  Auf- 
gabe stellt,  das  Verhalten  diffus  reflectirender  Körper  aus 
den  obigen  Grundsätzen  der  Photometrie  zu  entwickeln. 

1.  Wenn  durch  die  Fläche  dto  des  Volumenelementes 
dcodg  —  dv  eines  beleuchteten  das  Licht  diffus  zurückwerfen- 
den Körpers  die  Lichtmenge  da  (d.  i.  auf  die  Flächeneinheit 
die  Einheit  der  Lichtmenge)  senkrecht  eindringt,  so  sei: 

Idui  dp 

die  Lichtmenge,  welche  von  dem  Volumenelement  nach  allen 
Richtungen  hin  zerstreut  wird.    Die  Grösse  /  nennen  wir 

1)  Steliger,  Vierteljahreschrift  der  ostronom.  Gesellsch.  20.  p. 267 
1885;  21.  p.  216.  1886. 


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Photometrie  der  diffusen  Zurückwerf uny.  475 


das  Diffusionsvermögen  des  Körpers.  Dasselbe  ist  unab- 
hängig von  der  Farbe  des  einfallenden  Lichts  und  wird  nur 
bedingt  von  dem  Grade  der  Trübung,  Pulverisirung,  Zer- 
stäubung, Schaumbläschenbildung,  Rissigkeit  u.  s.  w.  des  zer- 
streuenden Körpers;  für  einen  vollkommen  klaren  (limpiden) 
Körper  ist  das  Diffusionsvermögen  /  =  o. 

2.  Da  das  Licbtbtindel  von  der  Intensität  da),  indem  es 
die  Strecke  dg  durchläuft,  die  nach  allen  Seiten  hin  zer- 
streute Lichtmenge  Idio  do  einbüsst,  so  erleidet  es  durch  die 
Diffusion  eine  Schwächung,  die  nach  demselben  Gesetze  er- 
folgt, wie  diejenige  durch  Absorption. 

3.  Gleichzeitig  wird  es  aber  noch  geschwächt  durch 
eigentliche  Absorption,  sowohl  beim  Durchgang  durch  die 
diffundirenden  Körpertheilchen  selbst,  als  auch  beim  Durch- 
gang durch  das  klar  durchsichtige  Zwischenmittel,  welches 
die  Zwischenräume  zwischen  jenen  Theilchen  erfüllt.  Durch 
diese  Absorption  verliert  es  noch  die  Lichtmenge: 

kdodo, 

wo  das  Absorptionsvermögen  A  eine  Function  der  Wellen- 
länge ist,  da  ja  Körpertheilchen  und  Zwischenmittel  „gefärl  t" 
sein  können. 

4.  Die  bisher  gemachte  Annahme,  dass  das  Volumen- 
eleraent  ein  gerades  Prisma  mit  zur  Richtung  des  einfallen- 
den Lichtbündels  parallelen  Seitenkanten  sei,  ist  durchaus 
nicht  nothwendig.  Das  Volumenelement  kann  nämlich,  welche 
Gestalt  es  auch  haben  mag,  parallel  zu  den  einfallenden 
Lichtstrahlen  in  schmale  gerade  Prismen  zerlegt  gedacht 
werden,  deren  jedes  in  der  angegebenen  Weise  auf  das  durch- 
gehende Licht  einwirkt.  Durch  ein  beliebig  gestaltetes  Volu- 
mtnelement  werden  daher  einem  Lichtbündel,  das  für  die 
Einheit  des  Querschnittes  die  Einheit  der  Lichtmenge  mit 
sich  fuhrt,  durch  Absorption  und  Diffusion  die  Lichtmengen: 

kdv     und  Idv 

entzogen. 

5.  Die  Lichtmenge  Idv  wird  von  dem  Volumenelement 
nach  allen  Richtungen  ringsum  ausgestrahlt.  Nehmen  wir 
an,  dass  die  Strahlung  nach  allen  Richtungen  hin  gleich- 
massig  erfolge,  so  wird  die  Oberfläche  4n  einer  Kugel,  welche 
mit  dem  Radius  1  um  das  Volumenelement  beschrieben  ge- 


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47G 


E.  Lamm  el. 


dacht  wird,  von  der  Lichtmenge  Idv  gleichmässig  erleuchtet. 
Die  Lichtmenge,  welche  das  Element  dv  nach  einer  belie- 
bigen Richtung  pro  Flächeneinheit  dieser  Kugel  aussendet* 
beträgt  daher: 

/  dv. 

4  7t 

6.  Wir  bestimmen  nun  die  Lichtmenge,  welche  eine 
unendlich  dünne  lichtstrahlende  planparallele  Schicht,  deren 
Leuchtkraft  für  die  Einheit  des  Volumens  F  beträgt,  nach 
einem  Volumenelement  dv  sendet,  welches  ebenso  wie  jene 
Schicht  selbst  in  ein  Mittel,  dessen  Absorptionsvermögen  A, 
und  dessen  Diffusions  vermögen  /  ist,  eingebettet  liegt.  Ist 
g  der  Abstand  der  Schicht  von  dem  Elemente  dv,  dg  ihre 
Dicke,  und  theilen  wir  sie  durch  eine  Schaar  gerader  Kreis- 
kegel, die  dv  als  gemeinschaftliche  Spitze  und  o  als  gemein- 
schaftliche Axe  haben,  in  schmale  Elementarlinge,  so  ist. 
wenn  a  den  halben  Oeffnungswinkel  eines  beliebigen  dieser 
Kegel  bezeichnet,  der  Rauminhalt  eines  solchen  Ringes: 


Dieser  Ring  sendet  nach  dem  Volumenelemente  dv. 
welches  von  allen  seinen  Punkten  die  Entfernung  g  sec  a  be- 
sitzt, die  Lichtmenge: 


weil  ja  das  Licht  auf  seinem  Wege  g  sec  or  einerseits  nach 
dem  umgekehrten  Quadrate  der  Entfernung  und  andererseits 
durch  Absorption  und  Diffusion  geschwächt  wird. 

Um  die  gesammte  Lichtmenge  zu  erhalten,  welche  von 
der  Schicht,  die  wir  uns  von  unbegrenzter  Ausdehnung  den- 
ken, dem  Volumenelemente  dv  zugestrahlt  wird,  hat  man 
diesen  Ausdruck  nach  a  von  a  =  o  bis  a  =*  \n  zu  integriren. 
Setzen  wir: 


2ng2  tgasec8  a  detdg. 


oder,  wenn  wir  noch  der  Kürze  wegen: 

k  +  1=  m 

setzen,  die  Lichtmenge: 

{Fdvdgdu  ig  et  e~m«*< 


Ü  see  U 


=  x,  folglich  \gada=  -  , 


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Photometrie  der  diffusen  Zurückwerfung. 


477 


so  wird: 

Mf2 


J* t~m*     B  tg  u  du  «  J  e  y—  dx  =  —lie~     ,  \ 
lie--*  =  C+\ogm<>-m(,  +  J-^f  -  +  -  .  .  . 


der  sogenannte  Integrallogarithmus,  und: 

C=  0,577  215  7 
die  Constante  des  Integrallogarithmus  ist. 

Die  dem  Volumenelemente  dv  von  der  Schicht  dg  zu- 
strahlte Lichtmenge  beträgt  demnach: 

-  \Fdvdglie-™*. 

7.  Gehört  die  Schicht  dg  einem  durch  Diffusion  leuch- 
tenden Körper  aD,  und  liegt  sie  in  der  Tiefe  r'  parallel  unter 
der  gleichmäs8ig  beleuchteten  ebenen  Oberfläche  des  Körpers, 
so  ist  F  offenbar  eine  Function  von  r  (=  ^'(O)*  Befindet 
sich  das  Volumenelement  dv  in  der  Tiefe  r  unter  der  Ober- 
fläche, so  ist: 

o  =  r  -  r',      dp  =  -  dr', 

und  man  hat,  um  die  Lichtmenge  zu  rinden,  welche  das 
Volumenelement  dv  von  den  darüber  liegenden  Schichten 
empfangt;  das  Integral: 

r 

-  | dvf  F{r')  .  lie~ -('-I  rfr' 

o 

zu  bilden.    Für  die  Schiebten  unterhalb  </v  ist: 

q  =  r'  —  r,      dg  —  dr  , 

und  das  Integral: 

R 

-\dv  J  F(r').lie-*r-r)dr' 

r 

gibt  die  Lichtmenge  an,  welche  das  Volumenelement  dv  von 
rückwärts  erhält,  wenn  R  die  Gesammtdicke  des  als  plan- 
parallele Platte  gedachten  beleuchteten  Körpers  bedeutet. 

Die  Lichtmenge,  welche  die  ganze  Platte  dem  in  der 
Tiefe  r  unter  ihrer  beleuchteten  Oberfläche  gelegenen  Vo- 
lumenelemente dv  zustrahlt,  ist  demnach: 

r  B 

-\dv(f  F(r').lie-~n(r-'Ur'+  J  F(r)  .lie-^-r)  dr)  . 


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478 


E.  fromme  I. 


8T  Bezeichnen  wir  mit  f(r)  die  Licbtmenge,  welche  auf 
diese  Weise,  nämlich  indirect  durch  die  diffuse  Strahlung 
sämmtlicher  Theilchen  des  zerstreuenden  Körpers,  der  Vo- 
lumeneinheit in  der  Tiefe  r  unter  der  beleuchteten  Ober- 
flache zugeführt  wird,  so  ist: 

r  H 

/(r)  =  F[r').lie-^-*'>dr'+  j '  F{r')  .lie~^-r)  dr>)  . 

o  r 

Die  Lichtmenge  F{r),  welche  die  Volumeneinheit  in 
der  Tiefe  r  nach  allen  Seiten  ausstrahlt,  besteht  aber  aus 
zwei  Antheilen,  nämlich  aus  dem  Antheil,  welcher  von  der 
unmittelbaren  Beleuchtung  durch  die  direct  einfallenden 
Strahlen,  und  dem  soeben  besprochenen  Antheil,  welcher 
von  der  allseitigen  diffusen  Beleuchtung  durch  die  umgeben- 
den Schichten  herrührt. 

Bezeichnet  man  daher  die  der  Volumeneinheit  an  der 
Oberfläche  durch  ein  paralleles  Strahlenbündei  aus  irgend 
einer  Richtung  zugeführte  und  in  den  Körper  eindringende 
Iiichtmenge  mit  o,  und  den  inneren  Einfallswinkel  mit  i\  so 
ist,  wenn  /  das  Diffusionsvermögen  bezeichnet: 

Es  ergibt  sich  demnach  die  Gleichung: 

/(r)  =  -  | +  /(/))  // <1 r 

o 

Ii 

+  f(,i  e~  -  »  +/(/))  Ii e- »f  " *>  dr) , 

r 

aus  welcher  die  unbekannte  Funktion  /(r)  zu  bestimmen  ist. 

9.  Man  kann  sich  die  Function  f{r)  zerlegt  denken  in 
eine  Summe  von  unendlich  vielen  Gliedern: 

/W=/1(0+/t(r)+/a(r)  +  ..., 

wo  der  erste  Antheil  ^[r)  von  der  erstmaligen  indirecten 
diffusen  Reflexion,  die  folgenden  Antheile  ft(r)i  fz{r)  .  .  .. 
dagegen  von  den  indirecten  Reflexionen  immer  höherer 
Ordnung  herrühren.    Man  hat  alsdann: 


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Photometrie  der  diffusen  Zurückwerfung.  479 

r  R 

/iW  =  -  i«/(/r^/i>""<r"nrfr>/r^%*r"(r,",,rfr')? 


o 

und  weiter: 

r 


o  r 
r  Ä 


u.  s.  f.,  und  sieht,  dass  die  Glieder  der  obigen  unendlichen 
Reihe  durch  successive  Quadraturen  gefunden  werden  können. 

10.  Die  Function  fx  (r)  ist  leicht  zu  ermitteln.  Setzen 
wir  nämlich  in  dem  ersten  der  beiden  Integrale  r  —  r'=  x, 
so  erhalten  wir: 

1  —  CO«» 

e  co.ilie-mX_  J   __  dX 

wir  /   «*  1  —  cot i 

folglich: 

r 

/wr'  ,  .(        mr         \-CO*i  \ 

e~  i*  tie-""-"  rfr'-  ^  (r  -  «e 

O 

Nun  ist  aber: 

^/if"*^««"'  C  4-  log  ma:  -  mx  +  \  -~  H 

und,  wenn  wir  zur  Abkürzung: 

l -  cos»  m     m,  8etzen: 

COSl 

Ur^"  =  c+ logm*  +  log  !^  +  +  j  •  -  +  •  •  ■ 
demnach: 


480  E.  Lommel. 


tax  1  —  COs  i 

e«*i/ie  '**  -  lie  ^rmx 


m  x 


2!    +  )-m*-l-2\  ' 


—  eco"  ;  m.r 
woraus  für  .r  =  0  hervorgeht: 

in  x  1  —  cos  • 

,«•'/.>"••-/„  I  --log1 


<x-o  "  cost 


Wir  erhalten  demnach: 

R 


—  /  e 


—  mtr  —  r'} 

""lie  dr 


mr  1  —  cosi                                      m  r 

C08f      ~coVi,.  ~eo«i_wr           ~mr       "coTi  ,      1  —  COS! 

-  |«  —lie       —e         log—  .— 

m  «     cos  i  / 


Für  das  zweite  in  dem  Ausdruck  für  /j  (r)  vorkommende 
Integral  erhalten  wir,  /—  r  =  .r  setzend,  ganz  analog: 

*   ""/,■«      '    "rfr'--<  ~'lie  "d* 

0 

«r  /  1  -f  co«i 

cos  i  cöTi 


cos  i    /  •  cof  •'     MX  CO»  i  I .    ~U*  *  I 

e         Iii  ff  —ff        lie       \  , 


und  da  auf  demselben  Wege  wie  oben: 

l  +  cosi  mx  \ 

lie  »|fe   "        =log1  +  c08i 


'«  =  0         w  cos» 


gefunden  wird,  so  ergibt  sich: 


K 


r 


mr  1  +cu«i  mß 


JOS J  / 


Wir  haben  also  schliesslich: 


mr  \ 

7—. ,      1  4-  cos  t  ] 

""l0«-JÄT-J- 


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Plwtomtti  ie  der  diff  usen  ZurüclucerJ'uiiy.  481 

/        » r  1  —  cos  t  m  r  1  -f-  co*  i 

ir.r  .  m  R  \ 

~r  ^        lo6i_  cost  ~  lle        +e   ""^i*  )• 

Hieraus  folgt  für  die  von  den  einfallenden  Strahlen  ge- 
troffene Oberfläche  (r  =  o): 

I  .  mR  1  +  cot  i  v 

/,(•)  =aC08i24i(l0gi^8,  +  ,--Wie  — lie  -'■-), 

und  fur  die  Rückseite  der  Platte  (r  =  Ä): 

fl(R)^acosi  ^ -le  c<»llie 

.  „\ 

""  ü  "i  1       1  —  C08  »        .  .   —  »  ^ 

—  e   COB,  log  .  lie 

°     cos  t 

11.  Ist  mi2  so  gross,  dass  er-™*  als  verschwindend  klein 
angesehen  werden  kann,  d.  h.  dringt  die  einfallende  Strah- 
lung bis  zur  Rückseite  der  nunmehr  undurchlässigen  Platte 
nicht  in  merklichem  Betrage  vor,  so  ist  selbstverständlich 
auch/^Ä)  verschwindend  klein,  und  für  die  Oberfläche  er- 
gibt sich: 

j,  f  v  .    I    i        1  +  C08  » 

f  (o)  =  a  cos  i  „    log  r—  • 

.MW  2  m         cos  t 

Die  in  diesem  Falle  alle  jenseits  der  Tiefe  Ä  gelegenen 
Schichten  merkliches  Licht  weder  empfangen  noch  ausstrahlen, 
so  kann  man  geradezu  R =00  setzen.  Man  hat  demnach  für 
eine  undurchlässige  Platte  (R  =*  00) : 

/  _  -  r  1  ~  CO»  > 

fx  (r)  =  u  cos  1  2  m  j*  COiilie  ™ i 


+  * 


mr 

00«  t 


,       1  +  C08  $        .  .    —  «  r  I 

lo8r^coa.-/,e  )• 


12.  Bei  senkrechter  Incidenz  (1  =  o)  erhält  man  für  eine 
Platte  von  beliebiger  Dicke  R,  da: 

1  —  Co*  i 

,  .  — ~  i     * r    .    1       1  +  C08  % 

he    eoät  -flog;  

1  —  C08  t 

=  C  +  log  m  r  +  log 1  "  lp  +  Vr~»  m  r  -  +  . . . 

I  +  COS  *        i       1  ~  C08  » 


C08  »  "     cos  t 

<L  Phjt.  u.  Cliem.  N.  P.  XIXVL  31 


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482 


E.  Lommel. 


sich  für  i  =  o  auf: 

C  +  log2  mr 

zurückzieht: 

[fAr)]i--o 

=  fl^(«""r(C+  log2  mr)  -  lie-~r- e~mr  lie-2m(B~r> 

und,  wenn  die  Platte  undurchlässig  (Ä  =  oo)  ist: 

L/i  W]»  =  -  =  "2L(e"Wr(C+  log2mr) 

13.    Wir  betrachten  jetzt,  für  den  Fall  einer  undurch 
lässigen  Platte  (11),  den  Gang  der  Werthe  von/,(r),  indem 
wir  zu  den  Abscissen  r  die  Functionswerthe  /4  (r)  als  Ordi- 
naten  einer  Curve  aufgetragen  denken. 

Der  Differentialquotient: 

_  „  ,  ,  ,         mr    I       1  —  CO«  •'  . \ 

«.|,„  ...  +log1_co8i.) 

lässt  erkennen,  dass  die  Curve  die  Ordinatenaxe  berührt  (da 
Iii  =  —  oo  ist),  sich  sodann  bis  zu  einem  Maximum  bei: 

/,^-"=-.o6^::;: 

erhebt,  um  von  da  an  gegen  die  Abscissenaxe  asymptotisch 
herabzusinken. 

Mit  Hülfe  von  Soldner's  Tabelle  der  Integrallogarith- 
men *)  lassen  sich  die  numerischen  Werthe  von  /,  (r)  leicht 
berechnen.  Für  senkrechte  Incidenz  (i  =  o)  sind  in  der  fol- 
genden kleinen  Tabelle  einigo  Werthe  des  Ausdrucks: 

2a*[/i  W]^.  =        r(C+  log 2  mr)  -  lie""  =  y 

für  das  Argument  e—*r,  unter  gleichzeitiger  Angabe  der  zu- 
gehörigen Werthe  von  mr  und  lie-"1'  zusammengestellt 
Da  in  diesem  Falle: 

-  roe— '{Cr+ log 2  mr) 


1)  Soldner,  Theorie  et  Tables  d'une  nouvclle  fonction  transcen- 
daute.   München  1809. 


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Photometrie  der  diffusen  Zurückwerf ung.  483 

ist,  so  bestimmt  sich  der  Werth  von  mr,  für  welchen  y  ein 
Maximum  ist,  aus  der  Gleichung: 

log  2  mr  =  -  C. 

Man  findet  hieraus: 

mr  =  0,28073,  =  0,75523,   y««,.  =  0,95534. 


m  r 

lie-mr 

y 

1,0 

0 

-00 

0,69315 
0,89384 

0,9 

0,10536 

-1,77580 

0,8 

0,22814 

1,19401 

0,95034 

0,7 

0,35668 

0,78095 

0,94811 

0,6 

0,51083 

0,54685 

0.90603 

0,5 

0,69315 

0,87867 

0,83060 

0,4 

0,91629 

0,25295 

0,72613 

0,3 

1,20397 

0,15741 
0,08513 

0,59352 

0.2 

1,60944 

0,43438 

0,1 

2,30259 

0,08239 

0,24283 

0,01 

4,60517 

-0,00183 

0,02981 

o 

00 

0 

14.  Auf  die  Ermittelung  der  von  den  Reflexionen  höhe- 
rer Ordnung  herrührenden  Lichtantheile  /3  . . .  mit  Hülfe 
der  oben  (9)  angedeuteten  Quadraturen  müssen  wir  verzich- 
ten, da  dieselben  zu  Integralen  führen,  die  sich  auf  bekannte 
Functionen  nicht  reduciren  lassen. 

Noch  weniger  erscheint  es  möglich,  mit  den  bis  jetzt  zu 
Gebote  stehenden  mathematischen  Hülfsmitteln  die  Function 
/(r),  welche  für  die  theoretische  Photometrie  von  fundamen- 
taler Bedeutung  ist,  in  geschlossener  Form  aus  der  obigen 
Bestimmungsgleichung  (8)  exact  zu  entwickeln. 

Dagegen  wollen  wir  versuchen,  wenigstens  einen  ange- 
näherten Ausdruck  fttr  diese  Function  durch  folgende  Be- 
trachtungen zu  gewinnen. 

15.  Die  Bestimmungsgleichung  für  die  Function  f(r) 
lautet,  wenn  man  die  bereits  ermittelte  Function  f(r)  in  sie 
einführt,  wie  folgt: 

r  R 

=  -{l{ff(r')lie-*('-*)dr'  +  Jf^lie-^^'-^dA  . 

0  r 

Durch  Differentiation  derselben  nach  r  ergibt  sich  hier- 
aus zunächst: 

31» 


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484 


E.  Lorn mel. 


r  H 
0  r 

+  lf(r')lie-^-ny  =  r  _  [/(r') /,>■-«('■-•>)],.  =  r), 

oder,  weil  die  vom  Integralzeichen  befreiten  Glieder  sich 
wegheben: 

0  r 

Setzt  man  in  diesen  Gleichungen  in  dem  ersten  Integral 
r  -  r'=     in  dem  zweiten  r  —  r  =     so  lauten  sie: 

J\r) -Mr)  =  -  l/(//(r  -  *)/iV— rf*  +//(r  +  *)  lie—*  «#*) 

0  o 

und: 

r  £  —  r 

£  -  &  -  -  *'(//(r "  *> '      Ax  ~ff{r  +  x)  ■  Cr  4 

0  o 

Diese  Gleichungen  lassen  erkennen,  dass  die  ihrer  Natur 
nach  stets  positive  und  endliche  Function  f(r)  einen  ahn- 
lichen Verlauf  nimmt  wie  die  Function  fx  (r) ;  ihr  Differential- 
quotient  dfjdr  ist  positiv  unendlich  für  r  =  0,  wird  später 
negativ  und  verschwindet,  wie  auch  die  Function  selbst,  für 
r  =  oo.  Die  Function  f(r)  besitzt  daher  (wenn  R  =  00  ist) 
ein  Maximum,  das  jedoch  erst  bei  einem  grösseren  Werthe 
von  wir  eintritt,  als  dasjenige  der  Function  fx{r).  Denn  ist 
/(r)  ein  Maximum  und  sonach  dfjdr  =  0,  so  ist  die  rechte 
Seite  der  letzten  Gleichung  nothwendig  positiv,  woraus  folgt, 
dass  das  Maximum  eintritt  bei  einem  Werthe  von  mr,  für 
welchen  dfjdr  bereits  negativ  ist. 

16.  Da  ~lierma  für  wur  =  0  unendlich  gross  ist,  und 
von  da  mit  wachsendem  mx  rasch  abnimmt,  so  fallen  in  dem 
Ausdruck: 

r  R  —  r 

f(r)  ~fi(r)  =  V[f f(r  -  x)lier»*dx  +  ff(r+s)lie-—dx) 

o  o 

die  Anfangselemente  der  Integrale  in  der  Nähe  von  x  =  0 
gegenüber  den  späteren  bei  grösseren  Werthen  von  x  be- 
sonders stark  ins  Gewicht,  oder,  mit  anderen  Worten,  die  in 


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Photometrie  der  diffusen  Zurüchcerfung. 


485 


der  Tiefe  r  unter  der  Oberfläche  gelegene  Schicht  wird  weit- 
aus am  stärksten  von  den  ihr  beiderseits  unmittelbar  an- 
grenzenden Schichten  beleuchtet. 

Legen  wir  nun  sämmtlichen  Schichten  die  in  der  Tiefe 
r  herrschende  Leuchtkraft  bei,  indem  wir  f(r)  sowohl  statt 
—  x)  als  auch  statt  /(r  +  x)  setzen,  so  dürfen  wir  an- 
nehmen, dass  der  hierbei  begangene  Fehler  verhältnissmässig 
nur  gering  ausfalle,  weil  der  Factor  lie~mx  die  Wirkung  der 
entfernten  Schichten,  welches  auch  ihre  Leuchtkraft  sein 
mag,  nahezu  hinwegtilgt,  diejenige  der  nächstliegenden  aber 
zu  voller  Geltung  kommen  lässt. 

Erwägungen  dieser  Art  geben  Anlass  zu  der  Vermuth ung, 
dass  eine  Function /'(r),  welche  der  Gleichung: 

r  R  —  r 

fir)  -/,W  =  -  J//M  (/««—  dx  +  flie—- dx) 

0  0 

genügt,  nicht  allzu  weit  von  der  Function  f(r)  abweiche  und 
daher  annähernd  statt  ihrer  gesetzt  werden  könne. 
17.    Man  findet  nun  leicht: 

J lie—'ds  =  1  (<•-**  +  mxlie-™*) 

und  sonach: 

r  R  —  t 

-  \l{pie-m*dx  +  flic-^'d*} 


=  jm  (2  -  e~  *  r  -  m  r  Ii  e~  «  "  -  e~  *  <*  -  r>  —  m  {R  -  r)  Ii  e~ m  <Ä - r>) 

Die  Function  y>  (r)  bleibt  ungeändert,  wenn  r  rait  R  —  r 
vertauscht  wird,  d.  h.  sie  ist  symmetrisch  in  Bezug  auf  die 
Mittelschicht  (r  =  JÄ)  der  Platte  und  erreicht  hier,  da: 

ddvr  =  m  (Zi  -  lie-*') 

für  r  =  1 7?  verschwindet,  ihren  Maximalwerth : 

9W  =2(1  -r,^ß-JwÄ/<e-,;»ß), 
welcher  kleiner  als  2  ist.  Als  Curve  dargestellt,  berührt  sie 
die  Ordinatenaxe  und  die  im  Abstand  R  mit  ihr  parallel 


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486 


E.  Lommel. 


gezogene  Gerade,  d.  i.  die  Vorder-  und  die  Rückseite  der 
Platte,  und  hat  an  beiden  Stellen  den  Werth: 

(p  {o)  =  cf{R)  =  1  —  e~*R  -  mRlie-~B. 

Setzen  wir  R  =  oo,  was  geschehen  kann,  wenn  bis  zur 
Rückseite  der  Platte  merkliches  Licht  nicht  vordringt,  so  wird: 

7  (r)  =  2  -  e~mr  -  mrlie-mr  =  z. 

Das  folgende  Täfelchen  gewährt  einen  Ueberblick  über 
den  Gang  der  Werthe  dieser  Function. 


-  mr 

1,0 
0,9 
0,8 
0,7 
0,6 
0,5 


1,00000 
1,28710 
1,45305 
1,57854 
1,67935 
1,76247 


-mr 

0,4 

0,3 

0,2 

0,1 

0,01 

0 


1,8317S 
1,88952 
1,93701 
1,97458 
1,99843 
2,00000 


Da  in  diesem  Falle: 

d  if> 
dr  ' 


—  mlie- 


immer  positiv  ist,  so  erkennt  man,  dass  die  Curve,  welche 
den  Verlauf  der  Functionswerthe  versinnlicht,  sich  von  dem 
Punkte  2=1,  wo  sie  die  Ordinatenaxe  berührt,  mit  immer 
langsamerer  Steigung  erhebt,  indem  sie  der  Geraden,  welche 
in  der  Höhe  2  parallel  zur  Abscissenaxe  läuft,  asymptotisch 
zustrebt. 

18.  Als  Ausdruck  der  Function  f(r)  ergibt  sich  nunmehr: 

/»  m — 

Dieselbe  besitzt  in  der  That  im  allgemeinen  die  Eigen- 
schaften, welche  der  echten  Function  /(r)  zukommen  müs- 
sen. Da: 


2m 


2(k  +  l) 


stets  <  j,  und  demnach: 


2»Mr)<1 

ist,  so  ist  f'(r)  stets  positiv,  endlich  und  >fl{r)1  und  ver- 
schwindet für  r  =  oo;  der  Differentialquotient: 


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Pliotometrie  der  diffusen  Zurückxoerfung.  487 
Bf      \l"  2M*)ör+  2mJl  dr 

zeigt,  dass  die  Curve,  welche  den  Verlauf  der  Functions- 
werthe  veranschaulicht,  die  Ordinatenaxe  in  der  Höhe: 

 A(o)  


berührt,  sich  sodann  zu  einem  Maximum  erhebt,  welches 
bei  einem  grösseren  Werthe  von  mr  eintritt  als  dasjenige 
der  Function  yj(r),  um  sich  alsdann  (falls  R  =  00  gesetzt 
wird)  asymptotisch  gegen  die  Abscissenaxe  herabzusenken. 

Die  aus  den  successiven  indirecten  Reflexionen  entsprin- 
genden Lieh  tantheile  werden,  falls  wir  f(r)  durch  f'(r)  er- 
setzen, durch  folgende  abnehmende  geometrische  Reihe  dar- 
gestellt : 

Dem  Beitrag  der  ersten  indirecten  Reflexion  bleibt  dem- 
nach, auch  wenn  wir  f'{r)  statt  /(r)  setzen,  die  volle  Ge- 
nauigkeit gewahrt. 

19.  Bezeichnen  wir  wie  früher  mit  F(r)  die  gesammte 
Leuchtkraft  pro  Volumeneinheit  in  der  Tiefe  r  unter  der 
Oberfläche,  so  sendet  ein  daselbst  befindliches  Volumenelement 
d(odr  unter  dem  (inneren)  Emanations winkel  «  nach  dem 
Element  du  der  Oberfläche  die  Lichtmenge: 

1 

A-F(r)e  ™"dudr. 
An  ' 

Die  gesammte  aus  der  ganzen  Tiefe  der  Platte,  deren 
Dicke  =  Ä,  nach  dem  Oberflächenelemente  d oj  unter  diesem 
Winkel  gelangende  und  durch  dasselbe  (wenn  keine  Reflexion 
nach  innen  stattfindet)  ausgestrahlte  Lichtmenge  beträgt: 

R 

r*  mr  1  mr  \ 

L  =  \^\F{r)e  «»'dr,   oder  da:  F(r)  =  / lae  C0"+/(r)J  ist: 


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I 


488  E.  Lommel. 

20.  Setzt  man  an  die  Stelle  der  Function  /(r)  die  Func- 
tion/'(r),  so  hat  man  annähernd: 

R  R 
I      . »      cos  i  -f  cos  i  /»  mr 

L^i-U  a   c~  «»i™<  nrdr  +  /     A(r)  — -<?  ^"«rfrl. 


4 


(.<»  COS  I  +  cos  »  /» 
0|r       "',/r  +  r 


l8t  &  ein  zwischen  0  und  J  liegender  Bruch,  so  kann 
man  schreiben: 


2m  '  2m 

o 

Nun  sind  in  dem  Ausdruck: 
ä 

/.  -  ;f 


.In       coBi-f-eo»«  /»  mr 


2m 

0  0 


beide  Integrale  leicht  zu  berechnen.  Indem  man  bei  Be- 
rechnung des  zweiten  von  der  Formel: 

J  a  a 

wiederholt  Gebrauch  macht,  erhält  man: 

,  .  /  eo»  i +eoi#  A 

,        d(ü        l     2  COS  t  COS  £  f..   r— —  mll\ 

J  —  a  _  _  C   I  ]   ^       CO*  I  con 

4  *    2  m  cos »  +  cos  e  \  / 


d, u ,  U)_   .  2        «•  •  j(cos /  +  COS  t) (e 


nR 

co*. 


2m 

« R\  _  CO» t  +  co<  i        r  i  1— *0»i  ^ 

'«uMi'     W     ,    ~  co#i co.«       L._  •(l/.«1     C08t      l;Ä  co" 
J/ic       +e  LC08lVl06""c^  ' 

1 — eoa« 


+  co»«(log^ -K«-  )] 


(_1  +JO#,„Ä\ 
,0«  /f*  co,i  ) 

+  ««.(log  1±Ä -ft.--"  )[• 

21.  Unter  den  zugelassenen  Voraussetzungen  stellt  dieser 
Ausdruck  das  IncideDZ-  und  Emanationsgesetz  für  eine  be- 


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Photometrie  der  diffusen  Zurückwerfuntf. 


480 


liebig  dicke  Schicht  eines  durch  diffuse  Reflexion  lichtstrah- 
lenden Körpers  dar. 

Man  sieht,  dass  der  Ausdruck  ungeändert  bleibt,  wenn 
Incidenz-  und  Emanationswinkel  miteinander  vertauscht 
werden. 

Ist  mR  sehr  klein,  d.  h.  entweder  die  Summe  aus  Ab- 
sorptions- und  Diffusionsvermögen  m,  oder  die  Dicke  R  der 
Schicht  sehr  gering,  so  wird  die  ausgestrahlte  Lichtmenge 
der  Dicke  der  Schicht  proportional  und  unabhängig  von 
Einfalls-  und  Ausstrahlungswinkel. 

Wenn  //2  m  so  klein  ist,  dass  im  Nenner  des  zweiten 
Gliedes  l/2m.(p(&R)  gegen  1  vernachlässigt  werden  kann, 
so  erscheint  der  Ausdruck  von  der  unbekannten  Grösse  & 
befreit,  und  reducirt  sich  auf  sein  erstes  Glied,  wenn  auch 
die  zweite  Potenz  von  //2  m  ausser  Acht  gelassen  werden 
darf.  Es  trifft  dies  zu,  wenn  k  sehr  gross  gegen  /  ist,  also 
bei  nahezu  schwarzen  Körpern,  oder  bei  farbigen  Körpern 
für  diejenigen  Strahlen,  welche  sehr  stark  absorbirt  werden. 

22.  Dringt  bis  zur  Rückseite  der  Platte  merkliches  Licht 
nicht  vor,  d.  h.  kann  e~nR  als  verschwindend  klein  oder, 
was  dasselbe  ist,  mR  als  unendlich  gross  angesehen  werden, 
so  zieht  sich  der  Ausdruck  L  auf  den  folgenden  weit  ein- 
facheren zurück: 


wo  rp  eine  noch  zu  bestimmende  Constante  bedeutet,  deren 
Werth  zwischen  1  und  2  liegt. 

Diese  Formel,  welche  ausser  von  i  und  e  nur  noch  von 
dem  Verhältniss  des  Absorptions-  zum  Diffusionsvermögen 
abhängt,  hätte  nun  für  undurchsichtige  diffus  reflectirende 
Körper  als  neues  Emanationsgesetz  an  die  Stelle  des  bisher 
in  der  Photometrie  angenommenen  Lamb  er  tischen  Cosinus- 
gesetzes zu  treten.  In  ihr  bedeuten  i  und  «  den  inneren  In- 
cidenz- und  Emanations winkel;  findet  beim  Eintritt  und  Aus- 
tritt keine  Brechung  statt,  was  z.  B.  der  Fall  ist,  wenn  der 


1  +  c<w  i 
cos  * 


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49(1 


E.  Timmel 


Zwischenraum  der  diffundirenden  Theilchen  mit  Luft  erfüllt 
ist,  so  sind  diese  Winkel  innen  und  aussen  die  nämlichen. 
Für  senkrechte  Incidenz  (<  =  o)  wird  der  obige  Ausdruck: 

4  n  |_2  m   1  -f  cos  e 


,   _(2i)__  .   2  ( 

.    r  '  l  + 


23.  Die  Lichtmenge  M,  welche  bei  senkrechter  Incidenz 
von  dem  Oberflächenelement  dw  nach  allen  Seiten  hin  aus- 
strahlt und  von  einer  Halbkugel  aufgefangen  wird,  die  mit 
dem  Radius  1  von  den  aus  beschrieben  ist,  ergibt  sich,  wenn 
der  vorstehende  Ausdruck  L  mit  2n  sine  de  raultiplicirt  und 
nach  €  von  o  bis       integrirt  wird.    Nun  ist  : 

m/t 


COS  c 


sin  sde  =  1  —  log  2,  ferner: 

1  -f-  C08  f- 


n/t  1 

r  cos»«    .    ,    1  +  cob«  .      r  **  ,    1  + 

I-         sin  «log  —  rt€=s  I—     log  — 

J  1  +  C08  £  6     C08(  Jl+JT     °  I 


-  (IX 


=/  (*  -  1  +  f|-)  (log  (1  +    -  log*)  rf* 

o 

1  1  1 

= D(iog(i +»)  -  iog*>/x  +/,og,(;ti)^ 

O  ü  u 

also  endlich,  da  die  beiden  ersten  Integrale  leicht  zu  berech 
non  sind,  und  bekanntlich: 


flog 
J  l  + 


*dx=-t  ist: 


12 

o 


.  log 1  ±*m  ■  sin  e <f «  =  J  -  2  log  2  +  }  (log 2)'  +  f *• 

1  -f-  cos  e  cos  e  3  °  i- 


Setzt  man  diese  Werthe  in  das  Integral: 

H/2 

J/  =:  2 ?r  Jz, sin  « 

0 

ein,  so  erhalt  man: 


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Photometrie  der  diffusen  Zurüchcerfung. 


401 


(IV 

l  =  Ao  =  jm  <!  - l0*  2>  + 1— 7  ■  f1  +  7^-4(1+  iog*)»l 

Dieser  Ausdruck  bedeutet  die  von  der  Einheit  der  Ober- 
fläche eines  undurchsichtigen  Körpers,  wenn  sie  von  der  Ein- 
heit der  Lichtmenge  beleuchtet  wird,  nach  allen  Seiten  diffus 
zurückgestrahlte  Lichtmenge;  er  entspricht  also  dem  L am- 
tier t'schen  Begriff  „  Albedo". 

Die  Albedo  ist  hiernach,  da  <p  eine  absolute  Constante 
bedeutet,  nur  von  der  Grösse  //2m  oder,  da: 

l  _  _±  __  ,  hx 

2»~2(*  +  /)""i'/+l 

ist,  nur  von  dem  Verhältniss  kjl  des  Absorptions-  zum  Dif- 
fusionsvermögen abhängig  und  erscheint  bei  farbigen  Kör- 
pern vermöge  der  Grösse  k  als  Function  der  Wellenlänge. 

24.  Der  denkbar  höchste  Grad  der  „Weisse"  würde 
einem  Körper  zukommen,  der  auf  sichtbare  Strahlen  gar 
keine  Absorption  ausübt  Da  in  diesem  Falle  k  =  o  zu  setzen 
wäre,  so  müsste  für  einen  „absolut  weissen"  Körper: 

2m  ~  1 

sein.  Ein  solcher  Körper  aber  gibt,  wenn  er  undurchlässig 
ist,  alles  ihn  treffende  Licht  zurück,  oder  seine  Albedo  ist 
der  Einheit  gleich.  Setzen  wir  daher  in  der  obigen  Gleichung 
//2m  =  |,  so  muss  aus  ihr  die  „absolute"  Albedo  A0  —  1 
hervorgehen.   Durch  diese  Gleichung: 

1  =  |  (1  -  log  2)  +  j -_L -  [l  +  £  -  J  (1  +  log 2)«] 

wird  die  Constante  <p  bestimmt.  Setzen  wir  der  Kürze  wegen: 

1  -  log  2  =  0,30685  =  p 
und:  i+^_t(i  +  log  2)2  »  0,38909  =  q, 

so  ergiebt  sich  aus  ihr: 

y=s2-^    oder   <p  =  1,77020. 

Diese  Zahl  hat  man  sich  von  nun  an  in  den  Ausdrücken 


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492  E.  Trommel. 

für  L  (22)  und  A0  (23)  an  die  Stelle  von  tj  gesetzt  zu 
denken. 

25.  Die  Lichtmenge  M,  welche  ein  Oberflächenelement 
da  einer  beliebig  dicken  Platte  bei  beliebiger  Incidenz  nach 
allen  Seiten  hin  ausstrahlt,  kann  übrigens  auch  ganz  exact 
ausgedrückt  werden,  freilich  nur  durch  ein  Integral  welches 
auf  bekannte  Functionen  nicht  zurückführbar  ist.  Man  hat 
nämlich,  von  dem  Ausdruck: 

R 

/»  m  r  mr 

(ac~  c",i  +/(r) )  .  dr 

0 

ausgehend,  sofort: 

R  n 

M=d<o.tJ  J{ae  co"+/(r))e       4  sin  i  dl  dr. 
o  o 

Nun  wird,  wenn  man: 

— —  —  x  und  demnach  sin  ede  =  r  ~* 

COS  6  ** 

setzt: 

y f  ""'sin  ede  =  r  f'-'V-d*  =  -  r-^**  -  mr  f~dx 

mr  Mr 

«=  tf— **x  —  mr  lie~~mx  —  —  cos  6£  ^ '  —  mrlie  M% 


folglich: 


 mr 


e  co,f  sin  «rf«  =<?-inr -f  wr/i>-"r. 

o 

Man  hat  demnach  für  die  gesammte  allseitig  ausge- 
strahlte Lichtmenge: 

R 

M=  dco~ y*(a<?~       +  /(r))  (<?"wr  +  mr  /ie-"rJ  </r. 
o 

Derselbe  Ausdruck  muss  auch  hervorgehen,  wenn  man 
die  Lichtmenge  berechnet,  welche  von  sämmtlichen  Schichten 
der  Platte  nach  einem  Elemente  dco  der  Oberfläche  gesendet 
wird  und  durch  dasselbe  ausstrahlt,  falls  keine  Reflexion 
nach  innen  stattfindet.   Denn  ist  F(r)  die  Leuchtkraft  der 


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Pfiotometrie  der  diffusen  Zurückwerf um/.  493 


Volumeneinheit  in  der  Tiefe  r  unter  der  Oberfläche,  so  ist 
die  Lichtmenge,  welche  ein  Elementarring  (vergl.  6)  der  da- 
selbst liegenden  Schicht  von  der  Dicke  dr  nach  dem  Ober- 
hachenelement da  sendet,  da  dieses  von  den  Strahlen  unter 
dem  Einfallswinkel  a  getroffen  wird: 


m  >■ 


d(o.\F(r)e  °°«atg  a  cos  ctdadr, 

welcher  Ausdruck,  nach  a  von  o  bis  Jrc,  nach  r  von  o  bis 
R  integrirt,  da  ja: 

F(r)  =  /(aT~<+/(r)) 

ist,  sofort  den  obigen  Werth  für  M  liefert. 

26.  Für  eine  Platte  von  solcher  Dicke,  dass  sie  kein 
Licht  durchgehen  l&sst  (R  =  »),  haben  wir,  indem  wir  von 
dem  bereits  oben  (17)  eingeführten  Functionszeichen  fp  Ge- 
brauch machen: 

e-mr  +  mrlie-mr  =  2  -  (r) 

und  demnach: 


M 


3D  gc 

da,  \  (a  f  S~  ^  (2-<p  (r))  dr  +  ff(r)  (2  -  tp  (r))  r/r). 

0  o 

Setzen  wir  nun  in  dem  zweiten  Integral  näherungs  weise: 

f{r)  =  - 

statt /(r),  so  wird  dasselbe: 

0  0 

wenn  wir  unter  <p  eine  zwischen  1  und  2  liegende  Constante 
verstehen.    Wir  haben  alsdann  annähernd: 


n 00   Mr  /»» 

tf-rfa>  <  (a  e~™i(2-<f{r))dr+-^^lfl(r)dr), 

J  1  -  .y-  <J>J 

o  *w  o 

wo  nun  beide  Integrale  sich  ohne  Schwierigkeit  berechnen 
lassen. 

Man  findet  nämlich: 


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494  jp9  Rommel. 


»  70 

J"*       mr  f*       to  r 

*   ewi(2-<f,(r))dr  =  }ialJe~c,Mi(c-<*'  +  mrlic-~')dr 


x  0  go 


■kal(Je     C08'     dr+je        mr  lie~mrdr) 
o  o 

[1+coot  1  +ewi 

cos;    -  -^Ti  mr     cos* I  --^rr"r 
l+COsV  1  +  COS*' 


m  r 


-cosie  0OBimr/i«-",r— cob*i>  CO€</*>— »r 

1-f  co«<  1°° 

"2mLl +  coa*+  l  +  cofli     cos  i log  j 

—  a-^-cos/(l  —  cos  i  log1  +cos'\ 
2»        V  b    cost  / 

Ferner  ergiebt  sich: 


o 

mr  1  _ «>«  I 


+  e    co../iC  oo«.-  -He-<»')dr 

fiy1     .r       •  -^rvi    i  +  cos  i 

=  a  COS  t   —  COS  i  £    008 1  log  r—  . 

2  m  /  °  1  —  cos  t 

»r         1— eosi  K 

— •    "   —  ■  -  »  M  J"  _  fjl  f  |f|  f  tj|  f  I 

—  cosie  COTi/i<?  +cos<7i>       —  mrlie  —e 

=  «(/m)2C081[cO8nOg;t-92;  +  1 

(m  r  1—  coot  ^ 

/  M2       / ,   .         -1     1  +  cos  i  . ,     1  —  cos  i\ 

= a     C03 '  ( 1  + cos  •  lo6       + cos  *  l0«  sur ) 

=  a(im),C08l(l+C0Sil0g^. 

Wird  demnach  ein  undurchsichtiger  zerstreuender  Kör- 
per durch  parallele  Strahlen  unter  dem  Einfallswinkel  i  be- 
leuchtet, so  betragt  die  gesammte  Lichtmenge,  welche  ein 


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Photometrie  der  diffusen  Zurückiocrfnng.  495 

Element  da  seiner  Oberfläche  nach  allen  Seiten  hin  aus- 
strahlt: 

M=adto-  2lm  cos  i     -  cos  i  log  1  +  ^8  ' 
(2  — v)2m/  „,.11+coeAl 

+  - — /—  1  +  co9llo«-co8r  * 

27.  Der  Quotient  M:adw  =  A,  nämlich: 

^=-C0S«(l-CO8.1og— 

(2-v)(/-)'        /  1+co.A 
+  -      V— -  C03 '  ( 1  +  008 < lo«  -  coe  i  " ) 

stellt  nun  aber  die  Albedo  in  erweitertem  Sinne,  in  ihrer 
Abhängigkeit  von  dem  Einfallswinkel,  dar. 

Für  senkrechte  Incidenz  («  =  <>)  ergibt  sich  hieraus: 

( '  V" 

^  =  2'ad-  log  2)  +  -  Vu>    (2  -?)(!+  log  2) . 

Dieser  Ausdruck  muss  mit  dem  oben  (23)  bereits  gefun- 
denen identisch  sein.  Hierzu  ist  nothwendig,  dass  <p  den 
oben  (24)  bereits  bestimmten  Werth: 

(f  =  1,77020 

besitze,  und  dass  ausserdem: 

(2  -  rp)(l  +  log  2)  =  1  +  £-*(l  +  l0g2)2«  q 

sei.   Es  ist  daher  in  der  That  ganz  genau: 

(2  -  (p)  (l  +  log  2)  =  0,2298 . 1,69315  =  0,38909  =  q. 

28.  Die  Lichtmenge  Af,  welche  ein  Körper,  dessen 
Oberfläche  von  allen  Seiten  her  gleichmässig  beleuchtet  wird, 
nach  irgend  einer  Richtung  («)  ausstrahlt,  wird  ausgedrückt 
durch  das  Integral: 

«/> 

0 

Da  L  in  ganz  gleicher  Weise  von  t  wie  von  e  abhängt, 
so  kann  sich  dieses  Integral  von  dem  vorigen: 


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406 


E.  f^ommt'l. 


0 

nur  dadurch  unterscheiden,  dass  i  und  <  miteinander  ver- 
tauscht sind.   Es  ergibt  sich  daher: 


wo  die  Constante  <p  denselben  Werth  hat  wie  vorher. 


29.  Für  absolut  weisse  Körper  (//2m  =  J)  ergiebt  sich 
aus  den  Formeln  M  (26)  und  Bf  (28): 


Wir  gelangen  demnach  zu  folgenden  Sätzen: 

Wird  ein  absolut  weisser  Körper  von  parallelen  Strahlen 
aus  irgend  einer  Richtung  beleuchtet,  so  ist  die  von  seiner 
Oberfläche  nach  allen  Richtungen  ausgestrahlte  Lichtmenge 
(die  Leuchtkraft  seiner  Oberfläche)  dem  Cosinus  des  Einfall- 
winkels proportional. 

Wird  die  Oberfläche  eines  absolut  weissen  Körpers  von 
allen  Seiten  her  gleichmässig  beleuchtet,  so  ist  die  von  ihr 
nach  irgend  einer  Richtung  ausgestrahlte  Lichtmenge  dem 
Cosinus  des  Emanationswinkels  proportional. 

Diese  für  absolut  weisse  Körper  ausgesprochenen  Sätze 
gelten  übrigens  auch  bei  farbigen  Körpern  für  diejenigen 
Farben,  deren  Absorption  als  verschwindend  gering  angesehen 
werden  darf. 

Die  beiden  Sätze  zeigen  aber,  in  welchem  Sinne  und  mit 
welcher  Beschränkung  das  Cosinusgesetz  für  den  Incidenz- 
winkel  einerseits  und  den  Emanationswinkel  andererseits 
nach  unserer  Theorie  als  gültig  anzusehen  ist. 

30.  Die  Lichtmenge  N,  welche  der  Körper  bei  allsei- 
tiger (diffuser)  Beleuchtung  nach  allen  Seiten  von  sich  strahlt, 
wird  erhalten,  wenn  man  M  mit  2nsinidi  oder  M'  mit 
2n  sin  t  de  multiplicirt  und  sodann  nach  i  resp.  t  von  0  bis 
\n  integrirt.   Es  ergibt  sich: 


M  —  adü)  cos/, 


M'  =  ad  tu  cos  e. 


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Pfiotometrie  der  diffusen  Zuruckwerfung.  497 

m/i  nil 

N  =  2  7i  ad (u      ( J"s*n  4  008  idi  —  Jcos8  /  sin  t  log  1  *D^8  *  di  j 

0  0 

/  i  \*  ■/* 

(2-?)  d  /  r 

+  2nadu>  r-v?*'     f  sin  i  cost rfi 


2m 

m/2 


+/cos  V  sin  .  log 


oder,  da:  / sin  i  cos  i  di  =  ] 


./2 


und:  Jcos'i  sin  *  log  (li  =  |  log2  —  J  ist: 

N                   I                           (2  ~  9)  (smT 
n"dZ  "  ^  ~  2*li  "  §  lo«2>  +  r  ö  +  »  l0ß2)' 

Dieser  Ausdruck,  welcher  das  Verhältniss  angibt  der  all- 
seitig durch  das  Flächenelement  ausstrahlenden  Lichtmengn 
zu  der  von  allen  Seiten  durch  dasselbe  eindringenden  Licht- 
menge nadco,  entspricht  der  von  Seeliger1)  gegebenen 
Definition  der  Albedo,  wonach  diese  eine  Zahl  sein  muss, 
die  nur  von  der  Beschaffenheit  des  zerstreuenden  Körpers, 
dagegen  nicht  von  dem  Einfallswinkel  abhängig  sein  darf. 

Setzen  wir  der  Kürze  wegen: 

so  ist  in  dieser  Formel: 

*  =  0,40914; 

während  (p  den  oben  bereits  gefundenen  Werth: 

fp  ~  1,77020 

vorstellt. 

Für  einen  absolut  weissen  Körper  (//2  m  — })  ergibt 
sich  hieraus  selbstverständlich  Ax  =  1. 


1)  Seeligcr,  Viei tcljalirsschr.  d.  astron.  Gosellsch.  21.  p.  228.  tss«. 

Am.  d.  l'bya.  u.  Ch«m.    N.  V.  XXXVI.  32 


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498 


E.  IxtmmeL 


31.  Ist  die  (Lambert'scbe)  Albedo  A^  eines  Körpers 
bekannt,  so  kann  aus  der  Gleichung  (23),  (27): 

1  "im* 

die  Grösse  //2m  und  demnach  auch  das  Verhältniss  kjl  des 
Absorptions-  zum  Diffusionsvermögen  bestimmt  werden.  Man 

findet:  _____ 

/  =  A<r+p  _  i /(^o?l-  p3)  

2  m     2(p<p-<t)  p<r-q' 

Für  Kremserwei88  (cemssa  albissima),  das  auf  Königs- 
papier (cbarta  regia  albissima)  in  solcher  Dicke  aufgetragen 
war,  dass  es  vollkommen  undurchsichtig  erschien,  fand 
Lambert1)  als  Mittel  aus  sieben  Beobachtungen  die  Albedo 
AQ  =  0,4230,  und  für  das  dicke  und  fast  ganz  undurch- 
sichtige Königspapier  A0  —  0,4.   Hieraus  berechnet  sich  fur 

Kremserweiss:    '  =  0,42736,  -*  =  0,16997; 

2  m  '  l 

Königspapisr:  J  =  0,42103,  ^=0,18756. 

Mittels  dieser  Werthe  berechnet  sich  die  Albedo  nach 
Seeliger's  Definition  für 

Kremserweiss:  Ax  —  0,44907, 
Königspapier:  Ax  =  0,42670. 

32.  Nachdem  nun  in  der  Formel  (22): 

r        dto    l  /2cos»'cosf 
in  2m  Icosi  -f-C088 

2  m      2co8ico8e  /  1  +  cos»  ,  ,      1  +  cosf\  \ 

+  ,  .  COSllog— - — .-  +  0086102  -  , 

,       l      cost  +  co6«V  cos  t     ^  &    cos*  ) 

2m  ^ 

welche  das  Incidenz-  und  Emanation  sgesetz  fur  undurch- 
sichtige diffus  reflectirende  Körper  darstellt,  die  Coefficienten 
numerisch  gegeben  sind,  lässt  sich  aus  ihr  die  Lichtmenge  l 
für  jeden  Einfalls-  und  Ausstrahlungswinkel  leicht  berechnen. 

Nehmen  wir  senkrechte  Incidenz  {i  =  0)  an,  so  lautet 
die  Formel: 


1)  Lambert,  Photometrie  p.  841.  1760. 


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l*hotometrie  der  diffusen  Zurückwerf ung. 


499 


advt 


l  l\  +  cos« 
m  y  2co8e 


+ 


l 

2  m 


2C08fi 


1  - 


1  +  COS 


e  (log  2  +  COStlog 


2 


oder,  wenn  wir  zur  Abkürzung: 

2cos*  COS*     sp        J*(log2  +  COB«log 


1  + 


cos 


*  I 


1  +  C08  <• 
COflf 


! 


Q, 


setzen: 


4?« 
adiü 


l 

2  m 


2m 

2"  -.«« 

In  der  folgenden  Tabelle  sind  die  Werthe  von  P  und 
logbriggQ  für  die  um  je  10°  steigenden  Werthe  des  Erna* 
nationswinkels  t  von  &  =  0  bis  t  =  90°  angegeben.  In  der 
nächstfolgenden  Tabelle  ist  für  Kremserweiss  und  Königs- 
papier das  Verhaltniss  Lj  L0  (unter  L0  die  senkrecht  aus- 
strahlende Lichtmenge  bei  e  0  verstanden)  berechnet;  zur 
Vergleichung  sind  in  der  letzten  Columne  die  Werthe  von 
cos*  hinzugefugt 


p 

logQ 

£ 

P 

logQ 

10 

s 

1,00000 
0,99235 
0,96891 
0,92820 
0,86753 

0,14186 
0,18759 
0,12432 
0,10053 
0,06311 

50° 

60 

70 

80 

90 

0,78256 
0,66667 
0,50971 
0,29591 
0,00000 

0,00622 
9,91819-10 
9,77205-10 
9,48187-10 
-  00 

I.  Kremserweiss :  log  p  =  0,24433. 
IL  Königspapier:   log p  =  0,21829. 


e 

<i 

II  L 

Ä 

0° 

1,00000 

1,00000 

10 

0,99087 
0,96293 

0,99087 

20 

0,96301 

30 

0,91478 

0,91499 

40 

0,84391 

0,84430 

50 

0,74657 

0,74719 

60 

0,61766 

0,61851 

70 

0,45094 

0,45197 

80 

0,24126 

0,24221 

90 

COS  f 


1,00000 
0,98481 
0,93969 
0,86603 
0,76604 
0,64279 
0,50000 
0,34202 
0,17365 
0,00000 

32* 


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500 


E.  Lnmmel. 


Da  in  dem  Ausdruck  L  die  Winkel  i  und  e  miteinander 
vertauschbar  sind,  so  gelten  die  nämlichen  Zahlen  auch  fDr 
die  verschiedenen  Werthe  des  Incidenzwinkels,  wenn  der 
Emanationswinkei  constant  =  o  ist. 

33.  Vergleichen  wir  nun  diese  Zahlen  mit  den  von  See- 
liger1) publicirten  Beobachtungsresultaten.  Dieselben  sind 
in  den  folgenden  beiden  Tabellen  enthalten. 

Emanationswinkel  s  constant. 


i         Marmor  ^ 


Papier       Carton   ^  Porzellan 


0° 

1000 

1000 

1000 

1000 

10 

963 

990 

981 

982 

20 

920 

980 

960 

942 

30 

853 

970 

940 

890 

40 

765 

942 

917 

880 

50 

655 

870 

850 

730 

«0  513 

712 

670 

615 

70 

340 

500 

380 

472 

SO 

165 

250 

185 

253 

II.  Incidenzwinkel  i  constant.3) 


Marmor      Papier       Carton  Porzellan 


0" 
10 
20 
30 
40 
50 
60 


i 


8 

J  S.  I 


v 


OB 


1000 

1000 

1000 

1054 

1044 

1004 

1099 

1057 

977 

1148 

1048 

918 

1180 

1026 

831 

1131 

919 

720 

1020 

760 

590 

Von  den  beobachteten  Substanzen  entspricht  nur  der 
Marmor  näherungsweise  dem  Cosinusgesetz;  nach  unserer 
Theorie  würde  dasselbe  nur  gelten  bei  allseitiger  (diffuser) 
Beleuchtung  für  einen  Körper,  welcher  der  absoluten  Weisse 
nahekommt. 

Die  Zahlen  für  Papier  und  Carton  stehen  zwar  den- 
jenigen des  neuen  Gesetzes  näher  als  denjenigen  des  Cosinus- 

1)  Seeliger,  Vierteljahrsschr.  der  astronom.  Gesellsch.  20.  p.  207. 
1885. 

2^  In  der  Originaltabelle  sind,  um  die  Abweichungen  von  dem  Co- 
sinusgesetz besser  hervortreten  zu  lassen,  die  Verhältnisse  der  gemesse- 
nen Lichtmengen  zu  cos  e  augegeben;  hier  sind  der  Gleichförmigkeit 
wegen  durch  Multiplication  mit  cos  *■  diese  Lichtmengen  selbst  wieder 
hergestellt 


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tViotometrie  der  diffusen  Znriickwerfniuj. 


f>0  1 


gesetzes;  doch  kann  von  einer  auch  nur  annähernden  Ueber- 
einstimmung  nicht  die  Rede  sein.  Da  dieße  Materialien 
jedoch  durchscheinend  sind,  so  kann  die  für  vollkommen  un- 
durchsichtige Platten  abgeleitete  Formel  (22)  auf  sie  über- 
haupt nicht  angewendet  werden,  sondern  es  wäre  die  compli- 
cirtere  Formel  (20),  welche  für  eine  beliebige  Dicke  der  Platte 
gilt,  heranzuziehen.  Diese  aber  würde  für  eine  dünne  Schicht 
die  ausgestrahlte  Lichtmenge  unabhängig  von  Incidenz-  und 
Emanationswinkel,  also  durchweg  =  1000  ergeben.  Ein  An- 
wachsen dieser  Lichtmenge  mit  zunehmendem  Emanations- 
winkel bis  zu  einem  Maximum,  wie  es  aus  den  ßeobachtungs- 
reihen  II  hervortritt,  kann  durch  das  neue  Emanationsgesetz 
ebensowenig  wie  durch  das  Cosinusgesetz  dargestellt  werden. 

Auch  mit  der  dem  Lambert'schen  sowie  dem  neuen 
Gesetz  gemeinsamen  Forderung,  dass  Einfalls-  und  Aus- 
strahlungswinkel miteinander  vertauschbar  sein  müssen,  stehen 
die  Zahlen  für  Papier  und  Carton  im  Widerspruch,  falls 
angenommen  wird,  dass  der  constante  Emanationswinkel 
in  I  dem  constanten  Incidenzwinkel  in  II  gleich  gewählt 
worden  ist. 

Dagegen  stimmen  die  für  Porzellan  gefundenen  Werthe 
mit  den  aus  dem  neuen  Emanationsgesetz  berechneten  ziem- 
lich nahe  überein,  während  sie  von  dem  Cosinusgesetz  be- 
trächtlich abweichen.  Der  Rechnung  wurde  die  Albedo  0,4 
zu  Grunde  gelegt,  welche  Lambert  als  ungefähren  Werth 
für  weisse  Körper  überhaupt  annimmt.  Der  constante  Ema- 
nationswinkel bei  I  sowie  der  constante  Incidenzwinkel  bei 
II  wurden  beide  =  o  angenommen.  Da  die  beiden  Beob- 
achtungsreihen für  Porzellan  der  Bedingung  der  Vertausch- 
barkeit  von  *  und  e  nicht  unbedingt  widersprechen,  wurden 
aus  ihnen  noch  die  Mittelwerthe  J(I+II)  gebildet,  welche 
noch  besser  mit  den  aus  der  Theorie  berechneten  Wertlien 
übereinstimmen.  Neben  jeder  Beobachtungsreihe  sind  in  der 
folgenden  Tabelle  in  den  Columnen  a  und  b  die  Differenzen 
zwischen  den  beobachteten  und  berechneten  Werthen  für 
das  neue  Gesetz  (a)  und  für  das  Cosinusgesetz  (b)  angegeben. 
Wahrend  die  Abweichungen  bei  dem  letzteren  bis  31  °/0  des 
beobachteten  Werthes  ansteigen,  erreichen  Bie  bei  dem  erste- 
ren  nur  4%. 


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502 


B.  Walter. 


i  od.  6 

be- 
rech- 1 
net 

'  Por- 
1  zellan 

a 

b 

.._ 

,  Por- 
zellan 
1  II 

a 

b 

Pnr- 

/XI  Irtll 

VV0+n> 

a 

b 

0* 

1000 

t  1000 

0 

0 

1000 

0 

0 

'  1000 

0 

0 

10 

991 

982 

—  9 

-  3 

1004 

+  13 

+  19 

j  993 

+  2 

+  9 

20 

96.t  942 

-21 

+  2 

977 

+  14  i  +37 

1  960 

-  3 

+  20 

80 

915 

890 

-25 

+  24 

918 

+  3 

+  52 

904 

-11 

+  3!* 

40 

844  , 

880 

-14 

+  64 

831 

-18 

+  65 

831 

-13 

+  60 

50 

747 

730 

-17 

+  87 

720 

-27 

+  77 

l     725     -22  ;+  62 

60 

619 

615 

—  4 

+  115 

590 

-29 

+  80 

003  -16+103 

70 

452 

472 

+  20 

+  180  1 

- 

80 

242 

253 

+  11 

+  79  | 

i 

1 

Im  Vorhergehenden  ist  zugleich  der  Weg  vorgezeichnet 
für  die  theoretische  Behandlung  des  durch  einen  durchschei- 
nenden trüben  Körper  hindurchgegangenen  diffusen  Lichtes; 
ein  näheres  Eingehen  auf  diese  Frage  möge  jedoch  einer 
späteren  Mittheilung  vorbehalten  bleiben. 


XII.  JHe  Aendenmgen  des  Fluorescenzverm&gen* 
mit  der  Concentration;  von  B.  Walter. 

(Hierin  T»f.  VII  Mg.  12—80). 


In  einer  kürzlich  in  diesen  Annalen1)  unter  ähnlicher 
U  Überschrift  veröffentlichten  Abhandlung  hatte  ich  als  Haupt- 
resultat aus  meinen  Beobachtungen  den  Satz  abgeleitet,  dass 
das  Fluorescenzvermögen  einer  fluorescirenden  Flüssigkeit  mit 
wachsender  Verdünnung  unaufhörlich  zunimmt.  Derselbe  hatte 
seiner  Einfachheit  wegen  sehr  viel  gewinnendes,  und  er  ist 
denn  auch,  wie  ich  später  fand,  schon  früher  vermuthungsweise 
von  Lommel  ausgesprochen  worden.2)  Nichtsdestoweniger 
niusste  es  Misstrauen  erregen,  dass  die  darin  enthaltene  That- 
sache  sich  nach  keiner  Seite  hin  an  bekannte  Dinge  anleimte 
und  sich  auch  ebensowenig  zum  Aufschluss  neuer  Gebiete  zu 
eignen  schien. 

1)  B.  Walter,  Wied.  Ann.  U.  p.  316.  1888. 

2)  Lommel,  Pogg.  Ann.  160.  p.  76.  1877. 


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Fluorescein  und  Concentration. 


503 


Schon  in  jener  Arbeit1)  hatte  ich  darauf  hingewiesen,  dass 
ein  definitives  Resultat  sich  erst  dann  erwarten  lasse,  wenn 
man  ab  Erreger  der  Fluorescenz  nicht  wie  dort  ein  aus  Strah- 
len sehr  verschiedener  Wellenlänge  zusammengesetztes  Licht 
(Lampenlicht),  sondern  ausschliessliches  homogenes  Licht  be- 
nutze; und  in  der  That  hat  sich  denn  auch  nach  Abstellung 
dieses,  hier  selbst  im  Winter  nicht  zum  umgehenden  Mangels 
eine  so  erhebliche  Umgestaltung  des  obigen  Gesetzes  ergeben, 
dass  dasselbe  dadurch  sofort  mit  einer  ganzen  Reihe  theils  be- 
kannter, theils  geahnter  Thatsachen  der  Molecularphysik  in 
Verbindung  gebracht  wird. 

Um  mir  nun  aber  bei  meinen  definitiven  Messungen  von 
vornherein  ein  in  jeder  Beziehung  einwurfsfreies  Resultat  zu 
sichern,  bedurfte  ich  vor  allem  einer  genauen  mathematischen 
Theorie  der  Bildung  und  Emission  des  Pluorescenzlichtes  unter 
ganz  bestimmten  äusseren  Bedingungen.  Eine  solche  ist  nun 
bereits  von  Lommel  in  der  oben  erwähnten  Abhandlung  ge- 
geben; indessen  lassen  die  Ableitungen  dieses  Physikers  für 
unsere  Zwecke  doch  noch  mehrere  erhebliche  Vereinfachungen 
zu,  weswegen  ich  sie  im  Folgenden  wiederholen  muss.  . 

Es  falle  senkrecht  auf  ein  gewöhnliches  Absorptionsgefäss 
AB  CD  (Fig.  12),  mit  planparallelen  Wänden  ein  sehr 
schmaler  Streifen,  R  Q,  parallelen,  homogenen  Lichtes,  dessen 
Gesammtintensität  beim  Eindringen  in  die  Flüssigkeit  =  1  an- 
genommen wird.  Diese  Lichtmenge  möge,  nachdem  sie  die 
ganze  Flüssigkeitssschicht  des  Gefasses,  deren  Dicke  ebenfalls 
=  1  sein  mag,  durchsetzt  hat,  auf  die  Grösse  a  abgeschwächt 
sein,  wo  man  den  echten  Bruch  a  als  den  Durchlass- 
coemeienten  dieser  Lösung  bezeichnet  2)  Nach  dem  bekannten 
Lambert' sehen  Absorptionsgesetze  ist  dann  die  Intensität  des 
einfallenden  Lichtes,  wenn  es  in  die  Flüssigkeit  hinein  bis  zu 
den  Dicken  x  und  x  +  dx,  d.  h.  bis  zu  den  Schichten  LM 
und  L'M'  (Fig.  12)  vorgedrungen  ist,  auf  o*,  resp.  a*  +  dx  ge- 
sunken, wo  ich  für  +  nach  dem  Taylor'schen  Satze 
a*+  (dx-Vja*  log  a  -f-  {dx2  1 . 2)  a*  (log  a)2  +  ,  oder  unter  Ver- 
nachlässigung der  Glieder  höherer  Ordnung  ax  +  dx.ax  log  a 
schreiben  kann.    In  der  unendlich  dünnen  Schicht  zwischen 

1)  B.  Walter,  l.  c.  p.  324. 

2)  Coefficient  of  transmission  (Lang ley). 


504 


IS.  Walter. 


LM  und  L'M'  wird  also  die  Lichtmcuge  a1  —  u*  +  d*  = 
-a'dxloga  absorbirt,  und  von  dieser  Grösse  nun  auch  ein 
Theil  zur  Erzeugung  des  Fluorescenzlichtes  verbraucht  Der- 
selbe sei  etwa—  fa*dx  logo;  dann  ist  der  Factor /eben  die 
von  uns  gesuchte  Grosse,  nämlich  das  Fluorescenzvermögen 
der  zur  Untersuchung  vorliegenden  Lösung  für  das  gerade  an- 
gewandte Licht 

Jenes  Fluorescenzlicht  breitet  sich  von  seinem  Ent- 
stehungsorte nach  allen  Seiten  des  Raumes  hin  gleichmäßig 
aus,  und  es  schlagt  demnach  auch  ein  constanter  Theil  des- 
selben, den  man  etwa  durch  die  Grösse  —  gfa*  dx  log  a  aus- 
drücken kann,  die  Richtung  auf  die  Oeffnungseinheit  des 
Spaltes  S  des  Spectroskops  zu  ein,  vor  welchem  in  unserem 
Falle  aus  später  zu  erörternden  Gründen  eiu  totalreflectiren- 
des  Prisma  P  angebracht  ist.  Die  brechenden  Winkel  des 
letzteren  sind  sämmtlich  60°,  sodass  demnach  nur  derjenige 
Theil  des  Fluorescenzlichtes  in  den  Spalt  gelangen  kann, 
welcher  die  Flüssigkeit  unter  einem  Winkel  von  30°  verlässt 
(s.  Fig.  12).  Unter  diesen  Umständen  ist  der  Weg,  welchen 
dieses  Licht  in  der  Flüssigkeit  zurückzulegen  hat,  jrsec30°, 
sodass  also  seine  Intensität,  wenn  man  seinen  Durch- 
lasscoefficienteu  mit  a  bezeichnet,  in  der  Flüssigkeit  auf 
-  gfa*  a*  uc  80  dx  log  a  =  —  gf(db) 9  dx  log  a  abgeschwächt  wird, 
wo  zur  Abkürzung  a 960  30  =  b  gesetzt  ist 

Der  Durchlasscoefficient  a  ist  aber,  da  das  Fluoresceuz- 
licht  nicht  homogen  ist,  für  die  verschiedenen  Strahlengattungen 
desselben  verschieden,  sodass  mau  demnach  die  Untersuchungen 
über  die  Intensität  desselben  stets  auf  eine  ganz  bestimmte 
Spectralgegend  beschränken  muss,  was  ja  mit  Hülfe  der  Ocu- 
larspalte  des  Spectroskops  leicht  zu  erreichen  ist. 

Die  gesamrute,  von  allen  Schichten  der  Flüssigkeit  A  BCD 
(Fig.  12)  in  den  Spalt  S  eindringende  Menge  des  Fluorescenz- 
lichtes dieser  Wellenlänge  wird  daher: 

(1)  F=  -  gflog  aj(a l,f  rf,  =  9/^4^- 

0 

sein,  unter  der  Annahme,  dass  die  Grösse  g  für  alle  hinter 
einander  liegenden  Schichten  des  Absorptionsgefasses  als  con- 


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Fluorescenz  und  Concentration. 


505 


stant  zu  betrachten  ist,  eine  Annahme,  die,  genau  genommen, 
allerdings  nur  dann  statthaft  ist,  wenn  die  Dicke  BC  der 
Flussigkeitsschicht  gegen  ihre  Entfernung  vom  Spalte  S  ver- 
nachlässigt werden  kann.  Um  dieser  Voraussetzung  bei  meinen 
Versuchen  soviel  als  möglich  gerecht  zu  werden,  nahm  ich 
ilazu  ein  Absorptionsgel  iiss  von  2  mm  Schichtdicke,  während 
die  Entfernung  des  Spaltes  5  von  demselben  in  der  Regel 
100—200  mm  betrug. 

Die  Gleichung  1)  lasst  aber  in  unserem  Falle,  wo  es 
sich  bei  der  Vergleichung  des  Fluorescenzvermögens  nur  um 
die  verschiedenen  Concentrationen  einer  und  derselben  Sub- 
stanz  handelt,  noch  eine  erhebliche  Vereinfachung  zu;  denn  da 
nach  einem  experimentell  zuerst  von  Beer1)  nachgewiesenen 
Gesetze,  dessen  Gültigkeit  fur  die  Fluoresce'inlösungen  ich 
spater  darthun  werde,  die  Verstärkung  der  Concentration  einer 
Lösung  hinsichtlich  ihrer  Absorptionsfähigkeit  fur  sämmtliches 
auftauende  Licht  gleichbedeutend  ist  mit  einer  ebenso  grossen 
Vermehrung  der  Dicke  der  durchstrahlten  Schicht,  so  werden 
sich  die  auf  dasselbe  Gofass  bezüglichen  Grössen  a  und  a,  und 
lerngemass  auch  bei  veränderter  Concentration  der  darin 
enthaltenen  Lösung  sämmtlich  um  dieselbe  Exponentialgrösse 
ändern,  sodass  also  der  Quotient  loga/log(a£)  für  alle  Ver- 
dünnungen einer  Substanz  constant  ist.  Da  es  aber  hier  nur 
auf  die  relativen,  nicht  auf  die  absoluten  Werthe  des  Fluores- 
eenzvermögens  f  der  verschiedenen  Verdünnungen  ankommt, 
so  kann  man  mithin  diese  Constante  sowohl  wie  auch  die  Con- 
^tante  g  in  der  Gleichung  1)  fortlassen;  und  diese  gibt  dem- 
nach für  das  Fluorescenzvermögen: 

<2>  '  /-,/.»• 

worin  nun  die  drei  Grössen  F,  a  und  b  =  a™*90  für  jeden  Con- 
centrationsgrad  durch  das  Experiment  bestimmt  werden  müssen. 

Der  Körper,  auf  dessen  wässerige  Lösungen  sich  nun 
meine  Messungen  dieser  Art  zunächst  bezogen,  war  das  NHr 
Salz  des  Fluoresceins.*)    Dieses,  das  ich  der  Kürze  halber 

1)  Beer,  Pogg.  Ann.  86.  p.  78.  1852. 

2)  Es  ist  in  hohem  Grade  bemerkenswerth ,  dasa  das  Fluorcseens- 
apectrom  dieses  Salzes  genau  aus  denselben  Strahlengattungen  zusammen- 


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H.  Walter. 


künftighin  einfach  als  Fluorescein  bezeiclinen  werde,  erhält 
man  in  concentrirter  Lösung  am  einfachsten  dadurch,  dass  man 
eine  concentrirte  wässerige  NH3- Lösung  direct  mit  der  in 
Form  eines  rothen  Pulvers  käuflichen  Fluorescelnsäure  sattigt 
wozu  nahezu  gleiche  Quanta  von  Stoff  und  Lösungsmittel  er- 
forderlich sind.  Diese  stärkste  Concentration  desselben  sieht 
in  der  Flasche  von  allen  Seiten  schwarz  aus  und  zeigt  selbst 
bei  Anwendung  eines  darauf  concentrirten  Kegels  directer 
Sonnenstrahlen  noch  keine  Spur  von  Fluorescenz;  die  ersten, 
schwachen  Anfänge  derselben  sieht  man  unter  diesen  Um- 
ständen vielmehr  erst  bei  der  Verdünnung  von  hier  ab 
aber  wächst  die  Intensität  des  Fluorescenzlichtes  bei  weiteren] 
Verdünnen  ganz  ausserordentlich  schnell 

Da  ich  jedoch  bei  meinen  Versuchen  nach  der  oben  ge- 
gebenen Theorie  nur  homogenes  und  parallel  gerichtetes 
Sonnenlicht  anwenden  durfte,  so  rausste  ich  als  concentrirteste 
Lösung  natürlich  eine  solche  nehmen,  bei  der  das  Fluoresccuz- 
licht  auch  unter  diesen  Umständen  schon  eine  messbare  Inten- 
sität besitzt,  wozu  es  etwa  einer  lOOfachen  Verdünnung  der 
ursprünglichen,  concentrirten  Lösung  bedurfte.  Von  dieser 
Verdünnung  ausgehend,  die  im  Folgenden  zunächst  als  con- 
centrirte Lösung  (V,)  bezeichnet  wird,  wurden  die  weiteren 
Verdünnungsgrade  in  der  Weise  hergestellt,  dass  in  der  folgen- 
den Lösung  immer  genau  halb  soviel  Substanz  enthalten  war 
wie  in  der  vorhergehenden,  weswegen  ich  in  der  Folge  diese 
Verdünnungen,  mit  der  concentrirtesten  anfangend,  der  Beihe 

nach  mit  V, ;  1/2 ;        1is         1 :6583fl  bezeichnen  werde,  wo  also 

in  der  letzten  auf  einen  Theil  Fluorescein  über  6  Millionen 
Theile  Wasser  kommen. 

Als  Lösungsmittel  darf  man  jedoch  nicht  blosses  Wasser 
benutzen,  weil  dann  die  grösseren  Verdünnungen  ihr  iV7/s  nach 
und  nach  abgeben  —  das  Fluorescein  ist  nämlich  nur  eine 
schwache  Säure  und  bildet  als  solche  sehr  wenig  beständige 
Salze  —  und  damit  ihr  Fluorest  enzvcrmögen  natürlich  in  ent- 
sprechendem Maasse  einbüsseu  würden.  Damit  daher  JV7/3 
stets  im  Ueberschuss  da  ist,  versetzt  man  am  besten  gleich 

gesetzt  ist,  wie  das  der  Säure  selbst,  während  doch  die  Absorptions- 
maxima  beider  Körper  an  ganz  verschiedenen  Stellen  des  Spectrum* 
Uegen. 


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Fluorescenz  und  Concentration. 


507 


das  Verdünnungswasser  mit  2— 3°/0  einer  coucentrirten  NHt- 
Lösung  und  überzeugt  sich  noch  jedesmal  vor  dem  Ge- 
brauche einer  Lösung  einfach  durch  den  Geruch  von  ihrer 
alkalischen  Reaktion. 

Die  Erregung  des  Fluorescenzlichtes  in  diesen  einzelnen 
Verdünnungen  hatte,  der  obigen  Theorie  zufolge,  durch  einen 
schmalen  Streifen  paralleler,  homogener  Lichtstrahlen  zu 
geschehen.  Zur  Beschaffung  desselben  wurden  die  Sonnen- 
strahlen wagerecht  durch  den  verticalen  Spalt  (Fig.  18), 
im  Fensterladen  des  Laboratoriums,  geschickt,  wo  sie  in 
einer  Entfernung  von  2—3  ra  auf  ein  Flintglasprisma  PA 
mit  vertical  stehender  brechender  Kante  fielen,  hinter  welchem, 
senkrecht  zur  Richtung  der  austretenden  Strahlen,  eine  Samniel- 
liuse  Ll  von  1  m  Brennweite  stand.  Dieselbe  entwarf  in  nicht 
ganz  2  m  Entfernung  hinter  sich,  bei  A  B,  ein  sehr  langes  und 
reines  Spectrum,  in  dem  die  grösseren  Fraunhofer'schon 
Linien,  selbst  bei  ziemlich  grosser  Spaltweite  Sv  noch  deutlich 
sichtbar  waren  und  bei  dieser  Aufstellung  natürlich  vollkommen 
gerade  Linien  bildeten.  Dieses  Spectrum  wurde  hier  mittelst 
des  schwarzen  Schirmes  A  B  aufgefangen,  welcher  in  der  Mitte 
einen  verticalen  erweiterungsfähigen  Spalt  S%  besass,  durch 
den  man  nun  die  gerade  gewünschte  Strahlengattung  hindurch- 
gehen liess.  Das  so  erhaltene  homogene  Licht  fiel  weiter  auf 
eine  Cylinder  -  Sammellinse ,  die  um  ihre  Brennweite  vom 
Spalte  St  entfernt  war  und  die  divergirend  aus  ihm  heraus- 
tretenden Strahlen  in  einen  parallelen  Streifen  verwandelte, 
genau  so  wie  ihn  die  oben  gegebene  Theorie  erfordert. 

Um  die  Intensitäten  F  des  Fluorescenzlichtes  der 
verschiedenen  Verdünnungen  des  Fluoresceins  miteinander 
vergleichen  zu  können,  bedarf  es  einer  vermittelnden  Licht- 
quelle, eines  Normallichtes,  welches  während  des  Wechseins 
der  Flüssigkeiten  in  dem  Absorptionsgefasse  A  BCD  (Fig.  12), 
constant  bleibt  und  sich  dabei  unmittelbar  neben  dem  im 
Spectroskope  betrachteten  Theile  des  Fluorescenzspectrums 
jener  Lösungen  befinden  muss.  Das  letztere  zunächst  erreicht 
man  nun  sehr  leicht  mit  Hülfe  des  Vierordt'schen  Doppel- 
spaltes, d.  h.  mit  Hülfe  zweier,  an  demselben  Spectroskope 
unmittelbar  übereinander  angebrachter  Spalte,  von  denen  der 
eine  das  Fluorescenzlicht  des  Gefässes  A  BCD  und  der  andere 


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I 


508  B.  Walter.  * 

die  als  Normallicht  dienenden  Strahlen  aufnimmt.  Zur  Er- 
zeugung der  letzteren  könnte  man  etwa  eine  Petroleumlampe 
nehmen,  aus  deren  Spectrum  ja  der  Ocularspait  die  dem  zu 
untersuchenden  Fluorescenzlichte  gerade  entsprechende  Stelle 
gleichfalls  mit  herausschneiden  würde;  allein,  abgesehen  von 
dem  durch  die  Lampe  im  Zimmer  sowohl  wie  im  Spectroskope 
verbreiteten  überflüssigen  Lichte,  müsste  diese  Methode  auch 
schon  aus  dem  Grunde  sehr  fragwürdige  Resultate  liefern,  weil 
man  zwei,  in  ihren  Intensitätsschwankungen  voneinander  ab- 
hänge Lichtquellen,  die  Petroleumlampe  und  die  Sonne,  an- 
wendet, von  denen  zumal  die  letztere  eine  höchst  unbeständige 
Lichtquelle  darstellt 

Von  allem  diesem  macht  man  sich  frei,  wenn  man  als 
Normallicht  gleichfalls  Fluorescein-Fluorescenzlicht  benutzt,  und 
zwar  Fluore8cenzlicht,  welches  durch  einen  Theil  desselben 
Sonnenlichtes  erzeugt  ist,  das  auch  die  Fluorescenz  in  dem 
Grefässe  AB  CD  (Fig.  12)  hervorruft  Man  erreicht  dies  in 
folgender  Weise.  Ehe  der  oben  beschriebene,  nach  Art 
der  Zeichnung  in  Fig.  18  erzeugte  Streifen  homogener, 
paralleler  Sonnenstrahlen  das  Gefäss  AB  CD  der  Fig.  12, 
welches  in  Fig.  13  als  G2  bezeichnet  ist,  trifft,  muss  derselbe 
durch  ein  ähnliches  Grefäss  Cr,  gehen,  in  welchem  sich  eine 
Fluoresceinlösung  von  solcher  Concentration  und  Schichtdicke 
befindet,  dass  dieselbe  einen  möglichst  grossen  Theil  des  auf- 
fallenden Lichtes  durcblässt,  dabei  zugleich  aber  ein  Fluores- 
cenzlicht  ausstrahlt,  welches  an  Intensität  etwa  in  der  Mitte 
zwischen  den  sämmtlichen  zu  messenden  Lichtstärken  steht 
Dieses  Fluorescenzlicht  gelangt  dann,  seine  eigene  Mutterlösung 
durchsetzend,  nach  hinten  zu  in  den  zweiten,  unteren  Spalt 
(Fig.  13)  des  Vierordt'schen  Spectralphotometers  K>  vor  welchem 
zu  diesem  Zwecke,  ebenso  wie  vor  dessen  oberem  Spalte,  ein 
totalreflectirendes  gleichseitiges  Prisma  P3  angebracht  ist 

Die  Stative  der  beiden  Grefässe  Gl  und  G%  werden  so 
lange  auf  der  Linie  des  erregenden  Strahles  hin  und  her 
gerückt,  bis  man  die  ihnen  im  Spectroskop  entsprechenden 
Fluorescenzspectren  in  möglichster  Helligkeit  sieht; *)  dann  wird 

1)  Es  mag  noch  erwähnt  werden,  dass  diese  Versuchsanordnuiig  auch 
sehr  gut  dazu  benutzt  werden  kann,  um  Fluorescensspectra  verschie- 
dener Substanzen  qualitativ  und  quantitativ  zu  vergleichen. 


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Fluorescein  und  Concentration. 


509 


das  Gefass  Gt  aus  seinem  Stativ  genommen,  um  so  nach  und 
nach  mit  den  einzelnen  zu  untersuchenden  Lösungen  gefüllt  zu 
werden.  Nach  dem  Wechseln  muss  es  natürlich  immer  genau 
an  die  alte  Stelle  gebracht  werden,  und  ebenso  muss  auch, 
der  Theorie  zufolge,  der  obere  Spalt  des  Spectroskopes  K, 
in  welchen  das  Fluorescenzlicht  von  Gt  her  eindringt,  für  die 
ganze  Untersuchungsreihe  immer  dieselbe  Oeffnung  behalten, 
oder  wenigstens  muss  man  alle  Messungen  auf  dieselbe  Oeff- 
nungseinheit  reduciren.  Der  untere  Spalt  dagegen,  welcher 
das  Fluorescenzlicht  von  Gx  her  aufnimmt,  wird  so  lange 
weiter,  resp.  enger  geschraubt,  bis  die  beiden  im  Spectroskope 
K  übereinander  lagernden  Fluorescenzspectren,  bez.  deren  heraus- 
geschnittene Theile,  gleiche  Helligkeit  zeigen.  Das  Verbältniss 
der  beiden  Spaltweiten  stellt  dann  bekanntlich  das  umge- 
kehrte Verhältniss  der  Intensitäten  beider  Lichtquellen  dar  und 
gibt  unmittelbar  die  Intensität  F  des  Fluorescenzlichteg  der 
Lösung  Gv  ausgedrückt  in  Einheiten  des  Normallichtes  in  Gv 
Da  aber  jenes  Verhältniss  aus  leicht  ersichtlichen 
Gründen  von  den  Intensitätsschwankungen  des  erregenden 
Sonnenlichtes  vollständig  unabhängig  ist,  so  kann  die  einzige, 
bei  diesen  Messungen  ausser  den  Schätzungsfehlern l)  überhaupt 
noch  in  Betracht  kommende  Fehlerquelle  nur  von  dem  mangel- 
haften Functioniren  des  Heliostaten  und  der  dadurch  ver- 
anlassten Verschiebung  des  durch  den  Spalt  Sx  in  das  Zimmer 
eindringenden  Strahlenbündels  herrühren.  Ohne  auf  die  Natur 
der  dadurch  veranlassten  Fehler  einzugehen,  will  ich  nur  be- 
merken, dass  dieselben  schon  bei  der  geringsten  Verschiebung 
eine  ganz  bedeutende  Grösse  annehmen,  und  dass  daher  für 
Versuche  dieser  Art  ein  richtig  gehender  Heliostat  die  erste 
Bedingung  ist.  In  Ermangelung  eines  solchen  schützt  man 
sich  vor  falschen  Resultaten  wenigstens  einigermassen  dadurch, 
dass  man  sich  noch  eine  zweite  Normallösung  von  beliebiger 
Concentration  herstellt  und  dieselbe  in  einem  besonderen  Ge- 
lasse von  Zeit  zu  Zeit  an  die  Stelle  von  P%  bringt,  um  sich 

1)  Dieselben  sind  nicht  so  gross,  wie  man  vielleicht  der  geringen 
Intensität  dee  Fluorescenzlichtes  wegen  annehmen  dürfte.  Da  vielmehr 
bei  dieser  Versuchsanordnung  im  ganzen  Zimmer  nur  Licht  von  der  Ord- 
nung des  zu  messenden  vorhanden  ist,  so  erhält  man  selbst  bei  den  ge- 
ringsten Intensitäten  desselben  noch  sehr  gut  tibereinstimmende  Resultate. 


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510 


B.  W niter. 


durch  Messung  der  Stärke  ihres  Fluorescenzlichtes  zu  über- 
zeugen, ob  die  Versuchsbedingungen  noch  dieselben  geblieben 
sind.  Ist  dies  nicht  der  Fall,  so  hat  man  in  dem  Verhaltniss 
des  jetzigen  zum  früheren  Resultate  einen  Reduction&factor, 
der  die  eben  gefundene  Zahl  mit  den  früher  erhaltenen  ver- 
gleichbar macht  Das  Ganze  ist  jedoch  nur  ein  Nothbeheli 
und  gibt  nicht  im  entferntesten  die  Genauigkeit  einer  regel- 
recht verlaufenden  Beobachtung. 

Bei  meinen  eignen  Bestimmungen  der  Grösse  F  ver- 
wandte ich  als  Erreger  zunächst  das  Licht,   welches  im 
Sonnenspectrum   kurz   vor   der   Fraunhofer'schen   Linie  F 
liegt,   weil  diese  Strahlen  vom  Fluorescein   am  stärksten 
absorbirt  werden,  und  ich  deshalb  mit  solchen  Erregern  bis  zu 
den  grösstmögüchen  Verdünnungen  desselben  gehen  konnte. 
Später  wurden  jedoch  als  Erreger  auch  Strahlen  angewandt, 
welche  zu  beiden  Seiten  dieses  Absorptionsmaximums  hegen, 
und  zwar  einerseits  diejenigen  bei  £45  Ff  und  andererseits  die 
bei  F2b  G  und  F95  G.  Alle  ergaben  in  Bezug  auf  die  Aende- 
rungen  des  Fluorescensvermögens  /  mit  der  Concentration,  auf 
die  es  schliesslich  immer  nur  ankommt,  dasselbe  Resultat, 
sodass  deshalb  in  der  Tabelle  II,  welche  die  Endergebnisse 
meiner  sämmtlichen  Messungen  enthält,  auf  die  Wellenlänge 
des  erregenden  Lichtes  keine  Rücksicht  genommen  ist. 

Zur  Aufstellung  jener  Tabelle  bedarf  es  nach  der 
Formel  (2)  ausser  der  Grösse  F  noch  des  Factors  \j(\-ab\ 
worin  b  =  a -ec  30  und  a  und  a  die  Durchlasscoefficienten  de? 
erregenden  und  des  erregten  Lichtes  fur  2  mm  Schicht  des 
betreffenden  Concentrationsgrades  bedeuten.  Die  Bestimmung 
dieser  Grössen  geschah  in  der  bekannten  Weise  mit  Hülfe  des- 
selben Vi  er  or  d  tischen  Spectralphotometers,  das  auch  zu  den 
oben  beschriebenen  Intensitätsmessungen  des  Fluorescenzlichtes 
gedient  hatte1),  und  zwar  wurden  bei  einer  Verdünnung  immer 
gleich  in  einem  Zuge  die  Durchlasscoöfficienten  fur  alle  später 
als  Erreger  anzuwendenden  Wellenlängen  und  zugleich  auch 
für  den  Spectralraum  des  Fluorescein -Fluorescenzlichtes  be- 

1)  Das  Instrument,  dessen  Spalten  Bich  seitlich  symmetrisch  öffnen, 
ist  von  A.  Kr fls s  hierselbst  gebaut  und  hat  sich  in  allen  Thcilen  der 
Untersuchung  vorzüglich  bewährt. 


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F/uorescenz  und  Concentration 


511 


stimmt  Der  Haupttheil  dieses  Lichtes  fallt  zwischen  E  und 
£35/';  da  es  aber  für  die  Genauigkeit  der  Schätzungen  bei 
schwachen  Lichtintensitäten  vortheilhaft  ist,  einen  nicht  zu 
schmalen  Streifen  vor  sich  zu  haben,  und  ich  es  deshalb  vor- 
zog, bei  den  Messungen  der  Intensität  des  Fluorescenzlichtes 
jene  ganze  Breite  auf  einmal  zu  nehmen,  so  theilte  ich  mir 
jetzt,  bei  der  Bestimmung  der  Durchlassceofficienten,  jenen 
Abschnitt  in  vier  Theile,  mass  jene  Grösse  für  jeden  dieser 
Tbeile  und  nahm  schliesslich  das  arithmetische  Mittel  dieser 
vier  Messungen  als  mittleren  Durchlasscoefficienten  a  des 
ganzen  Fluorescenzlichtes.  Die  hierdurch  verursachte  kleine 
Ungenauigkeit  ist  fur  das  Endresultat  ohne  jegliche  Bedeutung ; 
denn  der  Einfluss,  welchen  die  Absorption  der  Flüssigkeit  für 
ihr  eigenes  Fluorescenzlicht  auf  die  Intensität  des  letzteren 
ausübt,  kann,  wie  ich  schon  in  meiner  früheren  Arbeit  aus- 
einander gesetzt  habe l),  und  wie  dies  auch  aus  den  Zahlen  der 
nachstehenden  Tabelle  hervorgeht,  stets  nur  ein  sehr  unbe- 
deutender sein. 

Tabelle  I. 

Durchlaascogfficienten  a  und  «,  von  2  mm  Fluoresccinlösung  für  das  er- 
regende Licht  bei  E$$F  nnd  für  das  Fluorescenzlicht  von  E-  Ebb  F. 


Ver- 
dthumng  '■ 

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1 

0,990 

:  1,000 

1,000 

0,980 
0,899 

0,999 

0,960 
0,998 

0,998 

0,922 
0,99(i 

0,995 

0,850 
0,992 

0,991 

0,720 
0,984 

0,981 

0,520 
0,967 

0,962 

0,270 
0,936 

0,927 

0,073 
0,875 

0,857 

100 

47,6 

23,8 

12,2 

6,3 

3,4 

2,0 

1,33 

1,07 

iiinnuiig 

— 

/19B 

1  . 

Vi. 

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1 

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10» 

0,766 
0,785 

284 
10T 

0,587 
0,540 

206 
10  w 

0,344 

0,292 

• 

65 
10" 

0,118 

673 
10« 

4225 

10*° 
189 

10* 
717 

105 

1785 

10" 
193 

10« 
513 

1Ö7 

32 

10'" 
373 

10'° 
262 
1<)11 

1024 
10-M" 

13« 

10,T 
16ß 

10'» 

l**  a  b 

1,00 

1,00 

1,00 

1,00 

1.00 

1,00 

1,00 

1,00 

II  B.  Walter,  1.  c.  p.  319. 


512 


B.  Walter 


Natürlich  konnten  die  Durchiasscoefticieuten  a  und  a  nur 
für  die  Lösungen  von  mittlerer  Concentrationen  durch  den 
Versuch  bestimmt  werden,  woraus  dann  diejenigen  für  die 
stärksten  und  schwächsten  Concentrationen  mit  Hülfe  des 
Beer'  sehen  Absorptionsgesetzes  berechnet  wurden.  Die  Gültig- 
keit dieses,  mit  Recht  nicht  ganz  rückhaltlos  anerkannten 
Gesetzes  wurde  von  mir  fur  das  Fluorescein  nach  einer,  so- 
viel ich  weiss,  bisher  noch  nicht  angewandten  Methode  geprüft, 
die  ihrer  grossen  Sicherheit  und  Einfachheit  wegen  hier  kurz 
angegeben  werden  soll.  Ich  nahm  dazu  zwei  verschiedene  Ab- 
sorptionsge fasse ,  in  dessen  einem  der  Schulz' sehe  Flintglas- 
würfel eine  Dicke  von  10  mm  besass,  während  er  in  dem 
andern  auf  eine  Glasplatte  von  nur  1  mm  Dicke  reducirt  war. 
Die  Gefasse  selbst  hatten  im  lichten  eine  Dicke  von  resp.  11 
und  2  mm.    Mit  dem  erste ren  mass  ich  in  der  gewöhn- 
lichen Weise l)  z.  B.  fur  das  Spectrallicht  vor  F  den  Durch- 
lasscoefficienten von  10  mm  Schicht  der  Verdünnung  l/S27<»  und 
fand  dafür  0,92,  sodann  bestimmte  ich  an  derselben  Spectral- 
stelle  mit  dem  zweiten  Gefasse  den  Durchlasscoefficienten  vod 
1  mm  Schicht  der  Verdünnung         und  fand  0,83,  wahrend 
sich  aus  dem  ersten  Werthe  nach  dem  Be  er*  sehen  Gesetze 
0,875  hätte  ergeben  sollen.   Ferner  lieferte  das  erste  Gefass 
bei  der  Wellenlänge  Eb  F  für  10  m  Schicht  der  Verdünnung 
Vftjj  den  Durchlasscoefficienten  0,93,  und  das  zweite  ftu*  die- 
selbe Wellenlänge  als  Durchlasscoefficienten  von  1  mm  Schicht 
der  Verdünnung  Ve4  den  Werth  0,96,  während  sich  aus  dem 
Beer'schen  Gesetze  0,94  berechnen  würde.  Berücksichtigt 
man  die  gewaltigen  Unterschiede  der  Verdünnungsgrade,  so 
verlieren  diese  kleinen  Differenzen  jegliche  Bedeutung,  und  die 
Gültigkeit  des  Beer'schen  Gesetzes  ist  somit  fast  für  die  ge- 
sammten  oben  in  Rede  stehenden  Verdünnungen  des  Fluores- 
ceins durch  vier  Messungen,  die  bequem  in  einer  halben 
Stunde  angestellt  werden  können,  bestätigt8)   Dasselbe  ver- 
liert seine  Gültigkeit  allerdings,  worauf  ich  in  der  folgenden 
Abhandlung  zurückkommen  muss,  von  einer  bestimmten  stär- 
keren Concentration  (!/8)  an;  indessen  hat  das  auf  die  jetzigen 
Rechnungen  keinen  weiteren  Einfluss,  da  es  hier  nach  For- 

1)  8.  z.  B.  meine  frühere  Schrift  1.  c.  p.  819  ff. 

2)  Selbstverständlich  habe  ich  mich  nicht  mit  diesen  vieren  begnügt. 


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Fluorescein  und  Concentration. 


513 


uiel  2)  nur  auf  den  Werth  des  Ausdrucks  1(1  —  ab)  ankommt, 
der,  wie  die  Tabelle  I  zeigt,  in  diesen  Concentrationen  schon 
läogst  =  1  geworden  ist. 

Mit  diesem  letzteren  Zahlwerthe  hat  man  nach  For- 
mel 2)  die  in  der  oben  beschriebenen  Weise  gemessene 
Intensität  F  des  Fluorescenzlichtes  einer  2  mm  dicken  Schicht 
der  betreffenden  Verdünnung  zu  multipliciren,  um  das  Fluores- 
cenz?ermögen  /  derselben  zu  erhalten.  Da  aber  die  fur 
diese  Grösse  erhaltenen  Zahlen,  absolut  genommen,  völlig  be- 
deutungslos sind,  vielmehr  allein  die  Aenderungen  derselben 
beim  Uebergang  von  einer  Concentration  zur  anderen  ein 
Interesse  darbieten,  so  sind  in  der  nachstehenden  Ta- 
belle II  gleich  die  Verhältnisszahlen  des  Fluorescenzver- 
mögens  einer  jeden  Concentration sstufe  zu  dem  der  vorher- 
gehenden angegeben,  sodass  also  z.  B.  die  erste  Zahl  4,1 
unter  dem  Verhältniss  ljt :  ljl  bedeutet,  dass  das  Fluorescenz- 
vermögen  der  Verdünnung  V»  um  das  4,1 -fache  grösser  ist  als 
das  der  Lösung 

In  dieser  Tabelle  sind  meine  sämmtlichen  Beobachtungs- 
resultate, gleichviel  ob  sie  mir  etwas  unsicher  erschienen  oder 
nicht,  enthalten,  und  man  findet  daher  einzelne,  von  den  in 
der  letzten  Horizontalreihe  angegebenen  Mittel werthen  ziemlich 
abweichende  Zahlen.  Dieselben  wurden  der  Hauptsache  nach 
stets  dadurch  veranlasst,  dass  der  mir  zu  Gebote  stehende 
Heliostat  ein  nicht  sehr  sauber  gearbeitetes  Uhrwerk  enthielt 
und  dass  mithin,  auch  bei  der  sorgfaltigsten  Einstellung  des- 
selben das  von  ihm  ins  Zimmer  gesandte  Strahlenbündel  bald 
schnelle,  bald  langsame  Verschiebungen  erfuhr,  bald  aber  auch 
wieder  eine  ziemliche  Zeit  lang  genau  auf  demselben  Flecke 
stand,  in  welchem  Falle  die  Fehlergrenze  stets  eine  erheblich 
kleinere  wurde.    (Folgt  Tab.  II  p.  514.) 

Aus  der  letzten  Reihe  der  Mittelwerthe  sieht  man,  dass 
flfu  Fluor  escenzver  mögen  des  Fluoresceins  mit  zunehmender  Ver- 
dünnung zuerst  sehr  schnell,  dann  immer  langsamer  und  lang- 
samer wächst,  von  der  Concentration  1/.d2  aber,  oder  vielleicht  auch 
schon  etwas  früher,  bis  zu  den  grössten  Verdünnungen  hin  con- 
stant bleibt.  Die  kleinen  Schwankungen  nämlich,  welche  im 
letzteren  Intervalle  die  Mittelwerthe  noch  um  die  Einheit 
herum  machen,  werden  sich  zwar  bei  Anwendung  eines  tadel- 

Aon.  d.  Phys.  u.  Chtm.   N.  P.  XXXVI.  33 


514 


B.  Walter 


losen  Heliostaten  noch  um  ein  bedeutendes  verkleinern  lassen; 
sie  verlieren  aber  auch  so  schon  jegliche  Bedeutung,  wenn 
man  berücksichtigt,  mit  wie  delicaten  Messungen  man  es  hier 
zu  thun  hat 

Tabelle  IL 


Vcrhaltnias  des  Fluorescenzvermögens  zweier  aufeinander  folgender  Ver- 
dünnungen des  Fluoresceins. 


Ver- 
dünnun- 

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1 

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4,2 

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4,27 

4,1 

4,1 

3,8 

4,26 

4,64 


— - 

2,21 

2,39 
2,14 
2,65 
2,15 
2,07 
2,25 
2,86 
2,08 
2,43 

- 

1,59 
1,09 
1,45 
1,70 
1,23 
1,26 
1,40 
1,19 
1,51 

- 

1,17 
1,08 
1,04 
1,15 
1,17 
1,00 
1,21 
1,11 
1,17 

1,21 
0,99 
1,10 
1,18 
0,96 
1,22 
1,09 
1.02 
1.01 
1,21 

- 

1,09 

1,09 
0,85 
0,99 
1,01 
0,93 
0,98 
1,06 
1,00 
0,94 

0,97 
0,82 
1,02 
1,03 
1,01 
1,02 
0,98 
0,99 
0,88 
1,08 

0,98 

1,01 
0,92 
0,81 
0,99 
0,92 
1,04 
0,98 
0,89 
0,92 
1,00 
0,99 
0,97 
0,99 
0,99 
1,33 

0,985 

Mittel- 
werth 

4,39 

2,32 

1,38 

1,12  1,10 

0,995 

v  er- 
düiinun- 
sen 

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1  S 1  J 

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i  ■ 

3*768  • 
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1,01 

0.96 

0,97 

1.22 

0,72 

1 .03 

1,44 

0,86 

(i,«3 

0,9« 

0,9-2 

0,99 

0,96 

1.21 

1,08 

1.0« 

0,8s 

1,28 

o.so 

1.11 

1,00 

0,96 

0,99 

0,91 

O.S8 

o,h 

1,03 

0.93 

0,75 

1,06 

1,19 

0,93 

1,09 

0.S3 

0,99 

0,94 

1,17 

1,30 

1,34 

0,97 

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1,24 

1,20 

1,08 

1,23 

1,10 

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1,02 

1,03 

1.21 

0,88 

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0.99 

1.07 

0,94 

1,07 

O.SO 

0.97 

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1,0« 

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0.90 

0,86 

0.86 

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1.00 

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1.00 

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1,09 

0.89 

1.03 

1,01 

0,98 

0.92 

0,92 

0,89 

0,90 

0,95 

0,73 

0.9« 

0,92 

1,07 

0,S9 

0,90 

1,03 

Mittel- 
Werth 

0,95 

0,90 

1,005 

0,90 

«,» 

0,995 

1,08 

1,06 

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Fluorescein  und  Concentration. 


515 


Die  Resultate  bleiben  in  jeder  Beziehung  dieselben,  wenn 
man  statt  des  Lichtes  bei  F  irgend  eine  andere  erregungs- 
fähige Wellenlänge  des  Sonnenspectrums  anwendet,  und  zwar 
sind  in  dieser  Hinsicht  sowohl  Strahlen  unterhalb  wie  ober- 
halb jenes  Absorptionsmaximums  untersucht  worden.  Es  ist 
dies  ein  doppeltwichtiger  Umstand,  einmal  für  die  Theorie 
dieser  Erscheinungen,  andererseits  aber  auch  als  Grundlage 
einer  weitergehenden  experimentellen  Untersuchung.  Auf  das 
erstere  komme  ich  in  der  nachstehenden  Abhandlung  zurück; 
hinsichtlich  des  letzteren  aber  sind  wir  jetzt  in  der  Lage, 
fur  die  ganz  concentrirten  Lösungen  des  Fluoresceins  statt 
des  einfarbigen  Lichtes  auch  einfach  das  weisse,  aus  dem 
ersten  Spalte  Sx  (Fig.  13),  kommende  Strahlenbündel  als 
Fluoreszenzerreger  anwenden  und  somit  unsere  Untersuchungen 
bis  zu  einer  viel  stärkeren  Concentration  ausdehnen  zu  können. 

Wie  nämlich  nach  der  letzten  Horizontalreihe  der  Tabelle  I 
lUr  das  Licht  aus  der  Gegend  bei  F  der  Factor  1/(1  -  ab) 
schon   von   der  Verdünnung  an  =  1  wird,  und  infolge 

dessen  bei  allen  concentrirten  Lösungen  die  Werthe  von  F 
und  f  übereinstimmen,  so  wird  bei  den  ganz  concentrirten 
Lösungen  das  Gleiche  auch  für  alles  andere  erregungsfällige 
Licht  gelten.  Da  aber  die  Grösse  /',  wie  soeben  ange- 
geben, sich  bei  veränderter  Concentration  für  alle  erregungs- 
fähigen Lichtstrahlen  in  derselben  Weise  ändert,  dies  also  bei 
den  ganz  concentrirten  Lösungen  auch  für  das  von  jedem 
einzelnen  erzeugte  Fluorescenzlicht  F,  und  mithin  auch,  wenn 
alle  zugleich  wirken,  für  das  gesammte,  von  ihnen  allen  erzeugte 
Fluorescenzlicht  gelten  muss,  so  wird  demnach  bei  diesen  con- 
centrirtesten  Lösungen  der  Wechsel  der  Intensität  des  mit 
weissem  Lichte  erzeugten  Fluorescenzlichtes  zugleich  auch  den 
Wechsel  des  auf  homogenes  Licht  sich  beziehenden  Fluores- 
cenzvermögens  darstellen.  Die  Richtigkeit  dieser  Schlüsse  lässt 
sich  experimentell  sehr  einfach  dadurch  erhärten,  dass  man 
bei  denjenigen  concentrirten  Lösungen,  deren  Fluorescenzver- 
mögen  in  obiger  Weise  bereits  bestimmt  ist,  dasselbe  noch 
einmal  unter  Anwendung  von  weissem  Lichte  misst.  Man  er- 
hält dann  Werthe,  die  thatsächlich  mit  den  in  der  Tabelle  II 
gegebenen  Mittelwerthen  sehr  gut  übereinstimmen. 

Somit  konnte  ich  also  ohne  Bedenken  dazu  übergehen, 

33* 


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516 


Walter. 


den  Wechsel  des  Fluorescenzvermögens  schon  von  derjenigen 
Concentration  ab  zu  bestimmen,  bei  der  unter  Anwendung  des 
allerstärksten  weissen  Sonnenlichtes  sich  eben  der  erste  Schim- 
mer der  Fluorescenz  zeigt.  Ich  stellte  mir  eine  solche  Lösung 
her,  indem  ich  zu  4,53  g  Fluoresceinsäure  6  ccm  einer  con- 
centrirten,  wässerigen  NfJ^  <*  Lösung  und  14  ccm  Wasser 
hinzusetzte  und  die  so  entstandene,  völlig  klare  aber '  schwarze 
und  syrupsähnliche  Flüssigkeit  noch  auf  ljH  verdünnte.  Diese 
Lösung  mag  für  die  jetzt  noch  zu  besprechenden  Versuche  als 
concentrirte  Lösung  (7j)  gelten,  während  ihre,  ebenso  wie 

früher  hergestellten  Verdünnungen  wieder  mit  1/2;  */.»;  VsJ  

bezeichnet  werden.  Diese  Lösungen  wurden  wieder  der  Reihe 
nach  in  das  Gefäss  Cr3  gebracht,  welches  aber  jetzt,  zu- 
gleich mit  Gl  und  dem  Spectroskope  K  —  in  derselben 
Anordnung  wie  in  Fig.  13  —  gleich  direct  in  den  Weg  des 
weissen  aus  dem  Spalte  S]  kommenden  Strahlenbündels  ge- 
stellt wurde.  Um  das  diffuse  Licht  von  den  Gefässen  Gx 
und  G2  fem  zu  halten,  wurde  noch  ein  Schirm  FG  (Fig.  14) 
mit  Spaltvorrichtung  etwa  1  /,  m  hinter  S}  angebracht,  dessen 
Spalt  St  das  hier  schon  läuglichrund  gewordene  Strahlen- 
bündel wieder  auf  einen  schmalen  Streifen  reducirte.  Dieser 
letztere  hatte  dann  noch,  ehe  er  zu  und  G%  gelangte,  durch 
die  beiden  Absorptionsgefässe  A}  und  A%  (Fig.  14)  zu  gehen, 
wobei  sich  in  jenem  eine  verdünnte  Aesculinlösung  und  in 
diesem  eine  solche  von  Kupferoxydammoniak  befand.  Von 
diesen  Flüssigkeiten  hielt  die  erstere  das  ultraviolette  Licht 
zurück,  das  in  den  Glaswänden  der  beiden  Ge fasse  G]  und  G., 
Fluorescenzlicht  erregt  haben  würde,  welches  seiner  Brechbar- 
keit nach  theilweise  mit  dem  Fluoresce'in-Fluorescenzlicht  über- 
einstimmt und  also  die  Messungen  des  letzteren  hätte  beein- 
flussen müssen;  die  Kupferoxydammoniaklösung  in  dagegen 
war  so  beschaffen,  dass  sie  gerade  das  entgegengesetzte,  rothe 
Ende  des  Spectrums  bis  zur  Linie  F  hin  absorbirte  und  so  von 
den  Gefässen  (?,  und  G2  alles  überflüssige  Sonnenlicht,  vor 
allen  Dingen  aber  auch  dasjenige  fernhielt,  welches  an  Brech- 
barkeit dem  Fluorescein  -  Fluorescenzlicht  gleichkam.  Ein 
sicherer  Beweis,  dass  keinerlei  fremdes  Licht  die  Versuche  be- 
einträchtigt, ist  der,  dass  im  Spectroskope  A",  bei  richtiger 
Einstellung  der  Gefässe  G,  der  Spectralraum  zwischen  dem 


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9 


Fhiorescenz  und  Concentration. 


517 


Fluorescenzspectrum  und  dem  Spectrum  des  diffus  in  das  In- 
strument gesandten,  erregenden  Lichtes,  also  der  Abschnitt 
?on  E4QF  bis  F,  vollkommen  schwarz  erscheint,  und  erst, 
wenn  dies  erreicht  ist,  wozu  meistens  auch  noch  die  Schirme 
CB  und  ED  (Fig.  14)  nöthig  sein  werden,  kann  man  mit  den 
Messungen  beginnen. 

Die  Resultate  der  letzteren  sind  nun  in  der  nachstehenden 
Tabelle  III  enthalten,  welche  genau  so  wie  die  Tabelle  II 
eingerichtet  ist,  nur  dass  hier  gleich  die  Mittelwerthe  herge- 
setzt sind. 

Tabelle  III. 

Wachsthum  des  Fl  u  oro  sc  em  vermögen*  bei  den  concentrirteren 

FluoreaceTnlösungen. 


Verdünnungen              :  '/,    ,    '/4 : 

1/  .  i; 

Vit :  Vi« 

Verhältnisazahlen         6,3  6,5 

3,5 

1,8  1 

r  1,4 

Mit  einem  Blicke  übersieht  man  die  in  den  beiden  Ta- 
bellen I[  und  III  enthaltenen  Resultate  aus  der  Curve 
ABC  (Fig.  15),  deren  Ordinaten  das  Fluorescenzvermögen 
{/)  der  dazu  gehörigen,  als  Abscissen  auf  O  V  aufgetragenen 
Verdünnungsgrade  bedeuten.  Diese  Curve  konnte  aber  bei 
weitem  nicht  vollständig  gezeichnet  werden,  da  der  Theil  B  C, 
welcher  der  Abscissenaxe  parallel  verläuft,  wenn  er  das  Inter- 
vall meiner  Beobachtungen  umfassen  sollte,  über  2000  mal  so 
lang  als  die  Strecke  O  F  werden  müsste,  in  Wirklichkeit  sich 
also  jedenfalls  in  derselben  Weise  weiter  bis  ins  Unendliche 
erstreckt. 

Das  in  der  Curve  ABC  enthaltene  Resultat  dieser  Ab- 
handlung lautet  nun: 

Das  Fluorescenzvermögen  der  ganz  concentrirten  Lösungen 
des  Fluoresceins  ist  Null  oder  unendlich  klein;  erst  bei  der 
Verdünnung  7*6  ')  erhält  es  einen  messbaren  Werth,  um 
dann  bei  fortschreitendem  Verdünnen  sehr  schnell  und  zuerst 
auch  ziemlich  gleichmässig  anzuwachsen.  Schon  von  der  Ver- 
dünnung Yioo  aD  aDer  die  Zunahme  des  Fluorescenz- 
vermögens  bei  weiter  fortgesetztem  Verdünnen  eine  immer  all- 

1)  Die  Zahlenangaben  sind  hier  nur  ungefähre. 


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518 


B.  Walter. 


mählichere  und  hört  von  der  Concentration  1  3200  an  ganz  auf, 
sodass  also  das  Fluorescenzvermögen  von  hier  ab  bis  zu  un- 
endlich grossen  Verdünnungen  hin  —  meine  Beobachtungen 
gehen  bis  zur  Verdünnung  1j9  553eoo  —  constant  bleibt 

Bei  den  verschiedenen  Verdünnungsgraden  einer  alko- 
holischen Magdalarothlösung  finden,  wie  ich  ebenfalls  nach 
der  in  dieser  Abhandlung  entwickelten  Methode  festgestellt 
habe,  genau  dieselben  Verhältnisse  statt,  nur  dass  von  der 
Curve  ABC  (Fig.  1 5)  etwa  der  der  ersten  Hälfte  von  O F 
entsprechende  Theil  fehlt  —  offenbar,  weil  sich  vom  Naphtalin- 
roth  nicht  so  concentrirte  Lösungen  herstellen  lassen  wie  vom 
Fluorescein. 

Die  nähere  Angabe  der  fUr  diesen  Körper  gewonnenen 
Beobachtungsresultate  kann  um  so  eher  unterbleiben,  als  in 
der  nachstehenden  Abhandlung  unter  anderen  auch  gezeigt 
werden  wird,  dass  man  sich  von  der  Richtigkeit  und  Allgemein- 
gültigkeit des  oben  für  das  Fluorescein  nachgewiesenen  Fluores- 
ceuzgesetzes  auf  einem  viel  einfacheren  Wege,  ohne  jeglichen 
experimentellen  Aufwand,  überzeugen  kann. 

Hamburg,  Phys.  Staatslaborat.,  im  Juli  1888. 


XIII.  lieber  den  Nachweis  des  Zerfalles  von 
Moleculargruppen  in  Lösungen  durch  Fluorescenz- 
und  Absorptionsersch  einungen  ; 
von  B.  Walter, 

(Hlorsn  T»f.  VII  PIg.  12-20.) 


Nach  den  in  vorstehender  Abhandlung  angegebenen  Be- 
obachtungen ändert  sich  das  Fluorescenzvermögen  des  fluores- 
ce'insauren  Ammoniums  (Fluoresceins)  bei  Veränderung  der 
Concentration  seiner  wässerigen  Lösungen  für  alles  erregungs- 
fabige  Licht  ohne  Unterschied  der  Wellenlänge  in  gleicher 
Weise.  Daraus  folgt,  dass  jene  Aenderungen  nicht  durch  eine 
etwa  mit  dem  Verdünnen  Hand  in  Hand  gehende  veränderte 
Wirkungsweise  des  erregenden  Lichtes,  sondern  nur  durch  die 


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Fluorescenz  und  Absorption. 


519 


verschiedenartige  Existensweise  der  fluorescirenden  Substanz 
selbst  hervorgerufen  werden. 

Die  Gestalt  des  Curve  ABC  (Fig.  15),  welche  diese 
Aenderungen  angibt,  zeigt  weiter,  dass  in  dieser  Be- 
ziehung ein  fundamentaler  Unterschied  zwischen  den  concen- 
trirten  und  den  dünneren  Lösungen  dieses  Stoffes  bestehen 
muss;  und  da  in  den  letzteren  das  Fluorescenzvermögen 
durchweg  constant  bleibt,  was  ja  nach  der  Definition  dieser 
Grösse  die  Bedeutung  hat,  dass  in  allen  diesen  Lösungen  die- 
selbe'Menge  Substanz  aus  gleicher  erregender  Lichtmenge 
überall  die  gleiche  Menge  Fluorescenzlicht  bildet,  so  ist 
klar,  dass  in  dieser  ganzen  Reihe  von  Flüssigkeiten  auch 
die  Grösse,  Gestalt  und  Beschaffenheit  der  dieses  Licht  bilden- 
den kleinsten  Fluoresce  intheilchen  dieselben  bleiben  müssen, 
sodass,  von  der  Verdünnung  OF  ab,  bei  weiterem  Ver- 
dünnen die  ganze  Einwirkung  des  Lösungsmittels  auf  die  ge- 
lösten Theilchen  darin  besteht,  dieselben  örtlich  weiter  aus- 
einander zu  bringen,  ohne  aber  sonst  etwas  an  ihnen  zu  ver- 
ändern. l)  In  allen  denjenigen  Concentrationen  dagegen,  welche 
dem  Theile  A  B  der  Curve  ABC  angehören,  wird,  nach  dem 
Verlauf  der  letzteren  zu  schliessen,  bei  fortschreitender  Ver- 
dünnung eine  Veränderung  der  darin  befindlichen  Fluoresce'in- 
substanz  in  der  Art  vor  sich  gehen,  dass  dieselbe  dabei  immer 
mehr  jenem  stationären  Endzustande  entgegengeht,  wie  er  nach 
dem  Obigen  von  der  Verdünnung  O  F  ab  stattfindet. 

Da  nun  aber  die  ganz  concentrirte  Lösung  sdes  Fluoresceins 
schon  so  zähflüssig  ist,  dass  von  ihr  bis  zum  festen  Körper 
nur  noch  ein  Schritt  erscheint2),  in  dem  letzteren  aber  jeden- 
falls wie  in  jedem  festen  Körper  die  Molecüle  in  ganz  be- 
stimmten Gruppen  zusammenlagern,  welche  beim  Auflösen  in 
gewisser  Weise  zerfallen,  so  ist  die  sich  hier  von  selbst 
ergebende  Erklärung  der  obigen  Fluorescenzerscheinungen  die, 
dass  in  den  concentrirteren  Lösungen  des  Fluoresceins  die 

1)  Für  die  Fluorescenztheorie  im  speciellen  folgt  hieraus  noch,  das« 
die  weitere  oder  engere  Verthoilung  der  Fluoresceintheilchen  in  ihrem 
Lösungsmittel  von  hier  ab  von  keinerlei  Einfluss  mehr  auf  die  Bildung 
des  Fluorescenzlichtes  ist,  sodass  aUo  das  Lösungsmittel  direct  wahr- 
scheinlich überhaupt  nicht  bei  der  Entstehung  desselben  mitwirkt. 

2)  Beide  zeigen  auch  schon  dieselbe  Oberfläehenfarbe. 


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520 


B.  Walter. 


Molccüle  dieser  Substanz  noch  nicht  völlig  gelöst  d.  h.  in  die 
kleinstmöglichen  Theile,  die  ich  Einzelmolecüle  nennen  will, 
getrennt  sind,  sondern  vielmehr  noch  in  bestimmten  Molectii- 
gruppen  zusammenläge m,  welche  erst  bei  fortschreitender  Ver- 
dünnung mehr  und  mehr  zerfallen.  Von  einer  bestimmten  Ver- 
dünnung, O  F,  ab  ist  jedoch  dieser  Zerfall  beendet,  und  nun 
bewirkt  die  weitere  Verdünnung  nichts  anderes  als  eine  Ver- 
grösserung  des  gegenseitigen  Abstandes  der  Einzelmolecüle. 

Diese  Auffassung,  welche  in  jeder  Weise  auf  dem  Boden 
der  heutigen  Molecularpbysik  steht,  und  für  die  in  der  Folge 
auch  noch  eine  Reihe  anderer  Beweise  angegeben  werden 
soll,  hat  sich  auch  durch  die  Aufhellung  mehrerer  theils 
bekannter,  theils  auch  noch  ganz  unbekannter  Fluorescenz- 
erscheinungen  vorzüglich  bewährt,  ausserdem  aber  auch  noch 
einige  andere  Thatsachen  zu  Tage  gefördert,  welche  wieder  die 
Anfange  einer  ganz  neuen  Reihe  von  Phänomenen  zu  bilden 
scheinen. 

Um  mich  in  der  Folge  einfacher  ausdrücken  zu  können, 
will  ich  diejenigen  Lösungen,  in  denen  die  darin  befind- 
liche Substanz  nach  der  obigen  Auffassung  soweit  wie  möglich 
gelöst  ist,  als  ., vollkommene  Lösungen"  oder  „Ganzlösungen" 
bezeichnen,  womit  dann  zugleich  auf  die  von  Hittorf,  Lenz, 
van't  Hoff  u.  a.  betonte  Analogie  derselben  mit  den  voll- 
kommenen Gasen  hingewiesen  ist;  während  diejenigen  Concen- 
trationen,  in  denen  bei  fortschreitendem  Verdünnen  noch  ein 
continuirlicher  Zerfall  von  Molecülgruppen  stattfindet,  im 
Gegensatz  dazu  ,,Halblösungen"  oder  „unvollkommene  Lösun- 
gen" genannt  werden  sollen.  Die  Verdünnung  OF  endlich, 
welche  auf  der  Grenze  zwischen  beiden  steht,  genau  genommen 
aber  mit  zu  den  vollkommenen  Lösungen  gehört,  soll  die 
„kritische  Concentration"  heissen. 

Die  wichtigste  Thatsache,  welche  im  Zusammenhang  mit 
den  oben  beschriebenen  Fluorescenzerscheinungen  die  Exi- 
stenz der  soeben  charakterisirten  beiden  Arten  von  Lösungen 
darthut,  ist  die,  dass  das  Beer* sehe  Absorptionsgesetz,  wonach 
dieselbe  Menge  gelöster  Substanz  auch  stets  dieselbe  Menge 
Licht  absorbirt,  gleichviel  in  welcher  Verdünnung  sie  sich  be- 
findet, oder  wonach  mit  anderen  Worten  das  „Absorptions- 
vermögen" derselben  Gewichtsmenge  einer  Substanz  für  alle 


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Fluorescenz  und  Absorption. 


521 


Verdünnungen  constant  bleibt,  beim  Fluorescein  gerade  auch 
nur  für  diejenigen  Verdtinnungsgrade  gilt,  für  welche  auch  das 
Pluorescenzverraögen  dieser  Substanz  constant  bleibt,  während 
dagegen  bei  den  Halblösungen  derselben  ihr  Absorptionsver- 
mögen Aenderungen  aufweist,  welche  mit  denen  des  Fluores- 
cenzvermögens  in  gewisser  Hinsicht  parallel  laufen.  Bezüglich 
der  Gültigkeit  des  Be  er 'sehen  Gesetzes  habe  ich  schon  in  vor- 
stehender Arbeit  gezeigt,  dass  sie  sich  für  die  so  sehr  lange 
Reihe  der  vollkommenen  Lösungen  des  Fluoresceins  mittelst 
des  Vierordt'schen  Spectrophotometers  und  zweier  Schulz* 
scher  Absorptionsgefässe  durch  nicht  mehr  als  vier  Messungen 
nachweisen  lässt;  und   ebenso   leicht  überzeugt  man  sich 
auch  mittelst  derselben  Apparate  von  seiner  Ungültigkeit  bei 
den  unvollkommenen  Lösungen,  wenn  man,  mit  der  kritischen 
Lösung  anfangend,  die  Durchlasscoefficienten  dieser  und  der 
stärkeren  Concentrationen  in  einer  passenden  Spectnilgegend 
bestimmt.  So  erhielt  ich  z.  B.  für  das  Licht  bei  der  Fraun- 
hofer'schen  Linie  D  als  Durchlasscoefficienten  einer  1mm 
dicken  Schicht  der  Lösungen  1  s00;  ljim;  lj2(t0\  ljl9(t  resp.  die 
Werthe  0,965;  0,878;  0,602;  0,230,  während  sich  nach  dem 
Beer'schen  Gesetze  die  Zahlen  0,965;  0,931;  0,867;  0,752 
entsprechen  würden.    Die  Abweichungen  werden  also  um  so 
grösser,  je  weiter  man  sich  von  der  kritischen  Lösung  entlernt, 
eine  Erscheinung,  die  mit  dem  Verhalten  des  Fluorescenz- 
vermögens  dieser  Lösungen  parallel  läuft. 

Dieselben  Thatsachen  gelten  auch,  wie  ich  später  auf  noch 
einfachere  Art  zeigen  werde,  für  die  Halb-,  resp.  Ganzlösungen 
von  mehreren  anderen  theils  fluorescirenden,  theils  nicht  fluores- 
cirenden  Stoffen.  Es  erhalten  daher  das  Beer'sche  Absorp- 
tionsgesetz sowohl  wie  auch  das  in  vorstehender  Abhandlung 
nachgewiesene  Fluoresce nzgesetz  mit  Rücksicht  auf  die  obige 
Theorie  den  folgenden  höchst  einfachen  Wortlaut;  das  erstere: 
„Jedes  einzelne  Molecül  einer  in  Lösung  befindlichen  Substanz 
absorbirt,  so  lange  es  in  diesem  Einzelzustande  verbleibt,  von 
jeder  darauf  fallenden  Lichtgattung  stets  denselben  Bruchtheil, 
wie  gross  auch  in  dem  Lösungsmittel  sein  Abstand  von  den 
Nachbarraolecülen  sein  möge";  und  das  letztere:  „Jedes  ein- 
zelne Molecül  eines  in  Lösung  befindlichen  fluoreszirenden 
Körpers  verwandelt,  so  lange  es  in  diesem  Einzelzustande  ver- 


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522 


B.  Walter. 


bleibt,  stats  denselben  Bruchtheil  einer  absorbirten  Lichtinten- 
sität in  Fluorescenzlicht,  wie  gross  auch  in  dem  Lösungsmittel 
sein  Abstand  von  den  Nachbarmolecülen  sein  möge".  Beide 
Sätze  lassen  sich  auch  kurz  so  zusammenfassen:  „Absorptions- 
vermögen und  Fluore8cenzvermögen  eines  in  Lösung  befind- 
lichen Einzelmolecüls  bleiben,  solange  dieser  Einzelzustand 
dauert,  durch  alle  Verdünnungen  hindurch  constant." 

Sobald  aber  die  Molecüle  anfangen,  sich  zu  Gruppen  zu- 
sammenzulagern,  hört  auch  die  Gültigkeit  dieser  Sätze  auf, 
denn  die  Absorption  einer  solchen  Molecülgruppe  erstreckt 
sich,  wie  wir  später  sehen  werden,  auch  über  Wellenlängen, 
die  das  Einzelmolecül  nicht  mehr  zu  absorbiren  vermag,  die 
Pluorescenz  dagegen  hört  in  einer  solchen  Molecülgruppe 
ganz  auf. 

Die  letztere  Behauptung  ist  nicht  so  ohne  weiteres  ein- 
leuchtend, vielmehr  erscheint  es  zunächst  naturgemässer,  die 
allmähliche  Abnahme  des  Fluorescenzvermögens  bei  wachsen- 
der Concentration  der  Halblösungen  dadurch  zu  erklären,  dass 
eine  Gruppe  von  zwei  Molecülen  weniger  fluorescirt  als  das 
Einzelmolecül,  eine  Gruppe  von  dreien  weniger  als  eine  solche 
von  zweien  u.  s.  w.  Dass  dies  aber  thatsächlich  nicht  der 
Fall  ist,  sondern  dass  nur  das  Einzelmolecül  fluorescirt,  eine 
Molecülgruppe  aber  garnicht,  wird  durch  eine  sehr  schöne  Er- 
scheinung dargethan,  auf  die  ich  schon  in  meiner  früheren 
Arbeit  —  allerdings  zu  ganz  anderen  Zwecken,  und  ohne  ihre 
Bedeutung  damals  zu  ahnen  —  hinzuweisen  Gelegenheit  hatte. 

„Nicht  alles  von  der  Flüssigkeit  absorbirte  Licht",  heisst 
es  dort 1),  ist  im  Stande,  die  Fluorescein  hervorzurufen.  Ent- 
wirft man  nämlich  auf  der  Vorderseite  eines  grösseren  Absorp- 
tionsgefässes,  in  welches  man  nach  und  nach  immer  stärkere 
Concentrationen  einer  fluorescirenden  Substanz  bringt,  ein  die 
Fraunhofer'schen  Linien  zeigendes  Spectrum,  so  bemerkt 
man,  dass  die  Erregung  des  Fluorescenzlichtes  zunächst  genau 
der  Absorption  entspricht,  dass  jedoch  von  einer  gewissen  Con- 
centration an  diese  Correspondenz  aufhört,  indem  nämlich  von 
jetzt  ab  die  Fluorescenzerregung  nach  der  weniger  brechbaren 
Seite  hin  sich  immer  nur  bis  zu  einer  ganz  bestimmten  Wellen- 

l)  B.  Walter,  Wied.  Aun.  34.  p.  322.  1S8S. 


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Fluorescenz  und  Absorption. 


523 


länge  erstreckt,  während  dagegen  die  Absorption  sich  auch 
jetzt  noch  mit  zunehmender  Concentration  immer  weiter  über 
das  Spectrum  hin  ausdehnt.  So  sind  z.  B.  für  das  Fluorescein 
die  letzten  überhaupt  noch  erregungsfahigen  Strahlen  diejenigen 
aus  der  Gegend  der  Fraunhofer* sehen  Linie  £,  während  man 
Concentrationen  dieser  Substanz  herstellen  kann,  bei  denen 
die  Absorption  noch  Wellenlängen  umfasst,  welche  in  den 
Spectralabschnitt  zwischen  C  und  D  gehören." 

Es  ist  nach  dem  oben  Gesagten  zunächst  klar,  und 
die  Wiederholung  dieser  Versuche  beim  Fluorescein,  Magda- 
laroth, Aesculin  u.  s.  w.  bestätigte  es  auch,  dass  diejenigen  Ver- 
dünnungen, in  denen  „die  Erregung  des  Fluoreszenzlichtes  ge- 
nau der  Absorption  entspricht",  sämmtlich  zu  den  vollkomme- 
nen Lösungen  dieser  Stoffe  gehören,  und  dass  ferner  jene 
„gewisse'*  Concentration,  von  welcher  ab  hierin  eine  Aenderung 
eintritt,  die  kritische  Verdünnung  ist  Für  die  dann  weiter 
bei  den  concentrirteren  Lösungen  beobachteten,  scheinbar  so 
verwickelten  Erscheinungen  aber  ist  die  einfache  Erklärung 
die,  dass  derjenige  Theil  des  von  einer  solchen  Lösung  absor- 
birten  Lichtes,  welcher  darin  noch  Fluorescenzlicht  erregt,  da  er 
sich  ja  auf  den  von  den  vollkommenen  Lösungen  her  bekannten 
Absorptionsbezirk  der  Einzelmolecüle  beschränkt,  auch  jetzt 
noch  nach  wie  vor  von  Einzelmolecülen  absorbirt  wird,  wäh- 
rend alles  übrige  in  der  Flüssigkeit  zurückgehaltene  Licht  und 
darunter  auch  dasjenige,  welches  ausserhalb  jenes  Absorptions- 
bezirkes der  Einzelmolecüle  liegt,  seine  Absorption  ausschliess- 
lich den  in  diesen  Lösungen  gleichfalls  befindlichen  Molecül- 
gruppen  verdankt,  die  daraus  also,  wie  jener  Versuch  zeigt, 
kein  Fluorescenzlicht  zu  bilden  vermögen. 

Aus  dieser  einen,  wichtigen  Erscheinung  ergeben  sich  so- 
mit drei  neue  Thatsachen: 

1)  In  den  Halblösungen  der  untersuchten  Stoffe  sind  Einzel- 
molecüle und  Molecülgruppen  neben  einander  enthalten,  und 
zwar  vermehren  sich  mit  zunehmender  Concentration  die  letzte- 
ren auf  Kosten  der  ersteren. 

2)  Nur  Einzelmolecüle  können  Fluoreszenzlicht  erzeugen. 

3)  Das  Einzelmolecül  hat  im  Spectrum  seinen  ganz  be- 
stimmten Absorptionsbezirk,  über  welchen  hinaus  es  kein  Licht 
zu  absorbiren  vermag;  die  Absorption  der  Molecülgruppen  da- 


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521 


Ii.  Holter. 


gegen  umfasst  gewöhnlich  auch  noch  die  angrenzenden  Spec- 
traltheile. 

Aus  den  beiden  ersten  dieser  Sätze  ergibt  sich  zu- 
nächst, dass  das  Fluorescenzvermögen  einer  fluorescirenden 
Halblösung  mit  zunehmender  Concentration  aus  dreifachem 
Grunde  abnehmen  muss:  einmal  weil  immer  weniger  Einzel- 
molecüle  da  sind,  zweitens  weil  die  entstehenden  Molekül- 
gruppen bei  der  Absorption  einen  immer  grösseren  Theil  des 
auffallenden  Lichtes  für  sich  in  Anspruch  nehmen,  und  drittens 
weil  die  letzteren  auch  die  Ausstrahlung  des  bereits  gebildeten 
Fluorescenzlichtes  immer  mehr  und  mehr  verdecken.  Somit 
ist  also  die  in  der  vorigen  Abhandlung  nachgewiesene,  mit  zu- 
nehmender Concentration  immer  schneller  werdende  Abnahme 
des  Fiuorescenzvermögens  der  Halblösungen  leicht  zu  verstehen, 
und  ebenso  leicht  klären  sich  dadurch  auch  die  Erscheinungen 
auf,  welche  man  beobachtet,  wenn  man  die  verschiedenen  Ver- 
dünnungen einer  fluorescirenden  Substanz  nach  einander  in  eine 
grössere  Absorptionswanne  bringt,  auf  deren  Vorderseite  ein 
wagerecht  ausgebreitetes  Spectrum  fallen  lässt  und  dabei  von 
obenher  auf  die  Flüssigkeit  hinabsieht.  Da  sich  auf  diesem 
Wege  die  kritische  Concentration  einer  jeden  fluorescirenden 
Lösung  sozusagen  mit  einem  einzigen  Blicke  bestimmen  lässt, 
so  bedarf  es  wohl  keiner  weiteren  Rechtfertigung,  wenn  ich 
hierauf  etwas  genauer  eingehe. 

Die  Figuren  16,  17  und  18  geben  zunächst  die  unter 
obigen  Umständen  sich  darbietenden  Ansichten  bei  drei  voll- 
kommenen Lösungen  des  Fluoresceins,  und  zwar  bezieht 
sich  die  erstere  auf  eine  sehr  stark  verdünnte  Lösung,  die 
zweite  auf  eine  solche  von  mittlerer  Concentration  und  die 
dritte  auf  die  kritische  Lösung  selbst.  Dabei  ist  VW  die  von 
oben  gesehene  Wanne,  durch  welche  das  Spectrum  in  der 
Richtung  des  Pfeils  hindurchgeht;  die  darin  schattirten  Stellen 
deuten  diejenigen  Theile  der  Flüssigkeit  an,  welche  Fluores- 
cenzlicht  aussenden,  /?  S  ist  ein  hinter  dem  Gefässe  aufge- 
stellter weisser  Schirm,  auf  welchem  das  Absorptionsspectrum 
der  Lösungen  dadurch  abgebildet  ist,  dass  die  doppeltschraflfir- 
ten  Stellen  vollkommen  dunkle,  die  einfach  schraffirten  halb- 
dunkle Theile  desselben  bedeuten.  Die  Fläche  LIK  sendet 
deshalb  kein  Fluorescenzlicht  aus,  weil  die  davor  liegenden 


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Fluorescein  und  Absorption.  525 

Theile  der  Flüssigkeit  das  betreffende  Spectrallicht  schon  voll- 
ständig absorbirt  haben;  und  dementsprechend  dehnt  sich  auch 
der  Kernschatten  B  C  auf  dem  Schirme  R  8  genau  so  weit 
aus  wie  die  Basis  L  K  des  dunklen  Zahnes  L IK  auf  der 
hinteren  Wand  des  Gefässes  VW.  Hieran  schliessen  sich  zu 
beiden  Seiten,  zwischen  KG  und  FL,  die  die  Flüssigkeit  ganz 
durchsetzenden  erregenden  Strahlen,  denen  auf  dem  Schirm 
die  Halbschatten  AB  und  CD  entsprechen,  und  von  denen 
diejenigen  der  weniger  brechbaren  Seite  sich  besonders  in  der 
kritischen  Lösung  (Fig.  18)  zu  einem  scharfen  Lichtkeile, 
IKGH,  ausbilden,  der  bis  zu  ganz  beträchtlichen  Tiefen, 
mehrere  Decimeter  weit  senkrecht  in  die  Flüssigkeit  hiuein 
verfolgt  werden  kann. 

Alles  dies  ist  vollständig  normal ;  Absorption  und  Fluores- 
ces entsprechen  sich  vollständig,  wie  ja  auch  zu  erwarten 
steht,  wenn  jedes  Einzelinolecül  immer  denselben  ßruchtheil 
des  absorbirten  Lichtes  in  Fluorescenzlicht  verwandelt.  Sobald 
man  aber  in  das  Gebiet  der  Halblösuugen  übergeht,  macht 
sich  auch  die  Wirkung  der  in  der  Flüssigkeit  anwesenden 
Molecülgruppen  dadurch  beraerbar,  dass  erstens  die  Intensität 
des  Fluorescenzlichtes  abnimmt,  dq^s  zweitens  die  Fluorescenz- 
erregung  auf  der  weniger  brechbaren  Seite  nicht  mehr  wie 
früher  weiter  um  sich  gegriffen  hat,  trotzdem  dies  bei  der  Ab- 
sorption in  beträchtlichem  Maassc  der  Fall  ist,  und  dass  end- 
lich drittens  der  oben  erwähnte  Lichtkeil,  welcher  übrigens 
genau  an  seiner  früheren  Stelle  verblieben  ist,  zu  einem  kurzen 
Stumpfe  zusammengeschrumpft  ist  (Fig.  19.)  Dieses  Ab- 
nehmen des  Lichtkeils,  IKGH,  beim  Uebergang  von  Ganz- 
zu  Halblösungen  geschieht  so  schnell,  dass  diese  Erscheinung 
das  einfachste  Mittel  darstellt,  um  sich  eben  durch  den  blossen 
Hinblick  auf  eine  fluorescirende  Lösung  zu  überzeugen,  ob  man 
es  mit  einer  vollkommenen  oder  unvollkommenen  Lösung  zu 
thun  hat.  Es  zeigen  nämlich  auch  die  übrigen  fluorescirenden 
Substanzen,  z.  B.  das  Magdalaroth,  das  Aesculin,  das  schwefel- 
saure Chinin,  die  Eosine  u.  s.  w.,  in  ihren  kritischen  Lösungen 
denselben  scharf  ausgeprägten  Lichtkeil,  wie  dies  noch  in  der 
Pig.  20)  lür  eines  der  Eosine,  eines  Körpers  mit  zwei 
Absorptionsmaximis,  dargestellt  ist  Die  Buchstaben  an  der 
Vorderseite  der  Wanne  bezeichnen  hier  die  Fraunhofer'schen 


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526 


B,  Walter, 


Linien,  welche  unter  diesen  Umständen  bekanntlich  stets  das 
Fluorescenzlicht  wie  schwarze  Balken  durchziehen,  und  welche, 
wie  hier  noch  erwähnt  werden  mag,  auch  einer  praktischen 
Verwerthung  fähig  sind.  Wenn  nämlich  z.  B.  in  der  Fig.  20 
längs  der  Linie  F  das  Fluorescenzlicht  1  cm  weit  in  die  Flüssig- 
keit hinein  verfolgt  werden  kann,  so  muss  es  offenbar  beim 

Verdünnen  der  Flüssigkeit  auf  ljv  1  r  l/8  m^8  dabei  das 

Fluorescenzvermögen  der  kleinsten  Eosintheilchen  constant 
bleibt,  um  die  2,  4,  8 . . . .  fache  Länge  in  die  Flüssigkeit  ein- 
dringen, sodass  sich  mithin  auf  diesem,  freilich  nicht  allzu 
genauen  Wege  die  Constanz,  resp.  Veränderlichkeit  des  Fluores- 
cenzvermögens  für  eine  ganze  Reihe  von  Wellenlängen  auf 
einmal  durch  einfache  Längenmessungen  feststellen  lässt. 

Der  dritte  der  drei  oben  aufgestellten  Sätze  ist  besonders 
dadurch  von  Bedeutung,  dass  er  uns  die  Aussicht  eröffnet,  unter 
Umständen  auch  für  Lösungen  nicht  fiuorescirender  Farbstoffe 
einen  zweifachen  Molecularzustand  auf  optischem  Wege  nachzu- 
weisen. Da  nämlich  das  Einzelmolecül  nach  diesem  Satze  seinen 
ganz  bestimmten  Absorptionsbezirk  hat,  über  welchen  hinaus  sein 
absorbirender  Einfluss  nicht  reicht,  so  muss  offenbar  eine  un- 
endlich dicke  Schicht  einer  .vollkommenen  Lösung,  von  welcher 
Concentration  sie  auch  sei,  das  gesammte  innerhalb  jedes  Be- 
zirkes liegende  Licht  absorbiren,  das  ausserhalb  desselben  ge- 
legene dagegen  völlig  ungestört  durchlassen.  Dies  ist  nun  that- 
sächlich  bis  zu  einem  gewissen  Grade  der  Fall,  wie  man  z.  B. 
bei  den  vollkommenen  Lösungen  des  Fluoresceins  selbst  schon 
an  einer  1  cm  dicken  Schicht  daraus  ersieht,  dass  beim  Ueber- 
gang  von  schwächeren  zu  stärkeren  Concentrationen  der  Band 
des  Absorptionsstreifens  im  Gelb  immer  schärfer  wird,  dass 
aber,  sobald  man  in  das  Bereich  der  Halblösungen  gelangt, 
derselbe  sich  plötzlich  wieder  verwischt,  indem  das  Absorptions- 
spectrum jetzt  einen  weit  ins  Roth  hineinragenden  Halbschatten 
zeigt.  Man  hat  demnach  in  dieser  Erscheinung,  die  allerdings 
nicht  nothwendig  stattzufinden  braucht,  ein  einfaches  Mittel, 
um  etwaige  moleculare  Veränderungen  in  Lösungen  nachzu- 
weisen: man  stellt  sich  eine  Reihe  von  gleichmässig  an  Con- 
centration abnehmenden  Lösungen  der  betreffenden  Substanz 
her,  bringt  dieselben  der  Reihe  nach  in  ein  Absorptionsgefäss 
von  möglichst  grosser  Schichtdicke  —  5  cm  werden  meistens 


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Fluor escenz  und  Absorption. 


527 


genügen  —  und  misst  im  Absorptionsspectrum  der  einzelnen 
Lösungen  die  Lage  und  Breite  der  die  völlig  verdunkelten 
Tbeile  umgebenden  Halbschatten.  Einige  Beispiele,  und  zwar 
zunächst  solche  von  tiuorescirenden  Lösungen,  werden  dies  er- 
läutern. 

Tabelle  I. 

Lage  des  Halbschattens  im  Absorptionsspectram  der  Fluorescenzlösungen. 

5  cm  Schicht. 


Verdünnung        «/M00     |      »/.,oo         Vt.oo   j  V*oo 
Halbschatten  1 156— 159,0 1 1 52,5—  1 56 1 1 50— 1 53 1 1 29—  1 60 


'/♦oo  Vloo 

121-130iV— 116 


Der  Halbschatten,  welcher  bis  zur  Verdünnung  Vi«oo  uur 
drei  bis  vier  Scalentheile  umfasst,  hat  sich  hiernach  bei  der  Con- 
centration 78oo  plötzlich  um  das  Siebenfache  verbreitert;  es  ist 
mithin  Vieoo  a*8  kritische  Lösung  und  der  Sealentheil  150 !), 
d.  h.  das  Licht  bei  Dil  E2),  als  die  untere  Grenze  des  Ab- 
sorptionsbezirkes der  £inzelraolecüle  des  Fluoresceins  zu  be- 
trachten. Die  oben  beschriebenen  Methoden,  diese  Grössen  mit 
Hülfe  der  Ausdehnung  des  Fluorescenzlichtes  zu  bestimmen, 
liefern  genau  dieselben  Resultate;  dagegen  führte  der  in  der 
vorstehenden  Abhandlung  eingeschlagene  Weg  Über  die  Grösse 
des  Fluorescenzvermögens  nicht  zu  der  Verdünnung  Vi  so©»  80n- 
dern  V3300  als  kritischer  Lösung.  Man  könnte  nun  zwar  diese 
kleine  Ungenauigkeit  sehr  gut  auf  Beobachtungsfehler  schieben, 
indessen  glaube  ich  doch,  dass  hier  eine  wirkliche  Differenz 
vorliegt,  da  das  Fluorescenzvermögen,  gewissermaßen  als  die 
empfindlichste  Eigenschaft  der  Einzelinolecüle.  auch  schon  bei 
grosser  Annäherung  derselben  aneinander  Einbusse  erleiden 
dürfte. 


1)  Hier,  wie  auch  später  bezichen  sich  die  Zahlen  auf  eine  willkür- 
liche Scala,  für  welche  98,9  B\  106,1  C;  127,82);  156,5  J?;  185,5 F  und 
241,20  bedeutet 

2)  D.  h.  dasjenige,  welches  von  D  den  Abstand  T,/100  des  ganzen 
Streifens  von  D  bis  E  hat. 


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528 


U.  Walter. 


Tabelle  IL 

Lage  des  Halbschatten»  itn  Absorptionsspectrum  der  alkoholischen 
Magdalarothlösung.  —  5  cm  Schicht. 

Verdünnung  '/..      ,       V.       '       \*      '       \       '  V. 

Halbschatten     123-125    120-123     118-120    111-117  I  ?-10H 

!  1 

Es  bedarf  keiner  weiteren  Erörterung  mehr,  dass  hiernach 
die  Verdünnung  l/t  als  die  kritische  Lösung,  und  die  Spectral- 
stelle  118,  d.  h.  055  Z),  als  untere  Grenze  des  Absorptions- 
bezirkes der  Einzelmolecüle  zu  betrachten  ist,  und  ich  bemerke 
deshalb  nur  noch,  dass  auch  das  Zusammenschrumpfen  des 
in  die  Flüssigkeit  eindringenden  Lichtkeils  sich  ebenfalls  zuerst 
in  der  Verdünnung  1ji  bemerkbar  macht.  Dagegen  fängt  das 
Fluorescenz vermögen  nach  meinen  Messungen  schon  von  der 
Lösung  Vi,»  »n  abzunehmen,  sodass  mithin  beim  Magdalaroth 
die  schon  vor  der  eigentlichen  Gruppenbildung  auftretende 
Herabminderung  des  Fluorescenzvermögens  noch  viel  mehr 
ausgesprochen  ist  als  beim  Fluorescein.  In  der  That  dürfte 
auch  in  sehr  vielen  anderen  Fällen,  wo  in  den  stärkeren  Con- 
centrationen  fiuorescirender  Lösungen  eine  Herabminderung  des 
Fluorescenzvermögens  zu  constatiren  ist,  dieselbe  meistentheils 
lediglich  durch  die  zu  dichte  Zusaminenlagerung  des  fluores- 
eirenden  Einzelmolecüle  hervorgerufen  werden,  da  das  Auf- 
treten von  wirklichen  Molecülgruppen  in  Lösungen,  wie  die 
Untersuchung  sehr  vieler  Farbstoff  lösungen  gezeigt  hat,  keines- 
wegs zu  den  Häufigkeiten  zu  gehören  scheint 

Indessen  ist  es  mir  doch  gelungen,  vorläufig  zwei  nicht 
Huorescirende  Substanzen  aufzufinden,  deren  Absorptionsspec- 
trum die  Möglichkeit  eines  doppelten  Molecularzustandes  in 
ihren  Lösungen  aufweist,  und  diese  Beispiele  sind  um  so  inter- 
essanter, als  fur  beide  auch  schon  von  anderer  Seite  her  dahin 
gehende  Beobachtungen  gemacht  worden  sind.  Der  erste  dieser 
Körper  ist  das  Eisenchlorid,  für  dessen  verschiedene  Verdün- 
nungen mit  Wasser  erst  kürzlich  Fitzpatrick  aus  seinen  Be- 
stimmungen ihres  electrischen  Leitungsvermögens  eine  ver- 
schiedene Constitution  des  Substrates  vermuthete.  *) 


1)  Pitzpatrick,  Phil.  Mag.  (5)  24.  p.  380.  1887. 


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Fluorescein  und  Absorption. 


529 


Tabelle  in. 

Lage  des  Halbschattens  itn  Absorptionsspectrum  der  wässerigen 
Lösungen  des  Eisenchlorids.  —  12  cm  Schicht 


 -—  —  — — * — — 

Verdünnung 

v.. 

v. 

v« 

7s. 

V, 

Halbschatten 

145-164,5 

HO- 162,5 

132-162 

95-147,8 

alles  dunkel 

Während  hiernach  die  Grenze  des  Kernschattens  (fettge- 
druckte Zahlen)  bis  zur  Verdünnung  lj%  nur  sehr  langsam 
weiter  rückt,  springt  sie  in  der  Concentration  l/t  plötzlich  um 
ein  ganz  beträchtliches  Stück  vor:  ein  deutlicher  Beweis  für 
das  Vorhandensein  eines  neuen  absorbirenden  Einflusses. 

Noch  interessanter  als  das  Eisenchlorid  ist  das  Kupfer- 
chlorid, für  dessen  Lösungen  bereits  Rüdorff  durch  seine 
bekannten  Gefrierversuche  eine  zweifache  Moleculargruppi- 
rung  aufweist.1)  Sein  Absorptionsspectrum  zeigt  zwei  dunkle 
Streifen,  von  denen  der  eine  das  rothe,  der  andere  das  vio- 
lette Ende  des  Spectmms  umfasst,  sodass  ich,  um  auch  die 
Aenderungen  des  letzteren  Streifens  beobachten  zu  können,  in 
Ermangelung  eines  Spectroskops  mit  fluorescirendem  Ocular, 
das  Sonnen8pectrum  mit  seinen  Fraunhofer'schen  Linien  ob- 
jectiv  auf  einem  weissen  Schirm  entwarf,  den  ultravioletten 
Theil  desselben  jedoch  mittelst  einer  passend  gewählten  Aes- 
culinlösung  auffing.9) 


Tabelle  IV. 

Lage  der  Halbschatten  im  Absorptionsspectrum  der  Kupferchloridlösungen. 

5  cm  Schicht 


Verdünnung 

'/»• 

V. 

V, 

Halbschatten  1 

d.  rothen  Seite  | 

Halbschatten  1 
d.  violett.  Seite  f 

656—648 
882-358 

689—623 
382-878 

628—589 
390-388 

589-575 
429-421 

576-552 
470-457 

Die  Zahlen  dieser  Tabelle  geben  nicht  wie  früher  Scalen- 
theile,  sondern  direct  die  Wellenlängen  der  betreffenden  Strah- 


1)  Rüdorff,  Pogg.  Ann.  116.  p.  70.  1862. 

2)  Die  zu  solchen  Zwecken  geeignetste  Concentration  ist,  wie  leicht 
verständlich,  die  kritische  Lösung. 

Add.  d.  Phyi.  u.  Cb«m.  N.  P.  XXXVI.  34 


530 


B.  Walter. 


len  in  den  gebräuchlichen  Einheiten  an;  und  es  stellen  hier 
die  fettgedruckten  Ziffern  genau  wie  in  der  vorigen  Tabelle 
die  Grenzen  der  beiden  Kernschatten  dar.  Diese  springen  also 
nach  Tabelle  IV  beim  Uebergang  von  der  Verdünnung  Vi  zu 
der  Lösung  lj2  beide  zugleich  plötzlich  um  ein  beträchtliches 
Stück  vor;  ob  wir  es  aber  bei  diesem  Uebergang,  wie  Eüdorff 
meint,  mit  der  Bildung  eines  neuen  Hydrates  oder  auch  nur 
mit  einer  einfachen  Zusammenlagerung  der  Einzelmolecüle  zu 
Gruppen  zu  thun  haben,  darüber  sagt  das  Absorptionsspectrum 
nichts,  und  ich  gehe  deshalb  hierauf  auch  nicht  weiter  ein. 

Für  das  Fluorescein ,  das  Magdalaroth  und  die  Eosine 
dagegen  gibt  es  ausser  den  bereits  erwähnten  Absorptions-  und 
Fluorescenzerscheinungen  noch  einige  andere  Phänomene,  welche 
fast  noch  mehr  als  diese  zu  der  Annahme  von  Ganz-  und  Halb- 
lösungen in  dem  oben  definirten  Sinne  hindrängen,  welche  vor 
allen  Dingen  aber  für  diese  fluorescirenden  Substanzen  die  für 
viele  andere  derselben  gültige  Erklärung  ausschliessen ,  dass 
die  Abnahme  des  Fluorescenzvermögens  in  ihren  concentrirten 
Lösungen  blos  durch  die  allzu  dichte  Lagerung  der  gelösten 
Theilchen  verursacht  wird. 

Es  lässt  sich  nämlich  das  Fluorescenzvermögen  der  Halb- 
lösnngen  des  Fluoresceins  und  Eosins  auch  durch  blosses  Erhitzai 
derselben  verstärken. 

Diese  wichtige  Thatsache  könnte  nach  der  zuletzt  er- 
wähnten Ansicht  nur  dadurch  erklärt  werden,  dass  durch  die 
Wärmezufuhr  entweder  der  Abstand  der  kleinsten  Theilchen 
vergrö68ert  oder  die  Beweglichkeit  derselben  erhöht  oder  bei- 
des zugleich  bewirkt  wird.  Dasselbe  müsste  aber  offenbar 
auch  für  die  Halblösungen  aller  übrigen  fluorescirenden  Sub- 
stanzen gelten;  indessen  zeigt  sich  bei  der  concentrirten 
alkoholischen  Magdalarothlösung,  dass  die  Wärme  keine  Er- 
höhung, sondern  eher  eine  Erniedrigung  des  Fluorescenz- 
vermögens hervorruft,  sodass  mithin  die  obige  Theorie  nicht 
ausreicht.  Berücksichtigt  man  dagegen  andererseits,  .dass 
die  Wärme  die  LösungsfUhigkeit  des  Wassers  für  Fluores- 
cein und  Eosin  erhöht,  die  des  Alkohols  für  Magdalaroth 
jedoch  erniedrigt  —  wie  z.  B.  daraus  folgt,  dass  eine  kalt- 
gesättigte Lösung  beim  Kochen  erhebliche  Mengen  absetzt  — , 
so  sind  die  obigen,  sich   scheinbar  widersprechenden  Er- 


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Fluorescenz  und  Absorption 


531 


scheinungen  auf  eine  höchst  einfache  Weise  erklärt.  Auch  die 
bekannte  Thatsache,  dass  eine  heisse,  wässerige  Lösung  des 
Magdalaroths  fhiorescirt,  eine  kalte  dagegen  wenig  oder  garnicht, 
ist  demnach  einfach  so  zu  verstehen,  dass  heisses  Wasser  die 
Molecülgruppen  jener  Substanz  aufzulösen  vermag,  kaltes 
aber  nicht 

Fast  noch  handgreiflicher  als  durch  diese  Vorgänge  wird 
endlich  die  Existenz  von  Molecülgruppen  und  Einzelmole- 
cülen  in  Lösungen  noch  durch  die  folgende  Reihe  von  Er- 
scheinungen dargethan. 

Baeyer  macht  die  Angabe ,  dass  die  concentrirten 
Lösungen  des  Fluoresceins  mit  Säuren  einen  Niederschlag 
geben,  die  dünneren  dagegen  nicht.1)  Es  lag  nahe,  einen 
Zusammenhang  dieser  Erscheinungen  mit  der  doppelten  Mole- 
culargruppirung  jenes  Stoffes  in  seinen  verschiedenen  Con- 
centrationen  zu  vermuthen;  und  in  der  That  bestätigte  sich 
diese  Vermuthung  dadurch,  dass  sämmtliche  Halblösungen  auf 
Zusatz  von  Säure  sofort  einen  starken  Niederschlag  gaben, 
die  vollkommenen  Lösungen  hingegen  dabei  völlig  klar  blieben. 
Beim  Magdalaroth  zeigen  sich  auf  Zusatz  von  Eisenchlorid- 
lösung ähnliche  Erscheinungen;  indessen  gehe  ich  hier  nur 
auf  die  beim  Fluorescein  beobachteten  Vorgänge  näher  ein. 

Das  fluorescelnsaure  Ammonium  —  dieses  steht  ja  hier 
in  Frage  —  gibt  beim  Zusetzen  einer  starken  Säure  sein 
Ammoniak  sofort  an  diese  letztere  ab  und  bildet  demnach 
wieder  die  Fluoresce'insäure  selbst,  welche  in  Wasser  nur  sehr 
wenig  löslich  ist  Die  in  den  Halblösungen  vorhandenen  Mo- 
lecülgruppen werden  mithin  nach  der  Umsetzung  in  Säure 
sofort  ausfallen,  die  in  den  vollkommenen  Lösungen  befind- 
lichen Einzelmolecüle  hingegen,  da  sie  ja  schon  gelöst  sind, 
sich  auch  noch  nach  ihrer  chemischen  Veränderung  verhältniss- 
mässig  leicht  gelöst  erhalten.  In  den  concentrirteren  der  voll- 
kommenen Lösungen  allerdings  ist  dies  für  die  Gesammtheit 
der  Einzelmolecüle  nur  auf  kure  Zeit  möglich;  und  nach  Ver- 
lauf einiger  Stunden  hat  sich  in  ihnen  ein  grosser  Theil  dieser 
Säureeinzelmolecüle  zu  fester  Substanz  zusammengefunden,  und 
zwar  unter  Bildung  von  hellgelben,  durchsichtigen  Krystall- 


l)  Baeyer,  Lieb.  Ann.  1H3.  p.  7.  187*1. 

»4* 


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582  P.  Drude. 

nadeln,  während  der  Niederschlag  aus  den  Halblösungen  sich 
als  eine  undurchsichtige,  körnige  und  rothbraune  Masse  (Fluo- 
rescelnpulver)  erweist  Filtrirt  man  aber  eine  Halblösung  so- 
fort nach  der  Bildung  dieses  Niederschlages  durch  und  lägst 
das  Filtrat  stehen,  so  bilden  sich  auch  darin  nach  Verlauf 
mehrerer  Stunden  wieder  dieselben  Krystallnadeln  wie  in  den 
vollkommenen  Lösungen,  und  dieselben  stammen  ohne  Zweifel 
von  den  Binzolmolecülen  her,  die  sich  ja,  wie  wir  aus  den 
Fluorescenzer8cheinungen  wissen,  zugleich  mit  den  Molecül- 
gruppen  in  der  Halblösung  befunden  haben.  Eis  gewinnt  so- 
mit den  Anschein,  als  ob  nur  Einzelmolecüle  krystallisations- 
fahig  sind,  und,  der  Farbe  und  Durchsichtigkeit  der  Krystalle 
nach  zu  urtheilen,  erstreckt  sich  selbst  in  diesem  festen  Zu- 
stande die  Absorption  dieser  Molecule  nicht  über  ihren  Ab- 
sorptionsbezirk im  gelösten  Zustande  hinaus,  während  in  dem 
aus  den  Halblösungen  gewonnenen,  pulverförmigen  Nieder- 
schlage das  sämmtliche  eindringende  Licht  zurückgehalten  wird, 
und  nur  ein  kleiner  Theil  desselben,  welcher  zumeist  den 
weniger  brechbaren  Strahlen  angehört,  von  den  oberflächlichen 
Scluchten  aus  unregelmässig  reflectirt  wird. 

Hamburg,  phys.  Staatslaborat.,  im  September  1888. 


XIV.   TJeber  Oberflächenschichten»   I.  Theil; 

von  P.  Drude. 

(Aua  den  Gött  Nachr.,  vom  14.  Juü  1888,  für  die  Annaleu  bearbeitet 

vom  Verfasser.) 

Die  Jamin'sche  Entdeckung,  dass  durchsichtige  Medien 
in  der  Nähe  der  Polarisations winkel  linear  polarisirtes  Licht 
elliptisch  polarisirt  reflectiren,  steht  in  Widerspruch  mit  den 
Lichttheorien  von  Fresnel,  Neumann  und  Voigt.  Wäh- 
rend in  neuerer  Zeit  Hr.  Wernicke1)  diesen  Umstand  als 
einen  Beweis  gegen  die  Gültigkeit  jener  Theorien  angesehen 

1)  W.  Wernicke,  Wied.  Ann.  25.  p.  302.  1885;  »0.  p.  452.  1887. 


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Oberflächenschichten. 


533 


hat,  hat  Hr.  Voigt1)  die  Erklärung  der  elliptischen  Polari- 
sation in  der  Wirkung  von  Oberflächenschichten  gesehen, 
sowohl  von  natürlichen,  wie  bei  Flüssigkeiten,  als  von  na- 
türlichen und  künstlichen,  welche  letztere  bei  festen  Körpern 
durch  das  Poliren  hervorgerufen  werden. 

Ich  theile  im  Folgenden  auf  Veranlassung  des  Hrn.  Prof. 
Voigt  angestellte  Beobachtungen  mit,  welche,  wie  ich  glaube, 
zur  Bestärkung  der  Voigt'schen  Erklärung  dienen  und  die 
Existenz  und  mögliche  Beseitigung  von  Oberflächenschichten 
betreffen. 

Die  Beobachtungen  sind  an  durchsichtigen  und  an  ab- 
sorbirenden  Medien  angestellt,  und  zwar  dienten  natürliche 
Spaltungsflächen  in  frischem  Zustande  und  nach  verschie- 
dener Behandlung  als  reflectirende  Spiegel. 

I.    Durchsichtige  Media. 

Die  Beobachtungsmethode  war  im  wesentlichen  dieselbe, 
wie  ich  sie  beim  Antimonglanz  angewandt  und  bei  Mitthei- 
lung8) jener  Beobachtungen  beschrieben  habe.  Ich  unter- 
lasse daher,  hier  näher  darauf  einzugehen.  Aenderungen 
sind  nur  im  Folgenden  eingetreten: 

Die  Stellungen  des  Compensators,  welche  der  relativen 
Verzögerung  0,  ±  2n  entsprechen,  haben  sich  gegen  die  frü- 
heren3) Werthe  um  0,06;  0,07;  0,09  Schraubenumgänge  ver- 
schoben, sodass  die  jetzigen  Werthe  betragen: 

18,16;  36,06;  53,84. 

Die  mittelste  Zahl  entspricht  der  Verzögerung  Null. 
Der  Verschiedenheit  der  Ganghöhe  der  Messschraube  des 
Compensators1)  ist  durch  die  Annahme  Rechnung  getragen, 
dass  sich  die  Ganghöhe  von  18,16  bis  53,84  linear  ändern 
solle.  In  der  Nähe  des  Nullpunktes  wird  so  die  Verzögerung 
in  Bogenmaass  gegeben  durch: 

J  =  r7,84(c7-36'06^ 

wenn  C  die  vom  Compensator  gezeigte  Zahl  ist. 

1)  W.  Voigt,  Wied.  Ann,  31.  p.  326.  1887. 

2)  P.  Drude,  Wied.  Ann.  34.  p.  489.  1888. 

3)  1.  c.  p.  494. 

4)  1.  c  p.  495. 


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P.  Drude. 


Die  Lage  der  Nullpunkte  der  Nicols  war  dieselbe  wie 
früher.1) 

Da  in  der  Nahe  des  Polarisationswinkels  beobachtet 
wurde,  wo  nur  sehr  wenig  Licht  senkrecht  zur  Einfallsebene 
polarisirt  reflectirt  wird,  so  wurde  nicht  dem  Polarisator 
das  Azimuth  45°  gegen  die  Einfallsebene  gegeben,  und  da- 
nach Compensator  und  Analysator  auf  grösste  Dunkelheit 
eingestellt,  sondern  es  wurde  der  Analysator  auf  45°  gegen 
die  Einfallsebene  gerichtet  und  mit  Compensator  und  Polari- 
sator gemessen.  Denn  die  Messungen  mit  dem  Compensator 
fallen  am  genauesten  aus,  wenn  gleichviel  Licht  parallel  und 
senkrecht  zur  Einfallsebene  polarisirt  ihn  durchsetzt,  da  diese 
Bichtungen  seinen  Hauptschwingungsrichtungen  parallel  sind. 
Das  Azimuth  des  Polarisators  gegen  die  Einfallsebene  ist 
in  diesem  Falle  das  Complement  des  Azimuths  i/»  der  wieder- 
hergestellten Polarisation  des  reflectirten  Lichtes  von  unter 
45°  polari8irtem  einfallenden  Lichte.  —  Der  Vortheil  dieser 
Anordnung  ist  ein  bedeutender  gegenüber  der  früheren,  we- 
nigstens bei  durchsichtigen  Medien. 

Da  die  Verzögerungen  stets  sehr  klein  waren,  und  es 
sich  um  die  grösste  Helligkeit  des  einfallenden  Lichtes  han- 
delte, weil  es  davon  abhing,  wie  nahe  am  Polarisationswinkel 
man  beobachten  konnte,  so  ist  mit  Sonnenlicht  beleuchtet. 
Es  erschien  in  dem  reflectirten  Oeffnungsbilde  des  Collima- 
tors ein  völlig  schwarzer  Streifen,  der  auf  der  einen  Seite 
roth,  auf  der  anderen  blau  gesäumt  war.  Durch  Einstellung 
dieses  schwarzen  Streifens  auf  das  Fadenkreuz  im  Fernrohr 
waren  sehr  genaue  Messungen  möglich.  —  Ich  habe  zwar 
auch  einige  Beobachtungen  bei  Natronlicht  im  Knallgas- 
geblase gemacht,  die  geringere  Helligkeit  erlaubte  aber  nur, 
bei  Einfallswinkeln,  die  sich  auf  2°  dem  Polarisationswinkel 
näherten,  zu  beobachten.  Die  so  erhaltenen  Werthe  dienten 
nur,  um  die  Identität  der  Resultate,  die  sich  bei  homogenem 
und  weissem  Lichte  ergaben,  festzustellen. 

Es  seien  Rt  und  Bp  die  Componenten  des  reflectirten 
Lichtes,  welches  senkrecht,  resp.  parallel  zur  Einfallsebene 
polarisirt  ist,  A  die  relative  Verzögerung,  n  der  Brechungs- 


l)  1.  c.  p.  491. 


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Oberflächenschickten. 


535 


index,  (p  der  Einfallswinkel.  Die  genannten  Lichttheorien 
verlangen  nun:  1)  dass  A  stets  Null  sei,  2)  dass  R,  für  einen 
gewissen  Einfallswinkel  g>  durch  Null  hindurchgehe,  3)  dass 
tgq>  =  »  sei.  Rechnet  man  R,  stets  positiv,  so  muss  nach 
der  Theorie  A  für  den  Einfallswinkel  y>  von  o  auf  n  springen. 
Dieser  Sprung  hat  aber  nicht  eine  wirkliche  Unstetigkeit  in 
der  Natur  des  reflectirten  Lichtes  zur  Folge,  da  er  bei  der 
Intensität  Null  stattfindet. 

In  allen  soeben  angeführten  drei  Beziehungen  sind  Ab- 
weichungen beobachtet.  Die  Wernicke'sche  Beobachtungs- 
methode gestattet,  den  ersten  und  letzten  Punkt  zu  prüfen,  die 
hier  angewandte  auch  den  zweiten,  da  das  Verhältniss  B,jRp  — 
tg\p  direct  gemessen  wird.  Dies  hat  deshalb  Interesse,  weil, 
wenn  \p  nie  verschwindet,  mit  Notwendigkeit  elliptische  Re- 
flexion eintreten  muss,  da  dann  aus  Stetigkeitsrücksichten 
der  üebergang  von  A  von  o  auf  n  durch  dazwischen  liegende 
Werthe  erfolgen  muss. 

Ein  Verschwinden  von  v>  macht  das  Fehlen  elliptischer 
Reflexion  sehr  wahrscheinlich,  denn  alle  Lichttheorien,  auch 
die  Cauchy'sche,  erfordern,  dass  bei  elliptischer  Reflexiou 
das  Minimum  von  w  sich  stets  von  Null  um  einen  Werth 
unterscheide,  der  von  derselben  Grössenordnung  ist,  wie  die 
Ellipticität.  Auch  die  Vorstellung  einer  Oberflächenschicht 
ergiebt,  dass,  wenn  \p  zu  Null  wird,  dieselbe  keine  elliptische 
Reflexion  bewirken  kann. 

Immerhin  ist  das  Verschwinden  von  if,  schon  allein 
weil  es  nicht  sehr  genau  zu  messen  ist,  noch  nicht  ein  hin- 
reichender Beweis  für  Fehlen  der  elliptischen  Reflexion,  der- 
selbe ist  vielmehr  aus  den  Beobachtungen  über  die  Ver- 
zögerung A  zu  entnehmen.  —  Aus  dem  Vorstehenden  er- 
hellt inde8s,  dass  der  Beweis  fehlender  elliptischer  Reflexion 
sich  nicht  für  den  Polarisationswinkel  selbst  erbringen  lässt, 
während  dies  für  den  Beweis  der  Existenz  derselben  möglich 
ist.  Der  Beweis  für  das  Fehlen  derselben  ist  um  so  strenger 
geführt,  je  näher  die  Grenzen  der  Einfallswinkel,  innerhalb 
deren  A  von  o  auf  n  wächst,  sich  an  den  Polarisationswinkel 
selbst  heranziehen  lassen. 

Es  wurde  nicht  in  allen  acht  möglichen  Stellungen  der 


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536 


P.  Drude. 


Nicols l)  beobachtet,  sondern  nur  in  zwei  zu  der  Einfallsebene 
symmetrischen.  Infolge  des  ausgezeichneten  Planparallelis- 
mus der  Nicoh  genügte  dies,  um  richtige  Werthe  für  \p  und 
A  zu  erhalten,  wie  ich  an  den  Beobachtungen  am  Antimon- 
glanz gezeigt  habe  (1.  c.  p.  501).  Bei  zwei  zur  Einfallsebene 
symmetrischen  Stollungen  zu  beobachten  war  nöthig,  um 
einen  eventuellen  Fehler,  der  durch  falsche  Orientirung  des 
Compensators  hervorgebracht  sein  könnte,  und  der  bei  durch- 
sichtigen Medien  einen  bedeutenden  Einfluss  hat,  zu  elimi- 
niren.  Die  richtige  Orientirung  des  Compensators  geschah 
nach  der  früher  beschriebenen2)  Methode;  die  Stellung  wurde 
durch  feine  mit  dem  Diamant  in  die  MessiDgfassungen  des  Com- 
pensators und  Fernrohrs  eingekratzte  Striche  markirt,  sodass 
auch  nach  Abnahme  des  Compensators  derselbe  stets  so  gut 
wieder  orientirt  werden  konnte,  dass  die  beiden  in  symmetri- 
schen Lagen  zur  Einfallsebene  erhaltenen  Werthe  von  i// 
und  A  kaum  differirten.  Die  in  den  Tabellen  angegebenen 
Zahlen  sind  die  Mittelwerthe  aus  mehreren  Einstellungen  in 
beiden  Lagen. 

Zunächst  wurde  an  Spaltflächen  beobachtet,  welche  aus 
einem  klaren  Steinsalzwürfel  von  circa  3  cm  Seitenlänge  her- 
gestellt waren.  Der  Brechungsexponent  fand  sich  mit  Hülfe 
des  Totalreflectometers  zu: 

n  =  1,5437 

und  daraus  der  Polarisationswinkel  <p  zu: 

y  =  57°3'52". 

Die  folgende  Tabelle  giebt  die  an  zwei  Flächen  I  und  II 
erhaltenen  Resultate.  Die  Justirung  auf  dem  Spectrometer 
geschah  dadurch  möglichst  schnell,  dass  die  Flächen  gegen 
einen  auf  dem  Tischchen  des  Spectrometers  befestigten  Rah- 
men angedrückt  wurden,  der  mit  Hülfe  einer  Glasplatte 
orientirt  war.   ä  ist  in  Wellenlängen  angegeben. 


1)  P.  Drude  1.  c.  p.  493. 

2)  1.  c.  p.  492. 


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>  • 

rflächenschichten.  537 


Tabelle  1. 


Platte 

* 

cj^iv  AI*  vi*  kjuaiiiu« 

I 

0,5  -  0,0112 
0,5  -  0,0286 
0,0145 

44 

4* 

V,  Minute 
l/s  Stunde 
2  Minuten 

11        T  +  V 

0,0095 

47' 
2 

V,  Minute 
2  Minuten 

Der  wahrscheinliche  Fehler  ist  für  A  höchstens  zwei 
Tronimeltheile,  d.  h.  0,001  A,  für  1//  ist  er  verhältnissinässig 
gross,  da  anf  \p  nicht  so  oft  eingestellt  wurde,  er  mag  etwa 
5'  betragen. 

Für  Einfallswinkel,  die  sich  um  mehr  als  2°  vom  Pola- 
risationswinkel entfernen,  stand  bei  frischen  Fl&chen  der 
Compensator  stets  um  höchstens  vier  Trommeltheile  vom 
Nullpunkt  entfernt,  und  zwar  ohne  ausgesprochenen  Sinn, 
sodass  überhaupt  keine  Verzögerung  constatirt  werden  konnte. 

Näher  als  auf  V2°  konnte  ich  bei  den  Beobachtungen 
für  A  nicht  den  Einfallswinkel  sich  dem  Polarisationswinkel 
nähern  lassen,  da  dann  wegen  der  Kleinheit  von  \\>  der  Com- 
pensator zu  ungenau  einzustellen  war.  Schon  bei  ff =  (p  ± 
beträgt  das  Verhältniss  der  Intensität  des  senkrecht  zur  Ein- 
fallsebene polarisirten  Lichtes  zu  der  des  in  derselben  pola- 
risirten  0,0S15. 

Die  Steinsalzplatten  waren  so  dick,  dass  das  eventuell 
von  der  Rückfläche  reflectirte  Bild  abgeblendet  wurde,  da 
sonst  keine  völlige  Dunkelheit  eintrat 

Dass  etwa  irgend  eine  Täuschung  bei  den  Beobach- 
tungen vorliegen  konnte,  ist  dadurch  ausgeschlossen,  dass  bei 
dem  Ersetzen  der  Steinsalzplatte  durch  eine  Glasfläche  der 
Compensator  von  seiner  Stellung  (z.  B.  36,26)  um  drei  Schrau- 
benumdrehungen (auf  39,3)  gedreht  werden  musste,  um  den 
schwarzen  Streifen  im  Gesichtsfelde  wieder  zu  erzeugen. 

Aus  den  Beobachtungen  folgt,  dass  yj  bei  frischen  Stein- 
salzplatten verschwindet  (2'  überschreitet  nicht  den  Beob- 
achtungsfehler), und  zwar  für  einen  Einfallswinkel  <jp,  der 
durch  die  Beziehung  tg  <p  =  n  gegeben  wird,  während  eine 
wenn  auch  sehr  kleine,  aber  noch  merkliche  Ellipticität  con- 


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538 


P.  Drude. 


statirt  ist,  jedoch  für  Einfallswinkel,  die  sehr  dicht  am  Pola- 
risationswinkel liegen,  sodass  die  Grenzen  derselben,  inner- 
halb  deren  A  von  0  auf  \X  wächst,  hier  etwas  über  1°  be- 
tragen. 

Berücksichtigt  man  indess  das  schnelle  Wachsthum  von 
A,  dass  schon  nach  zwei  Minuten  wesentlich  grösser  ist  und 
nach  einer  halben  Stunde  sich  verdoppelt  hat,  so  kann  man 
wohl  annehmen,  dass  bei  ganz  frischen  Spaltflächen  der 
Winkelbereich,  innerhalb  dessen  A  von  0  auf  JX  wächst, 
noch  kleiner  wird,  sodass  überhaupt  keine  merkliche  ellip- 
tische Reflexion  stattfindet. 

Wäre  es  möglich  gewesen,  für  Einfallswinkel  zu  beob- 
achten, die  sich  dem  Polarisationswinkel  um  mehr  als 
näherten,  so  wäre  natürlich  eine  grössere  Ellipticität  beob- 
achtet, da  die  Werthe  von  A  zwischen  den  hier  angeführten 
liegen  müssen.  —  Bei  der  Beurtheilung  der  Grösse  der  ellip- 
tischen Reflexion  eines  durchsichtigen  Mediums  handelt  es 
sich  aber  nicht  nur  um  die  Grösse  der  Verzögerung,  son- 
dern auch  um  den  Einfallswinkel,  bei  dem  sie  beobachtet 
ist.    In  der  Wernicke'schen1)  Formel: 

tgj  =  x  tg{<p±(p')* 
wo  (f  den  Einfalls-,  cp  den  Brechungswinkel  bedeutet,  bietet 
daher  x  ein  gutes  Maass  fur  die  Grösse  der  elliptischen  Re- 
flexion. 

Legt  man  die  ljt  Minute  nach  der  Spaltung  gewonnenen 
Zahlen  für  Steinsalz  zu  Grunde,  so  wird: 

für  I  x  «  0,038Z 
»  II  x  =  0,0S74, 
d.  h.  etwa  1jt0  des  für  Glas  erhaltenen  Werthes.  Dieselbe 
Verzögerung,  wie  sie  hier  für  Steinsalz  bei  einer  Entfernung 
von  1/a°  vom  Polarisationswinkel  beobachtet  ist,  würde  man 
bei  Glas  bei  einer  Entfernung  von  10°  vom  Polarisations- 
winkel beobachten.  Der  Winkelbereich  der  elliptischen  Re- 
flexion ist  also  bei  Steinsalz  als  der  zwanzigste  Theil  von 
dem  des  Glases  beobachtet 

Auch  der  Werth  von  y  bietet  Anlass  zur  Vergleichung 
mit  der  Theorie,  obwohl  stets  auch  bei  anderen  durchsich- 

1)  W.  Wernicke,  Wied.  Ann.  30.  p.  457.  1887. 


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Oberflächenschichten. 


539 


tigen  Medien  weniger  Abweichung  bei  \p  beobachtet  ist,  als 
bei  A,   Setzt  man: 

ff =  (p  +  s , 

wo  «  eine  kleine  Grösse  sein  soll,  deren  Quadrat  zu  vernach- 
lässigen ist,  so  folgt  aus  den  Retfexionsformeln  der  Licht- 
theorien nach  einiger  Rechnung: 


V 


(1  + 


2»s 


Für  Steinsalz  wird  der  Factor  von  e  zu  1,55.  Für  «=  lj2n 
ist  r"  beobachtet  zu  44',  damit  stimmt  der  nach  obiger  For- 
mel berechnete  Wert  \p  =  47 '  völlig  tiberein. 

Nach  allem  kann  man  daher  wohl  mit  Recht  behaupten, 
dass  frische  Spaltung  s flächen  von  Steinsalz  rücksichtlich  der  Re- 
flexion des  Lichtes  sich  den  (jenannten  Theorien  gemäss  verhält. 

Da  sich  ergab,  dass  die  Verzögerung  mit  der  Zeit  wächst, 
so  habe  ich  auch  einige  mehrere  Tage  alte  Spaltungstiächen 
untersucht.  Dieselben  wurden  in  einem  durch  Schwefelsäure 
getrockneten  Räume  aufbewahrt,  und  nur  zu  den  Beob- 
achtungen daraus  entfernt,  da  sonst  infolge  der  hygroskopi- 
schen Eigenschaft  des  Minerals  die  Flächen  bald  schlecht 
reflectiren.  Folgende  Tabelle  enthält  die  Resultate,  welche 
an  zwei  Platten  (III  und  IV)  gewonnen  sind.  III  ist  ein 
Tag,  IV  drei  Tage  nach  der  Spaltung  untersucht. 

Tabelle  II. 


Platte 


y  (beob. )  tp  ( berochn.) 


III 


7-2° 
7  +  1° 


0,5-0,005 
0,5-0,009 
0,5-0,020 

0,022 
0,010 


1°  33' 
50' 
4 
47' 

1*35' 


3°  (»' 
1°  33' 

46' 
0' 

46 
1«3»' 


1)  Aus  dieser  Formel  folgt,  da««  die  hier  gewählte  Beobachtuugs- 
methode  eine  um  so  grössere  Annäherung  an  den  Polarisationswinkel  ge- 
stattet, je  grösser  der  Factor  von  «  ist.  Derselbe  wird  für  n  =  J/3  =  1,73 
zu  einem  Minimum.  Wenn  n  sich  der  Einheit  nähert,  so  wird  überhaupt 
zu  wenig  Licht  reflectirt.  Daher  werden  Körper  mit  möglichst  hohen 
Brechungsexponenten  für  die  Beobachtungen  am  günstigsten  sein.  Die 
Brechungsexponenten  der  meisten  festen  Körper  mit  guter  Spaltbarkeit 
liegen  ungünstig. 


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540 


P.  Drink. 


Platte 


A         !  v  (bcob.)  J  yj  (berechn.) 


IV 


•r+20 


0,5-0,001 
0,5-0,002 
0,5—0,008 

0,004 
0,001 


4°  40' 
3°  10' 
1°  34' 

5' 

1°  36 
3°  6' 


4°  39' 
3°  6 
1°33* 
0' 
1°33 
3°  6 


Die  Tabelle  zeigt,  dass  selbst  für  alte  Spaltflächen  die 
Verzögerung  stets  sehr  klein  ist,  zufallig  ist  sie  sogar  an 
der  älteren  Fläche  IV  kleiner  als  bei  III,  was  damit 
zusammenhängen  kann,  dass  IV  weniger  lange  in  nicht  ge- 
trockneter Luft  bei  der  Beobachtung  gestanden  hat.  Es 
liegt  ja  nahe,  anzunehmen,  dass  die  Verzögerung  hier  durch 
eine  Wasserschicht  entsteht.  Die  Uebereinstimmung  von  ip 
mit  den  berechneten  Werthen  ist  sehr  genau,  was  auch, 
wenn  man  die  Vorstellung  einer  gebildeten  Wasserschicht 
festhält,  erklärlich  ist,  da  der  Brechungsexponent  von  Wasser 
nicht  wesentlich  von  dem  des  Steinsalzes  abweicht 

Um  die  Richtigkeit  der  Erklärung  der  elliptischen 
Polarisation  durch  die  Wirkung  einer  Oberflächenscbicht 
noch  direct  zu  beweisen,  wurden  die  Steinsalzplatten  unter- 
sucht, nachdem  sie  auf  neuem  Putzleder  oder  Leinen  einige 
Minuten  unter  etwas  Druck  mit  der  Hand  gerieben  waren. 
Folgendes  sind  die  Resultate: 


v 


q  =  if  -  1« 


Ursprünglicher  Werth: 
Auf  Leaer  gerieben: 
Dann  auf  Leinen  gerieben: 
Leder  gerieben: 


Ursprünglicher  Werth: 
Auf  Leinen  gerieben: 
Dann  auf  Leder  gerieben: 

Ursprünglicher  Werth: 
Auf  Lcder  gerieben  : 
Dann  auf  Leinen  gerieben: 


0,022  k 
0,053 
0,067 
0,058 

(0,5—0,0131  l 
(0,5—0,088) 
(0,5  -0,034) 

(0,5-0,012)  JL 

(0,5-0,021) 

(0,5-0,073) 


if>  zeigte  sich  durch  das  Poliren  gar  nicht  beeinflusst, 
so  ergab  sich  für  gp  =  (p: 


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Oberflachenschickten. 


541 


Ursprünglicher  Werth:  y  =  6' 
Mit  Leinen  gerieben:  5' 
Mit  Leder  gerieben:  0'. 
Aus  der  Thatsache,  dass  für  Einfallswinkel,  die  kleiner 
als  (p  sind,  die  Verzögerung  durch  das  Poliren  verkleinert, 
dagegen  für  grössere  Einfallswinkel  als  (p  vergrössert  wird, 
folgt,  dass  der  Haupteinfaltawinkel  derselbe  geblieben  ist 
Der  Einflus8  des  Polirens  auf  A  ist  unverkennbar;  über  die 
sich  bildende  Veränderung  kann  man  sich  zur  Erklärung  der 
elliptischen  Polarisation  zwei  Vorstellungen  machen: 

1)  das  Mineral  wird  mit  einer  dem  Putzmittel  eigen- 
tümlichen Schicht  überzogen,  die  elliptische  Polarisation 
kommt  zu  Stande  durch  Reflexion  an  der  Vorder-  und  Rück- 
fläche  derselben; 

2)  der  Vorgang  der  Reflexion  findet  auch  bei  der  polirten 
Fläche  nur  an  einer  Grenze  statt,  die  Aenderung  gegen  das 
Verhalten  der  unpolirten  Fläche  ist  darin  begründet,  dass 
die  optische  Natur  des  Spiegels  durch  das  Poliren  eine  andere 
geworden  ist. 

Auf  die  Entscheidung  zwischen  beiden  Vorstellungen  will 
ich  nicht  hier,  sondern  im  zweiten  (theoretischen)  Theil  der 
Arbeit  eingehen,  und  hier  nur  bemerken,  dass  sich  mit  Not- 
wendigkeit die  erstere  Vorstellung  ergibt,  sodass  es  sich  hier 
wirklich  um  eine  durch  Poliren  hervorgerufene  künstliche 
Oberflächenschicht  handelt. 

Ich  werde  an  der  geeigneten  Stelle  zeigen,  dass  der 
grosse  Unterschied  im  Verhalten  von  A  und  \p  bei  Reflexion 
an  einer  polirten  und  an  einer  unpolirten  Fläche  auch  theo- 
retisch begründet  ist 

Aus  den  mitgeteilten  Beobachtungen  geht  hervor,  dass 
die  Veränderung,  die  das  Reiben  auf  Leinen  hervor- 
bringt, stärker  ist,  als  die  durch  Reiben  auf  Leder  hervor- 
gerufene. Man  hätte  eher  das  Umgekehrte  erwarten  sollen, 
da  man  frisch  gewaschenes  Leinen  für  reiner  halten  sollte 
als  Leder.  Die  hier  gemachte  Beobachtung  steht  aber  völlig 
im  Einklang  mit  der  am  Bleiglanz  gemachten  und  unten 
mitgeteilten. 

Es  ist  durch  die  Versuche  gezeigt,  wie  enorm  em- 
pfindlich frische  Spaltflächen  der  Berührung  mit  anderen 


542 


P.  Drude, 


Körpern  gegenüber  sind,  sodass  schon  die  sogenannte  Reini- 
gung mit  Leder  oder  Leinen  die  Flächen  so  verunreinigt, 
dass  sie  auf  keine  Weise  in  den  natürlichen  Zustand  zurück- 
zubringen sind.  Dass  daher  richtig  polirte  Körper  eine 
merkliche  elliptische  Polarisation  zeigen,  ist  durchaus 
erklärlich. 

Ausser  Steinsalz  sind  noch  andere  durchsichtige  Medien 
mit  guten  Spaltungsflächen  untersucht.  An  Plussspath  und 
Glimmer  wurden  keine  sicheren  Resultate  erhalten,  weil 
theils  die  Flächen  zu  schlecht  waren,  theils  die  an  der 
Hinterfläche  reflectirten  Bilder  störten.  Jedenfalls  zeigte 
sich  aber  auch  bei  ihnen  eine  bedeutend  kleinere  elliptische 
Polarisation  als  an  Glas.  Beim  Kalkspath1)  war  die  am 
meisten  vom  Nullpunkt  abweichende  Stellung  des  Compen- 
sators 36,36,  was  einer  Verzögerung  von  0,0168  X  entspricht, 
beim  Gyps  vom  Montmartre  war  sie  noch  weit  kleiner. 

Wenn  es  erlaubt  ist,  die  an  den  angeführten  Körpern 
erhaltenen  Resultate  auf  alle  durchsichtigen  zu  verallge- 
meinern, so  folgt,  dass  durchsichtige  Medien  an  natürlichen 
Spaltungsflächen  annähernd  keine  elliptische  Polarisation  hei 
Reflexion  von  linearpolar isirtem  einfallenden  Uchte  zeigen  und 
sich  auch  sonst  der  Theorie  gemäss  verhalten.  Poliren  mit  einer 
fremden  Substanz  erzeugt  eine  Oberflächenschicht,  welche  elliptische 
Polarisation  hervorruft. 

IL  Absorbirendo  Media. 

Es  so  Ute  untersucht  werden,  welchen  EinHuss  die  Politur 
auf  absorbirende  Medien  hat  und  ob  die  durch  dieselbe 
entstandene  Oberflächenschicht  durch  irgend  welche  Mittel 
entfernt  werden  kann.  Es  wurde  dazu  der  Bleiglanz  benutzt, 
da  er  eine  hinreichend  gute  Spaltbarkeit  besitzt,  um  den 
natürlichen  Zustand  an  den  Spaltflächen  beobachten  zu 
können,  und  da  er  auch  auf  ihnen  polirfähig  ist  Um  eine 
Vorstellung  von  der  Wirkung  der  Politur  zu  bemerken, 
genügt  es  nicht,  die  Veränderung  von  i/>  und  A  zu  con- 

1)  Die  Beobachtungen  sind  frülicr  angestellt,  als  mir  die  vor  kurzem 
erschienene  Abhandlung  von  Hrn.  P.  Volk  mann,  Wied.  Ann.  tto. 
p.  719.  1888  bekannt  war,  welcher  den  Kalkspath  zu  diesen  Beobachtungen 
empfiehlt.    Ich  würde  sonst  mehr  Daten  angeben. 


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Oberflächensch  ichten. 


543 


statiren,  sondern  es  müssen  auch  die  optischen  Constanten 
berechnet  werden,  die  ja  das  Hauptinteresse  bieten.  Da 
alle  Beobachtungen  über  Metallreflexion  an  polirten  Spiegeln 
gemacht  sind,  so  wird  man  hierdurch  wenigstens  eine  rohe 
Vorstellung  über  die  Fehler  der  Constanten  gewinnen,  die 
bis  jetzt  für  Metalle  mitgetheilt  sind. 

Die  neuesten  Formeln l)  zur  Berechnung  der  Constanten 
nach  der  Voigt'schen  Theorie  sind  zwar  ziemlich  einfach, 
indess  erfordern  sie,  wenn  man  für  mehrere  Einfallswinkel 
beobachtet,  was  für  die  Genauigkeit  sehr  wünschenswerth 
ist,  doch  zeitraubende  Rechnung.  Ich  habe  daher  die  Formeln 
noch  zu  vereinfachen  gesucht  durch  eine  gewisse  Vernach- 
lässigung, die  aber  fast  bei  allen  bis  jetzt  beobachteten 
absorbirenden  Medien  zulässig  ist. 

Vereinfachte  Formeln  für  Metallreflexion.  — 
In  der  citirten  Arbeit  habe  ich  ip  und  J  als  abhängig 
von  tp  und  zwei  Constanten  a  und  a  dargestellt,  welche 
direct  in  den  Differentialgleichungen  der  Lichtbewegung3) 
als  Coefficienten  vorkommen.  Diese  Constanten  sind  fast 
stets  sehr  klein,  sodass  man  ihr  Quadrat  unbedenklich  und 
sie  selbst  mit  einer  gewissen  Näherung  gegen  1  vernach- 
lässigen kann.3)  Von  dieser  Voraussetzung  soll  Gebrauch 
gemacht  werden. 

Für:  a  +  iV=  a,    i  =  }/—  1  wird4): 

M\  cos2y  sin  2  tp  sin  A         .  V« 

Man  erhält  einen  Grenz werth  für  i/>  und  J,  gültig  für 
kleine  Winkel  (p,  wenn  man  asinJ«jp  gegen  l  vernachlässigt.5) 
Setzt  man  nun: 


1)  W.  Voigt,  Wied.  Ann.  81.  p.  242.  1887.  P.  Drude,  Wied. 
Ann.  32.  p.  ßl3.  1887. 

2)  P.  Drude,  1.  c.  p.  586. 

3)  Ich  habe  bei  Berechnung  der  Beobachtungen  für  Antimonglan« 
(Wied.  Ann.  34.  p.  489.  1888)  schon  davon  Gebrauch  gemacht. 

4)  P.  Drude,  I.  c.  p.  615. 

5)  Wenn  eine  complexc  Grösse  gegen  eine  reelle  zu  vernachlässigen 
ist,  so  soll  dies  heissen,  dass  dies  für  den  Modul  der  complexen  Grösse 
zulässig  sei. 


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544  P.  Drude. 

,<y\  sin  A  tg  2 1^/  =*  tgQ,   cos  A  sin  2 =  cos  P, 

tgJPsinqptg^S, 

so  folgt  nach  einigen  elementaren  Rechnungen: 

,o\  cos2Q  ,  sin2Q 

(3)  BBa «  =  • 

Führt  man  den  Brechungsexponenten  n  und  den  Absorptions- 
coefficienten  x  ein,  die  mit  a  und  a'  nach  den  Gleichungen1) 
zusammenhängen : 


(4) 
so  wird: 

(5)         x  =  tg  Q,      n  =  Scos  Q,      nx  «  SsinQ. 

Diese  Formeln  sind  sehr  bequem  für  die  Anwendung. 
Da  Q  =  arctgx  und  S  Constanten  sein  müssen,  so  wird  man 
für  jeden  Einfallswinkel  tg  Q  und  S  nach  (2)  aus  den  direct 
beobachteten  Grössen  \p  und  d  berechnen,  aus  allen  erhalte- 
nen Werthen  das  arithmetische  Mittel  nehmen  und  aus  dem 
Mittelwerthe  nach  (3)  und  (5)  die  optischen  Constanten  be- 
rechnen. Dies  Verfahren  ist  viel  einfacher,  als  wenn  a  und 
a  für  jeden  Einfallswinkel  berechnet  werden,  und  dann  das 
Mittel  genommen  wird,  oder  als  wenn  xn2  und  (1  —  x*)n* 
nach  der  Methode  der  kleinsten  Quadrate  berechnet  werden.2) 

Die  Vernachlässigung  von  a  sin1  q>  gegen  1  bedingt  eine 
gewisse  Ungenauigkeit  Um  über  die  Grösse  derselben  Ge- 
wissheit zu  haben,  ist  noch  ein  anderer  Grenzwerth,  gültig 
bei  grossen  Einfallswinkeln,  für  t//  und  A  zu  bilden,  der  da- 
durch erhalten  wird,  dass  sinao)  =  l  gesetzt  wird,  d.  h.  es 
ist  dann: 

s «  \  cos  2»         .    .    sin  2  v  Bin  J  ]fa 

1  -8in2vTcoVj  +  T^8in2yco8  A  =         81D  ?  yf=«  ' 

Hierin  ist  im  Zähler  für  a  unbedenklich  der  bis  jetzt  er- 
haltene Näherungswerth  einzusetzen. 

Man  erhält  so  mit  Vernachlässigung  von  a2  nach  einiger 
Rechnung : 

1)  P.  Drude,  1.  c.  p.  616. 

2}  W.  Voigt,  Wied.  Ann.  31.  p.  242.  1887. 


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Oberflachcnschichteii. 


545 


(5.)  *-*co.«(l 

mx  =  SsinQ^l  ~2^)- 

Die  beiden  durch  die  Formeln  5  und  5»  gegebenen  (irenz- 
wertlie  mögen  durch  Indices  1  und  2  bezeichnet  werden.  Mit 
Hülfe  der  (irenzwerthe  kann  man  einen  genaueren  Werth 
fur  x  und  n  leicht  berechnen  (er  möge  ohne  Index  bezeichnet 
werden),  x  und  n  wird  sich  nämlich  um  so  eher  an  xv  und  «, 
anschlies8en,  je  kleiner  die  Einfallswinkel  sind,  bei  denen  i," 
und  A  beobachtet  sind,  dagegen  an  x2  und  w2  bei  grossen 
Einfallswinkeln,  da  es  sich  darum  handelt,  ob  die  in  Formel  (1) 
unter  dem  Wurzelzeichen  stehende  Grösse  sinsgp  mehr  sich 
der  0  oder  1  nähert.  Man  findet  daher  einen  genaueren  Werth 
nach  der  Formel: 


^sin"  q 

(5  t) 


*    =    *,+(*,-*,)'  y  , 

.  /  >  2  sin2  ff    1 ) 

n  =  «1  +  (w3  -  w,) — ,  ' 

wo  iV  die  Anzahl  der  Einfallswinkel  bedeutet,  bei  denen  be- 
obachtet ist,  und  die  Summe  über  alle  die  betreffenden  Ein- 
fallswinkel zu  erstrecken  ist.  Ich  werde  unten  an  einem 
numerischen  Beispiele  die  Brauchbbarkeit  der  Methode 
darthuo. 

Um  die  Beobachtungen  mit  den  nach  der  Theorie  ge- 
lieferten Werthen  zu  vergleichen,  bedarf  man  der  Berechnung 
von  y  und  A  aus  n  und  x.  Hierzu  dienen  die  leichtableit- 
baren Formeln.   Setzt  man: 

tg  «,  =  * 

(6)  ttrW  =  nVl  +  x*  =     -  n 

k  *    1       sin  q>  tg  q      sin  q  ig  q  cos  Q  ' 

so  wird: 

'  cos  2     =  sin  /*j  cos  Qr 

1)  Diese  Formeln  werden  strenger  dadurch  begründet,  duss  mit  Ver- 
nachlässigung von  lfS*  ist: 

-fBajl-^),      .-«oo.Qll  +  *^), 

n  >T+V=  5  (l  +  j  sin >  • 
Ado.  d.  Phji.  u.  Cham.  N.  F.  XXXVL  35 


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■  1  . 


546  P.  Dnule. 

Ferner  flir: 

«5  )  ^  03  + 

I  Pl  =  8in  y  tg-~-  i1  -  (l  +  Ky '  ~2n^ 

wird: 

(7  v  tg  zf,  -  tg  Pt  sin  Qa , 

*  cos  2 1"2  =  sin  Pt  cos  Q2. 

Hier  bezeichnen  wieder  Jn  J2,  1^,  i/;2  Grenzwerthe,  zwi- 
schen denen  die  wahren  Werthe  A>  i/>  liegen  müssen,  und  die 
sich  berechnen  aus: 

A=  Ax  +(J3-^)sin2y, 
V  —      +  (y3  —  V'j)  sin*  13p. 
Aus  dem  Haupteinfallswinkel  rp  und  dem  Hauptazimuth 
i<i  finden  sich  die  Constanten  aus: 

(8)  x1=tg2i//,  rij  =  sin  <jp  tg  <jp  cos  2 1^  *),  7i1x1=sin</)tgysin2i/;, 


= 


(8.) 


(8b)   j        *=  Xl(1     Ct*W'       "  "        +  lct«»' 
\  nx  =  ^«,(1  -  Jctg3qp). 

Umgekehrt  berechnet  sich  Haupteinfallswinkel  und  Haupt- 
azimuth aus  den  Constanten  nach: 

(9)    {  cos^^yr+t^  tg2i>ia=x, 

cosy,  =  cos^  (l  -  -l^.^L),  tg2^  -  *  (l  +  ^ij. 

</>  und      analog  wie  in  (7b)  y  und  A  aus  V'i»  V^»^p 
Beobachtet  man  die  Reflexion  statt  an  der  Grenze  Me- 
tall-Luft an  der  Grenze  Metall-Flüssigkeit  vom  Brechungs- 
index n0,  so  ist,  um  die  dann  gültigen  Werthe  für  y  und  A 


1)  Die  Formel  zeigt,  wie  das  für  durchsichtige  Medien  n=»tg<p  gül- 
tige Gesetz  durch  die  Absorption  modificirt  wird. 

2)  Diese  Formel  steht  im  Einklang  mit  der  Bemerkung  des  Herrn 
Voigt  hinsichtlich  der  Durchsichtigkeit  der  Metalle,  s.  Wied.  Ann.  26. 
p.  144.  1884. 


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Oberßächauchichteti. 


547 


—  sie  mögen  mit  U'0  und  A0  bezeichnet  werden  —  n/n0  an 
Stelle  von  n  zu  setzen.  Q  bleibt  also  ungeändert,  dagegen 
ändert  sich  P.    Es  muss  demnach  sein: 

(10)  sin^tg2^s=sinj0tg2iv  tgj  P-  n0  tg  j  P0, 

wo :      cos  A  sin  2  w  =  cos  /* ,    cos  J0  sin  2  i/«0  =  cos  P0  ist. 

Will  man  zu  tp  und  4  die  zugehörigen  \pQy  A0  berech- 
nen, so  dienen  dazu  die  Formeln: 

Für:  sin  Jtg2  \p  =  tg  Q, 

cos  A  sin  2  »//  =  cos 

(in 

wird :  cos 2^0  -  sin P0 cos 

tgJ0-tgP0sin  Q. 

Hier  braucht  man  keinen  zweiten  (irenzwerth  zu  be- 
rechnen, denn  es  ist  Vg  «8in2<p  (1  —  n/)  gegen  1  vernach- 
lässigt, und  dies  bedingt  einen  Fehler,  der  meist  kleiner 
ist  als  1  Proc. 

Ich  will  die  Brauchbarkeit  der  Formeln  an  einem  nu- 
merischen Beispiele  zeigen,  dass  für  Bleiglanz  gilt. 

Aus  den  Beobachtungen  für: 

(f  =  60°,  70°,  72°,  74°,  76°,  77°,  78° 
folgt,  berechnet  nach  (5)  und  (5a): 

x,  =  0,4219.  n,  =  4,209,  nx  x,  =  1,757, 
x2  =  0,3973,    «2  =  4,310,    n2xl  =  1,715. 

Da  ^sin2<jp/iV  =  0,84  ist,  so  folgt  nach  (5b): 

x  =  0,400,     7i  =  4,300,     nx  =  1,719. 
Dieselben  Constanten  sind  nach  den  ursprünglichen1) 
Formeln  berechnet,  ohne  irgend  welche  Vernachlässigung,  zu : 

0,400,     «  =  4,300,     «x  =  1,719, 

d.  h.  völlig  übereinstimmend  mit  den  Näherungswerthen. 

Die  Anwendbarkeit  der  Formeln  ist  dadurch  bedingt 
dass: 

gross  ist.  Für  Bleiglanz  ist  S*  =  21,5,  dies  ist  also  schon 
als  genügend  gross  anzusehen.  Es  ist  eigentümlich,  dass  bei 


1)  P.  Drude,  1.  c.  p.  615. 

35* 


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548 


P.  Drude. 


n 

X 

S* 

n 

x  S* 

1,47 

2,5 

15,7 

Wismuth 

1,17 

2,5  9,95 

0,37 

7,7 

8,6 

Zinn 

1,15 

2,9  12,9 

0,39 

11,3 

19,6 

Eisen 

2.25 

1,4  15,H 

0,40 

11,8 

20,6 

Stahl 

2,35 

1,5  17,9 

0,40 

8,7 

12,3 

Aluminium 

1,85 

2,1  18,9 

1,65 

3,5 

35,6 

Bleiglan/. 
Rotngiltigcrz 

4,30 

0,4  21,5 
0,55  12,8 

1,3 

3,0 

16,9 

3,12 

1,54 

2,7 

19,8 

reap. 

9,5 

0,42 

6,5 

7,6 

Antimonglanz 

5,17 

0,14  27,1 
0,18  20,7 

1,35 

3,0 

18,2 
7,2 

reap. 

4,49 

2,2 

0,7 

fast  alien  absorbirenden  Medien  S*  sich  diesem  Werthe  nähert, 
sodass  die  Formeln  fast  stets  anzuwenden  sind.  Die  Medien 
mit  kleinen  Brechungsexponenten,  wie  z.  B.  Silber,  haben 
nämlich  starke  Absorption  x  und  umgekehrt.  Ich  lasse  hier 
die  Werthe  von  S1  folgen  für  die  Metalle,  deren  Constanten 
Hr.  Vo.igt1)  zusammengestellt  hat. 

Suiegelmetall 
Silber  (gewalz 

»  (gegoflsi 

»  (gewalzt 
Gold 

Quecksilber 
Platin 
Palladium 
Kupfer 
Zink 
Blei 

Die  Constanten  für  Bleiglanz  sind  den  im  Folgenden 
mitgetheilten  Beobachtungen  entnommen,  die  für  Rothgiltig- 
erz  habe  ich  aus  Beobachtungen  von  Herrn  Schenk8)  be- 
rechnet, beim  Antimonglanz  habe  ich  sie  früher3)  bestimmt. 

Die  Zusammenstellung  zeigt,  dass,  abgesehen  von  Kupfer, 
Blei  und  Wismuth,  die  Formeln  für  die  Metalle  anzuwenden 
sind,  da  S*  mindestens  die  Hälfte  von  dem  Werth,  welcher 
für  Bleiglanz  gültig  ist,  beträgt.  Die  Constanten  werden 
höchstens  auf  1  — 2°/0  falsch  bestimmt  werden,  was  völlig 
ausreichend  genau  ist  bei  der  Unsicherheit  der  Beob- 
achtungen, welche  durch  Politur  etc.  beeinflusst  werden. 

Beobachtungen  am  Bleiglanz.  —  Die  Beobach- 
tungsmethode ist  die  alte.  Da  aber  ?"  für  keinen  Einfalls- 
winkel sehr  klein  wird,  ist  das  einfallende  Licht  unter  45° 
gegen  die  Einfallsebene  polarisirt,  und  der  Analysator  wurde 
auf  Dunkelheit  gestellt.  Die  Beleuchtung  geschah  mit  einer 
Sodaperle  im  Knallgasgebläse,  da  diese  Helligkeit  völlig 
genügte. 

Die  folgende  Tabelle  enthält  das  Resultat  der  Beob- 
achtungen an  zwei  frischen  Spaltflächen,  welche  aus  einem 

1)  W.  Voigt,  Wied.  Ann.  23.  p.  142.  1884. 

2)  E.  Schenk,   Wied.  Ann.  15.  p.  177.  1882. 

3)  P.  Drude,  Wied.  Ann.  34.  p.  489.  1888. 


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Oberflachenschichten. 


549 


Bleiglanzwürfel  von  etwa  2  cm  Seitenlange  abgespalten  waren 
und  ungefähr  0,5  x  0,5  cm  gross  waren.  Durch  besondere 
Versuche  wurde  constatirt,  dass  sich  y  und  A  mit  der  Zeit 
nicht  ändert,  die  Flächen  zeigten,  wenn  sie  unberührt  ge- 
blieben waren,  noch  nach  Tagen  dieselben  Werthe.  Q  und  S 
bedeuten  die  im  früheren  gebrauchten  Bezeichnungen. 


Tabelle  III.  Spaltflächen, 
t.  Fläche. 


28°  56'          60°  8'           70°  8'           72°  8' 

74°  8' 

A         n-  2°  50'    Ti-140  42' 
2w             83  42          56  8 
logtgQ       9,6510  9,5776 
TogS    |     0,6513  0,6598 

71-33°  12'  1  7i  -41°  36' 
37  32          82  44 
9,6239  9,6302 
0,6598  0,6564 

7i -51°  42 
27  44 
9,6155 
0,6583 

•  1 

76°  8'           77°  8' 

78°  8'          80°  8' 

logtgQ 
log  S 

n-68°  12'    Ti-790  48' 
24  40          23  28 
9,6298  9,6307 
0,6626  0,6610 

86°  0' 
28  26 
9,6358 
0,6560 

33°  18' 
38  0 
9,6324 
0,5050 

Mittelwerth:  logtgQ  =  6,6252,  Iog£  =  0,6591,  n  =  4,300, 

x  =  0,400,        nx  =  1,719. 


2.  Fläche. 


y  70°  8'  72°  8'  74°  8'  76°  8' 


A  u  -31°  48     7i  -41°  — '  1  7i  -53°  n  -73°  15 


2y  36  30  32  10  27  52  23  55 

logtgQ  9,5910  9,6155  9,6255  9,6281 

log  S  0,6573  0,6552  0,6549  0,6457 

.1  ■  i 


q>  77°  8'  78°  8'  80°  8' 

.  .    ,i .  .       .  .      1  _____    ....   .  ____ _  ,   

J  7i -83°  48  76°  36'  '      50°  36' 

2y              22  35  22   17  26  35 

logtgQ        9,6165  9,6006  9,5873 

FogS          0,6482  0,6299  0,6263 

Ii  I  I  | 

Mittelwerth:   log tg  Q  =-  9.6092,  log#  =  0,6454,  n  =  4,18.% 

x  =  0,389,       wx=  1,629. 

Die  beiden  Flächen  geben  etwas  abweichende  Resultate. 
Das  aus  der  ersten  Fläche  gewonnene  ist  das  wahrschein- 


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550  P.  Drude. 

lichere,  denn  abgesehen  davon,  dass  dort  bei  mehr  Einfalls- 
winkeln beobachtet  ist,  spiegelte  auch  die  Fläche  besser  als 
die  zweite,  sodass  der  wahrscheinliche  Beobachtungsfehler 
geringer  ist.  Ausserdem  erscheint  bei  der  zweiten  Flache  eine 
systematische  Veränderung  von  Q  und  S,  indem  z.  B.  Q 
mit  wachsendem  Einfallswinkel  erst  wächst  und  dann  ab- 
nimmt. Selbst  wenn  man  den  sehr  geringen  Einfluss  des 
Einfallswinkels  berücksichtigen  wollte,  so  müsste  Q  stetig 
wachsen.  Dagegen  zeigt  die  erste  Fläche  eine  gute  Con- 
stanz  von  Q  und  namentlich  von  S,  sodass  man,  ohne  (p  und 
A  rückwärts  zu  berechnen,  die  Formeln  durch  die  Beobachtung 
sehr  gut  bestätigt  sieht. 

Der  grosse  Werth  des  Brechungsindex  ist  bemerkens- 
werth.  Er  ist  von  derselben  Ordnung,  wie  die  des  Antimon- 
glanzes. 

Die  für  <p  —  70°  erhaltenen  Werthe  von  i/<  und  A  sind 
bei  sehr  vielen  Spaltflächen  untersucht,  weil  für  diesen  Ein- 
fallswinkel später  hauptsächlich  die  Aenderungen,  welche  die 
verschiedene  Behandlung  der  Flächen  hervorriefen,  constatirt 
werden  sollten.  Es  ergaben  sich  Stellungen  des  Compen- 
sators, welche  zwischen  37,63  und  37,71  schwankten,  d.  h. 
eine  Variation  von  A  von  n  —  31° 42'  bis  zu  n  —  33° 21'  er- 
gaben. Man  ist  somit  berechtigt,  die  berechneten  Werthe 
für  n  und  x  als  dem  natürlichen  Zustande  entsprechend  an- 
zunehmen. 

Sodann  wurde  eine  Fläche  untersucht,  welche  mit  Pariser 
Roth  und  Wiener  Kalk  polirt  war.  Es  war  nicht  eine  der 
vorhin  untersuchten  Flächen  selbst,  da  sie  beim  Beginn  des 
Polirens  entzwei  brachen.  Da  aber  alle  aus  dem  Würfel 
gewonnenen  Spaltstücke  nahezu  dieselben  Werthe  für  y>  und 
A  ergaben,  so  gilt  auch  für  die  polirte  Fläche  als  natürlichen 
Zustand  der  in  Tabelle  III  mitgetheilte.  »Tabelle  IV  ent- 
hält die  Resultate: 


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Oberflachmschichten.  55 1 

Tabelle  IV.   Polirte  Flache. 


... 
65° 

70°             72°  74° 

j 
a 

2V 

r.gs  | 

n  -310  6-  1  ^  —42°  36* 
52  15          44  20 
9,8242  9,8404 
0,5809  0,5388 

TT -62*  48'    n-74«22'  !7i-87ft24' 
36  59          34  47          33  58 
9.8260          9.8253      !     9  H280 
0,5381         0,5274  0,5381 

•  1 

76°  77° 

78°  80° 

A  \ 

log  tg  Q 
log« 

i 

76°  42 
85  29 
9,8412 
0,5865 

69°  6' 
36  2 
9,8322 
0,5379 

61°  46         47°  52' 
38  10         42  37 
9,8404          9,8340  i 

0,5373  0,5404 

j  1 

Mittelwerth:  log  tg  Q  =  9,8324,  log  S  =  0,5368,  n  =  2,96, 

x  =  0,629,        nx  «  1,86. 


Die  Aenderung,  welche  die  Politur  auf  die  Constanten, 
namentlich  auf  n,  hervorbringt,  ist  eine  ganz  bedeutende. 
Dass  »i  wesentlich  kleiner  ausfällt,  war  von  vornherein  zu 
erwarten,  da  das  Polirmittel  sicher  einen  weit  kleineren 
Brechungsexponenten  besitzt,  als  der  Bleiglanz.  Auch  die 
Vergrößerung  von  x  erklärt  sich  aus  der  Annahme,  dass 
durch  die  Politur  das  Mineral  mit  einer  Schicht  überzogen 
ist,  an  deren  Vorder-  und  Rtickfiäche  das  Licht  reflectirt 
wird.  Da  dies  schon  an  und  für  sich  eine  Verzögerung  er- 
gibt, und  zwar  in  dem  von  Ja  min  positiv  genannten  Sinne, 
der  auch  an  der  frischen  Spaltfläche  beobachtet  wird,  so 
addirt  sie  sich  zu  der  am  Mineral  selbst  hervorgerufenen 
Verzögerung  hinzu  und  bringt  so  eine  Vergrösserung  von  x 
hervor.  —  Durch  eine  beobachtete  Abhängigkeit  der  Q  und 
S  vom  Einfallswinkel  wird  diese  Auffassung  nicht  unterstützt, 
denn  Tabelle  IV  giebt  fUr  beide  Grössen  ziemlich  constante 
Werthe  an. 

Die  eben  untersuchte  Fläche  wurde  nun  nach  dem 
Wernicke'schen1)  Verfahren  mit  Gelatine  gereinigt,  d.  h. 
auf  die  mit  Alkohol  und  Leinen  geputzte  Fläche  wurde  eine 
ziemlich  concentrirte  Gelatinelösung  aufgegossen  und  die 
Platte  erhitzt  bis  nahe  zum  Kochen  der  Lösung,  um  eventuell 
adhärirende  Gase  zu  entfernen.  Dann  wurde  nach  dem  Ein- 

1)  W.  Wernicke,  Wied.  Ann.  30.  p.  452.  1887. 


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552 


P.  Drude. 


trocknen  der  Gelatine  dieselbe  abgerissen  und  die  Platte, 
ohne  sie  weiter  zu  berühren,  untersucht  Die  Gelatine  hatte 
Bleiglanzstückchen  mit  abgerissen,  was  als  ein  Beweis  des 
guten  Haftens  angesehen  werden  kann.  Tabelle  V  giebt  die 
Resultate: 


Tabelle  V.   Flache,  mit  Gelatine  gereinigt. 


*  1 

60° 

65*      [  70°  72° 

74° 

2\p 
logtgQ  | 
logS 

Ti—260  r 
51  48 
9,7462 
0,5611 

n-35°40'    Ti—540   1     n -65°  12  ,  n -80°  — ' 
43     1          34  16          31   12          29  51 
9,7356          9,7413          9,7402  9,7540 
0,5630          0,5646          0,5562  0,5671 

<t 

76° 

77°              78°  80° 

A 

2y 
logtgQ 

\ogS 

82°  80 
29  29 
9,7486 
0,5668 

73°-'         63°  30'         48°  27' 
30  29          31  46          37  24 
9,7505          9,7436  9,7575 
0,5654          0,5640  0,5676 

II  •  I 

Mittelwerth:  log tg  Q  =  9,7464,  log  S=  0,5640,  n  =  3,313, 

x  =  0,520,       nx  =  1,724. 


Durch  die  Reinigung  nähern  sich  zwar  n  und  x  den 
eigentlichen  Werthen,  aber  sie  erreichen  sie  noch  lange  nicht. *) 
Q  und  S  sind  auch  hier  constant.  Zur  Uebersicht  stelle  ich 
die  erhaltenen  Resultate  zusammen. 

n         x  nx 
Natürlicher  Zustand      4,300   0,400  1,719 

Polirter  „  2,96     0,62!»  1,86 

Mit  Gelatine  gereinigt   3,313   0,520  1,724. 

Die  Fläche  zeigte,  als  sie  mit  Alkohol  abgewaschen  und 
mit  Leinen  getrocknet  wurde,  eine  Abnahme  von  A>  was 
wieder  eine  Entfernung  vom  natürlichen  Zustand  bedeutet. 
Dies  ist  wichtig,  wie  sich  späterhin  zeigen  wird. 

Das  Reinigungsverfahren  mit  Gelatine  wurde  dann  wieder- 
holt, es  wurde  auch  Collodium  über  die  Fläche  gegossen  und 
die  getrocknete  Haut  abgezogen.  Es  ist  meist  nur  für  <p  = 

1)  Die  Verminderung  von  S*  durch  die  Politur  von  22  auf  12  deutet 
darauf  hin,  dass  vielleicht  bei  den  p.  273  erwähnten  Metallen  S2  im  all- 
gemeinen grösser  ist,  sodass  die  Näherungsformcln  noch  strenger  gültig 
werden. 


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Oberflächetuchighten.  553 

70°  beobachtet,  im  Folgenden  stehen  die  an  dieser  Platte  für 
jenen  Einfallswinkel  beobachteten  Resultate. 

n  —  A  2  tp 

Natürlicher  Zustand  33°  12  37°32 

PoHrter           „                                              62  48  8ß  59 

Mit  Alkohol  gewaschen  und  Leinen  geriebeu    68  48  35  24 

Weiter  gerieben                                            62  42  34  M 

Weiter  gerieben                                           55  39  32  16 

Weiter  gerieben                                           58  54  83  28 

Mit  Gelatine  gereinigt                                   54    1  34  16 

Mit  Alkohol  und  Leinen  behandelt    ....    58  20  35  40 

Wieder  mit  Gelatine  gereinigt  ......    52  28  34  40 

Mit  Leinen  abgerieben                                   56  42  85  42 

Noch  einmal  mit  Gelatine  gereinigt  .    .    .    .    56  15  36  2 

Mit  Alkohol  abgerieben                                 62  18  37  34 

Mit  CoUodium  gereinigt                                  48  12  34  25 

Mit  verdünnter  Schwefelsäure  behandelt    .    .    56   0  80  42 


Die  Zahlen  zeigen,  dass  die  Reinigung  mit  CoUodium 
hier  die  dem  ursprünglichen  Zustand  am  nächsten  liegenden 
Werthe  giebt.  Wiederholtes  Reinigen  mit  Gelatine  ergiebt 
schliesslich  keine  Abnahme  von  n  —  d,  »/»  wird  weniger  be- 
einflus8t,  für  <jp  =  70°  nimmt  y>  durch  die  angewandten  Be- 
handlungen ab,  für  grössere  Winkel  wächst  es,  entsprechend 
der  Vergrös8erung  von  x. l)  Die  Fläche  wurde  in  verdünnte 
Schwefelsäure  gelegt,  um  den  Wiener  Kalk  und  das  Pariser 
Roth,  mit  denen  polirt  war,  aufzulösen.  Die  Schwefelsäure 
hatte  aber  den  Bleiglanz  selbst  angegriffen,  indem  er  farbig 
angelaufen  war,  sodass  die  zuletzt  angegebenen  Zahlen  mit 
den  früheren  nicht  vergleichbar  sind. 

Aus  dem  grossen  Bleiglanzwürfel  wurde  ein  kleinerer 
abgespalten  und  drei  zu  einander  senkrechte  Flächen  polirt 
Es  geschah  dies  deshalb,  um  eventuell  eine  optische  Anomalie 
durch  ReHexionsbeobachtungen  zu  entdecken.  Es  zeigte  sich 
nun  in  der  That  eine  Fläche  (I)  von  den  zwei  anderen  II 
und  III  wesentlich  verschieden,  während  II  und  III  über- 
einstimmten. Da  aber  die  erhaltenen  Werthe  von  \fß  und  A 
mit  dem  Azimuth  der  Einfallsebene  nicht  variirten,  so  war 
dies  ein  Anzeichen  dafür,  dass  nicht  der  Bleiglanz  durch 
innere  Spannungen  irregulär  geworden,  sondern  dass  die 

I)  Vergl.  Tabelle  III  und  IV. 


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554 


JP.  Drude. 


Oberflachenbeschaffenheit  der  drei  Fliehen  eine  verschiedene 
war.  In  der  That  ergaben  sie  auch  nach  gründlicher  Be- 
handlung mit  Alkohol  und  Leinen  annähernd  gleiche  Re- 
sultate. 

Die  ursprünglichen,  nach  der  Politur  erhaltenen  Werthe 
von  i/'  und  A  waren  folgende: 

Tabelle  I.  Polirt. 


q  50° 

70° 

72° 

74° 

76° 

78° 

J  n-15°14' 
2y            65  18 
log  tg  Q  9,7568 
\ogS  0,5515 

^-53°-' 
34  17 
9,7359 
0,5695 

n_64Ä10' 
31  — 
9,7331 
0,5593 

n-8t°— ' 
28  33 
9,7303 
0,5628 

82"  — ' 
28  50 
9,7366 
0,5627 

63°30 
30  53 
9,7286 
0,56W 

Mittelwerth: 

logtgQ  = 

9,7369,  log  S  =  0,5638,  n 
0,510,        rix  «  1,69. 

=  3,32, 

II,  III.  Polirt 

*     [  W 

1  70° 

72° 

74» 

76° 

78° 

A  7i-14°55' 
2y           66  24 
log  tg  Q  9,7702 
log  S  0,5690 

7i  -  58° 30' 
33  40 
9.7543 
0,5450 

7i-  64°54' 
30  41 
9,7460 

0,5372 

ti-85036' 
30  9 
9,7628 
0,5461 

76°  — ' 
30  45 
9,7614 
0,5408 

59°42* 
34  14 

9,7690 
0,5413 

Mittel  werth:  log  tg  Q  =  9,7606,  log  S  =  0,5466,  «  =  3,16, 

x  =  0,536,        nx  =  1,69. 

Die  Werthe  für  n  und  x  liegen  zwischen  den  auf  p.  552 
angegebenen.  Für  I  ist  Q  und  S  constant,  für  II  und  III 
nehmen  Q  und  5  parallel  miteinander  erst  ab,  dann  zu. 

Auch  hier  wurden  die  Flächen  mit  Gelatine  gereinigt; 
die  Lösung  wurde  bis  zum  Kochen  erhitzt.  Es  zeigte  sich 
für  (p  =  70°: 

I:  n- J  =  56°  6',  2 v  =  36° 34' 
II:  91-^=59°  15',  2 t/r  =  36° 52' 
III:  n— J  =  55°47',  2i/'  =  35°18'. 

Mit  Alkohol  und  Leinen  behandelt,  ergab  sich: 
7T-J  =  52°15',  2i//  =  34°40', 
d.  h.  69  war  n  —  d  verkleinert,  im  Gegensatz  zu  dem  bei  der 
früher  erwähnten  (p.  552)  Fläche  erhaltenen  Resultate.  Es 
hängt  dies  damit  zusammen,  dass  die  Gelatinelösung  hier 


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Ohe  rßii  chenschichten. 


Do.r> 


auf  den  Flächen  gekocht  hatte,  wodurch  wahrscheinlich  die- 
selben etwas  verändert  waren,  wie  spätere  Versuche  zeigten 
(a.  p.  558).  Collodiumreinigung  ergab  auch  hier  die  kleineren 
Werthe  von  n  —  A  als  Gelatinereinigung,  nämlich : 

n  -  A  =  54°  10',  2i/>  =  34°  45'. 
Darauf  folgende  Behandlung  mit  Leinen  vergrößerte 
wieder  n  —  A. 

Es  verdient  hervorgehoben  zu  werden,  dass  die  Politur 
der  Flächen  durch  die  verschiedenen  Behandlungen  durchaus 
nicht  litt 

Man  könnte  einwenden,  dass  die  Gelatine  deshalb  den 
Bleiglanz  nicht  vollständig  reinigt,  weil  durch  das  Wasser 
derselbe  oxydirt  oder  irgendwie  verändert  wird,  und  dass 
deshalb  das  Collodiumverfahren  hier  gründlicher  reinigt. 
Wenn  dies  nun  auch  im  letzten  Falle  eingetreten  sein  mag, 
da  durch  besondere  Versuche  constatirt  wurde,  dass  kochen- 
des destillirtes  Wasser  in  der  That  auf  Bleiglanz  wirkt,  so 
trifft  dies  in  dem  früher  (p.  552)  angegebenen  Falle,  wo  die 
Gelatinelösung  nicht  kochte,  nicht  zu,  oder  wenigstens  ist 
die  gebildete  Oxydschicht  mit  der  Gelatine  abgerissen,  da 
hier  durch  Putzen  mit  Leinen  ir  —  A  vergrössert  wurde.  Denn 
es  zeigte  sich  (cf.  p.  558),  dass,  wenn  sich  wirklich  eine  Oxyd- 
schicht gebildet  hatte,  diese  auf  Leinen  abgerieben  werden 
konnte,  und  dass  dann  eine  Verminderung  von  n  —  A  entstand. 

Was  man  auch  für  andere  Reinigungsverfahren  vor- 
schlagen mag,  nie  wird  man  auf  den  ursprünglichen  Zu- 
stand zurückkommen,  da  schon  ein  loses  Reiben  mit  trocke- 
nem Leinen  oder  Leder,  was  doch  sonst  stets  beim  Vor-  oder 
Nachputzen  angewandt  wird,  auf  eine  frische  Spaltfläche 
ausserordentliche  Wirkung  übt  Ebenso  empfindlich  zeigt 
dieselbe  sich  gegenüber  einer  Berührung  mit  den  Fingern 
und  gegen  den  Hauch.  Es  ist  sehr  auffallend,  dass  für  eine 
frische  Fläche,  die  sich  an  der  Luft  tagelang  unverändert 
erhält,  bei  losem  Reiben  mit  Leinen  bei  70°  Einfallswinkel 
n—  A  von  33°  12'  auf  42°  12',  beim  Reiben  mit  Putzleder  auf 
40° 20'  wächst  Auch  i/»  wird  verändert  in  dem  Sinne,  wie 
es  die  Politur  ändert  (cf.  Tabelle  IV).  Der  ursprüngliche 
Zustand  war  auf  keine  Weise  wieder  zu  gewinnen.  Selbst 
auf  Spaltflächen,  die  nicht  mehr  intact  waren,  zeigte  sich  der 


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550 


P.  Drude. 


Einflu88  des  Reibemittels  bedeutend.  Von  den  vielen  be- 
obachteten einzelnen  Fällen  greife  ich  nur  eine  Reihe  heraus, 
die  mit  einer  Spaltfläche  von  Bleiglanz  und  Antimonglanz 
angestellt  waren.  Es  ist  nur  A  beobachtet,  da  dies  schon 
zur  Constatirung  der  Veränderung  genügte.  Dieselbe  Fläche 
wurde  mit  den  verschiedenen  Substanzen  nacheinander  in 
Berührung  gebracht. 

<p  =  70°. 

Hlciglauz  Antimonglanz 


n  —  A 

A  —  71 

46°0' 

36°33' 

53  54 

41  42 

40  24 

34  30 

51  0 

40  45 

Mit  Flamme  des  Bunsenbrenners  bestrichen 

08  30 

44  24 

55  30 

Wolle  

50  36 

51  13 

50  36 

51  10 

41  0 

36  15 

41  0 

36  13 

42  36 

34  30 

39  10 

Papier  zeigt  keinen  Einfluss,  die  Bunsentiamme  den  grössten. 

Die  grössere  Einwirkung  reinen  Leinens  als  die  von 
Putzleder  ist  sehr  auffallend;  sie  ist  an  sehr  vielen  Bei- 
spielen, die  ich  nicht  weiter  anführe,  constatirt.  Steinsalz 
verhielt  sich  ganz  ebenso  (cf.  p.  541).  Die  Parallelität1)  des 
Ganges  der  Verzögerung  beim  Blei-  und  Antimonglanz  spricht 
dafür,  dass  die  Natnr  der  Überflächenschicht  wesentlich  vom 
Reibmittel  abhängt. 

Ebenso  empfindlich  zeigten  sich  frische  Spaltflächen  der 
Berührung  mit  destillirtem  Wasser  gegenüber.  War  eine 
frische  Fläche  einmal  in  Wasser  getaucht,  so  war  nach  dem 
Abtrocknen  desselben,  was  in  Luft  oder  mit  Fliesspapier2) 
geschah,  n  —  A  von  33°12'  auf  49°20'  gestiegen,  was  wahr- 
scheinlich die  Wirkung  einer  festgehaltenen  Wasserober- 
flächenschicht 18t. 

1)  Nur  bei  Wolle  findet  sich  eine  Abweichung. 

2)  Durch  einen  besonderen  Versuch  wurde  constatirt,  dass  trockenes 
Fliesspapier  auf  Bleiglanz  nicht  wirkt. 


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Oberflächewschichttn. 


557 


Es  wurden  auch  einige  Beobachtungen  bei  y  —  70°  in 
Wasser  angestellt.  Die  in  Wasser  gespaltenen  Stücke  er- 
gaben nahezu  denselben  Werth,  als  die  in  Luft  gespaltenen 
und  dann  eingetauchten.  Auch  wiederholtes  Herausnehmen 
und  Wiedereintauchen  ergab  keine  wesentlichen  Aenderungen 
für  !/'  und  A.  Da  dies,  wie  wir  oben  sahen,  wesentliche 
Aenderungen  für  die  Beobachtungen  in  Luft  gibt,  so  ist  es 
interessant,  zu  prüfen,  für  welchen  Zustand  die  Beobachtun- 
gen in  Luft  mit  denen  in  Wasser  am  besten  stimmen.  Es 
ist  dies  der  frische,  für  den  2i»  =  37°  32',  J  =  ti-33w12' 
beobachtet  ist;  es  ist  ja  auch  begreiflich,  dass  die  Wirkung 
einer  Wasseroberfiächenschicht  im  Wasser  selbst  verschwindet. 
Nach  den  Formeln  folgt: 

2 1/;0  -  27°  23',    A0  =  n  -  54°  19'. 
Beobachtet  ist:  2i/>0«24°25',    J0  =  *  -  59°  24'. 

Die  Abweichung  könnte  aus  einer  Verdichtung  des  Was- 
sers am  Bleiglanz,  d.  h.  aus  einer  Vergrößerung  von  «0 
erklärt  werden.  Nach  Formel  (10)  muss  Q  =  ,  tg  { P 
=  n0tgJ/>0  sein.    Es  ist  nun: 

y  =  22°49',    Qo  =  21°  21' 

also  die  erste  Bedingung  nahezu  erfüllt.  Aus  der  zweiten 
folgt:  «0  =  1,417. 

Wurden  Spaltflächen  in  Wasser  beobachtet,  welche  durch 
Politur  oder  Reiben  ihre  natürlichen  Werthe  eingebüsst 
hatten,  so  ergaben  sie  auch  im  Wasser  andere  Werthe  für 
ji  —  A  und  2 »/',  denn  die  Wirkung  einer  durch  Leder  z.  B. 
aufgeriebenen  Oberflächenschicht  kann  im  Wasser  nicht  ver- 
schwinden. 

So  erhielt  ich  z.  B.  für  <jp  =  70°: 

J  =  7r-52"15',  2»/'  =  33°37', 
4,=  * -81°,  2«'0=29°0', 

diirivus ; 

log  tg  Q  =  9,7207 ,     log  tg  QQ  =  9,7384 
\P={n-  35°6',      lP0=n-  42°49' 
n  =»  1,535. 

Ein  anderes  Beispiel  ist: 

<4  =  *-43°12\   2^  =  36°10' 
A0  =  n  ~  Ö7°48',    2  t//ö  =  28°22' 


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558 


P.  fJnule. 


log  tg  Q  -  9,8636,   log  tg  Q0  =  9,8625 
JP=      -32»16',   J  P0  -  J  3i  -  39°57' 
w0  =  1,327. 

Es  ist  übrigens  zu  bemerken,  class  die  (p.  547)  entwickel- 
ten Formeln  hier  nicht  streng  gültig  sind,  da  der  Vorgang 
der  Reflexion  bei  einer  Oberflächenschicht  wesentlich  com- 
plicirter  ist  und  diese  ist  auch  bei  einer  frischen  Spaltfläche 
im  Wasser  vorbanden,  da  letzteres  eine  solche  bilden  wird. 
Deshalb  haben  die  Werthe  für  n0  auch  keine  directe  Be- 
deutung, ich  habe  sie  nur  angegeben,  um  die  Abweichung 
vom  normalen  Verhalten  zu  kennzeichnen. 

Ich  werde  auf  diesen  Punkt  im  IL  Theile  zurückkommen. 

Wurden  die  Flächen  in  destillirtem  Wasser  ausgekocht 
und  nach  dem  Erkalten  darin  beobachtet,  so  war  in  den 
eben  angeführten  Fällen  A0  und  2tftQ  geworden  zu: 

jr-970  15',   39°  38',   resp.    *-100°24',   39°  14'. 

Darauf  in  Luft  gebracht,  ergab  sich: 

A  =  n-  73°,  2i/'  =  38° 6', 

resp.  »-87  50',  42  0. 

Diese  wesentlichen  Veränderungen  waren  dadurch  her- 
vorgerufen, dass  das  kochende  Wasser  den  Bleiglanz  mit 
einer  bräunlichen  Schicht  überzogen  hatte,  die  aber  nur  bei 
genauer  Betrachtung  zu  bemerken  war.  Auf  Leinen  konnte 
sie  abgerieben  werden,  es  zeigte  sich  dann  eine  bedeutende 
Abnahme  von  n  —  Af  nämlich: 

A  2y 
^_  400  45',       33°  58'. 

Dies  dient  dem  p.  555  Gesagten  zur  Stütze. 

Die  ausserordentliche  Empfindlichkeit  solcher  Spalt- 
flächen gegenüber  der  geringsten  Politur  oder  der  Berührung 
mit  Flüssigkeiten  ist  wohl  so  zu  erklären,  dass,  da  durch 
die  Spaltung  der  Oberfläche  eine  früher  ihr  anhaftende 
Schicht  genommen  ist,  dieselbe  in  gleichsam  ungesättigtem 
Zustand  ist  und  jeden  ihr  gebotenen  Körper  anzieht  und 
festhält.  Es  muss  sich  dies  auch  in  einer  starken  Conden- 
sation von  Gasen  bemerkbar  machen,  worüber  Versuche 
anzustellen  wären.  —  Nach  dieser  Vorstellung  ist  natürlich, 


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i 


Oberflächenschichten. 


55» 


(lass  die  einmal  erzeugte  Oberflachenschicht  auf  keine  Weise 
ganz  wieder  zu  entfernen  ist,  es  wäre  denn,  dass  durch 
Reiben  auf  dem  eigenen  Pulver,  wie  Seebeck  gethan  hat, 
die  fremde  Oberfl&chenschicht  durch  eine  natürliche  ver- 
drängt werden  könnte. 

Im  Folgenden  fasse  ich  die  erhaltenen  Resultate  kurz 
zusammen.  Sie  sind  zwar  nur  an  den  angegebenen  Körpern 
beobachtet,  es  ist  aber  wahrscheinlich,  dass  sie  zu  verallge- 
meinern sind. 

1)  Feste y  sowohl  durchsichtige,  wie  absorbirende  Körper 
reflectiren  auf  natürlichen  Spaltungsflächen  das  Licht  nach  den 
Gesetzen  der  Fr esnel- Neumann 'sehen,  resp.  der  VoigVscken 
Theorie. 

2)  Durch  Poliren  oder  Berühren  mit  Flüssigkeiten  ent- 
stehen Oberflächenschichten,  welche  bei  durchsichtigen  Medien  die 
elliptische  Polarisation,  bei  undurchsichtigen  wesentliche  Aenderun- 
gen  der  aus  den  Reflexionsbeobachtungen  berechneten  optischen 
Constanten  hervorrufen. 

3)  Diese  Oberflächenschichten  sind  auf  keine  Weise  zu 
entfernen. 

4)  Bleiglanz  hat  für  Natriumlicht  den  Brechnngsexponenten 
n  =  4,30,  den  Absorptionsco'efficienten  nx  «=  1,72. 

5)  Die  angegebenen  Näherungsformeln  für  die  Metall- 
reflexion sind  bei  fast  allen  bis  jetzt  beobachteten  absorbirenden 
Medien  anzuwenden. 

Nachtrag. 

Nach  Abschlus8  der  soeben  mitgetheilten  Beobachtungen 
wird  mir  eine  Arbeit  des  Hrn.  Spurge1)  über  die  Reflexion 
des  Lichtes  an  natürlichen  Spaltflächen  von  isländischem 
Doppelspath  bekannt.  Dieselbe  hat  aber  nicht  so  sehr  den 
Zweck,  den  Kalkspath  in  frischem  Zustande  auf  die  ellip- 
tische Polarisation  hin,  als  vielmehr  die  Veränderung,  welche 
die  Politur  hervorbringt,  zu  untersuchen.  Hr.  Spurge  be- 
schränkt sich  darauf,  dies  für  einen  einzigen  Einfallswinkel 
zu  thun,  und  ich  glaube  daher,  dass  die  von  mir  mitgetheilten 
Beobachtungen  in  dieser  Beziehung  eine  Vervollständigung 


1)  C.  Spurge,  Proc.  Roy.  Soc  42.  p.  242.  1887. 


560 


P.  Drude. 


bieten,  da  mindestens  für  zwei  auf  verschiedenen  Seiten  des 
Haupteinfallswinkels  liegende  Einfallswinkel  zu  beobachten 
ist,  wenn  man  den  Einfluss  der  Politur  klar  erkennen  will. 

Ueber  die  Grösse  des  Einfallswinkels,  bei  dem  Hr. 
Spurge  beobachtet  hat,  kann  ich  keine  directe  Angabe 
finden,  muss  jedoch  aus  dem  Werthe  des  Azimuths  J  der 
grossen  Axe  der  Ellipse,  in  welcher  die  Aethertheilchen  in 
der  reflectirten  Bewegung  schwingen,  das  sich  zu  72°  ergab, 
schliessen,  dass  sich  der  Einfallswinkel  ziemlich  weit  vom 
Haupteinfallswinkel  entfernte.  Wenn  man  aber  den  Beweis 
fehlender  elliptischer  Polarisation  erbringen  will,  so  kommt 
es  auf  möglichste  Annäherung  an  den  Haupteinfallswinkel  an. 

Ausser  dem  Azimuth  J  hat  Hr.  Spurge  das  Axen- 
verhältniss  tgw  der  Ellipse  gemessen.  Für  kleine  Ver- 
zögerung A  besteht  die  Relation: 

tgoj  =  »sin 2«/.  A. 

Die  Methode  empfiehlt  sich  daher  nicht  zur  genauen 
Bestimmung  von  A}  da  in  der  Nähe  des  Haupteinfallswinkels, 
wo  J  sehr  klein  wird,  A  als  Quotient  zweier  sehr  kleinen 
Grösse  auftritt. 

Hr.  Spurge  hat  constatirt,  dass  die  polirte  Fläche  sich 
nicht  mit  der  Zeit  änderte.  Die  frische  Fläche  ist  hierauf 
nicht  geprüft.  Es  lässt  mich  dies  schliessen,  dass  die  Beob- 
achtungen an  ihr  nicht  mit  der  grössten  Schnelligkeit  nach 
vorgenommener  Spaltung  angestellt  sind,  worauf  es  sehr  oft 
ankommt.  Dies  wird  dadurch  bestätigt,  dass,  wie  ich  nach 
den  von  Hrn.  Spurge  mitgetheilten  Zahlen werthen  nach 
obiger  Formel  berechnet  habe,  infolge  der  Politur  A  von 
0,0180  l  auf  0,0138  A  abnimmt,  was  nach  den  vorstehenden 
Beobachtungen  aufs  deutlichste  gegen  den  frischen  Zustand 
der  Spaltfläche  spricht. 

Phys.  Inst,  zu  Göttingen,  Juni  1888. 


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Totalreflectometer. 


561 


XV.  Mittheilung,  das  Totalreflectometer  betreffend; 

von  C.  Pulfrich. 

• 

Vor  kurzem  hat  Ch.  So  ret  eine  für  die  Krystalloptik 
wichtige  Arbeit ')  veröffentlicht.  War  man  bisher  wohl  all- 
gemein der  Ansicht,  dass  die  Bestimmung  der  Hauptbrechungs- 
indices  von  zweiaxigen  Krystallen  nach  der  Methode  der 
Totalreflexion  eine  Schnittebene  verlange,  die  wenigstens  zu 
einer  Elasticitätsaxe  parallel  sein  müsse,  so  hat  Soret  in  der 
citirten  Arbeit  den  Nachweis  geliefert,  dass  eine  jede,  beliebig 
durch  den  Krystall  gelegte  Schnittebene  zur  Bestimmung  der 
Hauptlichtgeschwindigkeiten,  resp.  ihrer  reeiproken  Werthe, 
der  Hauptbrcchung8indices  verwerthet  werden  kann.  Der 
grosse  Nutzen,  der  damit  für  die  Praxis  entsteht,  bedarf  keiner 
weiteren  Begründung. 

Die  Frage  nach  dem  Einfluss  der  Lage  der  Schnittfläche 
auf  die  Ermittelung  der  Hauptbrechungsindices  zweiaxiger 
Krystalle  hat  mich  in  letzter  Zeit  vielfach  beschäftigt,  indem 
ich  zugleich  bestrebt  war,  der  Lösung  experimentell  mit  Hülfe 
des  Totalreflectometers  näher  zu  treten.  Soweit  meine  dies- 
bezüglichen Untersuchungen  bis  jetzt  erledigt  sind,  stehen  die- 
selben in  vollem  Einklang  mit  dem  Soret' sehen  Resultate. 
Für  jede  Schnittebene,  welche  in  einiger  Entfernung  von  den 
optischen  Axenrichtungen  durch  den  zweiaxigen  Krystall  hin- 
durchgeht, ergeben  sich  stets  zwei  Maximal-  und  zwei  Minimal- 
werthe  für  den  Grenzwinkel  der  Totalreflexion,  von  denen 
jedesmal  drei  den  Hauptbrechungsindices  entsprechen.  Im 
Totalreflectometer  hat  man  zwei  veränderliche  Curven,  deren 
jede  zwischen  einem  zugehörigen  Maximum  und  Minimum 
hin  und  her  wandert.  Die  Umkehrlagen  sind  aber  jetzt  nicht 
mehr  um  genau  90°  von  den  benachbarten  entfernt,  wie  das 
früher  bei  den  einaxigen  Krystallen  und  denjenigen  Schnitt- 
flächen zweiaxiger  Krystalle  der  Fall  war,  welche  parallel  zu 
einer  Symmetrieebene  oder  wenigstens  parallel  zu  einer  Sym- 
metrieaxe  verliefen.  Auch  die  Umkehrlagen  der  oberen  und 
unteren  Curve  fallen  nicht  mehr  in  dasselbe  Azimut.  Die  vier 

1)  Ch.  Soret,  Arch,  des  sciences  phys.  et  nat.  20.  p.  263.  1888. 
Im  Auszuge  vorher  mitgetheilt:  Compt.  rend.  107.  p.  176  u.  479.  1*88. 
Aon.  d.  Hhy».  u.  Clwro.  N.  V,  XXXVI.  36 


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50L> 


C.  Piilfrich. 


Maxima  und  Minima  erscheinen  vielmehr  gegeneinander  ver- 
schoben, und  beide  Curven  sind  unsymmetrisch.  Da  aber  jeder 
Schnitt  die  drei  den  Hauptschnitten  zugehörigen  Kreise,  deren 
Rädienvectoren  den  drei  Hauptlichtgeschwindigkeiten  einzeln 
gleich  sind,  in  je  zwei  um  180°  auseinanderliegenden  Punkten 
schneidet,  so  liefern  von  den  vier  Umkehrlagen  die  höchste 
und  niedrigste  allgemein  den  höchsten  und  niedrigsten  der  drei 
Hauptbrechungsindices,  ny  und  w«,  während  der  mittlere  Index  vß 
eine  kleine  Ueberlegung  verlangt,  bevor  man  sich  für  eine  der 
beiden  mittleren  Lagen  entscheidet.  Dieselbe  lässt  sich  um- 
gehen, wenn  man  eine  zweite  ebenfalls  beliebig  gelegene  Fläche 
der  Untersuchung  unterwirft.  Vergegenwärtigt  man  sich  die 
Wirkungsweise  des  Totalreflectometers,  so  ist  ersichtlich,  dass 
der  Cylinder  in  Bezug  auf  die  Bestimmung  der  Extremlagen, 
in  welchen  die  Curven  nicht  nur  ihre  Bewegungsrichtung  um- 
kehren, sondern  auch  im  Maximum  der  Schärfe  auftreten,  vor- 
zügliche Dienste  leistet. 

Eine  besondere  Vorsicht  bei  der  Bestimmung  von  ȧ  ist 
nur  dann  geboten,  wenn  die  Fläche  in  die  unmittelbare  Nähe 
der  optischen  Axen  fällt.  In  der  Richtung  der  optischen  Axen 
zeigen  nämlich  die  Grenzcurven  der  Totalreflexion  Besonder- 
heiten, auf  die  de  S6narmont  (1856)  zuerst  aufmerksam  ge- 
macht hat,  und  die  durch  den  Einfluss  der  conischeir 
Refraction  bedingt  sind.  Sie  wurden  bis  jetzt  nur  von 
W.  Kohlrausch  (1879)  an  Weinsäureplatten  wirklich  beob- 
achtet und  in  zehn  Zeichnungen  fixirt.  Liebisch  und 
Mallard  (1886)  haben  in  ihren  theoretischen  Erörterungen 
ebenfalls  diesen  Gegenstand  berührt.  Auch  Ch.  So  ret  kommt 
in  der  oben  erwähnten  Arbeit  ausführlich  darauf  zurück.  Mir 
selbst  ist  es  kürzlich  gelungen,  die  eigentümlichen  hyper- 
bolischen Grenzcurven,  die  sich  im  Augenblick  des  Durch- 
schneidens der  beiden  Grenzcurven  an  dieselben  anlegen,  in 
grosser  Deutlichkeit  an  einer  Asparaginplatte  zu  beobachten, 
nachdem  ich  mich  lange  Zeit  vergeblich  bemüht  hatte,  ein 
geeignetes  Weinsäurepräparat  zu  erhalten.  Asparagin  hat  zwar 
eine  etwas  geringere  Doppelbrechung  als  Weinsäure,  verdient 
aber  in  Bezug  auf  Herstellung  des  Schliffes  und  Haltbarkeit 
der  Politur  den  entschiedenen  Vorzug  vor  der  so  sehr  empfind- 
lichen Weinsäure.    Dass  die  Grösse  der  Doppelbrechung  allein 


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Totair  eflectomcter. 


563 


nicht  entscheidend  für  die  Sichtbarkeit  der  hyperbolischen 
Curven  ist,  sondern  letztere  nebenher  noch  durch  die  Grösse 
des  Axenwinkels  (für  Asparagin  86°)  bedingt  ist,  geht  aus  dem 
Umstände  hervor,  dass  trotz  der  starken  Doppelbrechung, 
welche  Arragonit  besitzt,  infolge  des  kleinen  Axenwinkels 
(17°)  die  Erscheinung  hier  nicht  zu  beobachten  war.  Auch  alle 
übrigen  von  Hrn.  Mülheims  untersuchten  und  parallel  zu  den 
beiden  Axen  geschliffenen  Krystalle  haben  nichts  von  den 
Nebenerscheinungen,  und  zwar  infolge  der  geringen  Doppel- 
brechung, erkennen  lassen. 

Die  Beobachtung  der  Erscheinung  an  Asparagin  erfolgte 
unter  Benutzung  des  streifenden  Lichteintritts;  die  vollkommene 
Uebereinstimmung  mit  der  Theorie  liefert  somit  den  Beweis 
dafür,  dass  principiell  auch  hier  die  Art  der  Beleuchtung  ohne 
Bedeutung  ist.  Infolge  der  nachtheiligen  Einwirkung  des 
Cylindermantels  auf  die  schrägliegende  Curve  ist  zur  Beob- 
achtung der  Erscheinung  der  conischen  Refraktion  die  An- 
wendung des  dem  Apparat  beigegebenen  90  gradigen  Prismas 
geboten. 

Noch  in  anderer  Richtung  bot  die  von  mir  untersuchte 
Asparaginplatte  einige  bemerkenswerthe  Erscheinungen  dar, 
die  bis  jetzt  noch  nicht  beobachtet  worden  sind.  Die  Fläche 
enthielt  vollkommen  genau  nur  die  eine  der  beiden  optischen 
Axen,  wich  aber  um  ein  geringes  von  der  zweiten  optischen 
Axe  ab.  In  der  Gegend  der  grössten  Annäherung  der  beiden 
Curven  (ein  Durchschneiden  findet  ja  bei  der  geringsten  Ab- 
weichung von  der  optischen  Axenrichtung  nicht  mehr  statt) 
zeigte  sich  nun  in  unmittelbarer  Nähe  der  unteren  Curve,  und 
zwar  ausserhalb  des  von  den  beiden  Curven  eingeschlossenen 
Gebietes  eine  eigenthümliche  Interferenztigur,  die  besonders 
deutlich  bei  Benutzung  eines  Nicols  sichtbar  wurde  und  grosse 
Aehnlichkeit  mit  der  Interferenzerscheinung  besitzt,  welche 
eine  senkrecht  zu  einer  Axe  geschliffene  zweiaxige  Krystall- 
platte  im  Polarisationsmikroskop  erkennen  lässt. 

Dass  die  Erscheinung  mit  der  schiefen  Lage  der  Axe  zur 

Krystallfläche  zusammenhängt,  unterliegt  keinem  Zweifel.  Denn 

einmal  gekört  die  Figur  einem  Helligkeitsgebiet  an,  welches 

durch  Stralden,  die  durch  den  Krystall  gegangen  sind,  erzeugt 

wird,  und  ferner  ist  sie  bei  einer  Drehung  der  Platte  um  180" 

3r,* 


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564 


C.  Pidfrich. 


vollständig  verschwunden.  Auch  nur  bei  streifender  Incidenz 
ist  sie  sichtbar,  nicht  al>er  bei  Benutzung  der  eigentlichen 
Methode  der  Totalreflexion. 

Eine  zweite  Asparaginplatte,  die  noch  in  stärkerem  Grade 
von  den  beiden  Axen  abwich,  zeigte  dieselbe  Interferenzfigur 
unterhalb  der  beiden  Curven,  jetzt  aber  in  grösserem  Abstände 
von  denselben.  Da  ich  mich  auf  diese  Weise  und  unter  Be- 
rücksichtigung des  Umstandes,  dass  bei  einer  Drehung  um  180° 
die  Erscheinung  nicht  eintrat,  leicht  über  die  genaue  Lage 
zur  Axenebene  orientiren  konnte,  so  genügte  beim  Nachschleifen 
ein  geringer  einseitiger  Druck,  um  die  Büschel  den  Curven 
näher  zu  bringen.  Innerhalb  der  Curven  habe  ich  die  Erschei- 
nung noch  nicht  beobachtet. 

Nachdem  ich  einmal  bei  Asparagin  die  Figur  gesehen  hatte, 
habe  ich  noch  bei  einer  fehlerhaft  geschliffenen  Topasplatte 
eine  leichte  Andeutung  der  Interferenzfigur  wiedergefunden. 
In  grosser  Ausdehnung  und  Regelmässigkeit  trat  dieselbe  aber 
bei  einer  Aragonitplatte  auf,  bei  welcher  beide  Axen  mehr 
oder  weniger  von  der  Schnittebene  abwichen,  und  zwar  hier 
mit  dem  Resultat,  dass  bei  einer  Drehung  um  180°  die  ent- 
fernteren dunkeln  Kreisringe  noch  sichtbar  waren,  der  Mittel- 
punkt der  Figur  zwar  fehlte,  nach  Maassgabe  der  Ringe  aber 
oberhalb  der  beiden  Curven  in  das  dunkle  von  Strahlen  nicht 
betroffene  Gebiet  fallen  musste. 

Ohne  hier  eine  Erklärung  dieser  augenscheinlich  durch  die 
Strahlenbrechung  in  der  Richtung  der  optischen  Axe  bedingten 
Erscheinung  versuchen  zu  wollen,  will  ich  noch  jener  weiteren, 
bei  der  Aragonitplatte  auftretenden  und  vollständig  neben  den 
eigentlichen  Grenzcurven  herlaufenden  Interferenzfiguren  und 
Grenzlinien  Erwähnung  thun,  die  vielleicht  in  einer  Zwillings- 
bildung ihre  Erklärung  findet,  und  welche  die  von  Hrn.  Mül- 
heims1) untersuchte  Aragonitplatte  nicht  gezeigt  hat  Sie  be- 
stehen in  einem  ähnlichen  und  ungefähr  parallel  zu  den  beiden 
Curven  verlaufenden  Liniensjstem  mit  Interferenzstreifen,  das 
bei  einer  Drehung  des  Nicols  einem  ebensolchen  Wechsel  der 
Helligkeit  unterworfen  ist,  wie  die  Hauptgrenzcurven,  und  auch 
bei  einer  Drehung  der  Krystallplatte  um  180°  eine  entsprechende 

I  I  Mülheims,  Groth,  Z.  für  Kryatallograpliic.  Bd.  14.  1888. 


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Totair  eflectometer. 


565 


Abhängigkeit  von  der  Lage  der  Platte  zur  optischen  Axenebene 
aufweist,  wie  die  Hauptcurven  selbst  Auch  hier  bleiben  bei 
Benutzung  der  Methode  der  Totalreflexion  nur  die  ursprüng- 
lichen Hauptgrenzcurven  sichtbar. 

Ich  beschränke  mich  auf  eine  kurze  Skizzirung  der  wich- 
tigsten Dinge,  da  ich  an  anderer  Stelle  ausführlich  auf  diesen 
Gegenstand  zurückkommen  werde.  Ich  habe  es  für  zweckdien- 
lich gehalten,  sämmtliche  Mittheilungen  Uber  die  Anwendung 
des  Totalrefiectometers  in  der  Krystalloptik  in  vollständig  ein- 
heitlicher Behandlung  in  einer  besonderen  Schrift  zusammen 
zu  fassen  und  dabei  alle  jene  Punkte  mit  aufzunehmen,  die  noch 
einer  Ergänzung  bedürfen.  Während  durch  eigene  Unter- 
suchungen sowohl  als  auch  durch  die  ausgedehnten  Messungs- 
reihen des  Hrn.  Mülheims  sich  das  Verfahren  erprobt 
hat,  ist  der  Gegenstand  durch  die  oben  erwähnte  Arbeit  von 
Sorot  und  die  vorstehend  angedeuteten  Versuche  zu  einem 
erfreulichen  Abschluss  gelangt. 

Noch  auf  einen  Punkt  möchte  ich  mir  erlauben,  hier  kurz 
hinzuweisen.  In  meiner  ersten  Veröffentlichung  über  das  Total- 
refiectometer1)  habe  ich  einen  Versuch  mit  einer  auf  Glas  auf- 
gekitteten Quarzplatte  beschrieben,  bei  welchem  die  sämmtlichen 
einzelnen  Schichten:  Flüssigkeit  (1,5822),  Quarz  (1,5532  und 
1,5442),  Canadabalsam  (1,5404)  und  Glas  (1,5181)  je  eine  deut- 
liche Grenzcurve  lieferten,  die  der  Messung  zugänglich  waren. 
Durch  drei  Schichten  hindurch  war  die  Messung  des  Brechungs- 
index des  oben  befindlichen  Glases  möglich,  wobei  man  eine 
etwa  vorhandene  keilförmige  Gestalt  der  einzelnen  Schichten 
durch  Drehen  um  180°  und  Mittelbildung  eliminirte.  Dieselbe 
Methode  habe  ich  in  letzter  Zeit  mit  einigen  anderen  schwach 
brechenden  Objecten  zur  Ausführung  gebracht  Die  Platte, 
beispielsweise  Gyps,  wird  mit  Canadabalsam  (1,54)  zwischen 
zwei  Flintglasplatten  (1,61)  eingekittet  Die  Messung  des  Haupt- 
brechungsindices  und  des  Axenwinkels  erfolgt  ebenso  wie  früher, 
als  die  Gypsplatte  direct  auf  dem  Cylinder  aufruhte;  nur  ist 
das  Object  jetzt  nicht  mehr  der  Gefahr  der  Beschädigung  aus- 
gesetzt. 

Die  Anwendbarkeit  dieser  Methode,  empfindliche  Objecte, 
1)  Pulfrich,  Wied.  Ann.  30.  p.  206.  18S7;  Taf.  X  Fig.  13». 


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566 


R.  flitter 


die  leicht  au  der  Luft  oder  iu  Berührung  mit  der  Flüssigkeit 
ihr  Politur  einbüssen,  gleichsam  hinter  Glas  und  Rahmen  zu 
untersuchen,  ist  aber,  sobald  man  sie  auf  stärker  brechende 
Substanzen  ausdehnen  will,  an  einen  Kitt  gebunden,  der  einen 
höheren  Iudex  besitzt,  als  der  gewöhnlich  benutzte  Canada- 
balsam  hat  Ein  solcher  Kitt  ist  mir  bis  jetzt  noch  nicht 
bekannt 

Bonn,  Ende  October  1888. 


XVI.    Untersuchungen  über  die  CmistUutton 
gasfih-miger  Weltkörper l) ; 
van  A.  Bitter  in  Aachen. 

Neunzehnte  Abtheilung. 


§77.  Einfluss  der  Mctcoii tenfällc  auf  den  Zustand  der  Obcr- 
flächenschicht  eines  gasförmigen  Weltkörpers. 

Die  bei  diesen  Untersuchungen  bisher  benutzten,  resp.  neu 
aufgestellten  Thesen  und  Hypothesen  können  ihrer  Natur  nach 
in  zwei  verschiedenen  Gruppen  gesondert  werden.  Die  eine 
umfa8st  alle  diejenigen,  welche  allgemein  als  unanfechtbar  gelten 
und  einer  näheren  Begründung  deshalb  nicht  bedürfen,  während 
die  andere  Gruppe  aus  solchen  besteht,  welche  bei  voller  An- 
erkennung ihrer  Unzuverlässigkeit  nur  versuchsweise  aufgestellt 
wurden,  zum  Zwecke  der  Gewinnung  eines  vorläufigen  Aus- 
gangspunktes und  einer  ersten  Annäherung  an  das  später  zu 
erreichende  Ziel. 

Als  zuverlässig  und  vollkommen  einwandfrei  können  zur 
ersteren  Classe  die  folgenden  Thesen  gerechnet  werden:  Diu 
Sonne  strahlt  fortwährend  mehr  Wärme  aus,  als  sie  durch  Zu- 
Strahlung  empfängt.  Infolge  dieses  Ueberwiegens  der  Ausstrah- 
lung findet  eine  im  grossen  und  ganzen  beständig  fortschrei- 
tende Contraction  des  Sonnenkörpers  statt  Die  Sonne  hatte 
also  in  früheren  Zeiten  ein  grösseres  Volumen  und  eine  ge- 
ringere mittlere  Dichtigkeit  als  jetzt. 


1)  A.  Ritter,  Wied.  Ann.  18.  p.488.  1883;  20.  p.  137  u.  897.  1883. 


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Constitution  (jusförmiger  IVcltkörper. 


567 


Die  Hypothese  des  gasförmigen  Zustandes  der  Sonne 
müsste  dagegen  zur  zweiten  Gruppe  gerechnet  werden;  denn 
niemand  ist  im  Stande,  zuverlässige  Auskunft  darüber  zu  geben, 
wie  das  Innere  der  Sonnenmasse  beschaffen  ist  Aber  wenn 
auch  alle  aus  dieser  letzteren.  Hypothese  und  aus  der  Voraus- 
setzung einer  annähernden  Gültigkeit  des  Mario  Helschen  Ge- 
setzes gezogenen  Folgerungen  in  Bezug  auf  den  gegenwärtigen 
Zustand  der  Sonne  für  ungültig  erklärt  werden  sollten,  so  müsste 
doch  zugegeben  werden,  dass  in  früheren  Zeiten,  als  die  Sonne 
ein  beträchtlich  grösseres  Volumen  hatte,  diese  Hypothesen  ein 
gewisses  Maass  von  Berechtigung  beanspruchen  konnten.  Es 
handelt  sich  also  nur  um  die  Frage:  zu  welcher  Zeit  eine  auf 
diese  Hypothesen  gegründete  Theorie  als  wenigstens  annähe- 
rungsweise zutreffend  gelten  konnte.  Möglich  ist  es,  dass  diese 
Zeit  der  fernen  Vergangenheit  angehört;  aber  keinenfalls  kann 
die  Discussion  jener  Hypothesen  ganz  umgangen  werden.  Wer 
eine  endgültige  und  vollständige  Entwicklungstheorie  der  Sonne 
zu  geben  unternimmt,  wird  nothwendig  auch  über  die  Zustands- 
änderung  einer  annähernd  dem  Mariotte'schen  Gesetze  unter- 
worfenen Gaskugel  Auskunft  zu  geben  im  Stande  sein  müssen. 

Ueber  die  Frage:  wie  weit  gerade  der  adiabatische 
Gleichgewichtszustand  als  der  natürliche  oder  normale  Zustand 
einer  wärmeausstrahlenden  Gaskugel  anzusehen  ist,  lässt  sich 
ebenfalls  streiten.  Da  jedoch  vorderhand  kein  anderer  Zustand 
bekannt  ist,  von  welchem  der  adiabatischc  Zustand  hinsichtlich 
seiner  Berechtigung  als  Ausgangspunkt  gewählt  zu  werden 
übertroffen  wird,  so  scheint  die  Discussion  des  adiabatischen 
Gleichgewichtszustandes  ebenfalls  nicht  wohl  umgangen  werden 
zu  können,  da  doch  nothwendig  irgend  ein  bestimmter  Zustand 
als  Ausgangspunkt  für  die  Untersuchung  der  Zustandsände- 
rungen  gasförmiger  Weltkörper  gewählt  werden  muss. 

Die  Nothwendigkeit  dieses  Untersuchungsganges  hat  offen- 
bar auch  Sir  William  Thomson  erkannt,  als  er  seine  Ab- 
handlung: „On  the  Equilibrium  of  a  Gas  under  its  own  Gra- 
vitation only"1)  veröffentlichte.  Iiese  Abhandlung  stimmt, 
wenn  auch  nicht  in  der  Darstellungsweise,  so  doch  ihrem 
wesentlichen  Inhalte  nach,  überein  mit  einem  Theile  der  im 


1)  W.  Thomson,  Phil.  Mag.  23.  Mär«  18ö7. 


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568 


A.  Ritter. 


Jabre  187*  erschienenen  dritten  Abtheilung  dieser  „Unter- 
suchungen etc."  Augenscheinlich  bat  Sir  W.  Thomson  von 
dieser  Abhandlung  keine  Kenntniss  gehabt,  als  er  die  seinige 
im  Jahre  1887  veröffentlichte,  worüber  der  Verfasser  der 
crsteren  kaum  das  Recht  hat,  sich  zu  beschweren,  da  es  ihm 
selbst  ebenso  ergangen  ist  in  Betreff  einer  bereits  im  Jahre 
1870  von  Homer  Lane1)  veröffentlichten  Abhandlung,  in 
welcher  ebenfalls  die  Theorie  des  adiabatischen  Gleichgewichts- 
zustandes entwickelt  und  auf  die  Sonne  angewendet  wurde. 

Dass  in  der  ObcrflächenBchicht  der  Sonne  Abweichungen 
von  der  adiabatischen  Zustandslinie  stattfinden  müssen,  wurde 
bereits  in  §  48  und  §  49  hervorgehoben.  Doch  ist  die  Art 
dieser  Abweichungen,  wegen  Mangels  genauerer  Kenntniss  der 
Gesetze  der  Wärme  -  Absorption  und  -Reflexion  in  heissen 
Gasen  noch  ziemlich  unbekannt,  wie  überhaupt  eine  theoretische 
Construction  des  Zustaudes  der  Oberhachenschicht  den  schwie- 
rigsten Theil  des  8onnenproblems  zu  bilden  scheint.  Alle  Ur- 
sachen und  Umstände,  welche  in  irgend  einer  Weise  den  Zu- 
stand der  Oberflächenschicht  beeinflussen  können  —  insbesondere 
diejenigen,  welche  auf  eine  Abweichung  vom  adiabatischen  Gleich- 
gewichtszustande hinwirken  —  verdienen  deshalb  die  sorgfaltigste 
Untersuchung. 

Zu  diesen  störenden  Ursachen  sind  unbedingt  auch  die 
Meteoritenfalle  zu  rechnen,  da  durch  die  bei  diesen  Vorgängen 
stattfindende  Umwandlung  von  lebendiger  Kraft  in  Wärme 
gerade  demjenigen  Theile  der  Überflächenschicht,  welcher  nach 
der  Theorie  des  adiabatischen  Gleichgewichtszustandes  die 
niedrigste  —  bis  auf  den  absoluten  Nullpunkt  herabgehende  — 
Temperatur  haben  müsste,  beständig  Wärme  zugeführt  wird. 
Es  handelt  sich  daher  nur  um  die  Frage:  in  welchem  Maasse 
durch  diese  Wärmezuführung  der  Zustand  der  Sonnenatmosphäre 
und  die  äussere  Erscheinung  der  Sonne  beeinflusst  werden  kann. 

Zwar  ist  die  von  Robort  Mayer  autgestellte  Hypothese, 
nach  welcher  die  Meteoritenfalle  die  alleinige  Quelle  der  Sonnen- 
wärme bilden  sollen,  als  im  Widerspruche  mit  der  Theorie  der 

1)  Homer  Lane,  Amer.  Journ.  Juli  1870.  Von  der  Existenz  dieser 
Abhandlung  erhielt  der  Verfasser  die  erste  Kunde  im  Jahre  1S83  durch 
ein  Citat  in  New  comb's  populärer  Astronomie.  (Deutsch  von  Rud. 
Engelmanu.) 


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Constitution  gasförmiger  fVeltkbrper. 


560 


Planetenbewegungen  stehend,  von  den  Astronomen  längst  ver- 
worfen. Auch  ist  dieselbe  schon  dadurch  hinfällig,  oder  min- 
destens überflüssig  geworden,  dass  —  wie  Helmholtz  zuerst 
gezeigt  hat  —  die  Oontractionstheorie  zur  Erklärung  der 
Sonnenwärme  vollkommen  ausreicht.  Aber  wenn  auch  hinsieht* 
lieh  der  Quantität  ihres  Beitrages  zu  der  ausgestrahlten 
Wärme  die  Meteoritenfalle  eine  untergeordnete  Rolle  spielen, 
so  ist  doch  hiermit  noch  keineswegs  erwiesen,  dass  dies  auch 
in  Bezug  auf  die  Qualität  der  ausgesendeten  Wärmestrahlen 
der  Fall  ist.  Es  handelt  sich  hier  nicht  allein  um  die  Frage : 
wieviel  Wärme  durch  Meteoritenfälle  erzeugt  wird,  sondern 
wesentlich  auch  um  die  Frage:  ob  es  Wärme  von  niedriger 
oder  Wärme  von  hoher  Temperatur  ist,  welche  der  ausstrah- 
lenden Oberflächenschicht  auf  solche  Weise  zugeführt  wird. 

Die  Untersuchung  dieser  Frage  gewinnt  dadurch  noch  ein 
besonderes  Interesse,  dass  —  wie  im  lolgenden  Paragraphen  sich 
herausstellen  wird  —  es  sich  hier  höchst  wahrscheinlich  um  die 
höchsten,  directer  Wahrnehmung  zugänglichen,  Temperaturen 
handelt,  welche  überhaupt  im  Universum  vorkommen  (insofern 
nämlich,  als  die  im  Inneren  der  Weltkörper  vorkommenden,  zum 
Theil  vielleicht  noch  höheren  Temperaturen,  als  von  directer 
Wahrnehmung  ausgeschlossen,  hier  nicht  in  Betracht  kommen). 
Aus  den  Untersuchungen  des  folgenden  Paragraphen  wird  sich 
zugleich  ergeben,  dass  die  Temperatur  der  bei  Meteoritenfallen 
erzeugten  Wärme  ganz  unabhängig  ist  von  den  Maassengrössen 
der  einzelnen  Meteoriten.  Hiernach  scheint  es  —  obwohl  in 
Betreff  der  pro  Zeiteinheit  durchschnittlich  auf  jede  Flächen- 
einheit der  Sonnenoberfläche  in  Form  von  Meteoriten  herab- 
stürzenden Massenquantität  bislang  noch  wenig  Zuverlässiges 
bekannt  ist  —  nur  der  Annahme  eines  hinreichenden  Zerthei- 
lungsgrades  dieser  Masse  zu  bedürfen,  um  die  Möglichkeit  und 
Wahrscheinlichkeit  des  erwähnten  Einflusses  in  befriedigendem 
Maasse  zu  begründen. 

Wie  eine  mit  leuchtenden  Punkten  besäete  dunkle  Fläche 
aus  der  Ferne  gesehen  als  helle  Fläche  erscheint,  so  mag  viel- 
leicht die  an  sich  schon  leuchtende  Sonnenoberfläche  infolge 
des  gleichzeitigen  Vorhandenseins  zahlreicher  Stellen,  an  wel- 
chen die  Temperatur  ausserordentlich  hoch  über  die  der  relativ 
dunklen  Umgebung  sich  erhebt,  dem  Beobachter  nicht  nur 


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570  A.  Ritter. 

merklich  boller  leuchtend  erscheinen,  sondern  auch  im  Spectrum 
ihres  Lichtes  Strahlen  zusenden,  welche  ohne  das  Stattfinden 
von  Meteoritenfallen  fehlen  würden.  Was  aber  in  Bezug  auf 
die  Sonne  gilt,  das_  muss  in  uocb  höherem  Maasse  für  gas- 
förmige Weltkörper  von  niedrigeren  Ausstrahlungstempera- 
turen gelten.  Hieraus  folgt,  dass  die  Meteoritenfälle,  soweit 
dieselben  überhaupt  einen  wahrnehmbaren  Einfluss  ausüben, 
darauf  hin  wirken,  die  Unterschiede  zwischen  den  verschiedenen 
Stern  typen  zu  verwischen.  Es  ist  sogar  recht  wohl  denkbar, 
dass  es  leuchtende  Weltkörper  giebt,  welche  lediglich  den 
Meteoritenfällen  die  Eigenschaft  des  Leuchtens  verdanken,  und 
welche  ohne  das  Stattfinden  derselben  überhaupt  nicht  wahr- 
genommen werden  könnten. 

Diese  zur  Erklärung  des  Leuchtens  der  Nebelflecke  an 
anderem  Orte1)  schon  früher  aufgestellte  Hypothese  ist  an- 
scheinend der  neuerdings  von  Lockyer*)  aufgestellten  Hypo- 
these vorzuziehen,  nach  welcher  die  Nebelflecke  selbst  Meteo- 
ritenschwärme sein  sollen,  und  die  Ursache  des  Leuchtens 
darin  bestehen  soll,  dass  die  einzelnen  Meteoriten  —  entweder 
miteinander  oder  mit  denen  eines  fremden  Schwanns  —  ge- 
legentlich zu8ammenstossen.  Denn  bei  solchen  Zusammenstösseu 
würde  zugleich  eine  partielle  Verdampfung  eintreten,  und  infolge 
dessen  würde  der  vorher  leere  Raum  zwischen  den  Meteoriten 
mit  Dämpfen  oder  Gasen  sich  anfüllen.  Die  Meteoritenwolke 
würde  also  allmählich  in  eine  mit  eingestreuten  festen  Kör- 
pern gefüllte  Gaswolke  übergehen.  Nach  dem  Eintreten  dieses 
Zustandes  würde  es  aber  der  Annahme  von  Zusammcnstösscn 
überhaupt  nicht  mehr  bedürfen,  um  das  Leuchten  der  Wolke 
zu  erklären.  Denn  hierzu  würde  der  Widerstand,  welchen  das 
gasförmige  Medium  den  Bewegungen  der  Meteoriten  entgegen- 
setzt, schon  ausreichen  —  wie  gering  auch  immer  die  Dichtig- 
keit des  Gases  sein  möge  — ,  insofern  die  bei  Ueberwindung 
dieses  Widerstandes  eintretende  Temperaturerhöhung,  wie  im 
folgenden  Paragraphen  sich  herausstellen  wird,  unabhängig  ist 
von  der  Dichtigkeit  des  Gases.  Durch  die  in  dem  gasförmigen 
Medium  auftretenden  Widerstände  würden  zugleich  die  Bewe- 

1)  Hüter,  Exner'a  Repert.  der  Phya.  20.  p.  885.  1884. 

2)  J.  Norman  Lockyer,  Proc.  of  the  Roy.  Soc.  44.  Nr.  26G.  p.  2. 
(12.  April  1888). 


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Constitution  gasförmiger  Weltkbrpcr. 


571 


gungen  der  Meteoriten  allmählich  gehemmt  werden,  worauf 
dann  das  Herabsinken  derselben  zum  Gravitationscentrum  ein 
Zusammenschrumpfen  des  Schwanns,  und  die  hierbei  durch  die 
Gravitationsarbeit  verursachte  Wärmeentwickelung  nach  Ab- 
lauf eines  verhältnismässig  kurzen  Zeitraums  den  Uebergang 
des  Meteoritenschwarms  in  einen  gasförmigen  Weltkörper  her- 
beifuhren würde. 

Ausserdem  ist  zu  berücksichtigen,  dass  es,  wie  oben  bereits 
erwähnt  wurde,  der  Annahme  von  eingestreuten  festen  Par- 
tikeln in  der  Gas  wölke  überhaupt  nicht  bedarf  —  weder  zur 
Erklärung  des  Leuchtens  der  Gaswolke,  noch  zur  Erklärung 
der  von  Lockyer  angeführten  Spectralerscheinuugen  — ,  da 
es  hinsichtlich  dieser  Erscheinungen  keinen  Unterschied  bedin- 
gen kann,  ob  es  Meteoriten  desselben  Schwanns  oder  von 
aussen  eindringende  fremde  Meteoriten  sind,  deren  Bewegung 
das  Leuchten  verursacht 

Dass  in  manchen  Fällen  die  Lockyer' sehe  Meteoriten- 
theorie  zu  denselben  Ergebnissen  führen  muss,  wie  die  Theorie 
der  gasförmigen  Weltkörper,  erklärt  sich  durch  die  nahe  Ver- 
wandtschaft zwischen  diesen  beiden  Theorien.  Um  die  nach 
der  ersteren  Theorie  erforderliche  Häufigkeit  der  Zusammen- 
stösse  zwischen  den  Meteoriten  eines  Schwanns  zu  erklären, 
müsstc  man  fur  die  Gesammtmasse  desselben  einen  entsprechend 
hohen  Zertheilungsgrad  voraussetzen.  Wenn  man  aber  diese 
Zertheiluug  so  weit  fortgesetzt  sich  denkt,  dass  die  Lockyer'- 
schen  Meteoriten  schliesslich  bis  auf  die  Grosse  von  Gasinole- 
cülen  zusammenschrumpfen,  so  würde  hiermit  der  Unterschied 
zwischen  beiden  Theorien  ganz  verschwinden. 

Auch  in  Bezug  auf  die  Erklärung  des  Unterschiedes  zwi- 
schen den  verschiedenen  Fixsterntypen  —  insbesondere  des 
Unterschiedes  zwischen  den  von  Vogel  mit  III,  und  IHb  be- 
zeichneten beiden  Classen  der  rothen  Fixsterne  —  scheint  die 
Lockyer'sche  Theorie,  nach  welcher  die  Fixsterne  ebenfalls 
Meteoritenschwärme  oder  Conglomerate  von  Meteoriten  sein 
sollen,  keinerlei  Vorzüge  zu  bieten  vor  der  hier  vertretenen 
Annahme  eines  gasförmigen  Aggregatzustandes  dieser  Welt- 
körper. 

Die  neuerdings  auch  von  Lockyer  adoptirte  Hypothese, 
nach  welcher  die  Ausstrahlungstemperatur  bei  den  Sternen  der 


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572 


A.  Ritter. 


Classe  LH.  noch  im  Zunehmen,  bei  den  Sternen  der  Clause  Illb 
aber  schon  wieder  im  Abnehmen  begriffen  ist,  wurde  versuchs- 
weise bereits  in  §  67  dieser  Untersuchungen  aufgestellt  und 
ergab  sich  dort  als  eine  ungezwungene  Folgerung  aus  den  Ge- 
setzen der  Zustandsanderung  eines  gasförmigen  Weltkörpers.') 
Bei  Aufstellung  dieser  Hypothese  wurde  am  Schlüsse  des  §  67 
zugleich  bemerkt,  dass  eine  Bestätigung  derselben  den  weiteren 
Forschungen  der  Spectralanalyse  überlassen  bleiben  müsse. 
Wenn  nunmehr  Lockyer  auf  Grundlage  der  Resultate  neuerer 
Spectralforschungen  ebenfalls  zu  dieser  Ansicht  sich  bekennt 
und  die  ausdrückliche  Erklärung  hinzufügt,  dass  über  die  Rich- 
tigkeit derselben  kein  Zweifel  obwalten  könne*),  so  liegt  es 
nahe,  diesen  Ausspruch  einer  der  ersten  Autoritäten  auf  dein 
Gebiete  der  Spectralanalyse  im  Sinne  jener,  am  Schlüsse  des 
§  67  als  erwünscht  bezeichneten  Bestätigung  zu  verwerthen, 
und  scheint  vorläufig  —  gegenüber  der  in  §  64,  65,  66  ge- 
gebenen mathematischen  Begründung  der  obigen  Hypothese  — 
fur  die  Heranziehung  einer  neuen  Theorie  ein  Bedürfniss  noch 
nicht  vorzuliegen. 

Dass  die  Möglichkeit  eines  wahrnehmbaren  Einflusses  der 
Meteoritenfalle  auf  die  Lichtausstrahlung  der  Weltkörper  bis- 
lang wenig  beachtet  worden  ist,  hat  vielleicht  darin  seinen 
Grund,  dass  in  Bezug  auf  den  Vorgang  des  Eindringens  der 
Meteoriten  in  die  Atmosphäre  eines  Weltkörpers  bisher  unklare 
und  theilweise  ganz  unrichtige  Vorstellungen  geherrscht  haben, 
was  in  Betracht  der  Schwierigkeit,  für  derartige,  das  gewohnte 
terrestrische  Maass  überschreitenden,  kosmischen  Wirkungen  so- 
gleich den  richtigen  Maassstab  der  Beurtheilung  zu  finden,  ganz  be- 
greiflich erscheint.  Zwar  konnte  in  Bezug  auf  die  Quantität  der 
bei  diesem  Vorgange  erzeugten  Gesammtwärme  seit  Begründung 
der  mechanischen  Wärmetheorie  niemals  ein  Zweifel  bestehen, 
da  diese  Quantität  unmittelbar  aus  dem  Gesetze  der  Aequivalenz 
von  Wärme  und  lebendiger  Kraft  sich  ergiebt.  Wohl  aber 
scheint  in  Bezug  auf  die  Qualität  derselben  —  d.  h.  in  Bezug 
auf  die  hervorgebrachte  Temperaturerhöhung  —  behauptet 
werden  zu  dürfen,  dass  dieselbe  bisher  unterschätzt  worden  ist. 


1)  Ritter,  Wied.  Ann.  20.  p.  156.  1883. 

2)  Lockyer,  Proc.  of  the  Roy.  Soc.  44.  p.  21.  1888. 


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Constitution  gasförmiger  Weltkörper. 


573 


In  der  von  Schiaparelli l)  aufgestellten  „Theorie  der 
beim  Eindringen  der  Meteoriten  in  die  Erdatmosphäre  statt- 
findenden Wärmeentwickelung"  ist  fur  den  als  erstes  Beispiel 
gewählten  Fall  einer  Eintrittsgeschwindigkeit  von  72  000  Metern 
pro  Secunde,  unter  Voraussetzung  der  Gültigkeit  des  Mariotte'- 
schen  Gesetzes,  eine  Temperaturerhöhung  von  etwa  40000 
Grad  berechnet  worden,  während  die  richtige  Berechnung  unter 
gleicher  Voraussetzung  eine  Temperaturerhöhung  von  nahezu 
4  Millionen  Grad  ergiebt 

Schiaparelli  würde  für  diese  Temperaturerhöhung  einen 
noch  kleineren  Werth  gefunden  haben,  wenn  er  für  die  oberste 
Schicht  der  Atmosphäre,  statt  der  willkürlich  angenommenen 
absoluten  Temperatur  von  123  Grad,  eine  niedrigere  Tempe- 
ratur angenommen  hätte.  Denn  in  der  von  Schiaparelli 
abgeleiteten  Gleichung  erscheint  der  Ausdruck  fur  die  Tempe- 
ratur der  comprimirten  Luft  in  Form  eines  Produkts,  welches 
die  ursprüngliche  Temperatur  (der  noch  nicht  comprimirten 
Luft)  als  Factor  enthält  Hiernach  würde  also  —  wie  Schia- 
parelli selbst  hinzufügt  —  die  Annahme,  dass  die  absolute 
Temperatur  der  obersten  Atmosphärenschicht  gleich  Null  ist 
(wie  es  z.  B.  der  Theorie  des  adiabatischen  Gleichgewichts- 
zustandes entsprechen  würde),  zu  dem  Resultate  führen:  dass 
gar  keine  Temperaturerhöhung  hervorgebracht  wird.  Hierin 
liegt  aber  ein  vollgültiger  Beweis  für  die  Unzulässigkeit  der 
von  Sjchiaparelli  angewendeten  Bereohnungsmethode,  da  es 
dem  Grundprincipe  der  mechanischen  Wärmetheorie  wider- 
sprechen würde,  wenn  ein  Theil  der  lebendigen  Kraft  ver- 
schwände, ohne  dass  die  äquivalente  Wärmequantität  er- 
zeugt wird. 

Der  Fehler,  welcher  in  die  Ableitung  der  oben  erwähnten 
Gleichung  sich  eingeschlichen  hat,  besteht  darin:  dass  Schia- 
parelli die  Compression,  welche  die  an  der  Vorderfläche  des 
eindringenden  Meteoriten  befindliche  Luft  erleidet,  als  eine 
adiabatische  oder  isentropische  Zustandsänderung  behan- 
delt, während  dieselbe  in  Wirklichkeit  zur  Kategorie  der  mit 
Entropiezunahme  verbundenen,  beschleunigten  Zustands- 
änderungen  gehört.    Dass  diese  unter  anderen  Umständen 

1)  Schiapparelli,  Entwurf  einer  astronomischen  Theorie  der  Stern- 
schnuppen. (Deutach  von  Bogusla wsky.) 


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574 


A.  Ritter, 


—  wie  z.  B.  bei  der  Theorie  des  Schalls  —  ganz  gebräuch- 
liche und  durchaus  unschädliche  Abweichung  von  der  exacten 
Behandlung8weise  verhängnissvoll  für  das  Ergebniss  der  Unter- 
suchung werden  musste,  erklärt  sich  durch  die  eigenthümliche 
Natur  des  vorliegenden  Falles.1) 

Die  Gleichung  für  die  wirklich  hervorgebrachte  Tempe- 
raturerhöhung kann,  wie  im  folgenden  Paragraphen  gezeigt 
werden  soll,  auf  eine  viel  einfachere  Weise  mittelst  der  ele- 
mentaren Theorie  des  Stesses  unmittelbar  aus  dem  Grund- 
principe  der  mechanischen  "Wärraetheorie  abgeleitet  werden. 

§  78.  Berechnung  der  beim  Eindringen  eines  Meteoriten  in  die 
Atmosphäre  eintretenden  Temperaturerhöhung. 

Bei  geradem  centralen  Stosse  einer  mit  der  Geschwindig- 
keit tij  sich  bewegenden  Masse  mx  gegen  die  mit  der  Geschwin- 
digkeit m2  sich  bewegende  Masse  m2  werden  im  Augenblicke 
der  grössten  Zusammendrückung  die  beiden  Körper  eine  ge- 
meinschaftliche Geschwindigkeit  u  annehmen,  welche  so  gross 
ist  wie  die  Geschwindigkeit,  welche  der  gemeinschaftliche 
Schwerpunkt  des  Ganzen  vor  dem  Stosse  bereits  hatte.  Diese 
Geschwindigkeit  kann  nach  der  Lehre  vom  Schwerpunkte  be- 
rechnet werden  aus  der  Gleichung: 
660)  {ml  +  m2)  u  =  ml  iij      m2«3  , 

welche  in  Bezug  auf  den  vorliegenden  Fall  ausdrückt,  dass  die 
Bewegungsgrösse  unverändert  geblieben  ist.  Indem  man  die 
im  Augenblicke  der  grössten  Zusammendrückung  vorhandene 
lebendige  Kraft  subtrahirt  von  der  vor  dem  Stosse  vorhanden 
gewesenen  lebendigen  Kraft,  erhält  man  für  den  Verlust  an 
lebendiger  Kraft  den  Ausdruck: 

(CGI)  ©  —  m% ***  +  w*<t*2  —  1  W|  +  m*>  , 


1)  Im  übrigen  muss  der  Verfasser  dieser  „Untersuchungen"  sich  hier 
in  gewissem  Sinne  als  mitschuldig  bekennen,  insofern  er  die  von  Sehia- 
p  are  Iii  aufgestellte  Theorie  in  beide  Auflagen  seines  Lehrbuchs  aufge- 
nommen hat,  was  natürlich  bei  rechtzeitiger  Entdeckung  des  Fehlers 
unterblieben  wäre.  iVgL  des  Verfassers  „Lehrbuch  der  Ingenieurmecha- 
nik", erste  Aufl.  §  167,  zweite  Aufl.  §  199.  Die  in  der  ersten  Aufhigo 
enthaltene  Angabe  des  Ursprungs  ist  bei  der  zweiten  Auflage  infolge 
eines  Versehens  weggeblieben). 


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Constitution  gasförmiger  Weltkörper. 


575 


welcher  nach  Substitution  des  aus  der  vorigen  Gleichung  fur 
u  zu  entnehmenden  Werthes  die  folgende  Form  annimmt: 

(662)  ^  =  m  - 

Wenn  die  Umstände  so  beschaßen  sind,  dass  der  Fall  des  voll- 
kommen unelastischen  Stosses  vorauszusetzen  ist,  so  werden 
beide  Körper  mit  der  unverändert  bleibenden  gemeinschaftlichen 
Geschwindigkeit  u  nach  dem  Stosse  sich  weiter  bewegen,  und 
der  oben  berechnete  Verlust  an  lebendiger  Kraft  ist  in  diesem 
Falle  ein  bleibender  Verlust. 

Für  den  Fall,  dass  die  gestossene  Masse  vor  dem  Stosse 
im  Ruhezustande  sich  befand,  ist  ?/2  =  o  zu  setzen,  und  man 
erhält  für  diesen  Fall  die  Gleichungen: 

w  » =  Ä  • 

(604)  *  =  T'(«, +..,)• 

Wenn  man  annimmt:  dass  nach  Vereinigung  der  beiden 
Körper  zu  dem  Massencomplexe  m,  -f-  m2  ein  neuer  Stoss  gegen 
die  vorher  ruhende  Masse  wi3  erfolgt,  hierauf  ein  Stoss  des 
Massencomplexes  im,  +  mt  +  m3  gegen  die  vorher  ruhende  Masse 
wi4  u.  s.  w.,  so  können  für  jeden  dieser  Stösse  die  Aenderungen 
der  Geschwindigkeit  und  der  lebendigen  Kraft  auf  dieselbe 
Welse  wie  oben  berechnet  werden.  Denkt  man  sich  die  Massen- 
grössen der  gestossenen  (vor  dem  Stosse  ruhenden)  Körper 
und  ihre  Abstände  voneinander  unendlich  klein  —  wie  z.  B. 
bei  dem  in  Fig.  1  dargestellten  Falle,  bei  welchem  die  ge- 


ÜL'jm  DDGDOÜQQDÜOD 

jf  m 

Fig.  1. 

stossenen  Körper  als  unendlich  nahe  bei  einander  befindliche, 
unendlich  dünne  Scheiben  gedacht  sind,  deren  Ebenen  recht- 
winkelig zur  Stossrichtung  stehen  — ,  so  ergeben  sich  für  den 
Zeitpunkt,  in  welchem  der  stossende  Massencomplex  die  Grösse 


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570 


A  Ritter. 


M  +  m,  und  die  Geschwindigkeit  desselben  die  Grösse  u  er- 
reicht hatte,  auf  dieselbe  Weise  wie  oben  die  Gleichungen : 
(665)  (Af  +  m  +  dm){u  +  du)  =  (Af  +  m)ti, 

(66G)  -) 

Die  vorletzte  Gleichung  drückt  wiederum  das  Constantbleiben 
der  Beweguugsgrösse  aus;  wenn  also  anfangs  m  =  o  und  ?/=w0 
war,  so  ist: 

(G67)  (A/+  m)n  =  Afw0. 

Der  Gleichung  (666)  kann  man,  da  im  Nenner  die  unendlich 
kleine  Grösse  dm  neben  der  endlichen  Grösse  M+m  verschwin- 
det, auch  die  einfachere  Form  geben: 

(668)  d%  =  ^dm  =  u±d(mg). 

Indem  man  ferner:  Mg  =  Q,  mg  =  7  und  «*/2<7  =  r  setzt, 
gelangt  man  schliesslich  zu  den  folgenden  Gleichungen: 

(669)  (Q + 

(670)  r/«8  = 

Der  in  Meterkilogrammen  ausgedrückten  verlorenen  leben- 
digen Kraft  d$ß  entspricht  das  Wärmeäquivalent  A  r/33.  Wenn 
also  angenommen  werden  darf,  dass  die  als  solche  verschwin- 
dende lebendige  Kraft  in  Wärme  sich  verwandelt,  und  dass 
diese  Wärme  ausschliesslich  auf  die  gestossene  Masse  sich 
überträgt,  so  ergiebt  sich  fur  die  derselben  pro  Massenkilo- 
gramm zugefuhrte  Wärme  der  Werth: 

(671)  w=A^=Az. 

Indem  man  diese  Wärmequantität  durch  die  specifische  Wärme 
c  dividirt,  erhält  man  für  die  hervorgebrachte  Temperatur- 
erhöhung den  Werth: 

(672)  ß  -  A*  • 

Diese  Gleichung  zeigt,  dass  bei  ursprünglich  überall  glei- 
cher Temperatur  die  einzelnen  Scheiben  mit  ungleichen  Tem- 
peraturen an  den  stossenden  Massencylinder  sich  anschliessen, 
und  zwar  erleidet  die  erste  Scheibe  die  grösste  Temperatur- 
erhöhung: 

(673)  00  =  Acs»  . 


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Constitution  gasförmiger  Weltkörper.  577 


Im  Inneren  der  Masse  m  wird  daher  die  Temperatur  in  der 
Richtung  nach  der  Vorderfläche  hin  allmählich  abnehmen. 

*Den  Stossdruck  W  kann  man  aus  Gleichung  (667)  berech- 
nen, indem  man  dieselbe  nach  der  Zeit  /  differcnziirt;  man  er- 
hält dann  die  Gleichung: 

(674)  (M  +  m)^  +  u%  =  0, 

in  welcher  das  erste  Glied,  als  Product  aus  Masse  und  Be- 
schleunigung, seinem  absoluten  Werthe  nach,  den  Stossdruck 
oder  den  der  Bewegung  entgegenwirkenden  Widerstand  dar- 
stellt.   Dieser  Widerstand  hat  also  die  Grösse: 

(675) 

Während  der  stossende  Massenc) linder  mit  der  Geschwin- 
digkeit u  vorrückt,  tindet  ein  beständiges  Wachsen  seiner  Länge 
statt,  insofern  die  vorher  ruhenden  scheibenförmigen  Massen- 
elemente, eines  nach  dem  anderen,  sich  an  denselben  an- 
schliessen  und  mit  demsclbeu  zu  einer  compacten  Masse  ver- 
einigen. Wenn  mit  u  die  Geschwindigkeit  des  Wachsens  jener 
Verlängerung  bezeichnet  wird,  so  ist  a  +  u  die  Geschwindig- 
keit, mit  welcher  der  jeweilige  Ort  des  Stosses  fortschreitet. 
Die  während  der  Zeit  dt  zu  dem  stossenden  Massencylinder 
neu  hinzukommende  Masse  dm  wird  also  aus  allen  denjenigen 
Scheiben  sich  zusammensetzen,  welche  vorher  zwischen  den 
beiden  Endpunkten  der  Strecke  (u  +  u)dt  lagen.  Wenn  also 
mit  F  die  Scheibentiäche  bezeichnet  wird  —  oder  die  Quer- 
schnittsfläche  des  die  ruhenden  Scheiben  enthaltenden  cylindri- 
schen  Raumes  —  mit  y  das  Gewicht  der  Masse,  welche  in 
jedem  Cubikmeter  dieses  Raumes  enthalten  sein  würde,  wenn 
die  Massensumme  der  (in  Wirklichkeit  durch  leere  Zwischen- 
räume getrennten)  Scheiben  gleichförmig  in  demselben  vertheilt 
wäre,  und  mit  der  Werth,  bis  zu  welchem  die  Grösse  /  zu- 
nimmt bei  der  Vereinigung  der  Scheiben  zu  einer  compacten 
Masse:  so  kann  unter  der  Voraussetzung,  dass  jede  Scheibe 
bei  dem  Stosse  nur  um  einen  verschwindend  kleinen  Bruch- 
theil  ihrer  Dicke  zusammengedrückt  wird,  das  Gewicht  der 
Masse  dm  berechnet  werden  aus  der  Gleichung: 

(676)  d{my)  =  dq  =  yF{u  +  u)dt  =  y'Füdt. 

Ann.  d.  l'hy».  u.  Ch»m.  N.  V.  XXXVI.  37 


578  A.  Ritter. 

Für  das  Verhältniss  der  beiden  Dichtigkeiten  erhält  man  hier- 
aus den  Ausdruck: 

r_  « 


und  mit  Benutzung  desselben  kann  man  den  vorhergehenden 
Gleichungen  auch  die  folgenden  Formen  geben: 

i«78)  >'<l  =  . 

,679)  "'"JF";  =  ';ri,':- 

Diese  letztere  Gleichung  zeigt,  dass  der  pro  Flächeneinheit 
wirkende  Stossdruck  nicht  nur  von  den  Grössen  u  und  ;',  son- 
dern auch  von  der  Grösse  e  abhängt,  und  dass  derselbe,  unter 
sonst  gleichen  Umständen  —  d.  h.  bei  gleichen  Werthen  von  n 
und  gleichen  Werthen  von  ;'  —  für  Platten  von  geringerem 
specitischen  Gewichte  einen  grösseren  Werth  annehmen  würde 
als  für  Platten  von  grösserem  sppcifischen  Gewichte  (z.  B.  für 
Wachsplatten  einen  grösseren  Werth  als  für  Bleiplatten). 

Der  Ableitung  obiger  Gleichungen  wurde  die  Voraus- 
setzung zu  Grunde  gelegt,  dass  die  bei  dem  Stosse  eintretende 
Dichtigkeitszunahme  lediglich  durch  das  Verschwinden  der 
leeren  Zwischenräume  bedingt  wurde,  dass  dagegen  die  Scheiben 
selbst  nur  unendlich  kleine  Zusammendrückungen  erlitten. 
Dieser  Voraussetzung  entsprechend  ist  der  obige  Ausdruck  für 
W  zu  deuten  als  Ausdruck  für  den  Mittelwerth  des  Stoss- 
druckes,  dessen  wirklicher  Werth  zwischen  den  Grenzen  0  und 
oc  beständig  hin  und  her  springt,  während  die  Stossfläche  von 
einer  Scheibe  zur  anderen  fortwandert. 

Offenbar  behalten  aber  die  obigen  Gleichungen  auch  dann 
noch  ihre  Gültigkeit,  wenn  statt  dessen  angenommen  wird,  dass 
entweder  gar  keine  oder  im  Verhältniss  zur  Scheibendicke  un- 
endlich kleine  Zwischenräume  vorhanden  waren,  und  dass  die 
Scheiben  selbst  aus  zusammendrückbarer  Substanz  bestanden. 
In  diesem  Falle  würde  die  Aenderung  des  Stossdruckes  als 
eine  contiuuirliche  angesehen  werden  dürfen,  und  der  für  die 
Verhältnisszahl  t  gefundene  Ausdruck  würde  das  Compressions- 
verhältniss  der  Scheibenmasse  darstellen,  nämlich  das  Verhält- 
niss der  durch  den  Stossdruck  verringerten  Dicke  zur  ur- 
sprünglichen Dicke  derselben. 


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Constitution  gasförmiger  Weltkörper. 


579 


Bei  Ableitung  der  obigen  Gleichungen  wurde  ferner  vor- 
ausgesetzt: dass  die  Scheiben  wie  vollkommen  unelastische 
Körper  sich  verhalten.  Der  Unterschied  zwischen  vollkommen 
unelastischen  und  vollkommen  elastischen  Körpern  besteht 
aber  darin:  dass  bei  ersteren  die  Zusammendriickung  stets 
eine  bleibende  ist,  während  bei  letzteren  nach  erfolgter  Zu- 
sammendrückuug  stets  eine  Wiederausdehnung  stattfindet,  so- 
bald der  Druck  abnimmt.  Der  Unterschied  zwischen  den  beiden 
Körperarten  hinsichtlich  ihres  Verhaltens  beim  Stosse  wird 
demnach  erst  im  Momente  der  stärksten  Zusammendrückung 
beginnen,  sich  bemerklich  zu  machen.  Wenn  also  entweder  die 
Wiederausdehnung  auf  irgend  eine  Weise  vollständig  verhindert 
würde,  oder  wenn  die  Untersuchung  des  ganzen  Vorganges  be- 
schränkt bliebe  auf  denjenigen  Zeitraum,  in  welchem  die 
Wiederausdehnung  noch  nicht  begonnen  hatte,  so  würden  die 
obigen  Gleichungen  auch  für  vollkommen  elastische  Körper 
als  gültig  zu  betrachten  sein. 

Unter  dieser  einschränkenden  Bedingung  würde  es  zulässig 
sein,  die  obigen  Gleichungen  z.  B.  auf  den  in  Fig.  2  darge- 
stellten Fall  eines  mit  planetarischer  Geschwindigkeit  in  einem 

 iL-  „ 

  '...„i-   -~  ■ '  >.    '.-ja:..^..,  & 

M  m 

Fig.  2. 

mit  ruhender  Luft  gefüllten  (inwendig  vollkommen  glatt  voraus- 
gesetzten) Rohre  sich  bewegenden,  festen,  cylinderischen  Kör- 
pers anzuwenden,  welcher  eine  comprimirte  Luftsäule  von  stets 
wachsender  Masse  vor  sich  herschiebt,  während  die  weiter  vorn 
befindliche,  noch  nicht  vom  Stossdrucke  erreichte  Luft  in  ihrem 
ursprünglichen  Zustande  einstweilen  verharrt,  insofern  die  Ge- 
schwindigkeit u  beträchtlich  grösser  als  die  Fortpflanzungs- 
geschwindigkeit der  Stosswelle  vorausgesetzt  wird. 

Der  Einfachheit  halber  soll  zunächst  vorausgesetzt  werden, 
dass  die  Dichtigkeit  der  vor  dem  Stosse  ruhenden  Luftsäule 
überall  gleich  gross  war,  und  dass  die  Bewegung  des  stossen- 
den  Körpers  durch  eine  in  der  Richtung  seiner  Bewegung 

•AI* 


580 


4.  Hitter. 


wirkende  Kraft  von  der  Grösse  K  =  W  gleichförmig  erhalten 
wird.  In  diesem  Falle  bleibt  der  (nach  Gleichung  (679)  dem 
Producte  y  k2  proportionale)  Stossdruck  W  während  der  Be- 
wegung constant,  und  da  die  einzelnen  vom  Stosse  getroffenen 
Luftschichten  der  Reihe  nach  s&mmtlich  unter  gleichem  Drucke 
an  die  bewegte  Säule  sich  anschliessen ,  so  wird  eine  Wieder- 
ausdehnung der  comprimirten  Schichten  in  diesem  Falle  voll- 
ständig verhindert. 

Die  oben  mit  «  bezeichnete  Grösse  würde  hiernach  als 
Compressionsverhältniss  der  vom  Stossdrucke  getroffenen  Luft- 
schicht zu  deuten  und  auf  folgende  Weise  zu  berechnen  sein. 
Für  den  Stossdruck  pro  Flächeneinheit  ergibt  sich  aus  Glei- 
chung (679)  der  Werth: 

(680) 

und  wenn  mit  7"  die  absolute  Temperatur  bezeichnet  wird, 
welche  diese  Luftschicht  während  der  Compression  erreicht, 
so  liefert  die  Mariotte-Gay-Lussac'sche  Gleichung  für  />' 
den  Werth: 

(681)  p'  =  y'  HT. 

Durch  Gleichsetzung  dieser  beiden  Ausdrücke  erhält  man  als- 
dann mit  Benutzung  des  in  Gl.  (677)  für  t  angegebenen 
Werthes  die  Gleichung: 

(682)  , :  , = *r . 

Wenn  die  ursprüngliche  Temperatur  T  als  verschwindend 
klein  im  Verhältniss  zur  eintretenden  Temperaturerhöhung 
0  =  T  —  T  vorausgesetzt  wird,  so  kann  T  =  (0  gesetzt  wer- 
den, und  mit  Benutzung  des  in  Gl.  (672)  für  h  gefundenen 
Ausdruckes  (in  welchem  nunmehr  die  Grösse  c„  =  0,1685,  als 
specifische  Wärme  der  Luft  bei  constantein  Volumen,  an  die 
Stelle  von  c  zu  setzen  ist)  gelangt  man  zu  der  Gleichung: 

(•83)  ,lt  =  t/ 

in  welcher  nach  dem  bekannten,  hier  schon  mehrfach  ange- 
wendeten Satze  der  mechanischen  Wärmctheorie : 
(684)  A  R  =  cv  —  cc  =  cv  {k  -  1) 

gesetzt  werden  kann,  worauf  man  für  das  Corupres>ionsverhält- 
niss  e  die  folgende  Gleichung  erhält: 


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Constitution  gasförmiger  Weltkorper.  581 


(685)  ,:e=V-  °der:  «-J-;-J- 

Der  in  dieser  Gleichung  enthaltene  Satz  bildet  das  Ana- 
lagon  zu  einem  im  Jahrg.  1877  dieser  Annalen  unter  dem 
Titel:  „Paradoxon  der  mechanischen  Wärmetheorie",  veröffent- 
lichten Satze,  nach  welchem  (£•  —  1)/A  der  Grenz werth  ist, 
welchem  das  den  Gleichgewichtsbedingungen  entsprechende, 
bei  plötzlicher  Drucksteigerung  eintretende  Compressionsver* 
hältniss  sich  nähert,  wenn  diese  plötzliche  Drucksteigerung  un- 
endlich gross  wird. 

Mit  Benutzung  des  abgerundeten  Zahlenwerthes  A  =  1,4 
fandet  man  aus  obiger  Gleichung  die  von  der  Geschwindigkeit  u 
und  von  der  Dichtigkeit  y  ganz  unabhängige  Verhältnisszahl: 

(686)  '  =  £=r 

Als  Resultat  dieser  letzteren  Untersuchung  ergibt  sich  aus  den 
beiden  Gleichungen  (686)  und  (671)  der  folgende  Satz: 

Jedes  vom  Stossdruche  erreichte  Lufttheilchen  wird  auf  ein 
Sectistel  des  ursprünglichen  Volumens  comprimirt,  und  die  bei 
dieser  Compression  erzeugte  Wärme  bildet  das  Aequivalent  der- 
jenigen mechanischen  Arbeit,  welche  das  Gewicht  des  Theilchens 
beim  Herabsinken  von  der  Geschwindigheitshöhe  verrichten  irürde. 

Dem  ersteren  Theile  dieses  Satzes  ist  natürlich  nur  eine 
hypothetische  Bedeutung  beizulegen,  da  nicht  bekannt  ist,  ob 
und  wie  die  Verhältnisszahl  k  bei  höheren  Temperaturen  sich 
ändert.  Der  letztere  Theil  dagegen  darf  als  ein  unmittelbar  aus 
dem  Grundprincipe  der  mechanischen  Wärmetheorie  abge- 
leiteter Satz  zur  ersteren  von  den  beiden  im  Eingänge  des  vorigen 
Paragraphen  erwähnten  Classen  von  Thesen  gerechnet  werden. 

Der  Stossdruck  H '  —  p'  F  verrichtet  während  der  Zeit  dt 
die  Arbeit  p'Fudt,  und  diese  Arbeit  vertheilt  sich  auf  dg 
Massenkilogramme.  Nach  den  Gleichungen  (676),  (077),  (680) 
hat  also  die  pro  Massenkilogramm  der  gestossenen  Luftschicht 
verrichtete  Arbeit  die  Grösse: 

<««>  «-^«f;^-''0v,?-*«- 

Von  dieser  Arbeit  wird  die  eine  Hälfte  in  lebendige  Kraft 
umgewandelt  (nämlich  in  die  der  augenblicklichen  Geschwindig- 
keit m  entsprechende  lebendige  Kraft: 


582 


A.  Hitter. 


während  die  andere  Hälfte  in  die  Compressionswärme  w  =  A  : 


Diese  in  Wirklichkeit  erzeugte  Compressions  wärme  ist  be- 
trächtlich grösser  als  diejenige,  welche  bei  adiabatischer  Com- 
pression erzeugt  worden  wäre.  Wenn  mit  T"  diejenige  Tem- 
peratur bezeichnet  wird,  welche  bei  adiabatischer  Compression 
eintreten  würde,  so  ist  nach  dem  Po  is  son  'sehen  Gesetze: 


zu  setzen,  und  mit  Benutzung  des  aus  Gl.  (680)  für  p'  zu  ent- 
nehmenden Ausdruckes  erhält  man  hieraus  für  T"  den  Werth: 


Diese  Gleichung  zeigt,  dass  die  bei  adiabatischer  Compression 
eintretende  Temperaturerhöhung  um  so  kleiner  sein  würde,  je 
kleiner  die  ursprüngliche  Temperatur  T  war,  und  dass  dieselbe 
gleich  Null  werden  würde,  wenn  T  selbst  gleich  Null  war. 

[Denkt  man  sich,  unter  Beibehaltung  der  Voraussetzung 
einer  stets  gleichförmigen  Bewegung  der  Masse  M  und  einer 
unbeschränkten  Gültigkeit  des  Mariott e'schen  Gesetzes,  das 
Vorderende  des  Rohres  durch  eine  feste  Bodenwand  abge- 
schlossen, so  fuhrt  die  weitere  Verfolgung  der  obigen  Unter- 
suchung zu  dem  Ergebniss,  dass  in  dem  Augenblicke,  wo  das 
Vorderende  der  auf  die  sechsfache  Dichtigkeit  comprimirten 
Luftsäule  gegen  den  Boden  stösst,  an  dieser  Stelle  die  Bildung 
einer  auf  die  zwanzigfache  Dichtigkeit  comprimirten  ruhen- 
den Luftsäule  beginnt,  welche  allmählich  nach  rückwärts  sich 
verlängert,  bis  dieselbe  von  dem  Stosse  der  Masse  M  getroffen 
wird,  worauf  am  Vorderende  der  letzteren  die  Bildung  einer 
auf  die  53fache  Dichtigkeit  comprimirten  bewegten  Luftsäule 
beginnt,  und  der  Vorgang  in  solcher  Weise  sich  fortsetzt,  dass 
in  der  ursprünglich  ruhenden  Luftsäule  abwechselnd  an  dem 
einen  und  an  dem  anderen  Ende  stets  aufs  neue  eine  all- 
mählich nach  dem  anderen  Ende  hin  fortschreitende  Verviel- 
fachung der  Dichtigkeit  eintritt,  bis  schliesslich  beim  Stosse 


umgewandelt  wird. 


(689) 


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Constitution  gasförmiger  WeUkörper . 


583 


der  Masse  M  gegen  den  festen  Boden  die  Dichtigkeit  unend- 
lich gross  wird.] 

Wenn  in  Bezug  «auf  den  in  Fig.  2  dargestellten  Fall  nun- 
mehr angenommen  wird,  dass  in  einem  bestimmten  Zeitpunkte 
die  Kraft  Ky  durch  welche  bis  dahin  die  Bewegung  der  Masse 
M  gleichförmig  erhalten  wurde,  plötzlich  aufhört  zu  wirken, 
so  ergibt  sich,  dass  in  demselben  Augenblicke  eine  Verzögerung 
ihrer  Bewegung  eintreten  wird,  weil  der  am  Vorderende  wir- 
kende Druck  nun  nicht  mehr  aufgehoben  wird.  Zugleich  be- 
ginnt in  dem  angrenzenden  Theile  der  comprimirten  Luftsäule 
eine  Ausdehnung,  welche  nach  Art  der  Schallwellen  (mit  einer 
der  nunmehr  erhöhten  Temperatur  entsprechenden  Geschwin- 
digkeit) längs  der  Säule  sich  fortpflanzen  und  schliesslich  das 
Vorderende  erreichen  wird,  dessen  Geschwindigkeit  dann  eben- 
falls beginnt  abzunehmen.  Aber  diese  letztere  Geschwindig- 
keitsabnahme wird  kleiner  sein  als  die  der  Masse  Mt  weil  in- 
zwischen die  Länge  der  comprimirten  Luftsäule  infolge  der 
Druckabnahme  zu  wachsen  begonnen  hat  und  fortfährt  zu 
wachsen.  Während  bei  dem  vorigen  Falle  die  Masse  M  und 
das  Vorderende  der  Masse  m  mit  gleichen  Geschwindigkeiten, 
nämlich  mit  der  gemeinschaftlichen  Geschwindigkeit  ?/,  sich 
bewegten,  werden  nunmehr  die  beiden  Geschwindigkeiten  von 
einander  verschieden  sein.  Die  Grösse  u  verliert  daher  ihre 
bisherige  Bedeutung,  wobei  selbstverständlich  auch  die  Gl.  (067) 
ihre  Gültigkeit  verliert. 

Wenn  aber  nunmehr  die  Grösse  u  aufgefasst  wird  als  die- 
jenige Geschwindigkeit,  mit  welcher  in  einem  bestimmten  Zeit- 
punkte das  Vorderende  der  comprimirten  Luftsäule  sich  be- 
wegt, so  behalten  diejenigen  Gleichungen,  welche  auf  den  an 
der  Stossfläche  selbst  stattfindenden  Vorgang  sich  beziehen, 
nach  wie  vor  ihre  Gültigkeit.  Jede  vom  Stossdrucke  getroffene 
Luftschicht  wird  zunächst  auf  die  sechsfache  Dichtigkeit  com- 
primirt  und  empfängt  dabei  die  der  augenblicklichen  Geschwin- 
digkeit u  entsprechende  Compressionswärme.  wobei  später  ein- 
tretende Aenderungen  dieser  Grössen  nicht  ausgeschlossen  sind. 

Auf  ähnliche  Weise  überzeugt  man  sich,  dass  bei  der  dem 
Buchstaben  w  nunmehr  beigelegten  Bedeutung  auch  eine  Aende- 
rung  der  bis  daliiu  constant  vorausgesetzten  Grösse  y  die 
Gültigkeit  jener  Gleichungen  nicht  beeinträchtigen  würde.  Ein 


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584 


A.  Ritter. 


allmähliches  Abnehmen  vou  y  würde  auf  eine  nachträglich  ein- 
tretende Verlängerung,  ein  allmähliches  Wachsen  von  y  auf 
eine  nachträgliche  Verkürzung  der  comprimirten  Luftsäule  hin- 
wirken. Aber  die  unmittelbar  durch  den  Stoss  selbst  hervor- 
gebrachte Zustandsünderung  der  getroffenen  Luftschicht  (welche 
während  der  Zusammendrückung  wie  ein  unelastischer  Körper 
sich  verhält)  wird  für  eineu  gegebenen  Werth  der  Geschwindig- 
keit u  auf  dieselbe  Weise  wie  bei  dem  vorigen  Falle  berechnet 
werden  dürfen.  Das  Compressionsverhältniss  «  und  die  Tem- 
peraturerhöhung tc)  sind  beide  ganz  unabhängig  von  der  ur- 
sprünglichen Dichtigkeit  der  vom  Stossdrucke  erreichten  Luft- 
schicht, und  die  beim  Stosse  eintretende  Temperaturerhöhung 
derselben  hängt  ausschliesslich  von  der  Grösse  der  augenblick- 
lichen Geschwindigkeit  u  ab. 

Es  bleibt  noch  übrig  zu  untersuchen,  welche  Abweichungen 
von  dem  oben  betrachteten  Vorgange  das  Fehlen  der  Rohr- 
wand bedingen  würde,  und  wie  weit  die  oben  gefundenen  Re- 
sultate für  einen  in  der  freien  Atmosphäre  sich  bewegenden 
(cylindrischen  oder  prismatischen)  Meteoriten  als  gültig  be- 
trachtet werden  dürfen.  Die  Abweichung  von  dem  zuletzt 
untersuchten  Falle,  bei  welchem  die  vor  dem  stossenden  Körper 
befindliche  comprimirte  Luft  eine  an  Masse  stetig  zunehmende, 
von  ebener  Vorderfläche  begrenzte,  cylindrische  Säule  bildete, 
welche  nur  in  ihrer  Längenrichtung  später  sich  wieder  aus- 
dehnen konnte,  wird  zunächst  darin  bestehen,  dass  nunmehr 
auch  rechtwinkelig  zur  Bewegungsrichtung  die  comprimirte 
Luft  nach  allen  Seiten  hin  sich  ausdehnen  und  entweichen 
kann.  Infolge  dessen  wird  die  in  einem  gestossenen  Lufttheil- 
chen  durch  den  Stossdruck  erzeugte  Compressionswärme  un- 
mittelbar nach  dem  Stosse  beginnen  wieder  abzunehmen.  Auch 
wird  die  eigentliche  Stossfläche  —  nämlich  die  jeweilige  Grenz- 
fläche zwischen  bewegter  und  ruheuder  Luft  —  nun  nicht 
mehr  eine  rechtwinkelig  zur  Stossrichtung  stehende  Ebene 
bilden,  sondern  vielmehr  die  Form  einer  Rotationsfläche  an- 
nehmen, und  infolgedessen  wird  die  Bedingung  des  geraden 
Stosses  nur  noch  im  centralen  Tbeile  des  Stosscanals  er- 
füllt sein. 

Da  jedoch  die  umgebende  ruhende  Luft  vermöge  ihrer 
Trägheit  dem  seitlichen  Entweichen  der  comprimirten  Luft 


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(  Constitution  y  as  förmiger  Weifkörper. 


einen  gewissen  Widerstand  entgegensetzt,  und  da  das  seitliche 
Entweichen  selbst  eine  Wirkung  ist,  zu  deren  Hervorbringung 
die  durch  den  Stossdruck  erzeugte  Compression,  als  voraus- 
gehende Ursache  einer  gewissen  Zeit  bedarf;  da  ferner  an  die 
Stelle  des  nach  der  Compression  entweichenden  Lufttheilchens 
sofort  ein  anderes  tritt,  welches  dieselbe  Compression  erleidet, 
so  darf  man  annehmen,  dass  der  einem  bestimmten  Werthe 
der  Geschwindigkeit  u  entsprechende  Zustand  gesteigerten 
Druckes  und  erhöhter  Temperatur  an  der  Vorderflache  der 
('omprimirten  Luftmasse  —  soweit  es  sich  um  den  centralen 
Theil  derselben  handelt  —  stets  übereinstimmen  wird  mit  dem 
Zustande,  in  welchem  bei  dem  vorigen  Falle  die  vorderste 
Schicht  der  comprimirten  Luftsäule  sich  befand,  dass  also  — 
wenn  auch  nicht  in  der  ganzen  vom  Stosse  getroffenen  Luft- 
masse,  so  doch  —  im  centralen  Theile  derselben  stets  die  der 
Geschwindigkeitshöhe  z  =  «2/2y  entsprechende  Temperatur- 
erhöhung hervorgebracht  wird  (wobei  die  Grösse  u  min  wieder 
als  die  Geschwindigkeit  des  stossenden  Körpers  selbst  gedeutet 
werden  kann,  da  der  beim  vorigen  Falle  zu  berücksichtigende 
Unterschied  zwischen  der  Geschwindigkeit  des  stossenden  Kör- 
pers und  der  Geschwindigkeit  des  Vorderendes  der  compri- 
mirten Luftsäule  hier  wegfallt). 

Beim  Eintreten  in  die  Atmosphäre  bildet  jedenfalls  die 
Vordertiäche  des  Meteoriten  selbst  die  Stosstiäche.  Für  diesen 
Zeitpunkt  würde  daher  jene  einschränkende  Bedingung,  durch 
welche  das  Gültigkeitsgebiet  der  gefundenen  Gleichungen  auf 
den  centralen  Theil  des  Stosscanales  beschränkt  wurde,  in 
Wegfall  kommen.  Soweit  es  sich  also  nur  um  die  beim  ersten 
Einschlagen  des  (prismatisch  vorausgesetzten)  Meteoriten  auf- 
tretenden Erscheinungen  handelt,  darf  man  die  Zustandsände- 
rung  der  durch  den  Stossdruck  comprimirten  Luftmasse  ohne 
Bedenken  unmittelbar  nach  den  für  die  Bewegung  im  Rohre 
gefundenen  Gleichungen  berechnen,  wobei  man  stets  im  Auge 
zu  behalten  hat,  dass  bei  etwaiger  ^von  der  prismatischen) 
abweichenden  Form  des  Meteoriten  die  oben  erwähnte 
einschränkende  Bedingung  im  allgemeinen  wieder  in  Kraft 
treten  wird. 


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586 


A.  Bitter. 


Der  bei  dem  ersten  von  Schiapa relli  berechneten 
Zahlenbeispiele  angenommenen  Eintrittsgeschwindigkeit  w0 « 
72000  m  entspricht  die  Geschwindigkeitshöhe  z0  =  264  500  000  m, 
und  nach  Gl.  (671)  die  Compressionswärme  wQ  =  623  820  Wärme- 
einheiten. Unter  Voraussetzung  eines  constanten  Werthes  der 
spezifischen  Wärme  c  =  c„  =  0,1685  erhalt  man  hiernach  aus 
Gleichung  (672)  für  die  Temperaturerhöhung  den  Werth: 
ß  =  3  702000  Grad. 

Bei  Annahme  einer  adiabatischen  Zustandsänderung  würde 
man  unter  Beibehaltung  des  von  Schiaparelli  für  die  An- 
fangstemperatur willkürlich  angenommenen  Werthes  T—  123", 
naeb  Gl.  (689)  den  Werth  T"  =  4120°  erhalten  —  also  einen 
Werth,  welcher  nicht  viel  mehr  als  den  tausendsten  Theil  von 
dem  richtigen  Werthe  beträgt.  —  Dass  Schiaparelli  selbst 
den  grösseren  Werth  T"  =  42776  0  findet,  erklärt  sich  dadurch, 
dass  derselbe  bei  seiner  Berechnung  statt  der  theoretischen, 
für  den  Stossdruck  oben  gefundenen  Gleichung  eine  empirische 
Formel  benutzt  hat,  nämlich  die  von  St.  Robert  aufgestellte 
Widerstandsformel,  nach  welcher  bei  sehr  grossen  Geschwindig- 
keiten der  Widerstand  nahezu  der  vierten  Potenz  der  Ge- 
schwindigkeit proportinal  sich  ändern  würde. 

Der  oben  für  die  Eintrittsgeschwindigkeit  angenommene 
Werth  würde  der  Voraussetzung  einer  parabolischen  Bahnlinie 
des  Meteoriten  entsprechen  und  der  gleichzeitigen  Annahme, 
dass  im  Augenblicke  des  Eintrittes  die  Bewegungsrichtung  der 
Erde  derjenigen  des  Meteoriten  entgegengesetzt  war.  Denn 
die  absolute  Geschwindigkeit  des  Meteoriten  beim  Durchgange 
durch  die  Erdbahn  würde  nach  dieser  Voraussetzung  etwa 
42000  m  betragen,  und  da  die  Erde  mit  einer  Geschwindigkeit 
von  ungefähr  30000  m  sich  bewegt,  so  ergibt  sich  hieraus  eine 
relative  Geschwindigkeit  von  72000  m. 

Für  den  Eintritt  in  die  Sonnenatmosphäre  würde  aus  der 
Voraussetzung  einer  parabolischen  Bahnlinie  eine  Geschwindig- 
keit von  82  Meilen,  also  der  Werth  w0  =  608  440  m  sich  er- 
geben. Diesem  Werthe  entspricht  die  Geschwindigkeitshöhe: 
z0  =  18888  Millionen  Meter  und  die  Compressionswärme 
w0  =  44,55  Millionen  Wärmeeinheiten.  Wenn  also  die  Sonnen- 
atmosphäre aus  denselben  Gasen  bestände  wie  die  Erdatmo- 
sphäre, so   würde  für  die  Temperaturerhöhung  der  Werth 


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Constitution  gasförmiger  IVeltkurper. 


587 


f)0  —  264,4  Millionen  Grad  sich  ergeben.  Unter  Voraussetzung 
einer  Wasserstoffatmosphäre  dagegen  würde  man  den  Werth 
ft0  =.  18,48  Millionen  Grad  erhalten. 

Bei  Annahme  von  hyperbolischen  Bahnlinien,  deren  Vor- 
kommen, wenn  auch  noch  nicht  mit  hinreichender  Sicherheit 
constatirt,  doch  in  hohem  Grade  wahrscheinlich  ist,  wurde  man 
zu  noch  grösseren  Zahlenwerthen  gelangen.  Im  übrigen  hat 
man  stets  im  Auge  zu  behalten,  dass  nur  die  für  die  Com- 
pressionswärme  ?r0  gefundenen  Werthe,  welche  unmittelbar  aus 
dem  Grundprincipe  der  mechanischen  Wärmetheorie  abgeleitet 
wurden,  als  zuverlässig  gelten  können,  dass  dagegen  die  aus 
der  Voraussetzung  eines  auch  bei  höheren  Temperaturen  con- 
stant bleibenden  Werthes  der  speeifischen  Wärme  <•„  abgeleite- 
ten Temperaturwerthe  selbstverständlich  nur  als  hypothetische 
Annäherungswerthe  gelten  können.  Immerhin  darf  man  jedoch 
die  hier  gefundenen  numerischen  Werthe  als  Bestätigung  be- 
trachten für  die  im  vorigen  Paragraphen  aufgestellte  Behaup- 
tung, dass  die  bei  Meteoritenfällen  vorkommenden  Tempera- 
turen die  höchsten,  directer  Wahrnehmung  zugänglichen  Tem- 
peraturen sind,  welche  überhaupt  im  Universum  vorkommen. 


XVII.   Veber  das  galvanische  Leitung* vermögen 
des  festen  Quecksilbers; 
von  Carl  Ludwig  Weber. 


Unter  dem  Titel:  „Untersuchungen  über  die  Aenderun- 
gen  des  galvanischen  Leitungswiderstandes  verschiedener 
Körper  bei  Aenderung  ihres  Aggregatzustandes"  hat  kürzlich 
Hr.  L.  Grunmach  Messungen  über  das  Leitungsvermögen 
des  festen  Quecksilbers  veröffentlicht1),  welche  im  Jahre  1885 
angestellt  sind,  und  deren  Resultate  im  Widerspruch  stehen 
mit  den  von  Hrn.  Cailletet  und  Bouty  und  von  mir  in 
jenem  Jahre  bekannt  gemachten  Zahlen.2) 

1)  L.  Gruumach,  Wied.  Ami.  3ö.  p.  764.  1*8». 

2)  Cailletot  u.  Bouty,  Compt.  rend.  100.  p.  1 18s.  1»S5.  C.  L 
Weber,  Wied.  Anu.  25.  p.  245.  1888.  Die  Resultate  der  Herren  Cail- 
letet u.  Bouty  wurden  am  11.  Mai  1888  der  Pariser  Academic  vorge- 


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C.  L  Weber. 


Hr.  G  run  mach  findet  nämlich:  1.  dass  der  Widerstand 
des  geschmolzenen  Quecksilbers  nach  dem  Schmelzen  nicht 
(wie  von  mir  angegeben)  viermal  so  gross  ist,  als  der  des 
festen,  unmittelbar  vor  dem  Beginn  des  Schmelzens,  sondern 
nur  etwa  1,5  mal  so  gross. 

2.  dass  der  Temperaturcoefficient  des  erstarrten  Queck- 
silbers nicht  circa  0,4  Proc.  beträgt,  wie  bei  den  übrigen 
festen,  reinen  Metallen,  sondern  er  gibt  dafür  Werthe  zwi- 
schen 0?002  und  0,0004. 

3.  dass  dieser  Temperaturcoefficient  nicht  constant  ist, 
sondern  innerhalb  der  Grenzen  von  —  40°  bis  —  90°  mit 
abnehmender  Temperatur  beständig  abnimmt,  sodass  also 
das  Quecksilber  auch  im  festen  Zustande  entschiedene  Aus- 
nahme bildet  gegenüber  den  anderen  reinen  Metallen. 

Es  sei  mir  gestattet,  hierzu  Folgendes  zu  bemerken.  Wie 
in  meiner  Arbeit  erwähnt,  sind  meine  Messungen  mit  ganz 
einfachen  Hülfsmitteln  und  infolge  dessen  innerhalb  enger 
Temperaturgrenzen  ausgeführt,  und  ich  zweifle  nicht,  dass 
eine  erneute  Untersuchung  desselben  Gegenstandes  gewisse 
Correcturen  meiner  Zahlen  zu  Tage  fordern  wird;  aber  nie- 
mals werden  dieselben  jene  grossen  Beträge  erreichen,  wie 
sie  Hr.  G  run  mach  ündet.  In  der  That  sind  meine  An- 
gaben durch  Cailletet  und  Bouty,  die  mit  viel  vollkom- 
meneren Mitteln  arbeiteten,  vollkommen  bestätigt  worden. 

Was  zunächst  die  grosse  Widerstandsanderung  beim  Er- 
starren betrifft,  deren  Betrag  bei  G runmach  kleiner  ist  als 
bei  mir,  so  ist  doch  anzunehmen,  dass  wir  beide  den  Wider- 
stand des  flüssigen  Quecksilbers  in  den  Glasröhren,  etwa  in 
der  Nähe  von  Null  Grad  ziemlich  richtig  gemessen  haben; 
es  müssen  also  beim  Erstarren  des  Quecksilbers  plötzlich 
Ursachen  auftreten,  welche  entweder  bei  mir  den  Widerstand 
des  festen  Metalles  kleiner  erscheinen  lassen,  als  er  in  Wirk- 
lichkeit ist,  oder  die  andererseits  bei  G  run  mach  eine  Ver- 
mehrung des  Widerstandes  herbeiführen.  Nun  ist  aber  gar 
kein  Grund  denkbar,  der  den  Widerstand  hätte  verkleinern 

legt;  das  Manuscript  über  meine  Arbeit  war  bereits  Mitte  April  an  die 
Redaction  dieser  Annalen  übersandt  worden. 


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Galvanisches  Leilungsvermögen  des  festen  Quecksilbers.  589 

können,  aber  umgekehrt  ist  es  möglich,  dass  der  Wider- 
stand zu  gross  gefunden  wird  infolge  der  Risse,  die  bekannt- 
lich sehr  leicht  in  dem  erstarrenden  Quecksilber  entstehen, 
und  die  um  so  grösser  werden,  je  mehr  sich  das  feste  Me- 
tall unter  dem  Einfluss  der  sinkenden  Temperatur  zusam- 
menzieht, da  es  durch  die  umschliessende  Glasröhre  gehin- 
dert ist,  diesem  Zuge  frei  zu  folgen;  es  erfordert  besondere 
Uebung,  diese  Sprünge  zu  vermeiden,  und  sie  treten  ohne 
Zweifel  in  den  vielfach  gewundenen  Sie  men  s* sehen  Normal- 
röhren viel  leichter  auf  und  sind  da  viel  schwerer  zu  ent- 
decken, als  in  einer  einfachen,  möglichst  gleichmassig  ge- 
krümmten U-Röhre.  Mit  der  letzteren  erhielt  ich  aus  allen 
Beobachtungen,  die  nicht  wegen  beobachteter  Rissen  ganz 
verworfen  wurden,  grössere  Werthe  für  die  Widerstands- 
änderung als  1,5;  so  finden  sich  z.  B.  aus  meinen  Vorver- 
suchen, bei  denen  theilweise  gar  keine  oder  mangelhafte  Tem- 
peraturbestimmungen gemacht  sind,  für  diese  Aenderung  die 
Werthe: 

3,2,    4.2,    3,9,    4,0,    3,5,  4,0. 

Also  auch  die  kleinste  dieser  Zahlen  ist  doppelt  so  gross 
als  1,5.  Endlich  stimmen  in  diesem  Punkte  meine  Angaben 
vollständig  überein  mit  den  Messungen  von  Cailletet  und 
Bouty.  Aus  meinen  Zahlen  *0=  0,2826  und  «  =  0,00433 
berechnet  sich  für  den  Schmelzpunkt  des  Quecksilbers  (—39°) 
der  speeifische  Widerstand  des  festen  Metalls  zu  s  —  0,23488; 
der  des  flüssigen  aus  *°'=1,00  und  «'  =  0,00901  zu  *'  =  0,96486; 
das  Verhältniss  s'js  demnach  zu  4,108;  Cailletet  und  Bouty 
linden  4,08. 

In  Betreff  des  Teinperaturcoefticienten  kann  ich  zu- 
nächst der  Art  und  Weise  nicht  zustimmen,  wie  derselbe 
von  Hrn.  Grunmach  berechnet  wird;  derselbe  kann  nach 
meiner  Ansicht  nur  aus  den  am  festen  Quecksilber  beob- 
achteten Widerständen  berechnet  werden;  unter  keinen  Um- 
ständen ist  es  gestattet,  zur  Berechnung  dieser  Zahl  irgend 
eine  am  flüssigen  Quecksilber  beobachtete  Grösse  herbei- 
zuziehen. Wenn  man  überhaupt  einen  einzigen  Tempera- 
turcoeTficienten  u  annimmt,  so  ist  damit  die  Voraussetzung  ge- 
macht, dass  der  Widerstand  innerhalb  gewisser  Grenzen  eine 
lineare  Function  der  Temperatur  sei.    Bei  einem  Material, 


590 


C.  fber, 


dessen  Widerstandscurve,  wie  beim  Quecksilber,  aus  zwei 
durch  einen  Sprung  getrennten  Zweig  besteht,  gilt  diese 
Voraussetzung  natürlich  für  jeden  einzelnen  Zweig. 

Diese  beiden  nahe  geradlinigen  Stücke  haben  ganz  ver- 
schiedene Neigungen  gegen  die  Abscissenaxe,  und  die  diese 
Neigung  charakterisirende  Grösse  a  muss  natürlich  für  jeden 
Theil  besonders  berechnet  werden;  gerade  wie  wenn  es  sich 
um  zwei  verschiedene  Stoffe  handeln  würde.  Die  von  mir  be- 
nutzte Formel:  «  =  {fV—w)l(w  T—  Wt)  führt  einfach  zu  die- 
sem Ziel;  während  die  Berechnungsweise  des  Hrn.  Grun- 
mach  a  =  {W-w)/ (tV0{T-t));  wo  ff0  der  bei  0°  beobach- 
tete Widerstand,  dem  flüssigen,  W  und  w  aber  dem  festen 
Metall  angehören,  etwas  ganz  anderes  gibt,  als  das,  was 
man  gewöhnlich  als  Temperaturcoefficienten  definirt. 

Das  auffallende  Resultat  des  Hrn.  Grunmach,  dass  der 
Temperaturcoefncient  nicht  constant  ist,  sondern  mit  abneh- 
mender Temperatur  beständig  abnimmt,  wird  aber  durch  seine 
abweichende  Berechnungsweise  noch  keineswegs  erklärt. 

Dies  Resultat  steht  aber  auch  im  Widerspruch  mit  den 
von  Grunmach  selbst  mitgetheilten  Beobachtungen.  Wenn 
man  in  der  einen  1.  c.  in  extenso  angeführten  Messungsreihe 
die  innerhalb  eines  Temperaturintervalls  von  je  10°  beobach- 
teten Widerstände  zu  Mittelwerthen  vereinigt  und  die  ent- 
sprechenden Temperaturmittel  bildet,  so  ergibt  sich  folgende 
Reihe: 

Temperatur:     84,05  73,74  65,28         53,36  45,02 

Widerstand:       1,15681        1,17127        1,18228       1,19050  1,19741. 

Hieraus  berechnen  sich  nach  der  von  mir  benutzten  Formel 
-die  Temperaturcoefficienten  in  den  einzelnen  Intervallen: 

zwischen:    -84  u.  -74°     _74°u.-65°     -65  u.  -53°     -53  u.  -45° 
«=      0,001  100  0,001  027  0,000  702  0,000  544, 

also  Zahlen ,  welche  mit  abnehmender  Temperatur  nicht 
abnehmen,  sondern  im  Gegentheil  zunehmen,  sodass  wenig- 
stens diese  eine  Reihe  dem  Schlussresultat  des  Hrn.  Grun- 
mach nicht  nur  quantitativ,  sondern  auch  qualitativ  wider- 
spricht. 

Aus  diesen  Gründen  kann  ich  mich  auch  mit  der 
Schlussfolgerung  des  Hrn.  Grunmach  nicht  einverstanden 


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F.  Braun.  Löslichkeit. 


591 


erklären,  sondern  glaube,  es  sei  als  erwiesen  zu  betrachten, 
dass  das  Quecksilber,  wenn  es  erstarrt  ist,  sich  in  seinem 
galvanischen  Verhalten  den  übrigen,  einfachen,  reinen,  festen 
Metallen  vollkommen  anschliesst. 

München,  December  1888. 


XVIII.   Nachtrag  zu  meinem  Aufsatz: 
„Untersuchungen  Über  die  Löslichkeit  etc."; 
von  Ferdinand  Braun, 

Zu  der  in  Wied.  Ann.  30.  p.  250.  1887  abgedruckten 
Abhandlung  muss  ich  eine  Berichtigung  hinzufügen,  auf 
welche  ich  durch  eine  Zuschrift  von  Hrn.  W.  Voigt  und 
besonders  von  Hrn.  J.  Lüroth  in  Freiburg  aufmerksam  ge- 
macht wurde.  Das  specihsche  Volumen  v  der  gesättigten 
Salzlösung  ist  eine  Function  vom  Druck  (p),  der  Temperatur  (/) 
und  dem  procentischen  Salzgehalt  (y).  Letzterer  ist  wieder  als 
Function  von  p  und  t  anzusehen,  sodass  v  einmal  explicite 
Function  von  p  und  *  und  dann  nochmals  implicite  Function 
der  gleichen  Variabein  ist.  Dem  entsprechend  schrieb  ich 
z.  B. : 

dv  dv  de  dg 
dp  ~~  dp      dg  dp 

mit  den  1.  c.  angegebenen  Bedeutungen  der  Differentialquo- 
tienten. Leider  habe  ich  bei  einer  späteren  nochmaligen 
Differentiation  übersehen,  dieser  doppelten  Abhängigkeit  wie- 
derum Rechnung  zu  tragen.  Berücksichtigt  man  dieselbe, 
so  kommt  in  Gl.  (II)  rechts  und  links  noch  je  ein  Glied 
hinzu;  zur  linken  Seite  nämlich  noch  c  d-vjdtdg  und  zur 
rechten  r(  d*vjdtdg,  wo  die  Differentiationen  nach  p  und  t 
nur  nach  den  explicite  vorkommenden  Variabein  zu  nehmen 
sind.  —  In  Gl.  (III)  heben  sich  alle  Glieder  weg;  sie  fällt 
also  vollständig  aus,  und  damit  verliert  auch  der  p.  270  ge- 
zogene Schluss  A  —  A'=  Const,  seine  Berechtigung. 


592 


H.  Ebert. 


XIX.  Bemerkung  zu  Hm.  Lang  ley's  Aufsatz: 
„Energy  and  Vision"; 
von  Hermann  Ebert. 

In  seinem  Aufsätze  „Energy  and  Vision"1)  untersucht 
Hr.  J.  P.  Lang  ley  die  Energiemengen,  welche  in  den  ver- 
schiedenen Spectralbezirken  nöthig  sind,  um  eine  bestimmte 
Empfindung,  z.  ß.  die  Minimalempfindung  wachzurufen. 

Ich  freue  mich  ganz  ausserordentlich,  von  Hrn.  Lang- 
ley  meine  früher  in  genau  derselben  Richtung  angestellten 
Messungen  qualitativ-quantitativ  aufs  vollkommenste  bestä- 
tigt zu  sehen.  Hrn.  Langley  waren  diese  Messungen,  wie 
es  scheint,  entgangen.  Dieselben  finden  sich  aber  bereits 
10  Monate  früher  im  ersten  Hefte  dieser  Annalen  vom  Jahre 
1888  p.  136  ausführlich  mitgetheilt;  ich  habe  über  dieselben 
bereits  am  14.  Februar  1887  in  der  physikalisch- medicini- 
schen  Societät  zu  Erlangen  berichtet,  wie  aus  den  Mitthei- 
lnngen  dieser  Gesellschaft  zu  ersehen  ist.  Ein  kurzes  Referat 
über  meine  diesbezüglichen  Versuche  erschien  ferner  in  der 
Münchener  medicinischen  Wochenschrift  Jahrg.  1887,  p.  149. 
Diesen  Untersuchungen  dürfte  hiernach  die  Priorität  vor 
denen  des  Hrn.  Langley  zustehen,  besonders  auch  die  An- 
wendung der  erhaltenen  Ergebnisse  auf  die  Versuche  der 
Herren  F.  Weber  und  Stenger. 

1)  Langley,  Amer,  Joura.  of  Science.  tfö.  p.  3ö9.  Nov.  lf*&8. 


i 


l»rueL.  von  Metzffvr  A  Wittig  in  leip»i»r. 


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1889.  ANN  ALEN  M  3. 

DER  PHYSIK  UND  CHEMIE. 

NEUE  FOLGE.   BAND  XXXVL 


I.   Zur  Theorie  der  Thermoelectricität: 
von  2T.  A.  Lorentx, 


In  seinem  Aufsatze :  „Zur  Theorie  des  Zusammenhangs  von 
Wärme  und  Electricität" l),  hat  Hr.  Budde  einige  Einwände 
erhoben  gegen  die  Betrachtungen,  welche  ich  früher  über  den- 
selben Gegenstand  veröffentlicht  habe.2)  Die  Richtigkeit  eines 
dieser  Einwände,  und  zwar  des  wichtigsten  derselben,  gebe  ich 
unbedingt  zu.  Es  war  nämlich  in  meiner  Theorie  die  Bede 
von  zwei  einander  berührenden  Körpern  aus  verschiedenem 
Metall,  zwischen  welchen  durch  Aenderung  der  Capacitäten 
ein  Electricitätsübergang  hervorgerufen  werden  konnte,  und  es 
wurde  die  Contactstelle  als  der  einzige  Sitz  der  dabei  auf« 
tretenden  Wärmeentwickelung  betrachtet.  Hr.  Budde  wies 
nun  darauf  hin,  dass  auch  dort,  wo  Electricität  von  der  Ober- 
fläche in  das  Innere  tritt,  Wärme  entwickelt  oder  absorbirt 
werden  könnte,  und  nach  den  von  ihm  gemachten  Bemerkungen 
wird  man  das  als  wahrscheinlich  oder  wenigstens  als  sehr  gut 
möglich  betrachten  müssen. 

Ich  wünsche  jetzt  zu  zeigen,  in  wie  weit  meine  Schlüsse 
durch  die  neue  Annahme  modificirt  werden.  Zu  gleicher  Zeit 
finde  ich  dabei  Gelegenheit,  auf  die  weiteren  Aeusserungen  des 
Hrn.  Budde  einzugehen,  und  auch  einige  andere  Arbeiten 
zu  besprechen,  welche  in  der  letzten  Zeit  über  den  Gegenstand 
veröffentlicht  wurden. 

§  1.    Zur  Unterstützung  seiner  Behauptung,  dass  im  In- 
neren und  an  der  Oberfläche  eines  Leiters  sich  die  Electricität 
in  sehr  verschiedenen  Zuständen  befindet,  erinnert  Hr.  Budde 
(p.  668)  an  die  bekannte  Thatsache.  dass  bei  einer  Franklin 
sehen  Platte  die  Ladung  nicht  auf  den  Belegungen,  sondern 

1)  Budde,  Wied.  Anu.  30.  p.  664.  1887. 

2)  Lorenta,  Arch.  Neerl.  ÄO.  p.  129.  1885;  Beibl.  10.  p.  120.  1886. 
Ann.  d.  Phy«.  u.  Chtm.  N.  F.  XXX VI.  38 


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594 


H.  A,  Lorentz. 


auf  dem  Glase  gefunden  wird;  er  halt  es  für  wahrscheinlich, 
dass  die  Electricitat,  welche  wir  einem  Leiter  zuschreiben, 
immer  in  der  angrenzenden  Schicht  des  umgebenden  Isolators 
zu  suchen  ist. 

Obgleich  ich  stillschweigend  angenommen  hatte,  dass  die 
Nichtleiter  keine  Electricitat  aufnehmen,  kann  man  in  Wirklich- 
keit die  Constitution  einer  electrischen  Ladung  und  den  Ort, 
wo  sich  dieselbe  befindet,  bei  meiner  Theorie  ganz  unbestimmt 
lassen,  wenn  man  nur  annimmt,  dass  ein  Leiter  einen  umkehr- 
baren Kreisprocess  durchlaufen  kann,  wobei  ihm  abwechselnd 
Electricität  zugeführt  und  entzogen  wird.  Dazu  muss  der  Zu- 
stand an  der  Grenzfläche  eines  Leiters  und  eines  Dielectricums 
eindeutig  durch  Ladung  und  Temperatur  bestimmt  sein.  Will 
man  dieses  sogar  für  einen  Leiter  bezweifeln,  der  sich  in  einem 
luftleeren  Raum  befindet,  so  kann  man  den  zweiten  Hauptsatz 
der  mechanischen  Wärmetheorie  nur  auf  die  geschlossene 
Thermokette  anwenden,  wie  es  Hr.  Budde,  unter  Erweiterung 
seiner  früheren  Anschauungen,  wieder  in  der  erwähnten  Ab- 
handlung thut 

§  2.  Ich  brauche  meine  Rechnungen  hier  nicht  zu  wieder- 
holen, um  so  weniger,  da  ich  weiter  unten  die  dadurch  ge- 
fundenen Resultate  noch  in  anderer  Weise  ableiten  werde. 
Nur  sei  es  mir  erlaubt,  in  möglichster  Kürze  an  meinen  „Ueber- 
tragungsprocess"  zu  erinnern.  Ich  nenne  also  wieder  Contact 
eine  Vereinigung  zweier  Stücke  aus  verschiedenen  Metallen, 
welche  sich  fortwährend  berühren,  und  betrachte  zwei  derartige 
Systeme,  welche  aus  den  nämlichen  Metallen  A  und  B  zu- 
sammengesetzt sind.  Durch  die  Indices  a  und  U  gebe  ich  an, 
ob  sich  eine  Grösse  auf  das  eine  oder  das  andere  Metall  be- 
zieht; dagegen  deuten  die  Indices  1  und  2  auf  den  ersten 
und  zweiten  Contact  Die  Bestandteile  dieser  letzteren  heissen 
demnach^j,  Blt  Aiy  B2\  die  Wärmereservoire  von  constanter 
Temperatur,  mit  welchen  sie  verbunden  sind,  werden  Ä,  und 
R2  genannt.  Die  Temperatur  sei  für  das  erste  T,  für  das 
zweite  T  +dT.  Ich  rechne  immer  mit  absoluten  Tempe- 
raturen. 

Die  Contacte  sind  electrisch  geladen,  sodass  die  Potentiale  <p 
sehr  verschiedene  Werthe  haben  können.    Die  Differenz: 

(pa  —  ffb  =  V 


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Thermoelectricität. 


595 


ist  jedoch  bei  jedem  Contacte  durch  die  Temperatur  be- 
stimmt 

Es  werden  schliesslich  zwei  „Uebertrager"  benutzt,  bei 
welchen  durch  relative  Bewegung  der  Theile  die  electrosta- 
tische  Capacität  geändert  werden  kann,  sodass  bei  gegebenen 
Ladungen  ihre  Potentialwerthe  beliebig  geregelt  werden  können. 
Um  dies  auch  fur  die  Temperaturen  zu  ermöglichen,  ist  jeder 
Uebertrager  mit  einer  Gasmasse  versehen,  deren  Volumen 
sich  adiabatisch  vergrössern  und  verkleinern  lässt. 

Die  Uebertrager  bestehen  aus  den  Metallen  A  und  B  und 
werden  mit  Ga  und  Gb  angedeutet  werden.  Für  jeden  der- 
selben sei  v  das  Volumen  und  p  der  Druck  der  Gasmasse, 
E  die  Ladung,  <f  das  Potential,  C  die  Capacität. 

Eine  etwaige  Verbindung  zweier  Körper  geschieht  mittelst 
langer  dünner  Drähte,  sodass  das  Potential  jedes  Körpers  nur 
von  seiner  eigenen  Ladung  abhängt. 

§  3.  In  meiner  früheren  Abhandlung  betrachtete  ich  die 
Metalloberflächen  als  vollkommen  rein  und  verstand  unter  <p 
das  Potential  im  Inneren  eines  Leiters.  Ich  will  jetzt  von 
dieser  Auffassung  abweichen.  Es  ist  bekannt,  in  wie  hohem 
Grade  die  Versuchsresultate  über  Contactelectricität  von  der 
Oberflächenbeschaffenheit  der  Metalle  abhängig  sind,  sodass 
wohl  nie  die  Differenz  der  Potentiale  im  Inneren  der  Metalle 
gemessen  wird.  Ich  komme  später  noch  auf  diese  Frage 
zurück,  will  aber  jetzt  unter  <p  die  Potentiale  verstehen,  welche 
wirklich  der  Beobachtung  zugänglich  sind,  und  dabei  nur  an- 
nehmen: 1.  dass  die  Natur  der  Oberfläche  eines  Metalles  immer 
wieder  dieselbe  wird,  wenn  man  zu  der  gleichen  Temperatur 
zurückkehrt,  und  2.  dass  die  Oberfläche  der  Uebertrager  gleich- 
artig ist  mit  derjenigen  der  Contactstücke,  mit  welchen  sie  in 
Verbindung  zu  setzen  sind,  sodass  durch  die  Verbindung,  wenn 
die  Temperaturen  gleich  sind,  keine  Potentialdifferenz  hervor- 
gerufen wird. 

§  4.  Die  Gleichungen,  welche  sich  aus  den  beiden  Hauptsätzen 
der  Thermodynamik  ableiten  lassen,  enthalten  die  Energie  U\ 
welche  neben  der  gewöhnlichen  electrostatischen  Energie  in 
einem  Uebertrager  besteht;  es  ist  diese  Grösse  als  eine  Function 
von  der  Ladung  und  der  Temperatur  zu  betrachten. 

38* 


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536 


H.  A.  Lorentz. 


Die  erste  der  erwähnten  Gleichungen  lautet: 

(.)       — -  +  C.5).  -  CTJ  = 

sie  gibt  in  Arbeitseinheiten  die  Wärme  an.  welche  entwickelt 
wird,  wenn  man,  nachdem  Ga  und  Gh  die  Temperatur  eines 
Oontactes  und  die  Potentiale  seiner  Bestandteile  erhalten 
haben  und  mit  letzteren  verbunden  sind,  durch  Aenderung 
der  Capacitäten  eine  unendlich  kleine  Electricitätsmenge  *  von 
Ga  nach  (7*  treibt. 

Um  den  zweiten  Hauptsatz  der  Wärmetheorie  anwenden 
zu  können,  ordnete  ich  einen  Kreisprocess  so  an,  dass  mittelst 
der  Uebertrager  ein  Quantum  e  durch  den  ersten  Contact  von 
Al  nach  Blf  durch  den  zweiten  von  Bt  nach  getrieben 
wurde.  Berechnet  man  die  Wärmemenge,  welche  dabei  dem 
einen  der  Reservoire  Ä,  und  Ä,  zugeführt,  sowie  diejenige, 
welche  dem  anderen  entzogen  wird,  so  erhält  man: 

«  (§ä-(»=^.-,,, 

Dass  die  erste  Gleichung  richtig  ist,  wenn  man  nämliih 
unter  U'  den  nicht  electrostatischen  Theil  der  Energie  ver- 
steht, welche  die  mit  Oberflächenladungen  versehenen  Ueber- 
trager besitzen,  wird  von  Hrn.  Budde  anerkannt.  Die  zweit? 
Gleichung  bleibt  in  seiner  Abhandlung  unerwähnt.  Gegen  die 
Richtigkeit  derselben  hat  Hr.  Budde  nichts  angeführt,  ob- 
gleich es  scheinen  könnte,  als  ob  er  mit  dem  p.  679  über  alle 
Schlüsse,  welche  bei  mir  auf  den  §  16  folgen,  gefällten 
l  rtheile  auch  diese  Gleichung,  welche  sich  inmeinem  §  1^ 
findet,  treffen  wollte. 

§  5.  Aus  (I)  zog  ich  einen  Schluss,  der  ungeändert  bleiben 
kann,  den  ich  aber  etwas  präcisiren  will.  Man  denke  sich 
zwei  Metalle  mit  beliebigen  Oberflächenschichten  und  verstehe 
unter  y  die  beobachtete  Potentialdifferenz  beim  Contacte.  Es 
lässt  sich  dann  behaupten:  Entweder  r"  ist  eine  lineare  Function 
der  Temperatur,  oder  es  ist,  wenigstens  für  eines  der  Metalle. 
dü'  jdK  von  der  Temperatur,  mithin  die  Wärmecapacität  von 
der  Ladung  abhängig. 

Damit  ist  zwar  nichts  über  die  thermoelectrischen  Ströme 


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597 


gefunden,  aber  auch  an  und  für  sich  scheint  mir  das  Resultat 
nicht  ohne  Interesse. 

§  6.  Der  Mangel  an  Beobachtungen  über  die  Beziehung 
zwischen  w  und  T  veranlasste  mich  dazu,  die  Grösse: 


\6£)u 


etr) 


in  Beziehung  zu  bringen  zu  dem  Peltier-Effecte.  Ich  be- 
trachtete die  Berührungsfläche  von  A  und  B  als  den  Sitz  der 
durch  (1)  bestimmten  Wärmeentwickelung  und  hatte,  wenn  // 
die  daselbst  auftretende  Wärmeentwickelung  angibt  für  den 
Fall,  dass  die  Electricitätsemheit  von  B  nach  A  fliesst1): 

«•>  ''---ISft-fÄM- 

Daraus,  in  Verbindung  mit  (1),  folgt  dann  weiter: 
fn*>        (/j?öy)o-  (t^t\  -  "  TM  r)  und: 

(Hb)  dT~^  ¥' 

Um  nun  ill  )  in  der  von  Hrn.  Budde  angegebenen  Weise 
zu  verbessern,  nenne  ich  h  die  Wärmemenge,  welche  an  der 
Oberfläche  eines  Leiters  entsteht,  wenn  die  Einheit  Electricität 
von  dort  in  das  Innere  tritt  Um  die  Wärme  zu  erhalten, 
welche  in  dem  §  4  betrachteten  Falle  wirklich  an  der  Contact- 
fläche  erscheint,  hat  man  den  Ausdruck  (1)  um  e{ka  —  kb) 
zu  vermindern.    Es  wird  demnach: 

dD     //--■-  +  (*.-*.)- {ß^-i^j. 

und  die  Gleichungen  (II»)  und  (IIb')  sind  zu  ersetzen  durch: 

u\    (  ö*  u'  \      l  d*  EL\  -  _  T  d  \n~  (k°  ~  kl)  1  A 
{U*>    [dEdtU     [dEdTjh-      ÄdT[  T         J  Unö: 

<Ub)  dT~  ~f~ 

Während  lüerin  »v  von  der  Oberflächenbeschaffenheit  der 
Metalle  abhängt,  ist  das  natürlich  mit  77  nicht  der  Fall ;  den- 


1)  Ich  werde  die  unrichtigen  Formeln  von  den  entsprechenden  ver- 
besserten Gleichungen  dadurch  unterscheiden,  dass  ich  ihre  Nummern 
mit  einem  Strich  versehe. 


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H.  A.  JLorentz. 


noch  kann  die  Gleichung  bestehen,  weil  auch  k  sich  mit  der 
Natur  der  Oberfläche  ändern  muss. 

Nehmen  wir  an,  dass  die  Potentialdifferenz  w  bei  be- 
stimmten Metallen  mit  einem  bestimmten  Zustande  der  Ober- 
flächenschichten unabhängig  ist  von  der  Gestalt  und  von  den 
absoluten  Potentialwerthen,  so  zeigen  die  Gleichungen,  dass 
letzteres  auch  von  k  gelten  muss. 

Ich  bemerke  noch,  dass  mein  IT  mit  dem  U'm  des  Hrn.  Budde 
und  mein  k  mit  seinem  d  UJ  s  d£  -  d  Vi  d£  identisch  ist 

§  7.  Den  obigen  Beziehungen  lässt  sich  noch  eine  Glei- 
chung hinzufügen  für  die  Wärnieentwickelung,  welche  den 
Electricitätstibergang  zwischen  zwei  Punkten  verschiedener 
Temperatur  in  dem  nämlichen  Metall  begleitet.  Die  Gestalt 
dieser  Gleichung  hängt  davon  ab,  ob  im  Gleichgewichtszustande 
zwischen  diesen  Punkten  eine  Potentialdifferenz  besteht  oder 
nicht 

Ich  habe  schon  früher  hervorgehoben,  dass  letztere  Frage 
nach  meiner  Methode  nicht  beantwortet  werden  konnte,  gerade 
weil  dabei  Fälle  ausgeschlossen  blieben,  in  welchen  Körper  von 
verschiedenen  Temperaturen  miteinander  in  Berührung  stehen. 
Dennoch  machte  ich  in  §  24  meiner  Abhandlung  eine  Be- 
merkung, welche  mir  gegen  die  Existenz  der  fraglichen  Poten- 
tialunterschiede zu  sprechen  schien.  Ich  sagte  nämlich:  „In 
der  That,  wenn  eine  electromotorische  Kraft  beim  Contact 
einer  warmen  und  einer  kalten  Stelle  desselben  Metalls  auf- 
träte, wie  dies  der  Fall  ist  beim  Contact  zweier  verschiedener 
Metalle,  könnte  man  erwarten,  dass  stets  eine  Arbeit  nöthig 
wäre,  um  eine  Quantität  Electricit&t  von  einer  heissen  zu  einer 
kalten  Metallmasse  überzufuhren,  wenn  beide  auf  gleichem 
Potential  sind,  gerade  wie,  wenn  ein  Stück  Zink  und  ein  Stück 
Kupfer  das  gleiche  Potential  haben,  eine  positive  Arbeit  geleistet 
werden  muss,  um  positive  Electricität  von  Zink  zum  Kupfer 
überzufuhren",  und  ich  zeigte  dann,  dass  man  mittelst  des 
in  meinen  Betrachtungen  angewandten  Uebertragers  Electri- 
cität in  umkehrbarer  Weise  von  einem  kalten  nach  einem 
warmen  Metall  tiberführen  kann,  ohne  dass  ein  Aufwand  von 
Arbeit  erforderlich  wäre. 

In  den  angeführten  Worten  sprach  ich  mehr  eine  undeut- 
liche Ahnung  als  einen  klaren  Gedanken  aus.    Bei  näherer 


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ThermotUctrieWit. 


599 


Ueberlegung  stellt  sich  heraus,  dass  die  Behauptung  im  Grunde 
genommen  eine  Anwendung  des  zweiten  Hauptsatzes  der 
Wärmetheorie  auf  einen  Körper,  der  nicht  überall  die  gleiche 
Temperatur  hat,  enthalt,  und  dass  sie,  auch  wenn  man  diese 
Anwendung  zulässt,  nur  dann  richtig  ist,  wenn  die  oben  durch 
k  vorgestellte  Wärmentwickelung  nicht  existirt.  Will  man 
aber  das  Carnot'sche  Princip  fur  den  in  Frage  stehenden 
Fall  benutzen,  so  kann  das,  wie  ich  weiter  unten  (§  13)  zeigen 
werde,  in  einfacherer  Weise  geschehen.  Ohne  den  Zusammen- 
hang der  Untersuchung  zu  stören,  kann  also  der  §  24  meiner 
früheren  Abhandlung  fortgelassen  werden. 

§  8.  Im  vorübergehen  möchte  ich  noch  eine  Bemerkung 
des  Herrn  Budde  über  meine  in  jenem  Paragraphen  vor- 
kommenden Berechnungen  beantworten.  Dieselben  sollten  zeigen, 
dass  bei  dem  Uebertragerprocess,  welcher  dazu  diente,  Electri- 
cität  zwischen  zwei  Leitern  gleichen  Potentials,  aber  ver- 
schiedener Temperatur  überzuführen,  keine  mechanische  Arbeit 
geleistet  zu  werden  braucht  Herr  Budde  unternimmt  nun 
in  seinem  §  2  (p.  672)  eine  Berechnung  zu  einem  anderen 
Zwecke  und  sagt  dabei:  „Die  eine  Hälfte  der  folgenden  Unter- 
suchung hat  Lorentz  in  §  24  der  Arch.  Neerl.  bereits  ange- 
bahnt, aber  seine  Rechnung  ist  aus  doppeltem  Grunde  nicht 
correct:  erstens  ist  der  Unterschied  zwischen  Ui  und  ü{  nicht 
beachtet,  zweitens  sind  Grössen  von  der  Ordnung  edT  einfach 
vernachlässigt" 

Auch  bei  sorgfältiger  Prüfung  habe  ich  keinen  Fehler  in 
meiner  Rechnung  finden  können.  Die  Unterscheidung  von 
Ui  und  Ui  wäre  gerade  hier,  wo  es  sich  nur  um  die  mecha- 
nische Arbeit  handelt  und  nicht  um  den  Sitz  einer  Wärme- 
entwickelung, unwesentlich.  Auch  glaube  ich,  keine  Grösse  von 
der  Ordnung  edT  vernachlässigt  zu  haben.  Herr  Budde  kann 
damit  nicht  Grössen  gemeint  haben,  welche  von  einer  mit  dT 
.  proportionalen  Potentialdifferenz  herrühren;  war  es  mir  ja 
gerade  darum  zu  thun,  die  Arbeit  zu  berechnen  fur  den  Fall, 
dass  solch  eine  Differenz  nicht  besteht 

Soweit  das  bei  der  Verschiedenheit  der  von  uns  verfolgten 
Ziele  möglich  ist,  stimmt  in  der  That  das  von  mir  in  §  24 
gefundene  Resultat  mit  dem  von  Herrn  Budde  abgeleiteten 
tiberein.    Er  lässt  nämlich  einen  Uebertrager  der  Reihe  nach 


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<;00  H.  A.  Urentz. 

sechs  Zustandsänderungen  erleiden  (p.  673 — 676),  welche  den 
Uebergang  der  Electricitätsmenge  e  von  einem  kalten  nach 
einem  warmen  Leiter  vermitteln.  Es  wird  dabei  zwischen  letz- 
teren auch  eine  Potentialdifferenz  (d<f  jdT)  dT  vorausgesetzt. 
Der  Ausdruck  (6)  aut  p.  676  gibt  nun  die  Summe  der  äusseren 
Arbeiten  für  die  sechs  Acte,  vermindert  um  die  Energie - 
zunahmen  derselben  Acte.  Da  aber  nach  dem  letzten  Act 
der  Uebertrager  wieder  die  gleiche  Energie  hat,  wie  zu  An- 
fang,  stellt  der  Ausdruck  auch  die  Arbeit  vor.  Will  man,  wie 
ich  es  that,  den  ursprünglichen  Zustand  des  Uebertragers  in 
jeder  Hinsicht  wiederherstellen,  so  ist  noch  eine  Arbeit  erforder- 
lich, um  dem  Volumen  des  Gases  die  von  Herrn  Budde  an- 
gegebene Vergrößerung: 

p     6  Ed  T 
zu  ertheilen.   Diese  Arbeit  ist: 

d9ü' 

—  *BEätdT> 
und  addirt  man  sie  zu  (6),  so  erhält  man: 

edq  dT 

sodass,  wenn  keine  Potentialdifferenz  besteht,  die  Arbeit  ganz 
verschwindet 

§  9.  Herr  Budde  fasst  das  Resultat  seiner  obenerwähnten 
Rechnung  folgendermassen  zusammen  (p.  678): 

„Wir  erhalten  also  vorläufig  nichts  weiter  als  das  an- 
scheinend unfruchtbare,  in  Wirklichkeit  aber  wichtige  Resultat: 
„„Der  Lorentz'sche  Process  lässt  die  Wärmecapacität  der 
Electricität  völlig  unbestimmt""  Man  erhält  übereinstimmende 
Gleichungen,  wenn  man  die  Differentialcoefficienten  dUl\dE 
und  QUilbE  als  ganz  beliebige  Functionen  von  T  ansieht" 

Demgegenüber  erlaube  ich  mir  zu  bemerken,  dass  die 
Rechnungen  des  Herrn  Budde  darin  bestehen,  dass  er  auf. 
zwei  verschiedenen  Wegen  den  ersten  Hauptsatz  der  Wärme- 
theorie auf  den  Electricitätsübergang  zwischen  ungleich  warmen 
Stellen  eines  jVIetalles  A  anwendet.  Bei  dem  ersten  dieser 
Wege  kann  man  sich  auf  den  ersten  und  vierten  Act  be- 
schränken. Bei  den  übrigen  Acten  ist  nämlich  der  Ueber- 
trager von  dem  Metalle  A  getrennt,  und  ist  seine  Energie- 


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Thcr  m  oelectr  icitäf. 


601 


zunähme  ebenso  gross  wie  die  Arbeit  der  äussere»  Kräfte, 
sodass  sich  die  darauf  bezüglichen  Glieder  in  der  Bndformel 
heben.    Es  wird  denn  auch  angegeben,  dass: 

dl2  -  dUi9  dl,  =  dWv  dl,  -  dfV,t  dl,  -  dl\ 
ist.  und  es  können  hier  d  fi\  und  d  W%  auch  durch  die  ent- 
sprechenden Zunahmen  dU.Ä  und  dU5  ersetzt  werden. 

Schlie8st  man  aber  den  zweiten,  dritten,  fünften  und 
sechsten  Act  von  der  Untersuchung  aus,  so  sieht  man  leicht, 
dass  die  erste  Berechnungsweise  im  Grunde  gleichbedeutend 
ist  mit  der  zweiten,  welche  man  p.  676  und  677  findet.  In 
der  That  war  es  von  vornherein  zu  erwarten,  dass  das  Gesetz 
der  Energie  nur  eine  Gleichung  ergeben  würde. 

Wie  man  dann  aber  aus  diesem  Umstände  schliessen 
kann,  dass  mein  Uebertragerprocess  die  Wärmecapacitüt  der 
Electricität  unbestimmt  l&sst,  sehe  ich  nicht  ein. 

§  10.  Ich  nehme  jetzt  die  §  7  unterbrochene  Unter- 
suchung wieder  auf  und  berechne  die  Wärmemenge,  welche 
entwickelt  wird,  wenn  die  unendlich  kleine  Electricitätsmenge 
e  einen  Leiter  aus  dem  Metalle  A  durchmesst,  dessen  End- 
punkte A  und  Ä  mittelst  geeigneter  Wärmereservoire  auf  den 
Temperaturen  T  und  T+  dT  erhalten  werden.  Es  bestehe 
in  dem  Metallstücke  electrisches  Gleichgewicht,  und  es  existire 
<lann  eine  Potentialdifferenz,  von  welcher  nur  angenommen 
werde,  dass  sie  mit  dT  proportional  ist.  Das  Potential  habe 
also  für  A  den  Werth  y  und  ftir  Ä  den  Werth  -f  /«/T, 
wo  x  eme  unbekannte  Temperaturfunction  ist. 

Um  das  Quantum  e  von  A  nach  Ä  zu  treiben,  benutze 
ich  zwei  Uebertrager  G  und  G,  welche  aus  dem  betrachteten 
Metall  bestehen,  und,  nachdem  ihre  Potentiale  auf  y  und 
</  +  und  ihre  Temperaturen  auf  Tund  T+  dT  gebracht 

sind,  resp.  mit  A  und  Ä  verbunden  werden.  Ihre  anfänglichen 
Ladungen  und  Capacitäten  mögen  mit  E  und  E\  C  und  C 
bezeichnet  werden,  sodass: 

E  —  Cfy  ?         ^-  C{tf.+xdT). 
Aendert  man  nun  die  Capacitäten  um: 

dC=-,    dC  =  - 


so  geht  das  Quantum  e  von  G'  nach  G,  während  die  Poten- 
tiale und  der  Zustand  des  Metallstückes  {A,  A')  ungeändert 


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602  H.  A.  Lorentz. 

bleiben.  Die  Arbeit,  welche  man  dabei  zu  verrichten  hat,  ist 
ebenso  gross,  wie  sie  sein  würde,  wenn  man  die  nämlichen  Capa- 
citätsänderungen  bei  constanten  Ladungen  vorgenommen  hätte. 
Sie  hat  also  den  Werth: 

(2)  -  J r, .» dC -  J (9  +  X<iT)* dC  =  {eXdT. 

Andererseits  hat  die  electrostatische  Energie  von  G  und 
G'  sich  vermehrt  um: 

und  die  anderweitige  Energie  um: 

(4)  *[('*'kr~(w)0.r+„]- 

Die  Bedeutung  der  angehängten  G,  T,  u.  s.  w.  dürfte 
hier  klar  sein. 

Aus  der  Gleichung  (II)  lässt  sich  indessen  ableiten,  daes 
dU'jdE  bei  einer  bestimmten  Temperatur  für  alle  Ueber- 
trager,  welche  aus  dem  nämlichen  Metall  bestehen,  den  glei- 
chen Werth  hat  Die  Unterscheidung  von  {dU'jdE]a  und 
(dU'idE)o'  ist  also  unwesentlich,  und  man  erhält  fur  (4): 

XT' 

(5)  -edEdfdT' 

Aus  (2),  (3)  und  (5)  schliessen  wir,  dass  im  ganzen  eine 
Wärmemenge : 

e[*  +  Tmr\t,T 

entwickelt  und  an  die  Wärmereservoire  abgegeben  ist.  Nach 
§  6  ist  aber  an  der  Oberfläche  von  G  verschwunden  die  Wärme- 
menge ek,  und  an  der  Oberfläche  von  G'  entwickelt  die  Wärme 
c  {k  +  dkjdT)  dT.  Mithin  ist  die  Wärmeentwickelung  im 
Metallstücke  {A,  A  ): 


dT. 


BEBT  dT} 

Bezeichnet  man  mit  <i  die  Grösse,  welche  auch  Sir  W. 
Thomson  so  nennt,  und  um  welche  es  sich  bei  den  Versuchen 
verschiedener  Physiker  handelt,  so  wird: 

/TTT\  ,        B*U'  dk 

Früher,  als  ich  die  durch  k  vorgestellte  Wärmeentwickelung 
nicht  vermuthete,  und  %  =  0  annahm,  fand  ich: 


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Thermoelectricity. 


603 


(III') 


ÖEdT' 


§  11.  1st  eine  beliebige  geöffnete  Thermokette  gegeben, 
so  kann  die  Potentialdifferenz,  welche  im  Gleichgewichtszu- 
stände zwischen  den  Endpunkten  besteht,  mittelst  der  Grössen  y 
und  x  (§§  2  und  10)  angegeben  werden.  Man  hat  zu  diesem 
Zwecke  nur  die  Potentialdifferenzen  zu  addiren,  welche  zwischen 
den  aufeinander  folgenden  Theilen  der  Kette  gefunden  werden. 
Zur  Bestätigung  des  Resultates,  wozu  man  in  dieser  Weise 
gelangt,  kann  man  noch  auf  die  geöffnete  Kette  die  Betrach- 
tungsweise anwenden,  welche  ich  im  letzten  Paragraph  und  in 
dem  §  17  meiner  früheren  Abhandlung  benutzt  habe.  Man 
erhalt  dann  einen  Ausdruck  für  die  Wärmeentwickelung,  welche 
das  Durchfliessen  einer  Electricitätseinheit  begleitet,  und  diese 
Wärmemenge  lässt  sich  auch  in  II  und  a  ausdrücken. 

Bestehen  die  Endpunkte  der  Kette  aus  dem  nämlichen 
Metall,  und  haben  sie  gleiche  Temperatur,  so  ist  die  erwähnte 
Potentialdifferenz  zu  gleicher  Zeit  die  electromotorische  Kraft 
in  der  geschlossenen  Kette,  welche  man  durch  Vereinigung 
der  Endpunkte  erhält.  Ich  werde  diese  electromotorische  Kraft 
mit  F  bezeichnen.  Für  eine  Kette  aus  den  Metallen  A  und 
B,  bei  welcher  die  Löthstellen  die  Temperaturen  Tx  und  Tt 
haben,  hat  sie  den  Werth:' 


Dabei  ist  F  positiv,  wenn  der  thermoelectrische  Strom 
durch  den  Berührungspunkt  mit  der  Temperatur  T,  von  B 
nach  A  geht 

§  12.  Bei  Versuchen  über  thermoelectrische  Ströme  kann 
man  die  Grössen  II,  F,  aa  und  <x6  messen;  aus  y>,  Xi  *  und 
dU'jdE  dagegen  ist  es  nicht  möglich,  unmittelbar  etwas 
abzuleiten.  Die  erste  Gruppe  von  Grössen  ist  nun  mit  der 
zweiten  verbunden  durch  die  Gleichungen  (I),  (II),  (III)  und 
(IV).  Eis  lässt  sich  (II)  durch  (II.)  oder  (IIb)  ersetzen,  und 
aus  (III)  lässt  sich  ableiten: 


Sind  //,  Fy  na  und  ab  aus  den  Beobachtungen  bekannt, 


(IV) 


F=y[Tx)-  w  (7:,)  +  J{xa  -  /*)  dT. 


(III.)    (Ta  -  <Tk  =  X*  ~  Zb  + 


(  d*U  \      l  d*U  \  d 


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604 


Ä  A.  Loren*. 


so  müssen  die  unbekannten  Grössen  (dU','dE). 
-  {ßV  >dE)hi  ka  -  k>  und  y  den  Beziehungen  (I),  (II),  (HU) 
und  (IV)  genügen.  Man  kann  nun  aber  aus  diesen  Formeln 
alle  Unbekannten  ehminiren  und  erhält  dabei: 


Folglich  besitzt  man  nur  drei  voneinander  unabhängige 
Gleichungen  zur  Bestimmung  von  z*-Z*i  U' ldK)a—(dU'jdE)^ 
ka  —  kb  und  U'.  In  der  That  war  es  zu  erwarten,  dass  man 
diese  Grössen,  welche  sämmtlich  von  der  Oberflächenbeschaffen- 
heit abhängen,  nicht  durch  theoretische  Betrachtungen  aus  den 
Grössen  //,  F,  aa  und  «r*,  welche  von  jener  Beschaffenheit 
unabhängig  sind,  ableiten  können  würde. 

Wohl  lassen  sich  mittelst  der  gefundenen  Beziehungen 
drei  der  Unbekannten  in  die  vierte  ausdrücken.  Wählt  man 
z.  B.  für  letztere  ka  —  khi  so  hat  man  zunächst  die  Formeln 
(II»)  und  (IIb)  und  ausserdem: 

(VI)  Za  -  /b  -  *a  ~  «b  +   —  +   JT   ~    T  ' 

§  13.  Im  Obigen  ist  alles  enthalten,  was  man  aus  der 
mechanischen  Wärmetheorie  ableiten  kann,  wenn  man  den 
zweiten  Hauptsatz  nur  dann  anwenden  will,  wenn  keine  un- 
gleich erhitzten  Körper  einander  berühren.  Benutzt  man  den 
Satz  auch  in  einem  Falle,  wo  eine  derartige  Berührung  wohl 
besteht,  so  involvirt  das  immer  die  Hypothese,  dass  die  be- 
trachtete Erscheinung  ganz  unabhängig  von  der  gleichzeitig 
auftretenden  nicht  umkehrbaren  Wärmeleitung  verläuft,  eine 
Hypothese,  welche  z.  B.  auch  den  Betrachtungen  des  Hrn. 
Budde  in  seinem  §  3  (p.  682 — 684)  zu  Grunde  liegt.  Ein 
Anhänger  der  Kohl  rausch' sehen  oder  einer  ähnlichen  Theorie 
würde  diese  Annahme  zurückweisen  und  damit  auch  die  Be- 
rechtigung bestreiten,  bei  dem  Studium  der  Thermokette  von 
dem  Carnot 'sehen  Princip  auszugehen.  Er  würde  indess 
gegen  die  Schlüsse  der  vorhergehenden  Paragraphen  keine  Ein- 
wände erheben  können. 

Nach  dieser  Vorbemerkung  gehe  ich  dazu  über,  zu  unter- 
suchen, was  der  mitgetheilten  Theorie  noch  hinzugefügt  werden 
kann,  wenn  man  auch  Temperaturdifferenzen  zwischen  sich  be- 


(V) 


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Therm  otlectticität. 


605 


rührenden  Körpern  zulässt.  In  diesem  Falle  gilt  die  Gleichung 
von  Sir  W.  Thomson: 

,VT  \  II  dü 

\  »  Im)  *Ta  —  (Sh        j,  —  j  ,p  « 

und  es  verwandelt  sich  dadurch  (VI)  in: 

(6)  = 

Zu  dieser  Gleichung  gelangt  man  auch,  wenn  man  von 
der  Betrachtung  des  §  10  behandelten  Falles  ausgeht. 

Zur  Vereinfachung  nehme  ich  an,  dass  die  dort  erwähnten 
Uebertrager  G  und  G'  sich  zwar  durch  die  Werthe  der 
variabeln  Grössen.  Ladung,  Capacität,  Temperatur  und  Gas- 
volumen unterscheiden  können,  aber  sobald  diese  gegebene 
Werthe  haben,  einander  gleich  seien.  Zu  Anfang  sei  der 
Zustand  von  G  bestimmt  durch: 

T.  r,  ff,  E, 

und  der  Zustand  von  G'  durch: 

T+dT,       v\       ff  +  z<iTi  E+e. 

Wir  treiben  nun  zunächst  in  der  §  10  angegebenen  Weise 
die  Eiectricitätsraenge  e  von  G'  nach  G.  Es  werden  dann 
folgende  Electricitätsmengen  entwickelt: 

(7)  in  G9  -  A>, 

(8)  in  G\  +(jST+^rfr)e, 

(9)  und  in  (A.  A\  *<t*T. 

Nachdem  G  und  G'  also  die  durch: 

Ty  r,  tf,  E     r  und: 

T+dT,      r,     <p+xdT.  E 

bestimmten  Zustände  angenommen  haben,  wollen  wir  erstens 
durch  Aenderung  der  Capacitäten  das  Potential  von  G  um 
yd  T  erhöhen  und  das  Potential  von  G'  um  ebenso  viel  er- 
niedrigen, und  zweitens  durch  Aenderungen  von  v  und  v  die 
Temperaturen  umwechseln.  Nach  diesen  adiabatischen  Vor- 
gängen werden  die  Zustände  gegeben  durch: 

(10)  T+dT,   v-^^^dTy    <f+x<iT,  tf-f-ound: 

(11)  T,  ,h  E. 


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♦MO 


H.  A.  Lorentz. 


Wegen  des  Factors  dT  brauchen  wir  hier  bei  p  und  p 
nicht  zu  unterscheiden,  ob  die  Temperatur  T  oder  T+dT 
ist;  wir  können  pv^p'v  etwa  =  \ju  setzen.    Wählen  wir 
dann  weiter,  was  uns  freisteht: 


(d  U  \ 


so  wird  das  Gasvolumen  des  ersten  Uebertragers  ebenso  gross, 
als  vorher  das  Gasvolumen  des  zweiten  war,  und  ein  Blick 
auf  (10)  zeigt,  dass  in  jeder  Hinsicht  der  Endzustand  von  G 
mit  dem  Anfangszustande  von  G'  übereinstimmt.  Dagegen 
lässt  sich  für  den  neuen  Werth  von  v  schreiben: 

'['♦■P/'l-I'-CMI'-Sf)."] 

=  r~  pB£^TetiT' 

Bringen  wir  dasselbe  noch  durch  eiue  isotherme  Aus- 
dehnung auf  den  Werth  v,  so  haben  schliesslich  G  und  G' 
ihre  Zustände  getauscht,  sodass  der  Process  als  ein  Kreis- 
process  betrachtet  werden  darf. 

Bei  der  erwähnten  Dilatation  entsteht  nun  aber  noch  eine 
Wärmemenge : 

(12)  -aJJBT"ir- 

Man  hat  es  also  nut  den  Wärmeentwickelungen  (7),  (8), 
(9)  und  (12)  zu  thun.  Beachtet  man  die  Temperaturen,  bei 
welchen  sie  stattfinden  —  wobei,  was  (9)  und  (12)  betrifft,  eine 
Unterscheidung  zwischen  T  und  T '  +  dT  unterbleiben  kann, 
so  erhält  man: 

k  dTdI       ,rdT      dEdTdi  n 

F  +     T  +  dT  T  T        "~  ' 

oder,  wenn  man  (III)  berücksichtigt: 
(VII)  Ä  -  x  T. 

Es  ist  dieses  das  Resultat,  wonach  schon  §  7  hingedeutet 
wurde.  Wäre  U0,  so  hätte  man  auch  %  =  0,  entsprechend 
der  in  meiner  früheren  Abhandlung  geäusserten  Meinung. 

Aus  (VII)  folgt  dann  weiter  (6)  und  rückwärts  (Via). 
Freilich  wird  man  fur  die  letzte  Gleichung  die  Ableitung  aus 
der  Betrachtung  der  geschlossenen  Kette  vorziehen. 


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Thermoelectricitii  t. 


t>07 


§  J  4.  In  den  letzten  Jahren  hat  sich  auch  Hr.  Du  he  in 
wiederholt  mit  der  Theorie  der  thermoelectrischen  Erschei- 
nungen beschäftigt,  und  zwar  zunächst  in  seinem  interessanten 
Werke:  „Le  potentiel  thermodynamique  et  ses  applications", 
dann  in  einer  Abhandlung:  „Applications  de  la  thermodyna- 
mique aux  phenomeneß  thermo-electriques  et  pyro-electriquesu  l) 
und  drittens  in  einer  Arbeit:  „Sur  la  relation  qui  lie  l'effet 
Peltier  ä  la  difference  de  niveau  potentiel  de  deux  metaux  en 
contact".8)  Ich  brauche  hier  nur  die  letzte  dieser  Abhand- 
lungen zu  besprechen.  In  derselben  findet  sich  (p.  445)  über 
meine  Theorie  oder  vielmehr  über  eines  der  Resultate,  zu 
welchen  sie  führte,  eine  Bemerkung,  welche  durch  eine,  wie  es 
scheint,  wenig  gelungene  Ausdrucksweise  in  meiner  früheren 
Abhandlung  veranlasst  wurde. 

Hr.  Duhem  erwähnt  nämlich  der  von  mir  abgeleiteten 
Formel: 

(13)  //=  -Tdd\,, 

welche  oben  mit  (IIb)  bezeichnet  wurde,  und  welche  er  in 
der  Gestalt: 

anführt,  und  zweier  anderen  Gleichungen,  welche  in  den  Theo- 
rien von  Sir  W.  Thomson  und  Hrn.  Budde  auftreten,  und 
sich  in  der  hier  angewandten  Bezeichnungsweise  schreiben  lassen : 

r, 

(14)  F  = j^dT,  und: 

In  denselben  ist  F  die  electromotorische  Kraft  einer  ge- 
schlossenen Kette,  in  welcher  die  Contactstellen  die  Tempe- 
raturen T0  und  Tx  haben. 

Hr.  Duhem  sagt  nun1):  „Herr  Lorentz  gelangt  zu  der 
Formel  (13),  welche  er  als  identisch  mit  der  Formel  (15)  von 

1)  Duhem  .Ann.  de  l'ßcole  normale  (3)  2.  p.  405.  1*85. 

2)  Duhem,  Ann.  de  chim.  et  de  phys.  (6)  12.  p.  483.  1887. 

3)  Ich  habe  hier  die  Ordnungszahlen  der  angeführten  Gleichungen 
so  abgeändert,  dass  sie  sich  auf  die  Formeln  der  vorliegenden  Abhand- 
lung beziehen. 


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G08 


.//.  A.  Lurentz. 


Sir  W.  Thomson  und  Herrn  Budde  ansieht,  während  nichts 
in  den  Ideen  von  Sir  W.  Thomson  die  Identität  der  beiden 
Formeln  (13)  und  (15)  beweist  und  dieselben  nach  den  Ideen 
von  Herrn  Budde  miteinander  unverträglich  sind.  HerrL  orentz 
hat  diese  Formeln  ohne  eine  Annahme  Uber  die  Existenz  oder 
Nichtexistenz  einer  Potentialniveaudifferenz  zwischen  zwei  un- 
gleich heissen  Stellen  derselben  Metalle  zu  machen.  Aber  er 
betrachtet  diese  Formel  als  unverträglich  mit  der  Formel  (14) 
von  Sir  W. Thomson,  wenn  dergleichen  Unterschiede  existiren. 
Sind  die  Formeln  (14)  und  (15)  identisch,  so  kann  man  sich 
mit  Recht  wundern,  dass  Herr  L orentz  die  eine  als  identisch 
mit  der  seinigen,  die  andere  als  mit  ihr  unverträglich  ansieht. 

Später  (p.  455  u.  456),  wenn  Hr.  Du  hem  aus  seiner 
Theorie  die  Gleichung  (13)  abgeleitet  hat,  heisst  es  wieder: 
..Dies  ist  das  Resultat,  welches  Herr  Lorentz  gefunden  und 
mit  der  Formel  von  Sir  W.  Thomson  conmndirt  hat." 

Die  Formeln  (14)  und  (15)  sind  natürlich  vollkommen 
gleichbedeutend,  und  ich  habe  denn  auch  an  keiner  Stelle  einen 
Unterschied  zwischen  denselben  gemacht  in  dem  Sinne,  dass 
die  eine  dieser  Gleichungen  mit  den  von  mir  abgeleiteten  immer, 
die  andere  nur  unter  gewissen  Bedingungen  in  Uebereinstimmung 
wäre.  Ueberhaupt  kommt  die  Formel  in  meiner  Abhandlung 
in  der  Gestalt  (15)  gar  nicht  vor. 

Was  nun  aber  das  Yerhältniss  meiner  Formel  (13)  zu  der 
Gleichung  (14)  betrifft,  habe  ich  (p.  27  u.  28),  nachdem  ich 
die  Beziehung  (13)  abgeleitet  hatte,  Folgendes  bemerkt: 
..Nimmt  man  an,  dass  in  einem  Kreise  von  zwei  Metallen 
electromotorische  Kräfte  nur  an  den  Contactstellen  wirken, 
so  leitet  man  aus  dieser  Gleichung  fur  die  electromotorische 
Kraft  in  einer  solchen  Anordnung  die  Formel 


2\ 

ab.  was  wiederum  das  Resultat  von  Sir  W.  Thomson  ist. 

Ich  verwies  dabei  auf  einen  früheren  Paragraphen,  wo  das 
Thomson'sche  Resultat  in  der  Form: 


(16) 


angeführt  war. 


Th  er  moelectric  itä  t 


609 


Allerdings  kommt  eine  Gleichung,  wie  (16),  in  der  Thom- 
son'schen  Theorie  gjr  nicht  vor,  da  in  derselben  nie  von 
Potentialdifferenzen  die  Rede  ist  Was  ich  sagen  wollte,  hätte 
ich  besser  so  ausgedrückt: 

„Nimmt  man  an,  dass  electromotorische  Knifte  nur  an 
den  Contactstellen  bestehen,  so  wird  die  electromotorische 
Kraft  in  einer  Kette  aus  zwei  Metallen : 

F  —  %p(Tx)  —  (p  {7\). 
Sie  wird  dann  also  gegeben  durch  die  Gleichung: 

F  =  f%<iT, 

was  mit  der  Thomson'schen  Theorie  übereinstimmt." 

f  15.  Wie  bereits  bemerkt  wurde,  hat  Herr  Du  hem  die 
Gleichung  (13)  auch  aus  seiner  Theorie  abgeleitet.  In  der 
That  hat  er  auch,  ähnlich  wie  ich  es  that,  den  zweiten  Haupt- 
satz der  Thermodynamik  auf  die  geöffnete  Kette  angewandt 
und  ist  dabei  von  Voraussetzungen  ausgegangen,-  welche  den 
von  mir  eingeführten  entsprechen.  Nur  erscheint  der  zweite 
Hauptsatz  bei  uns  in  sehr  verschiedenen  Gestalten.  Während 
ich  die  bei  einem  Kreisprocess  aufgenommene  und  abgegebene 
Wärme  betrachtete,  geht  der  französische  Physiker  immer  von 
der  Theorie  des  thermodynamischen  Potentials  aus.  Unstreitig 
ist  diese  Theorie  in  hohem  Grade  der  Beachtung  werth, 
und  gestattet  eine  recht  einfache  Behandlung  vieler  Pro- 
bleme, aber  sie  bleibt  doch  immer  nur  eine  Anwendungsform 
des  zweiten  Hauptsatzes  und  kann  nie  zu  Schlüssen  führen, 
welche  man  nicht  auch  in  anderer  Weise,  etwa  durch  das 
Studium  von  Kreisprocessen,  gewinnen  könnte.  Damit  soll 
natürlich  nicht  verneint  werden ,  dass  in  einzelnen  Fällen  die 
Theorie  des  thermodynamischen  Potentials  wegen  ihrer  leich- 
teren Handhabung  zu  Ergebnissen  führt,  welche  sonst  eher 
unserer  Aufmerksamkeit  entgangen  wären. 

Der  Fehler  in  meinen  Betrachtungen,  auf  welche  Hen* 
Budde  aufmerksam  gemacht  hat,  kommt  auch  bei  Herrn 
Duhem  vor;  es  ist  auch  bei  ihm  nie  die  Rede  von  einer 
Wärmeentwickelung  an  einer  Oberfläche,  deren  Ladung  sich 
ändert.  Weiter  ist  noch  zu  bemerken,  dass  Hr.  Duhem 
eine  offene  Kette  betrachtet,  deren  Theile  ungleiche  Tempe- 

Ann.  d.  Phji.  u.  Chem.  N.  F.  XXXVI.  39 


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610 


H.  A.  Lorentz. 


raturen  haben;  in  diesem  Falle  ist  jedoch  der  einfachere,  wo 
ein  System  zweier  Metalle  ohne  Temperaturdifferenz  vorkommt, 
enthalten. 

Sind  meine  Rechnungen  fehlerfrei,  so  müssen  die  Resul- 
tate des  Hrn.  Du  hem  mit  den  Ergebnissen  meiner  Theorie 
übereinstimmen,  wenn  man  in  dieser  wieder  k  =  0  setzt  Er 
müsste  also  auch  finden  was  auch  daraus  gefolgert 

werden  kann,  dass  Hr.  Duhem  einerseits  den  Thom Solschen 
Ausdruck  für  die  electromotorische  Kraft  in  der  Thermokette, 
und  andererseits  die  Formel  (13)  ableitet.  Er  findet  also  an 
den  Contactstellen  Potentialdifferenzen,  welche  an  sich  schon 
genügen,  die  ganze  electromotorische  Kraft  zu  liefern,  welche 
in  der  Kette  besteht  Es  ist  das  nur  möglich,  wenn  in  keinem 
Metalle  electromotorische  Kräfte  zwischen  den  warmen  und 
kalten  Stellen  bestehen,  oder  wenn  solche  Kräfte  in  den  beiden 
Stoffen  in  gleichem  Maasse  vorhanden  sind. 

Das  abweichende  Resultat,  zu  welchem  Hr.  Duhem  p.  459 
gelangt,  ist,  wie  mir  scheint,  einem  Versehen  in  den  algebra- 
ischen Zeichen  zuzuschreiben.  In  der  zweiten  Gleichung  von 
p.  455  und  in  den  Formeln  (14)  auf  jener  8eite  sind  nämlich 
die  Grössen  dQajdTy  dQhldT,  u.  8.  w.  mit  dem  negativen 
Zeichen  zu  nehmen.  Aus  der  Gleichung  (17)  (p.  459)  erhält 
man  nun: 

'     dt,  TTX  d!T  +  P{il)t 

Da:  H^-T^r 
lässt  sich  hierfür  schreiben: 


6 


>(TxtT0)_      T        T     d  \K{TX){ 


Nach  der  Gleichung  (10)  des  Hrn.  Duhem  (p.  453)  hängt 
also  D{Tl9  T0)  für  alle  Metalle  in  gleicher  Weise  von  T„ 
und  Tx  ab;  dieses  ist  nicht  mehr  in  Widerspruch  mit  meinem 
Resultate,  nach  welchem  —  wenn  h  =  0  ist  —  &{Txr  T0)  ver- 
schwinden soll. 

§  16.  Noch  in  einem  anderen  Punkt  kann  ich  mich  mit 
den  Schlüssen  des  Hrn.  Duhem  nicht  vereinigen.  Er  schliesst 
(p.  463)  seine  Betrachtungen  über  die  Thermoelectricität  mit  der 
Untersuchung  des  Falles,  dass  die  Structur  der  Metalle  sich  mit 


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T/iermoelectricitäf. 


611 


der  Temperatur  ändert  Es  werden  dabei  zwei  Parameter  x 
und  y  eingeführt,  welche  für  die  beiden  Metalle  die  Structur 
bestimmen  sollen,  und  von  Punkt  zu  Punkt  variiren.  Indem 
dann  schliesslich  diese  Grössen  als  Functionen  von  T  auf- 
gefasst  werden,  geht  der  Verf.  zu  dem  Fall  über,  dass  die 
Structur  durch  die  Temperatur  bedingt  wird.  Letzteres  ist, 
raeine  ich,  so  zu  verstehen,  dass  zu  jeder  Temperatur  eine 
ganz  bestimmte  Structur  gehört,  und  dass  keine  Erwärmung 
oder  Abkühlung  ohne  eine  entsprechende  Struct  uränderung 
möglich  ist. 

Ist  dem  so,  so  sollen  die  Gleichungen  (28)  des  Hrn.  Du- 
hem  (p.  466)  lauten: 

//„(*,  T)  =  -T  *f<r)a{x/r)  und: 

In  der  That,  wenn  man  (p.  454)  die  Temperatur  eines 
geladenen  Conductors  um  dT  erhöht,  ändert  sich  auch  die 
Structur;  es  treten  somit  in  der  letzten  Gleichung  von  p.  454 
und  in  den  Formeln  (14)  nicht  partielle,  sondern  totale  Diffe- 
rentialquotienten auf. 

Aus  den  Duhem' sehen  Gleichungen  (29)  und  (30)  fallen 
dann  die  Glieder  fort,  welche  dxjdT  und  dyjdT  enthalten 
und  die  Resultate  werden  durch  die  vorausgesetzten  Structur- 
verschiedenheiten  in  keiner  Weise  geändert. 

Das  war  auch  von  vornherein  zu  erwarten.  Die  Betrach- 
tungen nämlich,  welche  bei  Hrn.  Duhem  der  p.  463  voran- 
gehen, beruhen  auf  der  Veränderlichkeit  von  h  und  H  mit  der 
Temperatur,  aber  es  ist  bei  denselben  gleichgültig,  durch  welchen 
Mechanismus  jene  Grössen  von  T  abhängen,  ob  direct  oder 
theilweise  auch  mittelbar  infolge  einer  Aenderung  der  „Structur", 
welche  selbst  wieder  eine  Temperaturfunction  ist. 

§  17.  Nach  dem  §  15  Gesagten  muss  die  Duhem'sche 
Theorie  auch  zu  den  Resultaten  führen,  welche  in  der  vorlie- 
genden Abhandlung  enthalten  sind,  sobald  an  ihr  der  von  Hrn. 
Budde  nachgewiesene  Fehler  verbessert  wird.  Dm  das  zu  zeigen, 
will  ich  eine  Methode  benutzen,  welche  mir  die  Vorzüge  meiner 
früheren  und  der  Duhem' sehen  zu  vereinigen  scheint  Ich 
behalte  nämlich  die  Uebertrager  bei,  entgehe  aber  der  Noth- 

39* 


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612 


H.  A.  Lorentz. 


wendigkeit,  jedesmal  eineu  Kreisprocess  zu  ersinnen,  dadurch, 
dass  ich  den  Satz  von  der  Entropie  oder,  was  auf  dasselbe 
hinauskommt,  die  Theorie  des  thermodynamischen  Potentials 
zu  Hülfe  nehme.  Zunächst  berechne  ich  die  Entropie  5  eines 
Uebertragers.  Haben  C7,  E>  y ,  v,  T  und  ü'  die  früher  an- 
gebene Bedeutung,  so  wird  die  Energie: 
(17)  U=\E<f+U', 

in  welcher  Gleichung  ich  annehmen  will,  dass  alles  in  T,  E, 
(f  und  v  ausgedrückt  ist  Nehmen  bei  constanter  Ladung  T, 
(f  und  v  um  dT,  dq,  dv  zu,  so  leisten  die  äusseren  Kräfte 
eine  Arbeit  \Ed<f  —  pdv\  die  zuzuführende  Wärme  ist  also: 

dQ=pdv+  dTdT+  d~d<p  +-äVdv. 

Aus  der  Bedingung,  dass  dQjT  ein  vollständiges  Diffe- 
rential sein  soll,  und  in  der  Voraussetzung,  dass  p  unabhängig 
von  der  electrischen  Ladung  ist,  findet  man: 

8  V  =  6  ü  ^  0 

dv  dg 

Mithin  wird: 

dQ  =  pdv  +       d  T  und: 

Tg 

wo  S0  der  Werth  der  Entropie  ist  bei  einem  bestimmten  Vo- 
lumen r0  und  einer  bestimmten  Temperatur  T0.  Dieser  Werth 
kann  noch  immer  von  E  abhängen,  enthält  aber  bei  gege- 
benem E  das  Potential  tp  nicht. 

Ich  setze  nun  wieder  die  Ucbertrager  Ga  und  Gb  mit  dem 
Contacte  {A,  B\  (§  4),  der  die  gleiche  Temperatur  hat,  wie 
Ga  und  Crb,  in  Verbindung.  Die  Zustände  von  Ga  und  Gh 
seien  bestimmt  durch  die  Grössen: 

Pay  '*«,  Eat  T,  (f  « ,  Und.' 

pby       vbl       Eb,        Tf  (pb. 

Bei  beliebigen  Werthen  von  <p„  und  qb  wird  ein  nicht 
umkehrbarer  Uebergang  von  Electricität  stattfinden,  wobei 
das  thermodynamische  Potential  des  ganzen  Systems  abnimmt. 
Gleichgewicht  ist  nur  dann  möglich,  wenn  bei  jeder  unendlich 


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Thermoclectricität. 


kleinen  Aenderung  der  Electricitätsvertheilung  das  thermody- 
namische  Potential  des  Systems  nicht  variirt. 

Beschränkt  man  sich  auf  Aenderungen,  bei  welchen  t?„, 
*>bf  Cay  Ch  und  T  constant  bleiben,  so  ist  als  thermodynamisches 
Potential  der  Ausdruck: 

J7-  TS 

zu  nehmen1),  wo  U  und  5  für  das  ganze  System  Euergie  und 
Entropie  vorstellen. 

Man  betrachte  nun  eine  virtuelle  Aenderung,  bei  welcher 
eine  unendlich  kleine  Electricitätsmenge  e  auf  Ga  verschwindet 
und  auf  Gb  zum  Vorschein  kommt,  so  zwar,  dass  nach  wie 
vor  die  Electricität  sich  auf  jedem  Träger  an  sich  genommen 
nach  den  Bedingungen  des  Gleichgewichts  vertheilt,  und  dass 
am  Zustande  des  Contactes  selbst  nichts  geändert  wird.  Für 
die  Gleichgewichtsbedingung  findet  man  dann: 

düa  +  düh  -  T(dSa  +  dSb)  =  0, 
oder,  da  nach  (17)  und  (18): 

^.+rft4-.(T.-^+.[6ä-(aj 

—♦  +  •[(4?).- K)J 

T 

1)  Da  nämlich  bei  diesen  Aenderungen  die  äusseren  Kräfte  keine 
Arbeit  leisten,  wird  dem  Wärmereservoire  von  constanter  Temperatur, 
womit  das  System  in  Berührung  steht,  die  Wärmemenge  d  (7  entnommen. 
Die  Entropie  des  Reservoirs  nimmt  also  um  —  d  U,  T  zu  und  die  Oe* 
sammtentropie  des  Systems  und  des  Reservoirs  um  dti  —  d  XJ\  1.  Diese 
Grösse  kann  nur  positiv  oder  Null  sein;  es  ist  demnach  O  —  TS 
die  Function,  welche  bei  einem  nicht  umkehrbaren  Vorgang  nur  ab- 
nehmen kann,  und  bei  einem  umkehrbaren  stationär  ist. 


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614 


A.  I^orentz. 


Da  {dS0/dE)h-  {dS0jdE)a  unabhängig  von  T  ist,  fuhrt 
Division  durch  T  und  Differentiation  nach  dieser  Veränderlichen 
auf  die  Gleichung  (I)  zurück. 

§  18.  Auf  ähnlichem  Wege  lässt  sich  auch  das  Problem 
des  §  13  behandeln;  nur  betrachte  ich  nicht  das  thermo- 
dynamische  Potential,  sondern  direct  die  Entropie.  Es  seien 
jetzt  die  Anfangszustände  von  G  und  G\  im  Momente,  wo 
diese  Leiter  mit  dem  Metallstücke  {A,  A')  in  Verbindung 
gesetzt  werden,  bestimmt  durch  die  Grössen: 

T,       u,       <p,       E,  und: 
T+dT,  (f+z<tT,  & 

Die  Temperaturen  werden,  sowohl  für  G  und  G'  als  für 
die  verschiedenen  Punkte  von  (Ay  Ä)  durch  Verbindung  mit 
geeigneten  Wärmereservoiren  constant  gehalten.  Geht  die 
unendlich  kleine  Electricitätsmenge  e  von  G'  auf  G  über, 
unter  den  gleichen  Bedingungen,  wie  im  vorhergehenden  Para- 
graphen, so  wird,  wenn  electrisches  Gleichgewicht  vorhanden 
war,  die  gesanimte  Entropie  sich  nicht  ändern.  Die  Entropie 
der  Uebertrager  ist  nach  dem  §  13  über  dieselben  Pestgesetzten 
und  nach  der  jetzt  gemachten  Annahme,  dass  zu  Anfang  die 
Ladungen  gleich  seien,  S0  (§17)  fur  beide  die  nämliche  Grösse; 
iV0  ist  ja  auch  von  der  Temperatur  unabhängig.  Nach  (18) 
wächst  die  Entropie  von  G  um: 

T 

und  die  Entropie  von  G'  um: 

r  +  dT 

fö50       fl   d*ü  Jrr] 
e['dE  +  J  T  dEdTaJ\' 

Die  Summe  der  beiden  Ausdrücke  ist: 

im  -edT  d%u 

[    '  f    '  dli  d  T  ' 

Andererseits  erhält  man  fur  die  Entropiezunahme  der  ver- 
schiedenen Wärmereservoire,  indem  man  die  entwickelten 
Wärmemengen  (§  10)  durch  die  betreffenden  Temperaturen 
dividirt  : 


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Thtrmoelectrieität. 


615 


X  + 


d*  U 
BEBT 
T 


dt 


<IT. 


Setzt  man  die  Summe  von  (19)  und  (20)  —  0,  so  erhält  man 
wieder,  wie  früher: 


§  19.  Die  Frage  nach  dem  Sitze  der  electromotorischen 
Kräfte  in  der  Thermokette  muss,  wie  mir  scheint,  noch  immer 
theilweise  unbeantwortet  bleiben.  Betrachtet  man  zwei  Quer- 
schnitte P  und  zwischen  welchen  sich  eine  Contactstelle 
oder  eine  Aufeinanderfolge  verschiedener  Temperaturen  be- 
findet, so  thut  man,  glaube  ich,  am  besten,  wenn  man  als 
Maass  fur  die  „electromotorische  Kraft  im  Theile  PQ"  die 
Potentialdifferenz  betrachtet,  welche  im  Fall  des  electrischen 
Gleichgewichtes,  d.  h.  also  bei  geöffneter  Kette,  zwischen  zwei 
in  P  und  Q,  und  zwar  im  Innern  des  Metalls  liegenden 
Punkten  besteht.  Diese  electromotorische  Kraft  kann  aber 
in  keiner  Weise  aus  den  bekannten  Thatsachen  abgeleitet 
werden,  ebenso  wenig  aus  der  Wärmeentwicklung  durch  den 
Strom  als  aus  den  Versuchen  über  Contactelectricität  Die 
erste  Behauptung  sprach  ich  schon  in  meiner  früheren  Ab- 
handlung aus;  ich  bemerkte,  dass  die  durch  eine  Contactstelle 
iiiessende  Blectricität  nicht  blos  eine  andere  electrostatische, 
sondern  auch  eine  andere  nicht  electrostatische  Energie  an- 
nimmt, und  dass  demzufolge  die  Wärmentwicklung  für  die 
Electricitätseinheit  durch  die  Formel: 


bestimmt  wird.  In  gleicher  Weise  ist  auch  die  von  Sir  W. 
Thomson  entdeckte  Wärmeentwicklung  nicht  ohne  weiteres 
der  Potentialdifferenz  zwischen  den  Endpunkten  des  in  Betracht 
kommenden  Leiterstückes  proportional  und  kann  sogar  be- 
stehen, wenn  diese  Differenz  =  0  ist 

Mit  der  angedeuteten  Erklärung  fllr  die  Verschiedenheit 
von  II  und  tfh  —  tfa  ist  Hr.  Budde  einverstanden;  nur  be- 
bemerkt er,  indem  er  meine  Schlüsse  in  der  schon  wiederholt 
erwähnten  Weise  verbessert,  dass  in  (21)  unter  dü'jdE 
die  nicht  electrostatische  Energie  der  Electricitätseinheit  im 
Innern  der  Leiter  zu  verstehen  ist    Er  setzt  dann  weiter: 


(21) 


II  =  <pb  —  <f*  + 


(bu\  (dir] 

\d£]b  \BJSja 


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616 


H.  A.  Lorentz. 


d  ü\ 

sodass  die  Formel  die  Gestalt: 

tl  =  Xb  ~X« 

annimmt,  und  weist  nach,  dass  sämmtliche  Formeln  seiner 
früheren  Theorie  giltig  bleiben,  wenn  man  in  denselben  die 
Potentialtunction  durch  %  ersetzt  Für  diese  Grösse  schlägt 
Hr.  Budde  den  Namen  „thermoelectrische  Kräftefunction" 
vor  und  bezeichnet  die  Differenz  Xb  — Xa  a^s  »electromotorisehe 
Kraft  des  Contactes".  Diese  Benennungen  scheinen  mir  nicht 
im  Interesse  der  Klarheit  zu  sein.  Die  in  x  auftretende 
Grösse  dü'ijoE  kann  etwas  ganz  anderes  sein,  als  was  man  in 
der  Mechanik  „Kräftefunction"  nennt,  und  die  Benennung 
„ electromotorische  Kraft  des  Contactes"  möchte  ich  auf 
fpb  —  ffa  beschränken,  und  andeuten  als  die  Wärme- 

entwicklung beim  Uebergang  der  Electrieitätseinheit. 

§  20.  Dass  auch  die  Versuche  Uber  die  Contactelectrici- 
tät  die  Poteutialdifferenzen  im  Innern  der  Metalle  unbestimmt 
lassen,  habe  ich  in  meiner  ersten  Arbeit  nicht  berücksichtigt; 
ich  stellte  mir  wenigstens  die  Möglichkeit  vor,  dieselben  aus 
Versuchen  mit  an  der  Oberfläche  „reinen"  Metallen  abzuleiten. 
Erst  nachdem  ich  in  der  Abhandlung  des  Hrn.  Budde  eine 
Anregung  fand  zu  weiterem  Nachdenken  über  den  Gegenstand, 
ist  es  mir  klar  geworden,  wie  wenig  Aussicht  man  hat,  die 
erwähnten  Differenzen  kennen  zu  lernen. 

Stellt  man  sich  die  Electricitäten  als  Stoffe  vor,  und 
schreibt  man  die  Potentialdifferenz  beim  Contacte  wenigstens 
theilweise  nach  He  Im  holt  z'scher  Auffassung  den  Kräften  zu. 
welche  diese  Stoffe  seitens  der  Metallmolecüle  erleiden,  so 
kann  man  nicht  umhin,  derartige  Kräfte  auch  in  der  dünnen 
Schicht  vorauszusetzen,  mit  welcher  ein  Metall  an  den  um- 
gebenden Isolator  stösst;  es  besteht  ja  eine  vollständige  Ana« 
logie  zwischen  jenen  auf  die  Electricität  wirkenden  „Molecular- 
kräften"  und  den  Wirkungen  in  der  Grenzschicht,  welche  in 
der  Theorie  der  Capillarität  betrachtet  werden. 

Schon  aus  diesem  Grunde  niüsste  sogar  bei  Metallen, 
welche  eine  vollkommen  reine  Oberfläche  haben,  eine  Potential- 
differenz bestehen  zwischen  der  Oberfläche  und  den  inneren 


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Thermoelec  tr  ic  itä  t. 


Theilen,  eine  Differenz,  welche  sich  mit  jeder  Modification  der 
oberflächlichen  Schichten  ändern  wird.  Man  könnte  nun  ver- 
suchen, diesen  Umstand  bei  der  Berechnung  der  Versuchs- 
resultate zu  berücksichtigen,  ich  glaube  indess  nicht,  das*  man 
in  dieser  Weise  zu  Ergebnissen  von  einigem  Werth  gelangen 
würde.  Neben  den  erwähnten  anziehenden  Kräften  müssen 
gewiss  noch  Ursachen  bestehen,  welche  die  Electricität  ver- 
hindern, einen  Leiter  zu  verlassen.  Diese  Ursachen  sind  uns 
gänzlich  unbekannt,  und  demgemäss  bleibt  uns  auch  die  Con- 
stitution einer  oberflächlichen  Ladung  verborgen. 

Während  sich  also  das  Potential  im  Innern  eines  Leiters 
der  Beobachtung  entzieht,  ist  das  Potential,  wie  ich  es  §  3 
definirte,  eine  vollkommen  bestimmbare  Grösse;  lässt  sich  doch 
immer  angeben,  welche  Arbeit  erfordert  wird,  um  die  Ladung 
eines  Conductors  um  die  Electricitätseinheit  zu  vermehren. 

Will  man  von  der  Theorie  alles  ausschliessen,  was  von 
der  Oberflächenbeschaffenheit  abhängt,  und  alles,  was  nicht 
gemessen  werden  kann,  so  empfiehlt  es  sich,  nach  dem  Vor- 
gange von  Sir  W.  Thomson  nur  die  electromotorische  Kraft 
der  geschlossenen  Kette  und  nicht  die  unbestimmbaren  Potentiai- 
difterenzen  in  die  Rechnung  aufzunehmen. 

§  21.  Im  Vorhergehenden  habe  ich  noch  immer  die  Vor- 
aussetzungen beibehalten,  welche  ich  in  der  früheren  Arbeit 
hervorgehoben  habe.  Es  ist  nämlich  angenommen  worden: 
1 .  dass  die  Eigenschaften  der  Gasmasse,  mit  welcher  ein  Ueber- 
t rager  versehen  ist,  unabhängig  sind  von  der  Ladung  dieses 
letzteren ;  2.  dass  während  wir  einen  isolirten  Leiter  erwärmen 
oder  abkühlen ,  seine  electrische  Ladung  ungeändert  bleibt ; 
3.  dass  sich  diese  Ladung  bei  jeder  Temperatur  nach  den 
gewöhnlichen  Gesetzen  der  Electrostatik  vertheilt,  und  dass 
aus  diesen  Gesetzen  auch  die  mechanischen  Wirkungen  zwischen 
verschiedenen  Leitern  oder  Theilen  eines  Leiters  abgeleitet 
werden  können.  Obgleich  nun  kein  Grund  vorliegt,  eine  dieser 
Hypothesen  fallen  zu  lassen,  will  ich  doch  zeigen,  wie  man 
die  Untersuchung  von  der  dritten  befreien  könnte.  Die  Be- 
trachtung des  thermodynamiscben  Potentials  oder  der  Entropie 
führt  dabei  am  einfachsten  zum  Ziele. 

Ich  beschränke  mich  auf  den  Fall,  dass  die  geometrische 
Gestalt  des  Uebertragers  durch  eine  einzige  Variabele.  welche 


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618  H.  A.  Lorcntz. 

C  heissen  möge,  vollkommen  bestimmt  ist.  Für  diese  Grösse 
kann  man,  wenn  man  die  dritte  Voraussetzung  einführt,  gerade- 
zu die  electrostatische  Capacität  wählen.  Bei  Beseitigung  der 
Hypothese  ist  das  natürlich  nicht  mehr  erlaubt,  da  dann  von 
keiner  Capacität,  welche  nur  von  der  geometrischen  Gestalt 
abhinge,  die  Rede  ist  Wir  brauchen  indess  über  C  nichts 
weiter  vorauszusetzen. 

Als  weitere  unabhängige  Veränderliche  führe  ich  die  La- 
dung E,  die  Temperatur  T,  und  das  Volumen  v  der  Gas- 
masse ein. 

Soll  der  Uebertrager  in  einem  bestimmten  Zustande  be- 
harren, so  sind  zweierlei  äussere  Kräfte  erforderlich,  nämlich 
erstens  ein  auf  die  Gasmasse  wirkender  Druck  p  *=  RTfv  (wo 
R  constant  ist),  und  zweitens  eine  Kraft,  welche  eine  Aenderung 
von  C  durch  die  electrostatischen  Wirkungen  verhindert,  und 
deren  Arbeit  bei  einer  unendlich  kleinen  Zustandsänderung 
durch  adC  vorgestellt  werden  kann.  Dabei  ist  a  im  allge- 
meinen als  eine  Function  von  E,  T  und  C  zu  betrachten, 
welche  in  jedem  Falle  aus  den  Beobachtungen  abgeleitet 
werden  könnte. 

Von  den  nämlichen  Grössen  hängt  auch  die  totale  Energie 
des  Uebertragers  mit  Einschluss  der  Gasmasse  ab;  dieselbe 
heisse  U. 

Dass  U  und  a  nicht  von  v  abhängen  werden,  sieht  man 
leicht  ein. 

Für  einen  isolirten  Uebertrager,  der  eine  bestimmte 
Ladung  E  besitzt ,  wird  nun  die  bei  einer'  unendlich  kleinen 
Zustandsänderung  zuzuführende  Wärmemenge  bestimmt  durch 
die  Gleichung: 

dQ  -  h^dT  +  \0Ö  dC+  RT^  -  «dC, 
und  da  hierbei  nach  dem  zweiten  Hauptsatze: 

(22)  Vc-"-Tsr 

sein  muss,  erhält  man  für  die  Zunahme  der  Entropie 

Für  die  betrachtete  Ladung  E  sei  nun  S0  die  Entropie 


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Thernwelectricität. 


619 


bei  bestimmten  Werthen  T0,  C0,  v0  der  Variabein.  Für  jedes 
andere  Werthsystem  wird  dann: 

Wünscht  man  die  Entropie  für  eine  andere  Ladung  zu 
betrachten,  so  werde  ich  doch  unter  T0,  C0,  v0  immer  dieselben 
Werthe  verstehen.    Natürlich  wird  sich  S0  mit  E  ändern. 

Man  denke  sich  nun  wieder  (§  17)  die  Uebertrager  Ga 
und  Gh  bei  der  Temperatur  T  mit  dem  Contacte  (A,  B)  in 
Verbindung  gesetzt  8oll  electrisches  Gleichgewicht  bestehen, 
so  muss,  wie  man  durch  die  §  17  mitgethcilte  Betrachtung 
findet,  die  Grösse: 

also  auch  die  Grösse: 

1  d  ü  _  öS 
T  BE  dE 

für  Ga  und  Gh  gleiche  Werthe  haben.  Die  Differential- 
quotienten sind  bei  constanten  v,  C  und  T  zu  nehmen.  Die 
Gleichgewichtsbedingung  wird  demnach: 

T.C 

ij-eu  r r_L  e*u      *•«  dJ*\ 

\T6E    J  [T  6EdTai      dEdTa^\  dE\a 


t23) 


2V.  C„ 


"  fr  dE     J  [T  dEdTai       d EdT     j  dElb 

Bei  gegebenen  Ladungen  enthalt  diese  Gleichung  eine 
Beziehung  zwischen  Ca  und  Man  erhielte  also,  wenn  man 
die  im  Anfang  dieses  Paragraphen  erwähnte  dritte  Hypothese 
einführte,  eine  Relation  zwischen  den  Capacitäten,  d.  h.  zwischen 
den  Potentialen. 

Aus  dem  Umstände,  dass  jedes  Glied  der  Gleichung  (23) 
nur  Grössen  enthält,  welche  sich  auf  einen  Uebertrager  be- 
ziehen, kann  man  auf  das  Gesetz  der  Spannungsreihe  schliessen. 
Sind  nämlich  drei  Uebertrager  Ga,  Gh  und  Ge  aus  verschie- 
denen Metallen  und  von  der  gleichen  Temperatur  gegeben, 
welche  mittelst  geeigneter  Contacte  {A,  B),  {B,  C)  und  {A,  C) 
miteinander  in  Berührung  gesetzt  werden  können,  so  wird  elec- 


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020 


H.  A.  Lotentz, 


trisches  Gleichgewicht  zwischen  Gb  und  Gc  bestehen,  sobald 
der  Gleichung  (23)  fUr  Ga  und  Gh  und  der  analogen  Gleichung 
für  Ga  und  Gc  gentigt  wird. 

Um  den  Einfluss  einer  Temperaturänderung  auf  das  Gleich- 
gewicht zwischen  Ga  und  Gv  kennen  zu  lernen,  denke  man 
sich  zunächst  bei  der  Temperatur  T  die  Grössen  Ca  und  C\ 
so  gewählt,  dass  Gleichgewicht  besteht  Bei  einem  zweiten 
Versuche  bei  der  Temperatur  T  +  dT  mögen  die  Ladungen 
noch  die  früheren  Werthe  haben;  es  sind  dann  aber  fur  das 
Gleichgewicht  andere  Werthe  von  Ca  und  Cb,  etwa  Ca  +  d  (\ 
und  Cb  +  dCh  erforderlich.  Selbstverständlich  ist  dabei  eins 
der  Differentiale  dCa  und  dt\  nach  Belieben  zu  wählen.  Die 
Zuwächse  der  beiden  Glieder  von  (23)  müssen  nun  gleich  sein ; 
man  erhält  demnach,  da  dS0jdE  nicht  von  T  und  C  abhängt  : 

|        1    dU  ,rr  ,     1       d*U     ,r,      fl'rr  .A 
\^TnidEai  +  T  B£dC  ^^dFTd^^ia 

I      1  6U  .rp,    1     dW    ,r.     ö'«  ,r\ 
-\~  T'*dEai  +  T  dEÖCaiy  +  dEdT(l^h1 

oder  mit  Rücksicht  auf  (22): 

Es  ist  dies  die  Gleichung,  welche  au  die  Stelle  von  (I) 
tritt.  In  der  That,  wenn  man  die  im  Anfange  dieses  Para- 
graphen genannte  dritte  Hypothese  und  die  früheren  Bezeich- 
nungen wieder  einführt,  wird: 

und  man  kommt  dann  auf  (I)  zurück. 

Auch  der  §  18  betrachtete  Fall  liesse  sich  in  ähnlicher 
Weise  behandeln. 

§  22.  Es  erübrigt  mir  noch  der  Arbeiten  zu  erwähnen, 
welche  in  jüngster  Zeit  die  Herren  Lorberg1)  und  Parker3) 
über  die  Thermoelectricität  veröffentlicht  haben. 

Der  erste  Physiker  vergleicht  die  Duhem'sche  Theorie, 
soweit  dieselbe  in  dem  Buche :  „Le  potentiel  thermodynamique", 
enthalten  ist,  mit  der  meinigen  und  weist  nach,  dass  dieselben 

1)  Lorberg,  Wied.  Ann.  84.  p.  662.  1888. 

2)  Parker,  Phil.  Mag.  (5)  26.  p.  853.  1888. 


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Therm  oelectricität. 


621 


miteinander  übereinstimmen.  Ich  brauche  nach  dem  oben 
Gesagten  darauf  nicht  zurückzukommen.  Ebensowenig  brauche 
ich  näher  einzugehen  auf  die  von  Lorberg  berührte  Frage, 
ob  man  berechtigt  ist  zu  der  Annahme,  es  habe  die  Potential- 
differenz  zwischen  zwei  Metallen  einen  bestimmten  Werth, 
einerlei,  ob  electrisches  Gleichgewicht  besteht  (bei  offener 
Kette),  oder  der  Contact  von  einem  Strome  durchflössen  wird. 
Ich  hatte  diese  Annahme  stillschweigend  gemacht,  indem  ich 
mir  vorstellte,  dass,  wenn  ein  Strom  besteht,  die  Gleich- 
gewichtspotentialdifferenz zwischen  zwei  Stellen  nur  noch  be- 
gleitet wird  von  der  Differenz,  welche  zur  Ueberwindung  des 
Widerstandes  zwischen  jenen  Stellen  nöthig  ist,  eine  Differenz, 
welche  vernachlässigt  werden  kann,  wenn  es  sich  um  den  Zu- 
stand in  unmittelbarer  Nahe  der  Contactfläche  handelt.  Hr. 
Duhem  hat  diese  Ansicht  ausfuhrlich  begründet,  und  Hr. 
Lorberg  erklärt  sich  denn  auch  mit  derselben  einverstanden. 

Dagegen  hält  er  mein  Bedenken  gegen  die  Anwendung 
des  zweiten  Hauptsatzes  auf  die  geschlossene  Thermokette, 
auf  den  Fall  also,  dass  Temperaturdifferenzen  in  den  Leitern 
vorkommen,  für  nicht  begründet;  dass  neben  dem  reversibeln 
Process  noch  ein  irreversibler,  nämlich  die  Wärmeleitung,  neben- 
her läuft,  kann,  wie  er  meint,  die  Anwendung  des  zweiten  Haupt- 
satzes auf  den  ersten  Process  nicht  beeinträchtigen.  Dabei  setzt 
Hr.  Lorberg  wieder  voraus,  dass  die  beiden  Processe  unabhängig 
von  einander  sind  (vgl.  ob.  §  13).  Uebrigens  wiederhole  ich  noch- 
mals, dass  ich  nie  die  Richtigkeit  der  Thomson'schen  Schlüsse 
habe  läugnen  wollen;  es  war  mir  nur  darum  zu  thun,  eine 
Betrachtungsweise  anzugeben,  welche  jedenfalls  unanfechtbar  ist 
Es  giebt  zwei  Punkte  in  der  Abhandlung  des  Hm.  Lor- 
berg, über  welche  ich  seine  Meinung  nicht  theilen  kann. 
Erstens  will  er  beweisen,  dass  die  Wärmeentwicklung  an  der 
Oberfläche  eines  Leiters,  auf  deren  Möglichkeit  Hr.  Budde 
hinwies,  und  auf  welche  sich  die  jetzt  von  mir  eingeführte 
Grösse  k  bezieht,  nicht  besteht,  während  ich  oben  fand,  dass 
k  völlig  unbestimmt  bleibt  Bei  Hrn.  Lorberg  findet  man 
die  Gleichungen: 


(24) 


n 

-  T> 


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622 


H.  A..  LtOte%itz. 


1'-TJT-Z<        U-X  +  H, 

wo  mit  //,  x>  7»  und  7«  die  Grössen  bezeichnet  sind,  welche 
ich  in  dieser  Abhandlung  —  //,  w,  {d  U'  jdE)a—  (d  U'  ldE)t 
und  (d  U'  i  d  E)a  —  {d  U'  j  d  E)b  —  (ka  —  kh)  genannt  habe. 

Durch  Verbindung  dieser  Formeln  findet  man  nun  in  der 
That  q{  =s  qw,  mithin  ka  =  hb,  also  wahrscheinlich  A  =  0.  Dabei 
ist  aber  zu  bemerken,  dass,  sobald  zwischen  ungleich  erhitzten 
Stellen  eines  Metalles  eine  Potentialdifferenz  auftritt,  die  Glei- 
chung (24)  nicht  mehr  zutrifft.  Sie  ist  dann  durch  meine 
Gleichung  (III)  (oben  §  10)  zu  ersetzen,  und  man  kann  nicht 
mehr  schliessen,  dass  qx  =  qw  ist,  sondern  nur,  dass  zwischen 
jenen  Potentialdifferenzen  und  qw  —  (d.  h.  ka  —  h)  eine  Re- 
lation besteht,  welche  schon  in  meiner  Gleichung  (VII)  (oben 
§  13)  enthalten  ist. 

Zweitens  sagt  Hr.  L  orb  erg1),  nachdem  er  fur  die  elec- 
tromotorische  Kraft  einer  geschlossenen  Kette  eine  Gleichung 
abgeleitet  hat,  die  bei  meiner  Schreibweise  die  Gestalt: 

(25)  F—  y{Tx)  —  w(Tt) 

annimmt:  „Die  Gleichung  ist  bekanntlich  von  Avenarius  für 
solche  Fälle,  wo  F  als  eine  quadratische  Function  von  Tx  und 
T2  betrachtet  werden  kann,  experimentell  bestätigt  worden. 
Aus  dieser  Gleichung  aber  zu  schliessen,  dass  die  electromo- 
torische  Kraft  des  Thermostromes  nur  an  den  Contactstellen 
ihren  Sitz  habe,  wie  Lorentz  thut,  scheint  mir  nicht  völlig 
gerechtfertigt;  denn  dieser  Schluss  beruht  auf  der  unbewiesenen 
Annahme,  dass  der  einer  einzelnen  Contactstelle  entsprechende 
Theil  der  electromotorischen  Gesammtkrait  gleich  der  daselbst 
herrschenden  Potentialdifferenz  sei." 

Dem  gegenüber  möchte  ich  bemerken,  dass  mir  der  Be- 
griff :  „electromotorische  Kraft  an  einer  Contactstelle",  nur  dann 
klar  zu  sein  scheint,  wenn  man  als  Maass  für  diese  Kraft  die 
Differenz  der  Werthe  betrachtet,  welche  das  Potential  zu 
beiden  Seiten  der  Beriihrungssteüe  im  Innern  der  Metalle  be- 
sitzt. Da  ich  nun  in  meiner  ersten  Arbeit  meinte,  unter  »" 
diese  Differenz  verstehen  zu  dürfen,  war  es  auch  gerechtfertigt, 
aus  (25)  den  von  Hrn.  L  orb  erg  gerügten  Schluss  zu  ziehen. 


l)  1.  c.  p.  671. 


Thermoelectricity. 


Ii23 


Dass  ich  diesen  jetzt  nicht  mehr  fur  richtig  halte,  brauche 
ich  wohl  kaum  zu  wiederholen. 

Uebrigens  ist  durch  die  Versuche  von  Avenarius  keines- 
wegs bewiesen,  dass  sich  die  electromotorische  Kraft  F  einer 
Kette  aus  den  Potentialdifferenzen  an  den  Contactstellen  zu- 
sammensetzt; dazu  wäre  es  nöthig  gewesen,  diese  Differenzen 
bei  verschiedenen  Temperaturen  zu  messen.  Aus  den  Ver- 
suchen lassen  sich  aber  nur  Werthe  von  F  und  ausserdem  die 
Potentialdifferenz  bei  einer  Temperatur,  nämlich  bei  jener, 
welche  die  Oondensatorplatten  hatten,  ableiten. 

§  23.  Hr.  Parker  hat  den  zweiten  Satz  der  Thermo- 
dynamik auf  die  ungeschlossene  Thermokette  angewandt,  indem 
er  Kreisprocesse  betrachtete,  welche  mit  den  von  mir  einge- 
führten einige  Aehnlichkeit  haben.  Dabei  übersieht  er  die  von 
Hrn.  Budde  hervorgehobene  Möglichkeit  einer  Wärmeent- 
wickeluug  an  der  Oberfläche  eines  Leiters,  und  es  war  also 
zu  erwarten,  dass  die  Schlüsse  mit  den  von  mir  abgeleiteten 
übereinstimmen  würden,  wenn  man  in  letzteren  wieder  die  von 
mir  mit  k  bezeichnete  Grösse  —  0  setzt.  Zum  Theil  besteht 
wirklich  diese  Uebereinstimmung;  man  vermisst  sie  aber  für 
den  Fall,  dass  ein  einziges  Metall  an  verschiedenen  Stellen 
ungleiche  Temperaturen  zeigt. 

Hr.  Parker  gelangt  nämlich  (p.  357)  zu  der  Gleichung 
dVjdT—  kt,  welche  bei  meiner  Schreibweise  lauten  würde: 
(26)  x  -  CT, 

wo  dann  C  eine  Constante  wäre,  welche  durch  dio  Theorie  nicht 
bestimmt  werden  kann.  Andererseits  gibt  meine  Formel  (VII) 
(oben  §  13),  wenn  man  k  =  0  setzt: 

X  =  o. 

Die  Betrachtungen,  durch  welche  Parker  die  Gleichung 
(26)  ableitet,  sind,  wie  mir  scheint,  richtig;  nur  liefern  sie  nicht 
alles,  was  aus  der  Theorie  gefolgert  werden  kann.  Zwischen 
zwei  Leitern  an  demselben  Metall  lässt  nämlich  Hr.  Parker 
einen  Austausch  aus  Electricität  in  der  einen  Richtung  vor  sich 
gehen,  während  die  Temperaturen  t  und  t  +  x  sind,  und  einen 
Austausch  in  entgegengesetzter  Richtung,  nachdem  beide  Tem- 
peraturen um  ein  unendlich  kleines  erhöht  sind;  dadurch  werden 
die  Werthe  von  (1  \t){dV\dt)  (d.  h.  von  meinem  z/77)  bei  ver- 
schiedenen Temperaturen  miteinander  verglichen.   Oben,  §  13, 


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024 


M.  Planck. 


habe  ich  aber  gezeigt,  wie  schon  nach  einmaligem  Electri- 
citätsübergang  ein  Endzustand  erreicht  werden  kann,  der  sich 
von  dem  Anfangszustande  nur  durch  die  Verwechslung  zweier 
gleichen  Körper  unterscheidet;  dieses  machte  es  mir  möglich, 
den  Werth  von  y  I  T  bei  einer  bestimmten  Temperatur  abzuleiten. 

Leiden,  November  1888. 

Zusatz.  Auch  Herr  Parken1)  hat  jetzt  einen  Kreis* 
process  beschrieben,  wobei  eine  ungeschlossene  Kette  nur  in 
einer  Richtung  von  Electricit&t  durchflössen  wird  Aus  der 
Betrachtung  desselben  zieht  er  den  Schluss,  dass  die  Constante, 
welche  ich  oben  in  der  Gleichung  (26)  mit  C  bezeichnet  habe, 
für  alle  Metalle  den  gleichen  Werth  haben  muss. 

Januar  1889. 


II.   Zur  Theorie  der  TttermoelectriciUit  in  me- 
Udlischen  Leitern;  von  Max  Planck. 


Einleitung. 

Die  Theorie  der  thermoelectrischen  Ströme  wurde  zuerst 
von  W.  Thomson2)  auf  die  beiden  Hauptsätze  der  mecha- 
nischen Wärraelehre  gegründet;  sie  fand  ihren  Ausdruck  in 
einer  Reihe  von  Gleichungen,  welche  gewisse  einfache  Bezie- 
hungen aussprechen  zwischen  der  electromotorischen  Kraft 
eines  Thermostromes,  den  Temperaturen  der  Löthstellen  und 
den  verschiedenen  Wärmewirkungen  des  Stromes,  namentlich 
der  Pel  tier' sehen  Wärrae  an  der  Grenze  zweier  Leiter  und 
der  Thomson 'sehen  Wärme  im  Innern  eines  Leiters.  Diese 
Theorie  wurde  zuerst  von  Thomson3)  selber,  dann  von  Le 
Roux4),  neuerdings  von  Haga6),  Battelli6),  Jahn7)  durch 

1)  Parken,  Phil.  Mag.  (5)  27.  p.  72.  1889. 

2)  W.  Thomson,  Proc.  Roy.  Soc  Edinb.  Decbr.  1851  ^  PhiL 
Mag.  14)  3.  p.  529.  1852;  Trans.  Edinb.  21.  p.  123.  1854  oder  Phil. 
Mag.  (4)  11.  p.  214.  281.  379.  433.  1856. 

3)  W.  Thomson,  Phil.  Trans.  146.  p.  649.  1856. 

4)  Le  Roux,  Ann.  de  chim.  et  de  phys.  (4)  10.  p.  201.  1867. 

5)  Haga,  Wied.  Ann.  28.  p.  179.  1886.  Ann.  de  l'ecole  polyt.  de 
Delft  3.  p.  43.  18S7. 

6)  Battelli,  Atti  della  R  Accad.  di  Torino  22.  p.  48.  369.  1887; 
Rend,  della  R.  Acc.  dri  Lincei  3.  p.  212.  1887. 

7)  Jahn,  Wied.  Ann.  31.  p.  755  1888. 


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Theorie  der  Tkermoelectricität.  625 


Versuche  geprüft  und  im  wesentlichen  durch  die  Erfahrung 
bestätigt  Wie  Tait1)  gezeigt  hat,  kann  nach  ihr  das  thermo- 
electrische  Verhalten  aller  Metalle  durch  eine  einfache  gra- 
phische Darstellung  (das  thermoelectrische  Diagramm)  voll- 
ständig zum  Ausdruck  gebracht  werden. 

Während  die  Theorie  von  Thomson  sich  nur  auf  die 
gegebenen  Wärmeerscheinungen  bezieht  und  die  Frage  nach 
dem  Ursprung  der  thermoelectrischen  Kräfte  unberührt  lässt, 
ging  Clausius1)  in  seinen  fast  gleichzeitig  mit  Thomson  be- 
gonnenen Untersuchungen  näher  auf  diese  Frage  ein,  indem 
er  sowohl  an  den  Contactstellen  zweier  Metalle  als  auch  im 
Innern  eines  ungleichmässig  erwärmten  Metalls  electromoto- 
rische  Kräfte  wirksam  annahm  —  eine  Auffassung,  die  von 
Budde3)  weiter  ausgebildet  wurde,  und  die,  wie  letzterer  ge- 
zeigt hat,  genau  zu  den  Thomson'schen  Gleichungen  fuhrt. 
Andere  Ableitungen,  mit  demselben  Resultat,  sind  in  neuerer 
Zeit  gegeben  worden  von  Du  hem4),  aus  seiner  Theorie  des 
thermodynami8chen  Potentials,  und  von  Lorentz5),  der  die 
Hauptsätze  der  Wärmetheorie  nicht  direct  auf  den  thermo- 
electrischen Strom,  sondern  auf  einen  Process  anwendet,  bei 
dem  die  Electricität  convectiv  durch  einen  mechanisch  bewegten 
Leiter  von  einem  System  auf  ein  anderes  übertragen  wird. 

Zu  den  genannten  Theorien,  welche  sämmtlich  die  ther- 
moelectrischen Kräfte  auf  Potentialunterschiede  zurückfuhren, 
steht  im  wesentlichen  Gegensatz  die  von  F.  Kohl  rausch6) 
aufgestellte  Hypothese,  nach  welcher  die  den  Strom  unter- 
haltende Kraft  nicht  von  electrostatischen  Ladungen,  sondern 
direct  von  der  Wärme  geliefert  wird,  welche,  indem  sie  in 
den  Leitern  von  wärmeren  zu  kälteren  Stellen  fliesst,  stets 
eine  gewisse  Quantität  Electricität  mit  sich  lührt,  ebenso  wie 

1)  Tait,  Tran«.  Edinb.  27.  p.  125.  1873. 

2)  Cla  usius,  Pogg.  Ann.  90.  p.  513.  1853. 

8)  Budde,  Pogg.  Ann.  153.  p.  348.  1874;  Wied.  Ann.  21.  p.  277. 
1884  ;  25.  p.  564.  1885;  80.  p.  664.  1887. 

4)  Duhem,  Le  potentiel  thennodynamique,  p.  191  ff.    Paris,  1886. 
Ann.  chim.  phys.  12.  p.  488.  1887. 

5)  Lorentz,  Beibl.  10.  p.  120.  1886.    Vgl.  auch  Lorberg,  Wied. 
Ann.  34.  p.  662.  1888. 

6)  F.  Kohlrausch,  Pogg.  Ann.  156.  p.  601.  1875;  Wied.  Ann.  28. 
p.  477.  1884. 

Ann.  d.  Phyt.  u.  Ch«ro.  N.  f.  XXXVI.  40 


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626 


M.  Flauck. 


umgekehrt  strömende  Eleetricität  stets  von  einem  gewissen 
Wärmefluss  begleitet  sein  soll.  Hiernach  kämen  bei  jeder 
Wärme  —  und  bei  jeder  Electricitätsleitung  zwei  verschiedene 
Ursachen  in  Betracht,  nämlich  bei  der  Wärmeleitung  ausser 
dem  Temperaturgefalle  die  stromende  Electricität .  bei  der 
Electricitätsleitung  ausser  dem  Potentialgefälle  die  strömende 
Wärme. 

Einen  gewissen  Abschluss  hat  diese  Controverse  neuer- 
dings gefunden  durch  die  Untersuchungen  von  Boltzmann1, 
welcher  ausgeführt  hat.  dass  die  Entscheidung  über  die  Zu- 
lässigkeit  der  Theorie  von  Kohl  rausch  zusammenfallt  mit 
der  Beantwortung  der  Frage,  ob  man  die  in  einer  Thermo- 
kette  vor  sich  gehende  Electricitätsleitung  und  die  stets  gleich- 
zeitig stattfindende  Wärmeleitung  als  zwei  voneinander  unab- 
hängige Vorgänge  ansehen  kann,  die  sich  einfach  gegenseitig 
superponiren,  oder  ob  das  nicht  erlaubt  ist.  Im  ersten  Fall  ist 
natürlich  die  Theorie  von  Kohl  rausch  unhaltbar,  im  zweiten 
allgemeineren  Fall  dagegen  führen  die  Hauptsätze  der  Wärme- 
lehre zu  gewissen  Gleichungen,  in  denen  alle  genannten  Theo- 
rien: die  von  Kohlrausch  und  die  übrigen  oben  angeführten, 
ja  sogar  die  von  Thomson  als  specielle  Fälle  enthalten  sind. 
Boltzmann  stellt  diese  allgemeinen  Gleichungen  auf  und  er- 
örtert, in  welcher  Weise  man  zu  einer  experimentellen  Ent- 
scheidung zu  Gunsten  der  einen  oder  anderen  Theorie  gelangen 
kann,  wobei  er  allerdings  überall  auf  Fragen  stösst.  die  bis 
jetzt  noch  als  offen  zu  betrachten  sind. 

Ein  anderer  Weg.  als  der  von  Boltzmann  eingeschlagene 
ist  der,  dass  man  nicht  die  allgemeinsten,  sondern  die  ein- 
fachsten Annahmen  aufsucht,  welche  bei  dem  jetzigen  Stande 
der  Forschungen  die  Resultate  der  Erfahrung  befriedigend 
wiedergeben,  und  dieselben  bis  in  ihre  letzten  Consequenzen 
verfolgt ;  denn  solange  sie  mit  der  Erfahrung  in  keinen  Wider- 
spruch treten,  besteht  nicht  nur  kein  Grund,  sie  aufzugeben, 
sondern  sie  verdienen  sogar  den  Vorzug  vor  jenen.  Ich  will 
daher  im  Folgenden  einmal  die  bekannten  Thomson'schen 
themioelectrischen  Gesetze  aus  den  nach  meiner  Ansicht  ein- 
fachsten Annahmen  entwickeln,  die  sich  für  die  thermoelectrischen 


1)  Boltzmann,  Wien.  Bcr.  SW.  2.  Abth.  p.  l'JOS.  1^7. 


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Theorie  Her  Thermoelectricität. 


627 


Kräfte  aus  den  bekannten  Gesetzen  der  Electrostatik  und  aus  den 
Hauptsätzen  der  Wärmelehre  ergeben;  dieselben  schliessen  sich 
am  nächsten  den  von  Duhem  und  von  Lorentz  vertretenen 
Anschauungen  an;  die  hauptsächlichsten  Abweichungen  be- 
ziehen sich  auf  die  Formulirung  des  zweiten  Hauptsatzes  und 
die  Ableitung  des  Gesetzes  der  Spannungsreihe.  Sodann  werde 
ich  aus  denselben  Annahmen  einige  weitere  bisher  noch  nicht 
besprochene  Folgerungen  entwickeln,  deren  Untersuchung  mög- 
licherweise mit  zu  einer  Entscheidung  der  Frage  nach  der 
Natur  der  Thermoelectricität  beitragen  kann. 

$  1.  Voraussetzungen. 

Wir  machen  folgende  Annahme:  In  einem  System  zweier 
sich  mit  reinen  Oberflächen  berührender  metallischer  Leiter 
a  und  b  besteht  an  der  Trennungsfläche  eine  electrostatische 
Potentialdifferenz  eab,  —  positiv,  wenn  das  Potential  von  a 
bis  b  wächst  — ,  deren  Werth  abhängt  von  der  Natur  der  Leiter 
und  von  der  absoluten  Temperatur  fr.  Diese  (die  „wahre") 
Potentialdifferenz  zweier  Metalle  darf  bekanntlich  nicht  ver- 
wechselt werden  mit  der  sog.  Volta'schen  Spannung,  die  durch 
electroskopische  Beobachtungen  ermittelt  .wird,  da  bei  der 
letzteren  erfahmngsgemäss  die  von  fremden  Substanzen  her- 
rührenden Oberflächenschichten  stets  eine  wesentliche  Rolle 
spielen.  Dass  auch  bei  absolut  reinen  Oberflächen  eine  Po- 
tentialdifferenz vorhanden  ist,  wird  durch  alle  Erfahrungen  zum 
mindesten  recht  wahrscheinlich  gemacht.1)  Wie  dieselbe  zu 
Stande  kommt,  lassen  wir  vorerst  dahingestellt,  insbesondere 
soll  die  Frage  unerörtert  bleiben,  ob  etwa  die  ponderablen 
Molecüle  durch  gewisse  Anziehungskräfte  auf  die  Electricitäten 
wirken,  oder  ob  die  lebendige  Kraft  der  Wärmebewegung  auf 
irgend  eine  Weise  die  positive  Electricität  vorwiegend  nach 
dem  einen  Leiter  treibt,  Da  eine  sprungweise  auftretende 
electrische  Potentialdifferenz  eab  immer  das  Vorhandensein 
einer  electrischen  Doppelschicht  von  dem  Moment  eabjAn  bedingt, 
so  müssen  wir  annehmen,  dass  eine  solche  an  der  Berührungs- 
fläche zweier  Metalle  durch  die  in  ihr  stattfindenden  eigen- 
thümlichen  molecularen  Wirkungen  gebildet  wird. 

1)  G.  Wiedemann,  HlectricUät  2.  p.  991.  1**3. 

40» 


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M.  Planck. 


Wenn  die  positive  Electricitätsmenge  «  durch  die  Contact- 
fläche  vom  Leiter  a  zum  Leiter  b  übergeht,  so  wird  infolge 
des  Potentialspi  ungs  die  electrostatische  Energie  um  t .  eal  ver- 
grössert;  das  Energieprincip  fordert  daher,  dass  gleichzeitig 
an  derselben  »Stelle  derselbe  Energiebetrag  in  einer  anderen 
Form  zum  Verschwinden  kommt,  und  es  kann  sich  die  Frage 
nur  darum  drehen,  welche  Energieart  es  ist,  die  diesen  Ver- 
lust erleidet,  flier  sind  nun  von  vornherein  verschiedene  An- 
nahmen möglich.    Zunächst  bietet  sich  zur  Berücksichtigung 
dar  die  Pelticr'ailie  Wärme,  die  cifahningsgcnillss  jedesmal 
beim  Durchgang  von  Elcctricität  durch  eine  Contactrläcbe 
auftritt  und  einem  bestimmten  Umsatz  von  thermischer  Energie 
entspricht.    Ihre  Grösse  lässt  sich  durch  ctt«*  (in  mecha- 
nischem Maass)  bezeichnen,  wobei  7rab  nur  von  der  Temperatur 
und  der  Natur  der  Leiter  a  und  b  abhangt.  —  Ausser  diesen 
bekannten  Energiearten:  der  electrostatischen  und  der  ther- 
mischen, kann  aber  hier  möglicherweise  noch  eine  dritte  Ener- 
gieart  ins  Spiel  kommen,  deren  Existenz  in  irgend  einer  Weise 
auf  der  Wechselwirkung  der  Electricität  und  der  ponderablen 
Molecüle  begründet  ist.    Wir  können  uns  ja  denken,  dass 
jedem  Electricitätstheilchen,  ganz  abgesehen  von  der  durch  die 
Wechselwirkung  der  Electricitäten  unter  sich  bedingten  elec- 
trostatischen Energie,  ein  gewisser  Energiebetrag  zukomme, 
abhängig  von  der  Natur  des  Leiters,  in  dem  es  sich  gerade 
befindet,  und  der  Temperatur,  ohne  Rücksicht  auf  dessen  son- 
stigen electrischen  Zustand.  Beim  Uebergaug  des  Electricitäts- 
theilchens  in  einen  anderen  Leiter  wird  dann  diese  Energie 
um  eine  bestimmte  Grösse  verändert,  und  der  Betrag  der 
Aenderung  tritt  dann  mit  ein  in  die  Gleichung  der  Erhaltung 
der  Gesammtenergie.1)    Wie  man  sich  diese  Energieart  — 
Budde2)  nennt  sie  „thermisch-electrische"  Energie,  ich  habe 
sie  a.  a.  0.  als  „electromoleculare"  Energie  bezeichnet  —  am 
anschaulichsten  vorzustellen  hat,  bleibt  von  vornherein  ganz 
offen;  so  kann  man  mit  Loren tz  annehmen,  dass  die  Elec- 
tricität £  in  den  Leitern  a  und  b  verschiedene  Wärmecapa- 
citäten  hat  und  daher  durch  den  U ebergang  von  a  zu  b 


1)  Planck,  Princip  der  Erhaltung  der  Energie,  p.  213,  Leipzig,  1887. 

2)  Budde,  Wied.  Ann.  80.  p.  690.  1887. 


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Theorie  der  Thermoelectricität.  629 

(bei  constanter  Temperatur)  zu  einer  Energieänderung  An- 
lass  gibt 

Das  Einfachste  wäre  allerdings,  diese  dritte  Energieart 
als  gar  nicht  vorhanden  zu  betrachten,  und  den  Energieumsatz 
allein  auf  die  electrostatische  und  die  thermische  Energie  zu 
beschränken.  Man  würde  dann  zu  dem  Schluss  genöthigt  sein, 
dass  der  Zuwachs  teal  an  electrostatischer  Energie  ganz  und 
gar  von  der  Pel  tier 'sehen  Wärme  geliefert  wird,  d.  h.  dass 
die  letztere  einfach  das  Maass  der  Potentialdifferenz  bildet 
Dem  scheint  freilich  die  Thatsache  zu  widersprechen,  dass  die 
so  aus  der  Peltier 'sehen  Wärme  berechnete  Potentialdifferenz 
eab  durchaus  nicht  übereinstimmt  mit  der  electroskopischen 
Volta' sehen  Spannung;  allein  seitdem  es  sich  gezeigt  hat,  dass 
die  letztere  gar  nicht  mit  eab  identisch  ist,  hat  jener  Wider- 
spruch viel  an  Gewicht  verloren.  Daher  gibt  es  eine  ganze 
Anzahl  Physiker1),  die  sich  zu  der  geschilderten  einfachen 
Ansicht  neigen;  auch  ich  habe  sie  früher  fur  durchführbar  gehalten. 

Nichtsdestoweniger  dürfen  wir  die  in  dieser  Annahme 
liegende  Beschränkung  nicht  einführen,  sondern  müssen  hier 
die  allgemeinere  Vorstellung  offen  halten.  Es  wird  sich  näm- 
lich durch  die  fernere  Untersuchung  ergeben,  dass  die  thermo- 
dynamiseben  Principien,  unabhängig  von  jeder  weiteren  hypo- 
thetischen Vorstellung,  nicht  nur  die  Existenz,  sondern  auch 
die  Grösse  der  elect romolecularen  Energie  bedingen.  Die 
Begründung  dieses  Satzes  ergibt  sich  aus  der  folgenden 
Darstellung,  doch  soll  schon  hier  an  einem  Beispiel  ge- 
zeigt werden,  dass  man  in  der  That  mit  der  einfachen  An- 
nahme der  Proportionalität  zwischen  Pel  tier- Effect  und 
Contactdifferenz  zu  einem  Widerspruch  mit  den  Hauptsätzen 
der  Wärmetheorie  kommt.  Bekanntlich  gibt  es  für  jede  Com- 
bination zweier  Metalle  eine  bestimmte  Temperatur,  den  soge- 
nannten neutralen  Punkt,  für  welche  die  Peltier' sc  he  Wirkung 
verschwindet;  fur  Eisen-Kupfer  beträgt  sie  284°.  Denken  wir 
uns  nun  folgenden  Kreisprocess  ausgeführt.  Zwei  in  rein- 
metallischem Contact  befindliche,  im  übrigen  isolirte  Leiter 
von  Eisen  und  von  Kupfer,  die  ausser  der  Contactelectricität 


1)  Clerk  Maxwell.  KfcctricitUt,  $  249.  Mascart  u.  Joubert, 
Electricität,  sj  248,  §  286. 


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G30 


M.  Manch. 


keine  Ladung  besitzen,  werden  zusammen  von  0°  auf  284° 
erwärmt,  dann  getrennt,  einzeln  auf  Ü°  abgekühlt  und  dann 
wieder  in  leitende  Berührung  gebracht.  Wollte  man  annehmen, 
dass  bei  der  Temperatur  284°  ausser  dem  Peltier- Effect  auch 
die  Contactdifferenz  verschwindet,  so  wären  die  sich  berühren- 
den Leiter  bei  dieser  Temperatur  unelectrisch,  ihre  Trennung 
wäre  also  von  keiner  mechanischen  Arbeitsleistung  begleitet, 
und  wir  hätten  in  dem  ganzen  Process  nur  Wechselwirkungen 
zwischen  thermischer  und  electrostatischer  Energie;  jedesmal, 
wenn  sich  letztere  bildet,  muss  ein  äquivalentes  Quantum 
Wärme  verschwinden,  und  umgekehrt.  Nun  bildet  sich  die 
electrostatische  Energie  bei  0°  durch  die  Herstellung  des 
Contactes  und  verschwindet  bei  höheren  Temperaturen,  folglich 
verschwindet  Wärme  bei  0°  und  bildet  sich  bei  höheren  Tem- 
peraturen.  Durch  gehörige  Wiederholung  dieses  Processes 
Hesse  sich  also  beliebig  viel  Wärme  ohne  Compensation  von 
0°  auf  höhere  Temperatur  schaffen.  —  Diesem  Widerspruch 
mit  dem  zweiten  Hauptsatz  entgehen  wir  durch  die  Annahme 
der  electromolecularen  Energie,  die  sich  übrigens  auch  in  allen 
neueren  thermoelectrischen  Untersuchungen,  von  Du  hem, 
Lorentz,  Budde,  Boltzmann,  berücksichtigt  findet. 

Bezeichnen  wir  demnach  die  electromoleculare  Energie 
eines  Electricitätstheilchens  «  im  Leiter  a  mit  *-mu.  wobei 
Ma  nur  noch  von  der  Temperatur  abhängen  kann,  so  wird 
beim  Uebergang  zu  b  die  electromoleculare  Energie  €.(«&  —  «.) 
gewonnen.  Da  nun  nach  dem  Energieprincip  die  Summe  aller 
Energieänderuugen  an  der  Coutacttiäche  *=  0,  so  hat  man,  mit 
Weglassung  des  Factors  t: 

(1)  eab  +  Tlab  +  W*  -  M«  =  0. 

Weitere  Voraussetzungen  haben  wir  uicht  nöthig. 

?f  2.  Stationärer  thcrwoelectriacher  Strom. 

Wenn  zwei  oder  mehrere  ungleich  erwärmte  lineare  Leiter 
zu  einer  Schliessung  vereinigt  werden,  so  können  wegen  der 
verschiedenartigen  an  den  Grenzflächen  der  Leiter  herrschen- 
den Potentialdifferenzen  eab  die  Bedingungen  des  electrise  hen 
Gleichgewichts  im  allgemeinen  nicht  sämmtlich  erfüllt  werden, 
.    und  es  tritt,  falls  die  Temperaturen  allenthalben  constant  ge- 


■ 


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Theorie  der  Thermoelectricität. 


halten  werden,  ein  stationärer  thermoelectrischer  Struin  ein; 
seine  Intensität  ergibt  sich  aus  dem  Ohm' sehen  Gesetz.  Clau- 
dius und  Budde  haben  in  ihrer  Theorie  der  thermoelectrischen 
Ströme  angenommen,  dass  ausser  den  Contactdifferenzen  an 
den  Berührungsflächen  je  zweier  Metalle  noch  electrische 
Spannungen  im  Innern  eines  ungleichmässig  erwärmten  Metalls 
auftreten,  und  in  der  That  wurden  die  eigentümlichen  thermo- 
electrischen Erscheinungen  zu  dieser  Annahme  nöthigen,  wenn 
ausser  der  thermischen  nur  die  electrostatische  Energie  vor- 
handen wäre.  Durch  die  oben  anderweitig  begründete  Ein- 
führung der  electromolecularen  Energie  sind  wir  aber  der 
Notwendigkeit  jener  Hypothese  überhoben,  und  da  electrische 
Spannungen  im  Innern  eines  ungleich  erwärmten  isotropen 
Leiters  weder  direct  nachgewiesen  sind,  noch  auch  sonst  sich 
als  wahrscheinlich  zeigen,  so  sehen  wir  von  ihnen  ganz  ab 
und  nehmen  an,  dass  ungleichmässige  Temperatur  an  und  tur 
sich  noch  keine  electrische  Spannung  bedingt 

Danach  rührt  die  Kraft,  weiche  ein  Stromtheilchen  im 
Innern  eines  Leiters  vorwärts  treibt,  allein  von  der  statischen 
Electricität  des  Systems  her;  bezeichnen  wir  also  mit  y  die 
Potentialfunction,  mit  /  die  Stromintensität,  so  haben  wir  für 
irgend  einen  Punkt  eines  Leiters  a  mit  dem  Widerstand  u?« 
nach  dem  Ohm' sehen  Gesetz: 

dif 

wobei  wir  die  positive  Richtung  des  Längenelementes  du  stets 
so  wählen,  dass  i  positiv  wird.  Ist  ferner  IV  der  Gesammt- 
widerstand  der  Schliessung,  so  ist,  über  den  ganzen  Strom- 
kreis integrirt: 

d.  h.  die  electromotorische  Kraft  des  Stromes  ist  die  algebrai- 
sche Summe  der  Contactdifferenzen  je  zweier  aufeinander- 
folgender Leiter. 

Die  Wärmewirkungen  des  Stromes  lassen  sich  aus  dem 
Energieprincip  ableiten.  Zunächst  haben  wir  nach  Gl.  (1)  für 
die  Peltier'sche  Wärme  an  der  Contactfläche  <///,  den  Strom, 
wie  immer,  von  a  nach  b  fliessend  gedacht,  in  der  Zeiteinheit: 

inab  mm  -  ieab  +  i{ua  -  ub). 

Betrachten  wir  weiter  die  Energieverhältnisse  im  Innern 


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632 


Af.  Planck. 


eines  ungleich  erwärmten  Leiters  cu  Jedesmal  wenn  die  Elec- 
tricitätsmenge  i  eine  unendlich  kleine  Strecke  dn  des  Leiters 
durchläuft,  in  deren  Anfangs-  und  Endpunkt  die  Werthe  der 
Potentialfunction  <p  und  <p  dyjdn.dn  sind,  wird  die  electro- 
statische  Energie  um  i.dyjdn.dn  vermehrt;  ferner  haben  wir 
die  Aenderung  der  electromolecularen  Energie  zu  berück- 
sichtigen, da  dieselbe  aus  im«  in  i{ua  +  dua/dn  .dn)  übergeht 
Ausserdem  kommt  nur  noch  die  thermische  Energie  in  Betracht; 
daher  beträgt  nach  dem  Energieprincip  die  im  Element  dn  in 
der  Zeiteinheit  erzeugte  Wärme: 

—  i  *  '  dn  —  i  a  dn 
an  an 

oder,  wenn  wir  die  obige  Ohm' sehe  Gleichung  benutzen  und 
ferner  berücksichtigen,  dass  w«  durch  die  Temperatur  ft  be- 
stimmt ist: 


Die  im  Leiter  erzeugte  Wärme  besteht  also  aus  zwei  Theilen : 
der  eine,  stets  positive,  ist  die  Joule 'sehe  Wärme,  der  andere, 
bald  positive,  bald  negative,  ist  die  Thomson' sehe  Warme. 
In  einem  Metall,  für  welches  duajdft  positiv  (wie  bei  Kupfer) 
ist  die  Thomson 'sehe  Wärme  positiv,  wenn  der  Strom  in 
der  Richtung  der  abnehmenden  Temperatur  fiiesst  (dft/dn  <  0). 
Im  ganzen  Stromkreis  wird  erzeugt:  die  Joule'sche  Wärme 
i».  JF=  i J5>a6,  die  Peltier'sche  Wärme:  i.2nah  und  die 
Thomson 'sehe  Wärme:  i .  2{ub  —  ua).  Die  Summe  dieser 
drei  Beträge  ist  nach  p.  566  =  0,  wie  es  das  Energieprincip 
rar  einen  stationären  Strom  verlangt.  Weitere  Schlüsse,  be- 
sonders bezüglich  des  Zusammenhanges  der  Grössen  e,  n  und 
//  gestattet  unter  unseren  Voraussetzungen  dies  Princip  allein 
nicht;  wir  wenden  uns  daher  nun  zum  zweiten  Hauptsatz,  dem 
Princip  der  Vermehrung  der  Entropie. 

Da  wir  von  der  einfachsten  Vorstellung  ausgehen,  dass 
die  Leitung  der  Wärme  und  die  Leitung  der  Electricität,  eine 
jede  nach  Maassgabe  der  besonderen  rar  sie  in  Wirksamkeit 
tretenden  Kräfte,  unabhängig  nebeneinander  hergehen,  so  dürfen 
wir  das  Entropieprincip  auf  jede  der  beiden  Erscheinungen 
gesondert  anwenden.  Denken  wir  uns  einen  thermoelec- 
trischen  Strom  zwischen  beliebig  vielen  linearen  Leitern,  der 


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Theorie  der  Tkermoelectricität. 


ÜH3 


dadurch  stationär  bleibt,  dass  jedes  Leitereleuient  des  Systems 
durch  äussere  Abfuhr  oder  Zufuhr  von  Wärme  auf  constanter 
Temperatur  gehalten  wird,  so  haben  wir  den  Satz,  dass  die 
Summe  der  Entropien  aller  Körper,  die  durch  den  Process 
irgend  welche  Veränderungen  erleiden,  mit  der  Zeit  wächst 
Da  der  Strom  stationär  ist,  so  verharren  alle  Leiterele- 
mente genau  im  nämlichen  Zustand,  ihre  Entropien  sind  also 
constant;  die  einzige  zeitliche  Veränderung,  die  vor  sich  geht, 
findet  vielmehr  im  umgebenden  Medium  statt,  das  beständig  an 
einigen  Stellen  Wärme  aufnimmt,  an  anderen  Wärme  abgiebt.  Nun 
beträgt  der  durch  die  Aufnahme  einer  Wärmemenge  d  Q  ver- 
ursachte Entropiezuwachs  dQ!&,  folglich  ist  der  Entropiezu- 
wachs des  ein  Leiterelement  dn  umgebenden  Mediums  infolge 
der  durch  den  Strom  erzeugten  und  nach  aussen  abgeleiteten 
Wärme  nach  dem  Ausdruck  auf  voriger  Seite: 


während  er  an  einer  Contactfläche  vermöge  der  Peltie rächen 
Wärme  iitai,!&  beträgt.  Daher  haben  wir  für  die  Summe 
aller  Entropieänderungen : 


Dies  ist  der  allgemeine  Ausdruck  für  das  Entropieprineip  in 
seiner  Anwendung  auf  einen  stationären  thermoelectrischen 
Strom  zwischen  beliebig  vielen  metallischen  Leitern.  Die 
Summenzeichen  beziehen  sich  auf  die  verschiedenen  Leiter  und 
Löths teilen,  das  Integral  (in  der  Richtung  des  Stromes  zu 
nehmen)  auf  die  verschiedenen  Elemente  eines  Leiters. 

Das  Princip  gestattet  aber  noch  weitere  Schlüsse.  Die 
obige  Ungleichung  muss  nämlich  ihre  Giltigkeit  auch  dann 
behalten,  wenn  für  t  nicht  mehr  die  Intensität  des  durch  die 
im  ganzen  Stromkreis  wirkende  electromotorische  Kraft  hervor- 
gebrachten stationären  Stromes,  sondern  irgend  ein  beliebiger 
anderer  Werth  gesetzt  wird.  Denn  wir  können  in  dem  näm- 
lichen Stromkreis  bei  den  nämlichen  Temperaturen  aller  Leiter 
nnd  Löthstellen  durch  geeignete  äu8sere_jeJectromotorische 
Kräfte,  etwa  durch  Bewegung  eines  Magnaten^  ganz  beliebige 
Stromintensitäten  hervorrufen,  und  das  Princip  dW:  Entropie 


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634 


M.  Manch. 


gilt  auch  in  diesem  Fall  in  der  nämlichen  Form,  weil  die  auf- 
gewendete äussere  mechanische  Arbeit  keinen  Einfluss  auf  den 
Werth  der  Entropien  hat,  und  weil  die  erzeugten  Wärme- 
mengen sich  immer  durch  die  oben  angewendeten  Ausdrücke 
darstellen.  Aus  demselben  Grunde  muss  die  Formel  sogar 
bestehen  bleiben  t  wenn  wir  den  Strom  in  unigekehrter  Rich- 
tung messen  lassen,  wobei  dann  die  Thomson'sche  und  die 
Peltier'sche  Warme  ihr  Vorzeichen  umkehren,  während  die 
Joule'sche  stet6  positiv  bleibt 

Da  tür  kleine  Werthe  von  t  die  letztere  Oberhaupt  gegen 
die  anderen  verschwindet,  so  ist  die  Giltigkeit  der  Formel 
in  allen  angeführten  Fällen  offenbar  nur  möglich,  wenn  all* 
gemein  das  auf  die  Thomson'sche  und  Peltier'sche  Wärme 
bezügliche  Glied  verschwindet.  Dies  ergibt,  mit  Weglassung 
des  Factors  i: 


eine  Function,  die  von  der  Natur  des  Leiters  a  und  von  der 
Temperatur  &  abhängt,  und  in  der  noch  eine  additive  lineare 
homogene  Function  von  &  willkührlich  ist,  so  ergibt  sich: 


Hier  bedeutet  die  eckige  Klammer,  dass  man  in  den 
Ausdruck  noch  die  Integrationsgrenzen  einzusetzen  hat,  nämlich 
als  obere  Grenze  die  Temperatur  des  Endpunktes  (Austrittsstelle 
des  Stromes),  als  untere  die  des  Anfangspunktes  jedes  Leiters, 
sodass  die  ganze  Gleichungsseite  nur  die  Temperaturen  der  Con- 
tactflächen  enthält  Da  diese  Temperaturen  ganz  unabhängig 
voneinander  sind,  so  folgt,  dass  jedes  auf  eine  einzelne  Contact- 
fläche  bezügliche  Glied  der  Gleichung  einen  von  ihrer  Tem- 
peratur unabhängigen  Werth  hat;  daher  haben  wir  z.  B.  für 
die  ContactÜäche  ab  mit  der  Temperatur  tf: 


Die  Grösse  der  const  richtet  sich  nach  der  in  der  obigen 
Definition  von  7ta  und  nb  noch  übrig  gelassenen  Willkür;  wir 


Detiniren  wir  nun  allgemein: 


■»-■»+  *  =f0,lst- 


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Theorie  der  Thermoelectricitäf.  635 

wollen  dieselbe  so  ergänzen,  dass  const.  =  0,  und  haben  dann: 
itai  =  *b  —  ?T«.    Mit  Rücksicht  hierauf  lautet  die  Gleichung  (1) 

p-  56ü:  eah  +  nb  -  na  +  ub  -  ua  =  0, 

und,  wenn  wir  allgemein  setzen: 

(2)        >u  «  -  nu  -  m«  =     .  f  £  -  ua  =  & .  J  £  • 

^«i>  =       ~~  ^a« 

Dies  ist  das  Gesetz  der  Spannungsreihe.  Dieses  Gesetz  ist 
also  hier  eine  Folge  des  Entropieprincips,  es  knüpft  sich  an  die 
Annahme,  dass  der  Strom  nur  thermische  Wirkungen  äussert, 
und  verliert  seine  Gültigkeit,  sobald  andere,  z.  B.  chemische 
Bnergiearten  ins  Spiel  kommen.  Zugleich  vermittelt  das  Princip 
einen  bestimmten  Zusammenhang  zwischen  den  Functionen  e, 
7i  und  u  und  setzt  daher  in  den  Stand,  das  ganze  thermo- 
electrische  Verhalten  eines  Metalls  auf  eine  einzige  Tempe- 
raturfunction  zurückzuführen.  Zunächst  haben  wir  für  die 
electromotorische  Kraft  einer  beliebigen  Thermokette  nach 
p.  567:  X/  \ 

Dieselbe  setzt  sich  also  zusammen  aus  lauter  additiven 
Gliedern,  welche  jedes  für  sich  nur  von  einem  einzigen  Metall 
und  von  einer  einzigen  Temperatur  abhängen,  wie  es  der  Er- 
fahrung entspricht.  Wenn  z.  B.  nur  zwei  Metalle  a  und  b 
vorhanden  sind,  deren  Löthstellen  auf  den  Temperaturen  & 
und  &'  gehalten  werden,  so  ist  die  electromotorische  Kraft 
des  Stromes,  positiv,  wenn  er  bei  &  von  a  zu  b  geht: 

e  i  —  ea  +  ea  —  e\. 

Durch  t'a  lassen  sich  nun  mit  Hilfe  der  letzten  Gleichungen 
alle  therinoelectrischen  Functionen  des  Metalles  a  in  einfacher 
Weise  ausdrücken,  was  wir  im  Folgenden  thun,  indem  wir  der 
Kürze  halber  den  Index  a  fortlassen.  Zunächst  erhält  man 
durch  geeignete  Differentiation  von  (2): 

n  —  &       —  *>,  daraus:  n  —  —  u  —  e  —  —  »V .  , 

wodurch  der  Peltier-Effect  in  seiner  Abhängigkeit  von  der 
electromotorischen  Kraft  gegeben  ist  Diese  Gleichung  hat 
kürzlich  Jahn1)  durch  Versuche  bestätigt. 

n  Jahn,  Wied.  Ann.  34.  p.  755.  1888. 


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63«; 


M.  Manch. 


Der  Thum  son -Effect  im  Innern  eines  ungleich  erwärmten 
Metalls  wird  bestimmt  durch  die  Grösse: 

du        «>  d*e        n  dn 

dfr  ~~  "r  dt>*  ~~  &  ~  dt>> 

welche  Thomson  und  Lorentz  die  specifische  Wärme  der 
positiven  Electricität  nennen.  Man  kann  also  durch  Beobach- 
tung der  electromotorischen  Kraft  als  Fuuction  der  Temperatur 
alle  anderen  Grössen  finden.  Nach  Avenarius*)  ist  e  eine 
ganze  quadratische  Function  der  Temperatur;  daraus  würde 
folgen,  dass  dujdft  proportional  der  Temperatur  ist  (Hypothese 
von  Tait3)),  und  dass  n  quadratisch  von  der  Temperatur  ab- 
hängt. Das  Gesetz  von  Avenarius  scheint  aber  kein  allge- 
meines zu  sein,  es  gilt  gewiss  nicht  für  Eisen  und  Nickel. 
Für  den  sog.  neutralen  Punkt  zweier  Metalle  a  und  b  wird 
d{fb  —  ea)/d&  =  o ,  und  der  Peltier-Effect  verschwindet,  nicht 
aber  die  Contactdifferenz. 

Wir  haben  also  hier  die  bekannten  Thomson'schen  Glei- 
chungen, die  bisher  von  der  Erfahrung  im  wesentlichen  be- 
stätigt sind. 

§  3.  Geladeue  Leiter. 
Indem  wir  von  der  Absicht  ausgehen,  die  Consequenzen 
der  geschilderten  Vorstellungen  mit  Hilfe  der  thermodynamischen 
Principien  möglichst  weit  auszudehnen,  wenden  wir  uns  hier 
noch  zu  der  Untersuchung  eines  Systems  beweglicher  electri- 
sirter  metallischer  Leiter,  in  welchen  nicht,  wie  bei  stationären 
Thermoströmen,  der  electrische  Zustand  constant  bleibt,  son- 
dern sich  mit  der  Zeit  ändert;  wir  haben  dann  nicht  nur  auf 
Wärmewirkungen,  sondern  auch  auf  die  electrischen  Wirkungen 
Rücksicht  zu  nehmen.  Wenn  wir  uns  auf  die  Betrachtung 
von  Gleichgewichtszuständen  beschränken,  so  kommen  nach  den 
oben  von  uns  gemachten  Annahmen  hier  ausser  der  mecha- 
nischen Arbeit  noch  drei  Energiearten  in  Betracht:  die  ther- 
mische, die  electromoleculare  und  die  electrostatische  Energie.5) 
Letztere  ist,  wie  bekannt,  =  lii2?t.q>,  wenn  «  die  electrische 

O  Avenarius,  Pogg.  Ann.  119.  p.  406.  637.  1863;  122.  p.  193. 
1864;  149.  p.  372.  1873. 

21  Tait,  Trans.  Edinb.  1870-71.  p.  308;  1871—72.  p.  597. 

3)  Budde,  Wied.  Ann.  30.  p.  664.  1887  berücksichtigt  ausserdem  noch 
eine  Energieart,  die  vom  umgebenden  Isolator  abhängt.  Dieselbe  ist  hier 
im  Interest  der  Einfachheit  ausser  Betracht  gelassen. 


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Theorie  der  Thermoelectricity. 


Ladung  irgend  eines  Leiterelementes,  ff  die  Potentialfun  et  ion 
an  dem  Orte  des  Elementes  vorstellt,  und  die  Summirung  sich 
auf  die  ganze  Ladung  des  Systems  erstreckt  Falls  im  System 
Contactflächen  zweier  Metalle  vorkommen,  so  bestehen  dort 
electrische  Doppelschichten,  deren  Ladungen  im  allgemeinen 
bei  der  Berechnung  obiger  Summe  auch  mit  berücksichtigt 
werden  müssen.  Setzt  man  aber,  wie  wir  es  hier  thun  wollen, 
die  Grössen  der  Contactflächen  als  klein  gegen  die  übrigen 
Dimensionen  der  Leiter  voraus,  so  kann  man  von  der  durch 
ihre  Ladung  bedingten  Energie  absehen  und  braucht  die  e  nur 
auf  die  freien  electrischen  Ladungen  der  Leiter  zu  beziehen. 
Dann  äussert  sich  das  Vorhandensein  der  Doppelschichten  nur  in 
den  Werthen  von  (f.  Nach  dem  Princip  der  Erhaltung  der  Energie 
ist  die  Summe  der  electrostatischen,  electromolecularen,  thermi- 
schen und  mechanischen  Energie  mit  der  Zeit  unveränderlich. 

Wenn  nun  sämmtliche  Leiter  einzeln  electrisch  isolirt  sind 
und  sich  unter  dem  Einfluss  äusserer  mechanischer  Kräfte,  so- 
wie der  von  ihren  Ladungen  ausgehenden  electrostatischen 
Wirkungen  bewegen,  in  der  Art,  dass  jeden  Augenblick  im 
ganzen  System  electrisches  und  mechanisches  Gleichgewicht 
besteht  (also  unendlich  langsam),  so  findet  der  Umsatz  nur 
zwischen  der  mechanischen  und  der  electrostatischen  Energie 
statt:  jeder  mechanischen  Arbeitsleistung  entspricht  ein  äqui- 
valenter Zuwachs  der  electrostatischen  Energie,  und  zwar  offen- 
bar in  umkehrbarer  Weise.  Denn  Wärmewirkungen  können 
nicht  auftreten,  weil  die  Bewegungen  der  Electricitäten  nur 
innerhalb  der  Leiter,  und  zwar  stets  bei  gleichmässigem  Poten- 
tialniveau erfolgen,  und  die  electromoleculare  Energie  kann  auch 
nicht  verändert  werden,  weil  die  Gesammtladungen  und  die 
Temperaturen  der  Leiter  constant  bleiben. 

Wenn  aber  in  dem  System  Contacte  vorkommen,  d.  h. 
metallisch  verbundene,  im  übrigen  isolirte  Leiterpaare  mit 
beliebigen  Ladungen,  so  wird  bei  einer  derartigen  Bewegung 
die  Herstellung  des  durch  die  augenblickliche  Constellation 
der  Leiter  bedingten  electrischen  Gleichgewichts  einen  Durch- 
gang von  positiver  Electricität  (die  wir  uns  allein  bevve^iieh 
denken  können)  durch  die  Berührungsfläche  nöthig  nux-heu, 
und  dadurch  wird  ein  Umsatz  von  thermischer  (Pe  1  tie  richer) 
und  electromolecularer  Energie  bedingt,  der  offenbar  von  der- 


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63$ 


M.  Planck. 


selben  Grössenordnung  ist.  wie  die  Aenderungen  der  mechani- 
schen und  electrostatischen  Energie.  Wir  können  uns  übrigens 
die  Pel  tier*  sehe  Wärme  sofort  in  die  Umgebung  abgeleitet, 
resp.  aus  ihr  hergeleitet  und  dadurch  die  Temperatur  der 
Contactfläcbe  constant  erhalten  denken;  dann  ist  der  Process 
zugleich  vollkommen  reversibel,  und  wir  haben  liier  den  Fall 
einer  umkehrbaren  wechselseitigen  Umwandlung  von  Wärme, 
Electricität  und  mechanischer  Arbeit. 

Gehen  wir  nun  über  zur  Anwendung  des  Entropieprincips 
auf  Processe  der  betrachteten  Art.  Die  Summe  der  Entropien 
aller  Körper,  welche  durch  einen  Process  irgend  welche  Ver- 
änderungen erleiden,  muss  nach  dem  Princip  mit  der  Zeit 
wachsen,  für  reversible  Processe  constant  bleiben.  Wenn 
in  einem  Process  ausser  den  mechanischen  nur  thermodyna- 
mische  Wirkungen  vorkommen,  so  ist  die  Entropie  eines 
Körpers  die  aus  der  Wärmetheorie  bekannte  Function  seines 
molecularen  Zustandes;  wenn  aber  ausserdem  electrische  Ver- 
änderungen auftreten,  so  wird  man,  um  den  Gesammtausdruck 
der  Entropie  zu  erhalten,  eine  neue  Entropieart  berücksich- 
tigen müssen:  die  electrische  Entropie,  deren  Existenz  und 
Grösse  sich  durch  folgende  Ueberlegung  ergibt.  Sobald  durch 
einen  reversibeln  Process  Wärme  in  Electricität  verwandelt 
wird,  bleibt  die  Gesammtentropie  unverändert  Da  nun  durch 
Verschwinden  von  Wärme  die  thennodynamische  Entropie  ab- 
nimmt, muss  als  Compensation  eine  andere  Entropieart:  die 
electrische  Entropie,  um  denselben  Betrag  wachsen.  Hat  man 
einmal  den  allgemeinen  Ausdruck  der  electrischen  Entropie 
als  Function  des  electrischen  Zustandes  eines  Körpers  gefunden, 
so  muss  unter  Berücksichtigung  dieser  Entropieart  für  alle 
electrisch- thermischen  Processe  das  Princip  der  Vermehrung 
der  Entropie  in  vollständiger  Allgemeinheit  gelten. 

Es  ist  leicht,  für  unseren  Fall  den  Ausdruck  der  electri- 
schen Entropie  "aufzustellen.  Die  electrische  Entropie  eines 
isolirten,  geladenen,  im  electrischen  Gleichgewicht  befindlichen 
Leiters  wird  abhängen  können  von  seiner  Ladung  E  — 
seiner  Potentialfunction  y,  seiner  Temperatur  #  und  von  der 
Natur  des  Leiters.  Wenn  sich  der  Leiter  vollständig  isolirt, 
in  der  oben  zuerst  beschriebenen  Weise  bewegt,  sodass 
in  jedem  Augenblick  electrisches  und  mechanisches  Gleich- 


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Theorie  der  Thermoelectricity. 


639 


gewicht  besteht,  so  ist  der  Process  reversibel,  und  die  Gesammt- 
entropie  aller  an  dem  Process  betheiligten  Körper  bleibt  con- 
stant. Wärmewirkungen  treten  nicht  ein,  also  bleibt  die 
thermische  Entropie  ungeändert,  und  infolge  dessen  die  elee- 
trische  auch.  Da  aber  bei  der  geschilderten  Bewegung  sich 
die  Potentialfunction  im  Leiter  beliebig  ändern  kann,  so  ergibt 
sich,  dass  die  electrische  Entropie  des  Leiters  nicht  von  dem 
Werth  der  Potentialfunction  qp  abhängt;  es  bleibt  noch  die 
Abhängigkeit  von  E,  &  und  der  Natur  des  Leiters. 

Betrachten  wir  weiter  einen  dem  vorigen  ähnlichen  rever- 
siblen Process,  bei  welchem  aber,  wie  oben  geschildert,  Con- 
tactflächen  je  zweier  Leiter  ins  Spiel  kommen,  an  denen  Wärme, 
«lectrostatische  und  electromoleculare  Energie  umgesetzt  wird, 
so  bleibt  ebenfalls  die  Gesammtentropie  constant  Nun  wird 
beim  Durchgang  der  Electricitätsmenge  t  durch  eine  Contact- 
fläche  ab  in  der  Richtung  von  a  zu  b  die  Peltier'sche 
Wärme  i.nab  entwickelt,  also  die  thermische  Entropie  um 
«jTofc/i^  vergrössert;  daher  ändert  sich  die  electrische  Entropie 
des  Systems  bei  diesem  Vorgang  um  den  entgegengesetzten 
Betrag,  d.  h.  um  -  enahl&  =  -  ei&(ni  —  *„)•  Da  aber  die 
electrische  Entropie  des  Systems  die  Summe  der  bez.  Entro- 
pien der  einzelnen  Leiter  sein  wird,  so  wächst  die  electrische 
Entropie  des  Leiters  b  bei  der  Aufnahme  von  e  um  —  e.itb;&, 
während  die  des  Leiters  a  sich  bei  der  Abgabe  von  «  um 
4-  « .  wa/#  ändert.  Daraus  ergibt  sich  die  gesammte  electrische 
Entropie  eines  der  beiden  Leiter  durch  einfache  Summation 
über  alle  Elemente  e  der  Ladung,  indem  berücksichtigt  wird, 
•dass  n  nicht  von  t  abhängt;  wir  erhalten  dadurch  fur  die 
electrische  Entropie  eines  geladenen,  im  Gleichgewicht  befind- 
lichen Leiters  den  Ausdruck  —  njft.^t.  Hierbei  ist  -2*€  *=  E 
die  (positive  oder  negative)  Ladung,  n  hängt  in  bekannter 
Weise  von  der  Temperatur  und  der  Natur  des  Leiters  ab, 
nicht  von  seiner  Ladung,  während  die  Potentialfunction  */ 
überhaupt  nicht  in  den  Ausdruck  eingeht  Danach  ist 
electrische  Entropie  eines  Systems  von  Leitern  mit  den  La- 
dungen E:  -ZE.7td-  =  2E.dejdfr  (s.  p.  571). 

Dieser  .Satz  lässt  eine  Menge  von  Folgerungen  zu.  indem 
wir  nun  allgemein  sagen  können:  In  einem  Process,  welcher 
beliebige  mechanische,  thermische  und  electrische  Veränderungen 


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»140 


M.  Planck. 


herbeiführt,  inuss  die  Summe  der  thermischen  und  electrischen 
Entropien  aller  an  dem  Process  betheiligten  Körper  mit  der 
Zeit  zunehmen,  im  Grenzfall  constant  bleiben.  Wenn  wir  die 
Temperaturfunction  —  njfr  =  dejdf}  die  „electrische  Valenz'* 
des  Leiters  nennen so  kommt  jedem  Leiter,  unabhängig  von 
seinem  electrischen  Zustand,  eine  bestimmte  nur  von  seiner 
Natur  und  der  Temperatur  abhängige  electrische  Valenz  zu, 
und  die  electrische  Entropie  ist  das  Product  seiner  Ladung  in 
seine  Valenz.  Wir  wollen  von  den  Folgerungen,  die  sich  hier 
darbieten,  nur  einige  aussprechen. 

Die  gegenseitige  V  er  Wandlungsfähigkeit  von  mechanischer 
Arbeit,  Wärme  und  Electricität  ist  an  bestimmte  angebbare 
Gesetzmässigkeiten  geknüpft.  Electricitat  lässt  sich  vollkommen 
umkehrbar  in  mechanische  Arbeit  verwandeln,  wenn  alle  die 
Electricitat  enthaltenden  Leiter  gleiche  Valenz  besitzen,  oder, 
anders  ausgedrückt:  wenn  die  Electricität  sich  überall  auf 
gleicher  Valenz  befindet.  Denn  dann  ist  die  electrische  En- 
tropie, wie  die  mechanische,  =  0,  weil  die  negative  Electricitat 
die  entgegengesetzte  Entropie  hat,  als  die  positive.  In  der 
That  lassen  sich  leicht  derartige  Processe  beschreiben.1) 

Wenn  aber  die  positive  Electricität  sich  auf  höherer 
Valenz  befindet,  als  die  negative,  so  lässt  sich  die  electrische 
Energie  nicht  ohne  eine  Compensation  (im  Clausius'schen 
Sinne)  in  Arbeit  verwandeln.  So  z.  B.  kann  die  Electricität, 
die  durch  Berührung  zweier  vorher  unelectrischer  Metalle  ent- 
steht, niemals  vollständig  in  Arbeit  umgesetzt  werden. 

Wie  die  Wärme  von  höherer  zu  tieferer  Temperatur,  so 
strebt  die  positive  Electricität  von  Leitern  kleinerer  Valenz  zu 
solchen  grösserer  Valenz  überzugehen;  denn  der  umgekehrte 
Vorgang  lässt  sich  nicht  ohne  Compensation  vollziehen.  Dieser 
Satz  ist  natürlich  nur  in  dem  Sinne  zu  verstehen,  als  er  das 
Gesetz  der  Vermehrung  der  Entropie  in  Worte  fasst;  sonst 
könnte  er  zu  Missverständnissen  führen.  So  z.  B.  darf  man 
gptgen  ihn  nicht  etwa  den  Umstand  anführen,  dass  zwei  sich 
berührende  Metalle  sich  nur  bis  zu  einer  gewissen  Grenze 

1)  Diese  Bezeichnung  ist  dem  von  Helmholtz'schen  Ausdruck 
„Galvanischer  Werth"  (Wied.  Ann.  11.  p.  748.  1880)  nachgebildet,  darf 
jedoch  nicht  damit  verwechselt  werden. 

2)  Braun,  Wied.  Ann.  *>.  p.  190.  1878. 


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Theorie  der  Tkermoelectricität. 


641 


entgegengesetzt  laden.  Denn  durch  Erregung  von  Electricität 
wird  immer  anderweitige  Energie  verbraucht,  so  in  diesem 
Fall  Wärme,  und  dadurch  wird  die  thermodynamische  Entropie 
verkleinert.  Der  Process  erreicht  also  dann  sein  Ende,  wenn 
durch  weitere  Scheidung  der  Electricitäten  die  Gesammtentropie 
verkleinert  werden  würde.  In  der  That  Hesse  sich  leicht  nach- 
weisen, dass  der  thatsächlich  eintretende  Gleichgewichtszustand 
dem  Maximum  der  Gesammtentropie  entspricht 

Die  wechselseitige  Umwandlung  von  Electricität  und 
Wärme  ist  bedingt  durch  die  Valenz  der  Electricität  und  die 
Temperatur  der  Wärme,  es  kommt  eben  auf  die  Entropien 
der  betr.  zu  vergleichenden  Zustände  an.  Der  Uebergang 
vollzieht  sich  ohne  Compensation  immer  in  der  Richtung  von 
dem  Zustand  kleinerer  Entropie  zu  dem  Zustand  grösserer 
Entropie.  —  Betrachten  wir  noch  zwei  hierhergehörige  reversible 
Proce8se.  Der  eine  besteht  einfach  in  der  Erwärmung  eines 
einzelnen  geladenen  isolirten  Leiters  durch  äussere  Wärmezu- 
fuhr von  der  Temperatur  &  auf  &  -f  dd:  Während  die  La-, 
dung  E  und  mit  ihr  die  electrostatische  Energie  ungeändert 
bleibt  (die  Volumenänderung  des  Leiters  kann  vernachlässigt 
werden),  wächst  die  electromoleculare  Energie  Eu  hierbei  um 
E.dujdfr .dft.  Die  äussere  Wärmezufuhr  muss  also  nachdem 
Energieprincip  um  diesen  Betrag  grösser  sein,  als  wenn  der 
Leiter  ungeladen  wäre  (daher  die  Bezeichnung  von  dujdO-  als 
spezifische  Wärme  der  Electricität).  Da  der  Process  rever- 
sibel ist,  so  bleibt  die  Gesammtentropie  constant. 

In  der  That:  die  thermodynamische  Entropie  verändert 
sich  um — Ejö-  .du  ';d&  ,d\tf  weil  das  umgebende  Medium  ent- 
sprechend mehr  Wärme  abgegeben  hat,  als  der  thermischen 
Energie  des  Leiters  zu  Gute  gekommen  ist.  Andererseits  ver- 
ändert sich  die  electrische  Entropie  E{de;dt/)  um  E.d[dejdO-). 
Die  Summe  dieser  beiden  Beträge  ergibt: 


und  ist  =  0  mit  Rücksicht  auf  die  allgemein  gültige  Re- 
lation p.  572. 

flu       „  d%e 

welche  auch  hier  hätte  abgeleitet  werden  können. 


Ado.  d.  Pbjra.  u.  Cbem.  N.  F.  XXXVI. 


41 


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642 


M.  Planch. 


Der  andere  zu  erwähnende  reversible  Process  besteht  in 
der  ganz  ähnlichen  Erwärmung  zweier  in  Berührung  befind- 
licher, im  übrigen  isolirter  Leiter  a  und  h,  die  nur  durch  den 
Contact  electri8ch  sein  mögen.  Durch  die  Temperaturerhöhung 
dft  verändert  sich  die  Potentialdifferenz  eab  um  und  da- 
durch die  Ladungen  der  beiden  Leiter:  Elt  und  Ea>  wobei  Eh 
—  —  Ea  —  E,  um  dE,  resp.  —  dE.  Berechnen  wir  zunächst  den 
Betrag  der  von  aussen  zuzuführenden  Wärme.  Die  electrostatische 
Energie  der  beiden  Leiter  ist  allgemein  J^«y,  also  hier 
\Eeah}  ihre  Aenderung  beträgt  mithin  \d(Eeah),  die  electro- 
moleculare  Energie  ist  allgemein  E{»b  —  na)y  also  ihre  Aende- 
rung d(E{nb  —  ua)).  Daraus  folgt  nach  dem  Energieprincip. 
dass  ausser  der  Wärme,  die  zur  Erhöhung  der  thermischen 
Energie  der  Leiter  von  aussen  zugeführt  wird,  noch  das 
Wärmequantum: 

\d{Eeah)  +  d(E{ub- ua))  =  dQ. 

dem  umgebenden  Medium  entzogen  werden  muss,  um  den  mit 
der  Temperaturerhöhung  verbundenen  Zuwachs  an  electrosta- 
tischer  und  electromolecuiarer  Energie  zu  decken. 

Die  Gesammtentropie  muss  constant  bleiben.  Nun  beträgt 
die  ganze  Aenderung  der  thermodynamischen  Entropie  nach 
der  soeben  angestellten  Berechnung  -  dQft,  die  der  electri- 
schen  Entropie: 

also  die  Summe  beider  Aenderungen : 

Dieser  Ausdruck  ist  in  der  That  identisch  =  0,  wie 
sich  leicht  ergibt,  wenn  man  die  Relation  zwischen  u  und  e 
benutzt,  und  ausserdem  berücksichtigt,  dass  die  Ladung  E 
proportional  ist  der  Potentialdifferenz  eah.  Zugleich  wird  hier- 
durch eine  werthvolle  Bestätigung  der  Verträglichkeit  unserer 
Annahmen  mit  den  Principien  der  Thermodynamik  geliefert. 
Bemerkenswerth  ist  dabei  noch  besonders,  dass  die  von  Clau- 
sius  und  Budde  eingeführten  electrischen  Spaunungen  im 
Innern  ungleich  erwärmter  Metalle  zwar  die  Thomson'sche 
Wärme  erklären,  aber  bei  der  Untersuchung  dieses  letzten 


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Theorie  der  Thermoelevtricitot. 


643 


Falles  nicht  genügen  würden,  was  hier  jedoch  nicht  naher 
gezeigt  werden  soll. 

Alle  hier  vorgetragenen  Sätze  sind  strenge  Folgerungen 
der  beiden  Hauptsätze  der  Wärmetheorie  aus  den  Vorstellungen, 
von  denen  wir  ursprünglich  ausgingen.  Dieselben  sind  unter- 
einander verträglich  und  verdienen  als  die  einfachsten  so  lange 
den  Vorzug  vor  allen  übrigen,  als  sie  allen  Forderungen  der 
Erfahrung  genügen.  Sollte  sich  aber,  wofür  bis  jetzt  keine 
Vermuthung  zu  sprechen  scheint,  einmal  eine  einzige  Folgerung 
als  mit  der  Erfahrung  in  Widerspruch  erweisen,  so  müsste  man 
sich  entschliessen,  auf  dem  von  ßoltzmann  bezeichneten  Wege 
zu  einer  weitergehenden  Umgestaltung  der  aus  den  bisherigen 
Erfahrungen  hervorgegangenen  Anschauungen  zu  schreiten,  wie 
sie  durch  die  Mitführungstheorie  von  Kohl  rausch  bereits 
angebahnt  ist. 

Kiel,  December  1888. 

III.  üeber  electrische  Entladungen; 
von  E.  Wiedemann  und  H.  EberU 

(Biers«  T»f.  VIII  Fig.  1.2.) 

Die .  im  Folgenden  im  Anschluss  an  unsere  früheren 
Beobachtungen1)  beschriebenen  Versuche  hatten  den  Zweck, 
festzustellen,  ob  gewisse  Beziehungen  zwischen  dem  Licht- 
äther und  der  Electricität  bei  den  Gasentladungen  bestehen, 
sei  es,  dass  letztere  sich  an  den  Electroden  anhäuft, 
sei  es,  dass  sie  das  (ras  durchsetzt.  An  der  Kathode  ent- 
wickelt sich  bekanntlich  ein  eigentümlicher  Zustand,  welcher 
dem  Austritt  der  Electricität  in  den  umgebenden  Gas  räum 
einen  ausserordentlich  grossen  Widerstand  entgegensetzt.2) 
Wir  können  uns  denselben  hervorgerufen  denken  durch  Ver- 
änderungen im  freien  Aether;  jedenfalls  ist  zu  untersuchen, 
ob  sich  die  optischen  Eigenschaften  des  die  Kathode 
umgebenden  Mediums  hei  der  Ausbildung  dieses  Zustandes 
ändern  oder  nicht. 

1)  E.  Wiedemann  und  H.  Ebert,  Wied.  Ann.  33.  p.  241.  1888 
und  35.  p.  209.  1888. 

2)  E.  Wiedemann,  Wied.  Ann.  20.  p.  771.  1888. 

41* 


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(»44 


E.  Wiedemann  u.  H.  Ebert. 


Wir  haben  dies  nach  zweierlei  Richtung  hin  gethao,  in- 
dem wir  untersuchten: 

1)  ob  die  optische  Dichte  des  Lichtäthers  bei  dem 
L'ebergange  der  electrischen  Entladungen  durch  ein  verdünn- 
tes Gas  irgend  eine  Aenderung  erfährt; 

2)  ob  bei  der  Entladung  eine  Bewegung  des  Aethers, 
eine  Translation  der  lichtemittirenden  Theilchen,  sei  es  in 
don  Kathodenstrahlen,  sei  es  in  dem  positiven  Lichte  in  irgend 
einem  merklichen  Betrage  stattfindet. 

Vor  allem  ist  es  der  um  die  Kathode  sich  bildende 
dunkle  Raum,  welcher  dem  Durchgang  der  Electricität  einen 
ungeheuren  Widerstand  entgegenstellt  Wir  haben  uns  da- 
von aufs  neue  überzeugt,  indem  wir  gleichzeitig  zwei  Ent- 
ladungsröhren evacuirten.  Bei  der  einen  von  ihnen  lagen 
die  Electroden  einander  sehr  nahe  (bis  auf  1  bis  2  mm); 
sie  waren  aber  bis  fast  unmittelbar  an  ihre  Spitzen  von 
Glas  eingehüllt;  die  andere  enthielt  zwei  weiter  (bis  20  mm 
voneinander  entfernte  freie  Electroden.  Bei  Parallel- 
schaltung beider  Röhren  in  denselben  Inductionsstrom 
geht  von  dem  Momente  an,  wo  der  Druck  so  weit  ge- 
sunken ist,  dass  im  erstgenannten  Rohre  der  sich  um  die 
Kathode  herum  weiter  und  weiter  ausbreitende  dunkle 
Raum  die  Anode  in  sich  einschliesst,  die  Entladung  aus- 
schliesslich zwischen  den  weiter  entfernten  Electroden  über. 
Sinkt  der  Druck  so  weit,  dass  auch  im  zweiten  Rohre  der 
dunkle  Kathodenraum  die  Anode  mit  in  sich  einschliesst,  so 
geht  überhaupt  kein  Strom  mehr  durch  die  Entladungsröhren 
hindurch. 

Wir  haben  das  Verhalten  der  Entladungen  den  Licht- 
strahlen gegenüber  mit  der  Methode  der  Fraunhofer'schen 
Minima  II.  Classe2)  und  der  Methode  der  hohen  Interferenzen 
untersucht.  Unsere  Hülfsmittcl  gestatten  uns  einerseits  noch 
Aenderungen  in  dem  Brechungsexponenten  der  von  der  Ent- 
ladung durchsetzten  Luft  zu  messen,  wenn  dieselben  nur  1/e7000 
des  eigenen  Betrages  dieser  Grösse  ausmachen,  andererseits 

2)  Es  sind  dies  bekanntlich  die  lntcrferenzminima,  wie  sie  bei  Anwen- 
dung zweier  paralleler  beugender  Spalten  durcli  die  Interferenz  entspre- 
chender Stellen  der  beiden  gebeugten  Strahlenbüudel  in  dem  gewöhnlichen, 
durch  einen  Spalt  erhaltenen  Bcugungsbilde  auftreten. 


GooqI 


Ueber  electrische  Entladungen, 


645 


Geschwindigkeitsänderungen  von  180  m  noch  mit  Sicherheit 

festzustellen. 

Die  Versuchsanordnung  war  die  folgende: 

Wir   benutzten  Entladungsröhren   von  verschiedenen 

Formen. 

1)  Ein  25  mm  weites,  25  cm  langes  Glasrohr  A  (Fig.  1)  war 
seitlich  mit  zwei  kurzen,  ebenso  weiten,  einander  gegenüber- 
stehenden Ansatzröhren  versehen,  auf  welche  zwei  Glasfenster 
Fl  und  F9  von  25  mm  freier  Oeffnung  gekittet  waren.  Durch 
zwei  Schliffe  Q  und  R  waren  die  Zuleitungen  eingeführt. 
L  ist  ein  Platindraht,  der  die  Verbindung  mit  dem  in 
das  obere  Rohr  gegossenen  Quecksilber  herstellte,  in  welches 
der  Zuleitungsdraht  eingetaucht  wurde. 

Durch  T  stand  das  Rohr  mit  der  Quecksilberluftpumpe 
in  Verbindung. 

Auf  den  unteren  Zuleitungsdraht  wurden  Electroden 
von  verschiedenen  Formen  aufgeschraubt.  Gewöhnlich  diente 
hierzu  eine  2  mm  dicke  Aluminiumplatte  F  von  6  mm  Durch- 
messer. 

Wenn  das  Verhalten  des  Aethers  längs  der  Kathoden- 
strahlen geprüft  werden  sollte,  wurde  an  Stelle  der  Platte  F 
entweder  ein  Ring  oder  eine  drahtförmige  rechtwinklig  um- 
gebogene Electrode  aufgeschraubt  (vgl.  Fig.  la,  bezw.  lb). 
Der  Ring  hatte  5  mm  inneren  Durchmesser  und  war  3  mm 
breit  Seine  Aussenfläche,  sowie  seine  hohen  Kanten  waren 
mit  Papier  beklebt,  sodass  nur  die  Innenfläche  den  Austritt 
der  Entladungen  gestattete.  War  der  Ring  negative  Elec- 
trode, so  drängten  sich  die  Kathodenstrahlen  beiderseits  aus 
dem  Ringe  heraus  und  bildeten  zwei  conaxiale,  zur  Ring- 
ebene senkrecht  stehende  Bündel  auf  beiden  Seiten  der  Ka- 
thode. 

Die  Electrode  1  b  bestand  einem  1,5  mm  dicken  Alumi- 
niumdraht, welcher  an  einen  die  Zuleitung  besorgenden  Pla- 
tindraht angeschmolzen  war;  er  war  kurz  vor  seinem  Ende 
rechtwinklig  umgebogen,  die  Endfläche  war  eben  geschnitten 
und  polirt  worden;  sie  stand  senkrecht  zur  Längsaxe  des 
umgebogenen  Stückes.  Seiner  ganzen  Länge  nach  war  dieser 
Draht  von  einem  Glasmantel  umkleidet,  der  auch  noch  etwa 
1  mm  über  das  Ende  hinausreichte.    Diente  der  Draht  als 


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E.  Wiedemann  u.  H.  Ebert. 


Kathode,  so  trat  aus  dem  Glasmantel  ein  scharf  begrenztes, 
schwach  divergirendes  Bündel  von  Kathodenstrahlen  heraus. 

2)  Für  die  Versuche,  welche  entscheiden  sollten,  ob 
irgend  eine  Translation  der  leuchtenden  Gastheilchen  von 
merklichem  Betrage,  besonders  an  der  Kathode,  stattfindet, 
diente  ein  Entladungsrohr  von  der  Gestalt  (Fig.  2): 

Auf  die  Enden  eines  cylindrischen,  26  mm  weiten,  19  cm 
langen  Glasrohres  A  waren  kreisförmige  Spiegelglasplatten 
Fx  und  F2  mittelst  Siegellack  senkrecht  zur  Rohraxe  auf- 
gekittet. Seitlich  war  das  Rohr  B  mit  der  Platineleetrode 
H  angesetzt.  Die  andere  Electrode  bestand  aus  einer  voll- 
kommen ebenen,  an  einen  Platindraht  G  genieteten  Pla- 
tinplatte D.  Dieselbe  war  auf  der  einen  Seite  vollständig 
mit  aufgeschmolzenem  Emailleglas  bedeckt,  welches  sich  mit 
ihr  fest  verband.  Dieser  Emailleüberzug  war  gleichzeitig  auf 
die  Capillarröhre  E  aufgeschmolzen,  welche  den  Platindraht 
G  aufnahm.  Die  Dichtung  wurde  am  oberen  Ende  der  Ca- 
pillarröhre bei  J  durch  Siegellack  hergestellt 

So  erzielt  man,  dass  die  an  der  Platte  D  sich  entwickeln- 
den Kathodenstrahlen  nur  nach  einer  Seite  hin  sich  ver- 
breiten; ein  Abbrechen  der  Platte  von  der  gläsernen  Rück- 
wand, etwa  infolge  der  Erhitzung  derselben  während  der 
Entladung,  ist  nicht  vorgekommen.  Die  Capillarröhre  E  ist 
an  dem  eng  anschliessenden  seitlichen  Ansatz  K  festgekittet 
Bei  gelindem  Anwärmen  des  Siegellacks  kann  der  Platte  jede 
beliebige  Neigung  gegen  die  Axe  des  Hauptrohres  ertheilt 
werden. 

Durch  T  communicirt  A  mit  der  Pumpe. 

3)  Für  die  mit  dem  Interferentialspectrometer  angestell- 
ten Versuche  dienten  als  Lichtquellen  verschiedene  Ent- 
ladungsröhren mit  gerader  Durchsicht,  die  meist  mit  Spuren 
von  Quecksilber  beschickt  und  sonst  völlig  leer  gepumpt 
waren.  Die  eine  Electrode  lag  bei  denselben  in  der  Rohr- 
axe,  die  andere  war  seitlich  in  die  Kugel  eingeschmolzen, 
zu  der  sich  der  capillare  Theil  vorn  erweiterte.  Die 
grüne  Quecksilberlinie  eignete  sicli  besonders  für  die  hier 
anzustellenden  Messungen.  Die  Quecksilberröhren  wur- 
den in  einem  besonders  construirten,  röhrenförmigen  Luft- 
bade erhitzt;  beiderseitige,  mit  Glimmerplatten  versehene 


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Ueber  electrische  Entladungen 


647 


Fenster  gestatteten,  die  Beobachtungen  bei  Langsdurchsicht 
auszuführen. 

Zur  Untersuchung  der  verschiedenen  Theile  der  Ent- 
ladung wurden  die  Entladungsröhren  (Fig.  1  u.  2)  mit  den 
beiden  Fenstern  b\  und  Ft  zwischen  zwei  Fernrohre  B  und 
C  (Fig.  1)  gestellt.  Das  eine,  C,  von  65  mm  freier  Ohjectiv- 
Öffnung  und  106,5  cm  Focalweite,  diente  als  Collimator;  das- 
selbe war  mit  einer  sich  zweiseitig  öffnenden  Spaltvorrichtung 
versehen,  auf  welche  Sonnenlicht  mittelst  eines  Heliostats  oder 
der  geeignet  concentrirte  Strahlenkegel  einer  S  c  h  u  c  k e r  t'schen 
Bogenlichtlampe  geworfen  wurde;  der  Doppelspalt  lag  hori- 
zontal. 

Das  aus  C  austretende  Bündel  paralleler  Strahlen  fiel 
senkrecht  auf  eine  Metall  platte  S,  in  die  zwei  einander  genau 
parallele,  horizontale,  gleichweite  Spalte  eingeschnitten  waren. 
Die  Breite  der  Spalte  variirte  bei  den  verschiedenen  Ver- 
suchen zwischen  0,4  und  2  mm.  Die  Mitten  der  Spalte  waren 
gleichfalls  bei  verschiedenen  Versuchen  verschieden  weit  von- 
einander entfernt  innerhalb  der  Grenzen  4  und  8  mm. 

Das  Entladungsrohr  A  (Fig.  I)  wurde  so  gestellt,  dass 
die  den  beiden  seitlichen  Ansätzen  gemeinsame  Axe  genau 
in  die  Axen  der  Fernrohre  fiel,  und  dass  von  den  beiden  aus 
den  beugenden  Spalten  tretenden  Lichtbündeln  das  untere 
dicht  über  die  Oberfläche  der  Platte  />,  das  obere  in  grösserer 
Entfernung  von  derselben  verlief.  Wurde  in  diesem  Ent- 
ladungsrohre nicht  die  Platte  Pf  sondern  der  Ring  (Fig.  1») 
benutzt,  so  wurde  er  so  gestellt,  dass  das  untere  Lichtbündel 
gerade  durch  ihn  hindurch,  das  andere  über  ihn  hin  ging.  Die 
spitzenförmige  Aluminiumelectrode  (Fig.  lb)  stand  so,  dass 
das  untere  Bündel  gerade  über  den  Glasmantel  hinweg  ging; 
dabei  tauchte  dieses  untere  Bündel  noch  vollkommen  in  die 
divergirenden  Kathodenstrahlen  ein,  das  obere  kam  nicht  mit 
denselben  in  Berührung. 

2* ach  dem  Durchgange  durch  das  zweite  Fenster  Ft  fielen 
die  beiden  Bündel  auf  das  Objectiv  des  Beobachtungsfern- 
rohres B  von  80  mm  Durchmesser  und  erzeugten  in  der 
Brennebene  desselben  das  bekannte  Beugungsbild.  Der  Schirm 
U  diente  zur  Abhaltung  des  bei  dem  Uebergange  der  Ent- 
ladung in  dem  Rohre  A  sich  entwickelnden  Lichtes.  Um 


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G48 


E.  Wiedemann  u,  tl.  Kbert 


den  Eintfuss  dieses  Lichtes  auf  die  iin  Beobachtungsfern- 
röhre  B  zu  Staude  kommenden  Fraunhofer'schen  Minima 
möglichst  abzuschwächen,  wurde  das  Fernrohr  B  immer 
ziemlich  weit  von  dem  Entladungsrohre  A  aufgestellt  (bis 
30  cm  weit).  Von  dem  richtigen  Gang  der  beiden  beu- 
genden Bündel  durch  die  Entladungsröhre  überzeugte  mau 
sich  durch  Zwischenschieben  eines  zur  Axe  des  Ganzen  um  45u 
geneigten  Spiegels  zwischen  A  und  B,  wobei  man  die  beiden 
Oeffnungen  des  beugenden  Schirmes  und  die  vor  dieselben 
gestellten  Electroden  erblickte. 

Das  Beugungsbild  wurde  meist  mit  40-facher  Vergrösse- 
rung  betrachtet  Die  ersten  in  dem  hellen  Centrahtreifen 
auftretenden  Minima  waren  ausserordentlich  scharf;  auf  einen 
derselben  wurde  das  Fadenkreuz  des  Fernrohres  eingestellt. 

Zu  beiden  Seiten  desselben  war  noch  eine  ganze  Reihe 
scharfer  Streifen  zu  erkennen,  und  es  wäre  wohl  möglich 
gewesen,  noch  eine  Verschiebung  des  eingestellten  Spectrums 
um  1/4  des  Abstandes  zweier  benachbarter  Streifen  zu  erkennen, 
d.  h.  das  Eintreten  einer  Phasendiiferenz  in  den  beiden  Licht- 
bündeln von  */*  Undulation  nachzuweisen. 

Neben  der  Methode  der  Fraunhofer'schen  Minima 
IL  Ciasse  wurde  die  Methode  der  hohen  Interferenzen  in 
der  von  einem  von  uns  früher  vorgeschlagenen  Form  benutzt1); 
das  Interferentialspectrometer  enthielt  eine  Doppelplatte  von 
7,495  mm  Dicke,  welche  bei  Anwendung  des  Quecksilber- 
lichtes Gangunterschiede  von  41700  Wellenlängen  gibt. 

Als  Electricitätsquelle  wurde  hauptsächlich  die  Influenz- 
maschine verwendet;  zur  Controle  wurden  alle  damit  erhal- 
tenen Resultate  noch  mit  einem  Inductorium  mittlerer  Grösse 
geprüft. 

Die  Anwendung  derlnfluenzmaschine  war  deshalb  angezeigt, 
weil  sich  bei  ihr  durch  die  allmähliche  Anhäufung  der  freien 
Electricität  die  die  Entladungen  begleitenden  Erscheinungen 
allmählich  vorbereiten  und  ausbilden;  die  Electroden  sind 
daher  dauernd  in  dem  durch  die  Ausbildung  der  Entladungen 
bedingten  Zustande,  während  dies  bei  Anwendung  des  Indue- 
toriums  nur  zu  den  Zeiten,  wo  der  Inductionsstoss  erfolgt, 


1)  H.  Ebert,  Wied.  Ann.  84.  p.  54.  1888. 


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Ueber  electrische  Entladungen. 


649 


der  Fall  ist;  da  diese  Zeiten  aber  relativ  kurz  sind  im 
Vergleiche  zu  den  Zwischenzeiten,  in  denen  die  Verhältnisse 
an  den  Electroden  die  gewöhnlichen  sind,  so  könnte  es 
kommen,  dass  für  das  Auge,  welches  ja  die  Einzelvorgange 
nicht  zu  erfassen  vermag  und  nur  einen  Gesammteindruck 
erhält,  der  Unterschied  bei  dem  Durchgange  der  Entladun- 
gen und  ohne  dieselben  unmerklich  ist. 

Bei  unseren  Versuchen  ergaben  übrigens  beide  Elec- 
tricitätsquellen  dasselbe  Resultat. 

Die  angestellten  Versuche  sind  die  folgenden: 

1)  Wurden  die  Entladungen  durch  das  Entladungsrohr  A 
(Fig.  1)  geschickt  und  die  Platte  P  dabei  zur  Kathode  ge- 
macht, so  bildet  sich  bei  hinreichend  vermindertem  Druck 
um  P  der  dunkle  Raum  kappenförmig  aus.  Bei  der  relativ 
scharfen  Begrenzung,  welche  die  einzelnen  Theile  der  Ent- 
ladungserscheinungen  in  ihren  Anfangsstadien  aufweisen, 
gelang  es  leicht,  den  Druck  so  zu  wählen,  dass  die  Glimm- 
lichthülle des  dunklen  Raumes  gerade  zwischen  die  von  beiden 
beugenden  Spalten  ausgehenden  Bündel  fiel.  Dabei  durch- 
lief das  untere  einen  etwa  10  mm  langen  Weg  im  dunklen 
Räume,  das  andere  bewegte  sich  durch  Gasschichten,  welche 
allen  Erfahrungen  gemäss  sich  von  solchen  im  gewöhnlichen 
Zustand  nicht  unterscheiden. 

Hatte  der  Aether  innerhalb  des  Mediums,  welches  in  dem 
dunklen  Räume  liegt,  beim  Einsetzen  der  Entladungen  irgend 
eine  Veränderung  erlitten,  so  mussten  Verzögerungen  des 
einen  Bündels  gegen  das  andere  und  damit  Verschiebungen 
im  Beugungsbilde  eintreten. 

.  Von  der  Empfindlichkeit  der  Methode  kann  man  sich 
in  folgender  Weise  Rechenschaft  geben.  Ist  n  der  Brechungs- 
exponent der  Luft  im  Entladungsrohre  unter  gewöhnlichen 
Umständen,  n  derselbe  für  die  an  der  Kathode  anliegenden 
Luftschichten,  so  kommen  auf  eine  Strecke  von  10  mm 
lOxn/0,0,6,  resp.  10  X  n'/0,036  Wellenlängen  von  mitt- 
lerer Brechbarkeit,  der  Wellenlängenunterschied  an  beiden 
Stellen  ist  also  10(n  -  n')/0,036  oder  10n«/0,036,  wenn 
man  l-n'/w  —  e  setzt.  Eine  Streifenverschiebung,  die  einem 
Gangunterscbiede  von  */4  Wellenlänge  entspricht,  wäre  sicher 
noch  bemerkbar  gewesen.   Aus  10n£/0,03  =  0,25  ergibt  sich 


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E  Wiedemann  u.  H.  EberL 


«  =  1/67000;  dies  entspricht  also  einer  Aenderung  des 
Brechungsexponenten  um  Ve7o  Proc. 

Trotz  dieser  hohen  Empfindlichkeit  der  Methode  hat 
*ich  nie  beim  Schliefen  und  Oeffnen  des  Stromes  eine  Bewegung 
im  Beugungsbilde  gezeigt.  Es  wurde  bei  den  verschiedensten 
Drucken  beobachtet  und  dadurch,  dass  die  beugenden  Spalte 
verschieden  weit  gemacht  wurden,  ihre  Entfernung  verändert 
und  der  ganze  Beugungsschirm  verschoben  wurde,  wurden 
der  Reihe  nach  die  verschiedensten  Theile  der  Entladung 
miteinander  verglichen.  Nie  hat  sich  ein  Unterschied  im 
Beugungsbilde  bei  geschlossenem  und  offenem  Strome  gezeigt. 
Das  Gleiche  war  der  Fall,  wenn  P  zur  Anode  gemacht 
wurde.  Alle  Versuche  wurden  ferner  mit  der  Abänderung 
wiederholt,  dass  der  eine  oder  andere  Pol  zur  Erde  abgeleitet 
wurde;  es  ergab  sich  immer  das  gleiche  Resultat. 

Da  hei  Anwendung  der  Influenzmaschine  die  Zeiten,  wo 
der  modificirte  Zustand  an  den  Electroden  schon  in  merk- 
lichem Grade  ausgebildet  sein  muss,  nicht  unendlich  kurz 
sind  im  Vergleiche  zu  den  Zeiten,  wo  nach  erfolgter  Ent- 
ladung die  Spannungen  sich  ausgeglichen  haben,  so  müsste 
bei  Veränderungen  des  Aethers  sich  die  mittlere  Erscheinung 
des  Interferenzbildes  während  der  Entladung  von  der  Er- 
scheinungsform ohne  Entladungen  wesentlich  unterscheiden. 
Wären  keine  Streifenverschiebungen  erkennbar,  so  müsste 
doch  wenigstens  das  ganze  Bild  mit  dem  Einsetzen  der  Ent- 
ladungen verwaschen  werden. 

Da  davon  nie  etwas  zu  bemerken  war,  so  kann  man  sagen: 

Wie  der  modificirte  Zustand,  tcelcher  an  der  Katkode  zur 
Bildung  des  dunklen  Baumes  und  eines  grossen  Widerstandes 
innerhalb  desselben  Veranlassung  gibt,  auch  beschaffen  sein  mag, 
jedenfalls  hat  der  Aether  dabei  seine  optische  Dichte  noch  nicht 
um  l/«7ooo  8eines  ursprünglichen  Werthes  verändert. 

Für  Veränderungen  in  der  Elasticität  des  Aethers 
gilt  dasselbe. 

Befremdlich  könnte  es  hier  erscheinen,  dass  man  nicht 
wenigstens  infolge  von  plötzlich  auftretenden  Temperatur- 
differenzen in  den  beiden  benutzten  Gasschichten  Phasen- 
differenzen der  zur  Interferenz  gelangenden  Bündel  erhält. 
Die  Kathode  wird  unter  dem  Einflüsse  der  Entladungen 


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Uebcr  electrische  Entladungen. 


051 


bekanntlich  sehr  heiss;  ebenso  findet  eine  starke  Erhitzung 
der  ihr  benachbarten  Gasschicht  statt. 

Indessen  überzeugt  man  sich  durch  folgende  Betrachtung 
davon,  dass  dieser  Einfluss  der  Temperatur  bei  der  grossen  Ver- 
dünnung desMediums  (mindestens  1/,000  Atmosphäre) unmerklich 
ist  Nimmt  man  an,  dass  im  Momente  der  Entladung  die  der 
Platte  unmittelbar  benachbarten  Gasschichten,  welche  von  dein 
einen  Bündel  durchlaufen  werden,  die  Temperatur  von  1000°  C. 
annehmen,  und  setzt  man  die  Temperatur  des  übrigen  Gas- 
raumes, also  auch  der  Partien,  welche  das  andere  Bündel  durch- 
läuft, gleich  0°,  so  wird  die  Dichte  der  erhitzten  Gasschichten 
ungefähr  ein  Viertel  der  ursprünglichen.  Da  wir  die  durch 
Temperaturänderungen  bewirkten  Aenderungen  des  Brech- 
ungsexponenten als  äquivalent  mit  den  durch  die  Dichten- 
änderungen hervorgerufenen  ansehen  dürfen,  so  folgt  für 
den  Gangunterschied  der  beiden  Bündel  bei  einem  Wege 
von  10  mm: 


ist,  für  n  der  Werth  (n  -  1)/(1  +  at)  +  1  zu  setzen  ist.  Bei 
den  angegebenen  Zahlenwerthen  ergibt  sich  dieser  durch 
die  Temperaturunterschiede  veranlasste  Gangunterschied 
10 a t(n  —  l)/0ü36(l  +  at)  zu  rund  Vsoo  Wellenlänge.  Gang- 
unterschiede von  dieser  Grösse  können  aber  nicht  bemerk- 
lich werden.  Da  bei  noch  höheren  Temperaturen  der  eben 
berechnete  Gangunterschied  sich  1/200  Wellenlänge  als  Grenz- 
werth nähert,  so  kann  niemals  der  Einfluss  eventueller  Tem- 
peraturunterschiede merklich  werden. 

Die  soeben  beschriebenen  Versuche  wurden  durch  ana- 
loge an  der  Entladungsröhre  Fig.  2  bestätigt.  Dabei  wurde 
die  Platte  D  mit  ihrer  Ebene  parallel  der  Axe  des  Rohres  A 
gestellt;  die  beugenden  Bündel  liefen  vor  und  hinter  D&  vorbei. 

2)  Bei  den  Versuchen  über  eine  eventuelle  Fortführung 
der  leuchtenden  Theilchen  im  Sinne  der  Stromrichtung  inner- 
halb der  Kathodenstrahlen  wurde  die  Methode  der  Minima 
II.  Classe  verwendet.  Dabei  liess  man  das  eine  Bündel  der 
durch  den  beugenden  Schirm  tretenden  Strahlen  im  Sinne 


10  (n  -  /i')/0,036  Wellenlängen, 


wo  jetzt,  weil: 


und  d'— 

1  •+•  at 


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652 


£,  Wiedemann  u,  //.  Ebert. 


der  Kathodenstrahlen  oder  gegen  dieselben  gehen.  Bei  der 
in  Fig.  1»  gezeichneten  Anordnung  wurde  das  nach  der  ent- 
gegengesetzten Ringseite  austretende  Kathodenstrahlenbtindel, 
welches  die  Wirkung  des  anderen  hatte  aufheben  können, 
durch  einen  Magnet  zur  Seite  gebogen.  Bei  der  Electrode 
Fig.  lb  genügte  eine  Drehung  des  Schliffes  R  (Fig.  1),  um 
180°,  um  die  vom  Collimator  kommende  Lichtbewegung 
bald  mit  den  Kathodenstrahlen,  bald  gegen  dieselben  laufen 
zu  lassen.  Bei  der  Entladungsröhre,  Fig.  2,  wurde  das  Bündel 
der  Kathodenstrahlen  gleichfalls  durch  einen  Magnet  bald  in 
den  Bereich  des  einen,  bald  in  den  des  anderen  zur  Inter- 
ferenz beitragenden  Lichtbündels  gezogen.  Es  genügte  aber 
auch  schon,  der  Capillarröhre  E  eine  kleine  Drehung  zu 
ertheilen,  sodass  die  Kathodenstrahlen  etwas  schräg  zur  Axe 
von  A  verliefen,  um  das  eine  Bündel  bis  auf  eine  Länge 
von  3  bis  4  cm  durch  einen  von  Kathodenstrahlen  erfüllten 
Raum  gehen  zu  lassen. 

Niemals  hat  sich  weder  beim  Oeffnen  und  Schliessen 
des  Stromes,  noch  bei  einem  Richtungswechsel  der  Kathoden- 
strahlen, irgend  eine  Aenderung  im  Interferenzbilde  gezeigt. 

Die  dadurch  verbürgte  Grenze  der  Geschwindigkeit, 
welche  die  leuchtenden  Theilchen  sicher  nicht  überschritten 
haben,  berechnet  sich  wie  folgt: 

Ist  die  Geschwindigkeit  der  Lichtbewegung  unter  ge- 
wöhnlichen Verhältnissen  t>,  die  durch  eine  etwaige  Be- 
wegung der  leuchtenden  Theilchen  modificirto  v\  so  ist  der 
Gangunterschied  der  beiden  Bewegungen  innerhalb  einer 
Strecke  von  10  mm: 


geworden. 

Hierbei  ist  v  =  3  X  1011  mm,  T  =  j  X  10" »  v  sei  gleich 
v  -f-  jr.  Da  der  G;iDgunterschied  noch  nicht  Wellenlänge 
betragen  hat,  so  gibt  die  Gleichung: 


einen  oberen  Grenzwerth  für  x-,  die  genannten  Zahlenwerthe 
Hefern  x  —  5  X  106  mm  »  5  km. 

Aus  diesen  Versuchen  folgt  demnach: 


10 


10 


10  x_ 
2' V 


Digitize 


(Jeher  elcctrische  Entladungen. 


653 


Die  in  den  Kathodenstrahlcn  leuchtenden  Theilchen  können 
nicht  Geschwindigkeiten  besitzen,  welche  die  mittleren  in  den  um- 
gebenden Gasräumen  um  mehr  als  5  km  übertreffen. 

Der  eine  von  uns1)  hat  aber  schon  früher  darauf  hin- 
gewiesen, dass  die  Geschwindigkeit  der  Theilchen  in  den 
Kathodenstrahlen  andererseits  nicht  kleiner  sein  kann,  wo- 
fern man  etwa  annehmen  wollte,  dass  die  Entladung  durch  von 
der  Electrode  fortgeschleuderte  Theilchen  bedingt  sei. 

3)  Um  zu  prttfen,  ob  vielleicht  bei  dem  Durchgange  der 
Electricitat  durch  ein  Gas  die  ganze  Masse  des  Licht« 
äthers  zwischen  den  beiden  Electroden  eine  Verschiebung 
in  dem  einen  oder  anderen  Sinne  erfährt,  benutzten  wir 
die  Methode  der  hohen  Interferenzen  in  der  schon  oben 
(vgl.  p.  684)  erwähnten  Form.  Die  Interferenzstreifen  waren 
sehr  deutlich  zu  sehen,  ihr  Abstand  betrug  3,6  mm,  sodass 
eine  Streifenverschiebung  von  l/l0  Streifenabstand  zu  messen 
gewesen  wäre. 

Es  sind  von  uns  sehr  zahlreiche  Versuche  mit  den 
p.582  erwähnten  Röhren  in  der  Weise  angestellt  worden,  dass 
rasch  hintereinander  der  Strom  gekehrt  wurde;  niemals 
haben  wir  eine  Streifenverschiebung  bemerken  können.  Ent- 
stände wirklich  durch  eine  Fortreissung  der  Molecule  in  der 
Stromrichtung  ein  Vorherrschen  einer  Richtung  der  durch- 
einander fliegenden  leuchtenden  Theilchen,  so  könnte  diese 
Fortführung  höchstens  mit  einer  Geschwindigkeit  von  180  m 
in  der  Secunde  stattfinden.  Denn  einer  Streifen  Verschiebung 
von  Vio  Streifenabstand  würde  bei  der  jede  Wellonlängen- 
änderuug  im  doppelten  Betrage  zeigenden  Interferenzplatte 
(vgl.  die  oben  citirte  Arbeit)  einer  Aenderung  der  Wellen- 
länge und  damit  der  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  des  Lichtes 
von  1/20  x  1/41700,  d.  h.  1/834000  des  eigenen  Betrages, 
d.  h.  um  3  X  108/834000  =  360  m  entsprechen.  Diese  Aen- 
derung in  der  Fortpflanzungsgeschwindigkeit  würde  sich  bei 
der  Stromumkehrang  orgeben,  wenn  die  Theilchen  durch  den 
Strom  in  einer  Richtung  im  Mittel  um  180  m  fortgetrieben 
würden.  Jedenfalls  wird  durch  die  Versuche  die  Annahme 
einer  event.  Fortführung  der  materiellen  Theilchen  durch 
den  Strom  mit  grösserer  Geschwindigkeit  ausgeschlossen. 
1)  Eilh.  Wiedemann,  Wied.  Ann.  10.  p.  246.  1890. 


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654 


E.  Wiedemann  u.  H.  Ebert. 


4)  Zum  Schluss  haben  wir  noch  die  Frage  einer  Prü- 
fung unterworfen,  ob  geradlinig  polarisirtes  Licht  bei  irgend 
einer  Stellung  der  Polarisationsebene  zu  den  verschiedenen 
Theilen  der  Entladung,  insbesondere  zur  Kathode,  eine 
Depolarisation ,  oder  die  Polarisationsebene  eine  Drehung 
erfahrt  Zu  dem  Zwecke  wurde  ein  NicoTsches  Prisma 
vor  den  Spalt  des  Collimators  gestellt,  ein  zweites  hinter 
das  Ocular  des  Beobachtungsfernrohrs.  Die  Spaltplatte  S 
wurde  dabei  durch  Schirme  mit  geeigneten  Oeffnungen  zum 
Abblenden  des  Lichtes  ersetzt.  Bei  Anwendung  der  Platte 
P  (Fig.  1)  wurde  die  Polarisationsebene  des  Polar isators 
senkrecht  und  parallel  zu  ihr  gestellt.  Ein  kreisförmig  be- 
grenztes Bündel  wurde  ferner  längs  den  aus  der  Spitze 
(Fig.  lb)  austretenden  Kathodenstrahlen  und  durch  die  Ring- 
öffnung (Fig.  U)  geschickt.  Alle  Versuche  wurden  auch 
hier  sowohl  mit  der  Influenzmaschine  wie  mit  dem  Induc- 
torium  angestellt;  ferner  unter  Ableitung  einer  Electrode 
zur  Erde  und  nach  Einschaltung  von  Funkenstrecken.  Alle 
Versuche  wurden  schliesslich  im  Entladungsrohre  (Fig.  2) 
wiederholt. 

In  gleicher  Weise  wurde  die  positive  Lichterscheinung 
untersucht. 

Niemals  hat  sich  eine  Depolarisation  oder  eine  Veränderung 
in  der  Lage  der  Polarisationsebene  bemerklich  gemacht. 

Unseren  früheren  Mittheilungen  über  den  Einfluss  des 
ultravioletten  Lichtes  auf  die  Entladungen  möchten  wir  noch 
Folgendes  hinzufügen: 

Wie  das  von  den  Polen  der  Kohlen  des  Voltabogens 
ausgehende  ultraviolette  Licht  den  Uebergang  der  Electricität 
zwischen  zwei  beliebigen  Spitzen  erleichtert,  so  muss  auch 
das  von  der  positiven  Kohle  ausgehende  Licht  den  Austritt 
der  Electricität  an  der  negativen  Kohle  begünstigen.  Hierauf 
ist  bei  Bestimmung  des  Widerstandes  im  Flammenbogen 
Rücksicht  zu  nehmen. 

Ferner  möchten  wir  noch  besonders  bemerken,  um  Miss- 
verständnisse zu  vermeiden,  dass  die  Betrachtungen  des  theo- 
retischen Theiles  p.  255 — 264  sich  sowohl  im  allgemeinen 
wie  im  speciellen,  besonders  auf  p.  260,  lediglich  auf  den 


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lieber  elcctrische  Entladungen. 


655 


Uebergang  der  Electricität  aus  der  Electrode  in  das  Gas 
beziehen,  dass  dagegen  über  die  Ausbreitung  der  Electricität 
im  Gase  selbst  auch  nach  den  a.  a.  O.  mitgetheilten  Ver- 
suchsergebnissen die  früher  von  dem  einen1)  von  uns  ent- 
wickelten Anschauungen  gelten. 

Deragemäss  würde  auch  der  Satz  p.  260  Zeile  18  v.  o. 
vielleicht  besser  wie  folgt  zu  formuliren  sein:  »Belichten  wir 
die  electronegative  Electrode,  so  verlässt  die  negative  Elec- 
tricität dieselbe  und  geht  zu  der  nahestehenden  positiven 
Electrode  entsprechend  dem  Potentialgefälle  u.  s.  w.«  Ob  bei 
diesem  Ausgleich  der  Electrici täten  nur  die  convectiven  Be- 
wegungen, welche  in  dem  Gase  schon  an  sich  immer  vor- 
handen sind,  die  Fortführung  besorgen,  oder  ob  daneben 
andere  Vorgänge  eine  überwiegende  Rolle  spielen,  bleibe 
zunächst  dahingestellt. 

Phys.  Inst,  der  Univ.  Erlangen,  October  1888. 


IV.  Das  electrolytische  Verhalten  des  Glimmers 

bei  hoher  Temperatur; 
von  Wilh.  Hermann  Schnitze. 

(Hierin  T»f.  Till  Hg.  8-4.) 


Nach  den  Untersuchungen  von  Buff2)  und  Beetz3;  über 
die  Abhängigkeit  des  electrolytischen  Leitungswiderstandes  des 
Glases  von  der  Temperatur  hat  schon  Warburg4)  gezeigt, 
dass  sich  beim  Durchgange  des  electrischen  Stromes  durch 
eine  Glasschicht,  die  sich  zwischen  Quecksilberelectroden  be- 
findet, bei  hoher  Temperatur  (300°  C.)  auf  der  Anodenseite 

t)  Vgl.  E.  Wiedemann,  Wied.  Ann.  10.  p.  254  1880  und  20. 
p.  788.  1883. 

2)  Buff,  Lieb.  Ann.  90.  p.  257.  1854. 

3j  Beetz,  Pogg.  Ann.  92.  p.  452.  1854.  u.  Jubelbd.  p.  23.  1874. 
4)  Warburg,  Wied.  Ann.  21.  p.  622.  1884.  u.  32.  p.  442.  1887. 


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W.  H.  Schnitze. 


eine  schlecht  leitende  Kieselsäureschicht  ablagert ,  welche  die 
Intensität  des  Stromes  sehr  bald  auf  ein  Minimum  des  frühe- 
ren Werthes  zurückführt  und  die  sonst  bekannte  Oberflächen- 
leitung des  Glases,  durch  die  bei  mittlerem  Feuchtigkeitsgehalt 
der  Luft  ein  Goldblattelectroskop  momentan  entladen  wirdT 
fast  gänzlich  aufhebt. 

Diese  Kieselsäureschicht,  welche  sich  optisch  bemerkbar 
macht,  wirkt  wie  das  Dielectricum  eines  Condensators,  bei 
welchem  das  Quecksilber  und  die  Glasmasse  als  Belegungen 
anzusehen  sind. 

Hieraus  ist  die  praktische  Folgerung  zu  ziehen,  dass  durch 
Erhöhung  der  Temperatur  die  Isolirfähigkeit  des  Glases  für 
den  electrischen  Strom  vergrößert  und  die  Oberflächenleitung 
desselben  Mediums  bedeutend  verringert  werden  kann. 

Untersuchungen  ähnlicher  Art  waren  auch  für  den  Glim- 
mer wegen  der  mannigfachen  Anwendungen,  die  derselbe  in 
neuerer  Zeit  erfahren  hat,  von  einigem  wissenschaftlichen 
Interesse.  —  Im  Folgenden  mögen  daher  einige  Versuche  mit 
ihren  gewonnenen  Resultaten  Platz  finden,  zu  deren  Ausführung 
mir  der  Herr  Prof.  Dr.  A.  Ober  beck  in  seinem  physikalischen 
Institut  zu  Greifs wald  Gelegenheit  bot,  wofür  ich  genanntem 
Herrn  zu  grossem  Danke  verpflichtet  bin.  Gleich  an  dieser 
Stelle  möchte  ich  aber  darauf  aufmerksam  machen,  dass  die 
vorliegende  Arbeit  keineswegs  als  eine  abgeschlossene  ange- 
sehen werden  darf;  ich  fühle  mich  jedoch  veranlasst,  die  er- 
haltenen Ergebnisse  auf  der  Stelle  zu  veröffentlichen,  da  ich  den 
Zeitpunkt  der  Wiederaufnahme  der  Untersuchungen  nicht  be- 
stimmen kann. 

Das  Versuchsmaterial  bestand  in  den  meisten  Fällen  aus 
Kaliglimmer;  jenem  wasserhaltigen  Kalithonerdesilicat,  das 
unter  dem  Namen  Muscovit  bekannt  ist.  Dasselbe  stammte 
in  hellen  durchsichtigen  Stücken  aus  Connecticut  und  in  einer 
dunkelgrünen  Varietät  aus  Bengalen.  Den  weniger  zu  den 
Versuchen  herangezogenen  Magnesiaglimmer  (Biotit)  mit  seinen 
meist  dunklen  Farben  war  der  Fundort  Monroe  in  New- York 
beigegeben.1) 

1)  Die  zu  untersuchenden  Gluninerplatten  waren  mir  in  liebenswür- 
digster Weise  von  Herrn  Prof.  Cohen,  Director  des  mineralogischen 
Instituts  der  Universität  Greifswald,  zur  Verfugung  gestellt. 


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Electrnlytisches  Verhalten  des  Glimmers.  657 


Alle  untersuchten  Glimmerstücke  waren  von  vorzüglicher 
Spaltbarkeit,  sodass  Platten  von  0,035  mm  Dicke  zur  Ver- 
wendung gelangen  konnten,  was  wegen  der  vielen  Luftbläschen, 
die  dickere  Platten  aufwiesen,  von  Vortheil  war.  Zu  den  be- 
nutzten Plättchen,  deren  Dicke  sorgfältig  mit  dem  Sphäro- 
meter  geraessen  wurde,  waren  nur  solche  genommen,  die  an 
verschiedenen  Stellen  der  Peripherie  eines  darauf  angenommenen 
Kreises  constante  Zahlen  ergaben.  Die  Platten  wurden  der 
Einfachheit  halber  alle  von  gleicher  Grösse  geschnitten;  ihre 
Länge  betrug  43,75  mm,  ihre  Breite  30  mm.  Da  die  metal- 
lische Belegung  nicht  ganz  bis  zum  Rande  reichen  durfte, 
um  nicht  der  Gefahr  einer  directen  metallischen  Leitung  aus- 
gesetzt zu  sein,  so  war  die  wirkende  Fläche  selbst  eine  kleinere, 
sie  besass  nur  40  mm  Länge  und  25  mm  Breite,  sodass  ihr 
Inhalt  10  qcm  gross  war. 

Da  eine  sorgfaltige  Untersuchung  über  das  Verhalten  des 
Glases  bereits  vorlag  (s.  oben),  so  war  eine  Vergleichung  von 
Glimmer-  und  Glasplatten  von  gleicher  Grösse  und  gleicher 
Belegungsoberfläche  wohl  angebracht. 

Um  dies  zu  erreichen,  war  die  Einrichtung  getroffen,  dass 
eine  der  zu  untersuchenden  Glimmerplatten  mit  zwei  Metall- 
beiegungen  versehen  wurde;  auf  die  eine  von  diesen  letzteren 
wurde  die  Glasplatte  und  darauf  ein  drittes  Metallblech  ge- 
legt. (S.  Fig.  3.)  Das  zu  den  Untersuchungen  benutzte  Glas  be- 
stand aus  weissem  Spiegel-  und  dünnem  Uhrglas.  Die  Ver- 
bindungen der  Belegungen  waren  dann  solche,  dass  einmal 
der  galvanische  Strom  von  der  ersten  Belegung  durch  die 
Glimmerplatte  zur  zweiten  oder  von  der  dritten  durch  die 
Glasplatte  zur  zweiten  gehen  konnte.  Die  sich  aus  beiden 
Stromschlüssen  ergebenden  Ausschläge  eines  in  die  Kette  ein- 
geschalteten Galvanometers  konnten  getrennt  und  sehr  schnell 
nach  einander  abgelesen  werden. 

Diese  ganze  Vorrichtung  wurde  in  einen  Thonofen  ge- 
bracht, dessen  dicke  Seiten  und  doppelte  Wände  eine  gleich- 
massige  Erwärmung  zuliessen,  ohne  dass  die  Flamme  mit  den 
zu  untersuchenden  Platten  selbst  in  Berührung  kam.  (s. 
Fig.  4.}  Diese  letzteren  mit  ihren  sie  trennenden  Belegungen 
ruhten  auf  isolirender,  ebener  Grundlage  inmitten  dieses  Ofens; 
sie  waren  mit  ebenen,  isolierenden  Schichten  bedeckt,  wurden 

A.m.  d.  Ph»fc  v.  Cheni.  N.  F.  XXXVI.  42 


//'.  //.  Schnitze. 


durch  starke  Gewichte  gleichmässig  gegen  einander  gepresst 
und  so  dem  heissen  Luftbade  ausgesetzt.  Die  von  den  Be- 
legungen, zu  denen  in  allen  Fällen  Platinbleche  benutzt  wurden, 
nach  verschiedenen  Seiten  führenden  Platindrähte  waren  an 
die  Bleche  geschweisst  und  liefen  in  gebogenen  Glasröhren 
zwischen  den  beiden  Wänden  des  Ofens  durch  kleine  Aus- 
buchtungen der  Aussenwand  in's  Freie.  Der  ganze  Apparat 
wurde  durch  eine  starke  Gasflamme  von  unten  her  erwärmt, 
sodass  die  Temperatur  sehr  bald  auf  300°  C.  anstieg.  Die 
mittelste  der  Belegungen  war  mit  dem  einen  Pole  einer  Kette 
von  Volta- Wasserelementen  in  Verbindung  gesetzt,  von  denen 
in  den  meisten  Fällen  zwanzig  zur  Verwendung  kamen,  welche 
insgesammt  eine  electromotorische  Kraft  von  19  Volts  reprä- 
sentirten.  Bei  den  Versuchen,  wo  der  grossen  und  daher  sehr 
bald  nicht  mehr  abzulesenden  Ausschläge  wegen  eine  geringere 
Anzahl  (5)  genommen  werden  musste,  ist  in  den  beigegebenen 
Tabellen  die  entsprechende  t'inrechnung  vorgenommen  wordeu. 

Wurden  nun  die  Versuche,  wie  beschrieben,  angestellt, 
so  zeigten  sieh  im  allgemeinen,  wie  sich  aus  nachstehenden 
Tabellen  ergibt,  folgende  Erscheinungen: 

Wurde  der  Ofen  nicht  der  Flamme  ausgesetzt  und  der 
Strom  geschlossen,  sodass  er  abwechselnd  eine  Glasplatte  und 
ein  Glimmerplättchen  zu  durchlaufen  hatte,  so  zeigte  das  Gal- 
vanometer zu  Anfang  einen  bestimmten  Ausschlag  (s.  Tab.  A.), 

Tabelle  A. 
Dicke  des  Glases  d  =  0,943  mm. 


Dicke 

des 

Glimmers 

d  = 

0,305  mm. 

Zahl  der  Elemente 

20 

Ausschlage  für  (ilas 

3 

67 

71 

86     89     72  100 

i 

170!  255 

Ausschlüge  für  Glimmer 

3 

■ 

24 

33 

37 

55     44     43  48 

50  95 

der,  sobald  der  Thonofen  mit  den  darin  enthaltenen  Plättchen 
stark  erhitzt  wurde,  bei  weiterem  Oeffnen  und  Schliessen  sehr 
rasch  bis  zu  grossen  Ausschlägen  stieg.  Dabei  zeigt  sich  ^mit 
einer  Ausnahme),  dass  die  Ausschläge  für  das  Glas  bedeutend 
grösser  sind,  als  die  für  den  Glimmer.  Der  eigentümliche 
Verlauf  der  Zahlen,  von  einem  constanten  Minimalwerthe  aus 


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Kkrtrolytisches  Verhalten  des  Glimmers. 


<>59 


zu  wachsen,  ist  ein  ziemlich  regelmässiger.  Namentlich  ist  zu 
beachten,  dass  die  Zahlen  zu  Anfang  ungemein  rasch  anwachsen. 
Sie  ergaben  sich  der  Reihe  nach  in  kurzen  Intervallen  bei 
stets  zunehmender  Temperatur.    Die  Tabellen  B,  C  und  D 


Tabelle  B. 

Dicke  des  Glase«  d  »  0,310  mm. 
Dicke  des  Glimmers  d  -  0,098  mm. 

Zahl  der  Elemente 

20 

Ausschläge  flir  Glas 

44     50  1  58     47  j  33  23 

18 

15 

11  |  0 

Ausschläge  für  Glimmer 

23    28    29  |  25  j  22  19 

14 

12  ' 

9  ,  6 

Tabelle  C. 

Tabelle  D. 

Dicke  des  Glase«  d  =  1,250  mm. 

Dicke  des  Glases  d  -  0,315  mm. 

Dicke  des  Glimmers  d  =  0,085  mm. 

Dicke  des  Glimmers  d  =  0,035  mm. 

Anzahl 


Ausschlüge  für: 


Glimmer: 

Glas: 

50 

72 

77 

190 

100 

326 

120 

400 

95 

495 

91  470 
89  415 

84 

348 

79 

280 

72 

211 

43 

112 

22 

36 

14 

21 

11 

14 

6 

9 

3 

4 

2 

2 

Elemente  20 


Ausschläge  für: 
Glimmer:  Glas: 


8tro:n 

Gewechselt. 
Strom 

1? 

Strom 

Gewechselt 
Strom 

15 

5 

10 

39 

41 

41 

60 

57 

58 

125 

149 

66 

80 

220 

234 

84 

70 

280 

274 

90 

76 

300 

296 

90 

72 

272 

260 

60 

50 

243 

214 

38 

34 

120 

94 

38 

34 

60 

50 

46 

64 

40 

20 

20 

26 

24 

zeigen  ein  gleichmassiges  Verhalten.  Bei  allen  dreien  steigen 
die  Zahlen  bis  zu  einem  Maximalwerthe  an  und  fallen  alsdann 
bis  zu  einem  Minimum.  Die  ersten  Werthe,  die  sich  nach 
vorgenommener  Erwärmung  ergaben,  sind  in  allen  Fällen  so- 
gleich ziemlich  hohe,  sie  steigen  dann  auch  stets  sehr  schnell 
bis  zu  dem  höchsten  AVerth,  der  bei  einigen  zwei-  oder  drei- 

42* 


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H60 


W.  H.  Schvltze. 


mal  auftrat.  Bei  anderen  Versuchen  waren  die  Zahlen  in  der 
Nahe  des  Maximums  oft  sehr  wenig  von  diesem  verschieden. 

Der  Glimmer  verhält  sich  hierhei  wie  Glas.  Bei  letzterem 
ist  schon  Beetz1)  zu  ähnlichen  Resultaten  gelangt.  Auch  er 
findet,  dass  die  mitgetheilten  Zahlen  bei  erhöhter  Temperatur 
anfangs  eine  erhebliche,  bei  noch  höherer  eine  beträchtlich 
geringere  Abnahme  des  Widerstandes  zeigen. 

Der  ganze  Vorgang  verlief  bei  meinen  stets  gleichen 
Bedingungen  in  ungefähr  35  Minuten.  Der  Maximalwerth 
wurde  meist  schon  nach  9 — 11  Minuten  erreicht.  Aus  den 
Tabellen  ist  zu  entnehmen,  dass  derselbe  fur  Glas  und  für 
Glimmer  bei  fast  gleichen  Temperaturen  erreicht  wurde.  (In 
Tabelle  A  ist  die  Untersuchung  gar  nicht  so  weit  geführt,  dass 
er  erreicht  werden  konnte.) 

Als  Erklärung  fur  das  bei  höherer  Temperatur  anwach- 
sende und  allmählich  versch windende  Leitungsvermögen  könnte 
man  eine  mit  der  Zeit  mehr  und  mehr  zunehmende  Polarisa- 
tion des  untersuchten  Isolators  annehmen,  wie  Buff*)  dies  bei 
der  Untersuchung  des  Glases  gethan.  "Warburg*)  hat  jedoch 
diese  Annahmen  als  unwahrscheinlich  hingestellt.  Er  hat  die 
Ursache  der  genannten  Erscheinung  in  einer  durch  den  Strom 
ausgeschiedenen  nichtleitenden  Substanz  gefunden;  eine  solche 
wäre  eine  dünne  Schicht  von  SiO_,. 

Wie  aus  Tabelle  D  hervorgeht,  habe  ich  versucht,  durch 
Vornahme  eines  Stromwechsels  die  Entstehung  dieser  Schicht 
näher  zu  bestimmen.  Die  Werthe,  die  der  gewechselte  Strom 
ergibt,  überragen  bis  nahe  vor  dem  Maximum  die  anderen 
entsprechenden;  von  diesem  Punkte  ab  werden  sie  etwas  kleiner 
als  die  zugehörigen.  Die  Unterschiede  der  Zahlen  sind  aber 
so  geringe,  dass  unter  Berücksichtigung  der  doch  nicht  ganz 
constanten  Temperatur  bei  den  einzelnen  entsprechenden  Ab- 
lesungen, die  bei  dieser  Anordnung  mehr  Zeit  erforderten, 
sich  ein  wirklicher  Schluss  hieraus  kaum  ziehen  lässt. 

Um  die  Kieselsäureschicht .  die  ja  auch  beim  Glimmer 
Ursache   der   schlechten  Leitung  sein  kann,  zu  beseitigen, 

1)  Beetz,  Pogg.  Ann.  Jubelband  p.  23.  1ST4. 

2)  Buff.  Lieb.  Ann.  »«.  p.  257.  lt»M. 

?>)  Warburg.  Bericht»'  fib.  d.  Verb,  der  naturf.  Ges.  z.  Frei- 
burg VIII.  2. 


EU ctroly inches  Verhalten  des  Glimmert.  661 

behandelte  ich  schon  untersuchte  Plättchen  eiuige  Zeit 
mit  heisser  Kalilauge.  Nach  dieser  Behandlung  wurden  die- 
selben sorgfältig  abgewaschen,  getrocknet  und  in  einem  ge- 
schlossenen Kaume  verwahrt,  der  einen  offenen  Schwefelsäure- 
behalter enthielt.  Danach  wurden  diese  Pl&ttchen  wie  früher 
untersucht  Wie  kaum  anders  zu  erwarten  war,  zeigte  sich, 
dass  die  schon  sehr  dünnen  Glimmerstücke  nach  längerer  Be- 
handlung leitend  wurden.  Es  konnte  angenommen  werden, 
dass  der  Kieselsäuregehalt  des  Minerals  an  einigen  Stellen 
gelöst  war,  und  dass  dadurch  leitende  Punkte  entstanden 
waren.  Dauerte  die  Einwirkung  der  heissen  Kalilauge  nur 
kurze  Zeit,  so  war  eine  Leitung  bei  der  Untersuchung  nicht 
zu  constatiren,  vielmehr  zeigte  die  untersuchte  Platte  dasselbe 
Verhalten  wie  vor  der  ersten  Untersuchung.  Der  Glimmer 
seinen  wiederum  in  seinen  früheren  Zustand  übergeführt,  d.  h. 
die  Schicht  von  SiOa  an  der  Oberfläche  gelöst  zu  sein.  — 
Das  Glas  zeigte  dies  nach  kurzer  analoger  Behandlung  noch 
nicht  wieder;  die  Wertlie  der  Tabellen  waren  einander  ziem- 
lich gleich  und  nicht  sehr  hoch.  Erst  eine  mehr  als  dreistün- 
tlige  Behandlung  mit  kochender  Lauge  rief  den  früheren  Zu- 
stand hervor. 

Durch  Bestimmung  der  Stromintensität  in  Ampere's  und 
der  electromotorischen  Kraft  der  Elemente  in  Volts,  ferner 
aus  den  Werthen  des  Querschnitts  und  der  Länge  der  unter- 
suchten Plättchen  war  die  Möglichkeit  gegeben,  das  speeifische 
Leitungsvermögen  der  letzteren  in  Ohms  ausgedrückt  zu  be- 
rechnen. 

Ist 

/  =  —  und  w  «  s  , 

to  'l 

wo  E  die  electromotorische  Kraft, 

*  die  Stromintensität, 

ir  den  Widerstand, 

/  die  Länge  in  Metern  und 

tj  den  Querschnitt 
der  untersuchten  Platte  in  Quadratmillimetern,  s  aber  den 
speeihschen  Leitungswiderstand  des  Körpers  bedeuten,  so  er- 
gibt sich: 

7  E 


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662 


K.  Schreber. 


und  das  specifische  Leitungsvermögen: 


Die  zu  dieser  Berechnung  benutzten  Maximalwerthe  aus 
den  Tabellen  für  Glimmer  ergaben  resp.x=  1 . 10~15;  x  =  0,9. 10-15: 
x  =  12.10-". 

Für  Glas  fand  sich  als  höchstes  speeifisches  Leitungsver- 
mögen: x=  196. 10-16. 

Hiernach  wäre  das  letztere  (abgesehen  von  den  verschie- 
denen Dicken  der  benuteten  Platten)  mindestens  17  mal  so 
gross,  als  das  des  Glimmers. 


Hier  mögen  die  Ergebnisse  der  Versuche,  die,  wie  schon 
oben  gesagt,  und  wie  sich  aus  der  Arbeit  selbst  ergibt,  keines- 
wegs erschöpfend  behandelt  sind,  noch  einmal  ihren  Platz 
finden. 

/.  Parallel  den  Spaltung sßächen  geschnittener  Glimmer  theilt 
mit  dem  Glase  die  Eigenschaft,  bei  ansteigender  Temperatur  für 
den  electrischen  Strom  mehr  uwl  mehr  leitend  zu  trerden.  Nach 
Erreichung  eines  Maximahcertlies  nimmt  seine  Leitungsfähigkeit 
ab  und  wird  bei  einer  gewissen  hohen  Temperatur  verschwin- 
dend klein. 

2.  Vergleichung  von  Glimmer  und  Glas  zeigt,  dass  erstercr 
stets,  auch  bei  hoher  Temperatur,  der  bessere  Isolator  von 
beiden  ist. 

Magdeburg,  im  December  1888. 


V.    Ueber  die  electroniotorischeu  Kräfte  dünner 
Schichten  von  Superoxydhydraten; 
von  K.  Schreber, 

(Inauguraldissertation,  fur  die  Annaleu  bearbeitet  vom  Verfasser.) 

(Biers«  Tat  VIII  Flg.  6.* 
I. 

Von  grossem  Interesse  für  die  Molecularphvsik  ist  die 
Bestimmung  der  Grenzdicke  einer  dünnen  Schicht,  d.  h.  die 
kleinste  Dicke  derselben,  bei  welcher  sie  sich  noch  in  ihren 


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Electro  motorische  Kräfte  dünner  Superoxydschichten.  663 


Wirkungen  ebenso  verhält,  wie  eine  Schicht  von  beliebig 
grösserer  Dicke.  Je  nach  der  Wirkung,  welche  man  zur 
Messung  heranzieht,  scheinen  diese  Grenzdicken  sehr  verschie- 
den auszufallen. 

Für  Oapillarerscheinungen  liegt  die  Grenzdicke  nach 
Plateau,  Quincke,  ferner  nach  Keinold  und  Küter  unge- 
fähr bei  50  fifi  (Milliontelmilliuieter). 

Für  electromotorische  Wirkungen  wurde  dieselbe  von 
Oberbeck  zu  1  his  3  /up  bestimmt. 

Für  optische  Wirkungen  (Phasenänderungen  des  Lichtes 
an  dünnen  Silberschichten)  fand  AViener1)  ungefähr  4  up. 
Ausführlichere  Angaben  über  die  Literatur  dieses  Gegenstandes 
sind  in  Abschnitt  I  meiner  Dissertation  enthalten. 

II. 

Im  Anschluss  an  die  Arbeit  von  Oberbeck2):  .,Ueber 
die  electromotorischen  Kräfte  dünner  Schichten  und  ihre  Be- 
ziehungen zur  Molecularphysik",  stellte  ich  mir  die  Aufgabe, 
die  electromotorischen  Kräfte  dünner  Schichten  der  electroly- 
tisch  leicht  zu  erhaltenden  Superoxyde  von  Mangan,  Blei  uud 
Wismuth  zu  untersuchen,  um  vielleicht  eine  Abhängigkeit  des 
Bereichs  der  Molecularkräfte  von  der  Art  der  Zusammensetzung 
aus  mehr  oder  weniger  vielen  Atomen  zu  constatiren.  Diese 
Verbindungen  haben  vor  den  Metallen  gleichzeitig  den  Vorzug 
der  leichteren  Behandlung,  da  sie,  ohne  verändert  werden  zu 
können,  mit  Luft  in  Berührung  kommen  dürfen,  und  lassen 
auch  aus  ihren  Farben  leicht  erkennen,  ob  die  Belegung  hin- 
reichend gleichmässig  vertheilt  ist  auf  dem  Platin  oder  nicht. 
Ferner  war  nicht  zu  befürchten,  dass  sie  sich,  wie  die  Metalle 
bei  der  Untersuchung  Oberbeck's,  während  der  zur  Bestim- 
mung der  electromotorischen  Kraft  nöthigen  Zeit  freiwillig  in 
der  trotz  aller  Vorsicht  dennoch  niemals  absolut  neutral  zu 
erhaltenden  Salzlösung  auflösten. 

Meine  Versuchsanordnung  war  die  folgende:  Ks  wurden 
in  ein  Gefäss,  welches  die  zur  Electrolyse  bestimmte  Flüssig- 
keit enthielt,  als  Anode  eine  mit  aller  Vorsicht  gereinigte 


1)  Wiener,  Wied.  Ann.  31.  p.  669.  1887, 
2i  OberUeck,  Wied.  Ann.  31.  p.  837.  1*87. 


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♦  ,       A*.  Schreber, 


Platinplatte  und  als  Kathode  auf  beiden  Seiten  derselben  je 
ein  Metallstreilen  eingehängt,  welcher,  um  eine  möglichst  gleich- 
massig dicke  Superoxydhydratschicht  auf  der  Platinplatte  zu 
erzielen,  etwa  !/3  der  Breite  derselben  besass  und  auch  etwas 
weniger  tief  in  die  Flüssigkeiten  eintauchte.  Durch  ein  gleich- 
zeitig in  den  Strom  eingeschaltetes  Amperemeter  von  Edel- 
mann und  einen  Stöpselrheostaten  von  Siemens  war  es  leicht 
möglich,  die  Intensität  des  Stromes  constant  auf  derselben 
Höhe  zu  erhalten. 

Die  electromotorische  Kraft  der  so  erhaltenen  Superoxyd- 
hydratschicht  gegen  möglichst  gereinigte  Platinplatten  bestimmte 
ich  mit  Hilfe  der  Compensationsmethode.  Die  bekannte  elec- 
tromotorische Kraft  lieferten  zwei  Daniell'sche  Eleroeute, 
neben  deuen  sich  stets  ein  Widerstand  von  3000  S.-E.  befand. 
Den  zu  verändernden  Zweigwiderstand  bildete  ein  Stöpsel- 
rheostat  von  Siemens.  Da  das  Galvanometer,  welches  sich 
neben  dem  zu  untersuchenden  Element  in  demselben  Strom- 
kreis  befand,  einen  sehr  grossen  Widerstand,  ungefähr  6000 
S.-E.,  hatte,  so  war  das  Entstehen  stärkerer  Ströme  überhaupt  aus- 
geschlossen, und  die  Compensation  gelang  daher  immer  sofort 
und  sicher. 

Bezeichnet  man  den  Zweigwiderstand  mit  »r,  so  ist  bekannt- 
lich nach  dieser  Methode,  wenn  man  gegen  die  3000  S.-E. 
sowohl  den  Widerstand  der  beiden  Elemente  als  auch  den 
der  ziemlich  dicken,  kurzen,  kupferneu  Zuleitungsdrähte  ver- 
nachlässigt: 

E  =  SOOoV  «  ' 2D 

Die  einzelnen  Versuche  verliefen  durchweg  folgeuder- 
masseu.  Es  wurden  die  Platinplatten  in  Salzsäure  chemisch 
gereinigt,  mit  destillirtem  Wasser  abgespült,  zwischen  Fliess- 
papier getrocknet  und  endlich  in  einem  Gebläse  tüchtig  aus- 
geglüht. 

Regelmässig  überzeugte  ich  mich  von  der  Homogenität 
der  Oberfläche,  die  häufig  durch  das  Trocknen  zwischen  Fliesa- 
papier oder  auch,  sobald  dieses  nicht  genügend  geschehen  war, 
durch  das  Ausglühen  gestört  wurde,  durch  Beobachten  der 
Hauchbilder  und  setzte  dieses  Reinigungsverfahren  fort  so 
lange,  bis  ich  auf  der  ganzen  Oberfläche  einen  gleichmäßigen 


ElectrunioturUcke  Kräfte  dÜM^e^^^^^'^tbiJßtläni.  tiü5 

Hauchbeschlag  erzielte.  Waren  die  Platten  drei-  bis  viermal 
benutzt  worden,  so  mitersuchte  ich  auf  electrischein  Wege,  ob 
ihre  Oberflächen  vollständig  rein  seien,  indem  ich  ihre  electro- 
motorische  Kraft  ebenso  bestimmte,  als  ob  sie  mit  einem  Nie- 
derschlag bedeckt  gewesen  wären.  Da  Compensation  meist 
schon  ohne  Einschalten  von  Zweigwiderständen  eintrat,  so  hielt 
ich  diese  Methode  der  Reinigung  für  meine  Untersuchungen 
für  vollständig  ausreichend. 

Eine  so  gereinigte  Platinplatte  wurde  in  das  zur  Electro- 
lyse bestimmte  Gefass  gehängt  und  dem  Strome,  der  meistens 
auf  ein  Milliampere  gehalten  wurde,  die  beabsichtigte  Zeit,  die 
zwischen  1  und  90  Minuten  schwankte,  ausgesetzt.  Um  einen 
solchen  Strom  diese  Zeit  hindurch  zu  erhalten,  genügten  ge- 
wöhnlich zwei  Daniell'sche  Elemente;  es  konnte  dann  noch 
immer  ein  Widerstand  bis  zu  1000  S.-E.  eingeschaltet  werden, 
der  verändert  wurde,  wenn  die  Elemente  nicht  constant  blieben, 
oder  die  Polarisation  der  electrolytischen  Zelle  grösser  oder 
kleiner  wurde. 

War  die  Electrolyse  die  gewünschte  Zeit  vor  sich  gegangen, 
so  wurde  der  Strom  unterbrochen,  der  Niederschlag  vorsichtig 
mit  destillirtem  Wasser  abgespült  und  bei  gewöhnlicher  Tem- 
peratur über  Chlorcalcium  getrocknet.  Die  so  vorbereitete 
Superoxydhydratschicht  wurde  dann  zur  Bestimmung  ihrer 
electromotorischeu  Kraft  in  ein  Gefäss  gebracht  voll  destillirten 
Wassers,  das  durch  einen  geringen  Zusatz  der  zur  Electrolyse 
benutzten  Lösung  leitend  gemacht  worden  war  und  für  die 
ganze  Versuchsreihe  des  betreffenden  Superoxides  aufbewahrt 
blieb.  Die  zur  Compensation  nöthigen  Zweigwiderstände  wurden 
von  fünf  zu  fünf  Minuten  notirt,  bis  die  electromotorische  Kraft 
der  einzelnen  Platte  eiuen  constanten  Werth  erhalten  hatte, 
was  nach  ein  bis  zwei  Stunden  eintrat.  Ein  Beispiel  für  den 
Verlauf  während  dieser  Zeit  möge  die  folgende  Keihe  geben: 

Tabelle  1. 


/  0  5  lü  15  20  25  30  35  40  45  50 

it  J94  441  41H  386  3S3  373  370  356  355  353  850 

(  bb  60  65  70  75  SO  bb  90  95  100  105 

,r  347  344  340  339  340  337  332  327  321  31h  Ml  4 

t  110  115  120 

tr  314  314  314 


606 


K.  Svhuhrr. 


Iii. 

Wie  schon  oben  erwähnt,  benutzte  ich  zu  meinen  Unter- 
suchungen die  Superoxydhydrate  von  Hangen,  Blei  und 
Wismuth.  Die  beiden  letzteren  erhielt  ich  aus  weinsauren 
Alkalidoppelsalzen,  das  erstere  aus  dem  schwefelsauren  Salz. 
Das  weinsaure  Wismuthoxydnatron  stellte  ich  genau  auf  dem 
von  Wernicke1)  vorgeschlagenen  Wege  her;  das  weinsaure 
Bleioxydkali  dagegen  auf  einem  etwas  abweichenden,  indem 
ich  aus  dem  essigsauren  Salz  das  Blei  durch  AVeinsäure  aus- 
fällte und  danu  den  Niederschlag  iu  Kalilauge  vorsichtig 
auflöste,  um  einen  Ueberschuss  derselben  zu  vermeiden. 

Aus  mehreren  von  mir  angestellten  Versuchen  über  das 
Gewicht  des  erhaltenen  Niederschlages  war  es  mir  nicht 
möglich,  die  von  Wernicke  gegebene  Formel  über  den 
Wassergehalt  der  Superoxyde  zu  bestätigen.  Da  die  zur 
Aufnahme  der  Superoxydhydrate  bestimmten  Platinplatten 
durchschnittlich  eine  in  die  Flüssigkeit  tauchende  Fläche  von 
2.70.35  qmm  hatten,  so  darf  man  annehmen,  dass  bei  der 
dadurch  hervorgerufenen  geringen  Stromdichte  aller  ausge- 
schiedene Sauerstoff  zur  Bildung  des  Superoxydes  verwendet 
wird.  Man  erhält  dann  nach  den  von  Kohl  rausch5)  ge- 
gebenen Zahlen  folgende  Rechnung: 

Es  scheidet  ab: 

1  Ampere  in  1"       1,118  mg  Ag.  also: 
1  Milliampere  in  1' :  Ä         983  mS  0 

und  diese  bilden: 

0,004 993- ^  =  0,0481  mg  Mu(OH)t 

oder: 

0,004  983  •  1014;4  =  0,0326  mg  MnO,.H,0. 

1  o  * 

Ebenso  würden  die  ausgeschiedenen  0.004  983  mg  Sauer- 
stoff ergeben: 

0,0854  mg  Pb(OH),  oder  0,0798  mg  Pb02,H20 
0,0866  mg  Bi(OH),     „     0,0811  mg  BiO„H*0. 

1»  Wernicke,  Pugg.  Aim.  141.  109— 128.  1x70. 

2)  Kohlrtiuscti.  Leitt.  d.  prakt.  Physik.  1884.  \*.  346. 


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Electromotor ische  Kräfte  dünner  Svperorydschichten.  667 


Nun  zeigten  aber  die  von  mir  gewogenen  Niederschläge 
folgendes  Gewicht. 

Tabelle  ». 

a)  Maiigausuperoxydhydrar. 


 \    ber.  nach 

gefunden  |  Mn0j  H  0 


14,5 

13,3 
13,0 
12,3 
7,7 
7,6 

7,1 
6,9 
6.1 

6,0 


12,74 
10,76 
11,74 
10,76 
5,87 
5,87 
5,87 
5,87 
4,30 
4,30 


Differenz 

+  2,76 
+  2,54 
+  1,26 
+  1,54 
+  1,83 
+  1,73 
+  1,23 
+  1,03 
+  1,80 
+  1,70 


ber.  nach 
Mn(OH)4 

13,72 
12,58 
13,72 
12,58 
6,86 
6,86 
6,86 
6,86 
5,03 
5,08 


Differenz 

+  0,78 
+0,72 
-0.72 
-0,28 
+0,84 
+  0,74 
+0.24 
+0,04 
+  1,07 
+  0,97 


bl  Bleisuperoxydhydrat. 


gefunden 

31,4 
21,1 
20,7 
20,3 
20,0 


ber.  nach 
PbO„HaO 

28,73 
19,16 
19,16 
19,16 
19,16 


Differenz 

+  2,67 
+  1,94 
+  1.54 
+  1,14 
+  0.84 


ber.  nach 
Pb(OH), 

30.74 
20,49 
20,49 
20,49 
20,4!* 


Differenz 

+  0,66 
+0,61 
+  0,21 
-0.19 
-0,49 


Hiernach  schliessen  sich  die  Formeln  MOs  +  2H20  den 
Versuchen  besser  an,  als  diejenigen  mit  lfl2Ö  und  wurden 
daher  erstere  zu  den  späteren  Berechnungen  benutzt. 

Die  Gewichte  des  electrolytisch  ausgeschiedenen  Wismuth- 
superoxyds  waren  dagegen  stets  viel  kleiner  (etwa  ein  Zehntel) 
als  die  berechneten  Werthe.  Dieses  Metall  konnte  daher  für 
die  beabsichtigten  Versuche  nicht  benutzt  werden. 


IV. 

Ich  gehe  nun  dazu  über,  die  Resultate  meiner  Unter- 
suchungen zusammenzustellen. 

Es  bedeutet  in  den  folgenden  Tabellen: 

M  die  auf  der  Flächeneinheit  niedergeschlagene  Menge, 
berechnet  nach  der  Formel: 


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A'.  Sckreber. 


wo  7  die  oben  schon  angegebene  in  1  Minute  durch  1  Milli- 
ampere erhaltene  Menge  der  einzelnen  Verbindung  ist; 

i  die  Intensität  des  benutzten  Stromes  in  Milliampere; 

t  die  Dauer  der  Electrolyse  in  Minuten; 

2.a.6  die  eingetauchte  Oberdäche  der  zur  Electrolyse 
benutzten  Platte  in  qmm. 

d  die  Dicke  der  erhaltenen  Schicht  unter  der  Voraus- 
setzung,  dass  das  spec.  Gew.  (*)  nach  Wernicke  für  die  be- 
treffende Dicke  richtig  bleibe: 


# 

E  die  electromotorische  Kraft  in  Tausendstel  Daniell. 

a)  Mn(OH)r 

Die  Kathodenstreifen  bestanden  bei  der  Electrolyse  des 
Mangansalzes  aus  Messing,  auf  dem  sich  das  Mangan  in 
glänzend  schwarzer,  ziemlich  gleichmässig  vertheilter  Schicht 
niederschlug.  Wie  gewöhnlich  bei  der  Electrolyse  von  Mangan- 
verbindungen beobachtet  wird,  so  schied  sich  auch  hier  bei 
längerer  Dauer  derselben  Wasserstoffgas  ab,  das  eine  so  starke 
electromotorische  Gegenkraft  hervorrief;  dass  die  von  mir 
benutzten  zwei  Elemente  zu  schwach  waren  und  ich  sie  bei 
den  dicksten  Schichten  bis  auf  vier  vermehren  musste. 


Tabelle  3. 


Af.  lo 

•  d 

E 

M .  lo 

*  d 

E 

M.  10 

*  d 

E 

1,9 

0,74 

33 

103 

42,21 

220 

495 

191,97 

ly3 

3,8 

1.49 

42 

112 

47,35 

314 

504 

195,42 

190 

5,0 

1,93 

46 

124 

48,09 

314 

529 

205,20 

187 

5,5 

2,15 

48 

166 

64,16 

292 

588 

227,99 

179 

6,2 

2.38 

182 

214 

82,74 

273 

681 

263,82 

174 

8,7 

3,36 

189 

259 

100,50 

263 

691 

268,01 

176 

9,6 

3,71 

190 

340 

131,91 

235 

793 

283,51 

173 

16,7 

6,94 

206 

351 

136,16 

233 

945 

366,42 

174 

35,5 

13,68 

214 

391 

151,37 

210 

1067 

413,62 

174 

53,6 

20,76 

219 

420 

1 62,35 

201 

1090 

422,33 

174 

73,3 

28,41 

214 

432 

167,51 

199 

1146 

444,30 

174 

97,5 

37,80 

222 

Diese  Zahlen  finden  sich  auf  Fig.  4  in  Curve  I  dar- 
gestellt, als  Ordinate  dient  die  electromotorische  Kraft  üi 
Tausendstel  Daniell,  als  Abscisse  die  Dicke  der  Schicht  in  ,uu. 

Aus  dem  Verlauf  der  Curve  ergibt  sich,  dass  die  elec- 
tromotorische Kraft  des  Elementes: 


Electromotorirche  Kräße  dünner  buperorydschichten.  669 


Pt  |  H20  |  Mn(OH)t  =  0,17  Dan. 

ist,  wenn  die  Dicke  der  Superoxydhydratschicht  eine  gewisse 
Grenze  überschreitet.  Nehmen  wir  an,  dass  das  spec.  Gew. 
der  von  uns  betrachteten  dünnen  Schichten  dasselbe  ist,  wie 
das  von  Wernicke  gefundene,  nämlich  2,58,  so  ist  die  Dicke, 
oberhalb  deren  die  electromotorische  Kraft  jenen  constanten 
Werth  hat,  ungefähr  gleich  250  u  u.  Lässt  man  die  Schichten 
dünner  werden,  so  zeigt  sich  das  überraschende  Resultat,  dass 
die  electromotorische  Kraft  grösser  wird,  bis  sie  bei  einer 
Dicke  von  47  wju,  wenn  wir  annehmen,  dass  die  Belegung 
noch  immer  dieselbe  chemische  Zusammensetzung  und  dieselbe 
Dichte  hat,  ihren  grössten  Werth  0.314  Dan.  erreicht.  Von 
diesem  fällt  sie  plötzlich  auf  0,22  Dan.  und  bleibt  auf  einem 
diesem  benachbarten  Wege  constant  bis,  noch  immer  unter 
derselben  Voraussetzung,  zu  einer  Dicke  von  2,3  pi*.  Hier 
fällt  sie  von  neuem  plötzlich  bis  auf  einen  Werth  in  der 
Nähe  von  0,04,  auf  dem  sie  blieb,  soweit  ich  meine  Unter- 
suchung ausdehnte. 

b)  Pb(OH)r 

Als  Kathoden  streifen  wurden  bei  der  Electrolyse  des 
Bleisalzes  Bleistücke,  welche  in  die  passende  Form  gehämmert 
waren,  benutzt.  Das  Blei  schied  sich  auf  ihnen  in  kleinen 
krystallinen  Schüppchen  ab,  ohne  jegliche  Wasserstoffpolari- 
sation, sodass  nie  mehr  als  zwei  DanielPsche  Elemente  nöthig 
wurden.  Besondere  Aufmerksamkeit  verlangte  in  diesem  Falle 
<lie  Reinigung,  da  das  Platin  nicht  früher  ausgeglüht  werden 
darf,  ehe  sich  nicht  das  sofort  entstehende  Chlorblei  im  Ueber- 
schuss  der  Säure  vollständig  aufgelöst  hat.  Es  würde  sich 
sonst  leicht  eine  Legirung  von  Platin  und  Blei  gebildet  haben 
und  somit  das  Platinblech  unbrauchbar  geworden  sein. 


M .  10*  d  E 

13,7  1,51  0 

15,4  1,71  «,6 

23,1  2.55  64 

30.7  3,32  98 

36.8  4,04  110 
48,6  4,82  162 

117,9  13,03  1«:» 

122,1  13.49  15« 


Tabelle  4. 

M .  10«     d  E 

174.2  19,25  164 

187.8  20,75  162 

292.9  32,87  165 

332.3  86,72  198 

365.5  40,39  215 

382.6  42,29  221 
485,8  53.65  23  ♦ 
590,1  65,24  -J43 


M  .  10"  d  E 

642,2  71,00  262 

697,7  77,14  262 

1046.2  115,66  263 

1089.7  120,48  260 
1298,9  143,05  265 

1574.8  171,10  266 
1783,1  179.14  266 

2121.3  234,00  26« 


A'.  Schreöer. 


Diese  Zahlen  sind  in  Kurve  II  mit  denselben  Koordi- 
naten dargestellt. 

Es  hat  sich  also  ergeben: 

Pt  |  flaO  |  Pb(OH)4  =  0,2öD. 

Der  Grenzwerth  der  Dicke,  oberhalb  dessen  jede  Schicht 
ebenso  wirkt,  wie  eine  beliebig  dicke  Platte,  liegt,  unter  der 
Voraussetzung,  dass  das  spez.  Gewicht  9,045  ist,  ungefähr  bei 
71  uu.  Wird  die  Schicht  dünner,  so  nimmt  die  electro- 
motorische  Kraft,  statt  wie  beim  Mangansuperoxydhydrat  zu, 
hier  sehr  allmählich  ab,  bis  sie  bei  einer  Dicke  von  40/iu, 
wieder  unter  denselben  Vorraussetzungen,  die  schon  beim 
Mangan  gemacht  wurden,  den  Werth  0,22 D  erreicht  hat  Von 
hier  fällt  sie  viel  schneller  bis  auf  0,1 7 D  bei  33m«,  auf  wel- 
chem Werth  sie  sich  längere  Zeit  constant  hält.  Bei  einer 
Dicke  der  Schicht  von  4,8 p/t  fällt  sie  zum  zweiten  mal  ganz 
plötzlich,  und  zwar  gleich  bis  auf  0,  welchen  Werth  sie  schon 
bei  l,5ju/i  erreicht. 

Eine  mit  Wisinuthsuperoxyd  angestellte  Versuchsreihe 
zeigte  zwar  einen  ähnlichen  Verlauf,  konnte  aber  aus  dem 
oben  angegebenen  Grunde  zu  einer  weiteren  Berechnung  nicht 
benutzt  werden. 

V. 

Wenn  man  aus  den  mitgetheilten  Versuchen  die  Grenz- 
dicken in  dem  anfangs  definirten  Sinne  angeben  will,  so  müssen 
diejenigen  Werthe  genommen  werden,  bei  welchen  der  letzte 
und  bedeutendste  Abfall  der  electromotorischen  Kraft  statt- 
findet, also: 

für  Mn(OH)t:2.3  w/w 
„  Pb  (Ofl)4 : 4,8  ««. 

Dieselben  stehen  den  von  Oberbeck  gefundenen: 

Zn:2,65,  Cd:  1,73,  Cu:0,63 

sehr  nahe  und  zeigen,  dass  sich  zusammengesetzte  Atomgruppen 
in  der  hier  untersuchten  Beziehung  nicht  wesentlich  von  Ele- 
menten unterscheiden. 

Dagegen  verhalten  sich  erstere  anders  als  letztere,  wenn 
die  Schichten  eine  etwas  grössere  Dicke  besitzen.  Die  merk- 
würdigen Aenderungen,  welche  die  electromotorische  Kraft  als 


Llectromutorische  Kräfte  dünner  Superoxydschichten.      t>7 1 


Function  der  Dicke  erfährt  —  Aenderungen,  welche  noch  bei 
J  300  min  nachzuweisen  sind  — ,  wird  man  der  Wirkung  der 
Molecu larkriifte  im  eigentlichen  Sinne  nicht  zuzuschreiben 
haben.  Wahrscheinlich  handelt  es  sich  dabei  um  Unter- 
schiede in  der  chemischen  Zusammensetzung  der  ausge- 
schiedenen Schicht,  vielleicht  um  einen  veränderten  Wasser- 
gehalt der  Superoxyde,  sodass  etwa  bei  Dicken,  die  zwischen 
den  beiden  Discontinuitäten  liegen,  die  Superoxyde  wasserfrei 
ausgeschieden  werden.  Ferner  scheint  ein  langsames  Eindringen 
der  Flüssigkeit  in  die  dünne  Schicht  der  Superoxyde  statt- 
zufinden. 

Hierauf  deuten  die  langandauernden  Veränderungen  (Tab.  1 ) 
hin,  welche  die  electromotorische  Kraft  nach  dem  Eintauchen 
erfährt. 

VI 

Zum  Schluss  mag  noch  erwähnt  werden,  dass  die  dickeren 
Schichten  die  Farben  der  dünnen  Blättchen  in  bekannter 
Weise  zeigten,  und  dass  bis  zu  Dicken  von  etwa  150  up  die 
Färbung  über  die  ganze  Platte  dieselbe  war.  Erst  bei  grösserer 
Dicke  traten  am  unteren  Rande  Streifen  von  etwas  anderer 
Färbuug  auf.  Bei  geringer  Dicke  war  die  letzte,  noch  zu  be- 
obachtende Färbung  schwach  gelblich  und  hörte  bei  einer 
Dicke  auf  sichtbar  zu  sein,  welche  etwas  über  der  Grenzdicke 
des  letzten  starken  Abfalls  der  electromotorischen  Kraft  lag. 

Physik.  Instit.  d.  Univ.  Greifswald,  December  1888.' 


VI.  Zur  Theorie  der  maynetelectrtechen  Induction ; 
von  H.  Lorberg  in  Strassbury. 

§  1.  Zu  den  verschiedeneu  Theorien  der  Induction  durch 
Drehung  eines  Magnets  gegen  einen  Leiter  oder  umgekehrt 
ist  in  neuerer  Zeit  noch  eine  von  Edlund  aufgestellte  hiuzu- 
getreteu,  welche  Anlass  zu  einer  ausgedehnten  Polemik  zwischen 
diesem  und  Herrn  Hoppe  gegeben  hat.    Hoppe1)  hat  den 

n  Hoppe,  Wied.  Ann.  2S.  p.  498.  1886.  und  20.  p.  544.  18*0. 
Wied.  Ann.  32.  p.  297.  1887. 


672 


//.  Ijorbertj. 


bekannten  PI  Ocker sehen  Versuch  wiederholt,  bei  welchem 
ein  Magnet  —  er  nahm  einen  Hohlcylinder  —  um  seine  Axe 
rotirt  und  die  Enden  des  ruhenden  Leitungsdrahtes  auf  zwei 
an  dem  Magnet  befestigten  Scheiben  schleifen,  und  hat  die- 
selben, mit  der  aus  dem  Web  er 'sehen  Grundgesetz  abgeleiteten 
Theorie  übereinstimmenden  Resultate  gefunden  wie  frühere 
Beobachter;  er  hat  hierin  einen  Beweis  gegen  die  Theorie 
von  Edlund  sehen  zu  dürfen  geglaubt,  indem  er  aus  einer 
von  ihm  angestellten  Rechnung  schliesst,  dass  letztere  einen 
Strom  von  entgegengesetzter  Richtung,  als  ihn  die  Versuche 
ergaben,  liefern  würde.  Die  Richtigkeit  dieser  Rechnung  hat 
Edlund1)  mit  Recht  bestritten;  dass  aber  auch  seine  Theorie 
mit  den  Beobachtungsresultaten  übereinstimmt,  behauptet  er 
ohne  genügenden  Nachweis,  indem  er  nur  auf  die  von  Hoppe 
vernachlässigte  Induction  in  der  Axe  des  Magnets  aufmerk- 
sam macht  Eine  ausführlichere  Auseinandersetzung  seiner 
Theorie  hat  er  an  einem  anderen  Ort  gegeben  ;*)  die  dort  ge- 
führten Rechnungen  sind  aber  höchst  ungi*ündlich,  sie  berück- 
sichtigen ausserdem  nur  einzelne  Theile  der  Induction,  und  es 
werden  verschiedene  unrichtigeBehauptungen  aufgestellt,  z.  B.  die, 
dass,  wenn  der  Magnet  allein  rotirt,  die  erzeugte  electromo- 
tori8che  Kraft  nur  annähernd  =  o  sei.  Ich  werde  im  Folgen- 
den nachweisen,  dass  sämmtliche  bisher  aufgestellte  Inductions- 
gesetze  (Weber,  Edlund,  Clausius.  Maxwell,  Riemann) 
genau,  zu  demselben  Werth  für  die  electromotorische  Kraft 
führen,  welche  entsteht,  wenn  ein  Magnet  und  ein  ungeschlosse- 
ner Leiter  miteinander  oder  einzeln  um  die  Axe  des  Mag- 
nets rotiren;  obwohl  dies  für  einen  besonderen  Fall  und  fur 
das  Weber'sche.  Clausius' sehe  und  Riemanirsche  Iuduc- 
tionsgesetz  schon  von  Budde3)  bewiesen  worden  ist,  und  ich 
selbst  schon  viel  früher  den  von  Budde  untersuchten  Fall  für 
das  Clausius'sche  Inductionsgesctz  behandelt  habe'),  so  will 

l)  Edlund.  Wird.  Ann.  2«.  p.  420.  1*86.  Wied.  Ann.  :*0.  p.  <>M. 

ISST. 

2i  Edlund.  Phil.  Mag.  189T.  lh)  24.  p.  401.  ISsT. 
3»  Budde,  Wied.  Ann.  30.  p.  P.58  1887. 


aus  dem  C  lau  einstellen  Grundgesetz  der  Electrodynaniik".  Wied.  Aim. 
Erg:iuzung*l>d.  S.  p.  5i»0.  1ST9.  (Ich  habe  allerdings  dort,  wo  es  mir  auf 


1  )  L  orbf  rg. 


MagneteUctriiche  Induction. 


673 


ich  doch  der  Vollständigkeit  halber  auch  diesen  Fall  in  den 
allgemeinen  Beweis  einschliessen. 

§  2.  Ich  stelle  zunächst  die  verschiedenen  Inductionsge- 
setze  zusammen.  Nach  allen  ist  die  electromotorische  Kraft, 
welche  entsteht,  wenn  ein  Inducent  und  ein  Leiterpunkt  sich 
gleichzeitig  irgendwie  bewegen,  gleich  der  Summe  aus  der- 
jenigen, welche  in  dem  ruhenden  Leiterpunkt  durch  den  be- 
wegten Inducenten  entsteht,  und  derjenigen,  welche  durch  den 
ruhenden  Inducenten  in  dem  bewegten  Leiterpunkt  erzeugt 
wird.  Es  mögen  SjtU  und  S>jdt  zeitliche  DüTerentialquotienten 
bezeichnen,  welche  sich  auf  die  Bewegung  eines  Leiterpunkte 
(xyz)  und  eines  Punktes  (x'y'z)  des  geschlossenen  Inducenten 
beziehen;  es  seien  die  Componenten  einer  für  alle  Punkte 
des  Leiters  gemeinschaftlichen  Verschiebung,  {aßy)  die  Com- 
ponenten einer  gemeinschaftlichen  Drehung  um  die  Coordinaten- 
axen,  sodass  die  Geschwindigkeitscomponenten  des  Leiter- 
punktes sind: 

lU  =  s  +  «y  -  ß*> 

analog  öx'jdt  etc.  für  den  Punkt  {x'y'z)  des  Inducenten.  Wir 
setzen  die  Componenten  des  Vector  potentials  des  Magnetfeldes: 

Ft  =  i'J  y      ds  ferner: 

(3)  »- +  f,%  +  , 

und  bezeichnen  mit  X,  V,  Z  die  Componenten  der  durch  Be- 
wegung des  Leiterpunktes  bei  ruhendem  Inducenten  erzeugten 
electromotori8chen  Kraft,  mit  X\  Y',  7!  die  der  durch  Be- 
wegung des  Inducenten  bei  ruhendem  Leiter  inducirten. 


das  Unterscheidende  der  Clausius'scben  und  der  Weber'schen 
Theorie  ankam,  nur  die  Induction  in  einem  mit  dem  Magnet  fest  ver- 
bundenen Körper  untersucht.) 

Aon.  d.  Pbyi.  u.  Cb«n!e.  N.  F.  XXXVI.  43 


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H.  Lorberg. 


a)  Nach  dem  Web  ergehen  Grundgesetz  ist: 
Aw~  'J^ldtXr  di  dx)~  dx\r  ds  di  j 


(4) 


1  dr  (  d  Ör 

+  757  [ 


dh\ 


Ö  drY]  öFz  dtp 

dt  dx)\  *~  '      dt       dx  + 


wo: 


rf*  rfy  '  Ü=*  dx  ~~    d:  > 

die  Componenten  der  Magnetkraft  des  Inducenten  bezeichnen. 
Ferner: 

(4.)  JL=.jA|^r  rf,^J-4rrfVrf7jr-^  ~rfx> 

wo  xp  sich  auf  diejenige  gedachte  Bewegung  des  Leiterpunktes 
bezieht,  welche  derselbe  haben  würde,  wenn  er  mit  dem  Indu- 
centen fest  verbunden,  also  Örjdt  =  —  S1  rjdt  wäre  (wenn  er  mit 
dem  Inducenten  eine  „gemeinschaftliche  Bewegung"  hätte). 
Bilden  die  zwei  Bewegungen  des  Leiters  und  des  Inducenten 
eine  gemeinschaftliche  Bewegung,  so  ist: 

dT  =  -df+  (ßF>  ~  rF*\ 

also  AV—  —  Xw,  mithin  die  bei  einer  gemeinschaftlichen  Be- 
wegung des  Inducenten  und  des  Leiters  erzeugte  electromo- 
torische  Kraft  Xw  +  AV  =  o.  Aus  (4)  ergibt  sich  fur  die  durch 
Bewegung  des  Leiterelements  ds  inducirte  electromotorische 
Kraft  nach  ds,  wenn  v  dessen  Geschwindigkeit  bezeichnet: 


(4b) 


=  vds  ^(b  cos  vz  —  cos  vy)  ~  +  ...j 


-  -  vKcos(Kv)  =  vKY  co8(KlCU), 

wo  AT  die  ponderomotorische  Kraft  des  Inducenten  auf  das 
vom  Strom  1  durchflossene  Element  ds,  Kx  die  ponderomoto- 
rische Kraft  des  Inducenten  auf  ein  in  der  Richtung  v  ge- 
dachtes Element  ds  bezeichnet. 

b)  Edlund1)  stellt  für  die  electromotorische  Kraft  eines 
ruhenden  Magnetpols  auf  ein  bewegtes  Stromelement  den  We  b  e  r- 

l)  Edlund,  Phil.  Mag.  1.  c.  p.  408. 


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Magnetelectrische  Induction. 


675 


scheu  Ausdruck  (4b)  auf.  Dagegen  die  electromotorische  Kraft 
eines  um  eine  Axe  gedrehten  Magnetpols  auf  ein  ruhendes  Strom- 
element setzt  er1)  gleich  derjenigen,  welche  nach  diesem  Gesetz 
der  ruhende  Pol  auf  den  bewegten  Leiterpunkt  ausüben  würde, 
wenn  man  an  beiden  die  Translationsgeschwindigkeit  des 
Pols  in  entgegengesetztem  Sinne  anbrächte ;  während  man  nach 
dem  Webe  r'schen  Gesetz  beiden  die  Drehungsgeschwindig- 
keit des  Pols  in  entgegengesetztem  Sinne  mittheilen  muss. 
Nach  ihm  ist  also  die  durch  jeden  einzelnen  Pol  p'  eines  ge- 
drehten Magnets  in  einem  ruhenden  Leiterpunkt  inducirte 
electromotorische  Kraft,  wenn  Öxjdt  und  öxjdt  sich  auf  eine 
..gemeinschaftliche  Bewegung"  beider  beziehen,  nach  Gl.  (4) 

+  M5:-X)-«(2?-X-)]-*-+^ 

wo,  da  nach  Gl.  (1): 

dx      fix  dr       a   dr  •  . 

dt' dt  =  "rT»-Prd*  18t> 

qx  =  ar[bTy  +  cdi)-rdic{Pb  +  y 

,  d.  (    dr  ,    Qdr  .      dr\  dll 

=  ^  rA"d*  +  PTs  +  rTz)=  d*' 

Für  ein  magnetisches  Molecül  von  der  Axenrichtung  dv' 
und  dem  Moment  u' dv  ergibt  sich  hieraus: 

,  .  .  d  (    dr  \ 

und  für  einen  Magnet  vom  Volumeneleraent  dr'  und  den 
Componenten  m,',  m9%  mM'  des  magnetischen  Moments  der 
Volumeneinheit : 

p  Ä  («  L  +  ß  dj  +^di)f(    ddi  +  <  %  +  m'ii)  dx- 

Es  ist  also: 

(5)  Xt  =  Xw ,       X,'  —  XJ  +  ^  • 

1)  Edlund,  1.  c.  p.  412. 

43* 


676  H.  Lorberg. 

c)  Nach  C  lau  si  us  ist1)  bei  beliebiger  gleichzeitiger  Be- 
wegung des  Inducenten  und  des  Leiterpunktes  die  electromo- 
torische Kraft: 

Ä-.v^fe^+...)-(Ä+a(^)]. 

also: 

dY  dt  +  dxdt^  dx  dt  dt 

-  -  £ + +    + «£) + ^  - 

mithin  nach  (4)  und  (4a): 

(6)  Xe  =  A'w,       AV=  -        =         ^  • 

d)  Nach  Maxwell2)  ist  die  durch  behebige  gleichzeitige 
Bewegungen  des  Inducenten  und  des  Leiterpunktes  inducirte 
electromotorische  Kraft: 

h*  =  hTt-cTt  -  dt  ~  dx' 

• 

wo  die  Function  *f  unbestimmt  bleibt,  da  Maxwell  den 
Werth  von  Ex  aus  dem  Ausdruck  für  die  ganze  an  einem 
geschlossenen  Stromkreise  inducirte  electromotorische  Kraft 
ableitet  ;  er  nimmt  aber  nachher  V  als  von  der  Bewegung  un- 
abhängig an,  sodass  es  nur  das  electrostatische  Potential  be- 
deuten kann,  welches,  wenn  es  sich  lediglich  um  electrodyna- 
mische  Induction  handelt,  =  0  zu  setzen  ist.  Nach  ihm  ist  also : 


(?) 


d.  h.  seine  Ausdrücke  sind  mit  den  Clausius'schen  identisch. 


1>  Clausius,  Wied.  Ann.  11.  p.  612.  1880. 

2)  Maxwell,  Electr.  and  Magnetism  2.  Aufl.  §  598. 


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Magnetelectrüche  Induction.  677 

e)  Nach  Riemann1)  ist  bei  beliebiger  gleichzeitiger  Be- 
wegung des  Inducenten  und  Leiters: 

*-<*W£j';'(££  +  ...)  also: 
(8)  Xr  —  Xc  =■  XWJ     Xr'=  Xw  +  -J^y  wo: 

.,Cd»  [dx  dx'   ,        \  Cd»  [dz  ( dx      dx'\  , 

X=f-'J  -r{d,äi +  ■■)  =  ']  r  [ä.[dt-  «)+-]' 

oder,  da  nach  Gl.  (1): 

1  (dx      dx'\      adr         dr  .  . 

r[it-  dtrPd,-Y  dl  *t: 

Für  einen  unendlich  kleinen  Strom  von  der  Fläche  da  ,  der 
Axenrichtung  v  und  dem  magnetischen  Moment  i'da^fidv 
ist: 

i'f. r  £  ds=pdv  (cos  {vy)  £  -  cos  (v'z)        ,  also: 
[d,'[adi  +?dy  +y  dz)+  r  («COS*  *  +  ...)], 

mithin  für  einen  Magnet,  dessen  Moment componenten  der 
Volumeneinheit        my',  m,'  sind: 

(8b)     x  =  p  +  2  (  rfr'  +  /} /     rfr'  +  y '  rfr) , 

wo  p  der  Werth  in  GL  5»)  ist. 

f)  Hiernach  lassen  sich  nach  sämmtlichen  Theorien  die 
zwei  electromotorischen  Kräfte  folgendermassen  darstellen: 

(9  X=XW)  A"=AV+^> 

wo  nach  Weber  a  «  o,  nach  Clausius  und  Maxwell  <r=  i^, 
nach  Riemann  <r  =  £,  nach  Edlund  <r  =  p  ist  Bei  einer 
gemeinschaftlichen  Bewegung  des  Inducenten  und  des  Leiters 
entsteht  also  eine  electromotorische  Kraft: 

(9.)  X"=X  +  X'-d£, 

welche  nur  nach  dem  Weber 'sehen  Gesetz  =  o  ist. 


1)  Clausius,  ).  c.  p.  614. 


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678  H.  Lorberg. 

§  3.  Der  Inducent  möge  nun,  entsprechend  dem  bekannten 
Plücker'schen  Versuch,  ein  magnetischer  Rotationskörper  M 
um  die  z-Axe  sein  (z.  B.  ein  massiver  oder  hohler  Cylinder), 
dessen  magnetische  Vertheilung  rings  um  die  Axe  symmetrisch 
ist,  und  welcher  mit  der  Winkelgeschwindigkeit  y  im  Sinne 
des  Uhrzeigers  um  diese  Axe  rotirt;  derselbe  sei  mit  einem 
leitenden  Rotationskörper  a  (dem  „Mantel")  isolirt  verbunden, 
welcher  gemeinschaftlich  mit  ihm  oder  auch  unabhängig  von 
ihm  um  die  Axe  rotiren  kann,  und  auf  welchem  in  zwei 
Punkten  1  und  2  die  Enden  des  ruhenden  Leite  rtheils  b 
schleifen;  der  eine  oder  beide  Punkte  können  auch  auf  M 
selbst  liegen.  Führen  wir  cylindrische  Polarcoordinaten  (p,  z) 
ein  und  zerlegen  das  Vectorpotentiai  des  Magnets  nach  diesen 
Richtungen,  so  ist: 

F,—  F9cos&  —  F*mn&,  F9  -     sin  &  +  F*  cos 

wo  nach  der  Annahme  Fft  Fa,  Fx  von  &  unabhängig  sind. 
Dadurch  wird: 

1  öF  dF 

r  de  =  ii£  =  -F<sin&- F* C08 &  -  - F* • 

also  nach  (4): 

^  dx' 

mithin  nach  (9)  und  (9a): 

(10)  x-£,X -'-<%*>,  2T-%. 

Die  einzelnen  Fälle  des  Plücker'schen  Versuchs  sind  nun 
folgende. 

a)  M+a  rotirt  gemeinschaftlich.  In  einem  Punkt  {xyx) 
des  Körpers  M+a  entsteht  dann  eine  stationäre  Strömung 
mit  den  Componenten  (uow),  und  eine  electrostatische  Ladung 
mit  dem  Potential  ß1);  dabei  ist  im  Innern  von  M  oder  a: 

und  an  der  Oberfläche  von  M  oder  a: 

(b)  «  C08  /.  +  V  C08  jU  +  to  COS  V  es  0, 

wo  (luv)  die  Winkel  der  Normale  mit  den  Coordinatenaxen 
bezeichnen.    Diesen  Gleichungen  zufolge  sind  die  inneren 

1)  Vgl.  Lorberg,  1.  c.  p.  596. 


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Maytietelectrische  Induction. 


679 


Ströme  geschlossen  die  in  dem  bewegten  Punkt  (xyz)  wirkende 
electromotori8che  Kraft,  welche  theils  von  dem  sich  drehenden 
Magnet,  theils  von  den  sich  drehenden  Strömen  (u'v'w)  her- 
rührt, kann  also  nach  Gl.  (10)  durch  dojdx  ausgedrückt  werden. 
Setzen  wir  a—il=H  und  bezeichnen  die  (fiir  M  und  a  ver- 
schiedene) Leitungsfahigkeit  mit  A,  so  ist  nach  den  Kirch- 
hof f 'sehen  Gleichungen : 

LdH         .dH  ,JH 

mithin  nach  den  Gl.  (a)  und  (b) 

im  Inneren  von  M  oder  a :        A  H  -*  0, 

an  der  Oberfläche  von  M  oder  a :  ^  0. 

dN 

Hiernach  ist  das  über  M  oder  a  ausgedehnte  Integral: 

jW*  -  _/[(«)■  +  (*)'+  (-)>  +jV>-* 

d.  h.  /[(^jf)*  + . .  .1     =  0,  also  //  -  Const  -  C,  folglich  Ü = <i  +  C. 

An  den  Enden  1  und  2  von  (b)  entsteht  also  eine  Poten- 
tialdifferenz: 

(C)  Sit  —  ü2  =  <Tj  —  <ra. 

Ferner  ist  die  in  b  direct  durch  den  rotirenden  Magnet 
und  das  rotirende  Stromsystem  in  der  Richtung  von  1  nach  2 
inducirte  electromotorische  Kraft  nach  (10): 

2 

(d)  E,  =  p^-^  +     -  ys> 

1 

wo,  da  ö  nach  den  oben  dafür  angegebenen  Werthen  im  ganzen 

Räume  continuirlich  ist,  ax  nnd  at  dieselben  Werthe  haben 

wie  in  Gl.  (c).   Die  ganze  electromotorische  Kraft  an  dem 

ruhenden  Leitertheil  b  ist  also: 

(11)  E=EX+  i\  -      =  yx  - 

d.  h.  sie  hat  nach  summt  lie  hen  Theorien  denselben  Werth. 

Was  den  Werth  von  xp  betrifft,  so  sind  die  Componenten 
des  Vectorpotentials  eines  Magnets,  dessen  magnetisches 
Moment  der  Volumeinheit  die  Componenten  m'xt  m'9f  m,  be- 
sitzt, in  einem  Punkt  {xyz)  nach  Maxwell1)  (2.  Aufl.  §  404): 

1)  Maxwell,  1.  c. 


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680  H.  Urberg. 

mithin,  wenn  wir  die  magnetischen  Momente  m'f  und  m'*  nach 
den  Bichtungen  q  und  welche  im  vorliegenden  Falle  blosse 
Functionen  von  g'  und  z  sind,  mittelst  der  Gleichungen: 

m'x  =  m \  cos  ft'  —  tu  ,*  sin      m'9  =*  ro'#  siu  i'/'  -f  m',  cos 

einführen: 

V'  =  re  (—  ^*  siu  #  +  Ft  cos  »V) 
=  yg  J  d  r'  ^  m't   ^  cos  »V  +      sin  »9- j  -  ^  (m'x  cos  #  +  w'y  sin  #)j 

=     J  ^'j^m'.^  -  (in't  cos      —      -  w'*sin(#'  -  #))  j. 

also,  da :  J  m«     sin  (*'  -  »)  rfr  =  0   ist : 

(12)     v-reg-J—  -Jr-rvij  r 

Ist  der  Magnet  parallel  der  Axe  magnetisirt,  so  geht 
dieser  Ausdruck  über  in: 

<i2->  7*-p4Jt*' 

und  wenn  man  ihn  als  einen  in  der  Axe  liegenden  Linear- 
magnet mit  dem  Moment  der  Längeneinheit  m't  und  den  in 
den  Punkten  z,  und  z,  befindlichen  Polen  —  u  und  -f  /u  be- 
trachtet, in: 

(I2b)  X-  y>  =  u  [cos  [rz)]*  -  -frf-fr'  rdz, 

wovon  der  erste  Theil  der  in  der  gewöhnlichen  Theorie  des 
Versuchs  angewandte  Ausdruck  ist. 

b)  M  allein  rotirt    Hier  ist  die  directe  Wirkung  in  b: 

also£l=0rf.  =  9,-?1; 

ferner  in  a  oder  M: 
also  nach  dem  Vorigen: 


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MayneUUctrische  Induction. 


G81 


mithin :  E  *=  E,  +     -  Ji,  =  o. 

Daher  erhält  man  denselben  Werth  J?=  -  t.«„  wie  wenn 
M  +  a  gemeinschaftlich  rotirt,  auch  dann,  wenn  AT  und  a  un- 
abhängig voneinander  in  beliebiger  Weise  rotiren  (z.  B.  wenn 
a  allein  rotirt),  da  dann  die  electromotorische  Kraft  in  b  die 
Summe  der  zwei  electromotori9chen  Kräfte  ist,  welche  durch 
eine  gemeinschaftliche  Rotation  von  M  -f-  a  und  durch  eine 
Rotation  von  M  allein  hervorgebracht  werden. 

c)  b  allein  rotirt.    Hier  ist  in  b  nach  Gleichung  (10): 

A'  =  dfx  ,      also  E  =     J  </*  *=  Vj , 

also  ebenso  gross ,  wie  wenn  M  +  a  gemeinschaftlich  oder  a 
allein  mit  derselben  Winkelgeschwindigkeit,  aber  in  entgegen- 
gesetzter Richtung  rotirt  Drehen  sich  also  a  und  b  gemein- 
schaftlich, während  der  Magnet  ruht,  so  ist  E  —  o. 

Dies  sind  die  bekannten  Beobachtungsresultate  bei  dem 
Plücker'schen  Versuch,  welche  sich  somit  nach  sämmtlichen 
Theorien  der  Induction  gleichmässig  erklären. 

§  4.  In  seiner  Theorie  der  Dynamomaselüne  hat  Clausius 
über  die  in  der  Masse  des  Ringes  inducirten  Ströme  ohne  Be- 
weis einen  Satz  aufgestellt,  dessen  Richtigkeit  ich  bestritten 
habe;1)  er  hat  darauf  seinen  Satz  durch  eine  Schlussweise  zu 
begründen  gesucht2),  deren  Unrichtigkeit  auf  Grund  des  Weber'- 
8chen  wie  des  Clausius'schen  Inductionsgesetzes  ich  ebenfalls 
nachgewiesen  zu  haben  glaube.3)  Da  ich  indessen  jetzt  sehe, 
dass  eine  richtige  Schlussweise  auf  Grund  des  Clausius'schen 
Inductionsgesetzes  in  der  That  zu  dem  Clausius'schen  Satze, 
nur  in  abgeänderter  Fassung,  führt,  so  will  ich  diesen  Gegen- 
stand nunmehr  definitiv  erledigen. 

Clausius  sagt4):  „Bei  der  üblichen  Einrichtung,  die  Um- 
wickelung  mit  dem  Eisenkern  fest  zu  verbinden  »sodass  beide  sich 
nur  gemeinsam  bewegen  können,  kann  durch  ihre  Bewegung,  bei 

1)  Lorberg,  Wied.  Ann.  30.  p.  389.  1887. 

2)  Clausius,  Wied  Ann.  81.  p.  302.  1887. 

3)  Lorberg,  Wied.  Ann.  82.  521.  1887.  (Ich  habe  in  diesem  Auf- 
satz  an  Btelle  des  Clausius'schen  Inductionsgesetzes  das  Maxwell'- 
sehe  unter  der  Annahme  V  =  0  gesetzt ;  dasselbe  ist  aber  dann  mit  dem 
Clausius'schen  identisch) 

4)  Clausius,  1.  c.  p.  303. 


682 


//.  Lorbery. 


welcher  sie  zu  einander  in  relativer  Ruhe  bleiben,  keine  induction 
veranlasst  werden,  und  es  bleibt  daher  nur  die  durch 
die  Stroraurakehrungen  bedingte  Inductionswirkung 
übrig.  In  Bezug  auf  die  letztere  habe  ich  gesagt, 
man  könne  nachweisen,  dass  die  in  dem  rotirenden  Eisenkern 
inducirten  electromotorischen  Kräfte  in  dem  Falle,  wo  die 
Umwickelung  an  der  Rotation  theiluimmt  und  zugleich  in 
ihr  jene  Stromumkehruugen  stattfinden,  dieselben  sein  müssen 
wie  in  dem  Falle,  wo  die  Umwickelung  an  der  Rotation  nicht 
theilnimmt,  aber  auch  die  Stromumkehrungen  nicht  stattfinden." 
In  dieser  Form  ist  der  Satz  unrichtig,  und  zwar  gleichmässig 
nach  dem  Clausius'schen,  wie  nach  dem  We herrschen  In- 
duct ion sgesetz,  da  beide  sowohl  für  die  Induction  eines  ruhen- 
den Inducenten  auf  einen  bewegten  Leiter,  als  auch  für  die 
Induction  durch  Intensitätsänderung  dieselben  Ausdrücke  er- 
geben; der  Irrthum  liegt  in  den  gesperrt  gedruckten  Worten. 
Um  die  beiden  von  Clausius  als  gleich  bezeichneten  electro- 
motorischen Kräfte  besser  vergleichen  zu  können,  will  ich  die 
eine  derselben  in  etwas  anderer  Form  aufstellen,  als  ich  es  in 
den  beiden  früheren  Aufsätzen  gethan  habe.  Ich  nehme  die 
Verbindungslinie  der  zwei  Contactpunkte  zur  x-Axe,  die 
Drehungsaxe  zur  z-Axe,  und  bezeichne  mit  {xyz)  oder  in 
Polarcoordinaten  mit  (p  &  z)  die  Coordinaten  eines  Punktes 
des  Ringes,  mit  (x  y'  z)  die  eines  Punktes  einer  Ringwindung, 
mit  +  i  die  Stromstärke  in  der  ersten  Windungshälfte  («V  o 
bis  fr  —  n),  resp.  in  der  zweiten;  der  Strom  möge  bei  fr  =  st 
eintreten,  bei  &  —  o  austreten,  sodass  er,  falls  die  Spirale  über- 
all rechtsgewunden  ist,  in  der  ersten  Windungshälfte  oben  von 
aussen  nach  innen,  in  der  zweiten  von  innen  nach  aussen  geht 
Setzen  wir  ftlr  eine  einzelne  Windung  fr': 


wobei  ds  in  allen  WTindungen  oben  von  aussen  nach  innen 

als  positiv  gerechnet  wird,  und  bezeichnen  mit  F*  und  F" 

die  Werthe  von  Fa  für  &'—  o,  resp.  n,  so  entsteht,  indem 
beim  Ueberschreiten  des  Querschnitts  fr  —  o  der  Strom  einer 
Windung  von  —  i  in  -f  i  übergeht,  eine  electromotorische  Kraft 

—  2*\F%  und  indem   beim  Ueberschreiten  des  Querschnitts 


igraa 


by  C 


Magnetelectrisclie  Induction. 


083 


&  =  *  der  Strom  von  -f-  i  in  —  i  tibergeht,  eine  electromoto- 
rische  Kraft  +  2  iF* ;  der  Mittel werth  der  electromotoriflchen 
Kraft  der  zwei  Stromwechsel  während  eines  Umlaufs  ist  also, 
wenn  h  die  Tourenzahl  bezeichnet,  für  eine  Windung 
=  -  2hi{F°-F^\  und  für  alle  n  Windungen: 

(13)  ÜY'=  -  2nhi(Fx°-  Ff). 

^o  ist,  wenn  wir: 

' '•*)  A=Sfl  M  d''      B  =  Pr  ds  d*  SGtZen ! 

(b)  Fx  =  A  cos  &',     Fv=  A  sin         /;  =  i?,         also : 

(c)  -2nhi(4o  +  A„),  E9"=o,  E2 -2nhi(B0  -  B„). 

Ersetzen  wir  den  Strom  der  Windung  &'  durch  Elementar- 
ströme von  der  Eläche  da,  und  setzen  für  einen  solchen 
Elementarstrom :  .  i 

so  wird  fur  denselben: 
mithin,  da: 

fi%«- -fr t«--" 

ist,  für  die  ganze  Windung: 


(d) 
Da: 


r  r  r  r  r  r 


d(f    ~    dx     ~        dx    1  dq  dx'    "    dx  1 

so  wird  schliesslich,  wenn  wir: 

™  r-f(k+%" 

setzen,  wo  r0  und  rn  die  Werthe  von  r  für  o,  resp.  &' =n 
bezeichnen,  nach  (c): 

( 1 4)        Ex"  =  -  2  nhi  d£,     E„"  «  o,         -  2  nAi 


1 


6*4 


H.  Imberg. 


Dies  sind  also  die  durch  die  Strom  Wechsel  erzeugten  electro- 
mo  torischen  Kräfte,  mithin  diejenigen,  welche  bei  fester  Ver- 
bindung des  Ringes  und  der  Windungen  Clausius  in  den 
oben  angeführten  Worten  als  die  allein  stattfindenden  bezeich- 
net, und  welche  nach  dem  Weber'schen  Inductionsgesetz  in 
der  That  in  diesem  Falle  die  einzigen  sind. 

Dreht  sich  dagegen  der  Ring  bei  ruhenden  Windungen, 
so  sind  die  Oomponenten  der  electromotorischen  Kraft  einer 
Windung  &'  der  ersten  Windungshälfte  auf  den  bewegten 
Punkt  (x  y  z)  des  Ringes  nach  dem  Weber'schen  oder  Clau- 
sius'sehen  Inductionsgesetz,  den  Gl.  (4)  und  (6)  zufolge: 


und  für  eine  Windung  der  zweiten  Wiudungshälfte  gelten  die- 
selben Werthe  mit  entgegengesetztem  Vorzeichen.  Die  ganze 
electromotorische  Kraft  sämmtlicher  Windungen  auf  einen 
Punkt  des  gedrehten  Ringes,  mithin,  da  diese  Kraft  bei  der 
Drehung  des  Ringes  in  jedem  Punkt  ungeändert  bleibt,  auch 
ihr  Mittelwerth  für  einen  Umlauf,  ist: 


Die  Ausführung  der  Integration  unter  Einsetzung  des  Werthes 
(d)  gibt: 


oder  nach  den  Gl.  (b): 


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Maymtelectrische  Induction.  68f> 
Ex  -  2/iAi  cos  +  A)co6  #  +  ^  J(/-„  -  r0) 


oder  wenn  wir: 

d  a 


(15.)  ^-/(^  -rM 


setzen: 


(16) 


Ex=  -  2        cos#^'>        -  -2«A^sin^^ 

is,  —  2nhio 


wo  —niVjn  das  magnetische  Potential  der  Windungen  be- 
zeichnet 

Die  Vergleichung  der  Werthe  (14)  und  (15)  zeigt,  dass 
sie  wesentlich  verschieden  sind;  daher  ist  der  Satz  von  Clau- 
sius  in  der  obigen  Form,  in  welcher  er  die  Identität  beider 
Ausdrücke  behauptet,  nach  seinem  ebensowenig  wie  nach  dem 
Weber'8chen  Inductionsgesetz  richtig;  und  auch  in  der  Form, 
dass  die  ganze  Induction  im  Ringe  gleich  der  bei  ruhenden  Win- 
dungen stattfindenden  sei,  würde  er  nach  dem  Clausius'schen 
oder  Max  we ITschen  Inductionsgesetz  unrichtig  sein,  wenn  die 
obige  dem  Web  er 'sehen  Inductionsgesetz  entnommene  Be- 
hauptung von  Clausius,  dass  „durch  eine  gemeinschaftliche 
Bewegung  der  Windungen  und  des  Ringes  keine  electromoto- 
riache  Kraft  erzeugt  werde",  nach  dem  von  ihm  aulgestellten 
Inductionsgesetz  richtig  wäre.  (Diese  Behauptung  war  es, 
welche  mich  veranlasste,  in  meinen  beiden  Aufsätzen  auf  das 
Clausius'sche  Inductionsgesetz  keine  Rücksicht  zu  nehmen.) 
Nun  wird  aber  nach  dem  Clausius'schen  Inductionsgesetz 
(vgl.  oben  §  2)  durch  die  gemeinschaftliche  Drehung  der  Win- 
dungen und  des  Ringes  eine  electromotorische  Kraft  im  Ringe 
erzeugt,  welche  zu  der  durch  die  Gl.  (14)  ausgedrückten  hin- 
zutritt; dass  die  Berücksichtigung  dieses  Umstanden  in  der 
That  zu  dem  Clausius'schen  Satze  führt,  wird  sich  am  ein- 
fachsten durch  Betrachtung  der  Schlussweise,  durch  welche 
Clausius  seinen  Satz  zu  begründen  sucht,  ergeben.  Er  sagt1): 
„Wenn  ein  in  der  Nähe  eines  Leiters  befindlicher  geschlosse- 


1)  Claußiua,  I.  c.  p.  304. 


686  H.  Lorberg. 

ner  Strom  sich  bewegt  und  Aenderungen  seiner  Inten- 
sität —  wozu  auch  Aenderungen  der  Stromrichtung  ge- 
hören —  erleidet,  aber  zu  Ende  einer  gewissen  Zeit  wieder 
dieselbe  räumliche  Lage  und  dieselbe  Intensität  hat  wie  zu 
Anfang,  so  werden  während  dieses  Vorganges  in  dem  Leiter 
electromotorische  Kräfte  inducirt,  die  in  solcher  Weise  wech- 
seln, dass  in  jedem  Punkt  des  Leiters  die  auf  eine  bestimmte 
Richtung  bezügliche  Componente  der  electromotorischen  Kraft 
den  Mittelwerth  o  hat".  Das  ist  (vgl.  oben  §  2)  nicht  nach 
dem  Web  er 'sehen,  wohl  aber  nach  dem  Cl  au  siu  s 'sehen  In- 
duetionsgesetz  richtig;  nach  diesem  ist  nämlich  die  durch  eine 
Windung  infolge  Bewegung  und  Intensitäteänderung  in  einem 
ruhenden  Leiterpunkt  erzeugte  x-Componente  der  electromo- 
torischen Kraft: 

*'F*     Ji  F  =  -  d  '{iI>m)- 


—  i 


de  dt  '*  ~  dt 
mithin  der  Mittelwerth  für  einen  Umlauf  der  Windung  =  o. 
also  auch  der  Mittelwerth  der  Kraft  sämmtlicher  Windungen 
fur  einen  Umlauf.  Bezeichnen  wir  also  diesen  Mittelwerth  für 
die  Bewegung  mit  EK' ,  für  die  Stromwechsel  wie  oben  mit 
Ex" ,  so  ist: 

Gx  =  Ex'  +  Et"—  o. 

Clausius  sagt  dann  weiter1):  „Wenn  hiernach  in  dem  Falle, 
wo  relative  Bewegung  und  Stromumkehrungen  gleichzeitig  statt- 
finden,  im  ganzen  genommen  keine  electromotorische  Kraft  in- 
ducirt wird,  so  muss  man  annehmen,  dass  die  durch  die  rela- 
tive Bewegung  allein  und  die  durch  die  Stromumkehrungen 
allein  inducirten  electromotorischen  Kräfte  einander  gleich  und 
entgegengesetzt  sind.  Hieraus  folgt  unmittelbar  der  von  mir 
ausgesprochene  Satz,  denn  auch  in  ihm  werden  die  durch  die 
Stromumkehrungen  und  die  durch  die  relative  Bewegung  indu- 
cirten electromotorischen  Kräfte  unter  einander  verglichen,  nur 
ist  dort  nicht  von  gleichen  und  entgegengesetzten,  sondern  von 
gleichen  Kräften  die  Rede,  weil  die  dort  angenommene  rela- 
tive Bewegung  der  hier  vorausgesetzten  entgegengesetzt  ist". 
In  dieser  Schlussweise  übersieht  Clausius,  dass  nach  seinem 
Inductionsgesetz  nicht  blos  durch  die  relative  Bewegung,  son- 

lt  Clausius,  1.  c.  p.  305. 


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Magnetelectrische  Induction. 


087 


dern  auch  durch  die  absolute  Bewegung  des  Inducenten  elec- 
tromotori8che  Kräfte  entstehen;  er  nimmt  die  durch  Drehung 
der  Windungen  in  dem  ruhenden  Ringe  erzeugte  electromo- 
torische  Kraft  gleich  und  entgegengesetzt  derjenigen,  welche  durch 
die  Drehung  des  Ringes  bei  ruhenden  Windungen  entsteht, 
was  wohl  nach  dem  Web  er 'sehen,  nicht  aber  nach  dem  von 
ihm  selbst  aufgestellten  Inductionsgesetz  stattfindet;  indem  er 
demgemäss  in  der  vorstehenden  Gleichung  Ex  =  —  Ex  setzt, 
erhält  er  die,  wie  oben  nachgewiesen,  unrichtige  Gleichung 
Ex  =  Ex.  Der  Schluss  muss  vielmehr  folgendermassen  lauten: 
„Dreht  sich  der  Ring  zugleich  mit  den  Windungen,  so  ist  die 
ganze  in  ihm  inducirte  electromotorische  Kraft  gleich  der 
Summe  aus  derjenigen,  welche  durch  die  gedrehten  und  strom- 
wechselnden Windungen,  und  derjenigen,  welche  durch  Drehung 
des  Ringes  bei  ruhenden  Windungen  erzeugt  wird;  erstere  ist 
=  o,  letztere  gleich  dem  Werth  von  Ex  in  Gl.  (15),  mithin 
die  ganze  electromotorische  Kraft  bei  gleichzeitiger  Drehung 
der  Windungen  und  des  Ringes  =  Ex".  In  dieser  Form  ist 
also  der  Satz  von  Clausius  nach  seinem  oder  dem  Max- 
well'sehen  Inductionsgesetz  in  der  That  richtig. 

In  dem  zweiten  der  oben  erwähnten  Aufsätze  habe  ich 
gezeigt,  dass  die  obige  Schlussweise  von  Clausius,  welche 
sich  auf  die  Gleichung  Ex  —  —  Ex  stützt,  nach  dem  Max- 
weli'schen  Inductionsgesetz  richtig  sein  würde,  wenn  man  in 
diesem  die  unbestimmte  Function  W  =  i/'  annähme  und  statt 
der  ersten  der  Gleichungen  (7)  setzte: 

X  -  X  -  -  ^  • 

Diese  Annahme  ist  indessen  unzulässig,  da  dann  die  Gl.  (10) 
Xm  =  Xm'—  o  geben  würde,  also  durch  Rotation  eines  Leiters 
um  die  Axe  eines  Magnets  oder  eines  Magnets  um  seine  Axe 
keine  electromotorische  Kraft  entstehen  würde,  was  der  Beob- 
achtung widerspricht. 

§  15.  Edlund  hat  nachweisen  zu  können  geglaubt,  dass 
das  Weber' sehe  Gesetz  der  Induction  durch  einen  bewegten 
Jnducenten  dem  Princip  der  Erhaltung  der  Kraft  widerspreche. 
Seine  —  ziemlich  unklar  ausgedrückte  —  Schlussweise  ist  im 
wesentlichen  folgende1):  „Wird  der  Magnet  M  allein  gedreht, 

1)  Edlund,  L.  c.  p.  410. 


688 


H.  Lorberg» 


so  entsteht  in  dem  Mantel  a  und  dem  ruhenden  Leiter- 
theil  b  kein  Strom,  entsprechend  der  Thatsache,  dass  ein 
durch  b  -f  a  fliessender  Strom  den  Magnet  nicht  um  seine 
Axe  dreht  Wird  also  a  zugleich  mit  M  gedreht,  so  kann 
die  Induction  nicht  durch  die  Drehung  von  AI  entstehen, 
sondern  sie  muss  dieselbe  sein,  als  ob  M  ruhte,  muss  also  an 
a  stattfinden.  Fände  sie,  wie  die  „alte"  —  d.  h.  die  Web  er- 
sehe —  Theorie  annimmt,  an  b  statt,  wurde  sie  also  durch  die 
Drehung  von  M  bewirkt,  so  würde  sie  ohne  Arbeitsleistung 
stattfinden,  da  bei  Drehung  von  AI  keine  Arbeit  gegen  die 
ponderomotori8chen  Kräfte  verbraucht  wird."  Das  Irrige  dieses 
Schlusses  ist  leicht  einzusehen.  Daraus,  dass  durch  einen 
durch  b  +  a  fliessenden  Strom  AI  nicht  gedreht  wird,  und  dass 
demgemäss  auch  eine  blosse  Drehung  von  M  keinen  Strom 
erzeugt,  lässt  sich  nur  schliessen,  dass  die  Drehung  von  AI 
gleiche  und  entgegengesetzte  electromotorische  Kräfte  in  a  und 
b  inducirt;  nach  dem  Weber' sehen  Gesetz  sind  diese  von  0 
verschieden,  entsprechend  der  Annahme  des  Weber'schen  oder 
Ampere' sehen  ponderomotorischen  Gesetzes,  dass  a  und  b 
gleiche  und  entgegengesetzte  Drehungsmomente  auf  AI  aus- 
üben; wird  a  mitgedreht,  so  verschwindet  nach  dem  We  her 
sehen  Gesetz  die  Induction  an  o,  und  es  bleibt  nur  die  an  b 
übrig,  entsprechend  der  Thatsache,  dass  das  fest  verbundene 
System  AI  +  a  durch  einen  durch  b  a  fliessenden  Strom  ge- 
dreht wird,  was  nach  Weber  deshalb  stattfindet,  weil  dann 
das  Drehungsmoment  von  a  auf  AI  durch  das  gleiche  und  ent- 
gegengesetzte von  AI  auf  a  aufgehoben  wird,  und  das  Aequivalent 
der  übrigbleibenden,  bei  der  Drehung  des  Systems  AI  +  a  gegen 
die  ponderomotorischen  Kräfte  des  Leitertheils  b  verbrauchten 
äusseren  Arbeit  ist  eben  die  in  b  inducirte  electromotorische 
Kraft. 

Die  Folgerung,  welche  man  aus  dem  Princip  der  Energie 
über  die  Induction  durch  einen  permanenten  Magnet  ziehen 
kann,  ist  bekanntlich  die,  dass  die  in  einem  bewegten  Strora- 
element  durch  einen  ruhenden  Magnet,  resp.  in  einem  ruhen- 
den Stromelement  durch  einen  bewegten  Magnet  inducirte 
electromotorische  Kraftcomponente  nach  ds>  Eds,  resp.  Erdsf 
gleich  der  negativen  Arbeit  sein  muss,  welche  die  pondero- 
motori8che  Kraft  des  Magnets  an  dem  von  einem  Strom  1 


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Mugnetelectrische  Induction. 


6S9 


durchtiossenen  bewegten  Stromelement,  reap,  die  Kraft  des 
Stromelementes  an  dem  bewegten  Magnet  in  der  Zeiteinheit 
leistet.  Um  zu  zeigen,  dass  sowohl  das  Weber' sehe  als  auch 
das  Clausius'sche  Inductionsgesetz  dieser  Forderung  genügt, 
stelle  ich  zunächst  die  betreffenden  ponderomotorischen  Gesetze 
auf,  indem  ich  den  Magnet  durch  ein  geschlossenes  Strom- 
system  i' ds  ersetzt  denke.  Nach  dem  Web  er' sehen  oder 
Ampere 'sehen  Gesetz  fällt  die  ponderomotorische  Kraft  von 
ds'  auf  ds  in  die  Verbindungslinie,  und  ihre  .r-Componente  ist: 

,  ,    ,,\d~r  (dxdx    ,       \       d(\  dx\        d  (  \  drdr\\ 

(a)  {„-  II  d*d*  I  ^  +'~)  "  d\r  ds  )  +  di  {r  dsdx)\' 

Nach  Clausius  greift  dieselbe  Kraft  ebenfalls  an  ds  an,  fallt 
aber  nicht  in  die  Verbindungslinie,  und  ihre  .r-Componente  ist: 

(b)  fc-S.-,7*A^.(i**). 
Die  Kraft  von  ds  auf  ds'  ist  hiernach: 

(c)  s.=  -i.-r,  =  r.  +  "rf.<.(' 

Bezeichnet  also  A,  resp.  Ä,  die  Arbeit,  welche  an  ds  in  der 
Zeiteinheit  geleistet  wird,  wenn  dasselbe  mit  den  Geschwindig- 
keitscomponenten  dxjdt  etc.  bewegt  wird,  resp.  an  dem 
Magnet,  wenn  dessen  einzelne  Punkte  (x  y  z)  die  Geschwin- 
digkeitscomponenten  öx'-dt  etc.  haben,  und  setzen  wir  wieder 
die  Componenten  des  Vectorpotentials  des  Magnets: 

so  ist  nach  Weber: 

.        ,  \(dx  öFx   .      \      föx  dFx  \-i 
A'  =  tl'[[ds"di    +--)~[dt    ds    +  "j 

nach  Gl.  (4).  Da  ferner,  wenn  die  Bewegung  des  Magnets 
und  des  Leiters  eine  „gemeinschaftliche.  Bewegung"  bilden, 

Ana.  d.  Phyt.  a.  Ch»ro.  N.  P.  XXXVI.  44 


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690 


H.  Lorberg, 


A  J  —  —  Aw,  EJ  —  —  Ew  ist,  so  ist  auch  A  J  =  —  EJ  ds.  Nach 
Clausiu8  ist,  der  Gl.  (b)  zufolge,  Ac  =  Am  und  nach  GL  (6) 
Ec  =a  Ew,  also  auch  Ac  =  -  J&rf*.   Schliesslich  ist  nach  GL  (c): 

a  '       a  '       .    d   (*.,,,    \  dr  d'r 

A,  =  A.  -  ,1,  d,J>ds.r  it.  T< 

j  '  i   j    &  C «  j  '    \  dr  ( dr  Öx  \ 

=  A.+  d.-j-J  ,d..r  d,  {dx  d/  +  ... j 
<  '      j    d   C  "  j  '    1  (dx  öx  .  \ 

=  x-</»T,J.rf».r(?77<-  +  ...), 

wo  wieder  <?x/</l  sich  auf  eine  gedachte,  mit  der  des  Magnets 
gemeinschaftliche  Bewegung  von  rf«  bezieht,  also  nach  Gl.  (6): 

a;  =  Aj-£ds  =  -  [ej  +  £t-rff. 

Dadurch  ist  die  Uebereinstimmung  mit  dem  Princip  der  Ener- 
gie für  das  Weber' sehe  und  Clausius'sche  Inductionsgesetz 
nachgewiesen. 

Maxwell  stellt  keinen  Ausdruck  fur  die  ponderomotorische 
Kraft  zwischen  zwei  Stromelementen  auf,  sondern  nur  für  die 
auf  ein  Stroraelement  in  einem  Magnetfelde,  also  seitens  ge- 
schlossener Ströme,  wirkende  Kraft1),  und  zwar  ist  sein  Aus- 
druck mit  dem  Weber'schen  oder  Clausius'sehen  identisch, 
ebenso  wie  sein  Ausdruck  für  die  electromotorische  Kraft  auf 
einen  bewegten  Leiterpunkt;  nach  ihm  ist  also  ebenfalls 
An,  —  —  £m  ds.  Da  er  ferner  nach  Gl.  7  auch  für  die  Induction 
durch  einen  bewegten  Magnet  denselben  Atisdruck  aufstellt 
wie  Claus ius,  so  muss  nach  ihm,  um  dem  Princip  der  Energie, 
d.  h.  der  Gl.  A'm  =  -  E'mds  zu  genügen,  auch  die  pondero- 
motorische Arbeit  eines  Stromelements  an  einem  Magnet 
denselben  Werth  haben  wie  nach  Claus  ius,  es  müssen  also 
die  Kraftcomponenten  und  Drehungsmomente  eines  Strom- 
elementes  auf  ein  magnetisches  Molecül  oder  einen  geschlossenen 
Strom  nach  ihm  dieselben  Werthe  haben  wie  bei  Claus  ius. 
Ein  wesentlicher  Unterschied  dieses  Clausius- Max  well' sehen 
ponderomotorischen  Gesetzes  von  dem  Weber- Ampere'schen 


1)  Maxwell,  l.c.2,  Aufl.,  §  490 b. 


Mwjnetelectriiche  Induction 


691 


besteht  darin,  dass,  weil  nach  ersterem  die  resultirende  Kraft 
und  das  resultirende  Drehungsmoment  eines  ungeschlossenen 
Stromleiters  auf  einen  geschlossenen  Strom  und  die  des  ge- 
schlossenen Stromes  auf  den  Stromtheil  nicht  gleich  und  gerade 
entgegengesetzt  sind,  die  Wechselwirkung  zwischen  beiden  eine 
Kraft  und  ein  Drehungsmoment  giebt,  wodurch  das  System 
beider,  wenn  sie  fest  miteinander  verbunden  sind,  verschoben 
und  gedreht  wird.  Bei  der  Umkehrung  des  PI  tick  er 'sehen 
Versuches,  wo  ein  geschlossener  Stromleiter  aus  einem  ruhen- 
den Theil  b  und  einem  mit  einem  Magnet  M  fest  verbun- 
denen Theii  a  besteht,  und  wo  durch  die  ponderomotorischen 
Kräfte  das  System  M  +  a  um  die  Axe  des  Magnets  gedreht 
wird,  geht  daher  nach  Weber  die  Wirkung  lediglich  von  b 
aus,  nach  Clausius-Maxwell  der  Haupttheil  der  Wirkung 
(bei  einem  Linearmagnet  die  ganze  Wirkung)  von  der  Wechsel- 
wirkung zwischen  «  und  M.  Indessen  lässt  sich  leicht  zeigen, 
dass  auch  hier  wieder  beide  Theorien  genau  zu  demselben 
Resultat  führen.  Es  seien  nämlich  M  und  a  wieder,  wie  in 
§  8,  Rotationskörper  mit  gemeinschaftlicher  Axe,  und  die  Enden 
1  und  2  von  b  mögen  auf  a  schleifen.  Bezeichnen  wir  den 
von  1  nach  2  fliessenden  Strom  in  b  mit  i,  das  im  Rotations- 
körper M  +  a  von  2  nach  1  fliessende  verzweigte  Stromsystem 
mit  A,  das  ganze  Drehungsmoment  auf  den  Rotationskörper 
M  +  a  nach  Weber  mit  Dw,  das  Drehungsmoment  von  i  auf 

M  mit  Z>!f,  so  ist  nach  Weber: 

Dw  =  ti?  +  Dt 

Nach  Clausius  ist: 

Nun  können  wir  uns  den  Strom  i  in  einzelne  Stromfäden  /. 
zerlegt  denken,  welche  mit  je  einem  Partialstrom  ft,  von  k  einen 
geschlossenen,  constanten  Strom  bilden;  fur  jeden  dieser  ge- 
schlossenen Ströme  ist,  der  Gl.  b  zufolge,  das  Drehungsmoment 
auf  k  nach  Clausius  gleich  dem  nach  Weber,  also: 

da  in  dem  Drehungsmoment  von  k  auf  sich  selbst  das  Drehungs- 
moment von  k,  auf  k,  und  das  von  kg  auf  k,  nach  Weber 
entgegengesetzt  gleich  sind,  also  l£*  —  0  ist.   Ebenso  ist 

44» 


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692  G.  Tammann. 

/>«  +  *  *  =  z£+**,   D?k  =  Z>r  =  -  Vi",  also: 

(16)  A  =  l£  +  Zt4"*  *  -        =  /tf  +  Z^*  «  A,. 

Hierin  ist  JD»  von  der  constanten  Strom vertheiluug  im 
Körper  «V  +  a  abhängig  und  pflegt  in  der  gewöhnlichen  Theorie 
des  Versuches  vernachlässigt  zu  werden:  ist  ferner  iÄ  die  in 
der  Zeiteinheit  von  b  an  M  geleistete  ponderomotorische  Arbeit 
so  ist  D'J*  —  iA'jy,  mithin,  wie  oben  nachgewiesen: 

2  2 

ti?  - -if*.' *  -  ±jK.,b, 
l  l 

also  nach  61.  (10): 

(17)  -7  <*.-*.>' 

1 

wo  wjy  durch  eine  der  Gl.  (12),  (12.),  (12b)  bestimmt  ist. 
Strassburg,  Dec.  1888. 


VII.  lieber  die  Gesetze  der  Dampfspannungen 
wässeriger  Salzlösungen  von  Babo  und  Wüllner; 

von  G.  Tammann. 

In  einer  früheren  Arbeit J)  habe  ich  auf  Grundlage  meiner 
Messungen  der  Dampfspannungen  wässeriger  Salzlösungen  die 
Ungültigkeit  der  Verallgemeinerungen  v.  Babo's2)  und  Wüll- 
ner's3),  die  mit  den  Forderungen  der  mechanischen  Wärme- 
theorie im  Widerspruch  stehen,  nachzuweisen  gesucht.  Beiden 
Gesetzen  kommt  nur  der  Werth  grober  Annäherungsregeln  zu. 
Die  Abhängigkeit  der  Spannkraftserniedrigungen  von  der  Con- 
centration der  Lösungen  habe  ich  späterhin4)  eingehend  verfolgt. 

1)  Tammann,  Wied.  Ann.  24.  p.  523.  1885. 

2)  v.  Babo,  Bcr.  d.  GesclUch.  a.  Beförd.  d.  Naturwiss.  Freiburg i.  B. 
17-18.  1857. 

8)  Wüllner,  Pogg.  Ann.  103.  p.  529.  1858;  105.  p.  85.  1858;  110. 
p.  564.  1860. 

4)  Tammann,  Mean,  de  l'Acad.  de  St.  Peterebourg  (7)  85.  Nr.  9. 


Dampfspannungen  wässeriger  Salzlösungen.  693 


und  kam  zum  Resultat,  dass  die  Wüllner'sche  Proportiona- 
litatsregel für  keinen  von  den  185  untersuchten  Stoffen  die 
Abhängigkeit  der  Spannkraftserniedrigungen  von  der  Concen- 
tration der  Lösungen  befriedigend  darzustellen  vermag. 

Als  Wüllner  sein  Gesetz  aufstellte,  bemerkte  er,  dass 
mehrere  Stoffe  sich  der  Hegel  nur  dann  fügen,  falls  man  diese 
als  Hydrate  in  der  Lösung  annimmt  Diese  Idee  Wü liner's 
schien  rar  die  Constitution  der  Lösungen  von  Bedeutung  zu 
werden,  als  Rüdorff1)  und  später  de  Coppet-)  aus  den  Ge- 
frierpunkten wässeriger  Lösungen,  die  in  denselben  existirenden 
Hydrate  abzuleiten  suchten.  In  neuester  Zeit  hat  D.  Men- 
delejew6)  eine  schon  von  Graham  benutzte  Methode  zur 
Feststellung  der  in  Lösungen  existirenden  Hydrate  weiter  aus- 
gearbeitet und  mit  einigen  in  der  That  sehr  schlagenden  Bei- 
spielen belegt.  Beide  Methoden  werde  ich  im  Folgenden  auf 
die  Dampfspannungen  der  Lösungen  zu  übertragen  suchen. 

Die  Abhängigkeit  der  Dampfspannung  einer  Lösung  von 
der  Temperatur  wird  durch  v.  Babo's  Gesetz  dahin  geregelt, 
dass  bei  allen  Temperaturen  die  Dampfspannung  der  Lösungen 
proportional  der  Dampfspannung  des  Lösungsmittels  bleibt. 
Für  die  meisten,  besonders  aber  für  fast  alle  concentrirten 
Lösungen  ergaben  meine  früheren  Messungen  Abweichungen 
vom  Babo'schen  Gesetz,  die  um  so  weniger  auf  Versuchsfehler 
zurückgeführt  werden  konnten,  als  dieselben  den  theoretischen 
Forderungen  Kirch  hoffs  entsprechen.  In  jüngster  Zeit  sind 
Raoult4)  und  Emden6)  für  die  Gültigkeit  des  v.  Babo'schen 
Gesetzes  eingetreten.  Raoult  untersuchte  einige  ätherische 
Lösungen  und  behauptet,  dass  das  Verhältniss  zwischen  der 
Dampfspannung  der  Lösung  und  der  des  Lösungsmittels  {TJT), 
von  der  Temperatur  unabhängig  sei,  trotzdem  die  von  ihm 
bestimmten  Quotienten  Tx  /  T  mit  wachsender  Temperatur  ab- 


1)  Rüdorff,  Pogg.  Ann.  114.  p.  63.  1861;  110.  p.  55.  1862;  HS. 
p.  599.  1871. 

2)  de  Coppet,  Ann.  de  chim.  et  de  phys.  (4)  23.  p.  866.  1871; 
25.  p.  502.  1872;  2«.  p.  98.  1872. 

3)  Mendelejew,  £tude  des  dissolutions  aqueuses,  fondee  sur  les 
changements  de  leur  poids  speci6ques.   8t  Peterebourg  1887. 

4)  Raoult,  Zeitschrift  f.  phys.  Chemie.  2.  p.  368.  1888. 
51  Emden,  Wied.  Ann.  31.  p.  145.  1887. 


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694 


G.  Tammann. 


nehmen.  Bei  den  Lösungen  von  Perchloraten!»  und  Benzoe- 
säure nimmt  Tx  /  T  mit  steigender  Temperatur  zwischen  0°  bis 
20°  um  1  Proc.  ab,  beide  Losungen  bilden  sich,  wie  die  Theorie 
es  fordert,  unter  Wärmeabsorption.  Bei  den  Lösungen  von 
Terpentinöl  und  Anilin  in  Aether  bleibt  TJT  bei  Variation 
der  Temperatur  fast  unverändert,  die  Lösungen  bilden  sich 
unter  Wärmeentwickelung.  Emden  untersuchte  die  Dampf- 
spannungen wässeriger  Salzlösungen  und  kam  zum  Resultat, 
dass  die  Abweichungen  vom  B ab o' sehen  Gesetz  für  die  von 
ihm  untersuchten  Lösungen  innerhalb  der  Beobachtungsfehler 
liegen.  Indem  Emden  auf  eine  Reihe  von  Fehlerquellen,  die 
frühere  Beobachter  nicht  vermieden  hätten,  hinwies,  suchte  er 
den  Widerspruch  zwischen  seinen  Erfahrungen  und  denen  an- 
derer zu  erklären.  Ein  Vergleich  der  jetzt  vorhandenen  Mes- 
sungen wird  am  besten  den  Werth  derselben  beurtheilen  lassen, 
und  somit  zur  Entscheidung  der  Frage  über  die  Gültigkeit  des 
v.  Babo'schen  Gesetzes  beitragen.  Wir  werden  sehen,  dass 
gleich  wie  das  Gesetz  von  Wüllner,  so  auch  das  von  Babo 
der  Wirklichkeit  nicht  entspricht,  dass  aber  die  Sätze  von 
Kirchhoff  über  die  Abhängigkeit  der  Dampfspannungen  von 
der  Temperatur  durch  die  Beobachtungen  bestätigt  werden. 

I.    Ein  Vergleich  der  Messungen  verschiedener 

Beobachter. 

Bekanntlich  weichen  die  Resultate  verschiedener  Beobach- 
ter sehr  erheblich  voneinander  ab,  und  da  man  sich  meistens 
damit  begnügt  hat,  die  gewonnenen  Verallgemeinerungen  mit 
denen  anderer  zu  vergleichen,  so  fehlt  fur's  erste  ein  Urtheil 
über  den  Werth  der  verschiedenen  Beobachtungsreihen.  Nur 
indem  wir  diese  einem  Vergleich  unterziehen,  dürfen  wir  hoffen, 
zur  Erkenntniss  der  offenbar  vorhandenen  Fehlerquellen  zu 
gelangen. 

Speciell  zur  Ergründung  des  Einflusses  der  Concentration 
und  der  Temperatur  auf  die  Dampfspannungen  der  Lösungen 
sind  sechs  grössere  Beobachtungsreihen  angestellt  worden. 
Ausserdem  besitzen  wir  noch  eine  Anzahl  von  Beobachtungen, 
die  zu  anderen  Zwecken  von  Reguault,1}  Moser,2)  R.  von 

1)  Regnault,  Ann.  de  chim.  et  de  pays.  (8)  \b.  p.  179.  1345. 
2.1  Moser,  Wied.  Ann.  14.  p.  76.  1881. 


Dampfspannungen  wässeriger  Salzlösungen.  695 

Helmholtz1)  und  Bremer  ausgeführt  wurden.  Die  Dampf- 
spannungen der  Schwefelsäurelösungen  hat  Regnault  bis  zu 
+  35°  C,  und  die  für  Lösungen  von  Zinnchlorid,  Jodcadmium 
und  Zinksulfat  Moser  bei  80°  C.  gemessen.  Da  bis  jetzt  die 
Verdünnungswärnien  dieser  Lösungen  bei  100°  nicht  bekannt 
sind,  so  ist  ein  Vergleich  jener  Dampfspannungen  mit  meinen 
entsprechenden  Messungen  bei  100°  für's  erste  nicht  durch- 
führbar. Betreffs  der  Dampfspannungen  von  Chlornatrium- 
lösungen hat  R.  v.  Helmholtz  gezeigt,  dass  die  aus  seinen 
Messungen  abgeleiteten  relativen  Spannkraftserniedrigungen  mit 
den  aus  meinen  Messungen  berechneten  in  genügender  Ueber- 
ein8timmung  sich  befinden. 

Wir  werden  uns  in  Folgendem  besonders  mit  den  Mes- 
sungen Wüllner's,  Pauchon's,  Nicol's  und  Emden's, 
ferner  mit  meinen  beiden  Beobachtungsreihen  zu  beschäftigen 
haben.  Da  bei  höheren  Temperaturen  die  Ablesungsfehler 
gegenüber  den  Dampfspannungserniedrigungen  verschwinden,  so 
wird  ein  Vergleich  der  Dampfspannungen  bei  100°  C.  etwaige 
methodische  Fehler  besonders  deutlich  hervortreten  lassen. 
Ich  werde  soweit  als  möglich  alle  Beobachtungen  bei  100°  C. 
mit  meiner  letzten  Beobachtungsreihe  bei  100°  C.  vergleichen, 
und  zwar,  indem  ich  die  directen  Messungen  anderer  Beob- 
achter mit  den  entsprechenden  aus  meiner  letzten  Beobach- 
tungsreihe interpolirten  Werthen  zusammenstelle. 

1.  Entnimmt  man  den  Tabellen  Wüllner's  die  in  der 
Xähe  von  100°  C.  beobachteten  Spannkraftserniedrigungen, 
reducirt  diese  auf  100°  C.  und  interpolirt  für  dieselben  Lösun- 
gen aus  meinen  graphischen  Darstellungen  die  entsprechenden 
Spannkraftserniedrigungen,  so  überzeugt  man  sich,  dass  beide 
Versuchsreihen  genügend  übereinstimmen. 

Eine  noch  bessere  Uebereinstimmung  ergibt  ein  Vergleich 
der  aus  Wüllner's  Interpolationsformeln  berechneten  Spann- 
kraftserniedrigungen mit  den  von  mir  direct  gemessenen.  Nur 
die  Dampfspannungen  der  Lösungen  von  Kali  und  Natron 
weichen  stark  voneinander  ab.  Wüllner's  Messungen  ergeben 
bedeutend  grössere  Werthe  derselben  als  meine.  Diese  auf- 
fallende Abweichung  findet  ihre  Erklärung  in  dem  eigenthüm- 


!)  R.  v.  Helmholt«,  Wied.  Ann.  27.  p.  582.  1836. 


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696  G.  Tammann. 

lichen  Verhalten  der  Kali-  und  Natronlösungen  bei  einer  Ver- 
grö8serung  der  Dampfräume  über  denselben.  Während  bei  einer 
Vergrösserung  der  Dampfräume  über  all  den  anderen  Lösungen 
die  Flüssigkeitssäulen  ruhig  sanken,  so  kochten  sie  bei  jenen 
stürmisch  auf.1)  Die  entwickeltenDämpfecondensiren  sich  grössten 
Theils  an  den  Manometerwänden  und  verdünnen  so  die  oberen 
Lösungsschichten. 


NaCl 

KCl 

Wüllner 

44,0    61,7  90,6 

w. 

30,5 

61,3 

Tammann 

44,0    GH,5  94,0 
0,0  -6,8  -3,4 

Na,804 

T. 

» 
• 

32,5 
-2,0 

65,7 
-4,4 

K,S04 

W.  9,5 

18,8    28,3  36,3 

46,9 

W. 

8,8 

17,6 

T.  9,0 

18,8    26,4  35,2 

43,5 

T. 

8,3 

15,8 

+0,5 

—0,5  +1,9  +1,1 

+  8,4 

;w. 

+  0,5 

+  1,8 

NaN08 

KN03 

W.  27,0 

53,7  78,3 

11,0 

20,6 

31,3 
80,5 

T.  27,8 

54,1  79,0 

T. 

J 

10,1 

21,0 

-0,8 

-0,4  -0,7 

+  0,9 

-0,4 

+  0,8 

39,3 
39,5 


In  der  That  waren  die  nach  einer  Dilatation  des  Dampf- 
raumes  gemessenen  Dampfspannungen  bei  diesen  Lösungen 
10 — 50  mm  grösser  als  sonst.2) 

KCl  KNO,  K.S04 


\V.  12,2  24,8  36,7  W.  11,4  18,1 
T.  11,8    24,5    35,1       T.  10,1  15,4 


Wüllner  8,1  15,9  39,7  63,2 
Tammann  8,1    15,2   39,7_  63^2 

0,0  +0,7     0,0     0,0  +0,4  +0,3  +1,6  +1,8  +2,7 

NaCl  NaNO,  Na,S04  CaCL 

\V.26,6  52,8  77,9  W.  18,0  32,2  65,7  |W.  9,1  22,5  39,8  W.  16,7  44,2"  73,0 


T.25,1  50,3  78,7  !  T.  15,8  30,2  61,0  1  T.  9,0  22,1  38,2  T.  15^3  44,2_  76,0 
+  1,5  +2,5  -0,8     +2,2  +2,0  +4,7    +0,1  +0,4  +1,1 ;    +1,4     O^Ö  -3,0 

KHO 

W.  8,9  18,2  28,3  32,6  37,9  51,6  58,0  69,9  129,0  211,0 
T.    13,1     25^8     34,0     49,2     55,5     76,5     84,1    102,8     191,1  294,2 

-4^2   -7,6  -10,7  -16,6  -17,6  -24,9  -26,1  -32,9    -62,1  -83.2 

NaHO 

W.  9,2  15,9  42,8  82,7  t37,4  143,7 
T.    10^    17,5^    47^     94,5^  _158,6  180,5 

-1,0    -1,6    -4,4-11,8    -21,2  -36.8 


1)  Tammann,  Mein,  de  l'Acad.  de  St.  Petersbourg  7.  35.  Nr.  9. 
p.  13—18.  1887. 

2)  Um  jede  Vergrösserung  oder  Verkleinerung  des  Dainpfraumes  vor 
den  Messungen  zu  vermeiden,  verringert  man  den  Druck  in  den  Mano- 
metern so  viel  als  nöthig  und  erwärmt  sie  alsdann. 


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Dampfspannungen  wässeriger  Salzlösungen. 


2.  Ferner  hat  Nicol1)  nach  einer  dynamischen  Methode 
die  Dampfspannungen  mehrerer  Salzlösungen  bei  5°— 95°  C. 
untersucht  Ich  entnahm  den  Tabellen  Nicol's  die  bei  95°  C. 
gemessenen  Spannkraftserniedrigungen,  reducirt  sie  auf  100°C. 
und  verglich  sie  mit  den  aus  meinen  Bestimmungen  inter- 
polirten  Werthen.  Die  Spannkraftserniedrigungen  Nicol's 
sind  fast  durchweg  um  1 — 2  mm  grösser  als  meine.  Doch 
glaube  ich,  da  die  dynamischen  Methoden  für  Lösungen  häufig 
zu  kleine  Werthe  der  Dampfspannungen  ergaben,  Nicol's 
Messungen  als  eine  Bestätigung  meiner  betrachten  zu  dürfen. 

•. 

NaCl  KCl 

N.  29,5  60,2  75,9  92,3  128,5  163,6 1  N.  26,7  55,2  84,7  114,1  144,8 
T.    28,0    58,3    74,5    91,4  125,0  161,6  I T.  26^  54,3    83,0  113,3  142,2 

+  1,5  +1,9  +  i",4~+0,9~  +8X" +2,0      -^ÖT  +0,9  +1,7  +0,8+276 


217,3  255,3 

215,9  256,0 

+  1,4  -0,7 
KNO, 

N.    13,3     25,4     35,1      46,8     55,8      130,5      161,0  184,6 

T.    11,5     23,8     34,0     43,9  53,8_  ^30,4     159,2__  185,5 

+  1,8    +1,6    +1,1    +2,9     +2,0      +0,1      +1,8  "-0,9 


X.  28,5  52,9  78,6 
T.    26,0     51,4  81,7 

+  2,5^-1,5  -3,1 


NaNOs 

102,7      123,9  173,5 

100,1      122,0  173,4 

+  2,6      +1^  +0,1 


3.  Um  meine  beiden  Beobachtungsreihen  unter  einander 
vergleichen  zu  können,  habe  ich  die  früher2)  bei  ca.  100°  ange- 
stellten Messungen  auf  100°  C.  reducirt  (I)  und  die  diesen 
entsprechenden  Spannkraftserniedrigungen  (II)  aus  den  graphi- 
schen Darstellungen3)  entnommen.  Man  bemerkt,  dass  die 
grösste  Menge  der  Differenzen  innerhalb  der  früher  vermutheten 
Fehlergrenze  2,0  mm  bleibt.  Die  mittlere  Abweichung  be- 
rechnet sich  aus  127  Differenzen  zu  ±  1,31  mm;  davon  sind 
in  66  Fällen  die  Differenzen  negativ  (mittlere  Abweichung 
—  1,6  mm)  und  in  61  Fällen  positiv  (mittlere  Abweichung 

+  V). 


1)  Tammann,  Wied.  Ann.  24.  p.  523.  1885. 

2)  Tarn  mann,  Mem.  d.  l'Acad.  de  St.  Petersbourg  |7)  35.  Nr.  9. 
Taf.  I-IV. 

3)  Die  Abweichungen  sind  zufälligen  analytischen  Fehlern  zuzuschreiben. 


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698 


G.  Tammann. 


I 

II 

A 

KCl 

45,1 
90,0 
93,2 

45,3 
89,9 
92,0 

-  0,2 
+  0,1 
+  1,2 

KBr 

50,7 
73,5 
96,8 

51,2 
76,7 
97,8 

-  0,5 

-  3,2 

-  1,0 

KJ 

18,7 
56,8 
111,7 

19,8 
57,5 
113,0 

-  1,1 

-  0,7 

-  1,3 

KCNS 

54,1 
116,6 
137,0 

52,5 
119,5 
136,0 

+  1.6 
-  2,9 
+  1,0 

KNO, 

30,3») 
53,8*) 

122,8«) 

163,1 

35,5 
75,3 
132,4 
162,5 

-  5,2 
-21,5 

-  9,6 
+  0,6 

KF 

88,2 
88,7 

35,8 
86,0 

+  2,4 

+  2,7 

RbCl 

30,4 
72,5 
94,8 
167,9 

31,2 
73,8 
92,0 
170,0 

—  0,8 

-  1,8 
+  2,3 
"  2,1 

NaCl 

66,3 
102,8 
179,3 

67,3 
104,2 
180,5 

-  1,0 

-  1,4 

-  1,2 

NaBr 

48,4 
92.2 
122,8 
180,7 

48,2 
92,5 
124,0 
182,3 

+  0,2 

-  0,3 

> 

-  1,2 

-  1,6 

NaJ 

23,1 
92,3 
126,6 

.inn  r 

208,5 

23,0 
93,0 
129,8 
212,5 

+  0,1 

-  0,7 

-  8,2 
~  4,0 

KCIO, 

20,1 
24,5') 

20,0 
29,0 

+  0,1 
-  4,5 

NaülO, 

54,0*) 
123,6 
226,9») 

57,0 
123,2 
198,5 

—  3,0 
4-  0,4 
+  28,4 

NaNO, 

• 

41,0 
71,7 
133,7 
209,0 

41,2 
71,0 
134,7 
210,0 

-  0,2 
+  0,7 

-  1,0 

-  1,0 

NH4C1 

23,4») 
102,1 
123,8 

26,5 
108,0 
126,0 

-  3,1 

-  5,9 

-  2,2 

NH4Br 

K,S04 
KtCr04 

KtC08 
Na,804 

Na,  SA 

(NH4)4S04 

LiCI 

LiBr 
LiJ 

LiNO, 
BaCL, 


1 

36,0 

73.2 
189,6 
152,4 

18,0 
21,6 

40,1») 
59,5 
79,4 
112,7 

117,2 
219,0 

24,4 

36,8 
66,1 
78,83) 

28,3 
57,3 
72,4 
90,7 

35,7 
61,5 


24,2 
57,3 
57,4 
70,6 

51,8 
94,3 
153,5 
218,2 

62,4 
122,0 
186,8 

22,0 
70,1 
126,5 
147,4 

66,1 
158,7 

19,3 

60,1 
74.1 


II 

35,5 
73,5 
138,2 
151,8 

17,8 
22,5 

39,0 
58,0 
77,0 
106,0 

118,0 
223,5 

23,8 
35,5 
64,5 
85,0 

28,3 
55,0 
70,3 
89,0 

86,5 
63,5 


100,0«)  106,0 
173,5  172,0 


25,1 
57,* 
58,4 
71,3 

49,7 
93,5 
158,5 
218,8 

02,0 
118,6 
183.8 

22,5 
71,0 
130,8 
146,5 

66,0 
157,8 

18,0 

58,2 
59,0 
76,0 


A 

-  0.3 

-  0.3 

+■  1,4 

+■  0.6 

+•  0.2 

-  0.V 

+  1.1 
+  1.3 
4-  2,4 

+  e.; 

-  o> 

-  4.5 

4-  0.6 

+  1,3 

4-  1,6 

-  6,2 

0,0 
+  2.3 
+  2,1 
+  1," 

-  0.8 

-  2.0 

-  6.0 
+  1,4 

-  0.9 

-  0.3 

-  1.0 

-  0.T 

+  2.1 
+  0.8 
0,0 

-  0,K 

+  0.4 
+  3,4 
+  8.0 

-  0.5 

-  0,9 

-  4.3 
+  0.9 

+  0.1 
+  0.9 


+  1.3 

+  0.4 

+  1.1 

-  1.9 


1)  Nicol,  Phil.  Mag. 


22.  p. 


502.  1886. 


2)  Beim  Erkalten  der  Leaving  hatte  sich  ein  Theil  des  Salze*  aus- 
geschieden, und  nach  der  Wiederauflösung  desselben  war  die  Homogenität 
der  Lösung  nicht  erreicht  worden. 

8)  Das  Kaliumchromat  enthält  3—4  Proc.  Kaliumsulfat. 


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Dampfspannungen 


I 

II 

J 

SrCl, 

21,0 
57,4 
91,1 

21,5 
59,5 
98,5 

-  0,5 

-  2,1 

-  2,4 

CaCl, 

• 

25,8 
53,4 
64,4 
144,2 

26,0 
54,0 
66,0 
145,0 

-  0,2 

-  0,6 

-  1,6 

-  0,8 

MgCl, 

45.0 
98,3 
140,5 
246,7") 

45,0 
102,3 
148,0 
258,0 

0,0 

-  0,4 

-  2,5 
-11,8 

BaBra 

35,4 
78,3 
122,1 
184,6 

34,0 
77,8 
121,5 
184,0 

+  1,4 

+  0,5 
+  0,7 
+  0,6 

8rBrs 

29,4 
70,5 
118,9 
221,8 

29,0 
65,5 
117,5 
217,0 

+  0,4 
+  5,0 
+  1,4 
+  4,8 

CaBr, 

* 

51,4 

93,7 
215,7") 
266,2 

51,4 
97,0 
226,0 
299,0 

+  0,4 
-  3,3 
-10,3 
-32,8 

MgBr, 

38,0 
72,0 
123,1 
218,0 

38,0 
74,0 
126,0 

223,0 

0,0 

-  2,0 

-  1,9 

-  5,0 

Salzlösungen.  699 


I 

II 

A 

MgSOt 

9,6 
18,4 
19,8 
26,5 

11,1 
18,2 
19,5 
25,4 

-  1,5 
+  0,2 
4-  0,3 

+  1,1 

BeSO, 

15,3 
34,3«) 
56,8 
80,9«) 

15,8 
38,0 

58,5 
94,5 

+  0,5 
+  3,7 

+  1,7 
+  13,7 

NiS04 

20,1 
39,8 

18,9 
41,0 

+  3,2 
-  1,2 

CoSO« 

19,6 
42,2 

19,0 
41,0 

+  0,6 
+  1,2 

Zn804 

22,7 
51,6 

19,0 
50,5 

+  3,7 
+  1,1 

MnS04 

23,2 
45,9 

24,0 
46,0 

-  0,8 

-  o,i 

CaS04 

14,6 
22,9 

16,0 
23,0 

-  1,4 

—  0,1 

FeS04 

19,4») 
40,2 

16,2 
88,0 

+  3,2 
+  2,2 

6,2 
11,6 
31,0 
54,9 

6,8 
14,5 
32,0 
56,0 

-  0,6 

-  2,9 

-  i,o 

-  1,1 

4.  Vergleicht  man  bei  Temperaturen  von  45— 55°  C.  die 
von  Emden  und  mir  gegebene  relative  Spannkraftserniedrigun- 
gen,  so  findet  man  eine  sehr  befriedigende  Uebereinstimmung; 
bei  steigender  Temperatur  schwindet  diese  mehr  und  mehr. 
Aus  den  von  Emden  gegebenen  Mittel werthen  der  relativen 
Spannkraftserniedrigungen  habe  ich  die  Spannkraftserniedrig- 
ungen bei  100°  berechnet  und  diese  mit  den  aus  meinen  neueren 
Messungen  interpolirten  Werthen  zusammengestellt  Ferner 
halie  ich  für  jede  Lösung  die  von  Emden  bei  der  höchsten 
Temperatur  direct  beobachtete  Spannkraftserniedrigung  auf 
760  mm  Dampfspannung  reducirt,  und  gebe  diese  Erniedrigungen 
in  der  ersten  Reihe  der  Tabellen. 


4)  Die  angewandte  analytische  Methode,  starkes  Glühen  des  Beryllium- 
Sulfates,  ergibt  leicht  zu  hohe  Concentrations  wert  he. 

5)  Das  Ferrosulfat  war  nicht  neutral. 


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7<iO 


G.  Tammann, 


NaCl  KCl 

VnAcr*         f24y'°     48->     71>5                 136>3     157'3  F  '32>9     68>6  101'*2 

rjnaen       125,1    48,6    71,4    99,6    136,8    157,4  |33,4    69,2  101,9 

Tammann    22,0    44,5    67,0    94,2    K'8,8_  T.  33,0    65,9  102,0 

+  34  TT,  1+4,4  +5,4    +8.Ö~T9,9  +  0~4  +  3,3  -~CÜ 

NaNO,  KNO, 

p,  132,8    31,7    55,9  111,0  151,1  189,4     p  1 12,9  23,1  33,0    42,6  51,1 

^  133,4    31,9    56,3  111,7  151,2  190,0     Ä"fl2,9  23,5  33,5    43,3  51,7 

T.  26,8    26,8    53,5  109,2  153,0  190,0    T.   10,8  21^2  30^3    39,7  48,0 

+  6,6  +5,1  +2,8  +2,5  -1,8     0,0  I       +2,6  +2,3  +3,2"  +3,6  +3.7 

K,S04                   ZnSO«  CuS04 

P  1 12,1      19,2     «  f  17,6     19,5              v  |  8,3  13,2  17,7 

*"  \\2,d     19,M     ^*  1 18,3     27,4     31,2     ^18,3  13,7  18,2 

T.     8,2      15,0    T.     9,9      15,9     15,9     T.  5,2  9,3  13,0 

+  4,7    +4,8         +8,4+11,5  +15,3  +3,1  +4,4  +5,2 


E. 


CaCL 

1 61,8     68,3     89,7  89,1  93,0 

152,5     63,8     89,7  89,7  93,5 

T.  45,0     57,0     82,5  _80,0  84^0 

+  7,5    +6,8    +7,2  +9,7  +9,5 


Gestützt  auf  9eine  Messungen  der  Spannkräfte  des  Dampfes 
aus  reinem  Wasser,  die  eine  ausgezeichnete  Uebereinstimmung 
mit  den  Messungen  von  Regnault  und  Magnus  ergeben, 
glaubt  Emden  seinen  Messungen  der  Spannkräfte  des  Dampfes 
aus  wässerigen  Salzlösungen  einen  ähnlichen  Werth  beimessen 
zu  dürfen.  Die  Differenzen  zwischen  seinen  und  meinen  Be- 
obachtungen erklärt  Emden  durch  die  Annahme,  dass  ich  die 
Messungen  nach  einer  Verkleinerung  des  Dampfraumes  an- 
gestellt hätte.  Dem  gegenüber  erkläre  ich  nochmals,  nie  eine 
Beobachtung  nach  einer  Compression  des  Dampfes,  sondern 
stets  nach  einer  Dilatation,  und  zwar  nie  früher  als  zehn  Minuten 
nach  dieser  angestellt  zu  haben.  Hätte  ich  in  der  von  Emden 
vermutheten  Weise  beobachtet,  so  wären  die  Differenzen 
zwischen  beiden  Beobachtungsreihen  ungefähr  zehnmal  grösser 
ausgefallen. 

Der  Umstand,  dass  Em d en's  Bestimmungen  der  Spann- 
kräfte des  Dampfes  aus  reinem  Wasser  so  gut  mit  den  Be- 
stimmungen von  Magnus  und  Regnault  übereinstimmen, 
während  die  von  ihm  gegebenen  Dampfspannungen  der  Salz- 
lösungen bei  höheren  Temperaturen  von  den  Daten  aller  ande- 
rer Beobachter  erheblich  abweichen,  wird  durch  die  Versuchs- 


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Dampfspannungen  wässeriger  Salzlösungen.  701 

anordnung  Emden' s  genügend  erklärt.  Emden  hat  nicht  ab- 
gewartet, bis  sich  das  Gleichgewicht  zwischen  den  in  ihrer 
Concentration  gestörten  Lösungsschichten  eingetreten  war,  son- 
dern hat  schon  zwei  Minuten  nach  der  Bildung  eines  Dampf- 
raumes seine  Beobachtungen  angestellt.  Nun  kann  man  sich 
aber  leicht  überzeugen,  dass  nach  einer  Vergrösserung  des 
Danipfraumes  über  einer  Lösung  die  Spannkraft  der  Dämpfe 
20  Minuten  lang  zunimmt  Die  während  der  Verdampfung  er- 
folgende Temperaturerniedrigung  ist  in  Manometern,  deren 
Dimensionen  den  Em  den' sehen  gleichkommen,  schon  nach 
einer  Minute  wieder  ausgeglichen. l)  Dagegen  dauert  der  Aus- 
gleich der  Concentrationsstörungen  weiter  fort,  und  die  Spann- 
kraft des  Dampf es  über  der  Lösung  nimmt  bei  100°  C.  von 
der  zweiten  bis  zur  zwanzigsten  Minute  um  3— 6  mm  zu. 

Emden' s  Versuchsanordnung  muss  demnach  für  reines 
Wasser  richtige  Daten ,  für  Lösungen  aber  um  3 — 6  mm  zu 
grosse  Spannkraftserniedriguugen  ergeben.  Sinkt  die  Tempera- 
tur, so  gleichen  sich  die  jetzt  schwächer  auftretenden  Concen- 
trationsstörungen schneller  aus.  Von  etwa  60°  C.  an  stimmen 
meine  Beobachtungen  mit  denen  Emden's  überein;  die  Ab- 
weichungen betragen  selten  mehr  als  wenige  Zehntelmillimeter. 

D.  Emden's  Beobachtungen  wurden  für  niedere  Tempera- 
turen noch  von  einer  zweiten  Beobachtungsreihe,  die  von 
Pauchon2)  herrührt,  bestätigt.  P  auch  on  hat  seine  Messungen 
zwischen  0—50°  angestellt  und  gibt  seine  Resultate  in  Form 
von  Interpolationsformeln.  Diese  ergeben  zwischen  30  und  35° 
brauchbare  Werthe  (wie  man  aus  der  Uebereinstimmung  der 
relativen  Spannkraftserniedrigungen  von  Pauchon  und  Emden 
ersieht).  Für  höhere  Temperaturen  sind  Pauchon's  Formeln 
nicht  mehr  brauchbar;  bei  100°  erhält  man  viel  zu  kleine 
Dampfspannungen,  dieselben  werden  sogar  negativ. 

NaCl  NaN08  KCl  KNO, 

P.  5,84  5,33  4,85  P.  3,38  3,06  4,16  !  P.  4,26  4,05  3,9  i  P.  3,24  2,78  2,48 
E.  6,77  6.5**  6,39  '  E.  3,12  8,80  3,49  j  E.  4,43  4,50  4,30  E.  3,16  3,08  3,22 

R,S04 

P.  1,39  1,24 
E.  2,50  3,06 
T.    1,51  1,66 

1)  Tammann,  Wied.  Anu.  32.  p.  684.  1887. 

2)  Pauchon,  Compt.  rend.  89.  p.  752.  1879. 


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I 


702  G.  Tammann. 

6.  Schliesslich  hat  noch  Bremer1)  die  Dampfspannungen 
einiger  Chlorcalciumlöeungen  gemessen.  Vergleicht  man  die 
Spannkraflserniedrigungen  Bremer's  mit  denen  von  Wüliner 
und  mir,  so  ergibt  sich,  dass  jene  durchweg  um  10—  20°,0 
kleiner  ausgefallen  sind  als  diese.  Der  Grund  der  Abweichung 
ist  in  dem  Verfahren  Bremer's  zu  suchen.  Bremer  benutzte 
ein  Differentialmanometer.  Dieser  Apparat  ist  aber  fur  die 
hier  in  Frage  kommenden  Messungen  ungeeignet,  denn  bei 
*teigender  Temperatur  wird  der  Dampfraum  über  den  Lösungen 
beständig  verkleinert.  Die  stetige  Condensation  von  Wasser- 
dampf über  der  Lösung  erklärt  genügend  die  gefundenen  Diffe- 
renzen. 

t  =  67,81°  C.    CaCL,    Bremer      5,7    11,3  18,5 

Wüliner  6,2  13,2  20,8 
Tammann  6,1    12,3  20,3. 

Das  Resultat  unseres  Vergleiches  ist  meinen  Messungen 
günstig  gewesen.  Bei  niederen  Temperaturen  stimmen  sie  ge- 
nügend mit  denen  Wüliner 's  und  Emden's,  bei  höherer  mit 
denen  Wüllner's  und  Nicol's  überein.  Vermeidet  man  vor 
einer  Beobachtung  jede  unnütze  Compression  oder  Dilatation 
des  Dampfes,  kurz  sorgt  man  dafür,  dass  sich  das  heterogene 
Gleichgewicht  zwischen  Dampf  und  Lösung  wirklich  herstellen 
kann,  so  wird  es  leicht  gelingen,  die  Beobachtungsfehler  inner- 
halb der  genannten  Grenzen  einzuschränken. 

II.  Die  Spannkraftserniedrigungen  in  ihrer  Ab- 
hängigkeit von  der  Concentration. 

Um  die  Spannkraftserniedrigungen  der  Dämpfe  aus  Lösungen 
als  Functionen  der  Concentration  darzustellen,  genügen  häutig, 
besonders  für  Stoffe,  die  sich  nicht  reichlich  lösen,  parabolische 
Ausdrücke  zweiter  Ordnung.  Doch  gibt  es  eine  Anzahl  von 
Fällen,  in  denen  auch  Gleichungen  dritter  und  vierter  Ordnung 
zur  genügenden  Darstellung  nicht  ausreichen  würden. 


1)  Bremer,  Recueil  d.  travaux  chiiniqaee  d.  Pays-Bas.  6.  p.  122. 

1887. 


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Dampfspannungen  wasseriger  Salzlösungen.  703 


Die  relativen  Spannkraftserniedrigungen l)  ju  Bind  propor- 
tional den  Differentialquotienten  der  Dampfepannungsernied- 
rigungen  nach  der  Concentration.  Die  u-Werthe  werden  also 
durch  lineare  Gleichungen  ausdrückbar,  wenn  die  Spannkrafts- 
erniedrigungen  durch  parabolische  Gleichungen  dargestellt  wer- 
den können.  Die  graphische  Darstellung  der  u-Werthe  in  ihrer 
Abhängigkeit  von  der  Concentration  (n)  ergibt  fur  viele  Salze 
über  das  ganze  mögliche  Concentrationsintervall  gerade  Linien. 
Für  andere  Salze  genügen  zwei  gerade  Linien  zur  Darstellung 
der  u  Werthe,  diese  Linien  schneiden  sich  in  einem  Punkte, 
dessen  Abscisse  entweder  der  eines  Knickes  oder  der  eines 
Inflexionspunktes  fur  die  Curve  der  Dampfspannungserniedrigung 
entspricht.  Schliesslich  gibt  es  noch  eine  dritte  Gruppe  von 
Stoffen,  deren  p-Werthe  nur  bis  zur  Concentration  n  «  2  —  5 
gerade  Linien  bilden,  die  dann  bei  höheren  Concentrations 
in  Curven,  die  ausgeprägte  Maxima  besitzen,  übergehen.  Als 
Beispiele  fur  den  letzten  Typus  der  Erniedrigungscurven  sind 
besonders  die  der  folgenden  Salze  zu  nennen:  LiCl,  LiBr, 
LiJ,  LiN03,  KHO,  NaHO,  H,SOt,  B3POv  K,C03,  BeC^, 
MgCU,  CaClj,  CaBr2,  Sr2CL„  BaBr2,  Co(N03)2,  PeCl2. 

Man  bemerkt,  dass  nur  Stoffen,  die  sich  in  grosser  Menge 
im  Wasser  lösen,  Curven  vom  dritten  Typus  zukommen.  Die 
Stoffe,  deren  Erniedrigungscurven  den  beiden  ersten  Typen 
angehören,  sind  im  aügenieinen  weniger  löslich.  Ihre  Ernied- 
rigungscurven stellen  sich  nur  als  Specialfalle  des  dritten 
Typus  dar. 

Um  eine  Uebersicht  über  die  soeben  geschilderten  Ver- 
hältnisse zu  geben,  habe  ich  im  Folgenden  die  linearen  Glei- 
chungen, die  die  u-Werthe  als  Functionen  der  Concentrationen 
n  darstellen,  die  Abscissenwerthe  der  Knicke  und  Inflexions- 
punkte  und  die  Grenzen  des  untersuchten  Concentrations- 
intervalles  zusammengestellt.  Im  Falle  die  /i-Curven  zum 
dritten  Typus  gehören,  habe  ich  nur  die  Gleichung  für  das 
lineare  Stück  der  Curve  gegeben  und  sowohl  die  Abscisse  des 
Uebergangs  der  Geraden  in  die  Curve  als  auch  das  Maximum 
der  letzteren  verzeichnet 

1)  p  =  T—  Tx  1000/  Tm.  Hier  bedeuten  T  und  1\  die  Spannkräfte 
der  Dämpfe  aus  dem  Lösungsmittel  und  der  Lösung,  tn  die  in  100  g 
Wasser  gelöste  Salzmenge. 


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704 


G.  Tammarut. 


Die  /i-Werthe  der  Kali-  und  Natronsalze  der  Monocarbon- 
säuren  bilden  für  Concentrationen  von  n  =  1  bis  n  =  7  flache 
Curven,  deren  Maxima  tabcllirt  wurden.  Von  n  —  7  bis  n  =  23 
lassen  sich  fi-Wertbe  für  Kalium-  und  Natriumformiat  als  ge- 
rade Linien  darstellen.  Aehnliches  scheint  auch  fur  die  anderen 
Salze  diesen  Gruppe  zu  gelten,  doch  habe  ich  aus  Mangel  an 
Beobachtungen  auf  eine  eingehende  Darstellung  verzichten 
müssen.  Zur  Aufstellung  der  folgenden  Gleichungen  benutzte 
icb  meine  letzten  Messungen.1)  Dieselben  sind  bei  100°  C. 
ausgeführt  Indem  ich  die  Manometer  in  ein  Dampfbad  tauchte, 
gelang  es  mir,  die  Fehler,  welche  durch  Temperaturschwankungen 
bedingt  werden,  innerhalb  der  Grenzen  von  ±0,6  mm  einzu- 
schränken. Man  hat,  wenn  man  von  den  bier  gar  nicht  in  Betracht 
kommenden  Messungsfehlern  absieht,  noch  zwei  Fehlergruppen 
zu  berücksichtigen.  Die  einen  entspringen  der  häufig  nicht 
genügend  verwirklichten  Bedingung,  dass  die  Lösung  homogen 
ist  Die  anderen  sind  auf  analytische  Fehler  bei  der  Concen- 
trationsbestimmung  zurückzuführen.  Diese  sind  je  nach  der 
analytischen  Methode  von  Fall  zu  Fall  verschieden.  Jene  sind 
bei  den  vorliegenden  Messungen  vollständig  verschieden.  Da 
nach  einer  Vergrößerung  des  Dampfraumes  eine  halbe  Stunde 
vor  dem  Beginn  der  Messungen  verstrich,  war  erfahrungsgemäß 
genügeud  Zeit  zur  Herstellung  der  Homogenität  geboten. 

Berechnet  man  aus  den  tabe Hirten  Interpolationsformeln 
die  Dampfspannungen  und  vergleicht  diese  mit  den  direct 
beobachteten,  so  erhält  man  für  Lösungen  bis  zu  30%  eine 
mittlere  Abweichung  von  ±0,5  mm,  für  concentrirtere  Lösungen 
eine  solche  bis  zu  ±1,5  mm.  Diese  Differenzen,  die  die 
Summe  aller  aus  verschiedenen  Quellen  herstammenden  Fehler 
darstellen,  sind  ein  wenig  kleiner,  als  die  der  Messungen  ver- 
schiedener Beobachter. 

(Folgt  Tabelle  p.  641.) 

Wie  früher  bemerkt,  giebt  es  zwei  Methoden  zur  Berech- 
nung der  in  den  Lösungen  hypothetisch  angenommenen  Hy- 
drate. Die  auf  verschiedenem  Wege  errechneten  Hydrate 
stimmen  unter  einander  durchaus  nicht  überein. 

1)  Tammann.  M<Sm.  d.  l'Acad.  de  St  Peterebourg  7.  35.  Nr. 
p.  21-141.  1887. 


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Dampfspannungen  wässeriger  Salzlösungen. 


70 


luterpolationsformeln  der  relativen  Spannkrafts- 
erniedrigungen für  begrenzte  Concentrationsgebiete  und 
die  Knicke  der  Erniedrigungscurven. 


NaCl  .  . 
NaCNS  . 

NaBr 
NaJ  .  . 

KCl  .  . 
KCNS  . 

KBr  .  . 
KJ    .  . 

KF    .  . 

NH4Ci  . 

NH4CNS 

NH.Br  . 

N114J  . 
LiCl  .  . 

LiBr  .  . 

LiJ  .  . 
RbOI.  . 


KNO,  . 

KNO,  . 

KC10a  . 
KHS04  . 

NaNO,  . 

NaNO,  . 

NaCIO,  . 
NaBrO,  . 

NaHS04 


Formel 


If. 
If* 
If. 
If* 

f. 

If. 
If* 
Jf. 
If* 

f. 

If. 
If* 
If. 
If* 
If. 
f, 
f. 
If 
If, 
If. 
f. 


in 
lf.» 
If*  = 


f.  = 


u,  =  2,48  +  0,327  n 

Maximum 
fix  -  2,70  +  0,024  » 
fi ,  =  2,751  -  0.010  n 


j/i,  -  3,47  --  0.000» 
j/i,  =  3,75  -  0,065  n 
=  2,7ö  -  0,075  n 
lv,  =  2,41  -  0,0445  » 
fi  =  2,38  -  U,056  n 
ft  =  2,13  —  0,006  n 
u,  =  4,42  4-  0,091  n 


ii,  =  5,25  -  0,094  » 
(ftl  =  3,52  -  0,012  n 
|m«  =*  3,83  -  0,071  a 
u  =  2,94  +  0,016  n 
u  =  2,21  +  0,039  n 
Iii,  =  2,29  +  0,154» 
|uv  =  2,95  -  0,040» 
N.  Y.  XXXVI. 


5.44  +  0,199» 
8,69  +  0,281  » 

5.71  -  0,062  n 
3,04  +  0,243  n 
3,84  +  0,068  n 
1,94  +  0,313» 
Maximum 
4,16  +  0,070»  *; 
3,07  +  0,097  » 
3,93  —  0,063  » 
2,39  -f  0,159  » 

2.90  -  0,004  » 

1.91  +  0,080» 

4,75  +  0,354  » 
5,88  +  0,076  » 

5.72  +  0,086  n 
6,18  -  0,088» 

4,75  -  0,070  n 
3,12  +  0,007  n 
3,53  -  0,045  » 
2,23  +  0,083  » 
2,64  -  0,045  n 
7,20  +  0,774  /* 
Maximum 

3.45  +  0,502  » 

Maximum 


Knicktod. 

Beflee- 
Joofpunkt 

firro«n^dw 

Cunceniratloii»- 
irvbiete« 

1-6 

5.9 

0,6 — 12 

3,4 

0,5—9,5 

9,3 

0  7—  16 
0  3—6  9 

5,3 

* 

0,7-27 

3,5 

0,5-7,3 

4,5 
7-8 

0.6-12 

• 

4,1 

0,8-9 

3,7 

1-11 

0,9-20 

7,9 

0,6-12 

5,3 

4,5 

8,3 
2,0 
6,8 
9,6 
5,9 
10,3 

2,8 

4,2 
2.6 


4,5 

5,2 

3,4 


0,8—14 
1-23 

0,4-15 


0,8-12 
1-10 

1,5-26 

0,4-21 

0,3-4 
0,8—8,5 

0,4—16 

0,7-14 

0,«— 8 
0,6-5 

1,5-11 

45 


TOO 


G.  Tammann. 


Formel 


Knicke  od. 
lnfleiiona- 

punkt 


Grt'tizen  dw 
unt*r«acht*n 


CaH5S04Na 
NH4NOs  . 

NH4HS04  . 


fi  =  1,56  +  0,047  « 
w,  =  3,72  -  0,069  n 
Ht  =  3,25  -  0,043  n 
px  =  2,61  +  0,029  » 
«4  =  2,90  -  0,040  » 
NH4FBFS  ....      u  -  8,01  —  0,099  n 

LiNO,  ii,  =  4,42  +  0,384  n 

Maximum 

I,iHS04   u  =  3,02  +  0,304  » 

RbNO,   u  =  2,01  -  0,081  n 

RbH804   «  -  1,59  -0,018« 

HCOÖK    ....  *~ 


.    .    .      *  Maximum 

u  =  4,84  -  0,080  » 

CH.COOK  Maximum.'  

C,H5COOK  

C;HtCOOK  (normal)  

C,H7COOK  (iao)   

C4H„COOK.  .  .  . 
C,H,COOK.  .  .  . 
HCOONa  Maximum 

/i,  =  5,69  -  0,106  n 
I«,  =  3,54  +  0,332»? 
CHjCOONa    .    .    .    Ut  =  4,15  +  0,091  n 

\pt  =  5,00  -  0,060  » 
C?H,COONa  Maximum 
C3H7COONa  (normal)   Maximum    .   .  . 
C,HTCOONa  (iso) 


0,H9C00Na 
C.H^COONa 


NH?CH,HC1 

N(CHS)4C1  . 

CN8H5HC1 

NHSC0H8HC1 

NHsCeHsHNO; 

LiHO  . 
KHO.  . 

NaHO  . 

BaOH.0 

H,S04  . 

H,P04  . 
H3Aa04  . 


u  =»  2,05  —  0,028  » 


|u,  =  3,60  +  0,279» 
j/t.  =  5,08  -  0,082  » 
J/i,  -  2,60  +  0,148» 
=  3,25  +  0,005  » 
1«,  =  3,25  -  0,140» 
\ftt  =  2,98  -  0,043  » 
ft  =  2,12  -  0,056  » 
f/u,  =  1,72  —  0,114  » 
(m4  =  1,38  -  0,039  » 


I«, 
K 


ti 


-  15,07  +  4,M5  » 
=  20,92  +  0,22  » 
r=  6' 74  +  0,348  » 

Maximum 
=  7,47  +  0,319» 
Maximum 
^  =  2,02  —  0,258  » 


u  =  2,02  —  0,01 1  »  « 


17,9 
4,1 

3,5 
7,3 


8,4 

T,3 
4,3 
2,7 
6,0 
4,9 

3,4 


2,5 
5,7 
5? 
2,4 
4,0 
1.4 


4,1 
4,5 

2,8 


0,8-4 
0,6-  24 

0,8—12 

1—8 
0,3—18 

0,7—5 
0,7-6 
0,5-5 

1—23 

0,8—28 
1—13 

1-  11 

2—  15 
1—16 

1,5-6 
1,5-22 

l-U 

1  —  15 
1-12 

1—12 
0,6-5 


0,6-14 

1—10 

1-14 
1-12 


|«,  =  3,29  +  0,415» 
)'«,  =  4,38  +  0,187  » 

Maximum 
u,  =  1,70  +  0,099  n 

Maximum 
«,  =  1,31  +  0,044» 


t  ■ 


4,4 

1-8 

1,2 

0,5-2,5 

1 

7 

0,5—13 

9,0 

0,5-19 

0,5—2 

M 

7,6 

8,4 

2-33 

18 

1-4 

Dampfspannungen  wässeriger  Salzlösungen,  707 


Formel 


HsBOs  «,  =  2,59  +  0,030  n 

/i,  =  1,90  -  0,070» 

Maximum 
ft  =  1,88  —  0,009» 
ft  -  1,28  +  0,035» 
,u,  =  1,17  +  0,078  n 

Maximum 
ft  =  1,33  +  0,037  » 
ft  =  0,93  +  0,060  » 


Milchsäure . 

Bernsteinsäure 
Aepfelaäure    .  . 
Weinaäure  rechts 

Traubenaaure .  . 
( 'itronensäure  .  . 


Oxalaaures  Kali 
Bernsteinsaures  Kali 

Pt 

Bernstein  aaurea  Natron 


P  = 


Weinaaurea  Kali  . 

Brechweinatein  .  . 
Weinaaures  Natron . 

Citronenaaurea  Kali 


P\ 

Pt 

Pi 
u, 

P 
Ii".» 

Citronenaaurea  Natron  u 
KH,P04     .   .   .   .  f\ 

KH,As04  . 


NaH4P04  . 

NaH,As04  . 
Na,HP04  . 

Na,NAa04  . 
Na,P04  .  . 

(NaPÖ,),  . 


K  ._,Mo04  . 
KaCr04  . 

K,804    .  . 

KfSgOs  • 

K.CO,  .  . 
4KOyFeCya 

Na,W04  . 

Na,Mo04  . 

Na,Cr04  . 

Na,S04  .  . 

Na,8,0.  . 

Na.S.CV  . 


\Pt 
Ii", 
\Pi 
P 


Mi  « 

\P*  - 

ft  = 

ft  = 
P  * 


2,18  +  0,103  » 
2,  »3  +  0,276  n 
3,40  —  0,050  n 
2,57  +  0,272  » 

3.08  +  0,067  » 

1.71  +  0,033  n 
1,99  —  0,029« 
0,60  -  0,070  n 
2,01  -  0,045  » 

1.34  +  0,290» 
1,90  +  0,059» 
1,67  +  0,113» 
1,78  —  0,0«8  » 
1,66—  0,131  » 

1.86  —  0,030  » 

2.35  —  0,153  » 
1,82  —  0,009» 
1,59  -  0,022» 
Knick 
Minimum 
2,18  —  0,255» 
1,80-0,010» 
2,78  —  0,263  » 
1,48  -  0,370» 
1,42  +  0,083  » 

1,44  +  0,254  » 
1,70  +  0,142» 
2,29  —  0,236  » 

1.72  +  0,130» 
1,40  -  0,049» 
2,15  -  0,150» 
1,95  -  0,134  n 
1,72  +  0,059» 
2,38  -  0,042  » 
2,62  +  0,258  n 

1.09  +  0,202  n 
1,34  +  0,131  n 

1.87  +  0,211  » 
2,22  +  0,207  n 

2.88  -  0,034  » 
1,66  +  0,172» 
2,28  +  0,136  » 
3,40  -  0,066  n 


Urenxen  des 
unt«r»ucht*-n 
Concentrationa- 
ireblctas 


1-4 


0,6-4 
1-9 


0,6-5 


1-5 


1  —  11 


1-5 


0,4-1,2 
0,3—10 


0,5-11. 


708 


G,  Tum  mann. 


Formel 


Knick«  od. 
Infleiioi»- 
pnnkt 


<>*r«iiren  de« 
ante*  luehten 
Concentrations- 


Na.COs  .  .  . 
Na,W043W08 

Na,B,Or  . 

(NH4),SO,  . 
(NH4),sA 
(NH4F),SiF4 
Li.0rO4.  . 
L^SO,   .  . 

Rb4S04  .  . 

AIC13  .  . 
CeCl,  .  . 
BeCL,    .  . 

BeBr.  .  . 
MgCI,    .  . 

MgBr,    .  . 

Mg(NOs),  . 
CaCl;     .  . 

CaBr^ 

Ca(NO,i1  . 
SrCL,     .  . 

SrBr4     .  . 

Sr(N03i,  . 
BaCl,  . 
BaBr,    .  . 

Ba(NOs)4  . 
Ba(Cl03)4  . 

BaF,(BFs)a 

BaiCsHsSO.)s. 
Ba(QH,OSOa), 
Ba(CH,eOO), 


NiCl,.  . 
Nif  NO,), 
CoCU  . 


l/i,  - 

\P*  = 

l>l  = 

l>t  = 

P  = 

P  = 

,»  = 

fi  «= 

f  = 

"  = 

\fh  = 

,"t  " 

fx  = 

.««  = 

,"i  = 

«•  = 

,«i  = 

/"i  ~ 

,«»  = 
= 

fi  - 

fh  = 

I«*  = 

."i  = 

fi«,  = 

\f*i  = 

«  = 

Hi  = 

!*  - 

Ii«*  = 

P  = 

"  = 


3,74 
3,11 
(»,38 
0,00 
3,29 
1.98 
2,80 
1,83 
1,78 
2,80 
3,18 
1,80 
2,40 
1,47 


-  0,258  n 
4-  0,080  n 

-  0,126  » 
4-  0,158  » 

-  1,175  n 

-  0,137  » 
4-  0,004  «i 
+  0,050  n 

-  0,091  n 
4-  0,377  a 
4-  0,128  » 
4-  0,855  » 
4-  0,512  » 

-  0,064  « 


3,06  4-  2,830  n 

8.61  +  0,560  » 
1,86  +  0,861  » 

4.74  4-  2,104  u 
6,88  4-  1,414  » 

2.72  4-  1,037  n 
5,22  4-  0,289  n 
8,91  4-  1,518» 
Maximum 
2,10  4-  0,857  n 
4,15  4-  0,309  n 
2,69  4-  0,962  n 

3.39  4-  0.577  n 
3.48  4-  1.052  » 
Maximum 
1,95  4-  0,769  » 
2,67  4-  0,164  n 

3.40  —  0,027  a 
2,45  4-  0,650  n 
Maximum 
1,64  4-  0,523« 
2,94  4-  0  155  » 
1,85  4-  0,030» 
2,17  4-  0,150  » 
1,29  4-  0,405» 
Maximum 

1 ,35  -  0.025  n 
1 ,32  4-  0,0H6  n 

1.62  +  0,100  n 
1,83  4-  0,<»42  n 

1.75  4-  0.142  n 

1.73  4-  0,060« 
1,54  -  0,071  n 


\fix  =  2.93  4-  0,709  » 
j«,  ~  4,35  4-  0  246  » 
«,*  =  2,22  4-  0,505  n 
l^i,  ~  2,77  4-  0,714  n 
\fit  =  4,48  4-  0,055  » 


1,9 
1.3 
1,3 


1,4 


2,4 

2,4 
4,0 

3,3 

3,4 
5,2 

3,2 


1,8 

2,8 
6,1 
2,8 

3,8 

2,6 
4,1 

3,5 


1,3 
3,2 


1.8 


3,1 


2,6 


0,5-4 
0,2-3 

0,3—2,5 

0,4—6 

0,5-4 

0,6-2,5 

0,3-45 

0,5-2,7 

0,5  —  4 

0,4—2,5 


0,5-3,4 
0,3-3,8 
0,4-5 

0,7-4.6 
0,7-6,2 

0,4-4,7 

0,3-3,4 
0,5-6.5 

0,3-5,6 

0,4-10 

0,5-5,4 

0,4 -4,tl 

0,3-3,7 
0,5-2,4 
0,4-4.4 

0,2-1..' 
0,3-2,8 

0,6-3 

0,5-1 
0,4 -2 
1—3 


0,5-5 

0.5-4,7 

3,5-4,4 


Digitized  ^yCoqfllg 


Dampfspannungen  wässeriger  Salzlösungen.  709 


r 


Uiyuzod  des 


Formel 


Co.NO,), 

FeCl,  . 

ZnCl,  . 
Zn(N0,), 

CdCL  . 

CdBr,  . 
CdJ,  .  . 

Cd(NO,)t 

ÜOtlNü,)s 
HgiCX), 
Pb  N0,)t 

Pb(CH.CÖO), 

CaS.O,  . 

SrS,0„  .  . 

BaS.O«  .  . 

Al,(804),  . 

BeS04    .  . 


MgS04H,S04 
NS04    .  . 

CoS04  .  . 
i cb04   .  . 

MnS04  .  . 

ZnS04  .  . 
CdS04  .  . 
USOe  .  . 
USO,H,804 


Salicin 


]ft  = 
\Hi  = 

»i  = 
Ht  = 
u  = 

Mi  = 

= 

."i  = 
\P\  = 
"  = 

F 

Hi  - 

u  — 

\fh  = 

H  = 
ft  « 

M  = 

f»  = 

l.^i  = 

I."*  = 

M  = 
ii  = 

t)'t  = 
Ii!" 

il"*  = 

ii«,  « 

ii",  = 

.».■  = 
f,  « 

.u  = 


2.25  4-  0,480  * 
3,31  4-  0,157  u 
3,01  +  0,460  n 
4,38  -  0,004  » 
3,13  +  0,578» 
Maximum 
1,60  4-  0,270  m 
2,37  +  0,148  » 
1,98  4-  0,670  n 
2,69  +  0,304  * 
1,41  -  0,063  n 
1.12  4-  0,1182  » 
0,"9  +  0,038» 
0,51  +  0,045  » 
1,57  +  0,406  n 
1,90  +  0,148  » 
1,60  4-  0,290» 
1,10  +  0,2«!0  n 
0,71  -  0,055« 
1,00-  0,055» 
0,69  -  0,100» 
0,47  -  |.,005  » 


1,03  + 
0,62  4- 
0,55  + 
0,62  4- 
1,00  + 
1.49  - 
0,58  4- 
2,91  4- 
0,S6  4- 
0,92  4- 
0,22  4- 
1,75- 
0,82  4- 
1,18  - 
«»,60  4- 
0,45  4- 
0,55  4- 
0,29  4- 
0,89  4- 


0,410  n 
0,312  m 
0,125» 
0,751  y, 
0,394  » 
0,165» 
0,874  » 
0,572  n 
0,000» 
0,000» 
0,336  n 
0,33  .»  » 
0,321  » 
0,187  » 
0,163  n 
0,210» 
0,000» 
0,070  « 
0,342  » 


k.i.keod.,  uu„   

Infleilon*.  ,  ConcentrtUon«- 
punkt  ^biet«»B 


3,3 

3,0 

2,1 
4,8 

6,3 
1,9 

'  2,8 

■ 

i 

1,2 


2,3 


1,7 

2,1 

M  | 

I 

1,5 


I  - 


0,5-6,6 

0,7-5,8 
0,8-7 

1-9 
0,5-  4 

0,7  -  5,0 

1-4 

1-3 

03-4 

0,5-5 
0,4—1,2 
0,4—1,2 
0,6-3,4 

1-6 

0,6  -  3,3 
0,6—2,3 

1  —  1,8 
0,3—1,2 

1-6 

1-4 

0,3-2 
0,7-2,5 

0,7-3,4 
0,6-3,5 

0,3-2,7 

1-5 
1-2,4 
0,6—5 
0,3-2 


u   =  0,58  4-  0,062  n 


0,4-3,« 


Die  erste  Methode  ist  bisher  wohl  nur  auf  Eigenschaften 
cumulativer  Natur,  wie  die  Gefrierpunkte  und  Dampfspannungs- 
erniedrigungen angewandt  worden.  Ihre  Grundlage  bilden  die 
Befunde  RtidorffV):  1.  Die  Gefrierpunktserniedrigungen  meh- 

1)  Rädorff,  1. 


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710 


G.  Tammann. 


rerer  wasserfrei  krystallisi render  Salze  sind  proportional  der 
Concentration.  2.  Die  Gefrierpunktserniedrigungen  der  Salze, 
die  mit  Krystallwasser  verbunden  sich  aus  ihren  Lösungen  ab- 
scheiden, nehmen  schneller  als  die  Concentration  zu.  Rüdorff 
stellte,  gestützt  auf  jene  Verallgemeinerungen,  den  Satz  auf: 
Die  Gefrierpunktserniedrigungen  sind  direct  proportional  den 
gelösten  Hydratmengen,  und  berechnete  mit  Hülfe  deren  Vor- 
aussetzung die  Formeln  der  gelösten  Hydrate.  Für  jedes  Salz 
berechnete  Rüdorff  nur  ein  Hydrat,  wahrend  deCoppet  auf 
Grundlage  seiner  Bestimmungen,  um  die  Proportionalität  zu 
erzwingen,  häufig  die  Existenz  mehrerer  Hydrate  annehmen 
musste.  Bestände  innerhalb  eines  grösseren  Concentrations- 
intervalls  in  der  Lösung  ein  Hydrat  von  constanter  Zusammen- 
setzung, so  müssten  sich  die  relativen  Spannkraftserniedrigungen 
in  ihrer  Abhängigkeit  von  der  Concentration  (n)  durch  Stücke 
einer  gleichschenkligen  Hyperbel  darstellen  lasseu,  es  genügen 
aber  zu  diesem  Zwecke  häufig  gerade  Linien.  Aus  Rüdorffs 
Formel  folgt  nämlich,  wenn  ju  und  p'  zwei  relative  Spannkrafts- 
erniedrigungen ,  n  und  ii  die  zugehörigen  Concentrations) 
und  r  die  Anzahl  Wassermolecüle  des  Hydrates  bedeuten, 
r  =  (iij  —  u)  /  (mj  n,  —  fjtn).  Setzen  wir  hier  fur  ein  gewisses  Con- 
centrationsgebiet  r  als  unveränderlich  voraus,  so  folgt,  indem 
wir  von  Differenzen  zu  Differentialen  übergehen,  pdn  +  n/ift 
=  du  I  r  und  nach  einer  Integration  1  / ^  =  9ft  (n  —  1  /  r).  Man 
müsste  demnach,  um  eine  Proportionalität  zwischen  den  Er- 
niedrigungen und  den  Hydratmengen  zu  erzwingen,  mindestens 
zwei  Hydrate,  deren  Mischung  von  der  Concentration  abhängig 
ist,  annehmen.  Der  Rechnungsweise  von  Rüdorff  scheinen 
heute  alle  Stützen  entzogen  zu  sein.  Einerseits  sind  fur  manche 
Salze,  die  sich  wasserfrei  aus  ihren  Lösungen  abscheiden,  rela- 
tive Erniedrigungen  bekannt,  die  zuerst  mit  wachsender  Con- 
centration zunehmen,  dann  aber  abnehmen.  Andererseits  nehmen 
für  stark  concentrirte  Lösungen,  auch  der  als  Hydrate  bekann- 
ten Salze,  die  relativen  Spannkrafteerniedrigungen  bei  wachsen- 
der Concentration  sehr  häufig  ab.  Erklärt  man  diese  Abnahme 
durch  Bildung  von  Doppel molecülen,  so  fällt,  da  man  nicht 
weiss,  bei  welcher  Concentration  die  Bildung  polymerer  Molecüle 
beginnt,  jede  Stütze  der  Rechnungsweise  Rüdorffs. 

Die  zweite  Methode  zur  Berechnung  der  hypothetischen 


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Dampfspannungen  wässeriger  Salzlösungen.  711 


Hydrate  in  Lösung,  die  besonders  Mendelejew1;  auf  die  spe* 
einsehen  Gewichte  der  Lösungen  angewandt  hat,  läset  sich  auf 
jede  Eigenschaft  der  Lösungen  anwenden.  Stellt  man  irgend 
eine  Eigenschaft  der  Lösungen  als  Function  ihrer  Concentra- 
tion dar,  so  bemerkt  man  häufig  in  den  Curven  Knicke.  Zur 
Erklärung  dieser  Knicke  nimmt  Mendelejew  eine  Reihe  von 
Hydraten  in  der  Lösung  an.  Jede  Concentration,  bei  der  ein 
Knick  eintritt,  giebt  nach  Mendelejew  die  Zusammensetzung 
des  innerhalb  jenes  Concentrationsgebiets  in  der  Lösung  existi- 
reuden  Hydrates.  Stellt  man  verschiedene  Eigenschaften  der 
Lösungen  in  ihrer  Abhängigkeit  von  der  Concentration  als 
Curven  dar,  so  wäre,  wenn  wirklich  Hydrate  das  Auftreten 
von  Knicken  bedingen,  eine  allgemeine  Uebereinstimmung  der 
Knickabseissen  zu  erwarten.  In  der  That  besteht  für  die 
Dampfspannungen  und  die  speeifischen  Gewichte  eine  solche 
Uebereinstimmung.  Doch  scheint,  besonders  wenn  man  noch 
andere  Eigenschaften  zum  Vergleich  heranzieht,  die  Ueberein- 
stimmung keine  allgemeine  zu  sein. 

ich  tabellire  im  Folgenden  die  Abscissen  der  Knicke  für 
die  Curven  der  Dampfspannungen  und  der  speeifischen  Gewichte. 
Die  Curven  sind  auf  die  gleiche  Abscisseneinheit  ein  Gram- 
molecül  Salz  in  10UU  Wasser,  w,)  bezogen.  Zwar  sind  die 
Temperaturen,  bei  denen  beide  Eigenschaften  bestimmt  sind,  sehr 
verschieden  (Die  speeifischen  Gewichte  sind  den  Zusammen- 
stellungen Gerlach's2)  entnommen,  sie  beziehen  sich  auf 
Temperaturen  von  15— 20°  C.  Die  Dampfspannungen  wurden 
bei  100°  C.  gemessen.),  doch  geht  aus  den  Bestimmungen  der 
Dampfspannungen  bei  verschiedenen  Temperaturen  hervor,  dass 
sich  die  Knicke  dieser  Curven  bei  Variation  der  Temperatur 
nicht  wesentlich  verschieben.  Man  bemerkt,  dass  bald  die  aus 
den  Dampfspannungen  abgeleiteten  Knickabscissen  n  D  grösser 
sind  als  die  aus  den  Curven  der  speeifischen  Gewichte  ge- 
wonnenen nSf  bald  der  umgekehrte  Fall  eintritt.  Sind  wirk- 
liche Hydratbildungen  die  Ursache  der  Iuflexionspunkte,  so 
wäre  anderen  Analogien  nach  bei  steigender  Temperatur  eine 

1)  Mendelejew,  1.  c. 

2)  Ger  lach,  Zeitschrift  für  analyt.  Chem.  8.  p.  246.  1871;  27. 
p  271.  1888. 


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712 


G.  Tarn  mann. 


Bildung  von  wasserärmeren  Hydraten,  eine  Vergrösserung  der 
Knickabscissen  zu  erwarten. 


KCl 
KBr 
KJ 
NaCl 
NaBr 
NaJ 
NH.C1 
LiCl 
LiBr 
LiJ 
NaN03 
N1LNO, 
NaCjH.Oj 
KHO 
NaHO 
KXr04 
K,CO, 
Na.S.0, 
Na^O, 
(NH4i,S04 


nD 


7-8 


8,5 

Ii5 

3,4 

3,4 
3,7 

4,5  8,3 

2,0  6,8 

5,9  10,3 
5,2 

1.8 
2,5 
8,5 
9,0 
1,6 
5.?> 
5,5 
1,9 
2,5? 


5,7 


9,0 


T  8 


nS 

2,6 
2,6 
3,0 

3,0 

4,0 

2,8 

3,S 

8,2 

4,5? 

3,0  7,5 

4,5 

8,2 

2,0  4,3 
9,8 
8,5 
1,9 

3,2  7,1 
3,7 
2,0 
2,2 


MgBr. 
MglNO.), 
CaCL. 
CaBr, 
Ca<N09)4 
SrOlt 
SrBr, 
Sr(NO$). 
BaCi; 
BaBr, 
Zu(N08lt 
Cd(N05), 
Pb(OOCCH,»2 
MgSOi 
MnS04 
ZnSO« 
H.,80, 


n8 


4,6 

q  9 

2,4 

3,8 

3,4 

3,0 

3,2 

1,8 

1,8 

1,7 

2,8 

2,7 

2,8  4,2 

2,5  4.0 

3,8 

? 

2,6 

1,7 

3,5 
1,7? 

1.7 

1,7 

0,8 

1,3 

1,5 

1,9 

2,5 

1,2 

2,3 

1,2 

1,7 

1,7 

1,5 

2,0 

1,5? 

1,0  2.1 

4,8  7,6 

3,4  6,7 

III.   Die  Resultate  der  Beobachtungen  und  die 
Forderungen  der  Thermodynamik. 

Nach  Kirchhoff1)  kann  man  die  Bildungswärme  einer 
Lösung  berechnen,  wenn  die  Beziehung  zwischen  der  Temperatur, 
der  Concentration  und  dem  Dampfdruck  derselben  bekannt  ist 
Da  aber  weder  die  Abhängigkeit  der  Dampfspannungen,  noch 
die  der  Bildungswärmen  von  der  Temperatur  genügend  be- 
kannt ist,  muss  man  auf  die  Durchführung  jener  Rechnung 
verzichten.  Doch  werden  wir  sehen,  dass  zum  wenigsten  in 
qualitativer  Beziehung  die  theoretischen  Forderungen  von  der 
Erfahrung  durchweg  bestätigt  werden.2)  Der  Theorie  nach 
sollen  die  ji-Werthe  für  verdünnte  Lösungen,  deren  Ver- 
dünuungswärme  Null  wird,  bei  Variation  der  Temperatur  un- 
verändert bleiben.  Ferner  sollen  die  u  -Werthe  mit  steigender 
Temperatur  abnehmen,  wenn  die  Bildungswärme  der  gesättigten 


Ii  Kirch  hoff,  Pogg.  Ann.  103.  p.  200.  1858. 

2)  Berechnet  man  aus  der  Formel  Kirchhoff's  für  gesättigte 
Lösungen  den  Werth  der  Differentialquotienten  (ö  log  nat  Tx}Tv,B *> 
stimmen  diese  mit  den  aas  meinen  Messungen  für  concentrirte  Lösungen 
abgeleiteten  Differentialquotienten  der  Dimension  nach  überein. 


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Dampfspannungen  wässeriger  Salzlösungen 


713 


Lösungen  positiv  sind,  und  mit  der  Temperatur  wachsen,  wenn 
die  Bildungswärmen  negativ  sind. 

1.  Nach  Kirchhoff  sind  die  jz-Werthe  von  der  Tem- 
peratur unabhängig,  wenn  die  Verdünnungswärmen  unendlich 
klein  sind.  Folgende  experimentellen  Befunde  bestätigen  K  irch- 
hoffs  Fordern ngen. 

a)  Die  fur  verschiedene  Temperaturen  geltenden  /i-Ourven 
der  Schwefelsäure-  und  Jodcadmiumlösungen  schneiden  sich 
bei  der  Abscisse  n  =  0. 

b)  Es  coincidiren  für  verdünnte  Lösungen  die  bei  17°  C. 
bestimmten  isosmotischen l)  Curven  mit  den  analogen  Curven 
gleichen  Dampfdrucke,  die  sich  auf  100°  C.  beziehen. 

c)  Gilt  jener  Satz,  so  stehen  nach  Guldberg  die  rela- 
tiven Gefrierpunkts-  (r)  und  Spannkraftserniedrigungen  (u)  ver- 
dünnter Lösungen  in  der  Beziehung  >•/«  »  104,5. 

Nach  der  Dissociationstheorie  von  Arrhenius  müssen 
die  relativen  Spannkraftserniedrigungen  für  verdünnte  Lösungen 
mit  wachsender  Concentration  abnehmen.  Dieses  Concentrations- 
gebiet  bleibt  fürs  erste  unerforscht,  und  die  Extrapolation  der 
p-Werthe  fur  n  0  ist  nicht  möglich.  Eine  solche  ist  aber 
zum  vorliegenden  Zweck  gar  nicht  nöthig,  denn  schon  fur 
Lösungen  von  der  Concentration  n  =  0,5  wird  der  Einfiuss  der 
Verdünnungswärme  auf  die  Veränderlichkeit  innerhalb  der 
Temperaturgrenzen  von  0°  bis  100°  C.  so  gering,  dass  er  gegen- 
über den  Versuchsfehlern  vollständig  zu  vernachlässigen  ist. 

Im  Folgenden  gebe  ich  eine  Zusammenstellung  der  Quo- 
tienten t  ju  für  die  Concentration  n  ~  0,5.  Zur  Interpolation 
der  v-Werthe  dienten  die  Versuchsdaten  Rüdorff  s  und  de 
Coppet's,  zu  der  der  n-Werthe  die  gegebenen  Formeln. 

KCl  KCNS  KBr  KJ  KNO,  NaCl  NaBr  NaJ  NaNO.  NH4C1 
105       100       119      108       97         101       104      109       106  113 

NH4CN8  NH4NO,  CH.COONa  NaHO   KHO   H,S04   K,S04  Na^SO» 
114  110  123  112        91        10?        100  121 

( NH4),S04  K^CrO,   K,C05  Na,CO,  MglNO,),  CaCl,   Ca(N08),  SrCl, 
123  91  113         97  117         118  98  115 

SriNO,),    BaCl,  Ba(NO,),   CdJt  CdiNOs)4  Zn(NO,»,    NiCl,  NiiNO.), 
100         102  88         102  120  119  120  111 

CoCI4    Pb(N08),    M*804    MnS04    ZnSO,  Cu804 
128  92  114         lOi         119  115 


1)  Tammann,  Wied.  Ann.  84.  p.  299.  18s.S. 


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714 


G.  Tammann. 


Für  i'iu  ergiebt  sich  als  Mittelwerth  die  Zahl  108,8,  diese 
ist  um  4  Proc.  grösser  als  der  berechnete  Werth.  Der  beob- 
achtete Gefrierpunkt  einer  Lösung  liegt  immer  tiefer  al6  der 
wahre  Gefrierpunkt  Denn  die  sich  aus  einer  Lösung  aus- 
scheidenden Eiskrystalle  werden  von  concentrirteren  Lösung*- 
schichten  umschlossen.  Ein  Umstand,  der  die  Abweichung  zu 
erklären  scheint. 

2.  Um  den  zweiten  Theil  der  Forderungen  Kirchhoff  s 
zu  prüfen,  muss  die  Abhängigkeit  der  Lösungswärmen  von  der 
Temperatur  bekannt  sein.  Für  diese  hat  J.  Thomsen1)  eint- 
einfache  Kegel  gegeben:  1st  die  Lösungswärme  wasserfreier 
Salze  positiv,  so  nimmt  sie  mit  der  Temperatur  stets  zu;  ist 
die  Lösungswärme  negativ,  so  nimmt  sie  mit  steigender  Tem- 
peratur ab  und  kann  sogar  positiv  werden.  Wir  haben  daher 
nach  Kirch  ho  ff  für  Salze,  deren  Lösungswärme  positiv  ist 
immer  eine  Abnahme  der  u-Werthe  mit  wachsender  Tem- 
peratur zu  erwarten.  Sowohl  meine  Messungen  der  Dampf- 
spannungen bei  verschiedenen  Temperaturen,  als  auch  ein  Ver- 
gleich der  relativen  Spannkrafts-  und  Gkfrierpunktserniedrigungen 
veriticiren  ausnahmslos  die  Forderung  Kirchh off  s.  Dagegen 
können  die  «-Werthe  jeuer  Lösungen,  deren  Bildungswärme 
negativ  ist,  mit  steigender  Temperatur  nur  wachseu  oder  erst 
wachsen,  dann  aber  abnehmen.  Die  Beobachtungen  ergeben 
Beispiele  für  beide  Fälle.  Betreffs  der  Einzelheiten  verweise 
ich  auf  meine  frühere  Zusammenstellung. 2)  In  50  Fällen 
stimmen  die  Forderungen  der  Theorie  mit  den  Befunden  des 
Experiments  überein,  und  nur  in  vier  Fällen  ist  die  Entscheidung 
von  einer  Feststellung  der  Beziehung  der  Lösungswärme  zur 
Temperatur  zu  erwarten. 

Dorpat,  30.  November  1888. 

1)  J.  Thomsen,  Tbermochem.  Untersuch.  1.  p.  8. 

2)  Taminann,  Mem.  de  l'Acad.  de  Sf.  Pätersbourg.  (7)  &">.  No.  9, 
p.  154-168. 


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Wärmestrahlung  durch  trübe  Medien.  715 

VilL  Beobachtungen  über  die  Durch  straJUung  von 
Wärme  verschiedener  Wellenlänge  durch  trübe 
Medien;  von  Knut  Angström. 

t  Vorgelegt  »l.  k.  Akad.  d.  Wisa.  zu  Stockholm  am  t>.  Juni  18«8.» 

Einleitung. 

Wenn  Wärmestrahlen l)  durch  ein  vollkommen  homogenes 
Medium  gehen,  wird  im  allgemeinen  ein  Theil  davon  absorbirt 
und  diese  Absorption  folgt  für  eine  gewisse  Wellenlänge  dem 
einfachen  Gesetz,  dass  jede  Schicht  des  Mediums  denselben 
Bruchtheil  der  an  sie  gelangten  Strahlung  absorbirt,  oder  also 
dass  die  Intensität  /  der  durch  die  Schicht  /  durchgehenden 
Strahlung  durch  die  Gleichung  /  =  lx)e~kl  ausgedrückt  werden 
kann,  wobei  /,  die  einfallende  Strahlung,  r  die  Basis  der  na- 
türlichen Logarithmen  und  k  eine  für  jedes  Medium  und  für 
jede  Wellenlänge  bestimmte  Constante  bezeichnet. 

Enthält  dagegen  das  Medium  discrete  Theilchen,  deren 
optische  Eigenschaften  verschieden  von  denen  seiner  Umgebung 
sind,  so  entsteht  dabei  im  allgemeinen  eine  Diffusion  der 
Strahlung  nach  allen  Richtungen.  Wenn  aber  die  Masse  der 
diffundirenden  Theilchen  klein  genug  ist,  geht  auch  in  diesem 
Falle  ein  grösserer  Theil  der  Strahlung  in  der  Richtung  des 
einfallenden  Strahles  hindurch,  was  sich  auch  dadurch  zeigt, 
dass  man  durch  ein  solches  Medium  ganz  scharfe  Bilder  sehen 
kann.  Die  Intensität  der  direct  durchgelassenen  Strahlung 
nimmt  mit  wachsender  Dicke  der  diffundirenden  Schicht 
immer  ab.  Diese  Abnahme  kann  in  zwei  Ursachen  begründet 
sein:  die  wirkliche  Absorption  und  die  schon  erwähnte  Diffusion. 
Die  Frage  ist  dann:  Folgt  auch  hier  das  Abnehmen  der  In- 
tensität oder  mit  anderen  Worten  die  scheinbare  Absorption 
bei  der  direct  durchgehenden  Strahlung  demselben  Gesetze  wie 
bei  vollkommen  durchsichtigen  Medien,  und  steht  die  Durch- 
sichtigkeit des  Mediums  etwa  in  einem  einfachen  Verhältniss 
zur  Wellenlänge  der  Strahlung? 

Für  die  sichtbaren  Strahlen  ist  diese  letztere  Frage  schon 
von  Goethe  in  seiner  Farbenlehre  bei  der  Betrachtung  der 

1)  Unter  diesem  Namen  verstehen  wir  in  dem  Folgenden  Strahlung 
beliebiger  Wellenlangen,  hell  oder  dunkel. 


Tit; 


K.  Angstriim. 


trüben  Medien  im  durchgehenden  und  reflectirten  Licht,  dann 
von  Clausius1)  und  Lord  Rayleigh2)  für  die  Erklärung  der 
Farbenerscheinungen  der  Atmosphäre  behandelt  worden.  Der 
»•rstere  geht  von  Reflexion  und  Brechung  als  Grund  der  Diffusion 
aus,  der  letztere  aber  zeigt,  dass,  wenn  die  Theilchen  klein  im 
Verhältniss  zur  Wellenlänge  sind,  die  gewöhnlichen  Gesetze 
der  Reflexion  und  Brechung  nicht  gelten,  und  betrachtet  darum 
die  diffundirenden  Partikeln  als  Störungscentra  der  einfallenden 
Wellenbewegung.  Die  beiden  Theorien  leiten  indes9  zu  ähn- 
lichen Beziehungen  für  die  directe  durchgehende  Strahlung. 
Während  aber  die  erstere8)  die  Formel: 


ergibt,  wobei  A  die  zu  untersuchende  Wellenlänge,  x  eine 
Constante  repräsentirt,  und  die  übrigen  Bezeichnungen  dieselben 
wie  in  der  vorigen  Formel  sind,  ist  dagegen  nach  der  leteten 


Experimentelle  Untersuchungen  über  diese  Fragen  sind 
in  der  letzten  Zeit  von  Dr.  E.  L.  Nichols*)  und  Dr.  Mänz6) 
auf  spectrophotometrischem  Wege  ausgeführt,  wobei  ersterer 
hauptsächlich  das  zurückgeworfene  difluse  Licht,  letzterer  das 
durchgehende  Licht  bei  einer  grossen  Zahl  von  trüben  Medien, 
besonders  bei  Flüssigkeiten  untersucht  hat 

Diese  Untersuchungen  umfassen  jedoch  nur  Wellenlängen 
von  0,4  bis  zu  0,7. 10-3  mm.c) 

Eine  von  Abney  und  Fes  ting7)  mit  Hülfe  eines  em- 
pfindlichen Thermostaten  ausgeführte  Untersuchung  über  in 
Alkohol  aufgelösten   Mastix  ist  bis  zu  /.  =  1,17  ausgedehnt 

1)  Clausius,  Pogg.  Ann.  72.  p.  188  u.  294.  1847;  76.  p.  161.  1849; 
SN.  p.  548.  1853. 

2)  Lord  Rayleigh,  Strutt,  Phil.  Mag.  41.  p.  107.  274  iL  447.  1871. 

3)  Lord  Rayleigh,  1.  c.  p  107  u.  f. 

4)  Nichols,  Trans.  Kansas  Acad,  of  Science  10.  1886. 

5i  Münz,  Speetrophotometriache  Untersuchungen  an  trüben  Medien. 
Inaug.-Diss.  Marburg,  1885. 

6  |  Hier  wie  überall  in  dem  Folgenden  ist  die  Wellenlänge  in  0,001  mm 
angegeben. 

7)  Abncy  u.  Festing,  Proc.  Roy.  Soc.  Lond.  40.  p.  378.  1886. 


7  = 


Theorie : 


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Wärmestrahlung  durch  trübe  Medien.  717 

und  scheint  die  von  Lord  Rayleigh  aufgestellte  Theorie  zu 
bestätigen. 

Ich  habe  unter  Hinzunahme  der  umfassenden  Bestimmun- 
gen des  Um.  Langley  über  den  Brechungsindex  des  Stein- 
salzes diese  Untersuchungen  mit  Anwendung  des  Spectrobolo- 
meters  wieder  aufgenommen  und  dabei  Medien  benutzt,  welche 
ohne  die  etwa  zweifelhafte  Methode  der  Vertheilung  kleiner 
Partikeln  in  einer  Flüssigkeit  hergestellt  werden  können. 

2.  Instrument  und  Methode. 

Die  Wärme  absorbirende  Fläche  in  dem  Spectrobolometer 
besteht  aus  einem  einzigen  Platinstreifen  von  ungefähr  0,1  mm 
Breite,  0,02  mm  Dicke  und  12  mm  Länge,  der  galvanisch  pla- 
tinirt  und  danach  mit  Stearinruss  überzogen  ist,  Derselbe  bil- 
det den  verticalen  Theil  des  Fadenkreuzes  des  auf  einem  ge- 
wöhnlichen, mit  einem  Prisma  versehenen  Spectroskopes  be 
fiiidlichen  Fernrohres.  Alle  optischen  Theile  dieses  Spektro- 
skopes,  das  Ocular  ausgenommen,  sind  aus  Steinsalz  von  Steeg 
und  Reuter  in  Homburg.  Das  zum  grössten  Theil  dem  bis- 
her von  mir  angewandten  ähnliche  Bolometer')  selbst  ist  fest 
mit  der  Theodolitenaxe  verbunden;  auf  dem  um  die  Axe  herum 
beweglichen  Arm  ist  die  Collimatorlinse  mit  der  Spaltöffnung 
befestigt  und  vor  derselben  eine  mit  Rundbrenner  versehene 
Oaslampe,  umgeben  zuerst  von  einem  Thoncylinder  mit  einem 
kreisförmigen  Loch  vor  der  Spaltöffnung  und  danach  von  einem 
ebenso  mit  kreisförmigen  Löchern  vor  der  Spaltöffnung  ver- 
sehenen Doppelschirm  von  Messing.  Zwischen  den  beiden  Wän- 
den dieses  Schirms  befindet  sich  ein  kleinerer  beweglicher  Schirm, 
bestehend  aus  einem  kleinen  Kästchen  von  Zinkblech,  durch 
welches  während  der  Versuche  mittelst  feiner  Kautschuk- 
schläuche ein  ununterbrochener  Wasserstrom  geleitet  wird,  und 
vermittelst  dessen  man  die  Strahlen  der  Lampe  beliebig  durch- 
lassen oder  abblenden  kann.  Zwischen  der  Spaltöffnung  und 
dem  beweglichen  Schirm  wird  das  Beobachtungsobjoct,  eine 
plange^chliffene  und  polirte  Steinsalzplatte,  befestigt,  auf  wel- 
cher die  zu  untersuchende  Substanz  angebracht  ist. 

l>  Angstrom,  Up.^ala  Univ.  Ärsekrift  1885  und  Wied.  Anu.  26. 
p.  253.  1885;  Bihang  till  K.  Vet.  Akad.  Hand!.  13.  1887. 


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718 


A".  Angstrom. 


Bei  der  Einstellung  des  Apparates  wird  die  Graslampe 
durch  eine  Natriumtiamme  ersetzt,  das  Prisma  von  60°  2' 
brechendem  Winkel  wird  auf  das  Minimum  der  Ablenkung  ein- 
gestellt, sodass  die  Natriumlinie  auf  den  verticalen  Faden  des 
Fernrohres,  d.  h.  auf  den  Messfaden  des  Bolometers  fallt, 
sehr  genau  mit  Hülfe  des  Oculars  ausgeführt  werden  kann. 
Danach  entfernt  man  das  Ocular  des  Fernrohres,  ersetzt  es 
durch  einen  Ebonitpfropfen  und  beobachtet  die  Stellung  des 
Collimators  auf  dem  graduirten  Theilkreise.  Die  Einstellung 
auf  die  aus  der  Wellenlänge  zu  berechnenden  Ablenkungen 
der  Strahlen  von  anderen  Wellenlängen  kann  von  diesem  Aus- 
gangspunkte aus  mit  Hülfe  von  Spiegel  und  Scala  mit  einer 
Genauigkeit  von  10"  bewirkt  werden.  Eine  graphisch  con- 
struirte  Tabelle  diente  hierbei  zur  Feststellung  der  jeder  Wellen- 
länge entsprechenden  Einstellung.  Für  das  sichtbare  Spectrum 
sind  die  Brechungsindices  der  Prismas  hierzu  in  gewöhnlicher 
Weise  bestimmt  worden.  Für  die  ultrarothen  Strahlen  habe 
ich  mich  der  von  Langley  in  seinen  Untersuchungen  hierüber 
gefundenen  Werthe  des  Brechungsindex  bedient1)  Da  indess 
die  direct  bestimmten  Werthe  des  Brechungsindex  sämmtiich 
ca.  0,034  höher  als  die  entsprechenden  von  Langley  ange- 
gebenen sind,  habe  ich  für  das  nun  angewendete  Prisma  auch 
die  Brechungsindices  der  ultrarothen  Strahlen  um  diese  Grösse 
0,084  erhöht.  Die  etwa  hieraus  resultirenden  Fehler  sind  für 
die  vorliegende  Untersuchung  ganz  ohne  Bedeutung.  Die 
Untersuchung  Lang  ley 's  über  Brechungsindices  geht  indess 
nur  bis  zu  l  —  5,3;  die  Curve  aber,  die  das  Verbältniss  zwi- 
schen Ablenkung  und  Wellenlänge  darstellt,  geht  schon  bei 
X  as  3,0  in  eine  gerade  Linie  über  und  läuft  in  dieser  Weise 
zwischen  /.  =  3  und  k  =  5  fort  Prof.  Langley  hat  bei  Be- 
stimmungen von  grösseren  Wellenlängen  als  wahrscheinlich  an- 
genommen, dass  diese  gerade  Linie  weitergezogen  werden  kann, 
und  so  habe  ich  mich  auch  dieser  Extrapolation  bedient,  in- 
dess die  Unsicherheit  der  Bestimmung  der  Wellenlängen  mit 
einem  *  bezeichnet.  Die  folgende  Tabelle  enthält  die  nach 
der  graphischen  Construction  erhaltenen  Bestimmungen  der 
Wellenlängen  l  für  eine  Ablenkung  D  von  30  zu  30  Minuten 
von  der  D- Linie  nach  Roth  fortschreitend. 

1)  Langley,  Phil.  Mag.  9.  p.  438.  1886. 


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Wärmestrahlung  durch  trübe  Medien. 


710 


Tabelle  I. 

D     0°        0°,6      1°,0       1°,5      2*0  2°,5  3°,0  4°,0 

k       0,59     0,69     0,90       1,70     4,<  0  6,50»)  *8,90  *\S,$b 

/0      2,2       7,1     53.8     224,0     64,4  20,2  10,2  8,8 

Die  von  mir  untersuchten  Medien  sind:  Russ,  Magnesium- 
oxyd und  Zinkoxyd.  Von  diesen  Medien  kann  man  ohne  all- 
zugrosse  Schwierigkeiten  homogene  und  so  ziemlich  gleich- 
förmige Schichten  herstellen,  indem  man  sie  als  Rauch  auf 
eine  plangeschliffene  und  polirte  Steinsalzplatte  niederschlagen 
lässt.  Vor  und  nachdem  die  Schicht  auf  die  Platte  ange- 
bracht ist,  beobachtet  man  dieselbe  durch  ein  grosses  Mikro- 
skop. Die  Differenz  der  beiden  Einstellungen  wird  auf  der 
Mikrometerschraube  des  Mikroskopes  abgelesen  und  gibt  nach 
einiger  Uebung  die  Dicke  der  Schicht  bis  auf  0,002  in  in  an. 
Nur  Schichten,  weiche  an  drei  verschiedenen  Stellen  eine  mög- 
lichst gleiche  Dicke  haben,  werden  zu  den  Versuchen  verwendet. 
Selbstverständlich  ist  damit  die  Dicke  der  Schicht  nicht  ganz 
bis  zu  obiger  Grenze  sicher. 

Hierauf  wurde  der  Ausschlag  des  Bolometers  für  ver- 
schiedene Wellenlängen  bestimmt,  theils  mit  der  präparirteu 
Platte  vor  der  Spaltöffnung,  theils  ohne  diese  Platte.  Da  in 
einer  vorläufigen  Untersuchung  die  Absorption  der  Steinsalz- 
platte für  verschiedene  Wellenlängen  bestimmt  war,  konnte 
man  den  Einfluss  der  diffundirenden  Schicht  bestimmen. 

Die  dritte  Columne  der  obigen  Tabelle  enthält  den  Ausschlag 
des  Galvanometers  bei  directer  Strahlung  und  mit  der  gewöhnlich 
von  mir  angewendeten  Empfindlichkeit  des  Messinstrumentes. 
Hieraus  sieht  man,  dass  die  Genauigkeit  der  Bestimmungen 
entsprechend  der  Kleinheit  des  Ausschlages  am  kleinsten  für 
die  grössten  und  kleinsten  Wellenlängen  ist. 

t 

3.  Resultate. 

Die  folgenden  Tabellen  enthalten  eine  Uebereicht  der 
Beobachtungsresultate.  In  der  obersten  Horizontalcolumne  ist 
die  Dicke  der  Schicht  /,  in  der  ersten  Verticalcolumne  die 

1)  Diese  Wellenlänge  liegt  freilich  ein  wenig  aus*er  dem  von  Lang- 
ley  bestimmten  Gebiete,  aber  so  wenig,  dass  ich  deu  extrapolirten  Werth 
als  ziemlich  sicher  annehmen  darf. 


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72(1 


A".  Änqtiröm. 


Wellenlänge  der  Strahlung  k  angegeben.  Ausserdem  enthalten 
die  Tabellen  die  durchgelassene  Strahlung  y  in  Procenten  der 
einfallenden  Strahlung,  und  die  Quantität  k,  berechnet  nach  der 
Formel:  p  =  10O-fci,  also  unter  Annahme  der  Gültigkeit  des 
gewöhnlichen  A  bsorptionsgesetzes. 

Russ.  —  Die  Schicht  wurde  durch  Berussen  mit  einer 
Stearinflamme  hergestellt.  Eine  ganz  dünne  Schicht  dieser  Art 
besteht  nach  Beobachtung  unter  einem  stark  vergrössernden 
Mikroskope  aus  ganz  kleinen  Partikeln  von  ungefähr  gleicher 
Grösse.  Die  wahrscheinliche  Grösse  dieser  Partikeln  schätzte 
ich  mit  dem  Ocularmikrometer  im  Mittel  zu  ungefähr  0,0S3  mm. 

Tabelle  IL 


l  =  0,009 

l  = 

0,023 

l  = 

0,038 

k 

K 

V 

k 

P 

k 

P 

:  *_ 

Med. 

(»,69 

11,7 

238,0 

1    " 

238.0 

0,90 

19,1 

184,0 

3.1 

151,0 

167,5 

1,70 

44,3 

90,"» 

16,8 

77,6 

3,9 

85,4 

84,5 

4,00 

64,4 

48.9 

34,5 

46,3 

17,4 

46,0 

47,1 

6,50 

6S,8 

41,6 

42,5 

37,2 

26,2 

35,2 

88,Ü 

*S,90 

67,9 

43,0 

44,0 

35,7 

82,0 

30,0 

86.:* 

Eine  grosse  Schwierigkeit  bietet  hier  die  Berechnung  der 
Dicke  der  Schicht,  welche  wegen  der  Absorption  äusserst  dünn 
sein  muss  und  naturgemäß  nie  von  ganz  gleicher  Dicke  erhalten 
werden  kann.  Deshalb  ist  ohne  Zweifel  die  erste  der  in  der 
Tabelle  enthaltenen  Schichten  yl  =  0,009)  etwas  dicker  als  an- 
gegeben ist.  In  Anbetracht  dieser  Fehlerquellen  darf  ich  in- 
dess  das  Resultat  als  ziemlich  befriedigend  ansehen.  Die 
Quantität  k  ist  innerhalb  der  Fehlergrenzen  für  jede  verschie- 
dene Wellenlänge  constant.  Also  auch  hier  ist  das  Absorp- 
tionsgesetz anzuwenden.  Ausserdem  nimmt  k  mit  wachsender 
Wellenlänge  stetig  ab,  also  ist  die  Russschicht  um  so  durch- 
sichtiger, je  grösser  die  Wellenlänge  ist. 

Magnesiumoxyd.  —  Durch  das  Hin-  und  Herführen 
einer  Steinsalzplatte  über  einem  brennenden  Magnesiumbaude 
wurde  die  Schicht  hergestellt.  Unter  dem  Mikroskope  zeigten 
sich  die  Partikelchen  von  ziemlich  verschiedener  Grösse,  etwa 
0,0_,16— 0,034  mm  im  Durchmesser.  Mit  wachsender  Schicht 
wird  hier  der  Werth  von  k  immer  kleiner,  das  Medium  scheint 


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Wärmestrahlung  durch  trübe  Medien. 


721 


immer  durchsichtiger  für  eine  gewisse  Wellenlänge  zu  werden, 
sodass  das  Absorptionsgesetz  nicht  ohne  weiteres  anzuwenden 
ist.  Der  Grund  dafür  ist  nicht  schwer  zu  finden.  Was  wir 
als  direct  durchgehende  Strahlung  schätzen,  ist  eine  Summe 
von  zwei  Termen:  die  direct  durchgehende  Strahlung  und  die 
in  derselben  Richtung  diffundirte  Strahlung.  Mit  waclisender 
Dicke  der  wirksamen  Schicht  wächst  auch  die  letztere  und  er- 
reicht bei  einer  für  jede  Wellenlänge  bestimmten  Dicke  der 
Schicht  ein  Maximum,  um  danach  wieder  abzunehmen.  Da 
nun  das  erste  (jlied  der  Summe  stetig  abnehmen  muss,  kann 
die  Summe  selbst  dem  gewöhnlichen  Absorptionsgesetze  nur 
in  dem  Falle  folgen,  dass  das  andere  im  Vergleich  zu  dem 
ersten  vernachlässigt  werden  kann.  So  verhält  es  sich  beim 
Russ,  wo  die  Diffusion  für  jede  Wellenlänge  unbedeutend  ist 
Bei  Magnesiumoxyd  ist  dies  nicht  der  Fall,  und  das  Absorp- 
tionsgesetz gilt  nicht  mehr.  Mit  dem  Zuwachs  der  Dicke  der 
Schicht  macht  sich  die  Diffusion  im  Vergleich  mit  der  direct 
durchgelassenen  Strahlung  mehr  geltend,  und  folglich  muss 
auch  die  Schicht  mehr  durchsichtig  scheinen. 


Tabelle  III. 


/  = 

0,05 

l  = 

0.127 

1  = 
P 

0,264 

P 

k 
* 

P 

\  k 

0,90 

3,4 

67,6 

1,70 

6,2 

55,7 

3,2 

27,1 

1,04 

17,3 

4,01) 

52,0 

13,1 

31,9 

9,0 

9.6 

8,9 

♦;,50 

81,4 

4.1 

64,8 

3,4 

41,6 

3.3 

"»,90 

81,2 

4,1 

75,7 

2,2 

62,0 

1,8 

"13.65 

80,9 

4,2 

71,9 

2,6 

61,3 

1.9 

Auch  hier  nimmt  die  Durchsichtigkeit  mit  wachsender 
Wellenlänge  stetig  zu. 

Zinkoxyd.  —  Ein  schmales  Band  von  Zinkblech  wurde  in 
eine  starke  Gebläseflamme  gehalten  und  die  Steinsalzplatte  dem 
dadurch  enstandenen  Rauch  ausgesetzt.  Nach  der  mikroskopi- 
schen Untersuchung  sind  die  Zinkoxydkörnchen  äusserst  klein, 
die  grössten  ungefähr  0,0,4  mm  dick,  die  kleineren  schwer  zu 
tixiren.  Diese  Schichten  sind  übrigens  von  sehr  gleichmässiger 
und  guter  Beschaffenheit  gewesen. 

Ann.  d.  Pby».  u.  Ctaemte.  N.  F.  XXXVI.  46 


722 


K.  Angström. 
Tabelle  IV. 


/  =  0.002?* 

l  =  0.093 

/  =  0.213 

/  =  0,318 

i.  —  

P  * 

P  * 

P  * 

P  * 

j 

12.6  :  6.3 

69.8  l.l 

87.9  0,4 

83.7  O.Ii 
71.0  l.l 

0,59       59,1  18.8 
0,67      67.1  14.2 
0,90       -  - 

4*00  - 

6,50 

•8,90       -  - 

33.8  11,7 

52.9  8,6 
92,9  0.8 

96.0  0,4 

92.1  0,9 
94.1  0,7 

18,1  6,3 

79.0  1,1 

94.1  0.3 
86,9  0,6 
80,9  1.0 

Hier  zeigt  sich  das  eigentümliche  Verhältniss.  dass  k  für 
grosse  Wellenlängen  beinahe  constant  ist.  für  kleinere  aber 
mit  wachsender  Dicke  der  Schicht  wie  in  dem  obigen  Falle 
abnimmt.  Dies  erklärt  sich  leicht  aus  dem  oben  Erwähnten.  Das 
Zinkoxyd  hat  für  grosse  Wellenlängen  dieselbe  Eigenschaft 
wie  Russ,  es  besitzt  keine  eigentliche  Diffusion,  für  kürzere 
Wellenlängen  dagegen  ist  die  Diffusion  stärker,  und  die  Um- 
stände werden  identisch  mit  denen  beim  Magnesiunioxyd.  Die 
Durchsichtigkeit  nimmt  auch  hier  mit  wachsender  Wellenlänge 
zu  bis  zu  ).  =  4 ,  scheint  danach  aber  wieder  ein  wenig  ab- 
zunehmen. 

Aus  dem  oben  Mitgetheilten  darf  ich  den  Schluss  ziehen, 
dass  bei  einem  difrundirenden  Medium,  wo  die  durchgelassene 
Strahlung  in  zwei,  die  directe  und  die  diffus  durchgelassene 
zerfällt,  die  erste  dem  gewöhnlichen  Absorptionsgesetz  folgt, 
die  Summe  derselben  oder  die  ganze  beobachtete  Strahlung 
nur  in  dem  Falle  diesem  Gesetze  annäherungsweise  folgt, 
wenn  die  diffuse  Strahlung  im  Vergleich  mit  der  durchgelese- 
nen vernachlässigt  werden  kann. 

Dies  gilt  ohne  Zweifel  für  die  Absorption  an  der  Atmos- 
phäre. Dass  man  hier  nicht  das  Absorptionsgesetz  auf  die 
Sonnenstrahlung  im  ganzen  anwenden  kann,  ist  mehrmals 
bemerkt  und  in  der  letzten  Zeit  ausführlich  von  La n gier 
behandelt  worden.1)  Dieses  Gesetz  findet,  wie  bekannt,  nur 
aut  eine  homogene  Strahlung  von  einer  bestimmten  Wellen- 
länge Anwendung.  Aus  dem  hier  Mitgetheilten  geht  aber 
hervor,  dass  wir  es  auch  mit  dieser  Einschränkung  nicht  ohne 


Ii  Laugley.  Phil.  Mag.  IN.  p.  2rx  18*4. 


Wärmestrahlung  durch  trübt-  Medien. 


723 


weiteres  anwenden  können,  wenn  eine  merkliche  Diffusion  hiu- 
zutritt.  Dies  dürfte  bei  hellem  Himmel  und  reiner  Atmos- 
phäre fur  den  grössten  Theil  des  Spectrums  der  Fall  sein, 
darf  aber  doch  nicht  a  priori  auch  fur  die  brechbarsten  Theile 
desselben  angenommen  werden.  Weitere  Untersuchungen 
müssen  dies  entscheiden. 

Die  Grösse  der  Quantität  k  nimmt  nach  den  Tabellen 
bei  den  hier  untersuchten  Medien  im  allgemeinen  mit  wach- 
sender Wellenlänge  ab.  oder  mit  anderen  Worten,  das  Medium 
ist  mehr  durchsichtig,  je  grösser  die  Wellenlänge  ist.  Um 
die  Uebersicht  der  gefundenen  Werthe  zu  erleichtern,  habe 
ich  die  Curven,  die  den  Zusammenhang  zwischen  Ä  und  A  zeigen, 
ausgezogen.  Die  Werthe  von  k  fur  Russ  in  ihrer  Abhängig- 
keit von  X  sind  in  beistehenden  Curven  px  ps  für  die 
drei  Schichten  von  /  =  0,009:  0,023  und  0,038  mm  Dicke  in 
der  Weise  angegeben,  dass  /.  als  Abscisse,  die  Procente  der 
durchgelassenen  Wärme  als  Ordinaten  verzeichnet  sind.  In 
der  mit  A  bezeichneten  ununterbrochenen  Curve  ist  1  ttk  als 
Ordinate  genommen.  Die  vier  Curven  zeigen  einen  ganz  regel- 
mässigen Verlaul*. 


Ich  habe  untersucht,  ob  die  mit  A  bezeichnete  Curve  durcli 
eine  Gleichung  der  Form  k  =  x)~x  sich  darstellen  lasse.  Die 
nach  dieser  Formel  für  die  Punkte  /.  «  1.  k  =  140  und  /.  =  4> 
k  —  48  berechnete  Curve,  für  welche  x  =  140.  x  =  0.77  wird, 


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724 


A*.  Auystrüm. 


ist  in  der  Figur  punktirt  gezeichnet. Die  Uebereinstiuunung 
zwischen  den  beiden  Curven  könnte  ohne  Zweifel  besser  sein. 
Jedenfalls  hat  <•  den  von  der  Theorie  verlangten  Werth  nicht. 

Für  die  Berechnung  des  Verhältnisses  von  /.  und  k  für  die 
anderen  Medien  ist  das  Beobachtungsmaterial  zu  klein.  Indess 
ist  nach  einem  Versuch  in  dieser  Richtung  x  ganz  gewiss  auch 
in  diesen  Fällen  kleiner  als  2. 

Eine  völlige  Uebereinstiuunung  mit  einer  der  angeführten 
Theorien  hätten  wir  auch  wohl  nicht  erwarten  können,  und 
zwar  aus  mehreren  Gründen.  Die  Grössen  der  Partikeln  des 
trüben  Mediums  sind  ohne  Zweifel  von  grosser  Bedeutung  bei 
diesem  Phänomen.  Bei  Magnesiumoxyd  nimmt  die  Durch- 
sichtigkeit mit  wachsender  Wellenlänge  bis  zu  X  —  8,9  schnell 
zu,  wonach  das  Verhältnis  ziemlich  unverändert  bleibt.  Diese 
Grenze  tritt  für  Russ  bei  ).  =  0\5  und  für  Zinkoxyd  schon  bei 
/.  =  1,7  ein.  Die  mikroskopische  Untersuchung  der  Grössen 
der  Partikeln  der  drei  Medien  zeigt  auch,  dass  dieselben  die 
gleiche  Reihenfolge  haben.  So  lauge  die  Partikeln  von  derselben 
Grösseordnung  wie  die  Welleiüänge  der  Strahlung  sind,  scheint 
die  Aenderung  der  Durchsichtigkeit  mit  zunehmender  Wellen- 
länge gross  und  stetig  zuzunehmen.  Sind  die  Partikeln  da- 
gegen klein  im  Vergleich  zu  der  Wellenlänge,  wie  es  der  Fall 
bei  den  hier  untersuchten  Medien  für  die  grössten  Wellenlängen 
ist,  so  hat  das  Medium  die  Eigenschaft  eines  homogenen 
Mediums  mit  wirklicher  Absorption  gewonnen.  Für  diese  Be- 
trachtung sprechen  auch  die  sehr  interessanten  Untersuchungen 
des  Herrn  Prof.  C.  Christiansen  über  die  optischen  Eigen- 
schaften der  weissen  Medien. 

Stockholms  Högskolas  Fysiska  Institut,  Juni  188JS. 

1 1  Ich  habt*  es  als  nutzlos  angesehen,  die  Berechnung  dieser  Curve 
mit  grösserer  Genauigkeit  auszuführen,  besonders  da  die  Punkte  der 
Iteobachteten  Curve  nicht  alle  mit  derselben  Genauigkeit  bestimmt  sind. 
Die  für  die  Bestimmung  der  Constanten  gewählten  Punkte  halte  ich  für 
sehr  sicher. 

2)  K.  Dan*ke  Vidensk.  Selek.  Forh.  18H2,  und  Wied.  Ann.  23. 
p.298.  1884. 


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Zur  Elasticüätsthetiru: 


725 


IX.  Zur  Masticitätsthearie;  von  K.  Wesetidonck. 


In  dem  35.Bd.  der  Wied.  Ann.  für  1888  p.  124—125  habe  icli 
mir  erlaubt,  auf  ein  Versehen  in  den  von  0.  E.  Meyer  heraus- 
gegebenen Vorlesungen  über  Elasticität  von  Hrn.  F.  Neumann 
hinzuweisen  und  zugleich  die  Bedingungen  anzugeben,  denen 
die  Coefficienten  des  sogenannten  elastischen  Potentiales  ge- 
ntigen müssen,  damit  dieses  definit  ist  Hier  will  ich  nur 
kurz  angeben,  dass  die  von  Hrn.  Voigt  gemessenen  Elasti- 
citätsconstanten  in  der  That  jene  Bedingungen  erfüllen. 

Bei  dem  regulär  krystallisirenden  Stoffen,  wie  Steinsalz, 
haben  wir  bei  passender  Wahl  der  Coordinaten  bekanntlich: 

!  «u    "«    an    0     o  0 
"?s    "n    a23    0      0  0 
_    "i.s    "r*    "n    0      0  0 

ft-/'-i-  o    o    o    flu  o  o 

.0      0      0       0      au  0 
0      0       0      U  0 

wenn  wir  die  Bezeichnungen  von  Kirchhot'f1)  annehmen. 
Für  Steinsalz  ist  nun  in  runder  Zahl  nach  Voigt-,: 

an  =  4,75,        «23  =  1,3,       au  =  l,29r 

die  alle  drei  dasselbe  Vorzeichen  haben.  Wir  wollen  mit 
Hm.  Voigt  das  positive  wählen,  also  für  die  Spannungen 
setzen  — A'x  «  df\djex  u.  s.  w.,  wo  f  das  elastische  Potential 
bedeuten  soll,  X9  u.  s.  w.,  a x  u.  s.  w.  den  bekannten  Siu»  habe. 
Dann  ist  f  eine  stets  positive  Grösse,  und  es  dürfen  keine 
negativen  pM  auftreten,  weil  sonst  negative  Quadrate  bei  der 
Verwandlung  der  Form  in  eine  Summe  von  Quadraten  er- 
scheinen wurden. 

Nun  ist  nu  positiv  =  ;»0,  ferner  =*  an5  —  a_..,2  ebenfalls, 
da  ftn  >  niV 

Ii  Kirchboff.  Vorl.  üb.  Mecb.  p.  35*1.    Leipzig  1»76. 

2\  Voigt.  Ber.  der  Berl.  Acad.  1884.  p.  989.  0.  E.  Me y«rr  Vöries, 
von  Neumann,  p.  201.  Die  neuesten  Werthe.  Wied.  Ana.  Bd.  &G. 
p.  «5.\  1S8H,  find  nur  unmerklich  abweichend. 


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726 


K.   IVesendimck.  • 


Nimmt  man  «/u  nur  gleich  4,  so  ist  //n3  «  64  uud  3tfn</23;, 
selbst  wenn  an  =  5,  u23  =  1,3  genommen  wird,  noch  nicht 
gleich  25,5,  also  pt  ebenfalls  positiv.  Die  weitereu  p  sind, 
wie  man  sofort  sieht,  alle  >  0. 

Bei  Flussspath  fand  Herr  Voigt  rund  an  =  14,5.  'i£1  =  :?,3^, 
«44=  3.4  oder  nach  soeben  veröffentlichten  Messungen2),  resp. 
16,7.  4,57  und  3,45.  au.aiS  ist  hier  6,  resp.  3,6  circa,  während 
bei  dem  Steinsalz  uiva.,s  =  4  1,3  ca.  3,  wie  eben  gezeigt,  schon 
genügte,  dies  ist  also  bei  Flussspath  um  so  mehr  der  FalL 
Dieselbe  gilt  von  den  Messungen  Klang's  für  Flussspath: 
au  —  14,50  und  '/,.,—  4,25,  ebenso  für  die  Werthe,  die  Voigt 
für  Sylvin3)  erhalten,  nämlich  «n  =  :-t750.1Ü3  </,,=  19S.101, 
«u=  655.10*. 

Für  Kupfer  fand  Herr  Voigt  die  (allerdings  nur  als  vor- 
läufig bezeichneten)  Werthe  </n=  13,42.  «23  =  6.575,  nl4  =  5,59. 

Da  au  a23>2.  so  können  wir  setzen:  an=2,  ars  =  \,  das 
gibt  "n8=  8  und  3</11</.i,2=«  6. 

Den  Grrenzwerth  für  das  Verhältniss  On/«S2  =  £,  das  steu 
seinem  absoluten  Werthe  nach  grösser  als  eins  sein  muss,  können 
wir  finden  aus:  p.,  =  0  oder  0  =  1  +  :)E-,  welche  Gleichung 

die  Wurzel  E  s  1  hat.  Zwischen  +  cc  und  -f  1  liegt,  wie 
man  leicht  sieht,  keine  weitere  Wurzel,  also  genügt  für  das 
reguläre  System  jeder  Werth  «23<«ll?  wenn  orl>U. 

Die  zwischen  0  und  1  gelegene  Wurzel  hat  für  unseren 
Fall  keine  Bedeutung,  eine  dritte  Wurzel  liegt  zwischen  0  und 
—  1.  Indessen  können  Werthe  ^  —  1  nicht  in  Betracht 
kommen,  wohl  aber  solche  zwischen  —  1  und  —  er.  Es 
genügt  also,  dass  der  absolute  Werth  von  ari<  als  der 
von  «,r 

\)  In  den  Vorlesungen  von  F.  Neumann,  herausgegeben  vou 
0.  E.  Meyer,  steht  irrthümlich  p.  202.  «/_.,=  23. 

2i  Voigt,  Wied.  Ann.  35.  p.  f>49. 

J.»  Voigt,  ).  e.  p.  MO. 


Zur  Elasticitat&theorie, 


727 


Ein  Beispiel  mit  negativem  a.iS  bietet  der  Pyrit  dar.  tlir  den 
Herr  Voigt1),  an=3,68,  au—  10,75,  «23=  —4,83,  erhielt. 

Für  den  dem  hexagonalen  System  angehörigen  Beryll  ist 
die  Determinante: 


«u   ai2  «13  0 


13 


«IS  «11 

«13  «]3  «33  0 

0  0  0  a„ 

0  0  0  0 


0 

0 

0 

0 
'/ 


44 


0 
0 
0 
0 
0 


O      0      U      0      0  "-ü- 


«11  -  <*« 


zu  betrachten.  Nach  Voigt3)  ist  zu  setzen:  an  =  2746,  «12=  980, 
„13  «  674,  a33  =  2409.  =  666 ,  alle  mit  104  multiplicirt. 
au2  —  al22  ist  positiv. 

Dit*  Determinante  p.,  hat  die  positiven  Glieder:  «n2w33, 

('ntl\}2i  n\iaM2  un(^  negativen  ^uo^2t  a\2~aw  «11  «132 
au  =  2700^  «33  =  2400  genommen,  giebt  an2a33  =  17496.10«. 

Setzen  wir  in  den  negativen  Gliedern  an  =  3000  =  a.w 
,/12  =  au  =  1000,  so  ist  3.3000. 10«  =  9000.10*  die  ganze 
negative  Grösse.  Da  (an  —  aVi)  2  ebenfalls  positiv,  so  sind  pv 
pi  und  j>5  auch  positiv. 

Bei  dem  Bergkrystall,  der  der  rhomboedrischen  Hemiedrie 
angehört,  hat  man  für  p!t : 


"1: 

«1,, 

0 

0 

<':■: 

"a 

«11 

0 

0 

«H 

«n 

an 

0 

0 

0 

«n  - 

«:» 

0 

«4» 

0 

0 

.  0 

1 

0 

•» 

0 

«44 

«II 

(  U 

0 

0 

0 

«H 

«11  -  «Ii 

2 

«W  s 

=  10,745. 

«14 

5,823,  «l2 

«J;  =  8,682,     ./w  =  10,745.     «I4  =  5,823,    uxi  =  0.709, 
=  1.438,  «,,  =  1,715.  alle  mit  10"  multiplicirt.  sind  die 
Werthe,  welche  Voigt3)  gelunden.   p:  ist  positiv,  p,  hat  die- 


1;  Voigt,  1.  tr.  p.  661. 

2)  Voigt.  Wied.  Ann.  31.  p.  493.  1**7. 

3)  Voigt,  ].  c.  p.  721. 


'28 


A".  Wesendmick. 


selbe  Form  wie  beim  Beryll,  es  ist  sieber  positiv  bei  der 
relativen  Kleinheit  der  Werthe  a12  und  air  Setzt  man 
an  =  8,  a38  =  10,  ai%  =  5.  für  positive,  und  =  9.  =11.  =  6 
ftir  negative  Glieder,  so  ergibt  sich  />3  leicht  als  ebenfalls 
positiv.    Denn : 


Vi  = 


«15 
«II 


Ii 


12 
'll 


—  a 


"13 
«13  ~ 
«33 
0 


hi  Pi  -  «n 


a 


a, 


11        "13  H 

«12     fli3  —  «n  + 

«1«        «3,  <> 


«1,, 

n 

«12 

«13 

«14  j 

«11 

«13- 

«U  1 

«1« 

«33 

0 

p*au  ist  sicher  >  0,  die  negativen  Glieder  darin  sind: 
uu(2all ax32  +  o122a33),  wie  wir  soeben  gesehen,  hierzu  kommen 
noch  weiter  als  negative  Glieder:  2all*(alla33  +  anaj3).  Setzen 
wir  al2  =  l,  o18  =  2a14  =  4,  so  kommt:  6  (18,4  + 11)  +  80  1 +99) 
=  498  +  880=  1378.  Das  Diagonalglied  «n2assa4«  mit  obigen 
Werthen  ist  aber  allein  schon  =  H200. 

/?j  =  ^.au  ist  positiv,  ferner  ist: 


«44  "n 


114 


au—  «tt 


welch  letztere  Determinante  ebenfalls  positiv  ist. 

Dem  rhombischen  Systeme  gehören  Topas  und  Baryt  an. 
es  ist  dann: 


/>3 


«11 

«12 

«13 

0 

0 

0 

«1* 

«« 

«23 

0 

0 

0 

«13 

«32 

«33 

0 

l> 

0 

0 

0 

0 

"u 

u 

0 

0 

0 

0 

0 

«H 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

0 

Für  Topas  gilt1): 

«11  - 
«22  = 
«33  = 


28,7 
35.6 
30,0 


44 


«55  = 


11.0 
13,5 


«12  =  12.8 
8.<> 


'13 


13.3         =  9,ü 
l)  Voigt,  Wied.  Aon.  34.  p.  100:>. 


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Zur  Elosticitätst/itorie. 


72» 


Also  ist  pl  >  0,  und  in  pt  das  der  Determinante: 

1  «n  U\i  «13 
«12  «23  «23 
«13       «2*  «33 

gleich  ist,  sind  die  negativen  Glieder:  <tn  o^-,  </.,,  «2,  aVA%. 
Betrachten  wir  die  Werthe  für  Baryt1): 

a.,3  =  2.7  an  =  9.0  «M  =  1,2 
4-2,1  8,0  «„«2.9 

"is  -  4,6     «s3  =  10,7     aw  =  2.8 

Dann  sei  «M  =  «13  =  3.  w,2  =  ö  genommen,  also:  an  n.,A-  =  81 
«33  «i22  =  275  (mit  «n  =  1 1)  ati  «132  =  72,  also  zusammen  =  428, 
«u  «22  «äs  ist  aDer  >  ?20,  also  />2  positiv  und  damit  die  übrigen 
p  ebenfalls.  Beim  Topas  ist  dasselbe  der  Fall,  denn  die  Ver- 
hältnisse: anjat3,  uTi  </13,  o.i3lav,  sind  dort  noch  grösser  als 
die  angenommenen. 

Weitere  hierher  gehörige  Bestimmungen  von  Elasticitäts- 
t-onstanten  sind  mir  nicht  bekannt. 


X.    Subjective   Interferenzstreifen   im  objectiven 
Spectrum ;  von  E.  Lommel. 

(Aus  lien  Sitzungsber.  der  K.  bayer.  Acad.  dir  WUseiusc-h. ,  math. -phys. 
Classe,  vom  2.  Juni  1888;  mitgeteilt  vom  Herrn  Verf.» 

Wenn  man  Licht,  das  irgendwo  auf  seinem  Wege  durch 
ein  hinreichend  dünnes  durchsichtiges  Blättchen  (Glimmer, 
Glas)  gegangen  oder  an  einem  solchen  zurückgeworfen  worden 
ist.  zu  einem  Spectrum  ausbreitet,  so  erscheint  dieses  bekannt- 
lich parallel  den  Fraunhofer* sehen  Linien  von  dunklen  Inter- 
ferenzstreifen durchzogen.  Diese  Streifen  sind  in  dem  Spec- 
trum objectiv  vorhanden;  sie  entsprechen  denjenigen  homogenen 


i)  Voigt,  l.  c.  p.  1022 


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IM) 


E.  LummtL 


Lichtarten,  welche  in  dein  einfallenden  Strahlenbündel  durch 
Interferenz  bereits  ausgelöscht  waren,  ehe  das  Spectrum  ent- 
stand. 

Weniger  bekannt  dürfte  sein,  dass  in  einem  objectiv  auf 
einem  Schirme  entworfenen  Spectrum  solche  Interferenzstreifen 
subjectiv  gesehen  werden,  wenn  man  das  Farbenbild  durch 
ein  dünnes  Blättchen  betrachtet  Die  Streifen,  welche  man  in 
diesem  Falle  sieht,  sind  nicht  im  Spectrum  selbst  vorhanden, 
sondern  entstehen  erst  dadurch,  dass  von  den  an  irgend  einer 
Stelle  des  Farbenbildes  diffus  reflectirten  homogenen  Strahlen 
die  das  Blättcheu  direct  durchlaufenden  mit  den  nach  zwei- 
oder  mehrmaliger  innerer  Reflexion  durchgegangenen  inter- 
feriren.  Die  Streifen  ändern  ihre  Stelle  im  Spectrum  und 
rücken  enger  zusammen,  wenn  man  das  Blättchen  zur  Sehlinie 
mehr  neigt.  Sie  sind,  als  Interferenzen  im  durchgehenden 
Licht,  nicht  vollkommen  dunkel,  sondern  blass.  Von  ganz 
schwarzen  Streifen  dagegen,  welche  durch  Interferenz  der  an 
der  Vorder-  und  Hinterseite  des  Blättchens  reflectirten  Strah- 
len entstehen,  sieht  man  das  im  Blättchen  betrachtete  Spiegel- 
bild des  Spectrums  durchzogen. 

Bedeckt  man  das  auf  dem  Schirme  entworfene  Spectrum 
mit  einem  Glimmerblatt,  so  sieht  man  gleichzeitig  zwei  Streifen- 
systeme,  ein  objectives,  entstanden  durch  die  Interferenz  der 
zur  Bildung  des  Spectruras  auf  dem  Schirme  zusammenlaufen- 
den Strahlen,  und  ein  subjectives,  herrührend  von  der  Inter- 
ferenz der  vom  Farbenbilde  nach  dem  Auge  zurückgesendeten 
Strahlen.  Bei  Verschiebung  des  Auges  bleiben  die  Streifen 
des  ersteren  Systemes  unverändert  stehen,  weil  sie  durch  das 
.Grlimmerblatt  an  den  Stelleu  gesehen  werden,  wo  sie  wirklich 
vorhanden  sind,  die  des  letzteren  dagegen  ändern  begreiflicher 
Weise  ihre  Lage  und  ihren  Abstand. 


Digitized  I 


Mtssvnij  der  Drehung  der  Pnlarisationsebeur. 


r.n 


XI.  Neue  Methode  zur  Messung  der  Drehung  der 
Polarisationsebene  für  die  Fraunhofer" scheu 
Linien;  von  E.  Lommel. 

(Au*,  den  Sitzungsber.  der  K.  bayor.  Acad.  der  Witwenach.,  uiath.-phys. 
Ciasee.  vom  2.  Juui  1S8S;  initgetheilt  vom  Herrn  Verfasser.) 


Durch  ein  NicoTsches  Prisma,  dessen  Hauptschnitt  einen 
Winkel  von  45"  mit  der  Horizontalebene  bildet,  fällt  polari- 
sirtes  Sonnenlicht  auf  den  verticalen  Spalt  eines  Spectroskops 
oder  Spectrometers.  Dicht  vor  dem  Spalt  befindet  sich  ein 
Quarzkeil  von  ca.  7°  bis  s°.  dessen  Kante,  parallel  zur  opti- 
schen Axe,  zum  Spalte  senkrecht  gerichtet  ist,  unmittelbar 
hinter  ihm  innerhalb  des  Collimatorrohres  ein  zweites  Nicol, 
dessen  Hauptschnitt  zu  dem  des  ersten  gekreuzt  oder  parallel 
steht,  also  ebenfalls  unter  45°  zur  Horizontalebene  geneigt 
ist.  Die  ablenkende  Wirkung  des  Quarzkeiies  kann  durch 
einen  mit  ihm  in  entgegengesetzter  Lage  vereinigten  Glaskeü 
aufgehoben  werden.  Wie  leicht  begreiflich,  zeigt  sich  nun  das 
durch  das  Beobachtungsfernrohr  gesehene  Spectrum  von  zahl- 
reichen, etwas  gekrümmten,  dunkeln  Interferenzstreifen  schief 
zu  den  Fraunhofer* sehen  Linien  durchzogen,  es  erscheint 
durch  feine  schwarze  Linien  gleichsam  schräg  schraffirt. 

Dreht  man  das  inmitten  eines  verticalen  Theilkreises  au- 
gebrachte poiarisirende  Nicol  um  45°,  so  verschwindet  die 
Schraftirung  durch  das  ganze  Spectrum  (Nullstellung). 

Schaltet  man  sodann  einen  die  Polarisationsebene  drehen- 
den Körper,  z.  B.  eine  mit  Zuckerlösung  gefüllte  Köhre, 
zwischen  den  Polarisator  und  den  Quarzkeil  ein,  so  kommen 
die  Streifen  wieder  zum  Vorschein. 

Versucht  man  jetzt,  durch  Zurückdrehen  des  Polarisatörs 
die  Streifen  wieder  zum  Verschwinden  zu  bringen,  so  kann 
dies  wegen  der  Rotationsdispersion  der  activen  Substanz  nur 
für  eine  einzige  oder  einige  einzelne  homogene  Farben  ge- 
lingen, und  es  zeigt  sich  an  der  entsprechenden  Stelle  auf 
dem  schraftirten  Grunde  des  Spectrums  ein  heller  verticaler 
von  Schraftirung  freier  Streifen,  der,  wenn  man  weiter  dreht, 
dem  Spectrum  entlang  wandert. 


732 


E.  Lommel. 


Indem  mail  nun  den  hellen  Streifen  mit  den  einzelnen 
Fraunhofer'schen  Linien  der  Reihe  nach  zur  Deckung  bringt 
sodass  die  Linie  jedesmal  die  Mitte  des  Streifens  einnimmt, 
und  den  zugehörigen  Winkel,  den  der  Hauptschnitt  des  Po- 
larisators mit  der  Nullstellung  bildet,  am  Theilkreis  abliest 
erfährt  mau  den  Drehungswinkel  für  die  betreffende  Fraun- 
hofer'sehe  Linie. 

Da  jedoch  der  helle  Sreifen  no th wendig  eine  gewisM* 
Breite  besitzt,  weil  an  seinen  beiden  Rändern  die  Schraffirung 
erst  da  leise  beginnt,  wo  der  Helligkeitsunterschied  zwischen 
den  Streifen  und  ihrem  hellen  Untergrund  die  Empfindlichkeits- 
grenze des  Auges  erreicht,  so  würde  diese  Einstellung  der 
Linie  auf  die  Mitte  des  8treifens  um  so  unsicherer  ausfallen, 
je  breiter  der  Streifen  (bei  schwächer  drehenden  Mitteln 
erscheint. 

Man  verfahrt  daher  auf  folgende  Weise.  Man  führt  die 
Grenze  der  Schraffirung  zuerst  von  der  einen,  dann  von  dei 
anderen  Seite  an  die  Fraunhofer 'sehe  Linie,  für  welche  die 
Drehung  gemessen  werden  soll,  dicht  heran,  sodass  die 
Spectrallinie  jedesmal  die  Grenzscheide  bildet  zwischen  dem 
helleu  Streifen  und  dem  schraffirten  Grund,  und  nimmt  da< 
Mittel  aus  den  beiden  entsprechenden  Ablesungen. 

Die  oben  gemachte  Annahme,  dass  im  prismatischen 
Spectrum  die  homogene  Farbe,  fur  welche  die  Drehung  auf- 
gehoben ist,  die  Mitte  des  hellen  Streifens  einnehme,  sowie 
das  soeben  angegebene  Verfahren  rechtfertigen  sich  durch 
folgende  Ueberlegung.  Die  Stellen  im  Spectrum,  an  welchen 
die  Schraffirung  beiderseits  sichtbar  zu  werden  beginnt,  ent- 
sprechen dem  gleichen  Helligkeitsunterschied  zwischen  den 
Interferenzstreifen  und  dem  helleu  Grunde  des  Spectrums. 
Vermöge  des  Gesetzes  vom  Quadrate  des  Cosinus  müssen  da- 
her die  Schwingungsrichtungen  von  derjenigen  der  Nullstellung 
nach  der  einen  und  der  anderen  Seite  hin  um  gleichviel  ab- 
weichen. Da  nun,  in  erster  Annäherung,  die  Differenzen  der 
Drehungen  in  derselben  Weise  von  der  Wellenlänge  abhängig 
sind,  wie  die  Differenzen  der  zugehörigen  Brechungscoöfficien- 
ten.  nämlich  beide  proportional  der  Differenz  der  reeiproken 
Quadrate  der  zugehörigen  Wellenlängen  (erstere  nach  dem 
Bio t' sehen  Gesetz,  letztere  nach  der  C au chy* sehen  Disper- 


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Interferenz  durch  circular  e  Doppelbrechung. 


733 


sionsibrmel),  so  folgt,  dass  gleichen  Drehungsdifferenzen  auch 
gleiche  Differenzen  der  Brechuugscoefficienten  oder,  was  das- 
selbe ist,  gleiche  Abstände  im  prismatischen  Spectrum  ent- 
sprechen, und  dass  sonach  die  Stelle,  wo  die  Drehung  völlig 
aufgehoben  ist,  in  der  Mitte  des  hellen  Streifens  liegt.  Für 
das  Gitterspectrum  würde  nicht  dasselbe  gelten. 

An  einer  Rohrzuckerlösung  nach  dieser  Methode  aus- 
geführte vorläufige  Messungen  haben  Resultate  ergeben,  welche 
mit  denjenigen  von  Stefan  und  Arndtsen  sehr  befriedigend 
übereinstimmen. 

Die  neue  Methode  unterscheidet  sich  von  der  bisher  an- 
gewendeten Broch'scheu  Methode  dadurch,  dass  bei  dieser 
ein  dunkler  Streifen  im  hellen  Felde  mit  der  jeweiligen 
Fraunhofer' sehen  Linie,  die  er  einhüllt  und  unsichtbar 
macht,  zur  Deckung  gebracht  wird,  während  bei  jener  ein 
heller  Streifen  auf  schrafhrtem  Grunde  auftritt,  innerhalb 
welches  die  Fraunhofer'sche  Linie  mit  vollster  Schärfe  sicht- 
bar bleibt. 

Mit  Wild's  Polaristrobometer  hat  die  neue  Anordnung 
das  Princip  des  Verschwindens  von  Interferenzstreiten  gemein; 
sie  kann  sogar  ganz  in  derselben  Weise  wie  jenes  benutzt 
werden.  Beleuchtet  man  mit  homogenem,  z.  B.  Natriumlicht, 
und  macht  den  Spectroskopspalt  sehr  weit,  so  erscheint  das 
homogen  beleuchtete  rechteckige  Gesichtsfeld  von  horizontalen 
dunklen  Streifen  durchzogen,  welche  nun  ganz  in  derselben 
Weise  benutzt  werden,  wie  bei  dem  Wild' sehen  Instrumente. 


XII.  Interferenz  durch  cir ciliare  Doppelbrechung ; 

van  E.  Lommel. 

<Aus  den  Sitzungsber.  der  K.  bayer.  Acad.  der  Wissensch.,  math.-phys. 
Claese.  vom  2.  Jnni  1888;  mitgetheilt  vom  Herrn  Verfasser.) 

Lässt  man  ein  paralleles  Bündel  geradlinig  polarisirten 
Lichtes  auf  ein  Quarzprisma  fallen,  dessen  optische  Axe  auf 
der  Halbirungsebene  des  brechenden  Winkels  senkrecht  steht, 
so  erscheinen,  wenn  das  Prisma  auf  kleinste  Ablenkung  ge- 


I'M 


K.  Lommel. 


stellt  ist,  auf  der  2ur  optischen  Axe  parallelen  Kückenfläche, 
die  in  unserem  Falle  matt  geschliffen  war,  sehr  schöne,  zur 
brechenden  Kante  parallele  Interenzstreifen.  Die  Streifen 
zeigen  sich  in  gleicher  Schönheit,  welches  auch  die  Schwiii- 
gungsrichtung  des  einfallenden  polarisirten  Lichtes  sein  mag: 
sie  ändern  sich  jedoch  beim  Drehen  des  Polarisators  derart 
dass  sie  bei  einer  Drehung  desselben  um  90°  in  die  comple- 

i 

mentären  tibergehen. 

Die  Erklärung  der  Erscheinung  lässt  sich  in  sehr  einfacher 
Weise  geben.  Aus  dem  einfallenden  geradlinig  polarisirten  Licht- 
strahl (SP,  8.  Fig.  auf  pag.  737)  entstehen  zwei  entgegengesetzt 
kreisförmig  polarisirte  Strahlen,  welche,  indem  sie  das  Prisma 
in  der  Richtung  der  optischen  Axe  (PQ)  mit  verschiedenen 
Fortpflanzungsgeschwindigkeiten  durchlaufen,  einen  Gangunter- 
schied gewinnen,  vermöge  dessen  sie,  nachdem  sie  an  der  Au^ 
trittsfläche  des  Prismas  durch  innere  Zurückwerfung  theilweise 
polarisirt  worden,  auf  ihrem  Wege  (QB)  zur  Rückenfläche 
interferiren. 


die  durch  die  Vorderfläche  (bei  P)  eingetretene  geradlinige 
Schwingung,  welche  zum  Hauptschnitt  des  Prismas  unter  dem 
Winkel  v  geneigt  sei,  so  kommen  an  der  Austrittsttäche 
(bei  Q)f  nach  Durchlaufung  des  Weges  PQ  =  c.  die  vier  ge- 
radlinigen Schwingungen: 


an,  von  welchen  die  Componenten  mit  dem  Sinuszeicheu  im 
Azimuthe  diejenigen  mit  dem  Cosinuszeichen  im  Azimuthe 
n>  -f-  90°  schwingen,  und  paarweise  zusammengefasst  die  beiden 
entgegengesetzt  circularen  Strahlen  darstellen,  welche  sich  nut 
den  Geschwindigkeiten  c'  imd  c"  längs  der  Krystallaxe  fort- 
pflanzen. Zerlegt  man  dieselben  senkrecht  und  parallel  zur 
Einfallsebene  (oder  zum  Hauptschnitt  des  Prismas-,  so  ergeben 
sich  als  senkrechte  Componenten: 


Sei: 


1    •    /         2n  z\         1        '        2ns  \ 


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Interferenz  durch  circulare  Doppelbrechung.  735 
—  sin  i"  sin  I  <f  —  ,  n  z  ,      y  cos  t"  cos  y  —  -v  w 

l    .         •    /         2n        \  1  /         2rr    „  \ 

ySinu>sinU-  k-n  z\  co$>/<cosU-  ^  »  r), 

und  als  zur  Einfallsebene  parallele  Componenten: 

1  .    /         2/1    .    \  1     .        Ä     f         2n    ,  \ 

Y  cos  t£»  sin  I  </:  —  -  -  m  z ) ,  —  —  sin  v  cos  I  r/>  —  ^  /i  z  1 

1  .    /         2n    „  \  1    •  /'         2n    „  \ 

•g-  cos  i/'  sin  l(p  —  Ä  7*  z),      —  sin  i/>  cos  y  —  .  n  z\ 

wo  noch  statt  der  reeiproken  Werthe  der  Geschwindigkeiten 
c'  und  die  zugehörigen  Brechungscoöfficienten  n'  und  v" 
geschrieben  wurden. 

Bezeichnet  man  mit  ju  und  v  die  Schwäehungscoeffieienten 
für  die  Reflexion  an  der  Austrittsfläche  des  Prismas  für  zur 
Einfallsebene  senkrecht  und  dazu  parallele  Schwingungen,  so 
besteht  demnach  der  zurückgeworfene  Strahl  (QW  aus  den 
beiden  zu  einander  senkrecht  schwingenden  Strahlen: 

~  fi  ^cos((jp  -  2.n  m'  z  —  v»)  —  cos  {ff  —  2"  n"z  -f  t/»)j 

und : 

*  f  ^sin      -  2^  n  z  —  i/')  -h  sin  (y  -  2."  w"z  -f  »4»:  j 
Der  erstere,  nämlich: 

u  sin  ^  («'  -  n)  z  +  y)  «in  ('/■  -  y  (*'  +  n")  *) 
besitzt  die  Lichtstärke: 

A/2=.w2sin2^-  («'  -  n")z+ 

der  zweite,  zu  diesem  senkrecht  schwingende,  nämlich: 

v  .  cos      («'  —  n")  z  -f      sin      —     (« '  +  »")  "j 
die  Lichtstärke: 

,V-  -  r-  cos 2      {«'  -  »"j  z  +  i/<)  ■ 

Mit  der  Summe  A/2  -f-  Ar:i  dieser  Intensitäten  wird  ein 
Punkt  (#)  der  Rückenfläche  des  Prismas  erleuchtet.  Wäre 
y  ss  ii,  so  würde  diese  Summe  von  dem  (J  angunterschiede 
(y/  —      z  unabhängig,  und  Interferenzstreifen  könnten  nicht 


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73Ö 


£.  Loinmel. 


auftreten;  ebenso  wenig,  wenn  bei  verschiedenen  Werthen  von 
/u  und  v  zu  dem  im  Azimuth  \v  polarisirten  einfallenden  Strahl 
noch  ein  gleich  starker,  dazu  senkrecht  polarisirter  hinzu- 
käme, d.  Ii.  wenn  naturliches  Licht  auf  das  Prisma  fiele.  Ist 
jedoch  das  einfallende  Licht  geradlinig  polarisirt,  so  wird  nie- 
mals v  =  u  sein,  sondern  v3<u-y  und  es  erscheinen  Li  tar- 
iere uzstreifen ,  deren  Minima  und  Maxima  mit  denjenigen  von 
M~  zusammenfallen 

Es  ist  bei  dieser  Darlegung  angenommen  worden,  dass  die 
beiden  interferirenden  Strahlen  parallel  zur  optischen  Axe  den- 
selben Weg  {PQ)  mit  ungleichen  Geschwindigkeiten  durch- 
laufen und  an  der  Austrittsfläche  des  Prismas  (in  Q)  nach 
dem  gewöhnlichen  Reflexionsgesetz  ebenfalls  nach  einer  und 
derselben  Richtung  [QR)  zurückgeworfen  werden.  In  Wirk- 
lichkeit aber  schlagen  die  beiden  circularen  Stridden,  in  welche 
sich  der  einfallende  lineare  Strahl  zerlegt  ,  vermöge  der  Ver- 
schiedenheit ihrer  Brechungsindices  ri  und  n"  verschiedene 
Wege  ein,  indem  der  eine  stärker,  der  andere  schwächer  ge- 
brochen wird,  als  der  Strahl,  welcher  bei  Abwesenheit  des 
Drehungs Vermögens  kraft  des  ordinären  Brechungsindex  n 
die  Axenrichtung  selbst  einschlagen  würde.  Während  also 
bisher,  unter  a  den  brechenden  Winkel  des  Prismas  und  un- 
ter /  den  Einfallswinkel  des  parallelen  Strahlenbündels  ver- 
standen, die  Richtung  der  interferirenden  Strahlen  {PQ)  der 
Gleichung: 

sin  i  =  n  sin  y  u 

entsprechend  angenommen  wurde,  bestimmen  sich  diese  Rich- 
tungen vielmehr  durch  die  Gleichungen: 

sin  i  =  ri  sin  ^  a  —  d  j    und    sin  i  =  ri'  sin  ^  «  +  <*) ; 

die  sehr  kleinen  Winkel,  um  welche  diese  Richtungen  von  der 
Krystallaxe  abweichen,  sind  nämlich  in  erster  Annäherung 
einander  gleich  (  =  <?),  nämlich  bis  auf  Grössen  zweiter  Ord- 
nung hinsichtlich  der  Grösse  S.  Mit  derselben  Annäherung 
gilt  auch  die  Beziehung1): 

n   +  /l 
n  =  o 

1)  Lommel,  Wied.  Ann.  20.  p.  5S1.  1883. 


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Interferenz  durch  circular e  Doppelbrechung.  7Ö7 


In  dem  Punkte  (R)  der  Rückenfläche  des  Prismas  kommen 
daher  zwei  Strahlen  zur  Interferenz,  welche,  zwei  verschie- 
denen einfallenden  Strahlen  S' P'  uud  S"  P"  entstammend, 
von  der  einfallenden  Welle  P"  M  aus  die  verschiedenen  Wege 
MP  Q'R  und  P"  Q"  R  durchlaufen  haben.  Auch  die  kleinen 
Winkel,  welche  die  Strahlen  Q'R  und  Q'R  mit  dem  Strahle 
QR  bilden,  sind,  wenn  wir  die  gegenwärtige  Betrachtung  auf 
zum  Hauptschnitt  senkrechte  Schwingungen  beschränken,  die 
sich  im  Quarz  in  von  der  optischen  Axe  so  beträchtlich 
abweichenden  Richtungen  dem  Index  n  gemäss  fortpflanzen, 
in  erster  Annäherung  als  einander  gleich  anzusehen  ( =  y) ; 
sie  wurden,  wenn  an  der  Austrittsfläche  gewöhnliehe  Zurück 
werfung  stattfände,  jeder  =  8  sein;  da  aber  Krystallreflexion 
eintritt,  so  ist  y  von  <5  verschieden,  und  zwar  ergibt  die 
Huyghens'sche  Construction,  wiederum  in  erster  Annäherung, 
y  =  20. 

Der  Gangunterschied  der  beiden  in  R  zusammentreffenden 
Strahlen  ist  nun  (s.  Fig.): 


J= {PF + PP')smi :  +  Pf  Q'  .n+Q'R.n-P'Q". Q'R .  n. 


P'Q  =  P  T.-Q'Tt, 


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738  E.  Lommel. 

QR  =  QR  •  *  Q'R  =  -7* 4—  i 

^  COSffrft+f)  ^  C0S(fra— 

^    1       ^       sind  cosUo+y)      x    2       *       sind  cos(fra  —  r> 
Hiemach  ergibt  sich  zunächst: 

J  =  sinisin<* — t— L  -Vl  +     ri   *  ^ 

\COS(frrt  — d)  COS(froft-dv 

„      .    (     PI,  QTt  \ 

—  n  cos  A  a       ,  -  ,   TT 

»      \C08(fra  +  d)  COS(fra-d)/ 

+  Q/?.ncosA«(       *  .   v  *      , ]  > 

oder,  wenn  man: 

PT^z  +  QT,,       PT^z  +  QTs 

einführt: 

.  _    /sintsind-t-ncosfra      sin i  sind  -  n"  cos  fr  «\ 

^-2\       C08(frcr-d)         +  C08(i«-M)  J 

/sin»  sind  +  n'cosfr  a        n' cos  fr  «  \ 
+  V    1  V     cos(frr.-d)  cos(fr« -f-d)J 

[sini  sind  —  «"cos  Ja        n"  cos  fr  «  \ 
"    2\        C0S(fra  +  d)  COs(fra-d)/ 


+  QR .  n  C03  A  a  (  — ,t 

*    V cos (fr a  + 


 1  1 

f)       COS(fr«  —  y)j 

Es  ist  aber: 


sin  i  sin  d  +  »'  cos  fr«  _    ,  sin  (fr  «  —  d)sin  d  +  cos | « 
cos(fr«— d)  cos(frn  — d) 

—     7.  "  — 1\  (sin  i  ff  sin  d  cos  d  -  cos  1 «  sin2£  +  cos  I  «) 
cos(fr«-d)v     a  a  •        s  / 

n  cos  d     /       4  v        •    «       •    va        '  v 

=     /.     Ts  (cos i  «  cos  <>  +  sin  i  ff  sin  <?)  =  n  cosd; 
cosffro  —  d) v     11  2  / 

und  ebenso: 

sin/  sind  —  n  "cos  fr  «       „  sin  (fr  a  +  6)  sind  —  cos  fr  a  „  < 

-       .   v  .     -    =  71   •  7.  ■ —   =  —  n    cos  ö . 

cos(fra  +  d>  cos(fra-fd) 

Hierdurch  wird  zunächst: 
ä  =  (n  -  n)  z  cos  S  +  Q  T, .  r!  (cos  3  -  '-^ 


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Interferenz  durch  circular e  Doppelbrechung.  739 

+  QR  .ncosla  ( — - — ,  ~  J 

und  weiter,  wenn  man  QR  statt  QTX  und  QT2  einfuhrt: 

A  =  (n  -  n")  r  cos  5 
.no  «'  8in  r  cosii «  +  d)  (      x        cos* «  \ 

*  Sin  Ö    COS(J  n  +  r1  V  <"'08ti  a  +  «5»/ 

*\  tj     ,/Sinr  cosset  — <5)/       v         cos  Ja  \ 

—  QR.n  -  V   •  '       ;  cos*)  -  ,J 

sind  coelia  —  f)\  coa(ta-t)J 

_  ;      i  !  \ 

-f  Q/?.  neos  la  •    ,  —  -  ■—  — 

=  (n  —  n  )z  cos  ö  —  QR  - — ^— — — -  ' 

»"iin(<>a  — 3)8injr 

^  '  COS(ia-v) 

+  QÄ.ncosJ«(      --      .  ). 

Setzt  man  nun: 


n  -f-  n 
"-      2  ' 


so  wird  der  Factor  von  QR: 

(t „-^cosu o+f)  J  "  cos  J «  -  sin  (J  «  +  *)  cos(* a  - y)) 

4-  n  (sin  }  «  cos  {  a  —  sin  (J «  —  <J)  cos  ({ a  + 

-  («'  +      sin  a  sin8  J  {y  -  *)]. 

Es  ergibt  sich  also  schliesslich: 

A  =  (n  —  n")  z  cos  Ö 


[(«'  -  n")  (cos  y  sin  d  —  sin8  J  u  sin  (y  —  <?)) 


COS(*rt—  y)C08(|rt+y) 

—  (n'  +  »")  sin  a  sin2  }  {y  —  S)] 
oder  fur  den  hier  speciell  betrachteten  Fall  y  —  20: 

[(n'  —  n")  (cos  2  5  —  sin8  j  «)  sin  d  —  (n  -f  »")  sin  a  sin8 }  5], 

47» 


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740 


E.  Lommel. 


Wie  man  sieht,  weicht  dieser  Ausdruck  von  dem  Gang- 
unterschied: 

A  =a  (n  —  n")  z , 

wie  ihn  die  obige  einfache  Darstellung  ergibt,  nur  in  Gliedern 
von  zweiter  und  höherer  Ordnung  ab,  und  es  erscheint  da- 
her bei  der  Kleinheit  des  Winkels  <$  (er  betragt  nur  wenige 
Secunden)  gerechtfertigt,  an  jener  so  überaus  einfachen  Theorie, 
welche  sich  auf  die  Betrachtung  des  Strahlenganges  PQR 
beschränkt,  festzuhalten. 

Der  brechende  Winkel  des  benutzten  Quarzprismas  beträgt 
sehr  nahe  60°.  Der  minimal  abgelenkte  Strahl  trifft  daher 
auf  die  Austrittsfläche  unter  einem  Winkel,  der  vom  Polari- 
sationswinkel nur  wenig  verschieden  ist,  sodass  v2  im  Ver- 
gleiche zu  fi*  sehr  klein  wird,  und  die  Intensität  der  Inter- 
ferenzerscheinung  einfach  durch  : 

^/a=  wlsin2(-*  («'-»")*  +  ,/,) 

ausgedrückt  werden  kann. 

Dunkle  Streifen  treten  auf,  wenn: 

*  (»'  —  n")Z  -f  V '  =  TT171  , 

Maxima  der  Lichtstärke  oder  helle  Streifen,  wenn: 

*  (n  -  n")  z  +  \p  =  (m  -f-  J)  n 

ist,  unter  m  eine  ganze  Zahl  verstanden.  Wenn  sich  das 
Azimut  i"  um  einen  rechten  Winkel  ändert,  so  rücken  die 
dunkeln  Streifen  an  die  Stellen,  wo  vorher  die  hellen  waren: 
d.  h.  die  Erscheinung  geht  bei  Anwendung  von  weissem  Licht 
in  die  complementäre  über. 

Die  Entfernung  zweier  benachbarter  dunkler  Streifen 
oder  die  Streifenbreite  £  ergibt  sich: 


Um  dieselbe  bei  homogenem  Lichte  zu  messen,  wurden 
auf  der  mattgeschliffenen  Kückenfläche  des  Prismas  Bleistift- 
linien senkrecht  zur  brechenden  Kante,  also  auch  senkrecht 
zu  den  Streifen,  gezogen,  auf  diesen  mit  der  Bleistiftspitze  die 


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Interferenz  durch  circulare  Doppelbrechung.  741 


Mitten  der  dunkeln  Streifen  bezeichnet,  und  sodann  mittels 
des  Zirkels  die  Breite  von  2,  3,  4  oder  5  Streifen  auf  einem 
Millimetermaassstab  abgemessen.  Für  Natriumlicht  ergab  sich 
£=*8,8  mm,  für  das  durch  ein  rothes  Grlas  gegangene  Licht 
^  =  9,4  mm. 

Um  die  Streifenbreiten  für  die  Fraunhofer'schen  Linien 
zu  bestimmen,  wurde  das  durch  das  Nicol  gegangene  Sonnen- 
licht auf  einem  mit  verticalem  Spalt  durchbohrten  Schirme  zu 
einem  Spectrum  ausgebreitet,  dieser  Spalt  nach  der  Reihe  auf 
die  Fraunhofer'schen  Linien  eingestellt  und  das  durch 
diesen  Spalt  gegangene  homogene  Licht,  durch  eine  Linse 
parallel  gemacht,  auf  das  Prisma  gelenkt,  welches  jedesmal 
auf  die  kleinste  Ablenkung  eingestellt  wurde.  Die  Streifen- 
breiten  lur  jede  Farbe  wurden  sodann  auf  die  oben  beschriebene 
Art  gemessen.  Kennt  man  aber  für  die  Wellenlänge  l  die 
Streifenbreite      so  ergibt  sich  aus: 


n-n  =  \ 


die  Differenz  der  Brechungsindices  der  beiden  circular  polari- 
sirten  Strahlen.  In  der  folgenden  kleinen  Tabelle  sind  die 
gemessenen  Werthe  von  £,  die  Wellenlängen  X.  und  die  hieraus 
berechneten  Werthe  n  —  n"  angegeben. 

Fraunhofer'ache  X  „  180° 


Linien 


»   -  H 


B  11,5  0,0,6867       0,0,0597  15,7° 

C  10,4  6563  06S1  17,3 

D               8,3  5896  0710  21,7 

E               6,5  5270  0811  27,7 

b                6,3  5184  0823  28,6 

F               5,5  4861  0884  32,7 

G               4,25  4308  1014  42,4 

Die  Drehung  der  Polarisationsebene  für  die  Quarzdicke 
z  beträgt: 

D  y  ("'  —  w")  *  ♦ 

also  für  die  Dicke  l  mm: 

O-f  (»'-■"), 

oder: 


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742 


E.  Lommel 


Man  findet  also  die  Drehung  der  Polarisationsebene  fur 
1  mm  Quarzdicke,  indem  man  180°  durch  die  Streifenbreite 
dividirt 

In  der  letzten  Columne  der  vorstehenden  Tabelle  sind  die 
so  berechneten  Drehungswinkel  angegeben.  Nach  den  directen 
Messungen  von  Soret  und  Sarasin1)  betragen  dieselben: 

B  C  D  E  F  G 

15,75°       17,32°       21,70°       27,54°       32,77°  42,60°. 

Durch  diese  Interferenzstreifen  sind  wir  also  in  den  Stand 
gesetzt,  die  Drehungswinkel  durch  eine  blosse  Längenmessung 
zu  ermitteln. 

Ueber  das  Verhalten  der  Streifen  sei  noch  folgendes  be- 
merkt. In  voller  Schönheit  zeigen  sie  sich  nur,  wenn  das 
Prisma  im  Minimum  der  Ablenkung  steht.  Dreht  man  das- 
selbe aus  dieser  Stellung  heraus,  so  werden  sie  enger  und 
blasser  und  verschwinden  bald.  Dem  Minimum  der  Ablenkung 
entspricht  demnach  das  Maximum  der  Breite  und  Schärfe  der 
Streifen. 

Im  circular  polarisirten  Licht  verschwinden  die  Streifen, 
weil  alsdann  nur  ein  Strahl  mit  einer  einzigen  Geschwindigkeit 
längs  der  optischen  Axe  sich  fortpflanzt,  und  ein  Gangunter- 
schied daher  nicht  zu  Stande  kommt.  Auch  im  un polarisirten 
Licht,  z.  B.  im  directen  Sonnenlicht,  sind  sie  nicht  zu  sehen. 
Dagegen  zeigen  sie  sich,  allerdings  blasser,  auch  ohne  N'icol 
in  dem  Lichte,  welches  vom  Heliostatspiegel  kommt,  weil  das- 
selbe thcilweise  polarisirt  ist,  ebenso  im  Sonnenlicht,  welches 
durch  eine  Fensterscheibe  gegangen  ist.  Ein  solches  Quan- 
prisma  verräth  also  durch  das  Auftreten  der  Interfereuzstreifen 
das  Vorhandensein  geradlinig  polarisirteu  Lichtes  und  könnte 
daher  auch  als  Polariskop  dienen. 

Ist  die  RückfJäche  des  Prismas  polirt,  oder  kittet  man 
auf  die  matte  Fläche  mittelst  Canadabalsam  eine  planparallele 
Glasplatte,  so  treten  die  reflectirten  Strahlen  (Qfl)  aus,  indem 
sie  mit  den  einfallenden  Strahlen  parallel  werden,  und  man 
kann  das  Interferenzbild  auf  einem  Schirme  auffangen  und 
mittelst  einer  Linse  vergrössert  projiciren. 


1)  Soret  und  Sarasin,  Areh.  de  Gen.  S.  p.  5.  1862. 


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Interferenz  durch  circulare  Doppelbrechung.  743 


Auch  in  dem  aus  dem  Prisma  bei  Q  austretenden  Strahlen- 
bündel zeigen  sich  Interferenzstreifen,  welche  gegenüber  den 
durch  Reflexion  entstandenen  um  eine  halbe  Streifenbreite 
verschoben  sind,  weil  hier  der  im  Hauptschnitt  schwingende 
Strahl  an  Intensität  überwiegt.  Dieselben  sind  jedoch  viel 
blasser,  weil  die  Intensitäten  der  beiden  zu  einander  senkrecht 
schwingenden  Componenten  hier  nicht  sehr  voneinander  ver- 
schieden sind. 


XIII.  Leber  adiabatische  masHciUttsconstanten; 

von  W.  Voigt. 


Den  Unterschied  zwischen  isothemiischen  und  adiabati- 
schen Elasticitätsconstanten  hat  bereits  Maxwell1)  gemacht; 
aber  er  beschränkt  sich  dabei  auf  specielle  Fälle.  So  gut 
man  indess  von  Volumenänderungen  durch  allseitigen  Druck 
bei  constanter  Temperatur  oder  bei  constanter  Wärme  reden 
kann,  hat  dieser  Unterschied  für  jede  Art  elastischer  De- 
formation Bedeutung,  und  er  gewinnt  praktisches  Interesse, 
da  je  nach  den  Umständen  beobachtbare  Erscheinungen  von 
den  isothermischen  oder  adiabatischen  Constanten  abhängig 
sind,  —  Gleichgewichtserscheinungen  im  Allgemeinen  von 
den  ersteren,  gewisse  Bewegungserscheinungen  hingegen  von 
den  letzteren. 

Die  von  mir  an  verschiedenen  Orten  mitgetheilten  Be- 
stimmungen der  vollständigen  isothermischen  Elasticitäts- 
constanten für  isotrope  und  krystallinische  Körper  gestatten 
nun  die  Aufstellung  der  bezüglichen  vollständigen  Systeme 
der  adiabatischen  Elasticitätsconstanten  und  daher  auch  der 
adiaba tischen  Deimlings-  undDrillungscoefficienten.  Neben- 
bei findet  sich  auch  der  allgemeine  Werth  der  specifischen 
Wärmen  jener  Körper. 

Im  Folgenden  gebe  ich  zunächst  die  Entwickelung  der 
Gleichungen  der  mechanischen  Wärmetheorie  für  krystalli- 


1)  J.  C.  Maxwell,  Theorie  der  Wärme,  Brauiwchweig  1878,  p.  197. 


744 


W.  Voigt 


nische  Körper,  die  nach  den  Arbeiten  von  Thomson1). 
Schiller1),  Planck3)  und  v.  Helmholtz*)  Neues  nicht 
bringt,  gehe  dann  speciell  auf  den  Fall  ein,  dass  die  Tem- 
peraturänderungen von  der  Ordnung  der  Deformationen, 
also  sehr  klein  sind,  bilde  hierfür  die  allgemeine  corrigirte 
Fouri ergehe  Wärmegleichung  und  die  allgemeine  Bedingung 
der  adiabatischen  Deformation.  Hierdurch  gelange  ich  zu 
dem  Werthe  der  adiabatischen  Elasticitätsconstanten  und 
denjenigen  der  aus  ihnen  gebildeten  für  alle  Anwendungen 
massgebenden  Determinanten  Verhältnisse.  Es  schliesst  sich 
daran  eine  Zusammenstellung  von  Zahlenwerthen  fur  einige 
isotrope  und  krystallinische  Körper. 

Endlich  wird  der  Einfluss  grösserer  Temperaturände- 
rungen und  der  Abhängigkeit  der  Elasticitätsconstanten  von 
der  Temperatur  in  Betracht  gezogen. 

Bezeichnet  man  mit  Zx,  H9}  ZK  —  die  ganzen  thermisch- 
elastischen Drucke,  bezogen  auf  die  Flächeneinheit,  mit  X 
Z  und  AT,  i;  Z  die  äussern,  resp.  OberHächenkräfte,  so 
gilt  bekanntlich  für  jede  Stelle  im  Innern  eines  elastischen 
Körpers: 

für  die  Oberfläche  hingegen 

(2)  X  +  5,  «  0,  .  .  .  . 

Als  natürlichen  Zustand  bezeichnen  wir  denjenigen,  der 
sich  bei  constanter  Temperatur  SQ  einstellt,  falls  keine  äusse- 
ren Drucke  wirken.  Die  Verschiebungen,  die  bei  anderen 
Bedingungen  eintreten,  seien  mit  «,  v,  w  bezeichnet. 

Dann  ist  der  innere  Zustand  an  jeder  Stelle  völlig  be- 
stimmt durch  die  sieben  unabhängigen  Variabein: 

du  dr  du* 

fltc  ,   ör  flu      Sic  ör  .  flu 

1)  W.  Thomson,  Quart.  Jouni.  of  Math.   Vol.  I.  p.  57.  1857. 

2)  N.  Schiller,  Journ.  d.  rues,  ptays.  Ges.  11.  p.  6,  1879,  Beiblatter  4. 
p.  423.  1880. 

3)  M.  Planck,  Gleichgewichtszustände  isotroper  Körper,  Manch  1880. 

4)  H.  v.  Heimholt!,  Berl.  Ber.  v.  2.  Febr.  1882. 


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Adiabatische  Elasticitätsconsta nten. 


745 


und  die  absolute  Temperatur  0,  oder  statt  letzterer  die  re- 
lative Temperatur  0  —  @0  =  &. 

"Wird  mechanisch  und  calorisch  auf  den  betrachteten 
Körper  eingewirkt,  so  gilt  fur  die  Aenderung  seiner  Energie 
E  durch  die  zugeftihrte  Arbeite  und  W&rmerfQdie  Gleichung: 

(3)  dE-dS+  AdQ. 

Wir  wenden  sie  auf  eine  beliebige  Stelle  des  Körpers 
an  und  beziehen  sie  auf  die  Volumeneinheit. 

Dann  ist,  falls  noch  fl  die  Geschwindigkeit  an  der  Stelle 
x,  y,  z  bezeichnet  : 

ÖJ?  j      i  dJ£  ,        BE  ,      ,  BE  ,      ,  dE  , 
dE  =  y  ■  -  ^  +  -d-  dyy  +  ^  rf,.  +       rfy .  +  ^  rfx, 

(4)  ö£  ,  ,ö  ,  edSl' 


(5)  ar/,       ö<7,       dU.^  BU.^Ä 

und  nach  leicht  ausführbarer  Berechnung: 

(6)  dS=  ~  (Zxdxx  +  H9  dyy  +  Zt  dz,  +  Hx  dyM  +  Zx  cfc,  +  JTyr£r,) 

+     2  ' 

Setzt  man  diese  Werthe  in  Gleichung  (3)  ein  und  dann 
die  Coeföcienten  der  einzelnen  Differentiale,  die  von  einan- 
der unabhängig  sind,  fur  sich  gleich  Null,  so  erhalt  man: 


BE         T  A(ABV 


(?) 


6E         -  Af,BV 

BE__  AadU-  AU+AdU* 

quo  fi\\at' 


Hieraus  folgt: 

r  _      B0  r         B_0   AU  ÖJ> 

(8)   „y=  -        au  -  ee, 

1)  Es  wird  angenommen,  dass  die  Wärmebewegung  in  einer  Weise 
stattfindet,  die  sich  nur  unendlich  wenig  von  einem  umkehrbaren  Process 


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746  W.  Voigt 

wo  (p  —  E  —  AO  U  eine  Function  von  xz  .  .  .  xy  und  B  (die 
freie  Energie  nach  v.  Helmholtz)  bezeichnet;  daher  gilt 
also  auch: 

W  Ad7x-dü'   '  Ad7y  "  W 

Dies  ergiebt,  in  (5)  eingesetzt: 

Da  hier  links  dQ  =  eCdO  ist  (unter  C  die  speciÜBche 
Wärme  verstanden),  so  ergibt  sich  durch  Nullsetzen  aller 
dxa  .  .  .  dx9 

(11)  ®  =  ec  =  °d&  =  ~ÄdW*' 

falls  c  die  sogenannte  wahre  specifische  Wärme,  (£  die  wahre 
Wärmecapacität  der  Volumeinheit  bezeichnet,  d.  h.  die  Wärme- 
menge, welche  die  Temperaturänderung  Eins  hervorbringt, 
während  die  Gestalt  sich  nicht  ändert. 
So  ergibt  sich  schliesslich: 

ß    mm  ^  — 

(12)  dQ  «  «  CrfÖ  =  «crfö  +  §(  ~£  dxa  +  •  • .  +  ^  tf  *r)  , 
oder  kürzer: 

Hieraus  folgt  eine  zweite  specifische  Wärme,  wenn  man 
die  Erwärmung  bei  constanten  Spannungen  5*,  be- 
trachtet. 

Man  erhält: 

(13)  c  =  c  +  ^\  ö(9       +  '  ' "  +  00  däj* 

Dabei  ist  in  den  ersten  Differentialquotienten  xx  . .  .  s„ 
in  den  zweiten      .  .  .  Iy  constant  zu  lassen. 

Setzt  man  in  (12)  dQ  =  0,  so  erhält  man  die  Bedingung 
der  adiabatischen  Aenderung,  d.  h.  die  Temperaturänderung 
durch  blosse  Deformation. 

Gehört  das  betrachtete  Volumen  einem  wärmeleitenden 
Körper  an,  so  ist  in  leicht  verständlicher  Bezeichnung: 

also  die  obige  Gleichung: 


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Adiabatische  Elasticitätsconstanten. 


747 


X  1 


Diese  Formel  gibt  die  allgemeine  Correction  der  Fou- 
rier 'sehen  Wärmeleitungsgleichung. 
Als  Randbedingung  bleibt: 

(W)  «+G.-0. 

Ein  wichtiger  Fall  ist  der,  dass  die  Temperaturänderung 
ausschliesslich  Folge  der  Deformationen  und  demgemäss  fr 
mit  jenen  erster  Ordnung  ist.  Dann  wird  man  für  die  Func- 
tion </>  eine  homogene  Function  zweiten  Grades  der  sieben 
Argumente  xm  . . .  xv  und  &  zu  setzen  haben,  die  in  Rück- 
sicht auf  (11)  so  geschrieben  werden  mag: 

2  </>=*cn xx2  +  2cl2xxyy+2cizxxz,  H  

+  c^zr-\r2c^ztyt-\  

15)  \  +  t^2+2r»fiyazx  +  2cwy,.ry 

-  2^(?iX,+93yy+93ZI+yl.yI+^rx+7flj'y)-  A-*£*-- 


(16; 


Hieraus  folgt  dann: 
-Ix  =  c,  j  xx+ cl2y„ + c,  3z,  4-  c14y, + c,5zx  +  c^-ft  #    ~(XZ  +  qx  fr), 

-Iy  =  c^xx  +  c6iyy  +  c63z,  +  c8|y,  -f  ce6rx  +  cMxy  -q6fr  =  -(X  y  +  qa &), 
(17)  +  ^4*7  =  A0-+{qlx,+  q2!/y  +  a3zt+qii/,+  q!izx  +  q(ixy), 

Letztere  Gleichung  bestimmt  also  in  unserem  Falle  voll- 
ständig die  Entropie;  der  Werth  derselben  fur  den  natür- 
lichen Zustand  ist  gleich  Null  eingeführt.    Die  allgemeine 
speeifische  Wärme  C  folgt  daraus  gemäss: 
(17')  sCdfr=edU. 

0  ist  in  diesen  Gleichungen  als  Constante  anzusehen  — 
nämlich  als  sehr  gross  gegen  die  Aenderung  #  ;  c  ist  con- 
stant, d.  h.  unabhängig  von  6  und  xa  .  .  .  xy. 

Die  Xs  .  .  .  X„  bezeichnen  die  bei  constanter  Normal- 
temperatur 0=0°  oder  &  =*  0  durch  Deformationen  hervor- 
gerufenen elastischen  Drucke. 

Ist  &  von  x,  y,  z  unabhängig,  und  wirken  auf  den  Körper 


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I 


748  W.  Voigt 

keine  äusseren  Drucke,  so  wird  den  Hauptgleichungen  genügt 
durch : 

(18)  Sm  =  .  •  •  -  Z,  =  0, 

d.  h.  zm  =  ax  tf,    .  .  .,    xt  =  &, 

wo  as,  a,  die  Coefficienten  der  thermischen  linearen 
Dilatationen  parallel  den  Coordinatenaxen,  a4,  «5,  afi  die  dor 
thermischen  Winkeländerungen  dieser  Axenrichtungen  sind. 

Die  lineäre  thermische  Dilatation  in  einer  durch  die 
Richtungscosinus  tc,  ßt  y  bestimmten  Richtung  ist  dann  ge- 
geben durch: 

(18')    V  =  afr=  (a,  a*  +  a£jP  +  a,/2  +         +  *4  y  «  +  ,9  : 

analog  bestimmt  sich  die  thermische  Winkeländerung  zwischen 
zwei  Richtungen  ^  und  A,,  die  durch  alt  ßl , und  c*2,  ;s 
gegeben  sind: 

(18")  {  Vii  "  ö  ^  ™  PKCia!+"2/?l^  +  flSM/'l) 

l  +  a4  (ft  ft  +  Ti  ft )  +  o6  (y ,  «2  +  «!  y,)  +  a«  («,  ft  +  ft  «,)]  •>  • 
Es  findet  sich  nach  (16): 

(19)  qh  =  aicA1  +  ...  +  fl«cfc6    für    A=l,  2...  6, 
und  durch  Umkehrung: 

(20)  —        +  •  •  •  +  7«*/,6 . 

wo  die  Skk  leicht  angebbare  Determinantenverhältnisse  in 
den  sind. 

Ihre  Benutzung  lässt  aus  (16)  sogleich  hervorgehen  das 

System: 

—  rz  —  su  Hx  H  1-  sin  Zy  —  a}  ti . 

(21)   _  

—  xy  =  Ä6i      H  *~  *««  ~*  —  öe  f  / : 

(22)  ^  f7  =  -  {a,  Zx  +  .  •  •  +  aH  Jr), 

worin  c,  die  specifische  Wärme  bei  constanter  Spannung,  sich 
ergibt  in  Uebereinstimmung  mit  (13): 

(23)  + +  +7«««) 

Wie  c  von  a-e  .  .  .  xy  und  &,  so  ist  also  auch  c  von 
Am  •  *  >  £y  und  #  unabhängig;  man  kann  daher  die  Spannun- 
gen, welche  darin  vorausgesetzt  sind  und  constant  erhalten 
werden  sollen,  gleich  den  bei  allseitig  gleichem  Druck  p  ein- 


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Adiabatische  ElasticitaUconstanten. 


749 


tretenden  nehmen  ohne  den  Werth  zu  ändern ,  also  c  mit 
dem  gebräuchlichen  Cp  ohne  Weiteres  vertauschen. 

Nicht  ebenso  ist  c  mit  dem  gebräuchlichen  c9  identisch 
zu  setzen,  denn  es  sind,  wie  sich  zeigen  wird,  bei  Krystallen 
Deformationen  denkbar,  die  ohne  Volumenänderung  statt- 
finden und  doch  auf  die  specilische  Wärme  Einfluss  haben. 
Unser  c  ist  also  specieller  als  c9;  um  es  cp  entsprechend  an- 
schaulich zu  bezeichnen,  wollen  wir: 

c  s=  cd 

setzen,  was  heissen  soll:  specifische  Wärme  bei  constanter 
Deformation. 

Das  allgemeinere  c„  ist  durch  (17)  und  (17')  gegeben, 
wenn  darin: 

dxs  +  fit/y  +  dz,  =  0; 

c9  kann  also  unendlich  viele  Werthe  annehmen. 
Setzt  man  in  die  Gleichung  dQ—  <-)d(J: 

Ühi  dx        dy  dz 

und  für  dü  den  aus  (17)  oder  (22)  folgenden  Werth,  so 
resultirt  die  speciellere,  d.  h.  für  sehr  kleine  Temperatur- 
änderungen gültige  Differentialgleichung  der  Wärmebewegung. 

Für  dreifach  symmetrische  Krystalle  ist  q^q^q^O, 
04=o6«a6«0,  und  folgt,  falls  xux2,x3  die  Wärmeleitungs- 
fähigkeiten  parallel  den  Hauptaxcn  bezeichnen,  aus  (17): 

d»        d>&        d'&  d*tt 
iCd  dt  Ä  *»  öx»  +  *«  Jf  +  *3  Tz* 


(24) 


Bf    Bxx         dy  6z,\ 


während  gleichzeitig  gilt: 

qh  =  «i<fci  +  "2fM  +  «8cw    für    h  =  1,  2,  3,  und 
(25)  h  ,  x 

Für  reguläre  Krystalle  und  unkrystallinische  Medien  ist: 
^  =  ^2  =  93  =  7^       =       «3=«,    Xl  =  x2=x3=x  und 

(2b)  €Cd^  =  -j^  , 

worin  d  =  xx+yt  +  zs  gesetzt  ist.  Wegen  der  Gleichheit  der 


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750  W.  Voigt 

qk  ist  nach  (17)  bei  regulären  Krystallen  und  unkrystallini- 
8chen  Medien  c„  mit  cd  identisch. 
Ferner  ist: 

a{cn  +  2c„)  =  a/(*n  +  2*12), 

ZgaS 


(27) 


c,  -  c9  =  cp  -  cd  A 


und  daher  Gleichung  (26)  auch: 

(27-)  tc„_=xJ*__U_  •)_. 

3  a  ist  hierin  der  thermische  cubische  Ausdehnungscoefncient. 

Ist  die  Wärmeströmung  im  Inneren  und  durch  die  Ober- 
fläche des  Körpers  unmerklich,  wie  z.  B.  bei  Oscillationen, 
bei  denen  die  Zustände  sich  schneller  ändern,  als  dass  eine 
Ausgleichung  der  eingetretenen  Differenzen  möglich  wäre, 
so  kann  man  aus  der  Gleichung  (17),  die,  wenn  U  gleich 
Null  ist,  lautet: 

(28)  i Cd  '>  =  -  -j  {qJ  xx  +  . . .  +  y6.r,), 

i?  als  Function  der  xx  .  .  .  ts  bestimmen  und  in  die  Formeln 
für  die  Componenten  Z%  . .  .  S9  einsetzen. 
Man  erhält  hieraus: 


(29) 


I  -  *  -  (^+5ri)*-+(^+^3"+(<i*+^*- 

I     +  (««+ +  («..+ -+(«-+ 


u.  s.  f.,  kurz  Formeln  derselben  Gestalt,  wie  für  —  Xx,...  —  X, 
gelten,  nur  steht  an  Stelle  der  isothermischen  Elasticitats- 
constanten  cw  eine  andere,  die  ad  i  abatis  che  Elasticitäts- 
constante 

IOf\\  ^ 

(30)  y«-ctt+ 

Genau  ebenso  treten  an  Stelle  der  (für  die  Anwendung 
so  besonders  wichtigen)  isothermischen  Constanten  die 
adiabatischen  o^*,  die  aus  dem  System  (21)  hervorgehen,  wenn 
man  darin  &  gemäss  der  in  (22)  eingesetzten  Relation 
U  =  0  eliminirt;  man  erhält: 

(31)  ^  =  ^--27^- 


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Adiabati&che  Elasticitätsconstanten.  751 


(32) 


Diese  Gleichung  gibt  Anlass  zu  zwei  merkwürdigen  und 
einfachen  Sätzen. 

Der  isothermische  Dehnungscoefficient  ist  für  einen  be- 
liebigen Krystall  in  einer  durch  die  Richtungscosinus  a,  ßr  y 
gegebenen  Richtung: 

+  *l*nß'Y2  +     y««f + 

+  Y1{h*ßY  +  *nY«  +  h*<*ß)\ 

Bildet  man  hieraus  den  adiabatischen  Dehnungscoöfncien- 
ten  E,  indem  man  einfach  die  4*  mit  den  <rtt  vertauscht, 
und  benutzt  die  Werthe  (31),  so  resultirt  in  Hinblick  auf 
(18')  leicht  der  allgemeine  Satz: 

(33)  E  =  E-Z7v 

wo  a  der  thermische  lineäre  Dilatationscoefficient  für  die 
Richtung  X  ist 

Ferner  ist  der  isothermische  Drillungscoefficient  T  für 
ein  rechteckiges  Prisma,  dessen  Längsaxe  «,  ß,  y,  dessen 
grössere  Querdimension  ap  ßv  y,  zu  Richtungscosinus  hat: 

T  -  4(#n  a*a*  +  *„0V,2  +  WW)  +  *4i(ßyl  +  Y  ßxY 

+  '66  (r  «1  +  «  Xl)'  +  *6«  (<*ß\+ß 

+  4(^y,  +  rft)(*u«<ii  +  *iö/?Ä  +  *je  Y  Y\) 
+  4  (y  <*,  +  «  y,)  (*24 +  +  st€  y  yj 

+  4  (<*ß  +  /9a,)  (*34  et  er,  +  *35  /9  ßx  +  *36  y  y,) 

+        «, («Ä  +  (/?y,  +yft) 

Verfahrt  man  hier  wie  bei  E,  so  erhält  man  sogleich 
aus  (18"): 

(35)  T-T-2£, 

wo  (f0l  die  thermische  Winkeländerung  zwischen  der  Längs- 
und grösseren  Querrichtung  des  Prismas  ist 

Für  einen  Kreiscjlinder  tritt  neben  dem  obigen  T  das 
entsprechende  auf,  in  welchem  die  Richtung  av  ßv  yx  mit 
der  dazu  und  zu  a,  ß,  y  normalen  av  ßv  y2  vertauscht  ist; 
die  Summe  beider,  die  wir  als  Drillungscoöfficienten  T°  für 


(34) 


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752 


W.  Voigt. 


den  Kreiscylinder  bezeichnen  wollen,  ist  nur  von  a,  ß.  y 
abhängig.    Man  erkennt,  dass  hier  die  Relation  gilt: 

(36)  T°  =  T°  —  , 

wenn  a  die  thermische  Winkeländerung  der  Längsaxe  gegen 
die  Ebene  des  Querschnitts  bezeichnet.  Beide  Sätze  zeigen, 
in  welchen  Fällen  allein  der  isothermische  und  adiabatische 
Torsionscoöfficient  verschieden  sind. 

Für  Kry8talle  mit  zwei  oder  drei  zu  einander  normalen 
Symmetrieaxen  ist,  falls  man  die  Coordinatenaxen  in  die- 
selben legt: 

C14>  °2V  CiV  C\&7  C2V  C35>  Cl«>  C2e^  CS«>  CM>  C«4>  CW 

gleich  Null,  ebenso,  wie  schon  oben  benutzt: 

9*  =  75  =  %  Ä  °»    a*  =  °5  —  °e  =  °- 
Es  wird  hier  also  der  Unterschied  zwischen  isother- 
mischen und   adiabatischen  Constanten   nur   für   die  in 
**}  Vyi  z'i  re9P«  Är  Hv,  Zt  multiplicirten  Factoren  der  Glei- 
chungen (16)  resp.  (21)  stattfinden  und  gelten: 

=  cu »    Yu  -  cu .    y    =  cö6 ,  ebenso: 

GVk  =  Ä44  »      °"56  Ä  *65  »      ffö6  =  *««  * 

Für  reguläre  Krystalle  ist: 

Cll  =  C22  5=4  C33  »      C23  ~  C31  =  C12  »      C44  =  C68  Ä  C66 

und  gilt  analoges  für  die  <ikk\  ferner  ist: 

a\  *=  "2  =  «3  =  a ,    9i  =  ?2  =  ft     ?  > 
zugleich  hier  auch  cd  =  ct. 
Daher  wird: 

y'6>  y*0 

zugleich  folgt  aus  (33)  und  (35)  resp.  (36): 

E  =  E-.<"V  T  =  T, 
die  Differenz  der  adiabatischen  und  isothermischen  Dehnungs- 
coefficienten  ist  constant,  die  Drillungscoöfficienten  sind 
identisch. 

Das   System    der    Druckkräfte    aber    lautet,  wenn 

J*x  +  y*  +  z->  Ä  ^  gesetzt  wird : 


Adiabatische  Elasticitatsconstanlen, 


75B 


—  //•  —  cu  yt . 

Dasselbe  gilt  für  isotrope  Medien,  nur  ist  da  specieller 
cu  —  (cn  —  cl2)/2  und  dem  entsprechend  si4  =  2(*n  —  *12); 
man  erhält  so  für  E  das  lang  bekannte  specielle  Resultat. 

Man  erkennt,  dass  hier  ein  Unterschied  zwischen  adia- 
batischen und  isothermischen  Deformationen  nur  dann  ein- 
tritt, wenn  bei  denselben  die  räumliche  Dilatation  S  von 
Null  verschieden  ist. 

Im  Folgenden  gebe  ich  für  die  von  mir  bisher  unter- 
suchten Krystalle,  sowie  für  zwei  Glassorten  die  Zahlwerthe, 
die  nach  den  vorstehenden  Formeln  berechnet  sind. 

Die  Elasticitätsconstanten  Ca*  und  die  Detenninanten- 
verhältnisse  skk  sind  den  unten  vermerkten  Abhandlungen1) 
entnommen,  und  die  ihnen  zu  Grunde  liegenden  Einheiten  — 
Grammgewicht  als  Kraft,  Millimeter  als  Längeneinheit  — 
auch  in  den  übrigen  benutzt,  auch  die  Masse  eines  Grammes 
als  Masseneinheit  zugefügt.  Demgemäss  drückt  sich  die 
Dichtigkeit  in  einer  tausendmal  kleineren  Zahl  aus,  wie 
gewöhnlich  —  das  mechanische  Wärmeäquivalent  in  einer 
tausendmal  grösseren;  A  ist  —426000  gesetzt.  Indem  Gramm- 
calorien  vorausgesetzt  sind,  geben  sich  die  specifischen 
Wärmen  in  den  gebräuchlichen  Zahlen. 

Für  die  Dichtigkeiten  sind  die  Werthe  angenommen, 
die  Kopp  gefunden  hat,  für  die  specifischen  Wärmen,  soweit 
sie  vorliegen,  gleichfalls;  für  Beryll  und  Topas  habe  ich 
letztere  nach  der  Mischungsmethode  bestimmt. 

Für  die  thermischen  linearen  Ausduhnungscoefficienten  a 
sind  die  Werthe  für  Flussspath,  Pyrit,  Baryt  nach  Pfaff, 
für  Beryll,  Bergkry stall,  Topas  nach  Fizeau  eingeführt; 
für  die  Glassorten,  für  Steinsalz  und  Sylvin  sind  sie  mit 
Hülfe  von  Hrn.  Pockels  hier  neu  bestimmt.  Die  Coefficien- 
ten  qh  der  thermischen  Drucke  sind  aus  ihnen  nach  Formel  (20) 
berechnet. 


1)  W.  Voigt,  Wied.  Ann.  81.  p.  474  und  701.  1S87.  84.  p.  981. 
1888.  35.  p.  642.  1888. 

Ann.  d.  Phjt.  n.  Ch«ra.  N.  F.  XXXVI.  4g 


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754 


W.  Voigt 


Die  benutzten  Dichtigkeiten,  specifischen  Wärmen,  Äus- 
dehnungscoSfficienten  sind  zum  grössten  Theil  nicht  an 
demselben  Material  bestimmt,  welches  die  Elasticitätscon- 
stanten  geliefert  hat;  dies  iet  unbedenklich,  da  es  sich  um 
die  Bestimmung  nur  kleiner  Variationen  handelt,  die  sich 
der  Beobachtung  fast  entziehen. 

Glas. 

1.  Guinand'sches  grünes  Glas. 

«  =  2,54. 10-5».    c,«0,19,    a  =  9,8.10-«,  9=111. 

*„  =  15,4.  10-8,  *12= -3,3.10-8,  ,44  =  2(*ll-*]2)  =  37,4.10- 

*\\  ~  a\\  =  *i3  ~~  ffi2  —  0,014. 10~8. 

rn  =  6,23 . 10e,    c12  =  1,88 . 10«,    c44  -  J  (cu  -  c]2)  =  2,17  . 10* 

Tu-  cn=Yu-cn  =  0,018. 10« 
cp-  cv  =  0,0009,    x  =  1,0046. 

2.  Weisses  rheinisches  Spiegelglas. 

f  =  2,56 . 10-*,    c,  =  0,19,    a  =  8,0 .10-«,    7  =  100. 

*n  =  13,6.10-8,    *12=-2,8.  10-*.  *44«2(*X1-#„)«32,8.10-* 

sn  ~  an  ~  8n  ~  an  ~  0,009 . 10~8. 

cu  =  8,27  . 10«,    clf  =  2,18 . 10«,    c44  =  |  (cn  -  cn)  =  3,05 .  W 

Yn-*v  =rn-<i2  =  0014.10« 
cp  -  ce  =  0,0006,    x  =  1,0034. 

Reguläre  Krystalle. 

1.  Fl  us  ss  path  (vom  Brienzer  See). 

e  =  3,18 . 10-8,    c,  =  0,209,    a  =  19,5 . 10"«,    q  =  505; 

sn  =  679 . 10-8,    *12  =  -  1,46 . 10-8,    s„  =  29,02 . 10-8 

Än  ~~  ^11  =  *it  ~  au  —  0,040. 10~ s. 
cn  =  16,70 . 10«,    c12  =  4,57  .  10«,    c44  =  3,45 . 10« 

Yn  ~  °n  =  ru  —  c\2     O»27  • 106 
cp-cr  =  0,0065,    x=  1,031. 

2.  Pyrit  (aus  Cornwall  is). 

*  =  5,03.10-3,    cp=  0,126,    «  =  10,1.10-«,   7  =  273; 

*n  =  2,83 . 10-8,    sl2  =  0,43 . 10-8,   su  =  9,30 . 10-8 

*n  -      =  si3  -  ai2  =  0,011  . 10-8. 
cu  =  36,80 . 10«,    cia  =  -  4,83 . 10«,    c44  =  10,75 . 10«, 

Yn  ~  cn  =  Ym  ~  cn  =  0,083 . 10«, 

cp-  cv  =  o,oorj,  1,009. 


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Adiabatische  Elasticitäbtconstanten 


755 


3.  Steinsalz  (aus  Stassfurth). 

e  =  2,15 . 10-3,    c,  =  0,219.    a  =  40,6 . 10-«,    q  =  301, 

#n  -  23,82 . 10-8,    *12  =  -  5,16 . 10-8,   su  =  77,29 . 10~8, 
*n  —  au  —  sn  —  o*u  =  0,25 . 10-8. 

c„=  4,77.10«,    cia  =  1,82.10*    cu  =  1,29 . 108, 

-  cn  0  rit  -  cu  ä  °>135- lü*' 

cp  -  c9=  0,0120,   x  =*  1,048. 

Bei  Steinsalz  haben  also  alle  Differenzen  zwischen  iso- 
thermischen und  adiabatischen  Constanten  einen  sehr  bedeu- 
tenden Werth. 

Die  DehnungscoeTficienten  parallel  der  Würfel-,  Grana- 
toöder-  und  Octaedernormale  sind  resp.: 

W.  G.  0. 

isothermisch  23,82 . 10~8,    28,65 . 10~8,    30,26 . 10"8, 

adiabatisch    23,57 . 10~8,    28,40 . 10"8,    30,01 . 10"8, 
analog  die  Elasticitätscoöfficienten  oder  Dehnungswiderstande: 

W.  G.  O. 

isothermisch  4,198 . 108,     3,489 . 108,     3,306 . 108, 

adiabatisch    4,243 . 108,     3,522 . 108,     3,832 . 108. 

Bestimmungen  dieser  Grössen  durch  Schwingungsbeob- 
achtungen sollten  also  wohl  den  Unterschied  direct  zu  con- 
statiren  vermögen.  Hr.  Groth1)  hat  dergleichen  leider  nur 
zur  Bestimmung  des  Verhältnisses  E0/E«  angewandt,  das  sich 
von  E,/E*  nur  um  1/600  unterscheidet,  d.  h.  um  eine  nicht 
sicher  nachweisbare  Grösse. 

4.  Sylvin  (aus  Stassfurth). 

«  =  1,98.10-*,       =  0,171. 10-8,    a  =  37,1.10,   q  =  154. 

*n  =  26,85. 10-8,    *l2=  —  1,35.10-»,    s„  =  153,0. 10"8, 

*n  —  =  *i2  ~~  an  —  0>29 '  IG"*« 
cn  =  3,75.108,    c12  =  0,20.108,    cu  =  0,655 . 108, 

Yn-  '»  - 0,043. 108, 
Cp  -  cv  -  0,0061 ,    *=  1,036. 

Hexagonale  Kryatalle. 

1.    Beryll  (aus  Nertschinsk). 
e  =  2,70.10-8,    r,  =  0,212,    a,  =  a2  =  1,37  . 10"8, 
a3--l,06.10-8,    ^  =  ^=+43,9,    g3=  -  7,10. 

1)  P.  Groth,  Berl.  Ber.  v.  5.  Aug.  1875. 

48* 


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756  W.  Voigt. 

sn  =  4,83 . 10-8,    *„  =  -  1,34 .  1Ü-8,    .v13  =  -  0,84 . 10~*, 

«33  =  4,62 . 10~«;    *u  =  15,00 .  10-«, 
sn  -  *i  i     *ii  -  *i2  -  0,00023 . 10-8, 
*is  ~  ffi3  =  -  0,0001 7  . 10-8,   «38  -  <783  =  0.00014 .  Hi-« 
fn  =  27,5.106,    c12=  9,80. 10fl,    cls  -  6,74 . 10«, 

c33  =  24,1 . 10«,    c44=  6,66.10«. 
?'n-cn  =  ri2-^  =  0,0023. 10^, 
^13  -  ci3  =  -  0,00036 . 10«,    yn  -  cM  =  0,00006 . 10«. 

Cp  -  cd  -  0,000033,    x  =  1 ,000 1 6. 

2.    Bergkrystall  (aus  Brasilien), 
e  -  2,65 .  10-*,  c,  =  0,186,  ax  =  a,  =  14,2 .  10"«,  a,  =  7,8 . 10"* 

ft  =  ?2  =  144,  93=125. 
*n  =    12,73 . 10-8,    sl2  =  -  1,63 . 10-8,    #l8  =  -  1,49 . 10"« 

#u  4,23.10-«,    *33=     9,71.10-«,    su=  19,67.10^, 

*n  —  °n  =  *i2  ~  ffi2  =  0,028. 10  -* 

*i3  -  <^i3  =  0,016. 10-«,    *s3  -  <r33  =  0,0085 . 10-*. 

cu  =  8,68 . 10«,    clt  =   0,71 . 10«,    c18  =  1,44 . 106, 

cn  =  1,72 . 10fl,    c33  «  10,75 . 10«,    c44  =  5,82 . 10«, 

yii-cii  =  ria-^ia  =  0,029. 10«, 

7ia  ~  *is  =  0.026  . 10«,    r„  -  <fc  =  0,022 . 10«. 

cP-cd=  0,0013,    x=  1,0070. 

Rhombische  Krystalle. 

1.    Topas  (aus  Mursinka). 
6  =  3,54.10-*,    cp  =  0,206, 

^=4,84.10-«.    «3  =  4,14.10-6,  «3=5,92.10-«. 

qx  =  243,    o2     263,    q3  =  256. 
*n  =     4,34. 10"«,    *22  =     3,46. 10-8,    *33  =  3,77.10-*, 
«23  =  -  0,65 . 10-8,    *31  =  -  0,84 . 10-«    sl2  =  -  1,35 . 10"«, 
su=     9,06.10-«,    ,ß5=     7,39. 10-8,    *fifl  =  7,49.10-8; 
su  ~  °n  =  0.0023 . 10-8,    s2i  -  <t22  =  0,0016 . 10-«, 

«33-^33  =  0,0031.10-«, 

*23  ~  *23  =  0,0023 . 10-«,    tn  -  a9l  =  0,0026 . 10"«, 
s]2  -fflf-  0,0019. 10-«. 

c,  j  =  28,7  . 10«,  ca2  =  35,6 . 10«,  c33  =  30,0 . 10«, 
r23=  9,0.10«,  c31  =  8,6.10«,  c„-  12,8.10«, 
ru  =  11,0.  10«,  cM  =  13,5. 10«  c66  =  13,4 . 10«, 
^1-^1  =  0,055.10«,  ytt-cu=  0,066.10«,  7^3- c33  =  0,062. 10«. 


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Adiabatische  Elasticitäüsc  on  stauten.  757 

Yn- cn  =  0,060. 10«,  y3l-csl  =  0,058. 10",  ;-12- c]2  =  0,061 .10« 
Cp  -  td  =  0,00037,    x  =  1 ,0039. 

2.    Baryt  (aus  Cumberland). 
e  =  4,48.10-«,    cp  =  0,108, 
=  14,3 .  10-«,    «2  =  22,5 .  10  «,    a3  =  14,9 . 10"«, 
9i  =  276,    y2  =  288,    ?3  =  263. 
*n=    16,13.10-«,    j22=    18,57.10-«,    *33  =  10,42.10-«, 
siS  =  -  2,46 . 10-8,    *3l  =  -  1,88 .  10-«,    sn  =  -  8,80  . 10"«, 
t44  =    82.30.10  »,    *ßS  =    34,16.10-«,    #ea  =  35,86.10-«, 
-<?,,=  0,029 . 10-«,   s2i  -  <r,2  =  0,072 . 10~«, 

«33  -  ff33  =  °>032  •  10"8> 

*»S  -  ffM  =  0'048  •  10~8»     *31  -  *31  Ä  0  030  '  10"*' 

*\%-  ff,,  =  0,046. 10-«. 
cn  =  9,07  . 10«,    c,2  =  8?00 . 10«,    c33  =  10,74 . 10«, 
c23  =  2,78.10«,    c31  =  2,75.10«,    c12  =  4,68.10«, 
c„  =  1,22 . 10«,    cs6  =  2,93 . 10«,    c6fl  =  2,83 . 10«, 
Yn~  cn  =  0,108. 10«,  y22-c22  =  0,118.10«,  y33-cS3=  0,098.10«, 
^3-^3=0,108.19«,  ^-^=0,103.10«,  ^-^  =  0,113.10«. 
cp-  Cd  =0,00220,    x=  1,020. 


Für  grössere  Temperaturänderungen,  aber  noch  immer 
sehr  kleine  Deformationen  (eine  Annahme,  die  in  praxi  wohl 
nie  aufgegeben  zu  werden  braucht),  kann  man  Ansatz  (15) 
noch  immer  benutzen,  wenn  man  nur  die  dort  als  constant 
angenommenen  Factoren  als  Functionen  der  Temperatur  ein- 
führt. Die  Werthe  der  Druckcomponenten  £m...59  bleiben 
dann  gleichfalls  in  derselben  Form,  nur  der  Werth  von  U 
complicirt  sich. 

Nimmt  man  die  Elasticitätsconstanten  als  lineare  Func- 
tionen der  Temperatur: 

Chk  =»  Chk&j 

und  betrachtet  das  zweite  Glied  als  eine  neben  dem  ersten 
kleine  Grösse  —  Beobachtungen  für  Krystalle,  welche  die 
Aenderung  aller  Constanten  mit  &  ergeben,  liegen  noch 
nicht  vor,  daher  ist  die  Tragweite  dieser  Annahme  noch 
nicht  zu  übersehen  — ,  und  setzt  man  ebenso  den  Coefficien- 
ten  des  thermischen  Druckes: 


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758  W.  Voigt 

(]h  —  gk°  +  qh'ft , 
die  Coefficienten  der  thermischen  Dilatationen: 

so  lassen  sich  einige  einfache  Folgerungen  ziehen. 

Man  erhalt  durch  die  Beobachtungen  zunächst  die  Deter- 
minantenverhältnisse : 

aus  diesen  folgen  die  Elasticitätsconstanten  chk. 
Setzt  man  die  Determinante: 


*n  •  •  •  *i« 


=  P 


und  hierin  den  Coefficienten  des  A  ten  Elementes  der  k  ten 
Reihe  gleich  «P»  und  kürzt  ab: 

P**/P  =  f>», 
so  ist:  =  Phk 

oder:  chk*>  +  &C»  =  PhkQ  +  fr  o , 

indem  die  Voraussetzung  benutzt  wird,  dass  mit  dem  zweiten 
Glied  abgebrochen  werden  kann.    Es  folgt  also: 

o  o         ,  (dPhk\ 

Letzteres  lässt  sich  ausrechnen.  Da  nämlich  &  nur  in 
den  Verbindungen  in  j?w  vorkommt,  so  ist: 


Nun  gelten  z.  ß.  für  die  cu...cie  die  Formeln: 

1  —  Cll  *11  Id    1 6 

0 .  /•    0  X    0  -l-  .#»°jcw 
—  Cll  *21    T  •  •  •  c\9  *26 


ähnlich  für  die  übrigen,  und  hieraus  folgt  leicht: 


de. 


fl^n  —        C12  C13        Cll  C23  »  •  '  * 


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Adiabatische  EUuticitätsconstanten.  759 
Demgemäss  wird  schliesslich: 

cut  =  -  ^s'Mnchm°ckn°, 

HR 

die  Summe  über  alle  Combinationen  m,  n  mit  Wiederholungen 
genommen. 

Diese  Formel  ist  zu  benutzen,  um  aus  den  Beobachtungen 
die  Variationen  der  Elasticitätsconstanten  mit  der  Tempe- 
ratur zu  berechnen. 


XIV.    Heber  die  KircMioff* 'sehe  Formel  für  die 
Capacität  etiles  Schutzring  con  denna  tor  s ; 
von  F.  Himstedt. 

In  einer  Arbeit:  „Ueber  die  Bestimmung  der  Capacität 
eines  Schutzringcondensators  in  absolutem,  electromagnetischem 
Maasse"1).  hatte  ich  versucht,  die  Formeln,  welche  für  die 
Capacität  eines  solchen  Condensators  von  Kirchhoff')  und 
von  Maxwell3)  aufgestellt  sind,  durch  eine  Reihe  von  Ver- 
suchen zu  prüfen,  und  war  zu  dem  Resultate  gekommen,  dass 
die  Maxwell'sche  Formel  die  Beobachtungen  entschieden 
besser  wiedergibt,  als  die  Kirch  hoff  sehe,  ja  dass  die  letztere 
vielleicht  überhaupt  unbrauchbar  sei. 

Obgleich  ich  in  der  Kirchhof f sehen  Ableitung  der 
Formel  trotz  wiederholten  Durchrechnens  keinen  Fehler  finden 
konnte,  ein  solcher  bei  der  bekannten  Sorgfalt  Kirchhoffs 
auch  von  vornherein  ausgeschlossen  schien,  so  glaubte  ich  das 
obige  Resultat  doch  veröffentlichen  zu  sollen,  weil  ich  zu  dem- 
selben schon  bei  einer  früheren  Gelegenheit  geführt  war,  und 
weil  meine  neueren  zahlreichen  Versuche,  die  von  den  früheren 
ganz  unabhängig  nach  anderer  Methode  und  mit  anderen 
Apparaten  angestellt  waren,  wieder  die  gleichen  Differenzen 
zwischen  Rechnung  und  Beobachtung  ergeben  hatten,  wie  die 
früheren. 

Ii  Himstedt,  Wied.  Aun.  85.  p.  126  188«. 

2)  Kirchhoff,  Der.  der  Berl.  Acad.  1877  p.  144. 

3i  Maxwell,  Electr.  u.  Magn.,  dtach.  v.  Weinstein  1.  p.  820. 


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7c>0 


F.  Himstedt. 


Herr  Prof.  F.  Kohlrausch  hatte  nun  die  Freundlichkeit, 
mich  darauf  aufmerksam  zu  machen,  dass  ich  bei  der  Benutzung 
der  Kirchho  ff  sehen  Formel  ein  Versehen  begangen  habe. 
Kirchhoff  leitet  im  ersten  Theile  der  citirten  Abhandlung 
einen  Ausdruck  für  die  Capacität  eines  Plattencondensators 
ab  und  bezeichnet  hierbei  den  Radius  der  Collectorplatte  mit  R. 
Ich  hatte  früher1)  diese  Formel  mehrfach  benutzt  und  mich 
daran  gewöhnt,  bei  meinen  Rechnungen  den  Radius  der 
Collectorplatte  stets  mit  R  zu  bezeichnen,  und  so  ist  es  ge- 
kommen, dass  ich  auch  in  der  sich  daranschliessenden  Formel 
für  den  Schutzringcondensator,  wo  Kirchhoff  wieder  den- 
selben Buchstaben  R  benutzt,  hierunter  wieder  den  Radius 
der  Collectorplatte  verstanden  habe  und  trotz  des  häufigen 
Durchlesens  der  Abhandlung  es  immer  wieder  übersehen  habe, 
dass  Kirchhoff  in  dieser  Formel  unter  R  nicht  mehr  den 
Radius  der  Collectorplatte  verstanden  wissen  will,  sondern 
das  arithmetische  Mittel  gebildet  aus  dem  Radius  der  Collector- 
platte und  dem  inneren  Radius  des  darum  gelegten  Schutz- 
ringes. Gibt  man  dem  R  aber  nun  diese  Bedeutung,  so 
stimmen  die  nach  der  Kirchhoff'schen  Formel  be- 
rechneten Werthe  sehr  gut  mit  den  beobachteten 
überein. 

Ich  hatte  Versuche  angestellt  mit  einer  Collectorplatte, 
deren  Radius  gleich  24,9735  cm  war,  und  um  diese  bei  drei 
Versuchsreihen  Schutzringe  gelegt,  deren  innere  Radien  waren2): 

R,  =  25,005cm    Rx  "  =  25,107  cm    /?,"'=  25,240cm. 

Es  muss  deshalb  in  der  Kirchhoff'schen  Formel  für  R 
der  Reihe  nach  gesetzt  werden: 

24,989  cm       25,040  cm       25, 1 07  cm 

Es  ergibt  sich  dann  für  die  Capacitäten  Cx  C,  C\  nach 


Kirchhoff 
r,  =  449,36 
C,=  451,05 
(;=  -153,03 


Maxwell 


449,37 
451,02 
452,92 


Ii  F.  Himstedt,  Wied.  Ann.  29.  p.  579.  1886  u.  33.  p.  1.  1*8$. 
2>  F.  Himstedt,  Wied.  Ann.  35.  p.  128.  188«. 


Schutzringconrtensator 


761 


und  bilden  wir  wieder  das  Verhältniss  C, :  C2 :  Cv  so  finden  wir: 

1:1,00376:1,00817  berechnet  nach  Kirchhoff 
1:1,00367:1,00790        „  „  Maxwell 

l :  1,00241  :  1,00864  beobachtet. 

Die  Kirchhoff' sehe  Formel  gibt  also  die  Beobachtungen 
ebenso  gut  wieder,  wie  die  Maxwell' sehe. 

Ich  bemerke  noch,  dass  ich  bei  der  Bestimmung  der 
Grösse  vv"  die  Maxwell' sehe  Formel  benutzt  habe,  dass 
also  die  a.  a.  O.  für  v  gefundenen  Werthe  nicht  berührt  werden 
von  dem  Verseheu,  das  ich  bei  Benutzung  der  Kirch  ho  ff  sehen 
Formel  begangen  habe. 

Giessen,  December  1888. 


XV.  Ein  Barimieter  mit  Contactablesuny ;  van 
J.  J.  Bogus  hi  und  Lad.  Natanson. 

Beim  Einrichten  des  physikalischen  Laboratoriums  des 
Museums  für  Gewerbe  und  Agricultur  zu  Warschau  wurde 
(bei  Fue8s  in  Berlin)  ein  Barometer  construirt,  dessen  Ab- 
lesevorrichtung, von  Hrn.  Ed.  Natanson  vorgeschlagen, 
wesentlich  von  den  gewöhnlichen  abweicht.  Da  dieses  Baro- 
meter zu  unserer  vollen  Zufriedenheit  wirkt,  so  erlauben  wir 
uns,  dasselbe  hier  kurz  zu  beschreiben. 

Das  Ablesen  geschieht  hier  vermittelst  electrischer  Con- 
tacte.  ACB  ist  ein  gewöhnliches  Heberbarometer;  in  die 
Glaswand  seines  oberen  Schenkels  ist  ein  dünner  Platin- 
draht a  eingeschmolzen,  der  nach  unten  in  eine  Spitze  endigt. 
Im  unteren  Schenkel  ist  eine  Mikrometerschraube  AT  befestigt, 
die  Hundertstel  Millimeter  angibt;  sie  ist  mit  einer  Stahl- 
spitze versehen  und  wird  mittelst  einer  beigesetzten  Scala  N 
abgelesen.  Ein  Hülfsgefäss  DK  ist  mit  einem  Schlauch  mit 
dem  unteren  Schenkel  verbunden;  es  trägt  eine  zweite  Mikro- 
meterschraube Dy  die  jedoch  keine  Theilung  zu  haben  braucht. 
Mit  derselben  ist  ein  Stahlcylinder  E  verbunden.  Die  Mikro- 
meterschraube M  und  der  Platindraht  a  spielen  die  Rolle  von 
Polen;  ein  Strom,  der  in  O  entsteht  und  ein  Galvanoskop  G 


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762 


J.  J.  Boguski  u.  L.  Natanson. 


durchmesst,  wird  durch  dieselben  dem  Quecksilber  zu-  und 
abgeführt.  Diese  Stellen  sind  untereinander  noch  mittelst 
eines  anderen  Schliessungskreises  leitend  verbunden,  der 
jedoch  einen  ziemlich  grossen  Widerstand  R  enthält  (Wir 
haben  eine  Säule  von  pulverförmigem  Graphit  angewandt, 
die  zwischen  zwei  Stöpseln  in  einem  Glasröhrchen  zusammen- 
gepresst  wurde;  dieser  Widerstand  entspricht  233,7  S.-E.) 
Das  Röhrchen  HF  endlich  findet  bei  der  Füllung  des  Baro- 
meters Anwendung:  das  Barometer  wird  evacuirt,  mit  Queck- 
silber gefüllt,  und  dieses  letztere  zum  Ueberfliessen  durch 

HF  gebracht,  wie  in  der  Töpler'- 
schen  Quecksilberpumpe  geschieht. 
Sollte  mit  der  Zeit  das  Vacuum  im 
Barometer  schlechter  werden,  so  bietet 
sich  die  Möglichkeit,  durch  dasselbe 
Verfahren  diesem  abzuhelfen. 

Wir  wollen  voraussetzen,  das 
Quecksilber  befinde  sich  in  A  unter 
dem  Platindrahte,  ohne  ihn  zu  berühren, 
und  in  B  sei  das  Mikrometerende  in 
das  Quecksilber  eingetaucht.  Lm  Baro- 
meter ist  der  Strom  geöffnet,  und  zwar 
in  A\  es  fliesst  nur  ein  schwacher 
Strom  durch  R.  Senken  wir  D,  so 
verdrängt  der  Cylinder  E  das  Queck- 
silber, und  wir  bringen  es  leicht  dazu, 
dass  der  Meniscus  in  A  den  Platindraht 
berührt.  Dies  wird  vom  Galvanoskop 
augenblicklich  angezeigt.  Ohne  den 
Stand  der  Schraube  D  weiter  zu  ändern, 
schrauben  wir  die  Mikrometerschraube 
M  aus  dem  Quecksilber  heraus;  im 
Momente,  in  welchem  der  Contact 
erreicht  ist,  ersehen  wir  es  aus  dem  Galvanoskopausschlage. 
Dem  Schlagen  von  Funken  ist  selbstverständlich  bei  dieser 
Einrichtung  vorgebeugt.  In  dieser  Weise  werden  beide  Contacte 
erzielt.  Die  Entfernung  der  Platinspitze  vom  Mikrometerende 
in  der  Nulllage  ist  ein  für  allemal  ausgemessen,  und  man  hat 
nur  die  Mikrometerablesung  zu  dieser  Constante  zu  addiren 


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Ein  Barometer  mit  ContactabUsung. 


(oder  sie  von  derselben  zu  substrahiren,  je  nach  der  Lage 
des  Mikrometers),  um  den  Barometerstand  zu  finden. 

Bekanntlich  muss  ein  genaues  Barometer  sehr  weite 
Schenkel  haben;  bei  Kathetometerablesung  beeinträchtigen 
aber  weite  Schenkel  die  Schärfe  der  Einstellung.  Bei  obiger 
Construction  können  die  Schenkel  beliebig  weit  gewählt 
werden.  Eine  zweite  Fehlerquelle  wird  dabei  beseitig?, 
indem  das  Vacuum  des  Barometers  bei  dessen  Ablesung  stets 
das  gleiche  Volumen  einnimmt,  die  Correction  also  constant 
bleibt.  Und  es  wäre  denkbar,  dass  man  das  Barometer  voll- 
ständig in  Eiswasser  eintauchen  könnte,  um  die  Reduction 
auf  0°  C.  und  die  damit  verbundenen  unvermeidlichen  Fehler 
vollständig  zu  unterdrücken. 

Das  Barometer,  welches  in  Fig.  1  schematisch  abgebildet 
ist,  entspricht,  wie  wir  fanden,  unseren  Erwartungen.  Um  die 
Contacte  mit  voller  Exactheit  einzustellen,  muss  das  Queck- 
silber in  vollständiger  Ruhe  sein;  mit  den  Schrauben  muss 
also  mit  Vorsicht  manipulirt  werden;  andererseits  muss  die 
Aufstellung  des  Instrumentes  fest  sein.  Unter  diesen  Be- 
dingungen und  bei  geeigneter  Behandlung  lässt  sich  die 
Sicherheit  der  Contactstellungen  auf  0,01  mm  schätzen. 

Warschau,  Phys.  Laborat  d.  Museums  f.  Gewerbe  u. 
Agricultur. 


XVII.  Velber  ein  neues  Baromter  und  Luftthermo- 
meter;  von  Friedrich  C.  G.  Müller. 

(Hlerai  T»f.  Till  Flg.  «.) 

Das  zu  beschreibende  Quecksilberbarometer  besteht  aus 
der  Röhre  A  von  5  mm  Weite,  welche  oben  in  einer  Kugel 
i?  von  50  mm  Durchmesser  endigt.  Das  heberförmig  gebo- 
gene untere  Rohrende  enthält  noch  die  Kugel  C  von  40  mm 
Durchmesser.  Die  Mittelpunkte  beider  Kugeln  haben  einen 
Verticalab8tand  von  etwa  810  mm.  Unterhalb  C  befindet 
sich  der  mit  Glashahn  versehene  Rohransatz  D  von  etwa 
30  mm  Länge.    Die  Füllung  wird  von  unten  in  ähnlicher 


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764 


F.  C.  G.  miler. 


Weise  bewerkstelligt,  wie  beim  gewöhnlichen  Stubenbaro- 
meter. Nachdem  das  gefüllte  Barometer  in  sein  Gestell 
eingesetzt  ist,  lässt  man  aus  dem  Hahn  soviel  Quecksilber 
abfliessen,  dass  die  obere  Kuppe  mitten  in  der  Kugel  B 
steht.  Nunmehr  functionirt  das  Instrument  als  ein  umge- 
kehrtes Gefassbarometer,  indem  die  Luftdruckschwankungen 
sich  am  unteren  Niveau  kundgeben,  während  das  obere 
wegen  des  hundertmal  grösseren  Querschnitts  nahezu  unver- 
änderlich ist.  Die  am  unteren  Schenkel  angebrachte  Scala 
enthält  auf  101  mm  100  Striche. 

Wegen  des  relativ  grossen  Volumens  der  Leere  —  bei 
den  angegebenen  Dimensionen  gleich  1670  mm  der  Röhre  — 
ist  ein  Auskochen  nicht  erforderlich.  Die  Kugel  C,  deren 
Inhalt  halb  so  gross,  wie  der  von  B,  ist  zu  dem  Zweck  an- 
geordnet, dass  beim  Tragen  und  Neigen  des  Instruments 
keine  Luft  eintreten  kann.  Soll  es  transportirt  werden,  so 
lässt  man  durch  starkes  Neigen  das  Quecksilber  aus  C  in  B 
steigen  und  verschliesst  unten  das  Rohr  durch  einen  einge- 
führten Stopfen,  genau  wie  beim  Heberbarometer. 

Obgleich  das  umgekehrte  Gefassbarometer  als  solches 
ein  bequemes  und  zuverlässiges  Instrument  ist,  zeigt  sich 
sein  wesentlicher  Vorzug  erst  in  seiner  Verbindung  mit  dem 
Luftthermometer.  Es  hat  nämlich  die  interessante  Eigen' 
thümlichkeit,  dass  alle  Punkte  des  offenen  Schenkels  unter- 
halb der  Kuppe  unter  einem  constanten ,  von  den  Luftdruck- 
schwankungen unabhängigen  Druck  stehen. 

Wie  das  Luftthermometer  mit  dem  beschriebenen 
Barometer  verbunden  wurde,  ist  aus  der  Figur  leicht  zu 
ersehen.  Die  nicht  zu  dickwandige  Thermometerröhre  E 
erhielt  etwa  1  mm,  die  Kugel  G  etwa  25  mm  Durchmesser. 
Am  offenen  Ende  ist  an  die  Thermometerröhre  eine  5  mm 
weite  Röhre  F  angesetzt,  welche  rechtwinklig  gebogen  und 
mittelst  eines  Schlauchstücks  mit  D  verbunden  wird.  Als 
Sperrflüssigkeit  dient  mit  Indigo  gefärbte  concentrirte  Schwe- 
felsäure. Die  Füllung  des  Thermometers  geschieht  in  der 
Weise,  dass  man  mit  Hülfe  einer  kleinen  Pipette  2  ccm 
Säure  in  die  Krümmung  von  F  bringt  und  dann  die  Schlauch- 
verbindung mit  D  herstellt.  Wird  darauf  die  Spitze  an  der 
Thermometerkugel  abgebrochen  und  der  Hahn  langsam  ge- 


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Barometer  und  Luftthermometer.  765 

Öffnet,  so  füllt  9ich  F  mit  Quecksilber,  und  die  Säure  wird 
bis  zu  der  gewünschten  Höhe  in  E  getrieben.  Nachdem 
schliesslich  die  Spitze  wieder  zugeschmolzen,  muss  das  Luft- 
thermometer richtig  functioniren.  Die  Scala  wird  empirisch 
hergestellt,  indem  man  die  Kugel  zugleich  mit  einem  feinen 
Quecksilberthermometer  in  ein  Gefäss  mit  Wasser  eintau- 
chen lässt  und  dessen  Temperatur  in  nicht  zu  engen  Grenzen 
verändert.  Der  Apparat,  welchen  ich  benutze,  erhielt  eine 
Reaumurscala,  deren  Gradstriche  einen  Abstand  von  10,9  mm 
haben. 

Die  so  erhaltene  Scala  bedürfte  eigentlich  noch  «iner 
kleinen  Correction  wegen  des  Luftinhalts  der  Röhre  und  des 
mit  der  Temperatur  veränderlichen  specifischen  Gewichts  der 
Schwefelsäure  und  des  Quecksilbers.  Beide  Einflüsse  cora- 
pensiren  sich  indessen  ziemlich  genau,  und  der  Rest  lässt 
sich,  eben  weil  er  der  Temperatur  proportional  ist,  leicht 
durch  Vergleich  mit  dem  Quecksilberthermometer  bei  mög- 
lichst weit  auseinander  liegenden  Temperaturen  der  um- 
gebenden Luft  ermitteln.  Der  aus  der  geringen  Veränder- 
lichkeit des  oberen  Barometerniveaus  entspringende  Fehler 
beträgt  erst  für  30  mm  Luftdruckschwankung  0,1°  C.  Dem- 
nach lassen  sich  die  Temperaturen  an  der  Thermometerscala 
mit  grosser  Genauigkeit  unmittelbar  ablesen.  Uebrigens 
habe  ich  das  beschriebene  Instrument  zwei  Monate  lang  täg- 
lich beobachtet  und  mit  einem  feinen  Quecksilberthermometer 
verglichen,  wobei  sich  trotz  bedeutender  und  plötzlicher 
Schwankungen  des  Luftdrucks  und  der  Zimmertemperatur 
niemals  Differenzen  von  mehr  als  0,1°  R.  wahrnehmen  liessen. 

Die  von  mir  beliebte  Aufstellung  des  ganzen  Instru- 
ments, welche  namentlich  eine  vollkommene  Uebersichtlich- 
keit  aller  Theile  erstrebt,  ergibt  sich  ohne  weiteres  aus  der 
Zeichnung.  Beim  Gebrauch  wird  es  mit  Hülfe  eines  an  der 
Säule  befestigten  Lothes  und  der  Fussschrauben  in  die  Ver- 
ticale  gebracht  Soll  es  versandt  werden,  so  wird  der  Hahn 
geschlossen,  die  Kugel  B  durch  Neigen  gefüllt,  der  Stöpsel 
unten  eingeführt,  das  Ganze  liegend  mit  dem  Barometer 
nach  unten  eingepackt  und  schliesslich  der  Hahn  ein  wenig 
wieder  geöffnet.  Natürlich  muss  beim  Transport  immer  die- 
selbe Seite  oben  bleiben. 


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706 


F.  C.  G.  Müller. 


Das  beschriebene  Luftthermometer  zeigt  beim  prak- 
tischen Gebrauch  zuerst  den  wesentlichen  Vortheil  einer 
äusserst  bequemen  Ablesung.  Der  schwarze  Säurefaden  und 
die  weit  abstehenden  Gradstriche  sind  so  deutlich  sichtbar, 
dass  man  bei  normaler  Sehschärfe  noch  aus  6  m  Entfernung 
auf  den  ersten  Blick  die  Temperaturen  bis  auf  0,1 0  genau 
erkennt.  Zweitens  übertrifft  es  das  Quecksilberthermometer 
bei  weitem  an  Empfindlichkeit  gegen  plötzliche  und  schnell 
vorübergehende  Temperaturschwankungen.  Demnach  dürfte 
es  sich  für  meteorologische  Stationen,  für  Laboratorien,  so- 
wie  alle  Räume,  deren  Temperatur  beständig  zu  überwachen 
ist,  sehr  empfehlen.  Dabei  ist  zu  berücksichtigen,  dass  der 
Apparat  neben  dem  Luftthermometer  gleichzeitig  auch  ein 
gutes  Barometer  enthält.  Die  Herstellungskosten  sind  ver- 
hältnissmassig  gering.  Mich  kosteten  die  Glastheile  4  Mark, 
das  Stativ  6  Mark,  1360  g  reinstes  Quecksilber  9  Mark.  Die 
Scalen  zeichnete  ich  selber  mittelst  Zirkel  und  Reissfeder 
auf  Cartonstreifen. 

Zum  Schluss  sei  noch  bemerkt,  dass  ich  bereits  im 
Februarheft  1888  der  Zeitschrift  für  den  physikalischen  und 
chemischen  Unterricht  ein  nach  dem  Principe  des  Jolly - 
sehen  conBtruirteB  einfaches  Luftthermometer  für  Unterrichts- 
zwecke beschrieben  habe,  in  welchem  schwarzgefarbte  con- 
centrirte  Schwefelsäure,  ähnlich  wie  beim  obigen  Instrument, 
als  weithin  sichtbarer  Indicator  zur  Verwendung  kommt. 
Dieser  Apparat  hat  sich  in  vielseitigem  Gebrauche  gut  be- 
währt. Er  gestattet,  noch  aus  8  m  Entfernung  die  absoluten 
Temperaturen  bis  auf  1°C  Temperaturdifferenzen  aber  bis 
auf  0,1°  genau  zu  beobachten,  sodass  man  calorimetrische 
Versuche,  wie  z.  B.  die  Bestimmung  der  latenten  und  spe- 
zifischen Wärme  fester  und  flüssiger  Körper,  schnell  und 
exact  in  einer  für  ein  grosses  Auditorium  sichtbaren  Weise 
ausführen  kann. 

Brandenburg,  im  Mai  1888. 


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Rotationsdispersion. 


767 


XVIII.  Bemerkung  zu  der  Abhandlung 
des  Hrn.  G.  H.  von  Wyss:   „Ueber  eine  neue 
Methode  zur  Bestimmung  der  Botationsdispersion 
einer  aetiven  Substanz  und  über  einen  Fall  von 
anomaler  Mspersimi" ;  von  F.  Lippich. 

Die  Methode,  welche  fir.  v.  Wyss  in  der  unter  obigem 
Titel l)  veröffentlichten  Experimentaluntersucbung  angewendet 
hat,  ist  identisch  mit  derjenigen,  die  ich  vor  mehr  als  drei 
Jahren  in  meiner  Abhandlung:  „Ueber  polaristrobometrische 
Methoden,  insbesondere  über  Halbschattenapparate " 2),  aus 
führlich  beschrieben  und  begründet  habe  Ausserdem  wurde 
die  Zusammenstellung  eines  Spectralapparates  mit  einem  Po- 
larimeter, wie  sie  diese  Methode  erfordert,  von  mir  in  einem 
Vortrage  während  der  Naturforscherversammlung  in  Berlin 
demonstrirt.  Es  ist  eben,  wie  ich  an  verschiedenen  Stellen 
hervorgehoben,  eine  der  wesentlichen  Verbesserungen,  die 
ich  durch  meine  Anordnung  der  Halbschattenpolarimeter 
erzielt  zu  haben  glaube,  dass  sie  das  Halbschattenprincip  mit 
der  spectralen  Auflösung  des  Lichtes  zu  verbinden  gestat- 
tet, und  zwar  bei  hinreichender  Grösse  der  verglichenen 
Gesichtsfeldhälften,  was  für  die  Erzielung  höherer  Genauig- 
keit sehr  wesentlich  ist. 

Dem  Urtheile,  welches  v.  Wyss  am  Schlüsse  seiner 
Abhandlung  über  die  fragliche  Methode  fällt,  kann  ich  mich 
nicht  anschliessen.  Vielmehr  darf  auf  Grund  von  Versuchen, 
sowie  einfacher  Ueberlegungen  behauptet  werden,  dass  auch 
für  absolute  Bestimmungen  des  Drehungsvermögens  in  seiner 
Abhängigkeit  von  der  Wellenlänge  die  Halbschattenmethode 
an  Genauigkeit  dem  Broch'schen  Verfahren  überlegen  bleibt, 
sofern  die  Rotationsdispersion  nicht  sehr  gross  wird.  Im 
letzteren  Falle  würde  die  erstgenannte  Methode  eine  so  be- 
deutende Dispersion  des  Spectrometers  oder  so  enge  Spalt- 
stellung erfordern,  dass  die  nöthige  Helligkeit  des  Gesichts- 
feldes schwer  zu  erreichen  wäre. 


1)  G.  H.  v.  Wyss,  Wied.  Ann.  33.  p.  554.  1888. 

2)  F.  Lippich,  Wien.  Ber.  91.  2.  Abth.  p.  1068-1071.  1885. 


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768 


F.  Lippich. 


Die  Untersuchungen  des  Hrn.  v.  Wyss  beanspruchten 
keine  so  vollkommene  Homogenität  des  aus  dem  Ocularspalt 
tretenden  Lichtes,  wie  sie  bei  absoluten  Bestimmungen  und 
grösserer  Rotationsdispersion  nöthig  und  auch  erreichbar  ist. 
wovon  ich  mich  durch  Versuche  mit  einer  Quarzplatte  von 
1  mm  Dicke  überzeugte.  Die  Reinigung  des  Lichtes  konnte 
durch  passend  gewählte  absorbirende  Mittel  für  die  verschie- 
denen Stellen  des  Spectrums  in  genügender  Weise  erreicht 
werden.  Als  Spectrometer  verwendete  ich  ein  solches  mit 
gerader  Durchsicht,  da  sonst,  bei  geradlinigem  Ocularspalt 
gekrümmten  Spectrallinien,  die  Zusammensetzung  des  aus- 
tretenden Lichtes  längs  des  Spaltes  variiren  würde.  Der 
Spalt  war  so  eng  gestellt,  dass  die  seinen  Rändern  ent- 
sprechenden Wellenlängen  beiläufig  um  yinoo  ihres  Werthes 
differirten. 

Bei  sehr  schmalem  Spalt  treten  allerdings  im  Gesichts- 
felde die  bekannten  fliegenden  Schatten  stark  hervor.  Si^ 
beeinträchtigen  zwar,  wenn  man  sich  an  sie  gewöhnt  hat,  die 
Genauigkeit  der  Einstellungen  nicht  wesentlich,  machen  sie 
aber  doch  mühsamer  und  zeitraubender.  Man  kann  diese 
Schatten  ganz  beseitigen.  Zu  diesem  Zwecke  stellte  ich  vor 
den  Ocularspalt  eine  Concavlinse  parallel  der  Spaltebene 
und  befestigte  sie  an  der  einen  Zinke  einer  grösseren  Stimm- 
gabel so,  dass  sie  parallel  der  Spaltebene  und  senkrecht  zur 
Länge  des  Spaltes  schwingen  konnte.  Während  der  Bewe- 
gung der  Gabel  verschwinden  dann  die  genannten  Schatten 
vollständig,  und  das  Gesichtsfeld  erscheint  bei  der  Beleuch- 
tung durch  den  linearen  Lichtspalt  ebenso  rein  und  gleich- 
förmig hell,  wie  bei  Beleuchtung  durch  eine  Lichtquelle  von 
grösseren  Dimensionen. 

Prag,  den  30.  December  1888. 


Druck  Ton  Mattier  4  Wlttlg-  »n  Ulpitg. 


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1S89.  A  N  K  A  L  E  N  .W  4. 

DER  PHYSIK  UND  CHEMIE. 

NEUE  FOLGE.    BAND  XXXVI. 


I.    lieber  Strahlen  elect  Hsvher  Kraft; 
von  H.  Hertz. 

(Alis  den  Sitzungsberichten  der  Berliner  Atad.  vom  IX  Dec.  1888;  mit- 

getheilt  vom  Hrn.  Verf.» 

(Hteria  Taf.  IX   Flg.  1-2.» 

Unmittelbar  nachdem  es  mir  geglückt  war,  zu  erweisen, 
dass  sich  die  Wirkung  einer  electrischen  Schwingung  als 
Welle  in  den  Raum  ausbreitet,  habe  ich  Versuche  angestellt, 
diese  Wirkung  dadurch  zusammenzuhalten  und  auf  grössere 
Entfernungen  bemerkbar  zu  raachen,  dass  ich  den  erregenden 
Leiter  in  die  Brennlinie  eines  grösseren  parabolischen  Hohl- 
spiegels aufstellte.  Diese  Versuche  führten  nicht  zum  Ziel.  • 
und  ich  konnte  mir  auch  klar  machen,  dass  der  Misserfolg 
nothwendig  bedingt  war  durch  das  Missverhältniss.  welches 
zwischen  der  Länge  der  benutzten  Wellen.  4—5  na,  und  den 
Dimensionen  bestand,  welche  ich  dem  Hohlspiegel  im  besten 
Fitlle  zu  geben  im  Stande  war.  Neuerdings  habe  ich  nun 
bemerkt,  dass  sich  die  von  mir  beschriebenen  Versuche  noch 
ganz  wohl  mit  Schwingungen  anstellen  lassen,  welche  mehr 
als  zehnmal  schneller,  und  mit  Wellen,  welche  mehr  als  zehn- 
mal kürzer  sind,  als  die  zuerst  aufgefundenen.  Ich  bin  des- 
halb auf  die  Benutzung  von  Hohlspiegeln  zurückgekommen 
und  habe  nunmehr  besseren  Elf  »ls  gehabt,  als  ich  zu  hotten 
wagte.  Es  gelang  mir.  deutliche  Strahlen  eleetriscuer  Kraft 
zu  erzeugen  und  mit  denselben  die  elementaren  Versuche 
anzustellen,  welche  man  mit  dem  Lichte  und  der  strahlenden 
Wärme  auszuführen  gewohnt  ist.  Ueber  diese  Versuche  soll 
in  Folgendem  berichtet  werden. 

Die    A  p  i>  arat  *•. 

Die  Methode,  nach  welcher  kurze  Wellen  erregt  werden, 
ist  die  gleiche,  nach  welcher  wir  auch  längere  erregten.  Der 

Ann.  d    l'hj«.  u.  ('hem.   N.  I.   XXXV],  4.» 


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■ 


770  //.  Hertz. 

benutzte  primäre  Leitor  wird  am  einfachsten  beschrieben  in 
folgender  Weise:  Man  denke  sich  einen  cylindrischen  Mes- 
singkörper l)  von  3  cm  Durchmesser  und  26  cm  Länge  in  der 
Mitte  seiner  Länge  unterbrochen  durch  eine  Fun  kenstrecke 
deren  Pole  beiderseits  durch  Kugelflächen  von  2  cm  Radius 
gebildet  werden.  Die  Länge  des  Leiters  wird  nahezu  der 
halben  Wellenlänge  gleich  sein,  welche  der  zugehörigen 
Schwingung  in  geraden  Drähten  entspricht;  schon  hieraus 
kann  man  ein  angenähertes  Urtheil  über  die  Schwingungs- 
< lauer  gewinnen.  Es  ist  wesentlich,  dass  die  Polflächen  der 
Funken8trecke  häufig  neu  polirt  und  während  der  Versuche 
vor  der  Belichtung  durch  gleichzeitige  Seitenentladungen 
sorgfältig  geschützt  werden,  es  versagen  sonst  die  Schwin- 
gungen. Der  Anblick  und  der  Klang  der  Funken  lässt  stets 
erkennen,  ob  die  Funkenstrecke  in  genügendem  Zustande  ist. 
Die  Entladung  wird  den  beiden  Hälften  des  Leiterajugeführt 
lurch  zwei  dick  mit  Guttapercha  überzogene  Drähte,  welche 
nahe  der  Funkenstrecke  zu  beiden  Seiten  derselben  münden. 
Als  Inductorium  verwandte  ich  nicht  mehr  den  grossen 
Ruh mkortf 'sehen  Apparat,  sondern  mit  Vortheil  einen 
kleinen  Funkengeber  von  Keiser  und  Schmidt,  dessen 
stärkste  Leistung  Funken  von  4,5  cm  Länge  zwischen  Spitzen 
war.  Er  wurde  durch  drei  Accumulatoren  getrieben  und 
konnte  dabei  zwischen  den  Kugelflächen  des  primären  Lei- 
ters Funken  von  1  —2  cm  Länge  geben.  Zu  den  Versuchen 
wurde  dann  die  Funkenstrecke  auf  eine  Länge  von  3  mm 
zusammengeschoben. 

Der  Nachweis  der  electrischen  Kräfte  im  Raum  geschah 
•auch  hier  mit  Hülfe  der  feinen  Funken,  welche  dieselben  in 
einem  secundären  Leiter  auftreten  lassen.  Zum  Theil  diente 
wie  früher  ein  in  sich  'selber  drehbarer  Kreis,  welcher  mit 
dem  primären  Leiter  ungefähr  gleiche  Schwingungsdauer 
hatte.  Derselbe  hatte  jetzt  nur  7,5  cm  Durchmesser  und 
war  aus  einem  Kupferdraht  von  1  mm  Dicke  gebildet.  Das 
eine  Ende  des  Drahtes  trug  eine  polirte  Messingkugel  von 
einigen  Millimetern  Durchmesser,  das  andere  Ende  war  zu- 

1)  Vgl.  die  Abbildungen,  Fig.  1.  2a,  2b,  Taf.  IX  und  deren  Erläu- 
terung am  Schlüsse  der  Arbeit. 


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Strahlen  electrischer  Kraß. 


771 


gespitzt  und  wurde  durch  eine  von  dem  Drahte  isolirte  feine 
Schraube  auf  äusserst  kleine  Abstände  von  der  Messingkugel 
eingestellt.  Es  handelt  sich  begreiflicherweise  stets  nur  um 
Fünkchen  von  einigen  Hundertstel  Millimetern  Länge,  und 
man  urtheilt  bei  einiger  Uebung  mehr  nach  der  Helligkeit 
der  Funken,  als  nach  ihrer  Länge. 

Der  kreisförmige  Leiter  gibt  nur  eine  Differenzwirkung 
und  ist  ungeeignet,  in  der  Brennlinie  eines  Hohlspiegels  an- 
gebracht zu  werden,  es  wurde  deshalb  hauptsächlich  gearbeitet 
mit  einem  anderen  secundären  Leiter  von  folgender  Einrich- 
tung: Zwei  gerade  Drahtstucke  von  50  cm  Länge  und  5  mm 
Durchmesser  waren  in  einer  und  derselben  Geraden  so  an- 
geordnet,  dass  die  einander  zugekehrten  Endpunkte  einen 
Abstand  von  5  cm  hatten.  Von  diesen  Endpunkten  führten 
zwei  15  cm  lange,  1  mm  starke  Drähte  parallel  miteinander 
und  senkrecht  zu  den  erstgenannten  Drähten  zu  einer  Funken- 
strecke, welche  ähnlich  eingerichtet  war,  wie  die  des  kreis- 
förmigen Leiters.  In  diesem  Leiter  war  auf  die  Wirkung 
der  hier  überhaupt  wenig  hervortretenden  Resonanz  ver- 
zichtet. Es  wäre  einfacher  gewesen,  die  Funkenstrecke  un- 
mittelbar in  der  Mitte  des  geraden  Drahtes  anzubringen, 
aber  die  Funkenstrecke  hätte  alsdann  nicht  im  Brennpunkt 
des  Hohlspiegels  gehandhabt  und  beobachtet  werden  können, 
ohne  dass  der  Beobachter  die  Oeffnung  des  8piegels  verdeckt 
hätte.  Aus  diesem  Grunde  war  die  beschriebene  Anordnung 
einer  an  sich  vortheilhafteren  vorgezogen. 

Die  Erzeugung  des  Strahles. 

Stellt  man  nun  die  primäre  Schwingung  in  einem  grösse- 
ren freien  Räume  auf,  so  kann  man  mit  Hülfe  des  kreis- 
förmigen Leiters  in  ihrer  Nachbarschaft  alle  diejenigen  Er- 
scheinungen in  verkleinertem  Maassstabe  wahrnehmen,  welche 
ich  früher  in  der  Nachbarschaft  einer  grösseren  Schwingung 
beobachtet  und  beschrieben  habe.1)  Die  grösste  Entfernung, 
bis  zu  welcher  sich  in  den  secundären  Leitern  noch  Funken 
wahrnehmen  lassen,  beträgt  1,5  m,  bei  günstigem  Zustand  der 
primären  Funkenstrecke  auch  wohl  2  m.    Die  Wirkung  nach 

1)  H.  Hertz,  Wied.  Ann.  34.  p.  155.  551  u.  609.  1888. 

49« 


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772 


H.  Hertz. 


einer  Seite  wird  verstärkt,  wenn  auf  der  entgegengesetzten 
Seite  der  primären  Schwingung  eine  ebene  leitende  Wand 
parallel  der  Schwingung  in  passendem  Abstände  aufgestellt 
wird.    Wird  allerdings  der  Abstand  sehr  klein  oder  etwas 
grösser  als  30  cm  gewählt,  so  wirkt  die  Wand  schädlich,  sie 
wirkt  kräftig  fordernd  bei  8  — 15  cm  Abstand,  schwach  for- 
dernd bei  45  cm  Abstand  und  ist  einflusslos  bei  grösseren 
Abständen.    Wir  haben  diese  Erscheinung  bereits  früher 
gedeutet  und  schliessen  aus  derselben,  dass  die  der  primären 
Schwingung  entsprechende  Welle  in   der  Luft  eine  halbe 
Wellenlänge  von  etwa  30  cm  hat.    Eine  weitergehende  Ver- 
stärkung dürfen  wir  erwarten,  wenn  wir  die  ebene  Wand 
ersetzen  durch  einen  Hohlspiegel  von  der  Gestalt  eines  para- 
bolischen Cylinders,  in  dessen  Brennlinie  die  Längsaxe  der 
primären  Schwingung  fällt.    Soll  der  Hohlspiegel  die  Fern- 
wirkung recht  concentriren,  so  ist  es  vorteilhaft,  seine  Brenn- 
weite so  klein  als  möglich  zu  wählen.    Soll  aber  nicht  die 
directe  Welle  die  Wirkung  der  reflectirten  sogleich  wieder 
aufheben,  so  darf  die  Brennweite  auch  nicht  viel  weniger 
als  ein  Viertel  Wellenlänge  betragen.    Ich  wählte  deshalb 
als  Brennweite  12l/2  cm  und   stellte   den  Hohlspiegel  her, 
indem  ich  ein  Zinkblech  von  2  m  Länge,-  2  m  Breite  und 
ll2  mm  Dicke  über  einem  Holzgestell  von  genauer  Krümmung 
in  die  gewünschte  Gestalt  bog.  Die  Höhe  des  Spiegels  ergab 
sich  so  zu  2  ra ,  die  Breite   seiner  Oeflnung  zu   1.2  m, 
seine  Tiefe  zu  0.7  m.    Die  primäre  Schwingung  wurde  im 
Mittelpunkt  der  Brennlinie  befestigt.    Die  Drähte,  welche 
die  Entladung  zuführten,  liess  ich  den  Spiegel  durchsetzen; 
das  Inductorium  und  die  Elemente  befanden  sich  demnach 
hinter  dem  Spiegel  und  störten  nicht.    Untersuchen  wir  nun 
wieder  die  Nachbarschaft  der  Schwingung  mit  unseren  Lei- 
tern, so  finden  wir  hinter  dem  Spiegel  und  seitwärts  desselben 
überhaupt  keine  Wirkung,  in  der  Richtung  der  optischen 
Axe  des  Spiegels  aber  bleiben  die  Funken  wahrnehmbar  bis 
zu  Abständen  von  5—6  m.    Bis  auf  weitere  Abstände,  näm- 
lich bis  etwa  9 — 10  m,  können  die  Funken  wahrgenommen 
werden  in  der  Nähe  einer  ebenen  leitenden  Wand,  welche 
wir  senkrecht  den  fortschreitenden  Wellen  entgegenstellen. 
Es  verstärken  nämlich  dh  von  der  Wand  zurückgeworfenen 


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Strahlen  tlectriscktr  Kraft. 


773 


Wellen  die  ankommenden  in  gewissen  Punkten.  In  anderen 
Punkten  wiederum  schwächen  die  beiden  Wellen  einander. 
Man  nimmt  vor  der  ebenen  Wand  mit  dem  geradlinigen 
Leiter  sehr  deutliche  Maxima  und  Minima  und  in  dem  kreis- 
förmigen Leiter  die  für  stehende  Wellen  charakteristischen 
Interferenzerscheinungen  wahr,  welche  ich  früher  beschrieben 
habe.  Ich  war  im  Stande,  vier  Knotenpunkte  zu  unterschei- 
den, welche  in  die  Wand,  in  33,  in  65  und  in  98  cm  Abstand 
von  derselben  helen.  Mit  grosser  Annäherung  beträgt  also 
die  halbe  Wellenlänge  der  benutzten  Wellen  33  ein  und  ihre 
Schwingungsdauer  1,1  Tuusendmilliontei  der  Secunde,  unter 
Voraussetzung  der  Lichtgeschwindigkeit  für  die  Geschwindig- 
keit der  Ausbreitung.  In  Drähten  ergab  die  Schwingung 
eine  Wellenlänge  von '29  cm.  Es  erscheint  also  auch  bei 
diesen  kurzen  Wellen  die  Geschwindigkeit  in  Drähten  ein 
weniges  geringer  als  die  Geschwindigkeit  im  Luftraum,  aber 
das  Verhältniss  beider  Geschwindigkeiten  kommt  dem  theo- 
retischen Werthe  Eins  äusserst  nahe  und  weicht  davon  nicht 
entfernt  so  stark  ab,  als  unsere  Versuche  es  für  längere 
Wellen  wahrscheinlich  machten.  Diese  auffallende  Erschei- 
nung bedarf  noch  der  Aufklärung.  Da  sich  die  Erscheinun- 
gen lediglich  in  der  Nähe  der  optischen  Axe  des  Spiegels 
zeigen,  so  bezeichnen  wir  das  erzeugte  Gebilde  als  einen  aus 
dem  Hohlspiegel  austretenden  electriscben  Strahl. 

Ich  stellte  nun  einen  zweiten,  dem  ersten  genau  gleichen 
Hohlspiegel  her  und  brachte  den  geradlinigen  secundären 
Leiter  so  in  demselben  an,  dass  die  beiden  50  cm  langen 
Drähte  in  die  Brennlinie  tielen,  die  beiden  zur  Funkenstrecke 
führenden  Drähte  aber  auf  dem  kürzesten  Wege  die  Wan- 
dung des  Spiegels  isolirt  durchsetzten.  Die  Funkenstrecke 
befand  sich  alsdann  unmittelbar  hinter  dem  Spiegel,  und  der 
Beobachter  konnte  sie  einstellen  und  betrachten,  ohne  den 
Lauf  der  Wellen  zu  stören.  Ich  vermuthete,  dass,  wenn  ich 
mit  dieser  Vorrichtung  den  Strahl  auffinge,  ich  denselben 
noch  auf  grössere  Entfernungen  würde  wahrnehmen  können, 
und  ich  fand,  dass  ich  mich  nicht  getäuscht  hatte.  In  den 
Räumen,  welche  mir  zu  Gebote  standen,  konnte  ich  nunmehr 
die  Funken  von  einem  Ende  zum  anderen  wahrnehmen.  Die 
giösste  Entfernung,  bis  zu  welcher  ich  unter  Benutzung  einer 


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H.  Hertz. 


Thtiröffnung  den  Strahl  verfolgte,  betrug  16  in;  nach  den 
Ergebnissen~der  sogleich  zu  besprechenden  Retiexionsversuche 
unterliegt  es  aber  keinem  Zweifel,  dass  in  offenen  Bäumen 
sich  mindestens  bis  zu  20  m  müssen  Funken  erhalten  lassen. 
Für  die  weiteren  Versuche  sind  so  grosse  Entfernungen  nicht 
nöthig,  und  es  ist  angenehm,  wenn  der  secundäre  Funken- 
strom nicht  allzu  schwach  ausfällt;  eine  Entfernung  von 
6—10  m  ist  für  die  meisten  Versuche  die  vortheilhaf teste. 
Wir  wollen  jetzt  die  einfachen  Erscheinungen  durchgehen, 
welche  sich  ohne  Schwierigkeit  an  dem  Strahl  vorweisen 
lassen.  Wo  nicht  das  Gegentheil  ausdrücklich  bemerkt  ist. 
werden  stets  die  Brennlinien  beider  Spiegel  als  vertical 
gestellt  angenommen. 


Geradlinige  Ausbreitung. 

Stellt  man  in  die  gerade  Verbindungslinie  der  Spiegel 
senkrecht  zur  Richtung  des  Strahles  einen  Schirm  von  Zink* 
blech  von  2  m  Höhe  und  1  m  Breite,  so  verlöschen  die  se- 
cundären  Funken  vollständig.  Einen  ebenso  vollkommenen 
Schatten  gibt  ein  Schirm  von  Stanniol  oder  von  Goldpapier. 
Ein  Gehülfe,  welcher  den  Strahl  kreuzt,  lässt  die  secundäre 
Funkenstrecke  dunkel  werden,  sobald  er  in  den  Raum  des 
Strahles  eintritt,  und  lässt  dieselbe  wieder  aufleuchten,  so- 
bald er  den  Raum  des  Strahles  verlässt.  Isolatoren  halten 
den  Strahl  nicht  auf,  durch  eine  Holzwand  oder  eine  höl- 
zerne Thür  geht  er  hindurch,  man  sieht  nicht  ohne  Verwun- 
derung im  Innern  geschlossener  Zimmer  die  Funken  auftreten. 
Stellt  man  zwei  leitende  Schirme  von  2  m  Höhe  und  1  m 
Breite  symmetrisch  rechts  und  links  neben  den  Strahl  senk- 
recht zu  dessen  Richtung  auf,  so  beeinträchtigen  dieselben 
die  secundären  Funken  durchaus  nicht,  solange  die  Breite 
des  Spaltes,  welchen  sie  zwischen  sich  lassen,  nicht  kleiner 
wird,  als  die  Oeffnung  der  Spiegel,  nämlich  als  1,2  m.  Wird 
der  Spalt  enger  gemacht,  so  nehmen  die  Funken  ab  und 
verlöschen,  wenn  die  Breite  des  Spaltes  unter  0,5  m  sinkt. 
Wird  die  Breite  des  Spaltes  auf  1,2  m  belassen,  aber  derselbe 
seitlich  aus  der  geraden  Verbindungslinie  der  Spiegel  ver- 
schoben, so  erlöschen  die  Funken  ebenfalls.    Dreht  man 


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Strahlen  electristher  Kraß. 


775 


die  optische  Axe  des  gebenden  Spiegels  nach  reohts  oder 
links  um  etwa  10°  aus  der  richtigen  Lage,  so  werden  die 
secundären  Funken  schwach,  bei  einer  Drehung  um  etwa  15° 
verlöschen  sie. 

Eine  geometrisch  scharfe  Grenze  hat  der  Strahl,  und 
haben  die  Schatten  nicht,  leicht  kann  man  Erscheinungen 
hervorrufen,  welche  einer  Beugung  entsprechen.  Maxima 
und  Minima  am  Rande  der  Schatten  zu  beobachten,  ist  mir 
indessen  bisher  nicht  gelungen. 

■ 

Polarisation. 

Dass  unser  Strahl  durch  Tran>ver.salschwingungen  ge- 
bildet wird  und  geradlinig  polarisirt  im  Sinne  der  Optik  i^t, 
daran  haben  wir  freilich  schon  nach  der  Art,  in  welcher  wir 
ihn  erzeugen,  keinen  Zweifel.  Wir  können  die  Thatsache 
aber  auch  durch  den  Versuch  erweisen.  Drehen  wir  unseren 
empfangenden  Spiegel  um  den  Strahl  als  Axe.  bis  seine 
Brennlinie  und  somit  auch  der  secundäre  Leiter  in  die  hori- 
zontale Lage  gelangt,  so  verschwinden  die  secundären  Funken 
mehr  und  mehr,  und  wir  erhalten  bei  gekreuzter  Lage  der 
beiden  Brennlinien  keine  Funken,  selbst  wenn  wir  die  Spiegel 
auf  geringe  Entfernung  zusammenrücken.  Die  beiden  Spiegel 
verhalten  sich  wie  Polarisator  und  Analysator  eines  Polari- 
sationsapparates. Ich  Hess  nun  einen  achteckigen  Holzrahmen 
von  2  m  Höhe  und  2  m  Breite  herstellen  und  denselben  mit 
Kupferdrähten  von  1  mm  Dicke  bespannen,  alle  Drähte  waren 
einander  parallel,  und  jeder  stand  von  seinen  Nachbarn  um 
3  cm  ab.  Wurden  jetzt  die  beiden  Spiegel  mit  parallelen 
Brennlinien  aufgestellt  und  der  Drahtschirm  senkrecht  zum 
Strahl  so  in  denselben  eingeschoben,  dass  die  Richtung  der 
Drähte  die  Richtung  der  Brennlinien  senkrecht  kreuzte,  so 
beeinträchtigte  der  Schirm  die  secundären  Funken  so  gut 
wie  gar  nicht.  Wurde  aber  der  Schirm  dem  Strahl  in  sol- 
cher Weise  entgegengestellt,  dass  seine  Drähte  den  Brenn- 
linien parallel  waren,  so  fing  er  den  Strahl  vollständig  ab. 
In  Hinsicht  der  hindurchgehenden  Energie  verhält  sich  also 
der  Schirm  gegen  unseren  Strahl  genau  wie  eine  Turmalin- 
platte  gegen  einen  geradliuig  polarisirten  optischen  Strahl. 


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776 


//.  Hertz. 


Es  wurde  nun  wieder  die  Brennlinie  des  empfangenden  Spie- 
gels horizontal  gelegt,  Funken  traten  dann,  wie  erwähnt,  nicht 
auf.  Solche  Funken  wurden  auch  durch  das  Einschieben  des 
Schirmes  in  den  Strahl  nicht  hervorgerufen,  sobald  die  Drähte 
desselben  horizontal  oder  vertical  gerichtet  waren.  Wurde 
aber  der  Holzrahmen  so  aufgestellt,  dass  die  Drähte  in  einer 
der  beiden  möglichen  Lagen  unter  45"  gegen  die  Horizontale 
geneigt  waren,  so  wurde  durch  Einschiebung  des  Schirmes 
die  secundäre  Funkenstrecke  sogleich  erhellt.  Offenbar  zer- 
legt der  Schirm  die  ankommende  Schwingung  in  zwei  Com- 
ponenten  und  lässt  nur  diejenige  Componente  hindurch, 
welche  auf  der  Richtung  seiner  Drähte  senkrecht  steht. 
Diese  (.'ompnnente  ist  unter  45"  gegen  die  Brennlinie  des 
zweiten  Spiegels  geneigt  und  vermag,  nochmals  .  durch  den 
Spiegel  zerlegt,  auf  den  secundären  Leiter  zu  wirken.  Die 
Erscheinung  ist  vollkommen  gleichartig  der  Aufhellung  -des 
dunkelen  Feldes  zweier  gekreuzten  Nicols  durch  eine  in 
passender  Lage  eingeschobene  Turmalinplatte. 

Es  sei  in  Hinsicht  der  Polarisation  noch  die  folgende 
Bemerkung  gestattet:  Mit  den  in  der  gegenwärtigen  Unter- 
suchung benutzten  Mitteln  vermögen  wir  nur  die  electrische 
Kraft  wahrzunehmen.  Die  Schwingungen  derselben  erfolgen 
bei  verticaler  Stellung  der  primären  Schwingung  unzweifel- 
haft in  der  durch  den  Strahl  gelegten  Verticalebene  und 
fehlen  in  der  Horizontalebene.  Nach  den  Erfahrungen, 
welche  wir  an  langsam  veränderlichen  Strömen  raachen, 
können  wir  aber  nicht  zweifeln,  dass  die  electrischen  Schwin- 
gungen begleitet  sind  von  Schwingungen  magnetischer  Kraft, 
v,' eiche  in  der  durch  den  Strahl  gelegten  Horizontalebene 
stattrinden  und  Null  werden  in  der  Verticalebene.  Die  Po- 
larisation des  Strahles  besteht  also  nicht  sowohl  darin,  dass 
Dur  in  der  Verticalebene  Schwingungen  stattfanden,  als  viel- 
mehr darin,  dass  die  Schwingungen  in  der  Verticalebene 
electrischer,  in  der  Horizontalebene  magnetischer  Natur  sind. 
Die  Frage  schlechthin,  in  welcher  von  beiden  Ebenen  in 
unserem  Strahl  die  Schwingung  erfolge,  ohne  Angabe,  ob  man 
L  ieh  der  electrischen  oder  der  magnetischen  Schwingung 
trage,  lässt  eine  Antwort  nicht  zu.  Dass  in  dieser  Ueber- 
leguny;  auch  die  Re?ultatlnsigkeit  einer  alten  optischen  Streit- 


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Strahlen  dectrischer  Kraft.  777 

frage  begründet  sei.  ist  wohl  zuerst  klar  von  Hrn.  Kolacek1) 
ausgesprochen  worden. 

,  Reflexion. 

Wir  haben  die  Reflexion  der  Wellen  von  leitenden  Flachen 
bereits  durch  die  Interferenz  der  zurückgeworfenen  Wellen 
mit  den  ankommenden  nachgewiesen  und  auch  in  der  Con- 
struction unserer  Hohlspiegel  bereits  angewandt.  Jetzt  ist 
es  uns  aber  auch  möglich,  die  beiden  Wellen  Systeme  von- 
einander zu  trennen.  Ich  stellte  zunächst  in  einem  grösseren 
Räume  die  beiden  Hohlspiegel  so  nebeneinander,  dass  ihre 
Oeffnungen  nach  derselben  Seite  blickten,  und  dass  ihre  Axen 
auf  einen  etwa  3  in  vor  ihnen  liegenden  Punkt  convergirten. 
Die  Punkenstrecke  des  empfangenden  Spiegels  blieb  selbst- 
redend dunkel.  Nunmehr  stellte  ich  eine  ebene  verticale 
Wand  aus  dünnem  Zinkblech  von  2  m  Höhe  und  2  m  Breite 
im  Kreuzungspunkt  der  Axen  so  auf,  dass  sie  senkrecht  auf 
der  Mittellinie  der  Axen  stand.  Ich  erhielt  einen  lebhaften 
Funkenstrom,  herrührend  von  dem  von  der  Wand  reflectirten 
Strahle.  Der  Funkenstrom  erlosch,  sobald  die  Wand  um 
eine  verticale  Axe  um  etwa  15°  nach  der  einen  oder  anderen 
Seite  aus  der  richtigen  Lage  herausgedreht  wurde,  die  Re- 
flexion ist  also  eine  regelmässige,  nicht  eine  diffuse.  Wurde 
die  Wand  von  den  Spiegeln  entfernt,  indem  die  Axen  der 
letzteren  auf  die  Wand  convergent  gehalten  wurden,  so  nah- 
men die  Funken  sehr  langsam  ab.  Ich  vermochte  noch 
Funken  wahrzunehmen,  als  die  Wand  10  m  von  den  Spiegeln 
abstand,  die  Wellen  also  einen  Weg  von  20  m  zu  durchlaufen 
hatten.  Diese  Anordnung  dürfte  mit  Vortheil  verwandt  wer- 
den, wenn  es  gilt,  die  Ausbreitungsgeschwindigkeit  durch  die 
Luft  mit  anderen  langsameren  Fortpflanzungsgeschwindig- 
keiten, z.  ß.  solchen  durch  Kabel,  zu  vergleichen. 

Um  eine  Reflexion  des  Strahles  unter  einem  von  Null 
verschiedenen  Einfallswinkel  herzustellen,  führte  ich  den 
Strahl  in  einem  Saale  parallel  einer  Seitenwand,  welche  durch 
eine  Flügelthür  durchbrochen  war.  In  dem  benachbarten 
Zimmer,  zu  welchem  die  Thür  führte,  stellte  ich  den  em- 

l'.  F.  Kolacek,  Wi.-d.  Ann.  :J4.  p.  «Tt>.  1>8ü». 


778 


H.  Hertz. 


pfangenden  Hohlspiegel  so  auf,  class  seine  optische  Axe  die 
Mitte  der  Thür  durchsetzte  und  senkrecht  die  Richtung  des 
Strahles  kreuzte.  Wurde  nun  im  Kreuzungspunkte  die  ebene 
leitende  Wand  vertical  so  aufgestellt,  dass  sie  sowohl  mit 
dem  8trahl,  als  mit  der  Axe  des  empfangenden  Spiegels  einen 
Winkel  von  45°  bildete,  so  trat  im  secundären  Leiter  ein 
Funkenstrom  auf,  welcher  auch  durch  das  Schliessen  der 
Thtire  nicht  unterbrochen  wurde.  Drehte  ich  die  spiegelnde 
Wand  um  etwa  10°  aus  der  richtigen  Lage,  so  erloschen  die 
Funken.  Die  Reflexion  ist  also  eine  regelmässige,  und  Ein- 
falls- und  Reflexionswinkel  sind  einander  gleich.  Dass  der 
Weg  der  Wirkung  von  der  Quelle  der  Erregung  zum  ebenen 
Spiegel  und  von  dort  zum  secundären  Leiter  führt,  konnte 
auch  dadurch  erwiesen  werden,  dass  man  auf  die  verschie- 
denen Punkte  dieses  Weges  schattengebende  Schirme  stellte. 
Die  secundären  Funken  erloschen  alsdann  stets;  während 
eine  beliebige  Aufstellung  der  Schirme  im  übrigen  Baume 
sie  nicht  schädigte.  Mit  Hülfe  des  kreisförmigen  secundären 
Leiters  ist  es  möglich,  im  Strahl  die  Lage  der  Wellenebene 
zu  bestimmen,  dieselbe  fand  sich  vor  und  nach  der  Reflexion 
senkrecht  zum  Strahl,  hatte  also  in  der  Reflexion  eine  Schwen- 
kung um  90°  ausgeführt. 

Bisher  standen  die  Brennlinien  der  Hohlspiegel  vertical, 
und  die  Schwingungsebene  war  also  senkrecht  auf  der  Ein- 
fallsebene. Um  auch  eine  Reflexion  zu  erzeugen,  bei  wel- 
cher die  Schwingungen  in  der  Einfallsebene  erfolgen,  legte 
ich  die  Brennlinien  beider  Hohlspiegel  horizontal.  Ich  be- 
obachtete die  gleichen  Erscheinungen  wie  in  der  bisherigen 
Lage  und  vermochte  auch  nicht  einen  Unterschied  in  der 
Intensität  des  reflectirten  Strahles  in  beiden  Fällen  wahrzu- 
nehmen. Ist  hingegen  die  Brennlinie  des  einen  der  Spiegel 
vertical,  die  des  anderen  horizontal,  so  beobachtet  man  keine 
secundären  Funken.  Die  Neigung  der  Schwingungsebene 
gegen  die  Einfallsebene  wird  also  durch  die  Reflexion 
nicht  geändert,  sobald  diese  Neigung  einen  der  beiden  er- 
wähnten bevorzugten  Werthe  hat;  allgemein  aber  wird  diese 
Behauptung  nicht  zutreffen.  Es  darf  selbst  als  fraglich  be- 
zeichnet werden,  ob  der  Strahl  nach  der  Reflexion  im  allge- 
meinen noch  geradlinig  polarisirt  sei.    Die  Interferenzen. 


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Strahlen  electrischer  Kraft.  779 

welche  die  sich  kreuzenden  Wellensystenie  vor  dem  Spiegel 
bilden,  und  welche,  wie  ich  bemerkte,  in  dem  kreisförmigen 
Leiter  zu  charakteristischen  Erscheinungen  Anlass  geben, 
können  vielleicht  am  ehesten  auf  die  dem  Optiker  geläufigen 
Fragen  nach  Aenderung  der  Phase  und  der  Amplitude  durch 
die  Reflexion  Aufschluss  geben. 

Wir  erwähnen  noch  eines  Versuches  über  die  Reflexion 
von  electrisch  anisotropen  Flächen.  Die  beiden  Hohlspiegel 
wurden  wieder  nebeneinander  aufgestellt,  wie  in  dem  zuerst 
beschriebenen  Versuch  über  die  Reflexion;  ihnen  gegenüber 
aber  wurde  jetzt  als  reflectirende  Wand  der  erwähnte  Schirm 
aus  parallelen  Kupferdrähten  aufgestellt.  Es  zeigte  sich,  dass 
die  secundäre  Funkenstrecke  dunkel  blieb,  wenn  die  Drähte 
die  Richtung  der  Schwingungen  senkrecht  durchschnitten, 
sich  aber  erhellte,  sobald  die  Drähte  in  die  Richtung  der 
Schwingungen  fielen.  Die  Analogie  zwischen  unserer  ein- 
seitig leitenden  Fläche  und  der  Turmalinplatte  beschränkt 
sfch  also  auf  den  durchgelassenen  Theil  des  Strahles.  Der 
nicht  hinduTcbgelassene  Theil  wird  von  der  Turmalinplatte 
absorbirt,  von  unserer  Fläche  aber  reflectirt.  Kreuzt  man 
in  dem  letztbeschriebenen  Versuch  die  Brennlinien  der  bei- 
den Spiegel,  so  kann  man  durch  Reflexion  an  einer  isotropen 
Wand  keine  Funken  im  secundären  Leiter  hervorrufen;  ich 
überzeugte  mich  aber,  dass  dies  gelingt  durch  Reflexion  an  dem 
anisotropen  Drahtgitter,  wenn  man  nämlich  dasselbe  so  aufstellt, 
dass  die  Richtung  seiner  Drähte  gegen  beide  Brennlinien 
unter  45°  geneigt  ist.  Der  Versuch  findet  nach  dem  Voraus- 
gegangenen leicht  seine  Erklärung. 

Brechung. 

Um  zu  versuchen,  ob  eine  Brechung  des  Strahles  beim 
Uebertritt  aus  Luft  in  ein  anderes  isolirendes  Medium  nach- 
zuweisen wäre,  Hess  ich  ein  grösseres  Prisma  aus  sogenann- 
tem Hartpech,  einer  asphaltartigen  Masse,  herstellen.  Die 
Grundfläche  war  ein  gleichschenkliges  Dreieck  von  1,2  m 
Bchenkellänge  und  einem  brechenden  Winkel  von  nahezu  30". 
Die  Höhe  des  ganzen  Prismas,  dessen  brechende  Kante  ver- 
tical gestellt  wurde,  betrug  1.5  m,  Da 'das  Prisma  aber  un- 
gefähr 12  Centner  wog  und  als  Ganzes  zu  schwer  beweglich 


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780  //.  Hertz. 

gewesen  wäre,  so  war  es  aus  drei  übereinander  gestellten 
Theilen  von  je  0,5  m  Höhe  zusammengesetzt.  Die  Masse 
war  in  Holzkisten  eingegossen,  welche,  da  sie  sich  nicht  als 
schädlich  erwiesen,  um  die  Masse  belassen  wurden.  Das 
Prisma  wurde  auf  einer  Unterlage  in  solcher  Höhe  aufgestellt, 
dass  die  Mitte  seiner  brechenden  Kante  in  gleicher  Höhe 
mit  der  primären  und  der  secundären  Funkenstrecke  lag. 
Nachdem  ich  mich  überzeugt,  dass  eine  Brechung  stattfinde 
und  eine  Schätzung. über  die  Grösse  derselben  gewonnen  hatte, 
stellte  ich  die  Versuche  in  folgender  Weise  an:  Der  gebende 
Hohlspiegel  wurde  in  2,6  m  Abstand  vom  Prisma  gegen  die 
eine  brechende  Fläche  gewandt,  so  aufgestellt,  dass  die  Mit- 
tellinie des  Strahles  möglichst  genau  auf  den  Schwerpunkt 
des  Prismas  hinzielte  und  die  brechende  Fläche  von  der  Seite 
der  Hinterfläche  her  unter  einem  Winkel  von  65°  trat 
Neben  die  brechende  Kante  des  Prismas  und  neben  die 
gegenüberliegende  Seite  wurden  zwei  leitende  Schirme  aufge- 
stellt, welche  dem  Strahl  jeden  anderen  Weg,  als  den  durch 
das  Prisma,  abschnitten.  Auf  der  Seite  des  durchgetretenen 
Strahles  wurde  auf  den  Boden  um  den  Schwerpunkt  der 
Prismenbasis  als  Mittelpunkt  ein  Kreis  von  2,5  m  Radius 
gezeichnet,  in  diesem  wurde  nun  der  empfangende  Spiegel 
*o  herumbewegt,  dass  seine  Oettnung  beständig  gegen  den 
Mittelpunkt  des  Kreises  gerichtet  blieb.  Wurde  der  Spiegel 
zunächst  in  der  Verlängerung  des  einfallenden  Strahles  auf- 
gestellt, so  waren  in  ihm  Funken  nicht  zu  erhalten,  nach 
dieser  Richtung  warf  das  Prisma  einen  vollkommenen  Schat- 
ten. Es  traten  aber  Funken  auf,  wenn  der  Spiegel  gegen 
die  Hinterrläche  des  Prismas  hin  verschoben  wurde,  und  zwar 
zuerst,  wenn  die  im  Kreise  gemessene  Winkelverschiebung 
aus  der  Anfangslage  etwa  11°  betrug.  Der  Funkenstrom 
nahm  an  Intensität  zu  bis  zu  einer  Ablenkung  von  etwa  22°, 
um  dann  wieder  abzunehmen.  Die  letzten  Funken  waren  be- 
merklich bei  einer  Ablenkung  von  etwa  34°.  Wurde  der 
Spiegel  in  der  Richtung  der  stärksten  Wirkung  aufgestellt 
und  nun  auf  dem  Radius  des  Kreises  vom  Prisma  entfernt, 
konnten  die  Funken  auf  einen  Abstand  von  5 — 6  m  ver- 
folgt werden.  Ein  Gehülfe,  welcher  sich  vor  oder  hinter  das 
Prisma  stellte,  Hess  die  Funken  unfehlbar  verlöschen,  ein 


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Strahlen  elf  drisch  fr  Kraß. 


781 


Beweis,  dass  die  Wirkung  thatsächlich  durch  das  Prisma, 
nicht  auf  anderem  Wege  zu  dem  secundären  Leiter  gelangte. 
Die  Versuche  wurden  wiederholt,  nachdem,  ohne  die  Stellung 
des  Prismas  zu  ändern,  die  Brennlinien  heider  Spiegel  hori- 
zontal gelegt  worden  waren.  Eine  Abweichung  von  den  bis- 
her beschriebenen  Erscheinungen  wurde  dabei  nicht  bemerkt. 
Einem  brechenden  Winkel  von  30°  und  einer  Ablenkung 
von  22°  in  der  Nahe  des  Minimus  der  Ablenkung  entspricht 
der  Brechungsexponent  1.69.  Der  optische  Brechungsexpo- 
nent wird  für  pechartige  Körper  zwischen  1.5  und  1,6  an- 
gegeben. Die  Ungenauigkeit  unserer  Bestimmung  und  die 
Unreinheit  des  benutzten  Stoffes  lässt  nicht  zu.  dass  man 
der  Grösse  oder  dem  Sinn  der  Abweichung  weitergehende 
Bedeutung'  beilege. 

Wir  haben  die  von  uns  untersuchten  Gebilde  als  Strah- 
len electrischer  Kraft  eingeführt.  Nachträglich  dürfen  wir 
dieselben  vielleicht  auch  als  Lichtstrahlen  von  sehr  grosser 
Wellenlänge  bezeichnen.  Mir  wenigstens  erscheinen  die  be- 
schriebenen Versuche  in  hohem  Grade  geeignet.  Zweifel  an 
der  Identität  von  Licht,  strahlender  Wärme  und  electro- 
dynamischer  Wellenbewegung  zu  beseitigen.  Ich  glaube,  dass 
man  nunmehr  getrost  die  Vortheile  wird  ausnutzen  dürfen, 
welche  sich  aus  der  Annahme  dieser  I,den$ität  sowohl  für 
das  Gebiet  der  Optik,  als  das  der  Klectricitätslehre  ziehen 
lassen. 

Erläuterung  der  Abbildungen.  —  Um  die  Wieder- 
holung und  Erweiterung  dieser  Versuche  zu  erleichtern, 
füge  ich  in  Taf.  IX.  Fig.  1,  2a  und  2b  Abbildungen  der 
von  mir  benutzten  Apparate  bei.  obwohl  dieselben  ohne 
Rücksicht  auf  Dauerhaftigkeit  nur  für  den  augenblicklichen 
Versuch  zusammengestellt  waren.  Fig.  1  stellt  in  Grundriss 
und*  Aufriss  (Durchschnitt)  den  gebenden  Spiegel  dar.  Man 
erkennt,  dass  das  Gerüst  desselben  aus  zwei  horizontalen 
Rahmen  von  parabolischer  Gestalt  (a.  a)  und  vier  senk- 
rechten Stützen  (A.  h)  besteht,  welche  mit  jenen  Rahmen 
verschraubt  sind  und  dieselben  zugleich  zusammenhalten  und 
tragen.  Das  spiegelnde  Blech  i^t  zwischen  die  Rahmen  und 
Stützen  eingeklemmt  und  durch  zahlreiche  Schrauben  gegen 


782 


//.  Hertz. 


beide  befestigt.  Die  Stützen  stehen  oben  und  unten  über 
das  Blech  vor,  um  bei  der  Handhabung  des  Spiegels  als 
Griffe  benutzt  zu  werden.  Fig.  2»  stellt  die  Einrichtung 
des  primären  Leiters  in  etwas  grösserem  Maassstabe  dar. 
Die  beiden  Metalltheile  gleiten  mit  Reibung  in  zwei  Hülsen 
von  starkem  Papier,  welche  durch  zwei  Kautschukbänder 
geschlossen  gehalten  werden.  Ihrerseits  sind  diese  Hülsen 
durch  vier  Stützen  Ton  Siegellack  auf  einem  Brettchen  be- 
festigt, welches  wiederum  durch  Kautschukbänder  gegen 
eine  auch  in  Fig.  1  sichtbare  Holzleiste  des  Gerüstes  gepresst 
wird.  Die  mit  Guttapercha  überzogenen  Zuleitungsdrähte 
münden  in  zwei  Löchern,  welche  in  die  Kugeln  des  primären 
Leiters  gebohrt  sind.  Die  Vorrichtung  gestattet  den  Theiien 
des  Leiters  die  nothwendige  Beweglichkeit  gegeneinander 
und  kann  in  wenigen  Minuten  auseinander  genommen  und 
wieder  zusammengesetzt  werden,  was  wegen  des  häufigen 
Aufpolirens  der  Polflächen  noth wendig  ist.  Dort,  wo  die 
Zuleitungsdrähte  den  Spiegel  durchsetzen,  umkleiden  sie  sich 
während  der  Entladungen  mit  bläulichem  Lichte.  Um  das- 
selbe von  der  Funkenstrecke,  deren  Erregungsfähigkeit  es 
merklich  schädigt,  fern  zu  halten,  ist  der  Schirm  s,  bestehend 
aus  glattem  Holze,  angebracht.  Fig.  2b  endlich  stellt  die 
sccundäre  Funkenstrecke  dar.  Die  beiden  Theile  des  secun- 
dären  Leiters  sind  wiederum  durch  Siegellackstützen  und 
Kautschukbänder  an  einer  Leiste  des  Gerüstes  befestigt. 
Von  den  inneren  Enden  dieser  Theile  aus  sieht  man  die 
Zuleitungsdrähte,  von  Glasröhren  umgeben,  den  Spiegel 
durchsetzen  und  sich  einander  zuwenden.  Der  obere  Draht 
trägt  als  Pol  eine  kleine  Kugel  von  Messing.  An  den 
unteren  Draht  ist  ein  Stück  einer  Uhrfeder  gelöthet,  welches 
den  zweiten  Pol,  eine  feine  Spitze  von  Kupfer,  trägt.  Es 
ist  absichtlich  die  Spitze  aus  weicherem  Metall  als  die 
Kugel  gewählt;  ohne  diese  Vorsicht  drückt  sich  leicht  die 
Spitze  in  die  Kugel  ein,  und  die  winzigen  Fünkchen  ent- 
ziehen sich  in  dem  entstehenden  Grübchen  der  Betrachtung. 
Man  erkennt  aus  der  Figur,  in  welcher  Weise  die  Spitze 
durch  eine  Schraube  bewegt  wird,  welche  auf  die  Feder 
drückt,  jedoch  durch  ein  Glasplättchen  von  derselben  isolirt 
ist.    Die  eigenthümliche  Krümmung  der  Feder  hat  den 


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Strahlen  clevtrischer  Kraß. 


783 


Zweck,  die  BewegUDg  der  Spitze  noch  feiner  zu  machen, 
als  es  die  Benutzung  der  Schraube  allein  gestatten  würde. 

Ohne  Zweifel  lassen  sich  die  hier  beschriebenen  Appa- 
rate in  weitem  Sinne  abändern,  ohne  dass  deshalb  der  Erfolg 
der  Versuche  ausbliebe.  Auf  befreundeten  Rath  habe  ich 
auch  versucht,  im  secundären  Leiter  die  Funkenstrecke  durch 
einen  stromprüfenden  Froschschenkel  zu  ersetzen;  es  scheint 
aber  dieses  unter  anderen  Verhältnissen  so  empfindliche 
Mittel  unter  den  gegenwärtigen  zu  versagen. 

Karlsruhe,  im  December  1888. 


II.  Beobachtungen  Uber  Aende  rangen  des  elektri- 
schen Leftangs Vermögens  nach  starkem  Erwärmen 
der  Metalle  mit  Hülfe  der  In  Auctions  wage ; 
von  J.  Bergmann. 

Die  bisherigen  Untersuchungen  über  den  Einfluss,  wel- 
chen starkes  Erwärmen  oder  Ausglühen  der  Metalle  auf 
ihre  electrische  Leitungsfahigkeit  ausübt,  haben  zum  Theil 
voneinander  abweichende  Resultate  ergeben.  E.  Becquerel, 
Siemens  und  Matthiessen l)  beobachteten  an  allen  von 
ihnen  untersuchten  Metallen  —  Silber,  Kupfer,  Gold,  Eisen, 
Platin  und  Messing  — ,  dass  sie  nach  der  Einwirkung  der 
Wärrae  die  Electricität  besser  leiteten,  als  vorher.  Im 
Gegensatz  hierzu  fanden  Pouillet,  Mousson  und  Barus, 
dass  bei  Kupfer  und  Stahl  durch  Ausglühen  und  Ablöschen 
der  electrische  Widerstand  vermehrt  wird. 

Um  diese  Widersprüche  zu  lösen,  führte  Chwolson 
Widerstandsbestimmungen  aus  an  einer  grösseren  Zahl  von 
Metallen2),  nachdem  sie  zuerst  schwach,  danach  stark  ge- 
glüht, sodann  abgelöscht  worden  waren.  Von  Ausnahmen  ab- 
gesehen, zeigte  sich  nach  schwachem  Glühen  eine  Vermin- 
derung, nach  starkem  Glühen  eine  Vermehrung  des  Wider- 

1)  Siehe  die  Zusammenstellung  der  Literatur  bei  ö.  Wiedemann: 
Die  Lehre  von  der  Electricität  1.  p.  522.  1882. 

2»  Chwolson,  Bull,  de  8t  Peterebourg.  23.  p.  465.  1»77.  Beibl.  1. 
p.  363. 


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./.  Bergmann. 


Standes,  nach  dem  Ablöschen  war  der  Widerstand  abermals 
gewachsen. 

Das  Verhalten  zweier  Metalle,  von  Zink  und  Cadmium, 
hat  Kalischer  geprüft.1)  Für  Zink  ergab  sich  nach  dem 
Erwärmen  auf  300°  als  Mittel  aus  sechs  Beobachtungen  eine 
Abnahme  des  Widerstandes  um  3  Proc;  für  Cadmium,  wel- 
ches verschieden  hohen  Temperaturen  (Maximum  250°)  aus- 
gesetzt wurde,  desgl.  eine  Abnahme  von  0,16  —  0,19  Proc. 

Die  vorstehend  erwähnten  Resultate  hat  man  erhalten 
theils  mit  Hülfe  des  Differentialgalvanometers,  theils  mit 
Anwendung  der  Wheatstone' sehen  Brücke  durch  Mes- 
sungen an  Drähten.  Bei  der  Abhängigkeit  der  electrischen 
Leitungsfähigkeit  von  der  Molecularstructur  der  Metalle 
dürften  Beobachtungen  über  die  in  Rede  stehenden  Wir- 
kungen der  Wärme  auch  an  anderen  körperlichen  Formen 
als  Drähten  von  Interesse  sein. 

Im  Folgenden  soll  berichtet  werden  über  Versuche, 
welche  an  kreisförmigen  Platten  angestellt  wurden,  und  zwar 
mit  Hülfe  der  Inductionswage.  Die  Platten  waren  aus  ge- 
walztem Blech  ausgeschnitten  und  hatten,  entsprechend  den 
Durchmessern  der  Stücke  des  angewendeten  electrischen 
Gewichtssatzes,  70  mm  Durchmesser.  Untersucht  wurden 
Kupfer,  Aluminium,  Magnesium  und  Zink,  ausserdem  noch 
Neusilber.  Das  Magnesium  war  chemisch  rein,  das  Kupfer 
enthielt  1  Proc,  das  Aluminium  2  Proc.  qualitativ  nicht 
näher  bestimmbare  fremde  Beimengungen.  Zink  und  Neu- 
silber sind  dem  im  Handel  verkommenden  Material  entnommen. 
—  Die  Inductionswage  war  dieselbe,  welche  für  die  Zwecke 
einer  im  Verein  mit  A.  Oberbeck  über  das  relative  elec- 
trische  Leitungsvermögen  der  Metalle  ausgeführten  Unter- 
suchung hergestellt  worden  war.  In  der  hierüber  veröffent- 
lichten Abhandlung2)  sind  die  Versuchsanordnung  und  die  der 
Wägung  völlig  analoge  Untersuchungsmethode  näher  beschrie- 
ben.   Als  Messinstrument  diente  das  Electrodvnaniometer.5, 

1»  Kalischer,  Carls  Rep.  1H.  p.  u.  292.  1^2.  Beibl.  0.  p.44l. 
2)  Obei  beck.  Wied.  Ann.  31.  p.  792.  1867. 

3i  Kine  einfache  Form  eines  selbsthätigeu  Disjunctors  zur  Verbin- 
dung der  Induetionßwage  mit  dem  Galvanometer  wird  Verf.  bei  einer 
anderen  Gelegenheit  mittheilen. 


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Widerstand  der  Metalle  nach  dem  Erhitzen. 


785 


Für  jede  untersuchte  Platte  wurde  bestimmt:  1)  der 
Durchmesser  d  mit  Hülfe  eines  Kathetometers,  2)  das  spe- 
cifische  Gewicht  3)  das  Gewicht  p.  Daraus  berechnet  sich 
die  Dicke  »5  =  4/> /r/2^r 

Vor  Beginn  der  Untersuchung  mit  der  Inductionswage 
wurde  der  electrische  Gewichtssatz  einer  Prüfung  unter- 
zogen. Dabei  ergaben  sich  für  die  einzelnen  Stücke  wieder 
die  schon  1.  c.  mitgetheilten  Werthe,  sodass  sofort  zur  Be- 
stimmung der  Inductions  werthe  der  Platten  übergegangen 
werden  konnte.  Sie  wurde  für  jede  Platte  zweimal  ausge- 
führt, und  aus  dem  arithmetischen  Mittel  beider  Beobach- 
tungen der  Inductionswerth  für  1  mm  Plattendicke  abgelei- 
tet. Hieraus  folgt  dann  die  electrische  Leitungsf&higkeit, 
bezogen  auf  Quecksilber  als  Einheit,  durch  Division  mit  dem 
Inductionswerthe,  welcher  einer  kreisförmigen  Quecksilber- 
schicht von  70  mm  Durchmesser  und  1  mm  Dicke  entspricht. 
Als  solcher  ergab  sich  10,185  bei  einer  Temperatur  von  17°. 

Wenn  die  Durchmesser  der  Platten  den  Betrag  von 
70  mm  nicht  genau  ausmachten,  so  wurde  die  Abweichung 
in  Rechnung  gezogen  und  die  anzubringende  Correction  einer 
nach  der  Gleichung: 

J  =  AD*-{[  +  BD2) 

berechneten  Tabelle  entnommen,  wo  J  den  Inductionswerth, 
D  den  Durchmesser  einer  Platte  bedeutet.  Versuche  über 
die  Abhängigkeit  der  Inductionswerthe  von  den  Durchmes- 
sern der  Platten  hatten  ergeben,  dass  die  ersteren  etwas 
schneller  wachsen,  als  die  Quadrate  der  letzteren.1) 

Um  die  Leitungsf&higkeit  auf  0U  zu  reduciren,  wurde 
der  bei  t°  beobachtete  Inductionswerth  multiplied  t  mit  dem 
Factor: 

1  -  0,00367  / 
1  -  0,001  / 

Nur  bei  Neusilber  ist  hierin  an  Stelle  von  0,00367  der  zu- 
gehörige Temperaturcoefticient  0,0335  gesetzt. 

In  den  Tabellen  sind  mit  ABC  die  einzelnen  Platten 
bezeichnet;  feiner  bedeutet: 

d  die  Dicke  der  Platten,  ausgedrückt  in  Millimetern, 

s  das  specitische  Gewicht, 

1)  Vgl.  die  eben  citirte  Abhandlung  p.  804. 
Ana.  d.  Pays.  a.  Ch«m.  N.  f.  XXXVI.  M) 


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786 


J.  Beryrnaiin. 


./,  und  J2  den  bei  jeder  Bestimmung  mit  der  Inductions- 
wage  gefundenen  Inductionswerth,  dividirt  durch  die  Dicken 
der  Platten, 

JM  das  Mittel  von      und  Jt, 

X  die  aus  Jm  berechnete  Leitungsfähigkeit  des  Metalles 
für  0°,  bezogen  auf  Quecksilber  von  0°  als  Einheit 

Die  erste  Untersuchung  der  Platten  in  dem  Zustande, 
in  welchem  sie  aus  den  Blechen  ausgeschnitten  und  an  der 
Oberfläche  durch  Abreiben  mit  feinem  Smirgelpapier  gerei- 
nigt waren,  ergab: 

Tabelle  I. 


1  Matte 


Kupfer. 


i 

0,0542 

0,054 

0,0545 

9,048 
9,057 
9.086 

514,82  511,85 
514,81  516,03 
529,31    ,  527,70 

Aluminium. 

513,34 
515,42 
528,51 

52,79 
53,01 
54,29 

A 
B 

0,416 
0,417 

2,746 
2.745 

277,52 
285,96 

278,30 
287,54 

277,91 
286,75 

28,58 
29,48 

Maguesiuin. 

A 

B  j 

0,947 
0,940 

1,741 
1,743 

175,63 
171,33 

Zinkt 

175,23 
171,54 

175,43 
171,44 

18,04 
17,63 

B 

0,793 
0,795 

7,185 
7,1  $2 

149,09 

148,92 

149,42 
149,00 

149,26 
148,96 

15,35 
15,32 

Neusilber. 

A 

B  ' 

1,032 
1,017 

8,583 
8,585  , 

72,26 
72,71 

71,80 
72,55 

72,08  7,41 
72,63  7,47 

Wie  zu  erwarten  war,  stimmen  die  für  A  gefundenen  Zahlen 
mit  den  für  die  electrische  Leitungsfähigkeit  der  betreffenden 
Metalle  bekannten  gut  tiberein.  Nur  das  untersuchte  Neu- 
silber zeigt  einen  verhältnissmassig  hohen  Werth. 

Hierauf  wurden  die  Platten  im  Luftbade  bis  zu  einer 
Durchschnittsteroperatur  von  300°  eine  Stunde  lang  erwärmt 
Die  Erwärmung  wurde  in  einem  doppelwandigen,  mit  Glim- 
mer ausgelegten  Kupferkasten  vorgenommen,  der  so  einge- 
richtet war,  dass  die  innerhalb  herrschende  Temperatur  be- 
stimmt werden  konnte.  Zur  Beobachtung  derselben  dienten 
zwei    Quecksilberthermometer.     Die   Angaben    des  einen 


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Widerstand  der  Metalle  nach  dem  Erhitzen.  787 


schwankten  zwischen  288  und  306°,  die  des  anderen  zwischen 
298  und  314°. 

Nach  langsamer  Abkühlung  und  Entfernung  der  bei  der 
Erwärmung  -entstandenen  Oxydschichten  wurden  alle  Unter- 
suchungen in  ganz  derselben  Weise  wiederholt.  Dann  ergaben 
sich  die  in  der  folgenden  Tabelle  mitgetheilten  Resultate. 

Tabelle  IL 


Platte 


4 


A 
B 

C 


A 
B 


A 
B 

A 

B 


A 
B 


0,0540 
0,0540 


0,0543 


0,416 

:i  0,418 


0,944 
I  0,937 


0,792 
0,793 


1,031 
1,017 


t 


9,000 
8,976 
8,938 


2,741 
2,739 

1,743 
1,743 

7,188 
7,189 

8,578 
8,583 


Kupfer. 

532,37  581,50 
528,53  527,83 
532,52  534,28 

Aluminium. 

296,69  298,9 
294,69  299,8 

Magnesium. 


531,94  54,71 
528,18  54,32 
533,40  54,85 


185,7 
183,34 

Zink. 

152,71 
152,29 

Neusilber. 
71,93 
72,46 


188,6 
183,2 


158,14 
152,91 


72,05 
72,58 


297,80 
297,25 


187,15 
188,27  ' 

152,93  i 
152,6 


71,99 
72,52 


30,62 
30,57 


19,24 
18,85 

15,73 
15,69 


7,40 
7,4G 


Vergleicht  man  die  Werthe  l  beider  Tabellen,  so  erkennt 
man  bei  den  Metallen  liberall  eine  durch  die  Einwirkung  der 
Wärme  hervorgebrachte  Steigerung  der  electrischen  Lei- 
tungsfäbigkeit,  während  die  Legirung  eine  geringe  Abnahme 
derselben  erfahren  hat.  Der  Betrag  der  Aenderung  in  Pro- 
centen  ist  für  die  einzelnen  Platten: 


Kupfer  . 
Aluminium 
Magnesium 
Zink    .  . 


A 

3,63 
7,14 
6,65 
2,48 


B 

2,47 
3,69 
«,92 
2,42 


C 

1,03  Proe. 


Neusilber    .    .  -0,13     -0,13        —  „ 
Die  Ursachen  dieses  Processes  sind  auf  gewisse,  durch 
die  Wärme  bedingte  Vorgänge  in  der  Molecularstructur  der 
Metalle  zurückzuführen.    Letztere  geben  sich  zu  erkennen 
durch  eine  Erscheinung,  auf  welche  Kalischer  hingewiesen 

50* 


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788  J-  Bergmann. 


und  mit  ihr,  soweit  es  sich  um  Drähte  handelt,  die  A  ende  - 
rungen  des  electrischen  Leitungsvermögens  erklärt  hat.1) 
Mehrfache  Untersuchungen  haben  Kalischer  zu  folgenden 
Resultaten  geführt: 

1)  Dor  natürliche  Zustand  der  meisten  Metalle  ist  der 
krystallische  oder  krystallinische,  welcher  ihnen  durch  mecha- 
nische Einwirkung,  den  einen  leicht,  den  anderen  schwer, 
einigen  vielleicht  gar  nicht,  genommen  werden  kann. 

2)  Unter  dem  Einfluss  der  Wärme  können  viele  Metalle 
in  die  infolge  mechanischer  Einwirkung  verschwundene  kry- 
stallinische Structur  wieder  übergeführt  werden. 

3)  Aus  der  unter  diesem  Einfluss  erfolgenden  Annahme 
der  krystallinischen  Structur  der  Drähte  einiger  Metalle 
erklärt  sich  mindestens  zum  Theil  die  grössere  electrische 
Leitungsfähigkeit  derselben,  die  sie  durch  Erwärmen,  Glühen 
erlangen. 

In  den  auf  p.  784  unter  1)  citirten  Abhandlungen  ist 
die  durch  Wärme  bewirkte  krystallinische  Structur  sowohl 
an  D/ähten,  als  namentlich  an  Blechen  für  viele  Metalle 
und  mehrere  Legirungen  nachgewiesen  worden.  Die  Methode, 
die  Structur  sichtbar  zu  machen,  besteht  in  dem  Anätzen 
der  Oberriächen  mit  Salzlösungen  oder  verdünnten  Säuren, 
ein  Verfahren,  das  sich  mit  Hülfe  des  electrischen  Stromes 
noch  fördern  lässt,  wenn  man  die  zu  ätzenden  Objecle  aU 
Anoden  verwendet. 

Im  Anschluss  an  das  Mitgetheilte  liegt  die  Frage  nach 
dem  Verhalten  von  Material  nahe,  welches  mechanischen 
Einwirkungen,  wie  Walzen,  Ziehen,  Hämmern  und  derpl. 
möglichst  wenig  ausgesetzt  war.  Dieselben  sind  gänzlich 
ausgeschlossen,  wenn  die  Metalle  in  compacter  Form  aus 
ihren  Lösungen  electrolytisch  ausgeschieden  wurden  und  in 
diesem  Zustande  zur  Untersuchung  kommen.  Mit  der  In- 
duetionswage  hat  der  Verfasser  in  dieser  Weise  Bestim- 
mungen an  Kupfer  ausgeführt. 

Zunächst  handelte  es  sich  darum,  das  Metall  wieder  in 
kreisförmigen  Platten  von  geeignetem,  durch  den  electrischen 
Gewichtssatz  bedingten  Durchmesser  zu  erhalten,  was  sich 
auf  gal  van  orgastischem  Wege  folgendermassen  erreichen  Hess. 

1)  Kalischer,  vgl.  p.  784  dieser  Abh. 


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Wider  stand  der  Metalle  nach  dem  Erhitzen. 


im 


Mattes  Glas  von  möglichst  feinem  Schliff  wurde  ver- 
mittelst gewöhnlicher  Schreibstifte  auf  der  angeschliffenen 
Seite  mit  einer  Graphitschicht  überzogen.  Auf  die  graphi- 
tirte  Seite  wurde  ein  aus  sehr  dünnem  Kupferblech  ge- 
schnittener, mit  einem  Ansatz  versehener  Ring  von  ca.  80  mm 
innerem  Durchmesser  gelegt  und  darüber  wieder  passend 
ausgeschnittene  Glasplatten,  sodass  eine  kreisförmige  Gra- 
phittiäche  von  70  mm  Durchmesser  frei  blieb.  Das  Ganze 
wurde  zusammengebunden,  der  vorstehende  Ringansatz  mit 
einem  Guttaperchaüberzug  versehen  und  der  Zwischenraum 
zwischen  den  äusseren  Rändern  der  Platten  mit  Paraffin 
ausgefüllt.  Man  übersieht,  dass  die  so  hergestellte  Electrode 
beim  Einsenken  in  die  Kupferlösung  mit  der  Flüssigkeit  in 
leitender  Berührung  war  nur  an  der  grapbitirten  Kreisfläche, 
zu  welcher  an  ihrem  ganzen  Umfange  der  electrische  Strom 
durch  den  aufliegenden  Kupferring  Zutritt  hatte. 

Als  Electrolyt  diente  die  Lösung  des  Sulfates.  Nach 
Beendigung  der  Electrolyse  konnte  der  entstandene  Kupfer- 
niederschlag leiiht  und  bequem  von  der  Kathode  losgelöst 
werden,  und  die  Platten  hatten  die  gewünschte  Form. 

Ein  Uebelstand  erforderte  noch  eine  Vorsichtsmaass- 
regel.  Während  die  Graphitseite  der  Kupferplatten  völlig 
eben  war,  zoigte  die  nach  der  Flüssigkeit  zugekehrt  gewesene 
Oberfläche,  wenn  die  Electroden  vertical  gestanden  hatten, 
jedesmal  kleine,  höckerartige  Erhebungen,  welche  reihenweise 
und  alle  in  gleicher  Richtung  angeordnet  waren.  Gewisse 
infolge  der  Concentrationsänderungen  entstandene  stationäre 
Strömungen  hatten  zu  jenen  Unregelmässigkeiten  Veranlas- 
sung gegeben.  Um  sie  zu  vermeiden,  wurde  deshalb  die 
Kathode  in  der  Lösung  horizontal  und  nahe  unter  der 
Oberfläche  angebracht,  und  der  Strom  durch  eine  auf  dem 
Boden  des  Gefässes  liegende  Anode  zugeleitet.  Dadurch  ge- 
lang es,  Platten  von  ganz  gleichmässiger  Dicke  zu  erzielen. 
Die  Oberflächen  waren  nunmehr  von  Höckern  ganz  frei,  da- 
gegen, wie  man  mit  Hülfe  des  Mikroskops  wahrnehmen 
konnte,  mit  unzähligen  kleinen  Krystallen  bedeckt.1) 

1)  Hr.  W.  Üeecke,  welcher  die  krystallographischen  Eigenschaften 
untersucht  hat,  Hess  mir  darüber  nachstehende  Mitteilungen  zugehen. 


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790 


J.  Bergmann. 


Im  Folgenden  werden  die  Resultate  der  Beobachtungen 
mitgetheilt,  welche  an  vier  electroly tisch  hergestellten  Kupfer- 
platten ausgeführt  wurden.  Die  Untersuchungen  geschahen 
in  der  oben  beschriebenen  Weise,  und  die  ersten  Bestim- 
mungen der  Platten  ergaben  die  in  Tabelle  III  enthaltenen 
Zahlen. 


Tabelle  III. 


Platte  ö 

.  .... 

Jt 

1 

i 

~~  "  | 
A 
B 
C 
D 

0,222 
1  0.242 
0,219 
0,178 

8,873 
8,896 
8,836 

8,809 



519,4 

512,8 

494,5 

488,6 

519,95 
514,92 
496,4 
491,3 

519,68 
513,86 
495,45 
489,95 

53,45 
52,95 
50,96 
50,38 

Die  Leitungsfthigkeit  dieses  electrolytisch  dargestellten 
Kupfers  bei  0°,  bezogen  auf  Quecksilber  von  0°  als  Einheit 
lag  also  zwischen  den  Grenzen  53,45  und  50,38.  Bemerkens- 
werth sind  die  niedrigen  Werthe,  welche  die  Platten  C  und 


„Die  vorliegenden  Kupferplatten  sind  mit  zahlreichen  kleinen,  etwa 
0,015—0,03  mm  messenden  Kryställchen  desselben  Metalles  bedeckt.  Da 
dieselben  anscheinend  parallel  aufgewachsen  sind,  so  erzeugen  sie  im 
rcflectirten  Lichte  trotz  der  geringen  Grösse  der  einzelnen  Individuen 
dennoch  einen  bestimmt  oricntirten  seiden-  oder  atlasartigen  Schimmer, 
welcher  in  jedem  Falle  die  ganze  Platte  umfasst.  Unter  dem  Mikroskope 
erkennt  man,  daas  Pyramidenwürfel  vorliegen,  welche  mit  einer  OctA&ler- 
ecke  aufgewachsen  sind,  und  deren  trigonale  Axe  also  senkrecht  steht. 
Bei  voller  horizontaler  Drehung  der  Platte  spiegeln  nacheinander  sechs 
Flächen  mit  3  +  3  in  einer  Spitze  sich  vereinigenden  Kanten  ein.  Die 
Flächen  sind  häufig  nach  der  Würfelkante  gestreift  und  wegen  rascheren 
Krystallwachsthume  in  der  Richtung  der  Kanten  mitunter  schwalben- 
schwanzartig ausgebuchtet  Ganz  vereinzelt  erscheint  als  Abstumpfung 
der  Ecke  das  Octaeder  und  ist  dann  regelmässig  rauh  und  undeutlich 
ausgebildet.  Zur  näheren  Bestimmung  des  Pyramidenwürfels  wurde  der 
orientirte  Schimmer  benutzt.  Die  ganze  Platte,  auf  das  Goniometer  ge- 
setzt und,  so  gut  es  ging,  justirt,  ergab  bei  Schimmermessung  mit  ziem- 
licher Constanz  Winkel  von  im  Mittel  65°.  Will  man  aus  diesen  Mes 
sungen  ein  Zeichen  für  den  Pyramidcnwürfel  ableiten,  so  könnte  man 
auf  ooü5  schliesseu,  wo  der  Flächen winkel  an  der  Würfelkante  113*8'. 
resp.  66°  52'  beträgt.  Daas  in  der  Tbat  ein  stumpfes  Tetrakishexaeder  vor- 
liegt, erkennt  man  auch  unter  dem  Mikroskop,  wo  deutlich  zu  beobach- 
ten ist,  dasa  die  Würfelkanten  schärfer  sind,  als  die  Polkanten.  Auch 
an  natürlichen  Krystallen  sind  Pyramidenwürfel  mit  zur  Unterlage  senk- 
rechter trigonaler  Axe  nicht  selten." 


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Widerstand  der  Metalle  nach  dem  Erhitzen.  791 


D  für  X  zeigen.  Soweit  dem  Verfasser  bekannt,  sind  andere 
Beobachtungen,  als  die  vorstehenden,  über  diesen  Gegen- 
stand nicht  vorhanden. 

Nachdem  alle  vier  Platten  gleichfalls  wieder  im  Luft- 
bade  eine  Stunde  lang  auf  300°  erwärmt  und  von  den  dabei 
entstandenen  Oxydschichten  befreit  waren,  lieferten  die  wie- 
derholten Untersuchungen  die  folgende  Tabelle. 


Tabelle  IV. 


Platte 

ö 

s 

i 

A 
B 

C 
D 

'  0,217 
,  0,240 
0,M3 
0,174 

8,846 
8,832 
8,854 
8,741 

537,8 
530,6 
521,7 
512,5 

540,4 
531,8 
526,1 
515,8 

"i  r 

539,1 
,  531,2 
523,9 
514,15 

! 

55,44 
54,63 
58,88 
52,87 

Hieraus  geht  hervor,  dass  auch  Kupfer,  in  schon  aus- 
geprägt krystallischem  Zustande  einige  Zeit  lang  einer  hohen 
Temperatur  ausgesetzt,  durch  die  Erwärmung  besser  leitend 
geworden  ist.  Im  vorliegenden  Falle  beträgt  die  Erhöhung 
der  Leitungsfähigkeit 


für  Platte   A        B         C  D 

3,72      3,17       5,73      4,94  Proc. 

Wie  auf  das  electrische  Leitungsvermögen,  so  hat  die 
Wärme  auch  auf  eine  andere  physikalische  Eigenschaft  der 
Metalle  eine  Wirkung  ausgeübt,  worauf  kurz  hingewiesen 
werden  mag. 

Die  Reihen  für  s  in  Tabelle  II  und  IV  lassen  beim 
Vergleichen  mit  den  entsprechenden  Reihen  von  Tabelle  I  und 
III  eine  mehrfach  nicht  unerhebliche  Aenderung  des  speci- 
fischen  Gewichtes  erkennen,  welches  theils  grösser,  theils 
geringer  geworden  ist.  Auch  Siemens  und  Kali  scher 
haben  derartige  Wärmewirkungen  beobachtet. l) 

Der  Ausdehnung  der  an  electrolytischem  Kupfer  ange- 
stellten Versuche  auf  andere  Metalle  stellen  sich  nur  die  mit 
der  electrolytischen  Ausscheidung  der  Metalle  in  compacter 
Form  verbundenen  Schwierigkeiten  entgegen.  Soweit  es  sich 
um  die  Inductionswage  handelt,  gehen  die  Untersuchungen 
leicht  und  sicher  von  statten. 

Physikal.  Inst,  der  Univ.  Greifswald,  Dec.  1888. 

1)  Vgl.  die  oben  citirton  Abhandlungen. 


792 


&  Tereschin. 


III.  Die  Diefectricitätsconstanten  einiger  organi- 
sch en  Tliissi gke  i  ten ; 
eon  S.  Tereschin  aus  St.  Petersburg. 

<tll*r*u  T»f.  IX  Hg.  8-4». 

In  einer  in  diesen  Annalen  veröffentlichten  Abhandlung1) 
haben  die  Herren  Cohn  und  Arons  gezeigt,  auf  welche 
Weise  die  Silow'sche  Methode  zur  Messung  der  Dielectrici- 
tätsconstanten  leitender  Flüssigkeiten  angewandt  werden  kann. 
Es  war  dort  als  nächste  Aufgabe  bezeichnet:  1)  Salzlösungen 
bis  zu  einer  möglichst  grossen  Concentration  zu  untersuchen 
und  die  Beziehungen  zwischen  derselben  und  der  Dielectrici- 
tätsconstantc  festzulegen.  2)  Die  Messung  auf  einige  homo- 
loge Reihen  auszudehnen,  um  zu  erforschen,  ob  den  gesetz- 
massigen Structurunterschieden  homologer  Verbindungen  auch 
regelmassige  Aenderungen  der  Dielectricitätsconstanten  ent- 
sprechen, wie  es  in  Bezug  auf  andere  physikalische  Constan- 
ten der  Fall  ist. 

Auf  Veranlassung  der  genannten  Herren  und  durch 
ihren  Rath  unterstützt,  habe  ich  zunächst  die  zweite  Aufgabe 
in  Angriff  genommen. 

Beobachtungsvorfahren  und  Apparate. 

Die  von  Cohn  und  Arons  angewandte  Methode  besteht 
im  wesentlichen  darin,  dass  man  die  Ablenkungen  eines 
Quadrantelectrometer8,  das  mit  der  Flüssigkeit  gefüllt  wer- 
den kann,  zuerst  in  der  Luft,  dann  in  der  zu  untersuchenden 
Flüssigkeit  bestimmt.  Die  entsprechenden  Potentialdiffe- 
renzen zwischen  Nadel  und  Quadranten  werden  gleichzeitig 
an  einem  zweiten  Electrometer  abgelesen.  Aus  diesen  Daten 
lässt  sich  dann  die  Dielectricitätsconstante  der  Flüssigkeit 
berechnen. 

Dieses  Verfahren  hat  seinen  Mangel  darin,  dass  man 
oft  zur  Beobachtung  sehr  kleiner  Ausschläge  genöthigt  ist, 
Sind  nämlich  die  Empfindlichkeiten  der  beiden  Electrometer 
so  abgeglichen,  dass  die  gleichzeitigen  Ausschläge  in  Luft 
ungefähr  gleich  gross  sind,  so  werden  dieselben,  sobald  das 

1)  Cohn  u.  Arona.  Wied.  Ann.  33.  p.  14.  1888. 


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Diclectrieitatsconstanten  organischer  Flüssigheiten.  793 


Flüssigkeitselectrometer  gefüllt  wird,  sehr  verschieden.  In- 
folge dessen  muss  der  Ausschlag  des  einen  sehr  klein  genom- 
men werden,  damit  der  des  anderen  die  messbare  Grenze  nicht 
tiberschreite.  Hat  man  dagegen  die  Empfindlichkeiten  der 
Apparate  so  verändert,  das*  man  gleich  grosse  Ausschläge 
an  den  beiden  nur  nach  der  Füllung  des  Flüssigkoitselectro- 
meters  hat,  so  wird  die  Luftbcobachtung  (in  beiden  Electro- 
metern  Luft)  durch  den  grossen  Unterschied  der  Ausschläge 
gleichfalls  erschwert.  Besonders  macht  dieser  Umstand  sich 
bei  den  Versuchen  mit  Wasser  merkbar.  In  diesem  Falle 
wird  der  Ausschlag  nach  der  Füllung  des  Apparates  im  Ver- 
hältnisse 1  zu  ca.  80  gesteigert. 

Um  diese  Unbequemlichkeit  womöglich  zu  vermeiden, 
bin  ich  bei  diesen  Messungen  so  verfahren,  dass  eine  directe 
Vergleichung  mit  Luft  nur  für  eino  Flüssigkeit  —  Aothyl- 
alkohol  von  98  Proc.  —  ausgeführt  wurde.  Mit  demselben 
wurden  dann  die  anderen  untersuchten  Flüssigkeiten  in  Be- 
zug auf  ihre  Dielectricitätsconstante  verglichen.  Deingcmäss 
war  meine  Anordnung  der  Messung  folgende. 

Es  wurden  zwei  ähnlich  gebaute  Flüssigkeitselectrometer 
nebeneinander  in  den  Stromkreis  geschaltet.  Der  eine  von 
mir  verwendete  Apparat  war  dersolbe,  dessen  die  Herren 
Cohn  und  Arons  sich  bei  ihrer  Untersuchung  bedienten, 
und  der  in  der  oben  erwähnten  Abhandlung  beschrieben  ist. 
Das  zweite  Electrometer  war  in  folgender  Weise  coustruirt. 
Auf  einem  massiven  Messingdreifusse  ist  eine  starke  Messing- 
platte cc  (Fig.  3)  befestigt,  die  die  weiteren  Theile  des  In- 
.  strumentes  trägt.  Durch  diese  Platte  gehen  zunächst  isolirt 
vier  cylinderförmige  verticale  Kastenquadranten  aaay  von 
der  Form,  wie  es  in  der  Fig.  4  in  perspectivischer  Ansicht 
gezeigt  ist.  Die  Quadranten  tauchen  in  das  gläserne,  zur 
Aufnahme  der  Flüssigkeit  bestimmte  Reservoir  dffd,  das 
von  unten  mittelst  eines  Messingringes  und  Bajonnettver- 
schlusses  leicht  angesetzt  werden  kann.  Das  Reservoir 
wurde  in  möglichst  kleinen  Dimensionen  gebaut,  damit  auch 
die  Untersuchung  einiger  theurer  Flüssigkeiten  möglich  wäre. 
Der  Boden  des  Rerservoirs  ist  deshalb  in  der  Mitte  bis  // 
eingezogen.  Der  zur  Aufhängung  der  Nadel  dienende  feine 
Kupferdraht  geht  durch  die  in  der  Mitte  der  Platte  cc  be- 


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794 


«S\  Ter  eschin. 


findliche  Oeffnung  und  ein  über  derselben  befestiges  Glas- 
rohr gy  zu  der  Suspensions  Vorrichtung,  die  mit  einem  Tor- 
sionskopfe versehen  ist.  Der  Aufhängedraht  dient  zugleich 
als  Zuleitung;  sein  Widerstand  beträgt  etwa  2  8.-E.  Die 
Nadel  nn  besteht  ebenfalls  aus  zwei  verticalen,  cylinderför- 
migen  Quadranten,  die  an  einem  horizontalen  Bügel  befestigt 
sind.  Die  Nadel  wie  auch  alle  in  die  Flüssigkeit  eintauchen- 
den Theile  sind  mit  Platin  überzogen.  Der  ganze  mit  Flüs- 
sigkeit gefüllte  Raum  ist  dicht  geschlossen,  wodurch  die  Ver- 
dampfung der  Flüssigkeit  wie  auch  jede  Verunreinigung  der- 
selben verhindert  wird. 

Die  Construction  des  anderen  Apparates  ist  in  den 
Hauptzügen  dieselbe.  Nur  besitzt  er  anstatt  der  Kasten- 
quadranten einwandige,  cylinderförmige  Quadranten,  die  iso- 
lirt  in  radialen  Schlitzen  verschiebbar  sind.  Dadurch  ist  es 
möglich,  die  Empfindlichkeit  des  Apparates  im  Verhältniss 
1:10  zu  variiren. 

Die  Nadel  und  ein  Paar  Quadranten  jedes  Electro- 
meters waren  dauernd  zur  Erde  abgeleitet,  während  die 
übrigen  vier  Quadranten  miteinander  durch  eine  Leitung  von 
geringem  Widerstand  verbunden  waren  und  mittelst  eines 
Schlüssels  mit  der  Electricitätsquelle  in  Verbindung  gesetzt 
werden  konnten.  Es  hat  sich  gezeigt,  dass  das  von  den 
Herren  Cohn  und  Arons  als  Electricitätsquelle  benutzte 
Inductorium  sich  mit  Vortheil  durch  eine  Batterie  von  Accu- 
mulatoren,  deren  Strom  mittelst  eines  rotirenden  Commuta- 
tors schnell  gewechselt  wird,  ersetzen  lässt.  Die  Gleich- 
mässigkeit  der  in  dem  Stromkreise  verlaufenden  Wechsel- 
ströme war  genügend,  um  eine  feste,  dauernde  Einstellung 
der  Nadel  zu  erreichen.  Dies  war  von  grosser  Wichtigkeit, 
da  ich  allein  die  Ablesungen  an  den  beiden  Electrometern 
machte. 

Der  Commutator  wurde  durch  einen  Wassermotor  in 
Gang  gesetzt  und  gestattete,  die  Stromrichtung  bis  38  mal 
per  Secunde  zu  wechseln.  Er  bestand  aus  einem  auf  einer 
verticalen  Axe  drehbaren  Kautschukcylinder  mit  zwei  auf- 
gelegten und  voneinander  isolirten  Halbcylindern  aus  Mes- 
sing, auf  welche  vier  Messingfedern  drückten.  Die  letzteren 
waren  mit  vier  Klemmen  metallisch  verbunden.  Zu  zwei  von 


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Dielectricitätsconstanten  organischer  Flüssigkeiten.  795 

diesen  Klemmen  gingen  die  Drähte  von  den  Polen  der  Bat- 
terie;  die  dritte  stand  mit  den  Electrometern  in  Verbindung, 
während  die  vierte  zur  Erde  abgeleitet  war. 

Die  Dielectricit&tsconstanten  wurden  durch  folgende  Ope- 
rationen ermittelt.  Zunächst  wurden  die  beiden  Electro- 
meter mit  einer  und  derselben  Flüssigkeit  X  gefüllt  und, 
nachdem  die  Nadeln  sich  beruhigt  hatten,  mit  der  Electrici- 
tätsquelle  in  Verbindung  gesetzt.  Es  wurden  die  gleich- 
zeitigen Ausschläge  abgelesen.  Dann  wurde  z.  B.  das  Elec- 
trometer I  entleert,  mehrmals  mit  Alkohol  abgespült,  ge- 
trocknet und  mit  Flüssigkeit  Y  gefüllt.1)  Die  Ausschläge 
wurden  wieder  bestimmt.  Die  wegen  der  unvollständigen 
Symmetrie  der  Apparate  nothwendigen  Correctionen  wurden 
vorher  durch  Calibrirung  der  beiden  Instrumente  ermittelt 
und  dann  jedesmal  bei  der  Berechnung  der  Resultate  berück- 
sichtigt. 

Bezeichnen  wir  die  Potentialdifferenz  zwischen  Nadel 
und  Quadranten  der  beiden  Electrometer  bei  der  ersten 
Operation  mit  Va  bei  der  zweiten  mit  Vb,  seien  Al  und  Bx 
die  der  ersten,  resp.  zweiten  Operation  entsprechenden  corri- 
girten  Ausschläge  des  Electrometers  I,  A.t  und  Bt  des  Elec- 
trometers II;  seien  Kx  und  Ky  die  Dielectricitätsconstanten 
der^lüssigkeiten  X  und  Y,  so  haben  wir  die  Gleichungen: 

4  _     rA*     At  _  ry 

somit  ist  dann: 

Ist  die  Dielectricitätsconstante  irgend  einer  Flüssigkeit 
aus  dem  Vergleich  mit  Luft  bekannt,  so  lassen  sich  nach 
dem  obigen  Verfahren  die  Dielectricitätsconstanten  anderer 
Flüssigkeiten  ermitteln. 

Für  jede  Flüssigkeit  wurden  mehrere  Bestimmungen  ge- 
macht, und  dabei  variirten  die  Ausschläge  von  etwa  30  bis 
000  Scalentheile.    Aus  den  Verhältnissen  der  gleichzeitigen 

1)  Ob  das  empfindliche  oder  weniger  empfindliche  Electrometer  mit 
dor  zu  untersuchenden  Flüssigkeit  gefüllt  wurde,  hing  von  der  Grösse  der 
zu  erwartenden  Dielectricitätsconstante  ab. 


5.  'Jereschin. 


Ausschläge  {Al  At  und  B^jB^)  wurden  Mittel  berechne^ 
welche  in  nachstehenden  Tabellen  unter  Af0  und  AT  einge- 
führt sind. 

Bevor  ich  zu  den  Messungen  gelangte,  habe  ich  zur 
Prüfung  der  Apparate  und  des  Veifahrens  einige  Control- 
versuche  angestellt. 

a)  Es  hat  sich  zunächst  gezeigt,  dass  der  Nullpunkt  des 
Electrometers  nach  seiner  Füllung  stets  um  einige  Scalen- 
theile  verlegt  wurde;  es  war  daher  noth wendig,  sich  zu  über- 
zeugen, dass  die  Empfindlichkeit  des  Apparates  bei  dem  Ein- 
füllen durch  irgend  welche  mechanische  Störungen  nicht  be- 
einflusst  wurde.  Es  wurden  die  Empfindlichkeiten  der  Elec- 
trometer in  Luft,  Wasser  und  Alkohol  verglichen.  Wurde 
die  Nadel  stets  durch  Drehen  an  dem  oben  angebrachten 
Torsionskopfe  zurückgeführt,  so  gaben  die  drei  Versuchsreihen 
übereinstimmende  Resultate,  wie  aus  folgender  Tabelle  zu  er- 
sehen ist.  Hier  bedeuten  die  unter  V  angegebenen  Zahlen 
die  Verhältnisse  der  gleichzeitigen  Ausschläge. 


Luft 
El.  I.    El.  II.  V 
Ausschläge 

613,0     207,6  3,15 

633.7     199,4  3,  i  b 

466.7  146,0  3,19 

265.8  83,1  ,  3,17 
255,8       81,9  I  3,12 

Mittel  3,16 


Tabelle  I. 

W  asser 
El.  I.  El.  II.  V 
Ausschläge 

212,0      67,0  3,18 

148,0  !    47,0  3,15 

401,0     130.0  3,07 

94,5      30,0  3,12 
»>          >'  »» 
3,13 


Alkohol 
El.  I.  El.  II.  K> 
Ausschläge 

100.0  ;    30,5  3,18 

183,0      60,3  3,03 

309,0      97,0  3,18 

480,0     150,0  3,20 

•?  V  1? 

3,15 


Beim  Eingiessen  der  verschiedenen  Flüssigkeiten  ver- 
legte sich  der  Nullpunkt  nur  sehr  wenig. 

b)  Es  wurden  Messungen  an  einer  und  derselben  Flüs- 
sigkeit bei  verschiedener  Empfindlichkeit  der  Apparate  an- 
gestellt. Die  letztere  konnte  auf  doppelte  Weise  verän- 
dert werden:  1)  durch  Verschieben  der  Quadranten  des 
Electrometers  II;  2)  durch  Aenderung  des  Aufhängedrahtes 
in  jedem  Apparate.  Die  Uebereinstimmung  der  verschiedenen 
Bestimmungen  war  stets  eine  ganz  befriedigende.  Hierfür 
liefert  fast  jede  der  unten  folgenden  Tabellen  den  Beweis. 


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Dielectricitätsconstanten  organischer  Flüssigkeiten.  797 


c)  Einige  Versuche  bei  verschiedener  Stromstärke  und 
'verschiedener  Anzahl  Umdrehungen  des  Commutators,  wobei 
•die  Zahl  der  Stromwechsel  zwischen  12  und  38  in  der  Secunde 
variirte,  mögen  den  Beweis  dafür  liefern,  dass  die  an  der 
Nadel  und  an  den  Quadranten  auftretende  Polarisation,  welche 
'durch  alternirende  Ströme  nur  theilweise  ausgeschlossen  wer- 
den kann,  auf  das  Resultat  meiner  Versuche  keinen  merk- 
lichen Einfluss  hatte.    Es  ergab  sich  u.  a.: 

Tabelle  II. 

(z-Zahl  der  Stromuntcrbrechangen  per  Secunde.) 


z  «  12 
El.  I.      El.  II. 
Ausschläge 


z  =  88 
El.  I.       El.  II. 
Ausschläge 


In  beiden  Walser. 

440,0        133,5        3,29  301,0 

209,0         63,0        3,32  201,0 

108,5         33,0        3,29  IU>,0 

Mittel  3,30 

Im  El.  I.  Aethylalkohol,  im  El. 

426,0       402,0        1,06    I  401,0 


217,0 
108,0 


2U8.0 
100,0 

Mittel 


1,04 
1,08 


93,0  3.25 
62,0  3,25 
33,0  3,83 

3,28 

II.  Wasser. 

382,0  1,05 
132,0        121,0  1,09 
93,0         89,0  1,04 


1,04 


1,06 


Resultate. 

Als  Vergleichsflüssigkeit  wurde  Aethylalkohol  von  98  Proc. 
gewählt,  weil  diese  Flüssigkeit  eine  mittlere  Dielectricit&ts- 
constante  besitzt.  Sie  ist  ausserdem  rein  zu  bekommen  und 
zeitlichen  Aenderungen,  wenn  sie  gut  aufbewahrt  wird,  wenig 
unterworfen. 

Zur  Bestimmung  der  Dielectricitätsconstante  des  Aethyl- 
alkohols  wurde  zunächst  das  Electrometer  II  mit  Aethyl- 
alkohol von  98  Proc  gefüllt,  während  das  andere  Electrometer 
Luft  enthielt.  Es  wurde  bei  verschiedenen  Potentialdifferenzen 
<ler  Ausschlag  des  Electrometers  II  beobachtet;  der  gleich- 
zeitige  Ausschlag  des  Electrometers  I  wurde  aus  fünf  Schwin- 
gungen bestimmt.  Die  Empfindlichkeiten  der  Apparate  wur- 
den vorher  und  nachher  sorgfältig  verglichen,  indem  die 
beiden  Electrometer  dieselbe  Flüssigkeit  enthielten. 


7P8 


&  Tereschin. 


In  der  nächstfolgenden  Tabelle,  wie  auch  in  allen  spä- 
teren ist  folgende  Bezeichnung  eingeführt: 
;t  Zahl  der  Beobachtungen. 

M0^AljAi  Mittel werth  aus  den  Verhaltnissen  der  cor- 
rigirten  Ausschlage  des  Electrometers  I  zu  denjenigen  des 
Electrometers  II,  wenn  beide  mit  einer  und  derselben  Flüs- 
sigkeit gefüllt  sind. 

M  —  BJ  B2  Mittelwerth  aus  diesen  Verhältnissen,  wenn 
die  Apparate  verschiedene  Flüssigkeiten  oder  (in  Tab.  III) 
der  eine  Flüssigkeit,  der  andere  Luft  enthält. 

AM0  und  AM  die  grössten  Abweichungen  einzelner 
Werthe  dieser  Verl  ältnisse  von  ihren  Mittelwerthen  M01 
resp.  M. 

K  die  Dielectricitätsconstante  der  zu  untersuchenden 
Flüssigkeit. 

t°  ihre  Temperatur  (Cels.). 

Zwischen  den  Beobachtungen  verschiedener  Horizontal- 
reihen, welche  sich  auf  die' gleiche  Flüssigkeit  beziehen,  liegen 
Aenderungen  an  dem  einen  oder  anderen  Electrometer,  die 
das  Empfindlichkeitsverhältniss  beeinflusst  haben  (vgl.  oben 
p.  796). 


Tabelle  III. 

M0:  in  beiden  Electro metern  Aethylalkohol, 
M:  in  I  Luft,  in  II  Aethylalkohol. 


M 

AM 

i  • 

M9 

AM, 

~M  ! 

t 

10 
7 

0,133 
0,122 

0,002 
0,003 

10 

1 

3,55 
3,32 

0,05 
:  0,04 

26,8 
27,2 

14 
14 

Es  ergibt  sich  also  im  Mittel  für  den  98procentigen 
Aethylalkohol  die  Dielectricitätsconstante  Ka  27,0. 

In  der  folgenden  Tabelle  sind  die  Dielectricitätsconstanten 
einer  Reihe  von  Alkoholen  und  Estern,  sowie  verschiedenen 
anderen  Flüssigkeiten  angegeben.  Bei  den  Messungen  der- 
selben waren  zunächst  beide  Electrometer  mit  Aethylalkohol 
gefüllt  {M0  =  ^Ma),  sodann  wurde  das  Electrometer  I  mit 
der  zu  untersuchenden  Flüssigkeit  gefüllt  (M**BJBt)\  MlM0 
gibt  dann  die  Dielectricitätsconstante  der  untersuchten  Flüs- 


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Dielertricitätscomlanten  organischer  Flüssigkeiten.  799 

sigkeit,  bezogen  auf  Aetbylaikohol ;  hieraus  erhalten  wir 
diejenige  auf  Luft  bezogen  ah: 

Tabelle  IV. 


Substanz 


M 


AM 

n 

3f. 

M 

0,04 

-  ;- 

10 

.    -  - 
1,41 

0,03 

5 

l,'i3 

0,03 

6 

1,41 

ft  02  <' 

1ft 

1  40 

0,022 

9 

1,60 

0,008 

5 

3,85 

0,019 

9 

1,«j0 

0,010 

,» 

>» 

0,014 

» 

>» 

0,020 

5 

3,85 

0,015 

10 

2,35 

0,004 

9 

1,60 

0,008 

7 

1,61 

0,011 

10 

1,60 

0,014  ( 

9 

>» 

0,024 

6 

3,20 

0,018 

»» 

3,56 

0,006 

»» 

1,77 

0,004 

» 

3,34 

0,006 

7 

3,20 

0,010 

0,012 

» 

0,005 

9 

1,16 

0,003 

3 

1,77 

0,007  i 

10 

3,55 

J  I  Methyl. 
Methyl- 


iL 


Aethyl-  .  .  . 
Isobutyl-  .  . 
Amyl-  .... 

( Methyl-  .  .  . 


»» 

\ethyl- 
Propyl- 
Isobutyl- 
Amvl  . 


3  I  Methyl-  .  .  . 

o  I  Aethyl-  .  .  . 

=  j  Isobutyl-  .  . 

3Q  I  Amyl  .  .  .  . 

Aethyl  propionat . 
Aethyl buty rat  .  . 
Aethylvalerat  .  . 

Anilin   

Kohlenstofftctra- 

chlorid  

Xylol  


10 
5 
5 

11 

8 
5 
10 
10 


1,69 
1,47 
1,19 
0,82 

0,595 
1,400 
0,540 
0,498 
10  0,455 

5  \  1,09 
10  0,684 
10  I  0,386 

8  0,378 
10  |  0,352 
10  !  0,306 

6  I  0,852 
0,661 
0,395 
0,638 

0,708 
'<  0,627 
|  0,585 
0,320 

0,143 
0,309 


7» 

9 

3 

10 


0,01 
0,03  , 
0,01 

» 

0,06  i 
0,03  1 
»» 

0,06 
0,05 
0,03 
0,06 
0,03 
»» 

0,08 
0,04 
0,05 
0,01 

0,07 


»» 
0,03 

0,05 


I 


32,7 
32,6 
22,8 
15,9 

10,0 
9,8 
9,1 
8,4 
7,7 

7,7 

7,8 
6,5 

6,3 

5,8 
5,2 

7,2 

6,5 
6,0 
5,2 

6,0 
5,3 
4,9 
7,5 

2,2 
2,35 


14,0 

?» 
„ 
13,5 

13,5 
14,0 

„ 
13,5 
15,0 

14,0 

'5 
„ 

13,0 
14,5 

13,0 
13,5 
14,0 
»» 

14,0 

'» 

13,5 


Xylol  wurde  zur  Controlc  in  die  Zahl  der  untersuchten 
Flüssigkeiten  aufgenommen.  Die  Dielectricitätsconstante  des- 
selben ist  von  Cohn  und  Arons  nach  drei  verschiedenen 
Methoden  bestimmt  worden;  ihre  Messungen  ergaben  2,36; 
2,36  und  2,37;  der  von  mir  erhaltene  Werth  2,35  fällt  mit 
derselben  zusammen. 

Weitere  Messungen  galten  der  Bestimmung  der  Dielec- 
tricitätsconstante des  Wassers. 

Bei  diesen  Versuchen  enthielten  zunächst  wieder  beide 
Electrometer  Aethylalkohol  (Af0  =  Ax  j  At),  sodann  wurde  das 


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800 


S.  Tereschhi. 


Electrometer  II  mit  Wasser  gefüllt  (A/=  iV, ;  E>  ergibt 
sich  für  die  Dieleetricitätsconstante  des  Wassers: 


£-27,0 


Tabelle  V.  Wasser. 


n 

.1/ 

JA/ 

n 

,  J-v0 

i 

!  t 

6 
21 

1,13 
1,25 

0,06 
0,03 

I) 

3,51 
3,91 

0,03 
0J-9 

93,1 
84,5 

13,0 
13,5 

Es  ist  also  im  Mittel  A',,,  =  83,8. 

Um  diesen  Werth  zu  controliren,  wurde  die  Dieleetrici- 
tätsconstante des  Wassers  auch  durch  Vergleich  mit  Methyl- 
und  Amylalkohol  bestimmt.  Es  enthielten  zunächst  beide 
Electrometer  Wasser  (M0  =  AJA«) ;  darauf  wurde  Electro- 
meter I  mit  dem  betreffenden  Alkohol  ix)  Refüllt.  (M**Bxilh>\ 
es  ergibt  sich  hieraus:  Kaq ;  Kx  —  M0 /  37;  Kai  orgibt  sich 
hieraus  durch  Mulliplication  mit  dem  betreffenden  KX}  das 
aus  Tabelle  IV  entnommen  ist. 

Tabelle  VI. 


- 

M 

AM 

M 

Methyl»  lkohol 
Amylalkohol 

6 
6 

1,510 
0,755 

0,020 
0,007 

10 
10 

3,92 
3,91 

0,07 
0,09 

aq 


2,60 
5,18 


84,9 
82,4 


13.0 
14.0 


Das  Mittel  ist  Kaq  =  83,6,  in  völliger  Uebereinstimmung 
mit  dem  oben  erhaltenen  Werthe.  Schliesslich  kam  eine 
Reihe  von  Mischungen  aus  Wasser  und  Aethylalkohol  (98  Proc.) 
zur  Untersuchung.  Zunächst  enthielten  beide  Electrometer 
Aethylalkohol  (iV/0  =  Al  j  A2),  sodann  wurde  Electrometer  1 
mit  dem  Gemisch  gefüllt.  Im  Folgenden  bezeichnet  »v  und 
ra  die  zu  den  Mischungen  verwendeten  Volumentheile  Wasser 
und  Aethylalkohol  (98  Proc),  wobei  die  Summe  r„.  4-  rt!  =  1 
gesetzt  ist;  auf  die  Contraction  bei  der  Mischung  wunle 
Hceine  Rücksicht  genommen. 

Die  Dieleetricitätsconstante  der  Mischung  ergibt  sich  als: 

A'-£-27,0. 


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Dislt'i (ricitätscovatauten  or  annischer  fTüssipknttn.  801 

Tabelle  VTI. 


too  va 

Af 

JA1 

— ~     • ! 

K 

}—  -  

;  . 

10,2 

^9.8 

.  .  ■— ■ r 

3,19 

0,03 

1,11 

0,01 

29.9 

70,  t 

2,75 

0,02 

»J 

3H.7 

«o.s 

2,63 

0.04 

, » 

1» 

49,6 

50,4 

2,33 

O.Ol 

•1 

V 

69,5 

30,5 

2.04 

0,05 

•" 

82,2 

17,8 

1.47 

0,07 

•• 

80,0 

20,0 

1.58 

0.03 

1,13 

•• 

56,3 

4H,7 

2,16 

11.02 

■■ 

92,6 

1.42 

0,03 

1.23 

*« 

80,0 

20.0 

1,76 

0,04 

HH,7 

18,3 

1,58 

0,01 

/       *  Woob.  lr  bor. 

15 n        77,5  77.» 

14°         66,9  66,8 

«4.0  61.2 

56,7  55.6 

49,6  44.4 

35,*  37,1 
37. H    ,  3t>,4 

13.5*      51,6  51,8 

1  1 "         31.2  Hl. 2 

38.6  38.4 

34.7  34,5 


E3  liegt  nahe,  zu  versuchen,  ob  sich  die  D.  C.  der  Mischun- 
gen darstellen  lassen  durch  eine  Formel  (a)  k  —  vjk»  -f  va'ka', 
worin  vj  und  va'  der  Gehalt  an  Wasser  und  Alkohol.  kw  und 
ha  die  entsprechenden  D.  C.  bedeuten.  Sehen  wir  von  der 
Contraction  bei  der  Mischung  ab.  so  ergibt  sich  «v'  =  tv4-0,02ya 
und  t7a'=0.98va  und  fa)  geht  Über  in  (b)  h  =  vmkK  -f-  va{0y02k,g 
-f  0.08  Aa'),  Der  Ausdruck  in  der  Klammer  ist,  wenn  unsere 
Annahme  sich  hewähren  soll,  die  D.C.  des  98  proc.  Alkohols  k*\ 
nach  der  hieraus  folgenden  Formel  (c)  k  =  vwkw  -\-  vaka  sind  die 
in  der  letzten  Columne  (tfber.)  enthaltenen  Werthe  berechnet. 

Die  Uebereinstimmung  ist  eine  gute.  Mithin  dürfen 
wir,  extrapolirend,  V  =*  (Äa  -  0  02  km) / 0.98  =  25  8  als  D.  C.  des 
al)Soluten  Alkohol  ansehen. 

Aus  dem  niedergelegten  Material  lassen  sich  folgende 
Schlüsse  ziehen. 

1)  Für  die  von  mir  untersuchten  homologen  Verbin- 
dungen hat  sich  ergeben,  dass  die  Dielectricitätsconstanten 
in  jeder  homologen  Reihe  mit  dem  wachsenden  Molecular- 
gewicht  abnehmen  —  und  zwar  im  Gegensatz  zu  den  Dielec- 
tricitätsconstanten der  Reihe  der  aromatischen  Kohlenwasser- 
stoffe, für  welche  Hr.  Tomaszewski  ein  Wachsen  der 
Dielectricitätsconstante  mit  wachsender  Molerulargrösse  ge- 
funden hat.1) 

2)  Die  Dielectricitätsconstanten  metamerer  Verbindun- 
gen sind  verschieden. 


1)  F.  Tomasjsewski.  Wied.  Ann.        p.  33.  1**8. 
Ann.  d.  I'hn.  a.  Them.  N   F.   XXXV;.  51 


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H»V2 


Atthylformiat  —  0,5 
M*thylacetat   —  7,8 


•S*.  Tereachhi. 

Tabelle  XI. 

Isobutylformiat  -  8,4 
Propylacetat  -  6,3 
Aetnylpropionat  —  6,0 

C,H14Os 
Amylacetat  5,2 
Aethylvalerat  4,9 


Amylfortniat  —  7.7 
Isobutylacetat  —  5,8 
Aethylbutyrat  —  5.3 


3)  Die  Differenzen  zwischen  den  Dielectricitätsconstan- 
ten  der  entsprechenden  Glieder  der  Foriniate  und  Acetate, 
sowie  der  Formiate  und  Benzoate  sind  ungefähr  gleich  gross. 

Tabelle  XII. 


Metbrl 

■ 

Aethjl 

Uobutyl 

Am/1 

Mf  thjl 

; 

Itobutr) 

Amy' 

Formiate 

9,9 

9,1 

8,4 

7.7 

Formiate 

9,9 

9,1 

8.4 

4  .  i 

A  co  täte 

7,8 

«,5 

5,8 

5,2 

Benzoate 

7,2 

6,5 

6,0 

5.2 

Differenz 

2,1 

2,6  "| 

2,6 

2,5 

Differenz 

2,7 

1  2,6  ~ 

2.4 

2,r, 

4)  Der  Versuch,  irgend  eine  Relation  zwischen  der 
Dielectricitätsconstante  und  der  Moleculargrösse  oder  anderen 
Constanten  zu  finden,  hat  nicht  zu  Formeln  geführt,  die 
mehr  als  annäherungsweise  die  Beobachtungen  darstellen.1) 

lt  In  der  folgenden  Tabelle  gebe  ich  einige  Berechnungen.  Es  be- 
deuten a  M  und  »  die  Dichtigkeit,  das  Moleculnrgewicht  und  den 
Brechungsexponenten  der  Substanz.  Die  Formel  K=n'i\\  +  A.ajM\ 
ist  mit  Rücksicht  darauf  gewählt,  das*«  sie  für  kleiue  a  i  bei  Gasen)  oder 
für  A  -  0  zu  der  bekannten  Beziehung  K  =  m*  führt.  Immerhin  ist  be- 
merkenswerte,  dass  sie  eine  ebenso  gute  Uebereinstimmung  liefert,  wie 
die  andere  Formel  K  =  a  +  b .  aj  M,  obgleich  bei  dieser  zwei ,  bei  jener 
nur  eine  Constante  zur  freien  Verfügung  ist. 


n     »'  A'(beob.>  K. 


f  ,T 
a  +  hM 


A 


Methyl 
Aethyl 
Propyl 
Amyl 


0,82 
0,81 
0,82 

0,83 


Alkohole?. 

32  0,0256  1,34.1,8g  32,7 

46  0,0176  1,37  1,88  25,8 

60  0,0137  1,39  1.93  22,8 

88  0,0094  1,42  2,02.  16,0 

Formiate. 


Methyl 
Aethl 
Isobutyl 
Amyl 


0,998  60  0,0166  „     »  9,9 

0,936  74  0,0127  1,35  1,82  9,1 

0,885  102  0,0087  „  8,4 

O.«80  1160,0072  1,41  2,00  7,7 


7,»1:  b 
33,3 
25,4 
21,5 
17,2 


0.12;  fc 
10,0 
9,1 
8,2 
7,s 


A  707/) 

32,9 
25,2 
20.6 
15,5 


A  7*6 

32,7 
25,8 
20,3 
16.6 


234.« 


A  -  34t; 

«♦ 
9,f 

7,0 


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Dii-b't  lricitüi*  con  »tan  ten  or t/an  isch  er  Flüssigkeiten . 


mi 


Betrachtet  man  aber  die  Gesamratheit  der  erhaltenen  Zahlen 
in  Zusammenstellung  mit  anderen  Constanten,  so  bemerkt 
man  immerhin  ,  dass  in  den  meisten  Fällen  die  Dielectrici- 
tätsconstante, wenn  man  in  einer  Reihe  fortschreitet,  den 
anderen  Constanten  analoge  Aenderungen  zeigt.  So  kann 
man  zum  Beispiel  auf  den  Gang  des  specifischen  Gewichtes 
und  der  Dielectricitätsconstante  bei  Acetateu  hinweisen,  wo 
die  Dielectricitätsconstante  der  Methylverbindung  ihrem 
hohen  Werthe  nach  dem  hohen  specifischen  Gewichte  der- 
selben entspricht.  Für  die  folgenden  Glieder  ändern  sich 
die  beiden  Constanten  nur  langsam. 


In  der  Reihe  der  Alkohole  nimmt  der  Methylalkohol, 
*owohl  nach  seiner  chemischen  Structur,  wie  auch  nach 
seinem  specifischen  Gewichte  und  seinem  Brechungsvermögen, 
*ine  besondere  Stelle  ein.  Seine  Dielectricitätsconstante 
zeigt  ebenfalls  eine  auffallend  hohe  Differenz  gegen  das 
nächste  Glied  der  Reihe.  In  den  zwei  folgenden  Tabellen 
sind  unter  n  die  Brechungsexponenten  für  die  Linie  // 
angegeben. 


Tabelle  XIII. 


Acetate. 


Sp.  G.  0,95«  0,907  0,90«  0,905  »),Sb»i 
A*.  7,8        6,5        6,3        •%«  5.2 


Acetate. 


a    2,W»:   I.  352,* 


.1=241.6 


Methyl   0,9»;  74  0,0l30|l,87  1,9  7,8  7,5 

Aethyl   0,91  88  0,0103  1,38  1,9  6,5  6,6 

Propyl    0,91  102  0,0089  1,39  1,9  «,3  fi,l 

Isobatyl|0,91  116  0,0078 1,40  2,0  5,8  5,7 

Ainyl     0,90  130  0,0069  1,41  2,0,  5,2  '  5,3 


7,9 
•3,6 
0.0 
5.S 

5,3 


Benzoiitr. 


«    8,27;  fc=43«l,4 


Methyl    1,103  136  0,0061  1,54,2,4  7,2  «,S 

Aetbyl    1,066  150  0,0071  1,33  2,4  6,5  6.4 

Jsobutvl  1,041  178  0.0058  »      »  6,0  5.s 

Aravl"    1.004  192  0.0052  »      »  5,2  5,5 


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H04 


I).  GoUlliammrr. 
Tabelle  XIV. 


Sp.  G.  n        I  K 

Methylalkohol  0,92  1,336  32,5 

Aethvlalkohol  0.81  1,370  25,8 

Prop'vlalkohol  0,82  1,386  [  L'2,8 

Amylalkohol  0,83  1,417  16,0 

Dein  auffallend  hohen  Werthe  der  Dielectricitätsc^u- 
stante  des  Aethylformiats  entspricht  ein  Brechungsexponent, 
der  viel  kleiner  ist  als  zu  erwarten  ware. 

Tabelle  XV. 


I! 

.  .• 

1 

K 

Aetbylfonniat 

1,3504 

9.1 

Aethylacetat 

1,3807 

H,S 

Aetbylpropionat 

1 

6,0 

Aethylbutyrat 

t,404t> 

5.3 

Aethylvalerat 

1,4058 

4,9 

Str. iss burg  i.  R..  Physik.  Inst. 


IV.   lieber  den  Einfluss  der  JtagnetUirung 
auf  die  electrisvhe  Leittnujsftih iykeit  der  Metall*'; 
von  &.  Goldhammer  ans  3To*hman. 

(Zweite  Mittheilung.) 
(HUria  Tal.  IX  Klg.  5-14.) 

■ 

In  meinem  ersten  Aufsatze1)  habe  ich  einige  qualitative 
Ergebnisse  über  die  Widerstaudsänderungen,  die  beim  Mag- 
uetisiren  von  Platten  aus  Wismuth,  Antimon,  Tellur.  Nickel, 
Eisen  und  Cobalt  auftreten,  veröffentlicht.  Es  sei  mir  er- 
laubt, jetzt  einige  weitere  Beobachtungen,  von  einem  mehr 
quantitativen  Charakter,  betreffs  derselben  Erscheinung  mit- 
zutheilen. 

Die  Untersuchung  wurde  vom  Mai  bis  October  1887  im 
physikalischen  Institut  der  Universität  Strassburg  i.  E.  aus- 
geführt.   Ich  will  hier  die  Gelegenheit  benutzen,  um  dem 

l)  D.  GoHhamnier.  Wied.  Ann.  31.  p.  WK  1887. 


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Mtignetitirung  und  elrctrUchr  Leitung. 


805 


damaligen  Director  des  genannten  Instituts,  Hrn.  Prof. 
Kundt,  für  die  gütige  Aufmerksamkeit,  die  er  mir  während 
meines  zweijährigen  Aufenthalts  zu  Strasbourg  erwies,  sowie 
fur  alle  Mittel,  die  mir  bei  der  Ausführung  dieser  Arbeit 
zur  Verfügung  standen,  meinen  herzlichsten  Dank  auszu- 
sprechen. 

§  1.  Es  wurden  wegen  Mangel  an  Zeit  nur  die  drei, 
eben  das  grösste  Interesse  darbietenden  Metalle,  Wismuth, 
Nickel  und  Cobalt  untersucht;  die  Platten  von  Ni  und  Co 
wurden  genau  wie  früher  auf  platinirtes  Uhs  electrolytisch 
niedergeschlagen,  die  Bi-Platten  ebenso  wie  früher  nach  dem 
Kighi 'sehen  Verfahren  hergestellt.  Die  Dimensionen  der 
Platten  betrugen  ca.  1,5  x  1.0  cm. 

An  die  äusseren  Seiten  einer  solchen  rechteckigen  Platte 
wurden  mit  Wood'schem  Metall  geradlinige  Messingstreifen 
von  0,1 — 0,2  cm  Breite  und  0,01  cm  Dicke  als  Electroden 
angelöthet,  deren  amalgamirte  freie  Enden  entweder  in  der 
Plittenebene  lagen  oder  senkrecht  dazu  standen  (Fig.  5  und  6) 
Dem  entsprechend  konnten  die  Platten  in  einem  Magnetfelde 
mit  horizontalen  Kraftlinien  entweder  vertical  oder  horizontal 
stehen. 

Durch  Drehen  der  Platte  im  Felde  um  eine  verticale 
Axe  konnte  man  leicht  in  beiden  Fällen  den  electrischen 
Strom  in  der  Platte  sowohl  den  Kraftlinien  parallel,  als 
auch  senkrecht  dazu  fliessen  lassen. 

Die  Platten  wurden  mittelst  einer  Glasröhre  gegen  Luft- 
zug geschützt;  ein  Baudin'sches  Thermometer,  das  0,05° C. 
unmittelbar  angab,  erlaubte,  den  Temperaturgang  in  der 
Nähe  der  Platten  während  der  Beobachtung  zu  verfolgen 
und  an  die  gemessenen  Widerstandsänderungen  durch  Mag- 
netisirung  betreffende  Correctionen  wegen  der  Temperatur- 
änderungen anzubringen. 

§2.  Um  die  Platten  in  dem  magnetischen  Felde  auf- 
stellen, resp.  drehen  zu  können,  wurde  eine  specielle  Vor- 
richtung construirt,  die  in  der  Fig.  7  abgebildet  ist. 

Die  amalgamirten  Electrodenenden  der  Platten  tauchten 
ins  (Quecksilber  bei  ss.  Der  electrische  Strom  (von  einem 
Daniell'schen  Element)  wurde  mit  Hülfe  der  Klemmen  rr 


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800 


J).  Göhl  Ii  (immer. 


zu-,  re.<p.  abgeleitet  und  ging  innerhalb  eines  Hartgummi- 
Stabes  //  durch  zwei  dicke  Drähte  bis  in  die  eisernen  Queck- 
silbernäpfchen  Ith  und  kh,  von  dort  durch  zwei  Drähte  kh 
und  dann  durch  die  dicken,  viereckigen  Messingstäbe  oo  in 
die  Platte,  abba  ist  eine  Hartgummiplatte,  die  die  Messing- 
stäbe oo,  d.  h.  auch  die  Röhrchen  mit  Quecksilber  sx,  von- 
einander isolirte. 

dd,fff  mn  sind  dicke  Platten  auch  aus  Hartgummi. 

Der  untere  Theil  des  Apparates  ddcc  war  um  eine  ver- 
ticale  Axe  (die  y-Axe)  drehbar,  und  der  ganze  Apparat 
konnte  vertical  zwischen  den  Polschuhen  eines  Electromagnets 
an  einer  Messingstange  cta  befestigt  werden. 

Beim  Drehen  des  unteren  Theiles  ddcc  gingen  die  En- 
den der  Drähte  Ith  im  Quecksilber  {kh)  um  die  ;/-Axe 
herum. 

§  3.  Zum  Magnctisiren  der  Platten  diente  ein  Electro- 
magnet mit  verticalen  Eisenkernen  von  60  cm  Höhe,  an 
deren  oberen  Flächen  zwei  horizontal  liegende,  viereckige . 
massive  Eisenprismen  mit  cylindrischen  (6  cm  Durchmesser) 
Polschuhen  angeschraubt  wurden.  Der  Polabstand  wurde 
constant  auf  3  cm  gehalten . 

Zur  Messung  der  Stärke  des  Magnetfeldes  wurde  eine 
bewegliche  Inductionsrolle  construirt.  Dieselbe  stand  zwischen 
den  Magnetpolen  vertical,  sodass  ihre  Windungsebene  senk- 
recht zu  den  Kraftlinien  war,  und  konnte  mittelst  einer 
Schnur,  die  über  einige  Rollen  lief,  schnell  aus  dem  Felde 
heraus  in  eine  horizontale  Lage  gebracht  worden. 

Obgleich  der  Radius  des  dabei  durch  die  bewegte  In- 
ductionsrolle beschriebenen  Kreises  mehr  als  20  cm  betrug, 
ergab  sich  die  Stärke  des  Magnetfeldes  //0  in  der  horizon- 
talen Rollenlage  etwa  10  Proc.  der  Stärke  //  zwischen  den 
Polen  des  Electromagnets.  Ich  musste  daher  den  Werth  //<, 
besonders  durch  den  Schliessung*-,  resp.  Oeffnungsinductions- 
strom  bei  horizontaler  Rollenlage  bestimmen. 

Der  Induct ionsstrom  in  der  Rolle  wurde  direct  mittelst 
einer  Gaugain'schen  Tangentenbussple  gemessen. 

Die  Windungsfl&che  der  Inductionsrolle  Hess  sich  durch 
Vergleichen  zweier  Induetionsstrftme  beim  Herausziehen  der 


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Mnynetuirnng  und  clectrisvhe  Leitung.  807 

Rolle  aus  dem  Magnetfelde  bestimmen,  einmal  wenn  die 
ganze  Windungstiäche  wirksam  war,  sodann  wenn  statt  der 
Rollenwindungen  nnr  eine  Windung  aus  dickem  Kupferdraht 
benutzt  wurde;  natürlich  war  bei  diesen  Versuchen  die  Gau  - 
gain' sehe  Bussole  so  gut  wie  gar  uicht  brauchbar;  es  ge- 
nügte aber  dem  Zweck  ein  empfindliches  Galvanometer  von 
Kohlrausch  mit  einem  Stahlspiegel  vollständig. 

§  4.  Dil  der  Zwischenraum  der  Magnetpole  zu  klein 
war,  um  den  Plattenhalter  und  den  Inductionsapparat  gleich- 
zeitig zu  enthalten,  und  da  allerdings  die  Feldstärke  gleich- 
zeitig mit  der  Widerstandsänderung  gemessen  werden  sollte, 
T-o  habe  ich  das  Quincke'sche ')  Oalibrirungsverfahren  be- 
nutzt. 

Zunächst  wurden  die  Magnetpole  entmagnetisirt,  und  in 
ca.  1,5  m  Entfernung  von  denselben  ein  Kohlrausch'sches 
Magnetometer,  welches  aus  einem  massiven  eylindrischen,  an 
zwei  Silberfftden  aufgehängton  Magnet  von  10  cm  Länge  be- 
stand, so  aufgestellt,  dass  der  Magnet  etwa  in  der  Höhe  der 
Polschuhe,  senkrecht  zur  Axe  des  Magnetfeldes  hing.  Schickte 
man  nun  verschieden  starke  electrische  Ströme  durch  die 
Rollen  des  Electromagnets,  mass  mittelst  der  Inductionsrolle 
die  Feldstärke  in  O.-G.-S.  und  beobachtete  mit  Spiegel  und 
Scala  die  betreffenden  Ablenkungen  des  Magnets  am  Mag- 
netometer aus  seiner  ursprünglichen  Ruhelage,  so  konnte  man 
eine  Curve  mit  der  Gleichung: 

$  «  A*) 

coustruiren  und  während  der  Messungen  der  Widerstands- 
änderungen nur  die  Ablenkungen  t?  ablesen,  um  später  auf 
dem  graphischen  Wege,  resp.  durch  Interpolation  die  be- 
treffenden Werthe  von  §  zu  berechnen. 

Es  ergab  sich  aber,  dass  man  in  dieser  Weise  wirklich 
sehr  constante  Ablesungen  am  Magnetometer  nur  dann  be- 
kommt, wenn  man  nach  jeder  Stromschliessung  den  Electro- 
magnet wieder  entmagnetisirt  (etwa  durch  immer  schwächere 
Ströme  von  verschiedener  Richtung). 

Es  muss  auch  bemerkt  werden,  dass  die  -remanente- 

l)  Quincke.  Wied.  Ann.  24.  p.  347. 


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808 


D.  Goldhammer. 


Feldstärke,  d.  h.  eine  solche,  die  durch  den  remanenten  Mag- 
netismus der  Polschuhe  verursacht  ist,  in  keiner  Weise  durch 
die  Ablenkungen  des  Magnetometers  gemessen  werden  kann. 
In  diesem  Falle  scheint  schon  die  un regelmässige  Vertheilung 
des  Magnetismus  in  den  Polscliuhen  selbst  eine  zu  grosse 
Rolle  zu  spielen. 

Ich  schätze  die  Genauigkeit  einer  solchen  Messung  von 
£  ca.  auf  1  Proc.  Zwei  Reihen  von  Beobachtungen,  welche 
drei  Wochen  auseinander  lagen,  während  welcher  Zeit  der 
Electromagnet  auf  verschiedenste  Weise  magneti«irt,  re>p. 
entmagnetisirt  wurde,  gaben  zwei  Reihen  von  $  für  verschie- 
dene Werthe  von  die  fast  genau  auf  einer  und  derselben 
Curve  liegen. 

§  5.  Zur  Messung  der  Widerstandsänderung  der  Plat- 
ten  durch  Magnetisirung  habe  ich,  wie  früher,  die  Wheat- 
stone-Thomson'sche  Brücke  benutzt,  aber  mit  einer  Ab- 
änderung, auf  welche  ich  etwas  näher  eingehen  muss. 

Auß  dem  Schema  (Fig.  8)  ist  mit  Hülle  der  Kirch  - 
hoff  sehen  Sätze  leicht  abzuleiten1;: 


worin  r,  resp.  r,  die  Widerstände  der  Zweige  AC,  resp. 
rx  und  ry  —  dieselben  von  Aa  und  Ba,  {>*  und  oy  —  die- 
selben von  Ä  D  und  B'D,  endlich  r0  den  Widerstand  ties 
Drahtstückes  an  —  bedeuten. 

Aus  der  Formel  (1)  ist  nun  klar,  dass  man  bei  der 
Messung  von  r  die  Widerstände  ux  und  py  genau  kennen 
muss;  leider  gehen  aber  in  diese  Werthe  auch  die  Contact- 
widerstände  bei  «,  a  ein,  was  natürlich  auf  die  Messungen 
von  r  sehr  störend  wirkt.  Es  lässt  sich  aber  dieser  (Je bei- 
stand dadurch  beseitigen,  dass  man  die  (Jontacte  bis  a,  a  un- 
beweglich, die  Zweige  Aa  (rr)  und  Ba  (ry)  dagegen  veränder- 
lich macht. 

1)  VergL  Maicart  t?t  Joubt  rt,  Leco"«  ielectricite  et  le  iu^- 
iietisim-  II. 


-r 


Hz  +  k'y  +  '*« 


vx  +  e*  + 


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Mag  netisi  rung  und  electrische  Leitung. 


600 


§  b.  Diese  Idee  habe  ich  benutzt,  um  folgenden  Apparat 
zu  coDstruiren  (Fig.  9). 

aa  und  au  sind  zwei  Platindrähte  (von  1  m  Länge  und 
5 — 0  S.-E.  Widerstand),  auf  welchen  sich  Quecksilbercontacte 
A  und  B  befanden.  Von  a  und  a  gingen  zwei  Messing- 
streifen (1  cm  Breite,  1  mm  Dicke)  bis  A'  und  B'\  diese 
letzten  Punkte  wurden  durch  einen  Neusilberdraht  mit  einem 
gewöhnlichen  verschiebbaren  Oontacte  D  verbunden. 

Aus  der  Figur  ist  ersichtlich,  dass  die  Widerstände  von 
oA,  resp.  aB  rzy  resp.  ry  sind;  von  aA'D  und  a  B'  D  —  ox 
und  Qy.  Man  kann  endlich  die  Punkte  a  und  a  beider  Pla- 
tindrähte durch  einen  beliebigen  Widerstand  abba  verbinden, 
der  die  Rolle  r0  spielt. 

£s  war  r0  so  gewählt,  dass  rofr0  -f  gx  -f  ry  circa  0,01 
betrug. 

Es  wurde  bei  der  Widerstandsmessung  in  folgender  Weise 
verfahren:  Man  macht  r,  angenähert  gleich  rr  schliesst  das 
Galvanonieter  durch  einen  Nebenschluss  und  sucht  solche  r 
und  rx,  resp.  ry,  dass  beim  Schliessen  des  Stromes  in  der 
Kette  das  Galvanometer  keinen  Ausschlag  gibt;  nun  nimmt 
man  den  Nebenschluss  weg  und  bringt  das  Galvanometer 
wieder  auf  0  durch  Verschieben  des  Contactes  D,  Aendert 
sich  der  Widerstand  r  durch  die  Magnetisirung  von  Jr,  so 
kann  man  das  Galvanometer  auf  Null  bringen  mittelst  einer 
Verschiebung  von  D  um  Aox. 

§  7.  Wir  logarithniiren  und  ditiereuziien  darauf  die 
Gleichung  (1),  bemerken,  dass  r»,  ry,  rv  r0,  yx  +  constant 
bleiben  und  setzen  der  Kürze  wegen  r0/ yx  +  yv  +  r0  =  Ö. 
Dann  linden  wir: 

oder,  da  d.yx<rx  und  S.f)yjry  kleine  Brüche  sind:  * 

Dal  aus  folgt,  dass  die  relative  Wider standsänderung  Ar  fr 
/Ar   Verschiebung  des  Contartts  D,  A  (>« .  genau  proportional  ist. 


810 


D.  Gold  hum  itier. 


Will  man  nun  rx  und  ry  in  mm  des  Platindrahtes  qx  und  oi 
in  mm  des  Neusilberdrahtes  ausdrücken,  so  müssen  alle 
Drähte  calibrirt  und  das  Verhältniss  der  Widerstände  vou 
gleicher  Länge  von  Platin  und  Neusilberdraht  bestimmt  wei  - 
den. Es  war  gefunden  für  dieses  Verhältniss  der  Werth 
0.307  Jl  -f  0.004  [t  -  22.5) )  und  für  d  die  Zahl  0,00989.  so- 
dass endlich: 

•  a  A  ox , 


u  =  J  1  (l  -0,00304  *'| 


0,00304  j  1  -  0,004  (f  -  22..Y  J . 


Es  musste  noch  ein  Umstand  berücksichtigt  werden. 

Da  der  Widerstand  der  Zuleitungsdrähte  y  gegen  den- 
jenigen der  Platten  r  nicht  verschwand,  so  mass  man  durch 
die  Verschiebung  von  D  um  A  gx  eigentlich  nicht  Arir. 
sondern  Ar  (/ =  dr,  r{l+yjr)  =  drl  Ar,  sodass  wirklich: 

(3;  y  =  akAox  =  AA(ix. 

Es  wurden  daher  für  jede  Platte  r  und  y  direct  gemessen. 
Während  der  Beobachtungen  befand  sich  das  ganze  Draht- 
system in  einem  geschlossenen  Pappkasten;  es  wurden  auch 
Ablesungen  an  drei  Thermometern  gemacht:  in  der  Nähe 
der  Platte,  im  Pappkasten  und  im  Widerstandskasten  rt. 

§  8.  Wismuth  (Bi).  Es  wurden  sechs  gleichzeitig 
angefertigte  Platten  von  verschiedener  Dicke  untersucht.  DL' 
Resultate  der  Beobachtung  sind  in  den  Tabellen  zusammen- 
gestellt. 

7=0  bedeutet,  dass  der  Strom  in  der  Platte  parallel, 
(f  =  90,  dass  er  senkrecht  zu  den  Kraftlinien  des  Feldes  floss 
Das  Zeichen  ||  bedeutet,  dass  die  Plattenebene  den  Kraft- 
linien parallel,  _L  dass  sie  denselben  senkrecht  stand,  -f  be- 
deutet eine  Zunahme  des  Widerstandes  der  Platte.  Mit 
einem  Stern  *  sind  die  durch  Interpolation  gefundenen  Zah- 
len bezeichnet.    Die  Feldstärke  ist  in  C.-G.-S.  angegeben. 


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Magnetisimug  und  electrische  Leitung. 


811 


Die  vierte  und  fünfte  Columne  stellen  die  Werthe  von  Jr/r 
nach  der  Formel: 

berechnet,  dar,  worin  für  den  Werth  von  C  das  arithmetische 
Mittel  der  Zahlen  in  beiden  letzten  Columnen  genommen 
wurde.  Je  nach  der  Stellung  der  Platte  im  Magnetfelde  i>t 
auch  C,  resp.  durch  Ctf  CK,  CJ  bezeichnet:  C,  bezieht  sich 
auf  den  Fall  <p  «  0  ||  ;  Cz'  auf  den  Fall  rf.  =  90  _L  ;  CT  auf 
den  Fall  7  =  90  ||  . 


Bi  1. 

r  «0,077  S.-E.  ;     X  »  2,889; 


.4  «  0,8781.10-». 


beob. 

Jr//' 

bor. 

7  =0|, 

=  90  ± 

</  ou 

<f  -  901 

407,0 

+  0,00032" 

+  0,00032 

41x,7 

4-0,00032" 

0,00087 

+  0,00027 

0,00032 

1.84  .  10 
1,61 

<h4,2 

0,00072' 

0,00079 

716,3 

0,00081 

0,00087* 

0,000X0 

0,0009X 

1,61 

VHJ5 

0,00121* 

0,(>0165 

1,47 

955 

0,00131 

0,00183* 

0,00144 

0,00178 

1,44 

1030 

0,00166* 

0,00204 

1,57 

1135 

0,00205 

0,00233* 

0,00203 

0,00244 

1,59 

12X7 

0,00254 

000325* 

0.00257 

0,00314 
0.0034*. 

1,54 

1339 

0,00354 

C:C/  =  0,830. 


1.5X4.10 


1,93.  10 

2,14 

1.75 

1,70 

2,00 

2,00 

1,"4 

1,84 
1,97 

1,908.10 


r  =  Ü.103  S.-E.: 


Bi  If. 
/.  =  2.411; 


^  =  0.7522.10-». 


Jr  >'  beob. 

=  0  !         q  =  90  I! 


Jr/r  bcr. 
,f      0  |,     v  =  90  1. 


417,2- +0,00023          —             —  -  1,88.10 

422,2     0,00024*  +0,00037    +  0,00026  4-0,00041  1.34 

0,00084       0,00149*        —  —1,35 

0,00085*  '    0,00151       0,00091  0,00145  1,35 

0,00170       0,00254*        -  —  1,59 

0,00176»      0,00264       0.00160  0,00253  1,60 

0,00252       0,00398*  .      —  —  1,49 

0.00254*     0,00407       0,00254  0,00400  1,48 

0,00345       0.00517*     0.00330  0,00519  1.51 

0,00852                       0,00338  1,51 

1,455.10 


488,5 
792,0 
1035 
1051 
1304 
1320 
1504 
1520 


2,00.10  7 

2,37 

2,37 

2.37 

2.37 

2,33 

2,35 

2,29 

2.3177ÜT  ' 


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812 


D.  Goit/htimmrr. 


Hi  3. 


0,5967 . 

r 

Cz 

1 

1,45  .  10 

1   2,35 .  10  7 

1,47 

2,30 

1,32 

2,28 

1,31 

2,3" 

1.S6 

2,22 

1.35 

2^4 1 

1,39 

2,11 

1,3» 

2,14 

1,38 

2,26 

1,38 

2,26 

l,3S0. 1" 

:  2. 263. 10  T 

407,0 

412,0 

716,7 

735,0 

MOO 

'.♦56 

1 12ti 

1 1  42 

1348 

i.it;»: 


.Irr 

'I       0  A 

+  0,00024* 
0,00025 
0,00068' 
0,00071 
0,0011«" 
0,00122 
O,0ol75" 
0,00179 
(»."0249" 
»».n<>2.V> 


book 
if  -  ■•<»  f; 

+  0.00039 
0,00040* 
0,Ool 16 
0,00123" 
0,00193 
0,0020b* 
0,00264 
0,00277* 
0.00  1 1" 
0.0O42T 


irr  bei: 

7  -_  0  II         =  90  !: 


0,0007  5  0.00 
0.00126  0,00: 

o.ooi  >o  o,oo: 

0.0o2'»s  o,oo 
(\:CX  =  O.uiS. 


Bi  4. 

/  =  0.240  S.-E.;        =  1,005;     A  =  0,5226  .  10~4. 


182,9 

378,4 

400,0 

546,1 

577,1 

716,3 

734,0 

850,4 

858 

963 

UU 

1078 

1147 

1180 

1370 

1415 


J  /•;  /• 
if  =  0  ü 

+  0,00012 
O,0u015* 
0,00018 
0,00038* 
0,00041 
0,00055* 
0,00' '58 
0,00078* 
0,00080 
0,00103* 
0,00107 
0,00127 
0,00148 
0,001  tO* 

",002"  r 

0.00212 


beob. 
</  =  90  I! 


+  0,00024 
0.00034* 
0,00053* 
0,00057 
0,00101* 
0,00107 
0,00132* 
0,00133 
0,00166* 
0,0016» 

0,00189* 
0,00230 
0,002 17 * 
".00331 


Jr,r  ber. 
,fl  ^  0  (I     ,f  =  90  , 


+  0,00016 
0,0001 8 
0,00032 
0,00038 
0,00058 
0,0  062 
0,00081 
0,0O0S4 
0,0010'i 
0,00108 
0,00129 
0,00150 
0,00156 
0.00214 


+  0.00030  1,13 
!  1,28 
0,00061  1,24 
l,OS 
1,0» 
1,07 
1,08 
1,11 
1,13 
1,10 
1.12 
1,13 

O.OO341;  1,09 


0,00 1 1  JO 
O.OOi:." 
♦»,00175 
0,00243 


1,06.10   ;  1,71.10 
2,21 
1,80 
1,72 

i,»o 
1,95 
1,81 
1.80 
1,8  » 
1,M) 
1,64 
1,75 
1.74 
1,7» 


</.:  G  =  0.017. 


1.123.10    5  1. 820. 10 


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Magnetisirung  und  eiectrische  Leitung. 


813 


Bi  5. 

r  =i  0.U13  S.-E.;     /.  -  11.1**2;      A  =  3.7554  .  lU  k. 


718 
932 
934 
1128 
1251 
1339 


Jr/r  bcob. 


Jr>  her. 


=  0 


+  0,00142 
0,«;0142* 
0,00262 
0,0  295» 
0,003 1< 


7  -  90  1 

+  0,00132 
0,001  W 
0,00168 
0,00291 
0,0o365 


-  0 


90  1 


+  (»,00112  — 

«,0019»  1,65.10 

0,00198  1,65 

0,00279  2,10 

0,00352  1.89 

-  1.7? 

1 .8OO.10    »  2.240  .in 


+  0TO0155 
0,00157 
•  ».00228 
0.O028J 
0.0(»323 


2,60 
1,94 
1,94 
2.33 
2,39 


1« 


/•  =  0.197  S.  E.: 


Bi  6. 

).  =  1.737;      A  =  0.53S4.  U>  *. 


Jr/r  ber. 


^   I        Jr/r  beob.  w..  ^ 

7  =  0  II    |  7  =•  90  1     7  =  0  H  7  =  90  _L 

392,8  +(».00020         —  —  —  — 

402,0 '+0,00020       0,000»!'  +0,00018  +0,00022  1,25.10  »'1,32.10 


721,0;    0,0006 1* 


728,0 

919 

963 
1129 
1166 
1345 
1379 


0,00065 
0,00089*  ! 
0,0(095  , 
0,00139* 
0,00149 
0,00204* 
0,00214 


0,00072 
0,00074* 
0,00132 
0.00146* 

0,i  0  02 
0,0021  4" 
0,0027  m 


0,00062  0, 


1,39 
1.41 
1.5« 


1,18 
1,24 
1,06 

0,00105     0,00137   1,04  1,58 

1,09  l,5S 

o.OOlV,     0.0O20I    1,10  1,57 

-        1,12  1,53 
«.00216      0,00279  1,13 

1.134.10    »  1.493'."i(  7 


§  9.  Die  Uebereinstimmung  der  beobachteten  Zahlen 
mit  den  berechneten  scheint  wohl  befriedigend  zu  sein:  es 
ist  also  bei  Wismuth  die  Widerstandszunahme  in  beiden 
untersuchten  Richtungen  dem  Quadrate  der  Feldstärke  pro- 
portional; da  aber  bei  diesem  Metall  auch  die  Magnetisirung 
der  Feldstärke  proportional  läuft,  so  kann  man  sagen,  dass 
die  Wider  Standszunahme  dem  Quadrate  der  Magnetisirung  pro- 
portional ist.  Aus  dorn  Vergleichen  der  Werthe  von  t'„  CXf  Cx' 
für  verschieden  dicke  Platten  lässt  sich  der  Schluss  ziehen, 
dass  die  grösste  Widerstandszunahme  in  der  zu  d«n  mag- 
netischen Kraftlinien  senkrechten  Richtung  geschieht. 


D.  (wiiltlhammer. 


§10.  Nickel  (Ni).  Es  wurden  im  ganzen  mehr  als 
20  Platten  untersucht,  deren  Verhalten  aber  quantitativ  (nicht 
qualitativ)  verschieden  gefunden  wurde. 

Diese  Verschiedenheit  scheint  theils  durch  die  grössere, 
theils  kleinere  Härte  des  electrolytisch  abgeschiedenen  Me- 
talles verursacht  zu  sein,  die  dasselbe  je  nach  den  Umstan- 
den der  Ab8cheidung  haben  konnte.  Man  könnte  glauben, 
dass  auch  sehr  kleine  Löcher,  die  in  meinen  Platten  immer 
vorhanden  waren,  nicht  ohne  EinÜuss  auf  das  Verhalten  der 
Platten  blieben;  nach  einer  speciellen  Untersuchung  ergab  es 
sich  aber,  dass  das  kaum  der  Fall  ist.  In  der  That  habe 
ich  oft  bemerkt,  dass  die  Platten,  die  durch  die  Zahl,  resp. 
Grösse  der  Löcher  vollständig  verschieden  waren,  quantitativ 
sehr  nahe  übereinstimmende  Resultate  lieferten,  z.  B.  Ni  18. 
Ni  2. 

Die  .Nickelplatten  standen  im  Maguetfelde  immer  den 
Kraftlinien  parallel,  wobei  entweder  (f  =  0  oder  <f  =  90  war. 
Bei  den  stärksten  mir  zugänglichen  Feldern  (etwa  §  =  154)0 
('.  Cj.-S.)  konnte  ich  weder  in  Ni-,  noch  in  Co- Platten  einen 
Einfluss  der  Transversalmagnetisirung  auf  den  Widerstand 
bemerken. 

Nachdem  der  Strom  im  Electromagnet  geöffnet  und  der 
letztere  entmagnetisirt  worden  war,  blieb  immer  eine  rema- 
nents Widerst&ndsandernng  sowohl  in  Nickel-,  als  auch,  und 
zwar  eine  besonders  starke,  in  Cobaltplatten. 

Diese  remanente  Aenderung  ist  aber  beim  Benutzen  eines 
Electromagnets  überhaupt  gar  nicht  zu  messen.  In  der  That, 
schickt  man  durch  den  Electromagnet,  um  denselben  zu  ent- 
magnetisiren ,  eine  Reihe  immer  schwächerer  Ströme  von 
verschiedener  Richtung,  so  bezieht  sich  jene  remanente  Wi- 
derstandsänderung auf  eine  vollständig  unbekannte  Feld- 
stärke. Es  schienen  mir  solche  Messungen  der  remanenten 
Aenderung  allerdings  nicht  ohne  Interesse,  obgleich  genaue 
Messungen  nur  mit  Hülfe  einer  Magnetisirungsrolle  ausfahr- 
bar sein  würden.  Solche  Untersuchungen  wären  höchst 
wünschens  werth. 

Die  Beobachtungsresultate  für  fünf  Ni-Platten  sind  wie- 
der  in  den  Tabellen  zusammengestellt  und  in  Fig.  13  und  14 
angegeben*   Alle  Bezeichnungen  sind  wie  früher.    Durch  u 


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MatjnethiruMj  und  tlectrische  Leitumj. 


H5 


ist  das  Verhältnis«  dor  Widersfeandsänderung  bei  y  =  0  /.w 
derjenigen  bei  (p  =  90  bezeicbnet,  also: 


Das  —  Zeichen  bedeutet  eine  Widerstandsabnahme. 


Ni  lb. 

/•  =  0,240  S.-E.     I  =  1,578;      A  =  0,4583  . UM. 


Jr'r  U>tal 

At  V 

remanent 

.« 

if  =  yo  :i 

<+  -  o 

i/  -  9o  ii 

208,3 

-0,00142 

20H.3 

+  •»,00654 

0,00144*  +0,00004 

-0.00050 

—  4,54 

4  16.2 

O.0I343' 

0,00329 

0,00064 

1.0!» 

724,0 

0.0190M 

0,00440* 

0.001  10 

4,31 

0,01!)  10* 

0,00442 

4,3i> 

944,5 

0,01981 

0,00458* 

0,00128 

4,33 

968,3 

0,01983* 

0,00460 

4,31 

137« 

0,02023 

0,00487* 

0,00115 

0.00165 

4,28 

13*3 

0.00487 

0,00145 

Ni  2.. 

r 

-  0,467  S.-E. 

/.  =  1,727;  A-- 

=  0,5216. 10- 

• 

Jr  r  total 

Jr  r 

remanent 

„  =  0 

,(  =  no  h 

7=0 

7  ^  90  ü 

156,0 

KO.O 

230,0 

234,0 

551 

564 

651 

655 

;»02 

980 
103» 
1067 
1208 
1268 
1336 
1410 


+  0,01032 
0,01159 
0,01167* 
0,01764* 
0,01789 
0,01805' 
0,01807 
0,01844* 
0,01*55* 
0,01864 
0,01859 
0,01861* 
0,01861* 
0,01864 
0,01*64 


-0,0042t) 
0,00431* 
0,00470* 
0,00471 
0.00591 
0,00591* 
0,00595 
0,00595* 
(»,00595 
0,00601 
0,00611 
0,00626* 
0,00645 
0,0062'i 


+  0.00260 
o.hO2«0 


0,00  .'26 
0.OD230 


•2,39 
2,47 
2.50 
2,97 
3,02 
3,03 
3,03 

:*,09 
3,09 

3,05 

3,00 

3, 

3.00 


Digitized  by  Google 


810 


D.  (ittldha  miner. 


r  =  0.421  S.-E.;  / 


Ni  2. 
=  1  344; 


A  «  0,410*«.  10- 


Jr'r  total 


Jr  c  remanent 


1 

1 

<f  =  0 

7  -  90  || 

=0 

<l  =  90  1! 

1 

58.0 

-< ',00011 

i  ' 

i 

187,0 

+  0,005 7 ?< 

0,00140 

-4,13 

359,0 

0,01175* 

0,00268 

4,38 

367,0 

0,01210 

0.1.0271* 

4,46 

027,1) 

0,01749* 

0,00343 

5.10 

674 

0,01846 

0,00345* 

5,3f. 

776 

0,0181*2* 

0.00351 

5,39 
5,47 

838 

0,01920 

0,00351* 
0.00351 

1141 

0.01926* 

• 

■  5.48 

1211 

0.01928 

'  - 

Ni  5. 

0,566  S.E.;      X  -  1.255; 


A  =  0,3731 . 10-*. 


22,1 
62,0 

196 

208 

344 

389 

69ii 

717 

949 

960 
1408 
1412 


Jr'r  total 


+  0,00011 
0,00037 
0,00195' 
O.00209 


.j. 
I 


Jr'r 

90  II  <i  =  0 


if  =  90  B 


7* 


O.0H3S 
0.OO579 
0,01042* 
0,01083 
0,01363 
0,01370* 
0,01643 


r  =  "2,336  S.  E.; 


0,00022 

0,00029* 

0,00101 

0,00112* 

0.00183 

0,00188* 

0,00222* 

0,00224 

0,00242* 

0,00243 

Ni  6. 
/.  =  1.052; 


_      t  _ 

i 


A  =  0,2975.10 -«. 


8,S6 
7.<K> 
4,82 
5,17 
5.K9 
5.76 
6,14 
6.11 
6.79 


15,2 
55,5 
195,0 
202,0 
393,7 
406,5 
734.7 
752,3 
974 
997 

1361 

1393 


Jr'r 
'/  -  0  , 


total 

<jr  =  90  !i 


+  0,00011 
0.00069 
0,00495 
0,00506* 
0,00803 
0,00820* 
0,01048 
0,01052* 
0,01110 
<»,011 12* 
i  ».oil  39 


-0,00210 
0,00305* 
0,00312 
0,00316* 
0,00316 
0,00319* 
0,00320 
0,00330* 
o!o0331 


Jr'r  remanent 

^  _       ^    _   

<r  =  o    ;  r  -  w  u 

+  0,00000  — 

0,00009  - 
0,00122 

-0,00103 

0,00125  - 

-  0.00125 
0.00122  .  - 

-  0.00133 
(»,00127  - 


0.00122 


0.00140 


2.41 

2.65 
2.63 
x.30 
3,31 
3,47 
3.4S 
3.4« 


DigitizedjD^flßglg 


Magnelisirung  und  eltctrische  ] .eilung.  81V 

§  11.  Aus  den  Tabellen  ersehen  wir,  dass  der  Wider- 
stand bei  Nickelplatten  in  der  Richtung  der  Kraftlinien  zu-, 
in  der  dazu  senkrechten  Bichtung  abnimmt,  wobei  immer 
u  >  1  ist.  Da  ferner  überhaupt  die  Widerstandsänderung 
der  Metalle  von  der  Richtung  von  §  unabhängig  ist,  so  ist 
im  allgemeinen  Jr/r  eine  gerade  Function  von  §  oder  eine 
Function  von  §*: 

und  das  ist  die  Gleichung  der  Curven  in  Fig.  10  und  11. 
Nun  zeigen  diese  Curven  einen  merkwürdigen  Lauf:  sie 
sind  nämlich  alle  asymptotisch,  d.  h.  es  nähert  sich  Jr/r 
bei  grossen  £  an  ein  Maximum. 

Berücksichtigen  wir  nun  zwei  Umstände:  erstens,  dass 
der  Curvengang  in  Fig.  10  und  11  im  grossen  und  ganzen 
demjenigen  der  sogenannten  Magnetisirungscurven  (der  Cur- 
von  mit  der  Gleichung  J  =  F{$) ,  worin  J  das  magnetische 
Moment  pro  Voluraeneinheit  bedeutet)  sehr  ähnlich  ist; 
zweitens,  dass  drjr  bei  Wismuth  dem  Quadrate  der  Magne- 
tisirung  proportional  war,  so  liegt  die  Vermuthung  nahe, 
dass  diese  Proportionalität  auch  bei  Nickel  stattfindet.  In 
der  That,  wäre  das  wirklich  der  Fall,  so  muss  die  Gleichung 
unserer  Curven  lauten: 

r 

oder  da  J  «  k§}  worin  k  die  Magnetisirungsfunction  bedeutet, 
so  folgt: 

und  es  wird  sich  Arjr  beim  Wachsen  von  $>  schnell  an  ein 
Maximum  nähern,  was  eben  unsere  Curven  zeigen.  Eine 
solche  Proportionalität  wäre  auch  a  priori  nicht  unwahr- 
scheinlich. Leider  kennen  wir  gar  nichts  über  die  Grösse 
von  k  bei  den  zur  Untersuchung  benutzten  Nickelsorten. 

§  12.  Cobalt  (Co).  Es  wurden  zuerst  drei  Platten 
untersucht,  Co  5,  Co  4,  Co  2,  die  schon  früher  mehrmals  in 
verschiedenen  Richtungen  magnetisirt  wurden.  Dann  habe 
ich  die  Beobachtungen  über  Has  Verhalten  einer  ganz  frisch 
ausgefertigten  Platte  (Co  6)  angestellt.   Alle  Platten,  ebenso 

Ann.  d.  l'hyi.  ii.  Chem.  N.  F.   XXXVI.  y> 


Digitized  by  Google 


818 


D.  Goldhammer. 


wie  Ni- Platten,  waren  den  Kraftlinien  des  Magnetfeldes 
parallel.  Die  Resultate  finden  sich  wieder  in  den  Tabellen 
und  durch  die  Curven  12  und  18  dargestellt  Alle  Bezeich- 
nungen sind  wie  früher. 


Co  6. 

r  =  1,349  S.-E.;     Ä  =  1,107; 


A     0,3376. 10-*. 


24,4 

26,7 
45,8 
48,1 
125,4 
128,9 
207,3 
208,5 
394,0 
407,0 
1202 
1304 
1806 


+  0,00098 
0,00130* 
0,0039« 
0,00400* 
0,00470 
0,00471* 
0,00492* 
0,00492 
0.00504* 
0,00513 
0,00529 
0.00529 
0.00529* 


I 


-0,00388 
0,00685* 
0,00721 
0,00799* 
0,00799 
0,00813 
0,00822* 
0,00822 
0,00823* 
0,00850* 
0,00853* 
0,00853 


Jr/r  remanent 


*-0 

<f      90  II  j 

+0,00061 

—0,00236 

-0,33 

0,00330  ; 

0,58 

0,00550 

0,56 

0,00875 

0,60 

0,00698 

0,5« 

0.00712 

0,61 

0,00382 

0,60 
0,62 

0,00714 

0,00394  , 
0,00408 

0,62 

0,62 

0,00408 

0,62 

0.00721 

0.62 

Es  wurde  von  7=0  angefangen. 


Co  5. 


r  »  0,553  S.  E.:     /.  -  1,262;     A  =  0,3685  . 10-*. 


20,0 
25,4 
57,0 
70,0 

182,0 

212 

368 

413 

713 

956 

985 
1483 
1504 


Jr/r  total 
(j  ^  0  q      90  II 


+  0,00239 
0,00506* 
0,00715 
0,00739* 
0,00823 
0,00835* 
0,00875 
0,00876* 
0,00879* 
0,00910 
0,00910* 
0.00927 

E>  w 


Ar  r  remanent 


-0,00593 
0,00820^ 
0.00855 
(»,00932* 
0,00942 
0,00978* 
0,00979 
0,00991 
0,00994* 
0,00995 
;  0,01000* 
0,01000 

tirde  von  ff 


<P  -  0 

'  +0.00071 
0,00444 
0,00619 
0,00639 


90  i| 


r  _ 


-  0,00306 
0,00623 
0,0078« 


0,00639  i 
0.00650 


0,00719 
0,00790 


0,00754 

0,00786 
0  angefangen. 


0,86 
0,87 
0,86 
0.88 
0,89 
0  89 
0.89 
0,90 
0,92 
0,92 
0.93 


Digitized  by  Google 


Maynetisirnng  wul  electrische  Leitung. 


H19 


Co  4. 

r  «  0,781  S.-E.;     X  -  1,186; 


A  »  0,3534 . 10-4. 


21,0 
64,5 

199 

884 

6ti9 

678 

89S  . 

908 
1285 
126« 


Arjr  total 


<T  =  0 


+  0,00301 
0,00429 
0,00522 
0,00515* 
0,00513 
0,00526» 
0,00541 


<f,  =  90  || 

—0,00017 
0,00188 
0,00385 
0,00441 
0,00480* 
0,00481 
0,00502* 
0,00508 
0,00512* 
0,00513 


Ar\r  remanent 

5        ip  =  90  ll 


+  0,00198 
0,00198 


•0,00237 
0,00808 

0,00336 

0.00361 


0,78 
0,97 
1,09 
1,08 
U,98 
1,05 
1,07 


—  0,0039M 

Es  wurde  von  rp  =  90  angefangen. 


Co  2. 

#•- 0.013  S.-E.:      /.=  U59; 


J  =  0.3507. 10-*. 


Ai  jr  total 


17,5 
22,1 
54,7 
62,1 

187,0 

197 

367 

38a 

666 

919 

930 
1279 
1493 


if  —  0 

+  0,00228 
0,00269* 
0,00614 
0,00618* 
0,0070»* 
0,00694 
0,00729 
0,00732 
0,00735»* 
0,00750 
0,00750 
0,00761 


90 


drjr  remanent 
<l  =  0         (/  =  90  i| 


-0,00188 
0,00648* 
0,00666 
0,00732 
0,00733* 
0,00760 
0,(X)763* 
0,007*9 
0,00802 
0,00802* 
0.00805* 
0,00805 


I 

+  0,00542 


0,00542 
0,00545 


0,00549 

0.00553 


-0,00486 
0,00596 

0,00«  16 

1 

0,00596 
0,00616 


0,00584 

Es  wurde  von  tf  =  0  angefangen. 


-0,95 
0,93 
0,96 
o,95 
0,96 
0,96 
0,94 
o,93 
0.93 
0,94 


Aus  diesen  Daten  geht  zunächst  hervor,  was  ja  auch 
zu  erwarten  war,  dass  die  Cobaltplatten  sich  in  ähnlicher 
Weise  wie  Nickelplatten  verhalten.  Für  beide  Metalle 
nimmt  der  Widerstand  in  der  Richtung  der  Kraftlinien  zu, 
in  der  dazu  normalen  Richtung  ab.  Es  war  aber  bei  Ni 
immer  /i  >  1;  bei  Cobalt  ist  oft  das  Umgekehrte  der  Fall, 
und  fi  <  1.  Die  maximale  Widerstandsänderung  tritt  bei 
Cobalt  viel  früher,  also  bei  viel  kleineren  Werthen  von 
$  auf. 

52* 


Digitized  by  Google 


820 


D.  Goklliammer, 


Der  Werth  von  pi  ist.  wie  aus  den  Tabellen  für  Ni  und 
Co  hervorgeht,  bei  kleinen  §  keine  Constante.  Anderer- 
seits, wäre  unsere  Vermuthung  richtig,  dass,  sowohl  bei  y ;  ■=  0: 

als  auch  bei  y  =  90: 

=  BJ* ,       so  mtisste       u  constant 

sein.  Die  Veränderlichkeit  von  ju  zeigt  nun,  dass  entweder 
Jrjr  dem  Quadrate  von  J  nicht  proportional  ist.  oder  es 
fällt  J  überhaupt  verschieden  aus.  je  nachdem  <p  ~  0,  oder 
<f  ss  90  ist.  Specielle  Versuche  ergaben,  dass  die  letzte  Be- 
hauptung die  richtigere  ist. 

§  13.  Es  wurden  zwei  Cobalt-  und  eine  Nickelplatte 
ganz  frisch  angefertigt,  alle  drei  bei  qp  =  90  zum  ersten  Mal 
niagneti8irt  und  die  entsprechenden  Widerstandsanderungen 
gemessen;  dann  wurden  die  Platten  in  der  Lage  qp  0 
untersucht,  wieder  bei  qp  =  90,  nochmals  bei  <jp  =*  0  etc. 

Es  ergab  sich  das  Folgende:  die  Widorstandsänderung 
fallt  überhaupt  viel  grösser  aus  in  einer  Richtung  (y  —  0 
oder  ff  »  90),  wenn  die  Platte  schon  früher  in  einer  dazu 
senkrechten  Richtung  magnetisirt  wurde.  Beginnen  wir  z.  B. 
mit  dem  Falle  7  =«0  (1),  so  folgt: 

indem  {J r/r)vr-9(>(2)  sich  von  (Jr/r)?=w(4)  schon  nicht 
merklich  unterscheidet.    Dasselbe  gilt  für  ( Ar ,  r)VT  (>  (3)  und 

{dnr)*  .o  (5). 

Beginnen  wir  aber  von  rp  =  90,  so  rinden  wir  ganz 
nnalog: 

indem  (J/  /r)v=0(2)  nahezu  (Jr/>)f,0  (4;  gleich  wird  etc. 

In  den  Tabellen  sind  alle  solche  Resultate  für  Ni  12, 
Co  7  und  Co  8  (p.  ö21  und  822)  angegeben.  Die  dazu  be- 
züglichen Curven  suche  man  in  der  Fig.  14. 


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Mapnetisiruny  und  clectrütche  Leitung. 


821 


Ni  12. 

r  =  0,891  S.-E.;       A  -  1,162;     A  =  0,3496  . 10-*. 


19,8 
22,1 
26.8 
38,6 
«4 
48,0 
57,4 
68,0 
107,o 
122,1 
178,8 
191,0 
193,7 
198,2 
328,6 
352.4 
865,0 
367,4 
551 
588 
634 
770 
792 
86» 
983 


q  =90(1) 


Jr  r  total 

tf.  m  90  (3)        <p  =  0  (2)         «,  *=  0  (41 


19,8 

— 

—0,00087 

— 

— 

22,1 

-0,00022 

— 

+0,00159 

- 

26,8 

— 

— 

+  0.00171 

38,6 

0,00458 

— 

— 

42,1 
48,0 

0,00054 

— 

0.00472 

— 

— 

- 

.  - 

(1,00489 

57,4 

- 

0.00563 

— 

— 

68,0 

- 

— 

0,00788 

107,0 

i 

o.ootise 

— 

— 

122,1 
178,3 

— 

— 

0,01832 

0.0067 1 

191,0 

0,00185 

193,7 

0,01660 

198,2 

0,01692 

328,6 

1 

* 

0,00706 

• 

352,4 

>   

0.01940 

365,0 
367,4 

0,00245 

0,01958 

551 

0,00727 

588 

• 

0.02081 

634 

0,00262 

1 

770 

i  _ 

0,02038 

792 

0,00269 

•  0,02063 

800 

0,00788 

* 

983 

\  0,00294 

J r-r  remanent 

0,00084 


»oiixiii 


0,00000 


0,00042 


0,00042 

0,00042 

? 

y 


0,00881 

0,00420 
0,00498 
0,00507 

0,00610 

0,00510 


+0,00049 
0,00084 


0,0060S 


0,00563 


0,00510 


0.00619 


+  0,00025 

0,00101 
(»,00101 
0,00339 

0.00594 

0.00594 

0,00423? 
0,00496? 


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822 


D.  Gobi  hammer. 


Co  7. 

r  =  0,284  S.  E.     A  *  1,512;     A  =  0,4577  .  10-*. 


19,0 
22,1 
24,4 
40,2 
45.2 
141,0 
195,0 
196,0 
200,0 
342,3 
363,7 
367,4 
371,» 
380.4 
760 

82«; 

844 

S63 
1002 
1101 
1117 


Jr  r  total 

7^  =  90(1)  9  =-90  13)  tf  =  90(5)  <j>  =  0(2)     <p  ^  0  (4) 

-0,00045  -  - 

—  —  +0,00041  +0,00036 

0,00020       0,00249  -  —  - 

_              _  -0,00295  0,00276  0,uO267 

0.00333           —  - 


-0.00000 


0,00639 
0,00390  — 

0,00657 


0,00657 


0.00738 


0,00852 


0,00734 


I 


0,0034"  -- 

-  0,00693 
0,00417 

0,00709  0,00689 

Co  7.  (Fortsetzung.) 


0,00838 


0.00931  - 


— 


0,00928 


0,001*28 
0,00942 


19,0 
22.1 
24,4 
40,2 
45,2 
141,0 
195,0 
196,0 
200,0 
342,3 
363,7 
367,4 
371,8 
380,4 
760 
826 
844 
863 
1002 
1101 
1117 


drir  remanent 
<p  ^  90  (l  l       (f  =  90  t3)  =  90  (5)       v  -  0  (2).  (4) 


-0,00014 
0,00216 


_  ; 


0,00198 


0,00018 
0,00072 

0,00508 


-0,00122 
0,00453 


0,( 


0,00512 


0,0020fr 


0,00216 


0,00512 


0,00543 


0.00539 


.  +0,00084 
0,001 31 
0,00535 
0,00535 
0,00548 

0,00503 
0,00535 

0,00548 

— 

0,00525 
0,00521 


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Magiietitirung  und  electrüche  Jaibing.  823 

Co  8.  . 

0,998  S.-E.;     *  -  1,145;     A  =  0,3437  . 10"*. 


13,9 

20,5 

23,3  _ 

31,4 

40,2 

45,5 
198,0 
202,0  i 
208,5 
401,0 
413,01 
969 
1346 
1365 


Ar  r  total  Jr/r  remanent 

7  =  90(1)    7=90(3)    7=0(2)    7  =  90(1)  1  7  =  90(3)  7-=0(2) 
-  -0,00022 


0,00008 

0,00  166 

0,00316 

0,00329 

0,00336 
0,00339 
0,00339 


+  0,00203  — 


t 

0,00312  — 

-  0,00447 

0,00571 

—  0,(>0637 
0.00673 
0,00702 

0,00571 


micu 


I 


3 

0,00129 

0,00237 

0,00214 

0,00217 
0,00214 
0,00214 


-0,00007  .  - 
—         +  0.00058 

? 
? 

0,00492 


0,00264 

0,00568 
0,00580 

0.00597 


Dieselbe  Erscheinung  lässt  sich  auch  leicht  in  dem  Ver- 
halten anderer  Platten  erkennen:  man  vergleiche  die  Tabellen 
für  Co  2,  Co  5,  Co  6  u,  a.  Es  ist  ja  auch  wohl  möglich, 
dass  die  oben  erwähnte  Verschiedenheit  des  Verhaltens  von 
verschiedenen  Platten  eben  theils  durch  jene  Thatsache 
hervorgerufen  wurde.  Leider  war  es  mir  unmöglich,  weitere 
Untersuchungen  hierüber  anzustellen. 

§  14.  Es  ist  bekannt,  dass  das  magnetische  Moment 
von  Fe,  Ni  und  Co  sehr  stark  beeinflusst  wird  dadurch,  ob 
die  Metallplatte  zum  ersten  oder  zum  zweiten  mal  raagne- 
tisirt  wird.  Da  nun  derselbe  Einfluss  auch  bei  der  Wider- 
standsänderung von  Ni  und  Co  sich  ergab,  so  ist  natürlich 
darin  eine  Bestätigung  der  von  uns  ausgesprochenen  Meinung 
anzusehen,  dass: 

oder  vielleicht  einfach  Ar\r*=  AJ*  ist. 

Würde  diese  letztere  Vermuthung  durch  spätere  Beob- 
achtungen bestätigt,  so  würde  im  Zusammenhang  mit  den 
früheren  Untersuchungen  von  Du-Bois1)  folgender  Satz  be- 
wiesen sein:  „In  einem  magnetischen  Felde  erleiden  die  Me- 
talle Aenderungen  ihrer  physikalischen  Eigenschaften,  die  in 


lt  Du-Bois.  Wied.  Arm.  31.  p.  941.  13*7. 


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824 


M.  Kundt. 


verschiedenen  Richtungen  verschieden  ausfallen.  Sind  diese 
Aenderungen  von  dem  Sinne  der  Magnetisirung  abhängig 
(wie  z.  B.  die  electromagnetische  Drehung  der  Polarisations- 
ebene des  Lichtes),  so  wird  die  Aenderung  einfach  der  Mag* 
netisiruny  proportional  sein\  hängen  aber  diese  Aenderungen 
(wie  z.  B.  die  Widerstandsänderung)  von  dem  Sinne  der 
Magnetisirung  gar  nicht  ab,  so  wird  die  Aenderung  dem 
Quadrate  der  Magnetisirung  proportional  sein." 

Ich  hoffe,  bald  an  einer  anderen  Stelle  auf  diesen  Satz 
zurückzukommen. 

Kasan,  Anfang  October  1888. 


V.  lieber  die  Aenderung  der  Lichtgeschwindigkeit 

in  den  Metallen  mit  der  Temperatur; 

ron  A.  Kundt. 

(Aus  den  Siteungaber.  der  konigl.  preus».  Acad.  der  Wise,  zn  Berlin  vom 
20.  Dec.  1888;  mitgetheilt  vom  Hrn.  Verf.  I 

In  meiner  Mittheilung  über  die  Brechungsexponenten 
der  Metalle1)  habe  ich  darauf  hingewiesen,  dass  eine  Be* 
ziehung  zu  bestehen  scheint  zwischen  der  Geschwindigkeit 
des  Lichtes  in  den  Metallen  und  dem  Leitungsvermögen  der- 
selben für  Eiectricität  und  Wärme. 

Bei  den  sechs  Metallen  Ag,  Au,  Ou,  Pt,  Fe,  Ni  ergab 
sich  die  Geschwindigkeit  des  rothen  Lichtes  annähernd  pro- 
portional dem  galvanischen  Leitungsvermögen.  Für  Wismut h 
ist  das  Verhältniss  erheblich  andere,  als  bei  den  obigen  Me- 
tallen; doch  bemerkte  ich,  dass  möglicher  Weise  das  galva- 
nische Leitungsvermögen  des  Wismuths  der  von  mir  benutz- 
ten Prismen,  welches  electroly tisch  niedergeschlagen  wurde, 
ein  anderes  sein  könne,  als  dasjenige  von  gegossenen  Wis- 
muthstangen,  an  denen  man  bisher  das  Leitungsvermögen  ge- 
messen hat.  Auch  mit  Einschluss  des  Wismuths  ist  wenig- 
stens die  Reihe  der  genannten  Metalle,  geordnet  nach  ihnr 

1)  A.  Kundt,  Sirztingsber.  d.  Berl.  Acad.  1888.  p.  255. 


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Licht  gm hwinriigkeit  in  tUn  Metallen.  S25 

Lichtgeschwindigkeit,  die  gleiche,  wie  wenn  die  Metalle  nach 
ihrem  galvanischen  Leitungsvermögen  angeordnet  werden. 

Am  Schlüsse  meiner  Mittheilung  habe  ich  dann  hervor- 
gehoben, dass,  wenn  wirklich  ein  verhältnissmässig  einfacher 
Zusammenhang  zwischen  Lichtgeschwindigkeit  im  Metall 
und  Leitungsvermögen  für  Elect  ricit&t  und  Wärme  vorhan- 
den ist,  derselbe  auch  wohl  in  der  Aenderung  der  betreffen- 
den Grössen  mit  der  Temperatur  hervortreten  müsse. 

Die  Aenderung,  welche  das  Wärmeleitungsvermögen  mit 
der  Temperatur  in  den  verschiedenen  Metallen  erfahrt,  ist 
ziemlich  verschieden.1)  Die  galvanische  Leitungsfähigkeit 
der  reinen  festen  Metalle  nimmt,  wie  Arn  dt  sen  zeigte,  für 
1°C.  im  Mittel  um  0,0037  ab.  Clausius  hat  zuerst  da- 
rauf aufmerksam  gemacht,  dass  dieser  Werth  nahezu  mit 
dem  Ausdehnungscoöfficienten  der  Gase,  welche  dem  Ma- 
riotte-Gay-Lussac'schen  Gesetze  folgen,  Obereinstimmt, 
und  mithin  das  Leitungsvermögen  der  Metalle  der  absoluten 
Temperatur  umgekehrt  proportional  sei.  Hr.  Siemens2) 
vermuthet.  dass  die  kleinen  Abweichungen  von  dieser  Regel 
durch  geringe  chemische  Verunreinigungen  der  Metalle  und 
dadurch,  dass  die  Metalle  nicht  alle  im  Zustand  völliger 
Weichheit  untersucht  wurden,  bedingt  seien.  Die  Bestim- 
mungen von  Arndt8en  an  fünf  Metallen  geben  mit  Aus- 
schluss des  Eisens  für  den  Temperaturcoefticienten  0,003678. 
Matthicssen,  der  die  Aenderung  mit  der  Temperatur  durch 
ein  der  Temperatur  proportionales  Glied  und  ein  zweites, 
welches  das  Quadrat  der  Temperatur  enthält,  darstellt,  gibt 
für  den  Coefficienten  des  ersten  Gliedes  als  Mittel  der  Unter- 
suchung von  zehn  Metallen  0,003  764.  Benoit  findet  bei 
seinen  Versuchen  ungefähr  die  gleiche  Aenderung. 

Endlich  findet  Hr.  Lorenz  in  seiner  umfangreichen, 
sorgfaltigen  Untersuchung  der  Elect ricitäts-  und  Wärme- 
leitung der  Metalle  den  Teraperaturcoi'fficienten  des  galva- 
nischen Leitungsvermögens  der  gut  leitenden  Metalle  nicht 
sehr  verschieden  von  0,0037.  Zugleich  zeigt  er,  dass  auch 
für  die  schlecht  leitenden  Metalle  und  Legirungen,  bei  denen 

1)  Vgl.  Lorenz,  Wied.  Ann.  13.  p.  598.  1*81. 
•2  Si. -Mien*.  fle»:iiuineln'  Al.hamllg.  p.  259. 


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/ 

826  A.  Kundl. 

eine  Proportionalität  zwischen  Leitungsvermögen  für  Eiec- 
tricität  und  Wärme  nicht  mehr  vorhanden  ist,  doch  das  Ver- 
häitniss: 

h  100  ho 
/mö  :  /o' 

wo  hO  und  10  die  Leitungsvermögen  fur  Wärme  und  Elec- 
tricität  bei  0°  C.  und  h  100  und  /100  dieselben  Grössen  bei 
100°  C  bezeichnen,  das  gleiche,  nämlich  1,367  ist.  Eisen  ist 
hierbei  stets  ausgeschlossen;  es  zeigt  einen  ziemlich  abwei- 
chenden Coefficienten ,  sei  es,  weil  die  benutzten  Sorten  nie 
gauz  rein  waren,  sei  es  wegen  des  magnetischen  Verhaltens 
des  Eisens. 

Es  entsteht  nun  die  Frage,  wie  ändert  sich  die  Licht- 
geschwindigkeit in  den  Metallen  mit  der  Temperatur? 
Aeussert  sich  der  Einfluss  der  Temperatur  in  der  Weise 
wie  bei  der  Wärmeleitung  oder  wie  bei  der  Leitung  für  Elec- 
tricität,  oder  besteht  überhaupt  keine  einfache  Relation  zwi- 
schen diesen  Aenderungen? 

Nehmen  wir  als  Mittel  des  Temperaturcoefncienten  für 
die  gut  leitenden  Metalle  den  Werth  0,0037,  so  würde,  falls 
die  Lichtgeschwindigkeit  in  einem  und  demselben  Metall 
4jrirklich  dem  Leitungsvermögen  für  Electricität  proportional 
ist,  der  Brechungsexponent  bei  Erwärmung  von  0°  C.  bis 
100°  C.  im  Verhältniss  von  1  zu  1,37  zunehmen,  eine  Zu- 
nahme, die  selbst  bei  den  von  mir  benutzten  Prismen  mit 
einem  sehr  kleinen  brechenden  Winkel  sehr  wohl  messbar 
sein  muss. 

Ich  habe,  um  wenigstens  den  ersten  Schritt  zur  Beant- 
wortung der  oben  gestellten  Frage  zu  thun,  versucht,  von 
einigen  Metallen  die  Aenderung  des  Brechungsexponenten 
mit  der  Temperatur  zu  bestimmen,  und  gebe  im  Nachstehen- 
den die  Resultate. 

Apparate  und  Biobachtungsmothode. 

Die  Messungen  sind  im  allgemeinen  in  derselben  Weise 
ausgeführt  wie  früher,  doch  wurden  einige  Aenderungen  vor- 
genommen, die  erwähnt  werden  mögen.  Statt  des  in  Strass- 
barg  benutzten  Spectrometers  von  Meyerstein  stand  mir 
hier  in  Berlin  ein  vorzügliches  Instrument  von  P  ist  or  und 


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Lichtgeschwindigkeit  in  den  Metallen. 


827 


Martins  zur  Verfügung.  Das  Instrument  hat  ein  Fernrohr 
von  42  mm  Oetfnung;  ebenso  gross  ist  die  Oeffnung  des  Colli- 
mator o  b j ective8.  Der  Kreis  ist  in  5  Minuten  getheilt,  und 
die  an  demselben  befindlichen  Mikroskope  gehen  mit  Trom- 
melablesung noch  2".  Für  die  Messung  der  Ablenkung  der 
Strahlen  durch  die  Prismen  wurden  indess  die  Mikroskope 
nicht  benutzt,  sondern  das  gewöhnliche  Ocular  des  Fernrohrs 
war  durch  ein  Ocular  mit  Fadenmikrometer  ersetzt.  Ein 
Scalen werth  der  Trommel  des  Mikrometers  ergab  sich  zu 
0,88 ",  während  bei  dem  Strassburger  Instrument,  bei  wel- 
chem die  Messung  der  Ablenkungen  der  Strahlen  durch  die 
Mikroskope  am  Kreise  erfolgte,  ein  Trommeltheil  1,945"  be- 
trug. Die  Ablesung  war  also  etwa  auf  das  Doppelte  ver- 
feinert. Die  Winkel  der  Prismen  mussten  in  der  früheren 
Weise  mit  Hülfe  eines  Gauss' sehen  Oculars  und  Ablesung 
der  Mikroskope  am  Kreise  gemessen  werden.  Um  die  Ab- 
lenkungen bei  verschiedener  Temperatur  beobachten  zu  können, 
war  auf  den  Tisch  des  Spectrometers  ein  länglicher  Kasten 
aus  5  iura  dickem  Kupfer  befestigt.  Die  Länge  des  Kastens, 
d.  h.  die  Richtung  desselben  senkrecht  zu  den  Lichtstrahlen, 
betrug  260  mm,  die  Höhe  ">0mm,  die  Tiefe  im  Lichten  13  mm. 
Deckelplatte  und  Vorderwand  konnten,  um  das  Prisma  be- 
quem in  dem  Kasten  befestigen  und  justiren  zu  können, 
weggenommen  werden.  Die  Glasplatte  mit  den  Doppelprismen 
wurde  an  der  Hinterwand  des  Kastens  durch  Federn  fest- 
gehalten. Die  Vorder-  und  Rückwand  enthielten  oblonge 
Oeffnungen  zum  Durchgang  des  Lichtes,  die,  um  Luftzug  zu 
vermeiden,  mit  völlig  planparallelen  Glasplatten  geschlossen 
waren.  Im  Deckel  waren  zwei  Hülsen  angebracht,  durch 
welche  luftdicht  zwei  Thermometer  mit  ihren  Gefässen  in  das 
Innere  des  Kastens  hineinragten.  Geheizt  wurde  der  Kupfer- 
kasten durch  zwei  kleine,  unter  den  Enden  desselben  ange- 
brachte GasHammen.  Die  grosse  Kupfermasse  ermöglichte, 
die  Temperatur  im  Inneren  des  Kastens  überall  ziemlich 
gleich  zu  machen,  wenn  die  Heizung  auch  nur  an  zwei  Stellen 
erfolgte.  Die  GasHammen  wurden  immer  so  lange  regulirt,  bis 
die  Thermometer  während  20 — 30  Minuten  nur  kleine  Schwan- 
kungen zeigten,  und  erst  dann  wurde  beobachtet.  Um  Tem- 
peraturänderungen durch  äussere  Luftbewegungen  nach  Mög- 


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828 


A.  Kumlf. 


lichkeit  auszuschliessen,  war  der  Kupferkasten  noch  mit  einem 
Mantel  aus  dünnem  Eisenblech  umgeben. 

Ich  habe  bereits  in  meiner  ersten  Mittheilung  angegeben, 
dass  man  besondere  Sorgfalt  darauf  verwenden  muss,  das 
beobachtende  Fernrohr  bei  Messung  der  Ablenkungen  genau 
auf  das  Bild  des  Spaltes  einzustellen.  Dies  hat  deshalb  seine 
Schwierigkeit,  weil  das  Bild  des  Spaltes,  wenn  das  Licht 
durch  die  schmalen  Prismen  hindurch  geht,  durch  Beugung 
verbreitert  wird.  Ich  habe  daher  schon  bei  meinen  früheren 
Versuchen  und  ebenso  bei  den  jetzigen  ein  besonderes  „Colli- 
mations  verfahren"  angewandt,  welches  hier  kurz  erläutert 
werden  mag. 

Auf  der  Glasplatte,  welche  das  zur  Beobachtung  die- 
nende Metalldoppelprisma  enthält,  wird  zunächst  der  von 
diesem  Prisma  brauchbare  Theil  durch  einen  2  bis  3  mm 
breiten  Hand  von  schwarzem  Lack  mit  einem  feinen  Pinsel 
umgrenzt,  dann  umgrenzt  man  mit  dem  Lack  rechts  und 
links  von  dem  Prisma  je  einen  5  —  8  mm  breiten  Raum, 
dessen  Höhe  dem  der  Prismen  gleich  ist,  endlich  schwärzt 
man  die  ganze  Glasplatte  mit  dem  Lack,  sodass  nur  das 
Doppelprisma  und  die  beiden  seitlichen  Fenster  frei  bleiben. 
Sollte  sich  auf  letzteren  noch  etwas  von  dem  electrolytisch 
niedergeschlagenen  Metall  befinden,  so  wird  dies  leicht  mit 
Hülfe  einer  Cyankaliumlösung  oder  einer  anderen  geeigneten 
Flüssigkeit  weggewischt.  Diese  seitlichen  Fenster  dienen 
zum  ..Colli miren"  des  Beobachtungsfernrohres.  Man  lässt 
das  Licht,  indem  man  die  Fenster  abwechselnd  abblendet, 
entweder  nur  durch  das  eine  oder  das  andere  Fenster  gehen, 
und  verstellt  das  Ocular  des  Fernrohrs  durch  seinen  Trieb 
so  lange,  bis  das  Spaltbild  genau  an  derselben  Stelle  des  Ge- 
sichtsfeldes, d.  h.  zwischen  zwei  Parallelfaden  im  Ocular  bleibt, 
mag  das  Licht  durch  das  eine  oder  das  andere  Fenster 
gehen.  Wenn  das  Objectiv  wirklich  aplanatisch  ist,  so  liegt 
nach  dieser  Justirung  das  Fadensystem  auch  genau  in  der 
Brennebene.  Bs  ist  unerlässlich,  diese  Collimirung  mit  der 
grössten  Sorgfalt  vor  jeder  Messungsreihe  vorzunehmen.  Dass 
ausserdem  dafür  gesorgt  wurde,  dass  der  Spalt  möglichst 
genau  in  der  Brennebene  der  Objectivlinse  des  Spaltrohres 
stehe,  ist  wohl  selbstverständlich.  Die  angegebene  Justirung 


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Lichtgeschwindigkeit  in  den  Metallen.  829 

• 

<les  Beobachtungsfern rohres  wurde  nicht  blos  dann  ange- 
wandt, wenn  die  Ablenkung  der  Strahlen  gemessen  wurde, 
sordern  auch  dann,  wenn  der  Winkel  des  Doppelprismas  be- 
stimmt  werden  sollte.  Auch  hierbei  erhält  man  bei  Benutzung 
eines  Gauss' sehen  Oculars  noch  deutliche  Spiegelbilder  eines 
Fadenkreuzes,  wenn  auch  das  Fernrohr  merklich  falsch  ein- 
gestellt ist,  und  ist  die  angegebene  Oollimirung,  bei  welcher 
nunmehr  die  Spiegelbilder  von  den  beiden  seitlichen  Fenstern 
zur  Deckung  gebracht  werden,  daher  unerlässlich. 

Ich  will  bemerken,  dass  die  Objective  des  benutzten 
Spectrometers  bezüglich  Aplanasie  nicht  von  der  Vollkom- 
menheit sind,  wie  sie  erreicht  werden  kann,  und  wenn  die 
Genauigkeit  der  Messung  weiter  getrieben  werden  soll,  ah 
ich  sie  bisher  anstrebte  und  erreichte,  so  würden  die  Ob- 
jective des  Apparates  durch  vollkommenere  ersetzt  werden 
müssen. 

Zur  Oollimirung  des  Fernrohres  und  dann  zur  Messung 
der  Ablenkung  durch  die  Prismen  war  es  nöthig,  während 
die  Glasplatte  mit  den  Prismen  in  dem  Kupferkasten  'sich 
befand,  entweder  je  eins  der  Fenster  oder  eins  der  Prisnien 
für  den  Durchgang  oder  die  Reflexion  des  Lichtes  frei  zu 
haben,  während  die  anderen  Theile  verdeckt  waren.  Zwei 
Schieber,  welche  mittelst  Stangen,  die  durch  die  kleinen 
Seitenwände  hindurchgingen,  von  aussen  verschoben  werden 
konnten,  ermöglichten  in  jedem  Falle  die  gewünschte  Ab- 
biendung. An  jeder  der  Stangen  war  durch  Hrn.  Dr.  Rap*, 
der  mir  bei  diesen  Versuchen  behülflich  war,  eine  einfache 
sinnreiche,  ohne  Figur  nicht  wohl  zu  erläuternde  Arretirungs- 
vorrichtung  angebracht,  welche,  wenn  sie  vorher  für  das  be- 
treffende Prismenpaar  richtig  eingestellt  war,  erlaubte,  ohne 
die  Prismen  zu  sehen,  die  gewünschte  Abbiendung  mit  Sicher- 
heit vorzunehmen.  Es  erwies  sich  als  nöthig,  wenigstens 
geschah  es  der  Vorsicht  halber  stets,  die  Oollimirung  bei 
jeder  Temperatur,  bei  der  die  Ablenkung  beobachtet  werden 
sollte,  besonders  vorzunehmen.  Die  Prismenwinkel  sind  nur 
bei  Zimmertemperatur,  wenn  die  Vorderttäche  des  Kupfer- 
kastens entfernt  war,  bestimmt.  Die  Messung  bei  höherer 
Temperatur  bot  wegen  der  mehrfachen  Reflexionen  an  dem 
Ol  as  in  der  Vorderwand  dos  Kastens  und  wegen  Luftschlie- 


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830 


A.  Kumlt, 


ren,  her?orgerufen  durch  kleine,  zuweilen  auftretende  Tem- 
peraturungleichheiten im  Inneren  des  Kastens  bisher  zu  viel 
Schwierigkeit.  Es  wird  daher  angenommen,  dass  sich  die 
Prismenwinkel  mit  der  Temperatur  nicht  merklich  ändern. 
Ich  halte  diese  Annahme  für  ganz  unbedenklich;  die  kleinen 
Winkeländerungen,  die  dadurch  entstehen  könnten,  dass  die 
Prismen  nicht  ganz  frei  sind  und  auf  dem  Glas,  welches 
einen  etwas  anderen  Ausdehnungscoefficienten  als  die  ein- 
zelnen Metalle  hat,  haften,  sind  jedenfalls  völlig  zu  vernach- 
lässigen. 

Ich  werde  übrigens  unten  einen  indirecten  Beweis  geben, 
dass  innerhalb  der  Grenzen  der  Bebbachtungsfehler  die 
Prismenwinkel  als  mit  der  Temperatur  unveränderlich  an- 
zusehen sind. 


Die  nachstehende  Tabelle  enthält  die  Resultate  der  aus- 
geführten Beobachtungen.  Unter  S  ist  die  Summe  der  Winkel 
der  benutzten  Doppelprismen,  unter  /  die  Temperatur  in 
Celsiusgraden,  unter  a  die  Ablenkung  der  Strahlen  durcfi 
die  Prismen  gegeben,  also  ebenso  wie  in  der  früheren  Mit- 
theilung der  Winkel,  welchen  die  durch  die  beiden  Prismen 
gehenden  Strahlenbündel  nach  dem  Hindurchgang  miteinander 
inachen.  Die  Werthe  von  u  und  S  sind  in  dieser  Mittheilung 
stets  in  Bogensecunden  angegeben.  Unter  n  befindet  sich  der 
in  der  früher  angegebenen  Weise  berechnete  Brechungsexpo- 
nent; unter  ß  die  Temperaturcoefficienten  für  w.  Dieselben 
sind  in  der  Weise  berechnet,  dass,  wenn  t  die  niedere  und 
t'  die  höhere  Temperatur  bedeutet,  gesetzt  ist: 


Beobachtungen  und  Kesultate. 


»,—  »,(1  +ß{t'-t)). 


t 


n 


Gold  | 

rothes  Licht  j 


j  ,  16,55 


18°  -  8,00  0,52 
118        -  3,52  0,79 


0,i  »)35 


i 


Gold 
blauen  Licht 


18  +  1,00  |  1,06 

76  +  5,63  1,34 

78  +  6,54  1,39 

118  4-  9,98  1,60 

128  +11.84  1,72 


0,0045 
0.0052 
0,0051 

0,0056 


Mittel 


0,0051 


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Lichtgeschwindigkeit  in  den  Metallen. 


A 

L  _ 

n 

Platin 
weisses  Licht 

1 
1 

28,31 

22° 
109 

.  4-19,90' 
+  31,  t0 

1,70 
2,10 

0,0027 

Nickel 
rothes  Licht 

! 

25,90 

20 
112 

+  31.07 
+  43,64 

2,20 
2,69 

0,0026 

Eisen 
rothes  Licht 

1 
1 

32,60 

20 
102 

29,96 
50,08 

1.92 
2,54 

O.tHMO 

Silber 
weisses  Licht 

1 
\ 

17,92 

22 
92 

-12,19 
—  9,71 

(»,32 
0,46 

0,0064 

Das  benutzte  Golddoppelprisma  ist  das  gleiche,  welches 
in  der  ersten  Mittheilung  als  Nr.  1  bezeichnet  ist.  D  r 
Winkel  wurde  neu  gemessen  und  ergab  sich  zu  10.55".  In 
StrasBburg  hatte  sich  ergeben  9.65  Trommeltheile,  d.i.  18,91". 

Das  Platindoppelprisma  ist  das  Prisma  Nr.  3  der  frühe- 
ren Untersuchung;  der  Winkel  ist  nicht  neu  bestimmt,  sondern 
ist  fur  denselben  der  frühere  Werth  14.52  Trommeltheile, 
gleich  28,11"  genommen. 

Das  Nickel  prisma  wurde  neu  electroly  tisch  angefertigt; 
leider  gab  die  eine  Seite  kein  gutes  Spiegelbild,  sodass  der 
Winkel  nicht  bestimmt  werden  konnte.  Es  blieb  daher  nichts 
übrig,  als  aus  der  Ablenkung  bei  Zimmertemperatur  und 
dem  früher  bestimmten  Breehungsexponenten  für  Ni  den 
Winkel  zu  berechnen  und  diesen  zu  Grunde  zu  legen  für 
die  Berechnung  von  n  bei  höherer  Temperatur. 

Das  Eisendoppelprisma  wurde  neu  electrolytiseh  nieder- 
geschlagen und  der  Winkel  der  Prismen  durch  Spiegelung 
bestimmt.  Das  Prisraa  oxydirt  sich  bald,  sodass  nur  wenige 
Versuche  ausgeführt  werden  konnten. 

Das  Silberprisma  ist  neu  angefertigt;  es  war  schön  blau 
durchsichtig  und  gab  bei  den  Reflexionsbeobachtungen  zur 
Winkelbestimmung  sehr  gute  Spiegelbilder. 

Wie  oben  schon  angegeben,  wurden  die  Winkel  immer 
nur  bei  Zimmertemperatur  bestimmt. 

Sämmtliche  angegebenen  Werthe  von  u  und  8  sind  die 
Mittel  aus  mehreren  Einzelbestimmungen,  meist  3  bis  4. 

Als  Lichtquelle  diente,  wie  früher,  eine  electrische  Lampe, 
das  rothe  Licht  wurde  durch  Einschalten  eines  rothen  Glases, 
das  blaue  durch  Einsehalten  einer  Lösung  von  schwefelsaurem 
Kupferoxydamraoniak  erhalten. 


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83-J 


A.  Kuntit. 


Wie  man  sieht,  sind  die  Beobachtungen  bei  Zimmer- 
temperatur in  hinreichender  und  guter  Uebcreinstimmung  mit 
den  früher  erhaltenen  Werthen.  Für  die  Ermittelung  eines 
Temperaturcoefficienten  ist  Silber  nicht  wohl  brauchbar, 
wenigstens  nicht  bei  den  Fehlergrenzen  der  jetzigen  Beob- 
achtungen. Infolge  des  kleinen  Brechungsexponenten  des 
Silbers  ist  die  Aenderung"  der  Ablenkung  mit  der  Tempe- 
ratur sehr  gering,  sodass  sie  fast  in  die  Beobachtungsfehlei 
fallt.  Dem  Werthe  /?=0;0064  ist  daher  eine  Bedeutung  nicht 
beizulegen.  Eine  kleine  Aenderung  in  u  oder  ö  würde  ß 
schon  beträchtlich  ändern. 

Die  Werthe  von  ß  für  die  anderen  Metalle  sind  mit 
erheblich  grösserer  Sicherheit  bestimmt,  da  die  Aenderungcn 
von  a  mit  der  Temperatur  sehr  viel  grössere  sind  als  bei 
Silber.  Man  sieht  nun,  dass  die  Zahlen  für  ß  nicht  nur  der 
Grössenordnung  nach,  sondern  wirklich  sehr  nahe  mit  den 
Temperaturcoefficienten  zusammen  fallen,  welche  für  die  Aen- 
derung des  galvanischen  Widerstandes  der  Metalle  bestimmt 
sind.  Nimmt  man  für  n  blau  bei  Gold  das  Mittel  der  Beob- 
achtungen, 0,0051,  so  ist  das  Gesammtmittel  aus  den  Werthen 
von  ß  =  0,0036.  Dass  diese  Zahl  fast  genau  mit  dem  Mittel 
der  Temperaturcoefficienten  für  das  galvanische  Leitungs- 
vermögen stimmt,  ist  wohl  nur  Zufall.  Innerhalb  der  Beob- 
achtungsgrenzen schliessen  sich  aber  die  sämmtlichen  ß  diesem 
Mittel  hinreichend  nahe  an.  Man  kann  daher  sagen,  dass, 
soweit  bis  jetzt  die  Beobachtungen  reichen,  die  Brechungs- 
exponenten der  Metalle  nahe  den  gleichen  Temperaturcoefti- 
cienten,  0,0036,  haben,  oder  es  ist  die  Lichtgeschwindigkeit 
in  einem  und  demselben  Metall  der  absoluten  Temperatur 
umgekehrt  proportional.  Die  gleiche  Beziehung  zur  absoluten 
Temperatur  zeigt,  wie  die  oben  citirten  Versuche  ergeben, 
das  galvanische  Leitungsvermögen.  In  ein  und  demselben 
Metall  bleiben  daher  bei  Aenderung  der  Temperatur  Licht- 
geschwindigkeiten und  galvanisches  Leitungsvermögen  ein- 
ander wirklich  proportional. 

Um  die  durch  die  bisherigen  Untersuchungen  für  die 
verschiedenen  Metalle  nur  im  allgemeinen  angedeutete  Be- 
ziehung zwischen  Lichtgeschwindigkeit  und  galvanischem  Lei- 
tungsvermögen wirklich  aufzufinden,  sind  genauere  Versuche 


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Lichtgeschwindigkeit  in  (Zeit  Metallen. 


<S33 


erforderlich,  als  sie  bisher  ausgeführt  werden  konnten.  Solche 
werden  sich  anstellen  lassen,  wenn  es  gelingt,  bessere  Pris- 
men aus  Metall  herzustellen.  Dahin  zielende  Versuche  sind 
in  Vorbereitung.  Es  wird  dann  aber  auch  nöthig  sein,  an 
demselben  Stück  Metall,  für  welches  der  Brechungsexponent 
ermittelt  wurde,  das  galvanische  Leitungsvermögen  zu  be- 
stimmen. 

Der  Umstand,  dass  bei  den  bisherigen  Versuchen  die 
Prismenwinkel  nur  bei  Zimmertemperatur  gemessen  sind  und 
nicht  auch  bei  der  höheren,  bei  welcher  die  Ablenkung  beob- 
achtet wurde,  kann  die  obigen  Resultate  nicht  wohl  fälschen. 
Würden  die  Prismenwinkel  sich  bei  Erhöhung  der  Tempe- 
ratur ändern,  so  würde  doch  wohl  bei  den  meisten  Metallen, 
oder  vielleicht  bei  allen  entweder  eine  Vergrösserung  oder 
eine  Verkleinerung  der  Winkel  eintreten.  Damit  sind  aber 
die  obigen  Resultate  bei  Prismen  mit  Brechungsexponenten 
kleiner  und  grösser  als  Eins  in  Widerspruch. 

Weshalb  Hr.  Sissingh1)  eine  Aenderung  der  Reflexions- 
constanten  am  Eisen  bei  Temperaturänderung  nicht  beob- 
achten konnte,  während  ich  bei  Zunahme  der  Temperatur 
eine  erhebliche  Zunahme  des  Brechungsexponenten  erhielt, 
vermag  ich  nicht  anzugeben.  Schliesslich  möchte  ich  noch 
darauf  hinweisen,  dass  die  Aenderung  der  Brechungsexpo- 
nenten der  Metalle  mit  der  Temperatur  sehr  viel  grösser  ist, 
als  diejenige,  welche  die  Exponenten  anderer  Materialien 
zeigen.  Bei  den  verschiedenen  Glassorten,  die  untersucht 
sind,  ändert  sich  n  für  1°C.  um  ungefähr  +  0,053  bis  0,057, 
bei  Steinsalz  um  —  0,0437  und  bei  einer  Anzahl  von  Flüssig- 
keiten um  0,034  bis  0,036. 

Eine  Aenderung  der  Dispersion  der  Metalle  mit  der 
Temperatur  ist  durch  die  obigen  Versuche  nicht  sicher  con- 
statirt.  Auf  die  Differenz  der  Werthe  von  ß  für  rothes  und 
blaues  Licht  bei  Gold,  nämlich  0,0035  und  0,0051  möchte 
ich  vorläufig  keinen  Werth  legen,  da  diese  Differenz  noch 
durch  Beobachtungsfehler  entstanden  sein  kann. 

1)  Vgl.  meino  erste  Mittheilung  p.  271. 


Ann.  d.  Phyi.  n.  Chtm.  N.  F.  XXXVI.  53 


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8H4 


A/.  Wien 


VI.   Veber  die  Messung  der  Tonstärke; 
von  Max  Wien, 

(Hieras  Taf.  X  Flg.  1—7.) 


Die  bisherigen  Versuche1),  die  Stärke  des  Schalles  zu 
messen,  gingen  darauf  aus,  die  lebendige  Kraft  zu  bestimmen, 
welche  zur  Hervorbringung  eines  Schalles  verwendet  wurde; 
eine  grosse  Schwierigkeit  besteht  dabei  darin,  dass  ein 
grosser,  aber  unbekannter  Theil  der  lebendigen  Kraft  durch 
Reibung,  Depression  u.  s.  w.  verloren  geht  Daher  wohl 
auch  die  sowohl  mit  der  Theorie  wie  untereinander  wenig 
im  Einklang  stehenden  Resultate. 

In  neuerer  Zeit  hat  Oberbeck')  versucht,  die  eigent- 
liche Schallstarke  zu  messen,  d.  h.  zu  bestimmen,  wie  gross 
die  Energie  der  Luftschwingungen  an  irgend  einer  Stelle  des 
Raumes  ist.  Für  Geräusche  erhielt  derselbe  brauchbare,  für 
Töne  sehr  unsichere  und  inconstante  Resultate.  Ein  Ge- 
räusch jedoch  erscheint  von  vornherein  zu  Versuchen  viel 
weniger  geeignet,  weil  es  im  Gegensatz  zu  dem  mathematisch, 
physikalisch  und  physiologisch  scharf  definirten  Ton  eine 
complicirte  und  unklare  Erscheinung  ist.  Die  im  Folgenden 
beschriebenen  Versuche  beziehen  sich  daher  ausschliesslich 
auf  Töne.  Bevor  ich  zu  denselben  übergehe,  will  ich  die 
Intensität  eines  Tones  analytisch  den'niren. 

Nach  Rayleigh3)  ist  die  Intensität  J  fortschreitender 
Wollen  gleich  der  Arbeit,  die  in  der  Einheit  der  Zeit  durch 
die  Einheit  der  Fläche  geht,  also  wie  sich  aus  den  Grund- 
gleichungen der  Wellenbewegung  leicht  ableiten  lässt*); 

1)  Scbafhäutl,  Abhandl.  d.  bayr.  Aead.  d.  Wiss.  7.  p.  501; 
K.  v.  Vierordt,  Zeitschr.  f.  Biol.  14.  p.  300;  17.  p.  3H  u.  387; 
Wied.  Anu.  17.  p.  471.  1882;  IS.  p.  201.  1883;  21.  p.  509.  1884.  u.  a. 
Tischer,  Unterscheidung  vou  Sehallstärkeu.  Inaugurnldiss.  Leipzig  1882; 
Wundt,  Wied.  Ann.  17.  p.  695.  1882;  Kundt,  Pogg.  Ann.  IM. 
p.  563.  1865;   Töpler  u.  Boltzinanu,  Pogg.  Ann.  141.  p.  5H3.  1870. 

2)  Oberbeck,  Wied.  Ann.  IS.  p.  222.  1883.  Vgl.  hierüber  auch 
meine  Inauguraldissertation:  „Ueber  die  Messung  der  Tonstärke"  Berliu, 
1888. 

8)  Kavleigh,  Throry  of  Sound.  2.  §  254. 
4)  Vgl*.  Dissertation.  * 


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■ 


Mesmnt/  der  Tonstärke.  835 

oder,  wenn  d  die  grösste  Drackänderung  bedeutet  und 
d!D0  =  J  Normaldruck): 

Es  wäre  demnach  A  ein  sehr  bequemes  Mass  der  Ton- 
intensität, da  man  dabei  von  der  Tonhöhe  unabhängig  ist. 

Es  ist  die  hier  definirte  Intensität  diejenige  von  fort- 
schreitenden Wellen.  Ist  das  Medium,  in  welchem  dieselben 
auftreten,  irgendwie  begrenzt,  so  entstehen  durch  Reflexion 
Störungen.  Dieselben  sind  jedoch  unter  der  Bedingung  zu 
vernachlässigen,  dass  die  Dimensionen  der  störenden  Gegen- 
stände klein  gegen  die  Wellenlänge  des  Tones  sind.1)  Diese 
Bedingung  ist  überall,  wo  wir  im  folgenden  die  Tonintensität 
in  absolutem  Maasse  berechnen,  erfüllt. 

Im  freien  Raum  sind  die  Luftverdickungen  und  Ver- 
dünnungen eines  Tones  ausserordentlich  klein.  In  einem 
Helmholt z'schen  Resonator,  dessen  Eigenton  mit  dem  Ton 
aussen  übereinstimmt,  erfahren  sie  jedoch  eine  bedeutende 
Verstärkung,  deren  Grösse,  wie  wir  unten  sehen  werden, 
sich  theoretisch  und  experimentell  bestimmen  lässt.  Auch 
diese  Druckdifferenzen  beabsichtige  ich  vorläufig  noch  nicht 
selbst  zu  messen,  sondern  eine  ihnen  proportionale  Grösse 
dem  Auge  sichtbar  und  damit  messbar  zu  machen,  also  eine 
Grösse,  deren  Quadrat  der  Intensität  deB  zu  messenden 
Tones  proportional  ist. 

Zu  diesem  Zwecke  wurde  die  Oeffnung  des  Resonators, 
welche  sonst  in  das  Ohr  gesteckt  wird,  erweitert  und  daran 
die  obere  Hälfte  der  Kapsel  eines  Aneroidbarometers  luft- 
dicht angelöthet,  sodass  dieselbe  gewissermassen  die  Stelle 
des  Trommelfells  einnahm.  Aussen  war  der  Druck  constant, 
innen  änderte  er  sich,  es  musste  demnach  die  dünne  elastische 
Metallplatte  sich  bewegen.  Diese  Bewegungen  waren  im 
allgemeinen  sehr  klein,  sie  wurden  jedoch  bedeutend  grösser, 
wenn  der  Eigenton  der  Platte  mit  dem  des  Resonators  in 
Uebereinstimmung  gebracht  wurde.    Nun  waren  die  Aus- 

1)  Kayleigh,  1.  c.  II.  §  334. 

53' 


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836  M.  Wien. 

schläge  eines  in  der  Mitte  der  Kapsel  angebrachten  Stiftes 
durch  ein  Mikroskop  von  fünf  hundertfacher  Vergrösserung 
wohl  sichtbar,  aber  nicht  genau  mesibar.  —  Hierzu  wandte 
ich  eine  empfindliche  Spiegelübertragung  ähnlich  derjenigen 
an,  welche  von  Röntgen1)  für  Aneroidbarometer  vorge- 
schlagen ist,  mit  dem  Unterschied,  dass  der  Spiegel  5 
(s.  Fig.  1)  nicht  bei  A  um  eine  Axe,  ±  zur  Zeichnung  dreh- 
bar  ist,  sondern  bei  A  ein  Stück  feinsten  Uhrfederblechs  ein- 
geklemmt wurde,  an  dessen  Ende  ein  sehr  leichter  Spiegel  £ 
autgekittet  war.  Auf  dieses  wirkte  der  Stift,  und  zwar  wurde 
die  Feder  so  stark  gegen  denselben  gedrückt,  dass  sie  sich 
auch  bei  den  stärksten  Tönen  nicht  von  ihm  entfernen 
konnte,  sondern  genau  seinen  Bewegungen  folgen  musste. 
Zwischen  B  und  A  muss  sich  das  Blech  biegen.  Es  lässt 
sich  nun  theoretisch  und  experimentell3)  beweisen,  dass  der 
Winkel,  um  den  sich  der  Spiegel  infolge  der  Biegung  des 
Blechs  dreht,  proportional  dem  Ausschlage  des  Stiftes  und 
noch  a/2-mal  so  gross  ist,  als  wenn  der  Spiegel  sich  um  eine 
Axe  dreht. 

Erklang  nun  irgendwo  in  der  Nähe  des  Resonators  sein 
Eigenton,  so  gerieth  die  Platte  in  Schwingungen,  und  der 
Spiegel  drehte  sich  schnell  hin  und  her.  Deshalb  erschien 
in  dem  Fernrohr,  durch  welches  in  dem  Spiegel  das  Bild 
eines  stark  beleuchteten  Spaltes  betrachtet  wurde,  dieses 
Spaltbild  nicht  als  einfache  Lichtlinie,  sondern  als  breites, 
helles  Band,  dessen  Ränder  besonders  stark  beleuchtet  waren, 
weil  der  Spiegel  sich  dort  am  langsamsten  bewegte.  Die 
Druckdifferenz  des  Tones  ist  proportional  der  Breite  dieses 
Bandes.  Um  dieselbe  messen  zu  können,  wurde  in  den 
Brennpunkt  des  Fernrohroculars  eine  mit  dem  Diamant  auf 
0,2  mm  getheilte  Glasplatte  gebracht.  Es  waren  50  Theil- 
striche  im  Gesichtsfelde  sichtbar  und  konnte  auf  etwa 
7l0  Theilstrich  abgelesen  werden.  Die  Abhängigkeit  der 
Breite  des  Spaltbildes  von  der  Entfernung  des  Spaltes  [b) 
und  des  Fernrohrs  (c)  von  dem  Spiegel  ergibt  sich  sofort 
aus  Fig.  2  als: 


1)  Röntgen,  Carl's  Repert.  20.  p.  44. 

2)  Vgl.  Dissertation. 


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Messung  der  Tonstärke. 


837 


c  J 


Es  ist  also  die  Breite  nur  von  dem  Verhältniss  cjb  der 
beiden  Entfernungen  abhängig,  und  wenn  c  <  b  genommen 
wird,  so  übt  eine  kleine  Aenderung  einer  der  beiden  Ent- 
fernungen eine  nur  sehr  geringe  Wirkung  aus,  was  für 
länger  dauernde  Versuche  sehr  bequem  ist  Im  allgemeinen 
wurde  c  =  90cm,  b  =  120  cm  gewählt.  Wenn  man  eine 
Millimeterscala  an  den  Ort  des  Spaltes  brachte,  so  fielen 
auf  10  Scalentheile  der  Theüung  im  Ocular  des  Fernrohrs 
11,5  mm.  Hieraus  lässt  sich  berechnen1),  dass  bei  einer 
Breite  des  Spaltbildes  von  einem  Sealentheil  der  Ausschlag 
des  Stiftes  1j9M0mm  =  159ju/i  beträgt.  Da  man  auf  Vi0 Sealen- 
theil bequem  ablesen  konnte,  so  liesse  sich  diese  Methode 
auch  allgemein  zur  Messung  sehr  kleiner  Längsdilatationen 
gut  anwenden. 

Es  wurden  zu  den  Versuchen  drei  Resonatoren  benutzt. 
Die  Töne  der  stärksten  Resonanz  hatten  ca.  220,  337,  440 
Schwingungen,  entsprachen  also  etwa  den  Tönen  a,  e'f  a.  — 
Um  den  Ton  der  Kapsel  mit  dem  des  Resonators  in  Ueber- 
einstimmung  zu  bringen,  wurde  dieselbe  von  geeigneter  Grösse 
und  Stärke  gewählt.  Das  feinere  Einstimmen  geschah  durch 
mehr  oder  weniger  starkes  Aufdrücken  der  Feder  des  Spiegels 
gegen  den  Stift,  wodurch  der  Ton  in  geringen  Grenzen 
geändert  werden  konnte.  —  Die  Spiegel  wurden  möglichst 
leicht  genommen  und  wurden  zu  diesem  Zweck  Stückchen 
von  Deckgläsern,  wie  sie  zu  mikroskopischen  Präparaten 
benutzt  werden,  versilbert.  Sie  waren  etwa  3  mm  lang  und 
2  mm  breit  und  wogen  mit  Feder  zusammen  in  keinem  Fall 
mehr  als  0,012  g. 

Ich  kann  hier  auf  die  ausführlichen  theoretischen  und 
experimentellen  Beweise  für  die  Proportionalität  zwischen 
der  Breite  des  Spaltbildes  und  der  Amplitude  dos  Tones 
nicht  näher  eingehen*)  und  will  nur  einen  summarischen 
experimentellen  Beweis  bringen.  —  Zu  diesem  Zweck  muss 
jedoch  zuerst  die  gewöhnlich  benutzte  Tonquelle  beschrieben 

1)  Vgl.  Dissertation. 

2)  Vgl.  Dissertation. 


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838  M.  men. 

werden.  Da  Pfeifentöne  sich  als  nicht  genügend  constant 
in  der  Höhe  erwiesen,  wurde  ein  Telephonton  angewendet, 
der  dadurch  zu  Stande  kam,  dass  eine  auf  den  Ton  des 
Resonators  eingestimmte  Stimmgabel  electromotorisch  getrie- 
ben und  in  eine  Zweigleitung  das  Telephon  eingeschaltet 
wurde.  Der  Ton  war  naturgemäss  constant  in  Höhe  und 
Intensität,  sodass  bei  einer  Breite  des  Spaltbildes  von  100  Sca- 
lentheilen  noch  immer  auf  etwa  0,2  Scalentheile  abgelesen 
werden  konnte.  Ausserdem  hat  diese  Tonquelle  die  Vor- 
theile, dass  sie  im  Raum  leicht  beweglich  ist,  dass  ihre  Inten- 
sität durch  eingeschaltete  Flüssigkeitswiderstände  beliebig  ge- 
ändert werden  kann,  und  man  ausserdem  in  der  Oeffnung 
des  Telephons  einen  bestimmten  Ausgangspunkt  der  Schall- 
bewegung hat.  Der  Ton  war  stark  mit  Obertönen  behaftet^ 
weshalb  die  Oeffnung  des  Telephons  durch  einen  Kork  mit 
einem  kleinen  Loch  verschlossen  wurde,  sodass  der  Raum 
zwischen  der  Platte  des  Telephons  und  der  Holzverkleidung 
eine  Art  Resonator  bildete.  Das  Loch  im  Kork  wurde  nun 
so  gross  gemacht,  dass  der  abgeschlossene  Luftraum  gerade 
auf  den  Telephon  ton  resonirte,  wodurch  statt  des  ziemlich 
complicirten  Klanges  ein  annähernd  einfacher,  kräftiger  Ton 
entstand. 

Mit  Hülfe  dieser  Tonquelle  können  wir  den  versproche- 
nen Beweis  führen,  indem  wir  die  Grundbedingung  jeder 
Messung:  die  Möglichkeit  der  Addition  darlegen.  Zwei 
Töne  addiren  sich  nach  dem  Amplitudengesetz  Ai  =*  Oj* 
+  Oj*  -f-  2ax  a2  cos&  Ich  erhielt  zwei  solche  Töne,  indem 
ich  zwei  Telephone  nebeneinander  in  den  Stromkreis  ein- 
schaltete und  beide  in  dieselbe  Entfernung  von  dem  Reso- 
nator brachte.  Ging  der  Inductionsstrom  in  derselben  Richtung 
durch  die  Windungen  der  Telephone,  so  wurden  die  Platten 
zu  gleicher  Zeit  angezogen,  resp.  abgestossen.  Wurde  jedoch 
eins  umgekehrt  eingeschaltet,  so  trat  eine  Phasendifferenz 
von  w/2  ein,  es  musste  demnach  der  Resonator  das  erste 
mal  die  Summe,  das  zweite  mal  die  Differenz  der  Ampli- 
tuden der  einzelnen  Töne  angeben.  Ich  erhielt  folgende 
Werthe  in  Scalen theilen: 


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Messung  der  Tonstärke. 


839 


«5  —  0.  A  =  a,  +  a,. 

«,  a,  ^i+a^     ^  Diff. 

18,1  22,8  40,9  40,2  -0,7 

16,1  24,5  40,5  40,0  -  0,5 

27,0  19,1  46,1  46,0  +0,1 

11,5  19,5  31,0  30,5  -0,5 

8,5  17,3  25,8  25,5  -0,3 

5,2  10,0  15,2  15,3  +0,1 


ü  =  7i,2.     A  =  ax  —  a,. 

at  J,  a,-«,     A  Dift". 

11,2  17,0  5,8  5,9  +0,1 

7,5  7,0  0,5  0,8  +0,3 

10.2  10,2  0,0  0,2  +0,2 

30.3  30,3  0,0  0,0  ±0,0 
24,0  8,5  15,5  15,4  -0,1 
14,3  9,6  4,7  4,5  -0,2 


Wie  die  Tabellen  zeigen,  liegen  die  Differenzen  inner- 
halb der  Beobachtungsfehler. 

Ehe  ich  zu  den  Anwendungen  dieses  Apparates  Über- 
gehe, möchte  ich  noch  einen  Versuch  besprechen,  die  zweite 
Aufgabe  zu  lösen,  die  Druckdifferenz  eines  Tones  in  abso- 
lutem Maass  zu  messen  und  damit  auch  die  Intensität  von 
Tönen  verschiedener  Höhe  zu  vergleichen. 

Wir  müssen  dazu  erstens  die  Druckdifferenzen  in  dem 
Resonator  in  absolutem  Maasse  angeben  können  und  zweitens 
das  Verhältniss  derselben  zu  denen  ausserhalb,  im  freien 
Räume  kennen. 

Um  ersteres  zu  erreichen,  müssen  wir  etwas  auf  die 
erzwungenen  Schwingungen  elastischer  Platten  eingehen. 

Ist  p  die  Periode  der  erzwungenen  Schwingungen,  n  die 
der  freien,  d.  b.  des  Eigentons  der  Platte,  so  ist  die  Am- 
plitude l): 

E 
»*  —  />' 

Ist  p=*0t  d,  h,  lasse  ich  eine  constante  Kraft  auf  die 
Platte  wirken,  so  ist! 

?-»-(*)'• 

Wird  n  bedeutend  grösser  als  p,  so  nähert  sich  das 
Verhältniss  immer  mehr  der  Einheit.  Ist  z.  B.  die  Differenz 
drei  bis  vier  Octaven,  so  ist  der  Fehler,  den  man  macht, 
wenn  man  die  wirkende  periodische  Kraft  direct  durch  den 
Ausschlag  der  Platte  misst,  nicht  grösser  als  (1/10)*=  1  Proc. 

Es  wurde  nun  zu  jedem  der  „empfindlichen"  Resona- 
toren ein  anderer  „absoluter"  Resonator  verfertigt  von  ganz 
denselben  Dimensionen  und  auf  den  anderen  genau  ein- 
gestimmt mit  dem  einzigen  Unterschiede,  dass  die  Kapsel 


1)  Raylcigh,  1.  c.  1.  §43.  n.  F. 


«40 


M.  Wien. 


einen  drei  bis  vier  Octaven  höheren  Eigenton  hatte.  Es 
wurde  dies  dadurch  erreicht,  dass  dieselbe  von  bedeutend 
grösserer  Dicke  und  aus  weniger  elastischem  Metall  war.  — 
Liess  ich  aus  derselben  Entfernung  auf  beide  Resonatoren 
einen  Ton  einwirken,  so  konnte  ich  die  Ausschlage  des 
empfindlichen  Resonators  auf  die  des  absoluten  reduciren. 
Es  ergab  sich  aus  mehreren  Messungen  das  Verhältniss  der 
Ausschläge  für  die  Resonatoren       1 : 29,6  für  die  a    1 : 40,6. 

Durch  Vergleich  mit  einem  Wassermanometer,  indem 
der  Resonator  verschlossen  und  der  Druck  in  ihm  vermehrt 
und  vermindert  wurde,  ergab  sich  für  einen  Scalentheil-Aus- 
schlag  bei  dem  absoluten  Resonator  a  ein  erforderlicher 
Wasserdruck  von  0,83  mm,  für  Resonator  a  von  1,60  mm. 

Es  sind  dies  die  Ausschläge  bei  einer  constanten  Kraft: 
«0.  Wie  wir  oben  bewiesen,  unterscheiden  sich  die  Aus- 
schläge a,  welche  bei  denselben  Druckdifferenzen  entstehen, 
wenn  sie  durch  einen  Ton  hervorgerufen  werden,  um  weniger 
als  1  Proc. 

Auch  von  der  Uebertragung  durch  den  Spiegel  war  kein 
Fehler  zu  erwarten,  da  derselbe  so  leicht  wie  möglich  ge- 
macht war  und  mit  seiner  Feder  einen  ganz  hohen  Eigenton 
besass,  sodass  beide,  Platte  sowohl  wie  Spiegel  Übertragung, 
gegenüber  dem  tieferen  Ton  der  erzwungenen  Schwingung 
6ich  so  verhielten,  als  ob  eine  constante  Kraft  auf  sie  ein- 
wirkte. 

Ferner  ist  bei  der  Reduction  des  empfindlichen  Reso- 
nators auf  den  absoluten  die  Voraussetzung  gemacht,  dass 
das  Verhältniss  zwischen  den  Ausschlägen  beider  dasselbe 
bleibt.  Der  Ausschlag  des  absoluten  Resonators  ändert  sich 
bei  einer  eventuellen  Aenderung  der  Elasticität  der  Platte 
naturgemäss  nur  wenig.  Anders  bei  dem  empfindlichen:  hier 
würde  sich  zugleich  der  Eigenton  der  Platte  ändern,  und  da- 
mit der  Ausschlag  sofort  kleiner  werden.  Jedoch  blieb  der 
Ausschlag  auch  hier  lange  Zeit  durchaus  constant,  da  gut 
gearbeitete  Kapseln  ihre  Elasticität  nicht  verändern,  ebenso 
wie  ein  Aneroidbarometer  ja  auch  Jahre  lang  den  Luftdruck 
richtig  angeben  kann.  —  Mit  einem  der  Resonatoren  habe 
ich  sogar  über  sechs  Monate  gearbeitet,  ohne  dass  sein  Aus- 
schlag ein  merklich  anderer  wurde,  wie  öfter  durch  Vergleich 


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Messung  der  Tonstärke. 


841 


mit  dem  absoluten  Resonator  oder  durch  Anwendung  eines 
Tones  von  bestimmter  Intensität  cohstatirt  wurde. 

Schliesslich  kann  noch  mit  Hülfe  der  R ayle ig h' sehen 
Formeln  über  die  Bewegung  der  Luft  in  Resonatoren1)  ge- 
zeigt werden,  dass  der  zur  Messung  dienende  Apparat  keinen 
Einfluss  auf  die  zu  messende  Grösse  hat,  d.  h.  dass  die  zur 
Bewegung  der  Platte  des  absoluten  Resonators  erforderliche 
Energie  verschwindend  klein  ist  im  Vergleich  zu  der  der 
Luftbewegung  in  demselben.8) 

Unsere  zweite  Aufgabe  bestand  darin,  das  Verhältniss 
der  Druckdifferenzen  im  Resonator  zu  denen  ausserhalb  zu 
bestimmen. 

Aus  den  Helmholtz'schen  Formeln3)  für  die  Luft- 
bewegung in  einem  Resonator  ergibt  sich  dasselbe  als: 

Ja       J4  i*n55\2_  2  7?» 
J]  "~  V    «'     I  ~  n'S" 

R  Radius  der  Oeffnung,  S  Inhalt.  Wenn  der  Resona- 
tor kugelförmig: 


in"-  >'} 


Die  Druckdifferenzen  verhalten  sich  wie  die  Wurzeln 
aus  den  Intensitäten: 

4,       4a««^       ,  /  3    /ÄV'  /2Ä* 
J,  "~      as      ~  V  2n3\r)       \     n8S  ' 

Hieraus  berechnet  sich  für  Resonator  a  : 

4„:Jt-  1:52,1. 
für  Resonator  a  :  * 

J„ :     *  1 : 43,6. 

Wir  können  dies  Verhältniss  auch  experimentell  be- 
stimmen. Wenn  man  die  Oeffnung  des  empfindlichen  Reso- 
nators verschliesst,  so  kann  von  aussen  keine  Schallbewegung 
in  den  Resonator  hineindringen,  und  der  Ausschlag  rührt  nur 
von  dem  Mitschwingen  der  eingestimmten  Platte  her,  ver- 
ursacht durch  die  direct  von  aussen  gegen  die  anschlagenden 
Wellen.   Bringt  man  die  Tonquelle  in  gleiche  Entfernung 

♦ 

1)  Rayleigh,  1.  c.  2.  §.  304. 

2)  Helmholtz,  1.  c.  1.  p.  37b. 

3)  Vgl.  Dissertation. 


842 


M.  Wien, 


von  Oeffnung  und  Kapsel,  60  wird  man  bei  verschlossener 
Oeffnung  einen  Ausschlag  q  erhalten,  welcher  nur  von  der 
äusseren  Bewegung  herrührt;  öffnet  man  den  Resonator,  so 
erhält  man  einen  Ausschlag  p  —  q,  herrührend  von  der  inne- 
ren Bewegung,  weniger  der  äusseren.  Danach  bestimmte 
sich  das  Verhältniss  p.q  —  da>di  aus  mehreren  Messungen 
für  Resonator  a  als  1 : 36,2,  für  Resonator  a  als  1 : 27,0. 

Es  sind  diese  Wer  the  bedeutend  kleiner,  als  die  von  der 
Theorie  geforderten.  Diese  letzteren  sind  entschieden  zu 
gross,  da  bei  der  Ableitung  der  Formeln  die  Reibung  un- 
berücksichtigt geblieben  ist,  und  auch  sonst  die  Forderungen 
der  Theorie  nicht  ganz  erfüllt  werden  können.  Die  experi- 
mentellen Werthe  sind  hingegen  entschieden  zu  klein,  weil 
wir  ja  das  Verhältniss  der  Druckdifferenzen  bei  dem  abso- 
luten Resonator  suchen,  bei  dem  empfindlichen  aber  die  Be- 
wegungen der  Kapsel  viel  grösser  sind,  weshalb  ein  Theil 
der  Energie  verloren  geht.  Wir  werden  daher  wohl  keinen 
allzu  grossen  Fehler  machen,  wenn  wir  das  arithmetische 
Mittel  beider  Werthe  nehmen.  Dann  ergibt  sich  das  Ver- 
hältniss der  Druckdifferenzen  bei  Resonator  a  als  1 : 44,2, 
bei  Resonator  a  als  1 : 35,3. 

Jetzt  haben  wir  alles,  was  wir  brauchen,  um  die  Druck- 
differenz eines  Tones,  welcher  in  dem  empfindlichen  Reso- 
nator einen  Ausschlag  von  einem  Sealentheil  gibt,  in  Queck- 
silberdruck anzugeben. 

Für  Resonator  a  war:  Aussen : Innen  =  1:44,2,  absolut: 
empfindlich  =  1 : 40,6.  Sealentheil  des  absoluten  =  0,83  mm, 
Wasser  =  0,83/13,6  mm  Quecksilber.  Demnach  beträgt  die 
grösste  Druckänderung  =  72  Druckdifferenz  =* 

6 '=  I  -i?^:  18,6 mm  Ä  17>°-^Queck8ilber- 

Für  Resonator  a  d  =  58,0^  Quecksilber. 
Wir  hatten  oben  die  physikalische  Intensität  eines 
Tones  detinirt  als: 

J=  115  Jakg«  ll,5.1010z/8  mg. mm, 
J  =  n  ,    D0  —  760  mm  Quecksilber. 
Gribt  also  Resonator  a  einen  Ausschlag  von  n  Scalen- 


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Mesnmg  der  Tonstärke, 


S43 


theilen,  so  bedeutet  dies,  dass  der  Ton  an  der  Oeffnung  des- 
selben eine  Intensität  von: 

J  =  0,0458  n2  mg  .  mm 

besitzt   Für  Resonator  a  ist: 

J  =  0,0867  n-  mg .  mm. 

Bei  der  Herleitung  dieser  Zahlen  sind  natürlich  beträcht- 
liche Fehler  nicht  zu  vermeiden,  da  dieselben  durch  mehr- 
fache Reduction  kleiner  Werthe  auf  grosse  gewonnen  sind. 
Diese  Fehler  sind  jedoch  Beobachtungsfehler,  keine  Fehler  der 
Methode,  welche  jedesmal  durch  Theorie  und  Versuch  als  rich- 
tig nachgewiesen  wurde.  Der  wahrscheinliche  Fehler  jeder  ein- 
zelnen Messung  war  niemals  grösser  als  8  Proc.  Es  wird  dem- 
nach der  Fehler  des  Gesammtresultats  auch  nicht  allzu  gross, 
jedenfalls  die  Grössenordnung  der  Luftdruckdifferenzen  eines 
Tones  mit  Sicherheit  hierdurch  gegeben  sein. 

Wir  haben  somit  in  dem  empfindlichen  Resonator  einen 
Apparat,  mit  dem  die  relative  Amplitude  eines  Tones  mit 
grosser  Genauigkeit  gemessen  werden  kann.  Mit  Hülfe  des 
absoluten  Resonators  kann  man  die  Intensität  mit  einiger 
Sicherheit  auch  in  absolutem  Maass  erhalten. 

Wir  kommen  jetzt  zu  einigen  möglichst  verschiedenartigen 
Anwendungen,  um  die  Brauchbarkeit  der  Apparate  zu  beweisen. 

Ich  begann  damit,  unser  natürliches  Instrument  zur 
Messung  der  Tonstärke,  unser  Ohr,  als  solches  zu  prüfen. 

Diese  Aufgabe  besteht  erstens  darin,  zu  untersuchen,  in 
welchem  Verhältniss  unsere  Empfindung  mit  der  Stärke  des 
Reizes,  also  mit  der  Intensität  des  Tones  wächst;  dann  wie 
bei  gleicher  physikalischer  Intensität  die  Stärke  der  Empfin- 
dung von  der  Tonhöhe  abhängig  ist,  und  schliesslich  in  der 
Bestimmung  der  Reizschwelle,  d.  h.  wie  viel  lebendige  Kraft 
erforderlich  ist,  um  überhaupt  eine  Empfindung  zu  erregen. 

Der  erste  Theil  fällt  mit  der  Prüfung  des  Weber- 
Fechn er* sehen  Gesetzes  zusammen.  Die  beiden  Formen 
desselben  lauten,  auf  zwei  Töne  verschiedener  Höhe  ange- 
wendet: 

AE=CX.  J*',         Ex  -  C,  log  nat  * , 
IE=C,  A£,         £2  =  C2  log  nat  . 

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84* 


iV.  Wien. 


Machen  wir  Rx  \ax  =  Ä,/a2  oder  annähernd  Bl  =  Ä2,  so 
ergibt  sich  aus  obigen  Gleichungen1): 

Es  verhalt  sich  demnach  bei  gleicher  physikalischer  In- 
tensität die  Stärke  der  Empfindung  zweier  Töne  verschie- 
dener Höhe  wie  C, :  Ca  oder  JRJR2 :  A  RJRV  Wir  erhalten 
also  in  diesen  Grössen  ein  Maass  für  die  Empfindlichkeit 
unseres  Gehörs  für  Töne  verschiedener  Höhe. 

Wir  haben  diese  Formel  abgeleitet,  indem  wir  das  Ge- 
setz AE—JRjR.C  als  richtig  angenommen  haben.  Für 
Geräusche  ist  dasselbe  schon  vielfach  untersucht,  wir  müssen 
es  jetzt  noch  für  Töne  prüfen. 

Die  Grundbedingung  sind  zwei  Reize,  die  kurz  hinter- 
einander auftreten,  und  deren  Stärke  einander  beliebig  ge- 
nähert werden  kann.  Ich  erhielt  zwei  solche  Töne  durch  das 
Telephon,  indem  die  Wechselströme  vermittelst  eines  Um- 
schalters einmal  durch  einen,  das  andere  mal  durch  einen 
anderen  Flüssigkeitswiderstand  geschickt  wurden,  welche  be- 
liebig geändert  werden  konnten,  sodass  man  beiden  Tönen 
beliebige  Intensitäten  ertheilen  konnte.  Der  Umschalter  wurde 
durch  zwei  Gummibändchen  in  einer  solchen  Gleichgewichts- 
lage gehalten,  dass  er  für  gewöhnlich  keine  der  beiden  Lei- 
tungen schloss.  Durch  längeres  oder  kürzeres  Schliessen 
einer  derselben,  durch  schnelleres  oder  langsameres  Um- 
schalten konnte  sowohl  die  Dauer  jedes  der  Töne,  wie  die 
Dauer  der  Zwischenzeit  beliebig  geändert  werden. 

Die  Differenz  der  beiden  Töne  wurde  mit  dem  Resonator 
gemessen,  dem  das  Telephon  so  weit  genähert  wurde,  dass 
ein  Ausschlag  von  200,  bei  schwächeren  Tönen  auch  von 
100  oder  50  Scalentheilen  entstand.  In  den  ersten  Fällen 
war  natürlich  nur  ein  Theil  des  breiten  Lichtsreifens  in  dem 
Gesichtsfelde  des  Fernrohrs  sichtbar;  der  Rand  dieses  Strei- 
fens wurde  in  die  Mitte  des  Gesichtsfeldes  gebracht,  ging  er 
beim  Umschalten  um  einen  Sealentheil  weiter,  so  bedeutete 
dies,  dass  der  zweite  Ton  eine  um  1,  resp.  2  oder  4  Proc.  stär- 

1)  Vergleiche  hierüber,  wie  überhaupt  über  den  gauzen  psychophy 
»isehen  Theil  die  Dissertation. 


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Messung  der  Tonstärke. 


845 


kere  Amplitude  hatte,  als  der  erste.  Da  ich  auf  0,2  Scalen- 
theile  ablesen  konnte,  so  war  damit  die  Amplitude  der  bei- 
den Töne  bis-  auf  mindestens  0,5  Proc  mit  Sicherheit  ge- 
geben. Zur  Messung  von  Tönen,  welche  nicht  mehr  einen 
Ausschlag  von  50  ScaJentheilen  gaben,  wurde  der  Flüssig- 
keitswiderstand empirisch  graduirt.  Es  waren  somit  die  Töne 
für  den  ganzen  Reizumfang  von  der  Höhe  bis  zur  Schwelle 
bis  auf  Bruchtheile  von  Procenten  messbar.  Die  einzelnen 
untersuchten  Tonstärken  wurden  untereinander  verglichen, 
indem  das  Telephon  jedesmal  in  eine  bestimmte  Entfernung 
von  dem  Resonator  gebracht  wurde. 

Zur  eigentlichen  Untersuchung  des  Fechner'sches  Ge- 
setzes wandte  ich  die  Methode  der  Minimaländerungen  an, 
die  der  wahren  und  falschen  Fälle  nur,  um  die  Resultate 
ihres  subjectiven  Charakters  zu  entkleiden. 

Der  Ton  a  von  440  Schwingungen  wurde  von  der  Reiz- 
schwelle an  bis  zu  einem  sehr  starken  Ton  untersucht,  der 
schon  in  der  Nähe  der  Reizhöhe  lag,  da  die  Empfindlichkeit 
hier  schon  erheblich  abnahm.  Jeder  untersuchte  Ton  hatte 
die  zehnfache  Intensität  des  vorhergehenden;  für  jeden  wur- 
den 40  Einstellungen  gemacht,  und  zwar  in  Gruppen  zu  je 
vier.  Ein  Flüssigkeits widerstand  war  constant,  der  andere 
variabel.  Der  von  letzterem  herrührende  Ton  wurde  zuerst 
stärker  genommen,  als  der  constante.  Einstellung  1)  es 
wurde  von  einem  merklichen  zu  einem  eben  untermerk- 
lichen Unterschied  der  beiden  Töne  übergegangen;  2)  von 
einem  untermerklichen  zu  einem  eben  übermerklichen.  Dann 
war  der  variable  Ton  schwächer  wie  der  constante.  3)  von 
einer  merklichen  zu  einer  eben  untermerklichen  Differenz; 
4)  von  einer  nicht  merklichen  zu  einer  eben  merklichen.  — 
Diese  Folge  von  vier  verschiedenen  Einstellungen  trägt, 
glaube  ich,  viel  dazu  bei,  die  subjectiven  Fehler  zu  verrin- 
gern. Auch  die  Fehler,  welche  durch  Ermüdung  des  Ohres 
und  allmählich  erworbene  Uebung  entstehen  konnten,  wurde 
durch  geeignete  Versuchsanordnung  möglichst  vermieden.1) 

Obgleich  jede  einzelne  Einstellung  mit  der  grössten 
Sorgfalt  gemacht  wurde,  war  doch  der  wahrscheinliche  Feh- 

1}  Vgl.  Dissertation. 


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M6 


M.  IVien. 


2)  D 

3)  J) 

4)  1> 

5,2 

7,0 

&  o 
0,_ 

6,1 

3,9 

5,6 

3,2 

7,5 
6,2 

3,6 

4,8 

5,7 

4,3 

6,5 

5.0 

3,6 
6.5 

5,2 

6,5 

4,0 

7,0 

5.7 

5,4 

4,0 

4,4 

3,8 

5,3 

3,8 

7,4 

4,5 

46,8 

59.0 

4tU 

ler  der  einzelnen  15 — 20  Proc.  Ich  will  bier  eine  ganze  Ver- 
suchsreihe ausführlich  mittheilen,  die  übrigen  sind  dieser 
durchaus  analog.  Hierin  ist  der  Ausschlag  des  constanten 
Tones  »  100,  der  des  variablen  A,  also  gibt  die  Differenz 
D  den  Unterschied  der  beiden  Töne  in  Procenten  der  Am- 
plitude an.    ZP/lOO  *=  JÄ/Ä,  R  =  Intensität  des  Tones. 

R  -  10». 

5,6 
4,8 
7,6 
5,3 
6,6 
7,0 
7,2 
6,8 
5.0 
6,4 
62.3 

M  +  «  _  5  45     (.OM5,.-.oo<  _  „  ,  proc  _ 

In  dieser  Art  ergaben  sich  folgende  Zahlen: 

Ton  a  =  441»  Schwingungen: 

R  1,6  5,0         20,0      10»      10»  10« 

ARR     Reüschwelle     13,f>(?;     10,8     11,2     11,8  11,6 

R  10'      10*      10»  10»      10»     10'°     10"  tV) 

AR  R       13,1      14,0     15,3         16,1      17,8     22,5  35.0 

Ton  a  =  220  Schwingungen: 

R  10«  10*  10* 

AR  Ii  18,2  22,4  27,0 

Ton  r  =  337  Schwingungen: 
R         10-  AHR  17,6 

Um  die  Resultate  nicht  subjectiv  erscheinen  zu  lassen, 
wandte  ich  noch  die  Methode  der  wahren  und  falschen  Fälle 
bei  mehreren  Personen  an,  und  zwar  in  der  Weise,  dass  ich 
die  beiden  Töne  mit  einer  constanten  Differenz  ungefähr 
gleich  der  mittleren  von  mir  gefundenen  Unterschiedsschwelle 
ertönen  Hess  in  willkürlicher  Reihenfolge,  bald  den  starke 
ren,  bald  den  schwächeren  zuerst.  Der  betreffende  Beob- 
achter gab  dann  an,  welcher  von  beiden  ihm  als  der  stärkere 
erschienen  sei.  Als  Mittel  sämmtlicher  Beobachtungen  er- 
hielt ich: 


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Messung  der  Tonstärke. 


*47 


R 

Diff.  25,4  Proc.  |       10«  55    »      |  fal8Che  *Äl,e 

Ton  °                in«  ig  \ 

Diff.  16,5  Proc.         10  43'°  " 

£8  gibt  dies  nach  der  Wahrscheinlichkeitsrechnung  als 
Unterschiedsschwellen : 

Ton  a  Tou  a 


H   =2.10»  10»  10* 

Jf*  =    21,3  28,3  14,2 

Nach  der  Methode  der  Minimal&nderungen  hatte  ich 
oben  erhalten: 

J£  =    18,5  24,5  11,6 

Offenbar  sind  die  letzteren  Werthe  absolut  kleiner,  wahr- 
scheinlich infolge  meiner  grösseren  Uebung;  jedoch  stimmt 
das  Verhältniss  gut. 

Aus  den  Werthen  von  JRjR  für  den  Ton  a  sehen  wir, 
dass  das  Fechner'sche  Gesetz  überall  annähernd,  nirgends 
aber  genau  gilt  Es  laset  sich  folgende  Gleichung  aus  ihnen 
empirisch  ableiten: 

AE  =  c  { a*  -  a  J/i°gÄ  -  li,-**1»«'*}  • 

Hieraus  Form  II: 

Setzen  wir  hier  für  Rja  —  10,  E     1,  so  ist  für: 

—         l         10         10'         10°         10"  Reizhöhe 
a 

E         0  1  2,9  5,4  7,7  ca.  9,0 

Auffallender  Weise  scheint  die  Empfindlichkeit  bis  dicht 
an  die  .Reizschwelle  immer  noch  zuzunehmen,  und  dürfte  die 
grösste  Empfindlichkeit  danach  etwa  an  dem  ,,Cardinalpunkt" 
liegen,  also  dort,  wo  Reiz  und  Empfindung  einander  propor- 
tional wachsen. 

Der  Reizumfung  ist  ausserordentlich  gross,  wohl  grösser, 
als  bei  irgend  einem  anderen  Sinne.  Nehmen  wir  die  Inten- 
sität 10"  als  Reizhöhe,  so  erhalten  wir  einen  Reizumfang 
von  625  000  Millionen.    Wir  können  demnach  mit  ungefähr 


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848 


M.  Wien. 


derselben  Genauigkeit  prozentuale  Aenderungen  eines  Tones 
mit  unserem  Ohre  merken,  der  nahe  an  der  Reizschwelle 
liegt,  wie  eines,  der  625000  Millionen  mal  so  stark  ist.  Rie- 
mann berechnete  den  Reizumfang  aus  der  Hörweite  eines 
menschlichen  Rufes  als  10  Millionen,  wobei  jedoch  die  Reiz- 
höhe noch  lange  nicht  erreicht  war. 

Die  Empfindlichkeit  des  Ohres  für  Töne  verschiedener 
Höhe  ist,  wie  wir  oben  gesehen  haben,  näherungsweise  um- 
gekehrt proportional  /IR/R.  Für  mittlere  Tonstarke  105 
finden  wir  demnach,  wenn  wir  die  Empfindlichkeit  für  den 
Kammerton  </■»  100  setzen: 

Empfind!.  Empfindl. 
Ton  a     Jg'J  •  100  =  100,  Ton  a  •  100  =  58,5 , 

Ton  ff    }£J  •  100  =  74,4 ,    Geräusche  ^ .  100  -  37,4. 

Die  letzte  Zahl  für  Geräusche  ergibt  sich  aus  den  oben 
angeführten  Untersuchungen  von  Vierordt  u.  a.  —  Wir 
finden  also,  dass  die  Empfindlichkeit  ziemlich  schnell  mit  der 
Tonhöhe  wächst  —  Deshalb  erscheint  es  vorteilhaft ,  bei 
akustischen  Signalen  hohe  Töne  anzuwenden;  und  es  ist  dies 
wohl  auch  der  Grund  dafür,  dass  von  jeher  in  der  Akustik 
zur  Melodie  die  höheren  Töne,  die  tieferen  zur  Begleitung 
benutzt  wurden. 

Diese  letzten  Betrachtungen  fussen  auf  der  Gleichung 
Ex\E2^Cl:Ci^JB2IR2:ARllRl,  deren  Richtigkeit  wieder 
davon  abhängt,  dass  die  Schwellenwerthe  für  Töne  verschie- 
dener Höhe  nicht  allzusehr  voneinander  abweichen.  Wir 
kommen  damit  zu  unserer  dritten  und  letzten  physiologischen 
Aufgabe,  die  absoluten  und  relativen  Schwellenwerthe  der 
Töne  zu  bestimmen. 

Mit  Hülfe  der  oben  abgeleiteten  Reduction  eines  Aus* 
Schlages  von  einem  Sealentheil  bei  den  beiden  Resonatoren 
auf  absolutes  Maass  konnte  ich  in  folgender  Art  die  Reiz- 
schwellenwerthe  selbst  direct  bestimmen. 

Es  war  die  Empfindlichkeit  des  Resonators  nicht  ganz 
so  gross,  wie  die  des  Ohres;  es  wurde  deshalb  der  Resonator 
an  einen  Ort  A  in  der  Nähe  der  Tonquelle  gebracht,  das 
Ohr  an  einen  entfernteren  Punkt  B.   Das  Verhältniss  der 


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I 


Messung  der  Tonstärke.  849 

Druckdifferenz  in  A  und  in  B  wurde  einfach  festgestellt, 
indem  der  Resonator  das  eine  Mal  in  A,  das  andere  Mal 
in  B  aufgestellt  wurde:  das  Verhaltniss  war  dann  direct 
durch  das  der  Ausschlage  gegeben.  Bei  der  Untersuchung 
selbst  konnte  mit  der  einen  Hand  durch  Aenderung  eines 
Alkoholwiderstandes  der  Telephonton  beliebig  geschwächt 
werden;  mit  der  anderen  konnte  durch  Oeffnen  und  Schliessen 
des  Stromes  mittelst  eines  Quecksilbercontactes  der  Ton 
intermittirt  werden,  da  man  einen  solchen  viel  besser  ver- 
folgen kann,  als  einen  constanten.  Nun  wurde  von  einem 
hörbaren  zu  einem  nicht  mehr  hörbaren,  dann  von  einem 
nicht  mehr  hörbaren  zu  einem  gerade  hörbaren  Ton  über- 
gegangen und  die  Ausschläge  des  Resonators  in  beiden  Fällen 
beobachtet.  Das  Mittel  gab  die  Reizschwelle.  Um  subjective 
Einflüsse  zu  vermeiden,  geschah  auch  das  Oeffnen  und  Schliessen 
des  Stromes,  wie  die  Aenderung  des  Widerstandes  von  einer 
anderen  Person,  welcher  durch  Druck  der  Hand  angegeben 
wurde,  wann  der  Ton  gehört  wurde  und  wann  nicht.  Für  mein 
Ohr  war  die  Reizschwelle  gleich  in  absolutes  Maass  umgerechnet 
bei  dem  Ton  a  als  Mitte  mehrerer  Beobachtungen:  <>=0,59  pp 
Quecksilber ;  bei  anderen  Personen  war  die  Zahl  meist  etwas 
grösser,  bei  einem  —  musikalisch  gebildeten  —  Ohr  etwas 
kleiner.  Dieser  Werth  war  etwa  halb  so  gross,  wie  der 
grösste,  sodass  sich  für  normale  Ohren  in  Anbetracht  des 
grossen  Reizumfanges  nur  sehr  geringe  Differenzen  der  - 
Schwellen werthe  ergeben. 

Aus  dem  Werthe  ergibt  sich  die  Geschwindigkeit  eines 
Theilchens  beim  Durchgänge  durch  die  Gleichgewichtslage 
als  u  =s  0,19  p  sec~l;  die  Amplitude  a  =  0,066  pp.  Stellen 
wir  diese  Werthe  mit  dem  oben  gefundenen  Reizumfang  zu- 
sammen, so  finden  wir,  dass  die  Töne,  welche  unser  Ohr 
treffen,  Druckdifferenzen  zwischen  ca.  1  pp  bis  10  p  Queck- 
silber haben,  d.  i.  Amplituden  von  0,1  pp  bis  p. 

Lord  Rayleigh1)  berechnet  aus  der  Hörweite  eines 
Pfeifentones  u— 1,4  p  sec-1,  also  bedeutend  grösser  wie  unser 
Werth.  Jedoch  sind  bei  seiner  Methode  verschiedene  Fehler- 
quellen zu  berücksichtigen,  die  alle  das  Resultat  vergrössern. 2) 

1)  Lord  Rayleigh,  Proc.  of  the  Roy.  Soc.  31.  p.  248. 

2)  Vgl.  Dissertation. 

Ann.  d.  Phj«.  o.  Cham.  N.  P.  XXXVI.  54 


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9 


830  M.  Wien. 

Die  Intensität  des  Schwellentones  ergibt  sich  als: 

J  «  0,068  piu  mg. 

Da  das  Trommelfell  des  Ohres  etwa  83  qmm  Fläche  hat, 
so  trifft  dasselbe  eine  Energie  von  2,2  ftp  mg.  Es  würde 
diese  Energie  gerade  hinreichen,  um  5,1 . 10-18  mg  Wasser 
um  1°  C.  zu  erwärmen.  Nehmen  wir  die  Intensität  der  Reiz- 
höhe 1012  mal  so  gross  wie  die  der  Reizschwelle,  so  erhalten 
wir  für  dieselbe  eine  Arbeit  von  5,1  mg  Wasser  1°  C. 

Um  sich  von  diesen  Arbeitsgrössen  in  etwas  paradoxer 
Weise  eine  Vorstellung  zu  machen ,  lässt  sich  berechnen  *). 
dass  wir  alle  sehr  wohl  einen  Grashalm  wachsen  hören 
können,  d,  h.  wenn  die  Arbeit,  welche  derselbe  beim  Wachsen 
aufspeichert,  in  Form  von  Schallwellen  unser  Ohr  träfe,  so 
würden  wir  einen  Ton  hören,  welcher  der  Reizhöhe  näher 
läge  wie  der  Reizschwelle. 

Es  wäre  interessant,  die  absolute  Empfindlichkeit  des 
Ohres  mit  der  des  Auges  zu  vergleichen;  leider  fehlen  bis 
jetzt  die  Zahlen  fur  letztere.  Es  lässt  sich  jedoch  mit  roher 
Annäherung  die  Energie  der  Strahlen  berechnen1),  welche 
die  eben  noch  sichtbaren  Sterne  sechster  bis  siebenter  Ord- 
nung in  das  Auge  senden,  deren  Ausstrahlung  photometrisch 
mit  der  der  Sonne  verglichen  ist.  Es  ergibt  sich  daraus  die 
Reizschwelle  des  Auges  etwas  kleiner,  aber  von  derselben 
Grössenordnung,  wie  die  des  Ohres. 

Für  den  Ton  a  erhielt  ich  in  ganz  derselben  Weise  als 
Reizschwelle  b  =  0,70  fip.  Das  Verhältnies  der  Intensitäten 
der  Schwellenwerthe  von  aund  «j ,  also  =  1 : 1,5.  Die  ver- 
hältnissmässig  geringe  Differenz  der  Schwellenwerthe  zeigt 
die  Berechtigung  der  Gleichung: 

Wir  kommen  jetzt  zu  einer  anderen  wichtigen  Aufgabe 
der  Tonstärkemessung,  nämlich  zu  bestimmen,  wie  die  Inten- 
sität eines  Tones  sich  mit  der  der  Tonquelle  zugeführten 
Energie  ändert. 

Es  wurde  die  Sirene  und  die  Pfeife  untersucht,  und  zwar 
in  der  Weise,  dass  einmal  die  Energie  des  zugeführten  Luft- 
stromes gemessen  wurde,  das  andere  mal  die  Intensität  des 

1)  Vgl.  Dissertation. 


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Messung  der  Tonstärke. 


entstehenden  Tones  mit  Hülfe  des  Resonators.  Ersteres 
geschah  durch  ein  Wassermanometer  auf  Grund  der  Formel 
E  —  c  .v*  =  c  h'* ,  worin  E  die  Energie,  v  die  Geschwindig- 
keit, h  den  Druck  bedeutet,  welche  sich  leicht  aus  den  hydro- 
dynamischen Grundgleichungen  ableiten  lasst.  Es  ist  somit 
in  der  dritten  Columne  der  folgenden  Tabelle  c.A^jh*"-  das 
Verhältniss  zwischen  Intensität  und  lebendiger  Kraft  in  Pro- 
centen  des  Maximums  dieses  Verhältnisses,  also  der  grössten 
erhaltenen  Ausnutzung: 

h  0.57    1,7     2,85     5,25     7,0    13,5    19,0    24,0  35.0 

A  3,8     8,5    11,5     19,0     24,0    39,0    47,0    54,0  66.0 

c .  A- ,  hVt  Proc.  100      97,2    94.6     89,2     92,7    91,8    80,5    73,9  62,7. 

Die  entsprechende  Curve  ist  in  Fig.  3  gegeben.  Es 
ergibt  sich,  dass  die  Intensität  des  Tones  bei  schwachem 
Druck  ziemlich  genau  proportional  der  lebendigen  Kraft 
wächst:  bis  h  «  13,5  nur  ein  Verlust  von  ca.  10  Proc,  was 
für  das  Ohr  noch  nicht  wahrnehmbar  wäre.  Dann  wächst 
wegen  der  grösseren  Geschwindigkeit  des  Luftstromes  die 
Reibung,  sodass  bei  h  —  35,0  schon  ein  Energieverlust  von 
37,3  Proc.  eintritt. 

Bei  der  gedackten  Pfeife  ändert  sich  die  Höhe  des  Tones 
mit  dem  Drucke;  es  wurde  deshalb  durch  einen  beweglichen 
Stempel  die  Höhe  des  Tones  jedesmal  so  regulirt,  dass  ein 
Maximum  des  Ausschlages  im  Resonator  eintrat.  Die  Re- 
sultate waren  besonders  von  der  Stellung  der  Lippe  der 
Pfeifenöffnung  abhängig.  Für  eine  bestimmte  feste  Stellung 
derselben  bekam  ich  folgende  Resultate:  es  ist  c.A1)^1*  in 
Procenten  der  bei  dieser  Pfeife  überhaupt  erreichbaren  Aus- 
nutzung der  Energie  angegeben. 

Tabelle  III^ 

h  3       5       6        7,5      8,5     9,5    14,0    25,0    30,0  35.0 

A  0,0    0,5     5,0    12,0     16,0    20,0    30,0    44,0    36,0  30,0 

c  .^/Ä^Proe.   0.0     0,1     3,6    13,7     24,8    29.5    36,8    33,2    16,9  9,3. 

Wenn  die  Lippe  jedesmal  so  verschoben  wurde,  dass 
ein  möglichst  starker  Ton  entstand,  erhielt  ich  folgende 
Tabelle. 

Tabelle  III,. 

h  6,5     9,0  15,5    19,0    21,0    23,0    35,0  43,0 

A  8,0  19,0  41,0    61,0    67,0    72,0    88,0  95,0 

c.  J,/Ä,;»Proc.   s.3  30,2  59,1    96,3   100,0    98.4    85,2  68.6. 

54* 


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852 


M.  Wien. 


Es  wächst,  wie  die  Curven  (Pig.  4)  zeigen,  die  Intensität 
durchaus  nicht  proportional  der  Energie,  sondern  es  steigt  die 
Ausnutzung  von  einem  bestimmten  Druck  (6—7  mm)  an,  wo 
überhaupt  die  Pfeife  erst  zu  tönen  beginnt,  ziemlich  schnell 
bis  zu  ihrem  Maximum,  um  dann  langsamer  wieder  abzu- 
fallen, infolge  der  grösseren  Reibung  und  dadurch,  dass  ein 
grösserer  Theil  der  Energie  auf  den  ersten  Oberton  über- 
geht. Wie  (2)  zeigt,  ist  die  betreffende  Pfeife  so  beschaf- 
fen, dass  sie  von  Natur  bei  etwa  20  mm  Druck  am  besten 
angiebt.  Durch  die  falsche  Stellung  der  Lippe  ging  im  Fall 
(1)  bei  stärkerem  Druck  soviel  lebendige  Kraft  verloren, 
dass  die  Ausnutzung  zwischen  9  und  25  mm  Druck  immer 
ca.  30 — 35  Proc  betrug.  Es  folgt  demnach,  dass  nur  bei 
einer  bestimmten  Stellung  der  Lippe  und  einem  bestimmten 
Druck  ein  Maximum  der  Ausnutzung  erhalten  wird,  die 
Intensität  eines  Pfeifentons  also  nicht  durch  die  zugeführte 
Energie  gemessen  werden  darf. 

Um  das  gleichzeitige  Anwachsen  des  ersten  Obertons  mit 
dem  Druck,  speciell  das  Umschlagen  des  Pfeifentons  zu  unter- 
suchen, wurde  die  Mundöffnung  eng  genommen,  sodass  der 
Ton  schon  bei  mittlerem  Druck  umschlug.  Die  Ausschläge 
des  Grundtons  sind  auf  die  des  Obertons  reducirt  (Fig.  5): 


Gruudton  (1). 

Oberton  (2). 

h 

A 

A* 

h 

A 

A* 

10 

1,3 

4,3 

9 

1,0 

1.3 

15 

3.9 

9,6 
30,2 

15 

3,0 

5,1 

16 

tf,0 

18 

4,7 

10,2 

22 

9,7 

40,0 

19 

7,0 

21,3 

26 

10.6 

37,6 

20 

10,0 

40.2 

34 

12,5 

34,4 

24 

12,0 

49,0 

37 

12,0 

28,41 

30 

16,0 

56,0 

39 

4,5 

3,0 1 

37 

20,0 

63,9 1 

40 

3.0 

39 

26,5 

98,2) 

i 

44 

28,5 

100,0 

Schon  vor  dem  Umschlagen  geht  immer  mehr  Energie 
von  dem  Grundton  auf  den  Oberton  über,  sodass  ihr  Ver- 
bal tniss,  welches  anfangs  etwa  1 : 1  war  (h  20)  kurz  vor 
dem  Umschlagen  1 : 2,3  wird  (h  =  37).  Die  Intensität  des 
Obertones  ist  hier  also  schon  mehr  als  doppelt  so  gross  wie 
die  des  Grundtones,  und  doch  trägt  für  unser  Ohr  der  Ge- 
sammtklang  noch  immer  den  Charakter  des  Grundtons.  In 


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Messung  der  Tonstärke. 


853 


diesem  Fall  war  die  verhältnissmassig  grosse  Stärke  des 
Obertones  durch  die  Stellung  der  Lippe  bedingt;  jedoch  ist 
überhaupt  die  Stärke  der  Obertöne,  welche  wir  auch  nach 
einiger  Uebung  nur  mit  Mühe  heraus  hören,  durchaus  nicht 
zu  unterschätzen.  Bei  der  Sirene  z.  ß.  ist  der  erste  Ober- 
ton beinahe  so  stark,  wie  der  Grundton  und  ganz  aulfallend 
ist  er  beim  Singen  des  Vocals  o  auf  den  Ton  a.  Bei  einem 
(reducirten)  Ausschlag  des  Grundtones,  von  15 — 20  Scalen- 
theilen  fand  sich  beim  Singen  der  Vocale  als  Ausschlag  des 
ersten  Obertones:  a  =  c.  7,0,  e  =  11,0,  *  =  12,5,  o  «=  25,0, 
u  —  3,5,  ü  =  5,0,  ä  =  10,0,  also  beim  Vocal  o  der  Oberton 
bedeutend  starker,  wie  der  Grundton. 

Trotz  der  grossen  Empfindlichkeit  der  Resonatoren  er- 
hielt ich  leider  ein  durchaus  negatives  Resultat,  als  ich  mit 
ihnen  die  objective  Existenz  der  Combinationstöne  zu  be- 
weisen versuchte.  Obgleich  ich  den  durch  zwei  Pfeifen  oder 
durch  ein  Telephon  und  eine  Pfeife  entstehenden  Oombina- 
tionston  deutlich  hörte,  erhielt  ich  doch  keinen  merklichen 
Ausschlag,  sodass  man  wohl  daraus  schliessen  muss,  dass 
der  bei  weitem  grösste  Theil  der  Intensität  eines  Combina- 
tionstones  erst  im  Ohre  entsteht.1). 

Als  letzte  Anwendung  der  Resonatoren  komme  ich  jetzt 
zur  Untersuchung  der  wichtigen  Frage  nach  der  Verbreitung 
der  Schallintensität  im  Raum.  Das  Grundgesetz  derselben 
ist  theoretisch,  dass  der  Schall,  wenn  er  sich  ohne  Hinder- 
nisse ausbreitet,  proportional  dem  Quadrat  der  Entfer- 
nung abnimmt.  —  Eine  experimentelle  Bestätigung  hat 
dieses  Gesetz  noch  nicht  gefunden:  im  Gegentheil  erhalten 
v.  Vierordt  und  Ober  beck  das  Resultat,  dass  die  Schwä- 
chung bei  Geräuschen  eher  proportional  der  Entfernung 
selbst  sei.3)  Die  Untersuchungsmethode  mit  den  Resona- 
toren war  sehr  einfach;  es  waren  Schallquelle  und  Empfänger 
in  verschiedene  Entfernungen  voneinander  zu  bringen;  wenn 
die  Theorie  richtig  ist,  so  musste  das  Product  aus  Ausschlag 
und  Entfernung  immer  constant  sein.  Nur  die  Bedingung 
der  freien  Ausbreitung  des  Schalles  war  nicht  so  leicht  zu 

Ii  Vgl.  v.  Helmholtz,  Tonempfindungeu. 
2)  v.  Vierordt  u.  Oberbeck,  I.  c. 


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854 


M.  Wien 


erfüllen.  —  Im  Zimmer  störte  natürlich,  wie  schon  oft,  die 
Reflexion  an  den  Wänden,  welche  Maxima  und  Minima 
hervorrief,  worauf  wir  vorerst  kurz  eingehen  wollen.  Cm 
ihre  Grösse  und  Lage  zu  bestimmen,  wurde  in  dem  einiger- 
niassen  kahlen  Zimmer  der  Resonator  in  der  Mitte  aufge- 
stellt und  das  Telephon  von  ihm  senkrecht  auf  eine  der 
Wände  zu  entfernt.  Es  ergaben  sich  folgende  Ausschläge 
{A).    E  ist  die  Entfernung  vom  Telephon.   Ton  a: 


E 

A 

E 

A 

E 

A 

E 

A 

cm 

<m 

cm 

•26 

27,0 

10« 

2,5 

182 

4,5 

262 

3.1 

30 

18,0 

110 

1,5 

200 

-,o 

275 

2,5 

40 

',5 

115 

2,0 
4,5 

210 

IS 

287 

2,7 

55 

12,0 

127 

218 

8,0 

299 

4,4 

67 

18,0 

144 

7,5 

230 

7,0 

311 

5,0 

90 

11,0 

155 

6,5 
3,8 

242 

5,0 

322 

5,6 

86 

7,5 

175 

250 

4,0 

330 

4,3 

95 

5,0 

Aehnlich  Ton  a.  In  den  Curven  (Fig.  6)  ist  die  Inten- 
sität {Ä*)  als  Ordinate,  die  Entfernung  als  Abscisse  aufgetra- 
gen. Dieselben  zeigen,  wie  gross  die  Differenzen  zwischen 
den  Intensitäten  an  den  Maximis  und  Minimis  sein  kann. 
Z.  B.  ist  das  Verhältniss  des  zweiten  Maximums  und  zwei* 
ten  Minimums  des  Tones  ö'=  70:1.  —  Die  Entfernung 
zwischen  je  zwei  Maximis  oder  Minimis  ist  ungefähr  gleich 
der  Wellenlänge.  Z.  B.  beträgt  beim  Ton  a  die  Länge  von 
drei  stehenden  Wellen  —  Minimum  IV  —  Minimum  I  — 
=  275  -40  «  235  cm ;  also  die  Länge  einer  78  cm,  während 
die  Wellenlänge  des  Tones  76  cm  beträgt.  Dieselben  Er- 
scheinungen in  etwas  geringerem  Maasse  zeigte  der  grosse 
Hörsaal  des  Berliner  physikalischen  Instituts.  Auffällig  war 
die  geringe  Abnahme  der  Tonstärke  nach  dem  anderen 
Ende  des  8aales  hin,  sodass  z.  B.  die  durchschnittliche  In- 
tensität auf  der  vorletzten  Bank  V3  der  der  zweiten  betrug, 
während  die  Entfernung  die  vierfache  war.  Es  ist  demnach 
in  einem  geschlossenen  Raum  die  Entfernung  von  dem 
Sprechenden  von  verhältnissmässig  geringem  Einfluss  auf  die 
Hörbarkeit. 

Um  nun  wieder  zu  dem  Ausgangspunkt  dieser  Betrach- 
tung zurückzukehren,  so  konnte  das  Grundgesetz  der  Schall- 
verbreitung im  Zimmer  jedenfalls  nicht  untersucht  werden. 


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Messung  der  Tonstärke. 


855 


und  auch  im  Freien  dürfte  die  Bedingung  der  gänzlich  un- 
gestörten Fortpflanzung  des  Schalles  schwer  zu  erfüllen  sein. 
—  Um  einen  möglichst  passenden  Ort  aussuchen  zu  können, 
inusste  vor  allem  festgestellt  werden,  wovon  besonders  grosse 
Störungen  zu  erwarten  waren,  und  welche  vernachlässigt 
werden  durften.  Die  Theorie1)  ergibt,  dass  von  Gegenstän- 
den, wie  Stangen,  Drähten,  Steinen,  kleinen  Büschen  und 
dergleichen  keine  Fehler  zu  befurchten  sind.  Ebenso  auch 
nicht  von  den  Gegenständen,  welche  zur  Beobachtung  des 
Ausschlags  in  der  Nähe  des  Resonators  aufgestellt  werden 
mus8ten.  Es  waren  dies  das  Fernrohr  nebst  Tisch,  die  zur 
Beleuchtung  des  Spaltes  dienende  Petroleumlampe,  der  Reso- 
nator nebst  Stativ  und  der  Beobachter:  alle  konnten  wegen 
ihrer  constanten  und  geringen  Entfernung  von  dem  Ton- 
empfänger und  meist  auch  wegen  ihrer  geringen  Dimensio- 
nen gegen  die  Wellenlänge  vernachlässigt  werden.  Hingegen 
inusste  ich  mich  hüten  vor  Häusern,  Bäumen,  hohen  Zäu- 
nen und  dergleichen,  auch  wenn  sie  sich  in  grösserer  Ent- 
fernung befanden. 

Es  fand  sich  ein  einigermassen  geeigneter  Platz  in  der 
Charlottenburger  Rennbahn,  deren  Benutzung  mir  freund- 
lichst freigestellt  wurde.  Er  bot  weite,  kahle  Flächen,  wo 
als  einzige  bedenkliche  Gegenstände  die  „Hindernisse"  waren, 
und  diese  dürften  für  den  flüchtigen  Schall  leicht  zu  nehmen 
sein,  da  ihre  Höhe  meist  nicht  so  gross  wie  X  war,  und  ich 
ausserdem  mit  der  beweglichen  Tonquelle  ihre  gefährliche 
Nähe  möglichst  mied.  Als  Tonquelle  wurde  eine  gedackte 
Pfeife  mit  besonders  kräftigem  Ton  benutzt,  welche  auf  einen 
kleinen  Blasebalg  gesteckt  war.  Bei  den  Versuchen  wurde 
derselbe  in  die  verschiedenen  Entfernungen  getragen,  auf- 
geblasen und  der  Luftstrom  geöffnet,  worauf  die  betreffende 
Person  schnell  mehrere  Schritte  hinter  die  Pfeife  trat  Die 
Entfernungen  wurden  auf  einem  zwischen  Tonquelle  uno\ 
Empfanger  gespannten  Faden  jedesmal  bezeichnet  und  später 
zu  Hause  gemessen.  *  Es  wurden  für  jede  Entfernung  zwei 
oder  mehr  Ablesungen  gemacht,  wovon  das  Mittel  genommen 
und  die  Spaltbreite  abgezogen  wurde.    Wegen  des  hellen 


1)  Bayleigh,  1.  c.  2.  §  384  u.  843. 


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856 


M.  Wien. 


Tageslichtes  und  der  im  Wind  etwas  flackernden  Flamme 
mus8te  der  Spalt  bei  grösseren  Ausschlagen  sehr  breit  ge- 
nommen werden  (bis  zu  0,8  Scalentheilen).  Da  der  Luftstrom 
des  Blasebalgs  nicht  ganz  constant  war,  wurde  jedesmal  das 
Maximum  des  Ausschlags  abgelesen,  welches,  wie  vorher  im 
Zimmer  constatirt  war,  beim  jedesmaligen  Aufblasen  nicht 
um  3  Proc.  voneinander  abwich.  In  den  folgenden  Tabellen 
bedeutet  r  die  Entfernungen  in  Metern,  a  die  Ablesungen, 
A  corrig.  Mittel.    Ich  erhielt: 

Versochsreihe  I.    Massiger  Wind  von  Tonempfanger  nach  Quelle. 

r     28,1        44,4       62,0       76,6       93,0     107,8     162  6  m 
|    19,0        14,5       10,5         7,5         6,0        4,6  3,7 
|    19,5        14,0       10,5        7,5        6,3        4,9  3,3 


44,4 

62,<> 

76,6 

14,5 

10,5 

7,5 

14,0 

10,5 

7,5 

18,7 

9,8 

7,0 
536 

604 

590 

A     18,8        18,7  9,8        7,0  5,5        4,6  3,8 

A.r  580?        604  590        536  509       496  501 

Versuchsreihe  II.')  Stärkerer  Wind  senkrecht  zu  Tonempfanger 

nach  Quelle. 

r     19,1        30,3  51,7       71,5  102,3 

f   27,0        16,5  11,0        7,3  5,2 

°\   28,5        14,0  10,0        7,5  5.8 

A    27,2       15,0  10,0        6,9  5,0 

A.r  523         455  517        495  511 

Versuchsreihe  II.  Leiser  Zug  von  Tonquelle  nach  Empfänger. 

r 

;i 

A.r 


23,1 

33.2 

48,1 

61,5 

88,7 

137,8 

21,5 

15,5 

10,5 

7,5 

4,8 

2,8 

>>•>  "» 
21,3 

14,8 

9,0 

6,8 

4,5 

3,0 

14,4 

9,5 
457 

7,0 

4,5 

2,7 

485 

478 

43f, 

377 

375? 

Aus  Tabellen  und  Curven  (Fig.  7)  ergibt  sich  eine  etwas 
schnellere  Abnahme  der  Tonstarke,  als  die  Theorie  es  ver- 
langt, wahrscheinlich  hervorgerufen  durch  die  Reibung  an 
dem  mit  Gras  bewachsenen  Boden,  durch  die  Unruhe  der 
Luft  und  theilweise  wohl  auch  durch  kleine  Unebenheiten 
des  Terrains.  Dass  die  Abnahme  der  Intensität  nicht  pro- 
portional der  einfachen  Entfernung  erfolgt,  ist  wohl  am 
besten  aus  der  Zusammenstellung  der  Ausschlage  zu  ersehen, 
welche  in  jenem  Fall  (AYr  =  Const.)  hatten  entstehen  müs- 
sen (A")  mit  denen,  welche  ich  wirklich  erhielt  (A)  und 
<lenen  A',  welche  die  Theorie  vorschreibt: 


1)  Vielfach  durch  deu  Wind  gestört. 


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Messung  der  Tonstärke. 


857 


A  21,3 
A  21,3 
A  21,3 


14,4 
14,5 
17,0 


9,5 
10,0 
15,2 


7,0 


4,5 
5,6 
12,1 


2,7 
3.5 
8,8 


Hierdurch  ist  wohl  das  Grundgesetz,  dass  die  Inten- 
sität eines  Tones  umgekehrt  proportional  dem  Quadrat  der 
Entfernung  abnimmt,  mit  Sicherheit  bewiesen. 

Schliesslich  will  ich  nicht  unterlassen,  meinen  hochver- 
ehrten Lehrern,  Hrn.  Geheimrath  v.  Helmholtz  und  Hrn. 
Prof.  Dr.  Kundt  für  die  Unterstützung  und  das  Interesse, 
welches  sie  meiner  Arbeit  stets  zu  Theil  werden  Hessen, 
meinen  ehrerbietigsten  Dank  zu  sagen. 

Phys.  Inst,  der  Univ.  Berlin,  Juni  1888. 


VII.    XJeber  das  von  Hrn.  H.  F.  Weber 
aufgestellte  Strahlungsgesetz ; 
von  L.  Oraetz. 

Hr.  H.  F.  Weber  hat  in  den  Berichten  der  Berliner 
Academie l)  eine  empirische  Formel  veröffentlicht,  welche  einer- 
seits die  Gesammtstrahlung  fester  Körper  in  ihrer  Abhängig- 
keit von  der  Temperatur,  andererseits  die  Vertheilung  der 
Energie  im  Spectrum  bei  allen  Temperaturen  darstellen  soll, 
und  zwar  in  dem  ganzen  Intervall  der  Temperaturen  und 
Wellenlängen,  fur  welche  Messungen  vorliegen.  Er  rühmt  von 
diesem  Ausdruck,  dass  er  alle  Messungsreihen  über  Strahlung 
„von  der  Temperatur  des  schmelzenden  Eises  bis  zu  der  Tem- 
peratur des  schmelzenden  Platins  und  fur  das  ganze  lange 
Intervall  der  Wellenlängen,  von  der  Wellenlänge  des  Violett 
bis  zu  den  30 — 40  mal  längeren  Wellen,  welche  Langley 
gemessen  hat,  mit  grosser  Treue  in  allen  Einzelheiten  wieder- 
giebt",  dass  insbesondere  „die  Abweichungen  zwischen  den 
Consequenzen  der  Formel  und  den  Daten  der  Beobachtungen 
nicht  grösser  sind  als  die  Unsicherheiten  der  betreffenden  Beo- 
bachtungen". Hr.  Weber  hält  es  daher  nicht  für  unstatthaft, 
in  diesem  Zusammenhang  zwischen  Strahlungsstärke,  Tem pe- 
il H.  F.  Weber,  Ber.  d.  Berl.  Acad.  1888.  p.  5f,5. 


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85* 


L.  Graetz. 


ratur  und  Wellenlänge  das  wirkliche  Naturgesetz  zu  sehen. 
Es  sollen  speciell  die  Messungen  von  Schleiermacher,  Bot- 
tomley,  Graetz,  Violle,  Langley,  Nichols,  Garbe, 
Tyndall  eine  ausgezeichnete  Bestätigung  dieser  Formel  bieten. 

Eine  eingehende  Prüfung  der  Weber 'scheu  Formel  hat 
mir  dagegen  gezeigt,  dass  erstens  für  die  Gesammtstrahlung 
die  Web  er' sehe  Formel  die  vorhandenen  Beobachtungen  zum 
Theil  viel  weniger  gut  darstellt,  als  das  Stefan'sche  Gesetz 
(nämlich  meine  eigenen  Beobachtungen),  zum  Theil,  soweit  die 
Beobachtungen  (des  Hrn.  Schleiermacher)  Abweichungen 
von  dem  Stefan' sehen  Gesetz  zeigen,  sie  auch  von  derWeber'- 
schen  Formel  Abweichungen  in  nahe  gleicher  Grösse  ergeben; 
zweitens,  dass  rar  die  Vertheilung  der  Energie  im  Spectrum 
das  Gesetz  nur  als  eine  empirische  Formel  mit  zwei  Constanten 
angesehen  werden  kann,  welche  zum  Theil  nicht  mehr  leistet, 
als  eine  vorhandene  Formel  mit  nur  einer  Constante,  zum 
Theil  erhebliche  Differenzen  gegen  die  Beobachtungen  ergiebt. 
Es  sollen  diese  Punkte  bewiesen  werden. 

1.  Das  Gesetz  der  Gesammtstrahlung  eines  festen  Körpers 
ist  nach  Weber: 

5=  CFTe" 

worin  S  die  ausgestrahlte  Wärmemenge,  T  die  Temperatur, 
F  die  Oberfläche  des  strahlenden  Körpers,  «die  Zahl  0,0043 
und  C  eine  den  Körper  charakterisirende  Constante,  die  Euris- 
sionsconstante,  ist.  Die  Richtigkeit  dieser  Formel  wird  in  der 
Mittheilung  des  Hrn.  Weber  an  den  Versuchen  des  Hrn. 
Schleiermacher  über  die  Strahlung  -von  blankem  und  von 
mit  Kupferoxydul  bedecktem  Platindraht  zu  erweisen  gesucht. 
Da  nach  Angabe  des  Hrn.  Weber  auch  meine  Versuche  über 
die  Strahlung  einer  Glasfläche1)  sich  durch  diese  Formel  ge- 
nügend darstellen  lassen  sollen,  der  Beweis  für  diese  Behaup- 
tung jedoch  in  der  Arbeit  nicht  geführt  ist,  so  habe  ich  zu- 
nächst an  meinen  eigenen  Beobachtungen  die  Formel  geprüft. 
Das  Resultat  ist,  dass  der  Formel  von  meinen  Beobachtungen 
durchaus  widersprochen  wird.  Es  wurde  bei  meinen  Ver- 
suchen der  zeitliche  Verlauf  der  Abkühlung  eines  Thermometers 
in  einer  Hülle  geraessen,  die  in  drei  Versuchsreihen  auf  0°, 


1   Graet»,  Wied.  Ann.  11.  p.  »13.  1880. 


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Strahlungsgesetz. 


100°,  182,7°  gehalten  wurde.  Bestimmte  man  für  jede  der 
Versuchsreihen  die  Constante  m  des  Dulong-  Petit' sehen 
Strahlungsgesetzes,  so  ergaben  sich  die  drei  Werthe: 

w?  j  =  0,01253,     m2  =  0,01381  ,     m3  =  0,01353, 

weiche  um  10  Proc.  voneinander  abweichen  und  daher  be- 
weisen, dass  das  Dulong-Petit'sehe  Gesetz  die  Beobachtun- 
gen, die  auf  1—2  Proc.  zuverlässig  sind,  nicht  genügend  dar- 
stellt In  gleicher  Weise  ergaben  sich  fiir  die  Constante  n 
des  Stefan'schen  Gesetzes  die  drei  Werthe: 

rr,  =  1,086. 10-",    <t,  =  1,057  .  Kr-",    a3  =  1,085. 10-", 

welche  im  Maximum  um  2,7  Proc.  differiren  und  beweisen,  dass 
dadurch  eine  erheblich  bessere,  nahezu  vollkommene  Darstel- 
lung der  Beobachtungen  gegeben  ist 

In  derselben  Weise  habe  ich  nun  die  Constante  C  der 
Weber'schen  Formel  aus  den  drei  Beobachtungsreihen  be- 
stimmt, und  es  ergab  sich: 

C,  =  1,369.10-»,    C;  =  1,733.10-*,    Q  =  2,000. 10-*. 

Die  drei  Werthe,  welche  einander  gleich  sein  sollten,  wenn 
die  Weber' sehe  Formel  den  Beobachtungen  genügte,  weichen 
um  mehr  als  30  Proc.  voneinander  ab  und  zeigen  einen 
ausgesprochenen  Gang  mit  der  Temperatur.  Die  Weber' sehe 
Formel  stellt  daher  in  keiner  Weise  meine  Beobachtungen  dar. 

Die  Constante  C  wurde  aus  der  Differentialgleichung: 

-cdT=  4nriCdt{TeaT-  7>flT) 

berechnet,  in  welcher  T0  die  absolute  Temperatur  der  Hülle 
ist.  Indem  man  T-  7*0-»x  setzte,  Hess  sich  auf  der  rechten 
Seite  der  Gleichung: 


der  Factor  von  dx  in  eine  Reihe  entwickeln,  von  der  noch  die 
Glieder  mit  x*  zu  berücksichtigen  waren,  der  Ausdruck  inte- 
griren  und  so  C  berechnen. 

2.  Da  meine  Versuche  also  die  Weber 'sehe  Formel  nicht 
bestätigen,  so  war  es  wichtig  zu  sehen,  wie  weit  die  Sehl  ei  er- 
mach er 'sehen  Beobachtungen  durch  diese  Formel  genügend 
dargestellt  werden.  Sieht  man  vorläufig  von  den  Einwänden 
ab,  die  gegen  die  Zahlen  von  Schleiermacher  zu  erheben 


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860 


L.  Graetz. 


sind1),  so  würde  ein  guter  Anschluss  der  Formel  an  diese 
Beobachtungen  doch  jedenfalls  verlangen,  dass  die  Abweichun- 
gen nicht  viel  grösser  sind,  als  die  Fehler,  die  Hr.  Schleier- 
macher selbst  seinen  Beobachtungen  zuschreibt.  Hr.  Weber 
hat  aus  den  Beobachtungen  eine  Mittelcurve  frei  construirt  und 
dieser  die  Constante  der  Formel  angepasst.  Berechnet  man 
jedoch  mit  dieser  Constante  die  direct  beobachteten  Wärme- 
mengen, so  findet  man  folgende  Abweichungen  der  berechneten 
von  den  beobachteten  Zahlen  in  Procenten  der  letzteren. 

1.  Für  d.  blanken  Platindraht       2.  Für  den  Draht  mit  Kupferoxydul 


II       III  IV 


+  14%  +1 6°  o  +  2,8°  o  +  35% 
+  4      +5,5  ,-1,5  +27 


J 

« 

III   '    IV   '     V  VI 

+  17% 
+  13,5 

+  10 

-1.1 
-5 
+  2,5 

-17% 
+  7 
+  11 
0 

-6,6 
-2 

+  16<V-30% 

0  -29 
+  1,2  -6 
-7  -9 
-6  -10 
+  1  -5 

+  100%  +90% 
+  50     1  +  42 
+  25      1  +  22 

0        1  0 
-8,9  -3 
+  7  ,-4 

-5  -6,8  -6  +1,7 
-5,3  -7  -10  -3,7 
+  8      +5      +2,3  -1,0 

Die  Abweichungen  gehen  also  bei  dem  blanken  Platindraht  bis 
zu  35  Proc.,  bei  dem  mit  Oxydul  bedeckten  Draht  bis  zu  100 
Proc.  der  beobachteten  Werthe.  Ungefähr  von  derselben  Grösse, 
nur  unbedeutend  grösser,  sind  aber  auch  die  Abweichungen, 
welche  das  Stefan'sche  Gesetz  gegenüber  diesen  Beobachtun- 
gen ergiebt.  Legt  man  nämlich  flir  die  Constanten  a  die 
Mittelwerthe  zu  Grunde,  für  den  blanken  Draht  a  -  7,401. 10  ~6. 
für  den  bedeckten  a  ■=  45,6. 10"e,  so  erhält  man  in  derselben 
Weise  folgende  procentische  Abweichungen. 

1.  Für  den  blanken  2.  Für  den  mit  Kupferoxydul 

Platindraht.  bedeckten  Draht 


1 

»J 

III  1 

IV 

Proc. 

Proc. 

Proc. 

Proc. 

+  6 
+  6 
+  3 
-6 
-25 

+  6,7 
+  6,2 
+  0,8 
-6 
-26 

+  11 
+  8 
+  6,7 

zl 

+  33 
+  27 
+  8 
-4 
-27 

1 

II  1 

1 

III 

IV 

V    !  VI 

Proc. 

Proc. 

Proc. 

Proc. 

Proc.  j  Proc 

+  17,5+40,1  -8,3  +  38,6  -100   -  100 

+  15,51+21   |  +2,31+29,6  -70,l|-72 

+  7,6  1+9,2  —1,0!  +5,9  -41,8  -33 

+  1     '+2,7  -1,5  +8,6  -10,5-9,5 

+  0,9    +1,8  0  +2,3  -3,7  -3,6 

+  2      +2,9  +3,5  +5,3  +2,6  +0,4 

1)  Gegen  die  Versuche  des  Hrn.  Schleiermacher  über  die  Strah- 
lung bei  hohen  Temperaturen  ist  der  erhebliche  Einwand  zu  macheu,  dass 
durch  den  Strom  erwärmte  Drähte  zerstäuben.  Diese  Zerstäubung  er- 
fordert einen  Theil  der  Energie,  welche  also  in  der  Joule' «hon  Wärme 


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Strahlungsgesetz, 


861 


Man  sieht,  dass  die  Abweichungen  des  Stefan'schen  Gesetzes 
wohl  grösser  sind,  als  die  der  Weber' sehen  Formel,  aber  doch 
nicht  in  dem  Maasse,  dass  man  berechtigt  wäre,  zu  sagen,  die 
eine  Formel  stelle  die  Beobachtungen  gut  dar,  die  andere  nicht. 
Keine  von  beiden  Formeln  lasst  sich  auf  diese  Beobachtungen 
anwenden.  Nicht  anders  ist  es  bei  den  neueren  Versuchen 
Scbleiermacher's  über  die  Strahlung  im  Intervall  von  0° 
bis  170°  C.  Hier  zeigen  dieselben  gegen  das  Stefan 'sehe  Ge- 
setz einen  ausgesprochenen  Gang  und  weichen  bis  zu  25  Proc.  ab. 
Aber  auch  gegen  die  Weber' sehe  Formel  ergaben  sich  fol- 
gende Abweichungen,  welche  namentlich  bei  der  höheren  Tem- 
peratur erheblich  genug  sind. 

Draht  I:    1+2,6    +1,2    -1,8    +8    +2     -0,3  Proe. 
II  -12     -25     -20     -7    -12  Proc. 

Draht  II:  I  -4       +1,2    -4,5    -2,7    +2,2    +3,5    +20  Proc. 
II  -10    -18,7    -12     -33  Proc. 

Also  auch  die  Schleier  mac  her' sehen  Beobachtungen  können 
nicht  als  Beweis  für  die  Richtigkeit  der  Weber' sehen  Formel 
dienen. 

3.  Eine  scheinbar  sehr  schlagende  Bestätigung  seiner  For- 
mel erhält  Hr.  Weber  aus  den  Beobachtungen  von  Vi  olle 
über  das  Verhältniss  der  Gesammtstrahlung  des  schmelzenden 
Platins  zu  der  des  schmelzenden  Silbers,  eine  Bestätigung, 
welche  ihm  die  Gültigkeit  seiner  Formel  bis  nahe  an  1700°  C. 
beweist.  Diese»  Verhältniss,  das  experimentell  zu  56,7  von 
Weber  gefunden  wurde,  drückt  sich  aus  durch: 

c  W  _-) 

worin  Tx  =  2048,  T3  =  1227  die  Schmelzpunkte  von  Platin 
und  Silber,  T0  =  290  die  Temperatur  der  Umgebung  ist.  Nun 
ergiebt  sich  der  Factor  von  CllCi  allein  zu  57,6;  es  kommt 

nicht  erscheint  Die  Versuche  über  Strahluug  bei  niedrigen  Temperaturen 
und  über  die  Wärmeleitung  der  Gase  sind  ebenfalls  durch  die  Zerstäubung 
beeinflusst,  indem  die  materiellen  Theilchen  des  zerstäubten  Drahtes  einen 
Theil  der  Leitung  übernehmen.  Nach  dem  experimentellen  Studium  dieser 
Verhältnisse  werde  ich  auf  die  Arbeit  des  Hrn.  Schleiermacher  zurück- 
kommen. 


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*62 


Graetz. 


also  allein  auf  den  Werth  von  Cu  Cit  das  Verhaltniss  der 
Emissionsvermögen  von  Platin  und  Silber  an.  Dieses  Verhalt- 
niss bestimmt  Hr.  Weber  für  möglichst  reine  Metalle  zu 
1,032,  sodass  sich  der  Werth  59,1  statt  des  beobachteten  56,7 
berechnet,  eine  unwesentliche  Abweichung.  Die  Zahl  1,032 
aber  ist  ganz  wesentlich  verschieden  von  den  anderen  Bestim- 
mungen des  Verhältnisses  dieser  Emissionsvermögen.  De  la 
Provost  aye  und  Desains1)  fanden  für  das  Emissionsvermögen 
(Russ  «100  gesetzt)  von  gewalztem  Platin  10,74,  gewalztem 
Silber  2,94  also  CxlC2  =  3,69.  von  geglättetem  Platin  9,09,  ge- 
glättetem Silber  2,38  also  t\/C4  =  3,81.  Aus  Reflexionsver- 
suchen2) fanden  sie  für  das  Absorptionsvermögen,  das  dem 
Emissionsvermögen  gleich  ist,  Werthe,  die  zwischen  4  und  7 
schwanken.  Die  Constanten  C  hängen  ja,  wie  man  weiss,  sehr 
wesentlich  von  der  Oberflächenbeschaffenheit  dei  Substanz  ab: 
aber  dann  ist  es  auch  nicht  zulässig,  die  Oberflächenbeschaffen- 
heit einer  Metallplatte  bei  100°  gleich  derjenigen  zu  halten, 
welche  sie  bei  nahe  an  2000°  besitzt.  Uebrigens  ergiebt 
sich  der  Einfiuss  der  Oberflächenbeschaffenheit  aus  Weber's 
Zahlen  selbst.  Er  berechnet  nämlich  für  drei  blanke  Platin- 
drähte von  Hrn.  Schleiermacher  als  Emissionsconstanten 
die  Werthe:         C=2,29,     3,44,  4,45. 

Der  Werth  1,032.  den  er  für  die  beiden  Metallblecbe  ge- 
funden hat,  ist  also  ein  ganz  zufälliger  uud  exceptionell  kleiner; 
er  kann  leicht  um  das  Doppelte,  Dreifache  und  mehr  variiren. 

Um  selbst  einen  Werth  von  C,  j  C.,  zu  erhalten,  habe  ich 
die  zwei  gegenüberliegenden  Seiten  eines  Messingwürfels  galva- 
nisch mit  den  Metallen  stark  überzogen,  die  eine  mit  Platin, 
die  andere  mit  Silber,  dieselben  polirt  und  mittels  der  Thermo- 
säule  das  Verhältniss  der  Strahlungen  bestimmt,  wenn  der  Würfel 
mit  Wasser  von  100u  gefüllt  war.  Es  ergaben  sich  in  meh- 
reren Beobachtungen  die  Verhältnisse: 

3,2;    3,6;    3,5;    2,9:    2,8  im  Mittel  3,2. 

Indess  hat  auch  diese,  wegen  der  Kleinheit  der  Strahlungen 
unsichere  Bestimmung  nur  Gültigkeit  für  die  beiden  unter- 
suchten Platten. 

1)  De  la  Provostaye  und  Desains.  Compt.rend.  22.  p.  825.  1846. 

2)  De  la  Provostaye  und  Desains,  Ann.  de  chin,  et  de  phys. 
(3)  30.  p.  431.  185t. 


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Strahlunggyeselz. 


863 


Man  muss  sogar  sagen,  dass  die  Stetan'sche  Formel  auf 
diese  Versuche  angewendet  weniger  abweichende  Resultate  gibt, 
als  die  Weber' sehe,  falls  man  nicht  den  exceptionellen  Werth 
des  Emissionsverhältnisses  von  Weber,  sondern  den  Mittel- 
werth der  Zahlen  von  de  la  Provostaye  zu  Grunde  legt. 
Mit  dem  Werth  Cx  j  Cz  (resp.  ttl  ( a2)  —  4  ergiebt  sich  nämlich 
die  Vio lie' sehe  Zahl,  die  zu  56,7  beobachtet  wurde,  aus  der 
Weber 'sehen  Formel  zu  230,4,  während  sie  aus  der  Stefan  '- 
sehen  Formel  sich  zu  32  berechnet. 

Solange  über  das  Verhältniss  der  Emissionsvermögen  nicht 
grössere  Sicherheit  vorliegt,  ist  diese  Violle'sche  Beobachtung 
zur  Entscheidung  über  Strahlungsgesetze  nicht  geeignet. 

4.  In  Bezug  auf  die  homogene  Strahlung  stellt  Hr.  Weber 
die  erste  Prüfung  seiner  Formel  an  den  La  n  gl  ev' sehen  Mes- 
sungen der  Strahlungsintensität  der  Kohle  für  verschiedene 
Wellenlängen  an.  Er  schätzt  die  Unsicherheit  der  Langley'- 
schen  Zahlen  auf  1 — 2  Proc.  und  ist  von  dem  Anschluss  seiner 
Formel  an  die  Messungen  befriedigt  Indess  ergeben  sich, 
wenn  man  den  Werth  von  £3  =  0,202. 10-6  mittelst  kleinster 
Quadrate  berechnet,  doch  folgende  procentische  Abweichungen 
gegen  Langley's  Messungen: 

0,   -5,6,  -13,  -15,  -13,  -12,5,   -12,  -10,  -12, 

-  12,   -12,  -  1U  Proc., 

was  kaum  als  eine  befriedigende  Darstellung  angesehen  werden 
dürfte. 

Einen  besonders  guten  Beleg  für  seine  Formel  findet  aber 
Hr.  Weber  endlich  in  den  Messungen  von  Garbe  über  den 
Zusammenhang  zwischen  der  Lichtstärke  H  für  bestimmte 
Wellenlängen  und  der  verbrauchten  Arbeit  A  bei  Swan-  und 
Maxiraiampen.  In  der  That  schliesst  sich  die  Formel  von 
Weber  diesen  Beobachtungen  gut  an.  Es  ist  jedoch  leicht 
einzusehen,  dass  dieser  Anschluss  nothwendiger  Weise  ein  guter 
sein  muss,  da  Weber  zur  Darstellung  der  Beobachtungen  zwei 
willkürliche  Constanten  benutzt,  während  Garbe  selbst  diese 
Werthe  schon  durch  eine  Constante  dargestellt  hat 

Hr.  Weber  stellt  nämlich  das  Verhältniss  der  Helligkeiten 
für  dieselbe  Wellenlänge  bei  zwei  verschiedenen  Temperaturen 
nach  seiner  Formel  dar  durch: 


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864  L.  Graetz.  Struhlungigettt:. 

die  darin  vorkommenden  Temperaturen  wurden  bestimmt  durch 
die  Gleichung: 

A  —  CFTeaT, 

worin  C  eine  neue,  fur  die  Kohle  zu  bestimmende  Constante 
ist  Entnimmt  man  aus  dieser  letzten  Gleichung  die  Werthe 
von  T  und  trägt  sie  in  die  erste  ein,  so  wird  hl  J  H%  dargestellt 
als  Function  der  Al  und  At  mit  zwei  Constanten  b  und  Q 
welche  von  der  Substanz  abhängig  sind. 

Nun  hat  aber  Hr.  Garbe  selbst  seine  Resultate  durch 
die  Formel: 

dargestellt,  woraus  sich  ergiebt: 

H%  \At-h) 

In  dieser  Formel  kommt  nur  die  eine  fur  die  Substanz 
charakteristische  Grösse  h  vor.  Wenn  auch  die  Form  der 
Gar  be' sehen  Darstellung  nicht  rationell  ist,  so  beweist  sie 
doch,  dass  man  die  Beobachtungen,  soweit  sie  das  Verhältniss 
der  Helligkeiten  betreffen,  schon  durch  eine  Constante  genügend 
darstellen  kann,  sodass  die  Darstellbarkeit  durch  zwei  Constanten, 
wie  in  der  Weber 'sehen  Formel  nichts  Merkwürdiges  enthalt. 
Die  Zahl  0,522  spielt  bei  Garbe  dieselbe  Rolle  wie  die  Zahl 
a  =0,0043  bei  Weber,  ist  also  keine  von  der  Substanz  ab- 
hängige Grösse. 

Die  vorstehenden  Bemerkungen  in  Bezug  auf  die  Weber'- 
sehe  Arbeit  können  den  Werth  nicht  schmälern,  den  die  zu- 
sammenfassende Betrachtung,  wie  sie  Weber  giebt,  sowohl  für 
die  vorhandenen  Beobachtungen,  wie  namentlich  als  Fingerzeig 
für  neue  Probleme  und  Messungen  besitzt.  Es  sollte  nur  ge- 
zeigt werden,  dass  die  gegebene  Lösung  des  Strahlungsproblem- 
nicht  in  genügender  Weise  den  vorhandenen  Beobachtungen 
entspricht,  und  dass  für  die  Gesammtstrahlung  das  Stefan'sche 
Gesetz  bisher  noch  ebenso  viel,  oder  da  es  einigermasseu  theo- 
retisch begründet  werden  kann,  mehr  Recht  besitzt,  als  die 
neue  Formel. 

München,  Januar  1889. 


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P.  Drude.  Oberflächenschichten. 


8öf> 


VIII.   Heber  Oberflächenschichten.    II.  TheU; 

von  P.  Drude. 

<Ht«rx«Taf.  X  Hf.  8-14.) 

In  einer  früheren  Arbeit1)  habe  ich  experimentell  den 
Einfiuss  von  Oberflächenschichten  auf  die  Reflexion  des 
Lichtes,  sowohl  an  durchsichtigen,  wie  absorbirenden  Medien 
zu  ermitteln  gesucht.  Es  hat  sich  herausgestellt,  dass  sie 
an  natürlichen  unberührten  Spaltungsflächen  fast  völlig 
fehlen,  dagegen  an  polirten  Flächen  vorhanden  sind. 

Ersteres  spricht  dafür,  dass  die  natürliche  Oberflächen  - 
Schicht,  wie  sie  z.  B.  durch  continuirlichen  Uebergang  des 
einen  Mediums  in  das  andere  hervorgerufen  werden  könnte, 
bei  festen  Körpern  sehr  gering  ist.  Bei  Flüssigkeiten  hat 
sie  aber  wesentlichen  Einfiuss,  und  da  man  auch  bei  den 
meisten  festen  Körpern,  um  sie  als  Spiegel  zu  gebrauchen, 
auf  Poliren  angewiesen  ist,  eine*  Polirschicht  sich  aber  nie 
ganz  entfernen  lässt,  so  scheint  es  mir  von  Interesse,  auch 
theoretisch  den  Einfiuss  der  Oberflächenschichten  zu  ermitteln, 
um  ihn  eventuell  durch  geeignete  Methoden  eliminiren  oder 
wenigstens  taxiren  zu  können. 

Es  soll  Über  das  Verhalten  der  optischen  Constanten 
der  Oberflächenschicht  gar  keine  specielle  Annahme  gemacht 
werden.  Es  kann  also  das  eine  Medium  in  das  andere  auch 
continuirlich  tibergehen.  Da  dies  aber  nicht  durch  dazwischen 
liegende  Werthe  der  optischen  Constanten  zu  geschehen 
braucht,  so  wähle  ich  auch  in  diesem  Falle  das  allgemeinere 
Wort  Oberflachenschicht  anstatt  des  Wortes  Uebergangs- 
schicht. 

Da  die  zu  benutzenden  Gleichungen  sämmtiieh  linear 
sind,  und  in  diesem  Falle  die  Behandlung  absorbirender 
Medien  sioh  von  der  der  durchsichtigen  nur  formell  unter- 
scheidet, falls  man  coraplexe  Grössen  einfuhrt,  so  scheint 
die  Bestimmung  der  reflectirten  Amplitude  bei  continuir- 

1)  P.  Drude,  Gott.  Nachr.  11.  p.  275.  1888  und  Wied.  Ann.  36. 
p.  :>32.  1889. 

Aop.  il.  l'tayi.  u.  Chem.  X.  F.  XXXVI.  55 


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P.  Drude. 


liebem  U ebergang  im  wesentlichen  schon  durch  die  Arbeiten 
der  Herren  von  der  Mübll1)  und  H.  Lorenz8)  erledigt 
zu  sein.  Ich  möchte  schon  hier  den  Unterschied  des 
Nachstehenden  gegen  die  genannten  Arbeiten  hervorheben. 
Hr.  von  der  Mühll  benutzt  als  Grenzbedingungen  die 
sechs  sich  aus  der  Elasticitätstheorie  ergebenden  Bedingungen 
der  Gleichheit  der  Verschiebungen  der  Aethertheilchen  und 
der  der  Druckkräfte  zu  beiden  Seiten  der  Grenze,  infolge 
dessen  longitudinale  Wellen  einzufahren  nöthig  sind.  Hier 
wird  die  Voigt'sche  Lichttheorie  zu  Grunde  gelegt,  d.  h.  als 
Grenzbedingungen  die  Gleichheit  der  Verschiebungen  und 
das  Kirchhoff'sche  Princip  angewandt.  Die  Resultate  sind 
demnach  auch  verschieden. 

Hr.  H.  Lorenz  legt  die  FresneTsche  Definition  der 
Polarisationsebene  zu  Grunde,  d.  h.  Verschiedenheit  der 
Dichtigkeit  des  Lichtäthers  in  beiden  Medien.  Die  Be- 
trachtungen wären  ebenso  leicht  nach  der  Neumann 'sehen 
Vorstellung  auszuführen;  allein  die  Art  der  Herleitung  ist 
hier  insofern  anders  und,  wie  mir  scheint,  kürzer,  weil  die 
Summation  der  einmal,  dreimal,  fünfmal  etc.  retlectirten 
Lichtstrahlen,  wie  sie  Hr.  H.  Lorenz  durch  Aufstellung 
einer  Functionalgleichung  und  durch  Integration  einer  aus 
ihr  abgeleiteten  Differentialgleichung  ausführt,  vermieden 
wird  und  eine  Differentialgleichung  direct,  oder  auch  das 
Resultat  ganz  ohne  eine  solche  hergeleitet  wird. 

Strenge  Formeln  für  «-Schichten  endlicher 
Dicke.  —  Es  sollen  n  parallele  Schichten  1,  2,...n  zwischen 
zwei  Medien  0  und  n  +  1  vorausgesetzt  werden,  ihre  resp. 
Dicken  seien  ^ ,  lt ,  .  .  .  /„  und  ihre  optischen  Constanten 
uv  a2, . . .  <*„,  wo  die  a  complexe  Zahlen  sind  und  die  früher 
definirte3)  Bedeutung  haben.  Analog  seien  die  Constanten 
des  ersten  und  letzten  Mediums  a0  resp.  crw+i. 

Es  soll  ein  rechtwinkeliges  Coordinatensystem  xt  y,  r, 
zu  Grunde  gelegt  werden,  die  yz-Ebene  den  Grenzen  parallel, 
die  xz- Ebene  in  der  Einfallsebene,  den  Coordinatenanfang 

1)  K.  von  dor  Mühll,  Mathem.  Ann.  5.  p.  471.  1872. 

2)  H.  Lorenz,  Pogg.  Ann  111.  p.  460.  1860. 
3i  P.  Drude,  Wied.  Ann.  82.  p.  596.  1887. 


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Oberfläclienschichten.  867 

auf  der  ersten  Grenze  (zwischen  den  Medien  0  und  1),  die 
z-Axe  von  0  nach  1  gerichtet.  Die  Zugehörigkeit  zu  den 
einzelnen  Medien  soll  durch  entsprechende  Indices  bezeich- 
net werden. 

Die  Verrückungen  der  Aethertheilchen,  parallel  den 
Coordinatenaxen  x,  y,  zf  seien  u,  v,  w.  Dieselben  sind  die 
reellen  Theile  gewisser  complexer  Ausdrücke.  Da  alle  auf- 
tretenden Gleichungen  linear  sind,  so  setze  ich  u,  v,  w  diesen 
Ausdrücken  gleich,  wobei  dies  aber  die  obige  Bedeutung  hat. 

Es  sollen  ebene  Wellen  in  0  nach  1  hin  einfallen.  Die 
Schwingungen  parallel  und  senkrecht  zur  Einfallsebene  lassen 
sich  gesondert  behandeln.  Ich  nehme  zunächst  letztere  vor 
und  setze,  indem  der  Index  r  reflectirte,  der  Index  d  ge- 
brochene, e  die  ursprünglich  einfallende  Welle  bezeichnet: 

(l—  ft*T*»*  )  U  —  iMx  —  »v-  ) 


(1) 


7/1  =  1,   2,   .   .   .  71, 

*'    _  n  *  t*  * 


Hierin  ist  t  =  T/271,  wo  jT  die  Schwingungsdauer  be- 
deutet E,  R,  D,  ju,  w  sind  complexe  Zahlen,  in  den  späteren 
Anwendungen  wird  E,  p  und  n0  reell  angenommen  werden, 
da  das  Medium  0  dann  als  durchsichtig  vorausgesetzt  wer- 
den wird. 

Wegen  der  Differentialgleichungen  der  Bewegung  des 
Aethers  ist: 

(2;  ^  +  nj  =  J  ,       ///  =  0,  1  .  .  .  h  +  1 . 

D  e  Grenzbedingungen  lauten: 
Für  r  =  0  ist: 

„  «  4.  v  r  _  „  «  +  v  r  a   *V+  O  =  „  +  0  . 

0  0  1    t      1   >  »o  —  U\         ß:  ' 


(■') 


für  z  =  /, : 

ü,   +  üj  —  v2       vt  %  dz       -  ut  dz 


55 


» 


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868  P.  Drwff, 


l        für  z  «  lx  +  /2: 


(3) 


r  Ä  /,  +  k  H  +  '»: 


Setzt  man  für  v  die  Werthe  aus  den  Gleichungen  (I) 
ein,  so  entsteht  aus  (3): 

c/0^(E0'-B0')-«1/t1(D1'-R1'); 

-•      w,l,                   J-  it,  t,                   —      nst,                   —  — 

D,v    f      +  R/*  =D.,*e   1      +  R2'<-  , 

-«^A1»  J-«2^2lD^   r     -R2V   *  ); 

D2'e  r        +  R2'*  =DS'*            +  R3v  ' 


—  a2  ?r2 


=  «3  7T3 


[Da'e    '  -K/e    '  J 

IV  «    1  -B,-e    f  J; 


D,/e  +  B.'e 

-  -^w+i<l,+l.4-..+»1,) 
=  </n+l  Jfn+1  * 

Setzt  man: 

w  =  2 ,  3  j  .  .  7i 

und  dividirt  je  zwei  untereinander  stehende  Gleichungen,  so 
erhält  man: 

FV-V  «iW|'d/-V 


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Oberßächetuchichten. 


*Ö9 


(4) 


 +  -  1 1 (, 

D,V    1      -  R,V  1 


—  —  »«  C  1  '„ 


Diese  «  +  1  Gleichungen  genügen  zur  Bestimmung  der 
n  +  1  Unbekannten: 

V  Dg'  D„' 

Es  möge  nun  die  in  der  Einfallsebene  schwingende 
Componente  betrachtet  werden.    Wir  setzen: 

W  +  V  . 

um  =  -  Die  , 

«m  =   -     K£<?  , 


(5) 


 e 


w\*  =  - 


-  (l-i/i*-.,,,!)) 


D 


rn  =  1,  2,  .  .  .  w. 


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870 


P.  Drude. 


Ate  Grenzbedingungen  genügen  hier  die  Gleichheit  der 
Verrückungen,  die  der  Arbeiten  der  auf  den  Aether  wir- 
kenden Ki&fte  folgt  von  selbst  daraus.    Es  ist  also: 

für  *  =  /,  +/2 +  ..  +  /.: 

d     ,       r  d         ,       r  d     ,       r  d  r 

"«  +  "m  =  w»+i  +  «.x  l,        w.  +       —     m+l  +  rrÄ+1. 
Setzt  man  wieder: 


(6) 


Dp  ...l.+«rh..+«^i)  _  B^+7  -.11.+«,+.  1>_  RJ> 

so  erhält  man  die  Gleichungen: 

E0P  +  V  =  rro  D,p+  R/ 


—       I  *  I  +  -  "ill  . 

D/e    «       +  Rpe    '  rr,    Dt>+  R»> 


D,1 


—  »i'i 


R,p  e  1 


'n         •     +  »n'n 
+  Rpr  r 


-  Rp« 


n-4  1 


Diese  n  +  1  Gleichungen  genügen  zur  Bestimmung  der 
«  +  1  Unbekannten: 

R/     V  R„p 

E/'    Dp'    '    '  D*p 

Setzt  man: 


(8) 


R* 


=  A* 


Rp 

m 

*  Dp 


=  ap»    w  =  0, 1,2..«, 


wobei  D0'=E0  gesetzt  ist,  so  kann  man  beide  Gleichungs- 
systeme (4)  und  (7)  in  der  gemeinschaftlichen  Form  schreiben: 


i  +  V  = 
i  -  V 

2i  , 

t  +  A,Vr 
1  -  A,Vl 


i  +  n 


b.i  1  +  A, 


1  +  r? 


1.2    1  +  A/ 


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Oberftächenschichten. 


871 


n,  i»-fl 


n,  n+1 


wo  der  Index  v  beliebig  p  oder  *  sein  kann. 

Die  rMtm+x  haben,  falls  alle  Medien  durchsichtig  sind, 
die  Bedeutung  der  Schwächungscoefncienten  des  Lichtes, 
wenn  es  an  der  Grenze  der  Medien  m  und  m+1  unter  dem 
Winkel,  dessen  sin  den  Werth  u  /Vp*  +  n*?  hat,  reflectirt  wird. 
Für  absorbirende  Medien,  wo  r  complex  ist,  ist  dies  in  über- 
tragener Bedeutung  zu  verstehen,  der  Modul  von  r  ist  der 
eigentliche  Schwächungscoefficient,  das  Argument  ist  die  bei 
der  Reflexion  eintretende  Verzögerung. 

Will  man  nur  die  im  Medium  0  reflectirte  Amplitude 
(und  Verzögerung)  erfahren,  so  kommt  es  nur  auf  Kenntniss 

vonA0>  d.h.  Elimination  der  Alf  A3  A„  aus  den  n+1 

Gleichungen  (9)  an. 

Diese  Elimination  ist  in  jedem  Falle,  von  der  letzteren 
der  Gleichungen  anfangend,  leicht  auszuführen.  Es  hat  kein 
wesentliches  Interesse,  den  Ausdruck  explicit  hier  zu  ent- 
wickeln, da  er  zu  verwickelt  ist,  um  allgemeine  Folgerungen 
daraus  zu  ziehen.  Jedenfalls  ist  die  Aufgabe  als  gelöst  an- 
zusehen, da  Aq,  d.  b.  die  bei  der  Reflexion  an  den  n  Schich- 
ten eintretende  Schwächung  und  Verzögerung  als  Function 
der  Constanten  «0,  ax . . . «»  und  p,  die  als  gegeben  anzusehen 
sind,  zu  berechnen  ist. 

Die  Formeln  umfassen  auch  die  Fälle,  wo  einige  der  n- 
Schichten  durchsichtig  sind,  und  wo  an  ihnen  Totalreflexion 
eintritt.  Die  entsprechenden  nm  sind  in  diesem  Falle  ima- 
ginär. 

Continuirlicher  Uebergang  des  einen  Mediums 
in  das  andere.  —  Es  sollen  jetzt  die  Formeln  (9)  auf  den 
Fall  angewandt  werden,  dass  das  Medium  0  continuirlich 
durch  die  Vermittelung  der  Medien  1,  2, . .  n  in  das  Medium 
»4-1  übergeht. 

Wir  setzen  demnach: 


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S72 


P.  Drude. 


Nach  (8)  ist  dann: 


(10)    rl.m+l  =  -  < 


Läset  man  die  oberen  und  unteren  Indices  nun  fort,  so 
erhalt  man  aus  (9)  sofort  die  Differentialgleichung: 


falls  L  die  Dicke  der  Schicht  bezeichnet,  innerhalb  deren 
u  variirt,  und  falls  auf  diese  keine  andere  optisch  unterschie- 
dene Schicht  folgt. 

Es  sollen  hier  nur  die  Fälle  betrachtet  werden,  wo 
die  Aendernng  der  optischen  Constanten  mit  der  Dicke  des 
Zwischenmediums  sehr  rasch  erfolgt,  was  bei  natürlichen 
Oberflächenschichten  jedenfalls  stattfindet 

Es  ist  demnach  (rc/r)rf/  klein  gegen  dr,  und  es  ist  ge- 
stattet, in  dem  mit  dl  behafteten  Gliede  denjenigen  N&he- 
rungewerth  Ä  für  A  einzusetzen,  den  man  aus  (11)  erhalt, 
wenn  man  dort  dl  =  0  setzt. 

Die  Gleichung  lässt  sich  sofort  integriren  und  liefert 
mit  Berücksichtigung  der  Grenzbedingungen: 


so  ergibt  sich: 

wenn  et',  n'  die  Werthe  von  a  und  n  im  zweiten  Medium 
bedeuten,  welche  es  in  grösserem  Abstand  von  der  Grenze 
besitzt. 

Diese  Näherungswerthe  von  A  sind  also  diejenigen,  die 
man  bei  einem  plötzlichen  Uebergange  deB  einen  Mediums  in 
<las  andere  erhält. 


dl) 


0. 


Dabei  bestehen  die  Greozbedingungen : 

A  =  A0  für  /  =  0, 
A  =  0    für  /  =  /,, 


L 


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Oberflächenschichtcn.  873 

Nach  Einsetzen  der  Näherungswerthe  (12)  in  den  Factor 
von  dl  in  (11)  erhält  man  durch  Integration: 

L 

i    r      a'*m^ —  .«*j»'-4 

1— A'  *n' 
(13)     '  9  L 

1-V  n 

Benutzt  man  die  Relationen: 
so  läset  sich  (13)  schreiben: 

L 

l  —  V    »  " 


(14) 


L 

*  \  r    ,i  l 


1  + V      n.    *  -  Jdt(- 


1  -  A0"  * 


Allgemeinste  O  ber  f  1  äch  e  n  s  ch  i  ch  t  e  n.  —  Die 
zuletzt  gefundenen  Resultate  können  auch  ohne  Zuhilfe- 
nahme einer  Differentialgleichung  abgeleitet  werden.  Zugleich 
soll  die  Voraussetzung,  dass  die  optischen  Constanten 
der  m  ten  Schicht  sich  nur  unendlich  wenig  von  denen 
der  vorangehenden  unterscheiden  sollen,  fallen  gelassen  wer- 
den und  ein  System  von  Grenzschichten  vorausgesetzt  wer- 
den, welches  ausser  stetigen  Uebergangen  auch  beliebig  viele 
Discontinuitäten  aufzuweisen  hat. 

Dabei  soll  aber  die  Dicke  des  ganzen  Systems  eine  gegen 
die  Wellenlänge  X  kleine  Grösse  sein,  sodass  das  Quadrat 
der  Dicke  gegen  A2  zu  vernachlässigen  ist. 

Dies  ist  offenbar  die  allgemeinste  Vorstellung,  die  man 
sich  von  einer  Oberilächenschicht  bilden  kann. 

Eine  solche  kann  man  sich  zerlegt  denken  in  ein  System 
von  7» -Schichten  der  Dicken  dlt..dlni  in  welchen  die 
optische  Natur  constant  ist. 

Das  Formelsystem  (9)  liefert,  wenn  man  den  oberen 
Index  v  fort  lässt,  nach  dlv1  di2..  entwickelt  und  deren 
Quadrate  fortlässt,  die  Gleichungen: 


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874 


P.  Drude. 


0') 


1  +  1  4-  r0  i    1  4-  A, 

l_A"  ~  1  -  r^'l^Ax  ' 

1  4-  A,  /'        4 1  A, 


\^_ri,i  1  4-  A* 
1  -  r, 


1  -  A,  [  1  +  t  *l  rf/*  1- A,']  -  F--rl>a  *  1  -  A,  ' 

i  -  a.  I1  +  t   rf/-i^?J  -  i -  ^ ;„+1- 


Hierbei  ist  es  gestattet,  in  den  mit  dl*  behafteten  Glie- 
dern fllr  A.  diejenigen  Näherungswerthe  Am  einzuführen, 
welche  aus  (9')  erhalten  werden,  wenn  man  dort  alle  d/m=0 
setzt.    Man  erhält  aus  (JT)  für  die  Km  die  Gleichungen: 

l  4-  A0  =  1^roA  \  4- A, 
l-Ä0 

1  +  Ä, 
l-Ä. 


1  -  r0>1   l  -  A, 
1  +  ri*    14-  A, 


1  -  r 


1.2    1  -  A, 


1  -  Aw       1  -  'V»»-H   1  -Äm+1 


I  _+ A, 
l  -  Ä. 


1  +  'W» 

1  -  '\n+l 


Durch  Multiplication  der  n  +  1  —  m  letzten  Gleichun- 
gen erhält  man,  da  nach  (8)  ist: 


1  +  rm.»+  l    1  +  rw-fl,  «4-2 


1  4-  r 


1  +  V 


1  -  r 


1  4-  A 


1  +  r 


n,  «4-1 
4  A. 


4  /' 


"  =    '   "V",    folglich:  m.=  • 

Durch  Multiplication  der  Gleichungen  (9')  erhält  man 
daher,  wenn  man  die  Werthe  für  r4,„  und  rj,n  aus  (8)  ein- 
führt und  an+i  =  u'j  7in^\  =  n  setzt: 

1  —  Ae        «  7i    \         r  ^  «««  ■» 


(13') 


1  -  A/        a'    V         r  ^  a"  / 


Fur  continuirlichen  U ebergang  erhält  man  so  die  frühe- 
ren Formeln  (13).    Zugleich  definiren  die  hier  gewonnenen 


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übet  flächenschkhtf>nt 


875 


Formeln  die  Bedeutung  der  in  (13)  auftretenden  Integrale, 
falls  innerhalb  der  Integrationsgrenzen  beliebig  viele  Discon- 
tinuitäten  liegen. 

Im  Folgenden  soll  wieder  an  Stelle  des  Zeichens  J£  das 
Zeichen  f  gesetzt  werden. 

Nennt  man  die  wirklich  stattfindenden  absoluten  Ver- 
zögerungen und  Schwächungsverhältnisse  J\  A*  und  o%  «*, 
d.  h.  setzt  man: 

A/=  o,eiJ-y  Af-9,eiJ'9 

bezeichnet  man  ferner  die  Werthe  von  rp  und  die  ein- 
treten würden,  falls  keine  Oberflächenschicht  vorhanden  wäre, 
mit  q  und  d,  setzt  man  schliesslich: 


(15) 


.  I  dl  =  0,  +  tdt  . 

r  7i  J  ttn 


so  nehmen  die  Gleichungen  (13)  die  Form  an: 


V  =  .9 


Ar  und  fV  sind  kleine  Grössen,  deren  Quadrat  man  gegen 
Eins  vernachlässigen  kann.  Man  erhält  so  aus  der  letzten 
Gleichung,  wenn  man  n,  =  tg  v\  setzt: 


(l«) 


-  ,  •  .  /  /  cos  J„       i  sin  J  ' 


(««in  J,,  /  cos  J  \ 

cos  Jv         ,  »in  J 
tg2«^  mn2^ 


Bei  durchsichtigen  Medien  ist  bei  gewöhnlicher 
Reflexion  cz,  </,  n  reell,  daher  <V=0.  Ferner  ist  J»=0, 
d.  h.  (16)  ergibt: 


(17) 


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87 Ü  F.  Drude. 

Es  ist  also  q  von  der  Uebergangsschicht  in  erster  Ord- 
nung unabhängig. 

Es  erklärt  sich  so,  dass  die  Experimente  über  die  abso- 
luten Intensitäten  des  reflectirten  Lichtes  völlige  Ueberein- 
stimmung  mit  der  Theorie  ergeben. 

Ist  ifjp—  0,  d.  h.  für  den  Polarisationswinkel,  so  sind  die 
Formeln  (17)  nicht  gültig.  Aus  (16)  folgt  leicht  in  diesem  Falle: 

Die  Behauptung  des  Hrn.  Voigt1),  dass  das  Zusammen- 
fallen von  Polar  isationswinket  und  Haupteinfallsuinkel  kein  Kri- 
terium fur  ein  Fehlen  von  Oberflächenschichten  bietet,  welche  1.  c, 
für  eine  specielle  Annahme  über  die  Constitution  der  Ober- 
flächenschicht bewiesen  war,  ist  somit  auch  für  die  allgemeinste 
durchsichtige  Oberfläche nschicht  gerechtfertigt.  *) 

Da  tg2t/',  stets  viel  kleiner  als  tg2wp  ist,  so  lehrt 
Formel  (17),  dass  A,  stets  weit  grösser,  als  Jp  sei.  Dies 
stimmt  mit  allen  bis  jetzt  gemachten  Beobachtungen  überein. 

Die  Formeln  (15)  und  (14)  lehren,  dass  öp  das  Zeichen 
wechselt,  je  nachdem  1  / a  —  1  ja ^ 0  ist.  So  ist  auch  die  Ver- 
schiedenheit des  Vorzeichens  der  von  Jamin  entdeckten  ellip- 
tischen Reflexion  durchsichtiger  Körper  erklärt,  da  es  je  nach 
dem  Brechungsexponenten  der  Oberflächenschicht  wechselt.3) 

1)  W.  Voigt,  Wi.d.  Ann.  31.  p.  32'J.  18*7. 

2)  Dies  Resultat  ist  plausibel,  weil  die  Wirkung  einer  allgemeinen 
Oberflächenschicht  sich  stets  durch  die  einer  Schiebt  derselben  Dicke  er- 
setzen lässt,  deren  optische  Natur  constaut  ist,  und  dereu  optische  Cod- 
stanten  gewisse  Mittelwerthe  der  der  allgemeinen  Obertfächenschieht  sind; 
denn  die  Integrale  lassen  sich  als  Mittelwerthe  auffassen.  Diese  sind 
aber  in  den  drei  Fällen  *,  p  uud  *:p,  ja  sogar  bei  s  für  verschiedene 
Einfallswinkel  verschieden ;  bezeichnet  man  die  ersetzenden  optischeu 
Coustanten  durch  einen  horizontalen  oberen  Strich,  so  gilt: 

L  L 

 -■        +'—  er    =  (1-»*«*)|        +  - 

it  a      J  J    <t       a  J 

■:  -r ' 


für  Fall  1:  L 


für  Fall  II: 


tt 

V 

L 


für  Fall  III:  L     -  "     j  =  f 

o 

3)  Das  Nähere  hierüber  s.  W.  Voigt,  Wied.  Ann.  23.  p.  121.  l«*4. 


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Oberßächenxthii  hten.  877 

Für  Totalreflexion  der  durchsichtigen  Körper 
ist  «f,  a,  7i  reell,  ri  imaginär.    Daher  d  =  0.    So  folgt: 

gv  =  c\  =  1 ,       J„  =  J„  +  *V  sin  /f., 

d.  h.  auch  hier  wird  nur  ^  durch  die  Uebergangsschieht 
beeinflusst. 

Wir  wenden  uns  wieder  zum  allgemeinen  Fall. 

Für  die  weitere  Discussion  ist  es  nothwendig,  A0  aus 
den  Gleichungen  (13)  zu  bilden.  Man  erhält  aus  ihnen  mit 
Rücksicht  darauf,  dass  L  eine  kleine  Grösse  ist,  deren  Quad- 
rat zu  vernachlässigen  ist: 


(18) 


(19) 


A0r-    •  -      -    1  +  —  -  r°   -  /  *a-  . 

o 

Mit  Benutzung  der  Relationen  (2)  wird  dies  zu: 


AGP=   -°-  -        1-  -11 A    -°.  -,!// 


Ist  E*  =  Ep.  d.  h.  ist  das  einfallende  Licht  linear  unter 
dem  Azimuth  45°  polarisirt,  so  wird: 

/. 

—   •  -  -         I  i  nop    I  —  • 

R„P         "0*0  +  «         ^o—  "    *  r  J     «     («0—  «')  ((l  ~  ."*(«.  +  «'»V 

o 

oder  mit  Benutzung  von  (2): 

(20) R-'.',,"^s,'fi+ 2,'.-° ....  ^ .  r^-'0'"-^^^ 

o 

Hieraus  ergibt  sich,  da  jU4—  jj«2«'' — *  ju2(«0H-a')—  l  ist: 

(2D  ,+R{=  --.(i-    '  - .  rV--2n-^  4 


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878 


P.  Drude. 


Aus  Formel  (18)  und  (20)  folgt,  dass,  wenn  a  constant 
gleich  a  ist,  die  Integrale  über  dl  verschwinden.  Dies  muss 
ja  auch  eintreten,  da  in  diesem  Falle  keine  Uebergangsschicht 
vorhanden  ist.  Eine  solche  ist  aber  auch  nicht  vorhanden, 
wenn  a  constant  gleich  a0  ist,  und  doch  sehen  wir,  dass  in 
diesem  Falle  nur  in  (20)  das  Integral  über  dl  verschwindet, 
in  den  Formeln  (18)  nicht. 

Dies  rührt  daher,  dass  A0  in  diesem  Falle  sich  nicht 
auf  die  genaue  Grenze  der  Medien  o  und  '  bezieht,  sondern 
auf  eine  um  L  entfernte  Ebene.  Will  man  es  auf  die  Grenze 

beziehen,  so  muss  man  es  mit  dem  Factor  e%  mul- 
tipliciren.  Man  erhält  dann  in  der  That  auch  Ausdrücke, 
die  L  nicht  enthalten.  Dieses  hat  natürlich  keinen  Einfluss 
auf  das  Verhältniss  der  beiden  Grössen  A9,  d.  h.  auf  die 
relative  Schwächung  und  Verzögerung,  und  daher  verschwin- 
det in  Formel  (20)  für  u=*u0  das  Glied  von  der  Ordnung/,. 

Elimination  dei  Wirkung  der  Uebergangsschicht. 
—  Es  sollen  jetzt  die  aufgestellten  Formeln  für  die  bei  der 
Rettexion  eintretenden  Schwächungen  und  Verzögerungen 
darauf  hin  untersucht  werden,  ob  man  sich  durch  gewisse 
Bedingungen  des  Experimentes  vom  Einfluss  der  Uebergangs- 
schicht frei  machen  kann. 

Wir  wollen  zunächst  voraussetzen,  dass  das  Licht  anstatt 
im  Medium  o  im  Medium  '  einfalle  und  an  o  reflectirt  werde, 
und  zwar  sei  der  Einfallswinkel  derjenige,  der  der  Brechungs- 
winkel zu  dem  früheren  Einfallswinkel,  falls  das  Licht  in  o 
einfällt,  sei. 

In  diesem  Falle  seien  die  refiectirten  Amplituden  mit 
R'  bezeichnet. 

Die  Bedingungen  dieser  Versuchsanordnung  sind  nur 
bei  zwei  durchsichtigen  Medien  zu  erfüllen  möglich.  Für 
diese  ist  es  sehr  leicht,  die  Uebergangsschicht  zu  eliminiren: 
denn  es  ist  nach  Früherem  q  von  ihr  unabhängig.  Ausser- 
dem bestimmt  man  bei  durchsichtigen  Körpern  die  Brechungs- 
exponenten genauer  durch  Brechung  als  durch  Reflexion;  die 
jetzt  aufgestellten  Formeln  bieten  sonach  kein  rein  praktisches 
Interesse,  bieten  aber  guten  Anlass,  die  Theorie  durch  das 
Experiment  zu  prüfen. 


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Oberflächenschichten.  879 

Um  die  Werthe  für  R'  zu  erhalten,  sind  die  Buchstaben 
mit  dem  unteren  Index  0  und  dem  oberen  '  gegenseitig  zu 
vertauschen,  ebenso  die  Grenzen  in  dem  Integrale  Ober  dl 

Hierdurch  würde  aber  erst  der  Werth  des  Verhältnisses 
R'/E  an  der  Grenze  des  Mediums'  und  der  Uebergangs- 
schicht  erhalten  werden.  Will  man  ihn  an  derselben  Grenz- 
flache ermitteln,  auf  den  sich  die  früheren  Formeln  beziehen, 
nämlich  an  der  Grenze  des  Mediums  o  und  der  Uebergangs- 
schicht,  so  muss  man  noch  den  Factor  e-2i/r  m'L  bei  R'*  und 
R>  hinzufügen  (cf.  p.  878). 

Berücksichtigt  man  dies,  so  lassen  sich  durch  Hinein- 
ziehen jenes  Factors  unter  das  Integralzeichen  die  Werthe 
für  R'  schreiben: 

E* 


{22)) 


nonu~  <*  n 
non<>  +  a  n 


A>-!L'__----;f1_li„'/,=:.--JL(,/)I 

EP  71 0  +  71   \  r        J     tt      u0—  IX  J 


und  für  E*  =  E*: 


Setzt  man: 


V* 


R'  =  „W,  -  if**'"  ,        R'D  -  "V", 

Ep  '         E*  H.'p 

so  folgt  aus  den  Formeln  (19),  (20)  und  (22)  für  durchsichtige 
Medien: 

j         o0'=-p\       o0p= -(>'*,       o0  =  o', 

(23)    I     J/  _  ^»  C08  V  a  ^  _  «o  "o  =  r3  COSjVc  ? 

I     J'1*       7i  cos  g  4'        tin  COSq' 

falls  <p0  der  Einfallswinkel  im  Medium  o, 
»  M  »  » 

iu  der  Brechungsexponent  vom  letzteren  gegen  das  erstere  ist. 


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880 


P.  Drude. 


Es  erpeben  sich  so  Beziehungen,  welche  von  der  optischen 
Natur  der  Uebergangsschicht  völlig  unabhängig  sind,  und  welch 
leicht  experimentell  geprüft  werden  können. 

Bei  absorbirenden  Medien  ist  diese  Anordnung  des  Ver- 
suches nicht  möglich.  Es  sei  das  Medium  o  durchsichtig 
und  das  Medium  '  absoibirend.  Es  ist  dann  zu  berücksich- 
tigen, dass  in  allen  bis  jetzt  beobachteten  Fällen  a  klein 
gegen  a0  ist1),  sodass  es  in  einem  Correctionsgliede  jeden- 
falls neben  cca  vernachlässigt  werden  kann.  Bezeichnet  q> 
den  Einfallswinkel,  so  ist: 

(24)  m2-  ™lfL. 

In  der  Formel  (14)  ist  daher  u  in  dem  Factor  u 2 [u  +  a)—  1 
fortzulassen,  et  variirt  von  a0  bis  a,  ist  also  anfangs  nicht 
klein.  Für  diese  ersten  Elemente  hat  nach  (24)  p*a  die 
Bedeutung  sins<jr.  Für  kleine  Einfallswinkel  kann  man  daher 
auch  a  in  jenem  Factor  fortlassen. 

Man  erhält  so  aus  den  Formeln  (14)  durch  Multiplication 
die  Gleichung: 

l-A/l-A*       an*        t  -«'«•' 

d.  h.  einen  von  der  Uebergangsschicht  unabhängigen  Ausdruck. 

Es  würde  sich  so  ein  Mittel  bieten,  durch  Beobachtung 
der  absoluten  Schwächungen  und  Phasenverzögerungen  der 
Reflexion  über  kleinem  Einfallswinkel  die  eigentliche  optische 
Constante  a  des  zweiten  Mediums  zu  berechnen. 

Indessen  ist  diese  Methode  unpraktisch,  weil  die  Beob- 
achtungen unter  kleinen  Einfallswinkeln  ungenaue  Resultate 
geben,  und  weil  sich  die  absoluten  Verzögerungen  sehr  schwer 
beobachten  lassen. 

Dagegen  bietet  die  Beobachtung  der  relativen  Verzöge- 
rung wenig  Schwierigkeit,  die  weiteren  Untersuchungen  sollen 
daher  an  den  Formeln  (20)  und  (21)  anknüpfen.  Es  wäre 
zu  versuchen,  ob  sich  der  Einfluss  der  Uebergangsschicht 
durch  Variiren  des  Einfallswinkels  eliminiren  Hesse. 


1)  P.  Drude,  Gött.  Nachr.  11.  p.  284.  1888  u.  Wied.  Ann.  3*. 
p.  543.  1889. 


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Oberflächenschichten,  881 

Hetzt  man:  q  «  tg  uv, 

sin  üf  tg  2\»  =  tg  Q,     cos  A  sin  2  »f  =  cos  7',  so  ist  *): 


(26) 


i  + 

1_v 


Der  Eintiuss  des  Einfallswinkels  auf  Reflexion  an  einem 
Medium,  welches  keine  Uebergangsschicht  besitzt,  macht  sich 
dann  nach  früheren  Untersuchungen  *)  so  geltend,  dass  nahezu 
Q  und  tg  } />  sin  9>  tg  vom  Einfallswinkel  unabhängig  sind. 
Dies  wird  dadurch  begründet,  dass: 

nahezu  vom  Einfallswinkel  y  unabhängig  ist. 

Formel  (21)  lehrt  nun,  das»  in  dem  von  der  Uebergangs- 
schicht abhängigen  Gliede  der  einzige  Factor,  der  if>  enthält, 
n  ist,  sodass  auch  hier  Q  und  S  constante  Werthe  haben. 
Durch  Variation  des  Einfallswinkel»  kann  man  also  den  Einflnss 
der  Uebergangsschicht  nicht  eliminiren.  Hierdurch  ist  zugleich 
erklärt,  warum  die  Beobachtungen  an  polir/en  Spiegeln  mit  der 
Theorie  stet»  gestimmt  haben. 

Die  constunten  Werthe  von  Q  und  S  hängen  aber  von 
der  Schicht  ab.  Es  ist  daher  zu  versuchen,  wenn  man  an 
die  Stelle  des  Mediums  o  ein  Medium,  welches  gegen  o  den 
Brechungsindex  n0  besitzt,  setzt,  den  Einfluss  der  Schicht  zu 
eliminiren,  vorausgesetzt,  das»  letztere  völlig  unverändert  bleibt. 

Wird  für  u  der  Werth  aus  Formel  (24)  eingeführt  und 
werden  die  Verhältnisse  a  Ja  und  aju0  jetzt  einfach  mit  a 
und  a  bezeichnet,  d.  h.  setzt  man  a0,  also  die  Fortpflan- 
zungsgeschwindigkeit im  Medium  o  gleich  Eins,  sodass  T=X 
(Wellenlänge)  ist,  so  wird  nach  (21)  und  (20),  wenn  im  Cor« 
rectionsgliede  a  neben  1  vernachlässigt  wird: 

L 

(27)     's  -vi-„sinvl1  +  u«J       -  riL 

0 

Bezeichnet  man  die  Werthe  von  Q  und  S,  wenn  das 

1)  P.  Drude,  Wied.  Ann.  »2.  p.  615.  1887. 

2)  P.  Drude,  Gott  Nachr.  11.  p.  285.  18*8:  Wied.  Ann.  86. 
p.  544.  1889. 

Ana  d.  Phjfc  u.  Ch«n.  N.  F.  XXXVI.  56 


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882  F.  Drude. 

Medium  o  ersetzt  wird  durch  ein  solches,  welches  gegen 
ersteres  den  Brechungsexponenten  n„  besitzt,  mit  Q9  und  S9, 
so  ist  an  Stelle  von  a  und  a  zu  setzen  an0*,  ct'n0%. 
Demnach  ist: 

(28)  f -.V-;    /!  +  ./■«- V<lT!^r--.'rf/). 

V     '    «<,        Vi  -n/a  sin  Vi         AnoV«'^  "  / 

Durch  Division  von  (28)  in  (27)  folgt: 

Die  Formel  (29)  lehrt,  wie  die  für  ein  reines  Metall  bei 
kleinen  Constanten  a'  gültige  Formel1): 

Q=  Q0,  S=n0S0 
bei  Vorhandensein  einer  Oberflächenschicht  zu  corrigiren  ist. 

In  manchen  Fällen,  z.  B.  wo  es  sich  um  die  Wirkung 
einer  durch  Poliren  entstandenen  künstlichen  Oberflächen- 
schicht  handelt,  wird  man  diese  als  durchsichtig,  d.  h.  et  als 
reell  annehmen  können.  Macht  man  ausserdem  die  aus  an- 
deren Gründen1)  wahrscheinliche  Voraussetzung,  dass  der 
Brechungsexponent  der  durchsichtigen  Oberflächenschicht 
nicht  sebr  hoch  sei,  sodass  er  ungefähr  dieselbe  Grösse,  wie 
bei  den  bis  jetzt  beobachteten  durchsichtigen  Medien  besitze, 
so  ist  im  Correctionsgliede  auch  a  neben  a  zu  vernach- 
lässigen. 

Man  erhält  so,  falls  (n0l— 1)«'  neben  Eins  fortgelassen 
wird: 


^       V  l  —  a  sin  V        *  ^ 


L 


(30)' 


Äo  l/l-n0a'sinV 

L 


§."•-«•  =  1  [4  +  <2.n  • '  .SV- '« f{\  +  «..«)  rf/] . 

1)  Drude,  Gött.  Nachr.  11.  p.  287.  1888.  Wied.  Ann.  3«. 
p.  547.  1889. 

2)  Aus  Jam in's  Beobachtungen  hat  der  Brechungsexponent  der 
meisten  Polirschichten  ungefähr  die  Grösse  1,45. 


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Oberfläctunschichten.  883 

Wenn  man  noch  in  einer  dritten  Flüssigkeit  beobachtet, 

so  kann  man  die  beiden  Unbekannten  L  und  f  a  dl  eiimi- 

o 

niren  und  ist  so  von  der  Oberflächenschicht  frei.  —  Eine 
andere  Methode  wäre  auch  die,  durch  längeres  Poliren  nur 
L  zu  vergrößern,  während  a  constant  bleibt. 
Aus  der  letzten  der  Formeln  (30)  folgt: 


(31) 


"  f  =  1  +  sin  Q.  s\»  \  lf  (1  +  n.«)dl 

0  0 
L 

Q-  &  «  cos  Q .  S  \n  \~lf(\  +  n0u)  dl. 


Es  ist  also  für  n0  >  1  :Q  >  Qot  n0  S0  >  S,  da  Q  =  arctg x, 
wo  x  die  Absorptionsconstante  bezeichnet,  stets  positiv  ist. 
—  Die  letzten  Relationen  können  zur  Prüfung  dienen,  ob 
die  angewandte  Flüssigkeit  der  hier  gemachten  Voraus- 
setzung entspricht,  die  Obernachenschicht  nicht  zu  inoditi- 
ciren.  Im  allgemeinen  scheint  dies  nicht  der  Fall  zu  sein, 
die  Flüssigkeiten  werden  stets  selbst  natürliche  Oberflächen  - 
schichten  besitzen.  —  Ich  hoffe  an  einer  anderen  Stelle 
meine  hierüber  angestellten  Versuche  ausführlicher  angeben 
zu  können,  bemerke  vorläufig  nur,  dass  sich  aus  Beobach- 
tungen von  Kupfer  in  Luft,  Wasser,  Alkohol,  Schwefel- 
kohlenstoff und  Cassiaöl  stets  Q  <  Qo,  n0S0<  S  ergeben 
hat,  sodass  diese  Flüssigkeiten  in  Berührung  mit  Kupfer 
nicht  den  gemachten  Voraussetzungen  entsprechen.  —  Ich 
halte  daher  die  Reflexionsbeobachtungen  in  Flüssigkeiten, 
selbst  wenn  der  Spiegel  frei  von  einer  Uebergangs-  oder 
Oberflächenschicht  wäre,  zur  Prüfung  der  Theorien  der 
Metallreflexion  nicht  geeignet,  da  sich  stets  die  Oberflächen- 
Schicht  der  Flüssigkeit  geltend  machen  wird,  wie  ja  schon 
die  starke  elliptische  Reflexion  der  Flüssigkeiten  an  der 
Grenze  von  Luft  zeigt. 

Wir  haben  gesehen,  dass  es  noch  nicht  gelungen  ist,  die 
Wirkung  der  Oberflächenschicht  bei  Metallen  zu  eliminiren, 
wenigstens  durch  alleinige  Beobachtung  der  relativen  Schwä- 
chungen und  Verzögerungen.  Es  ist  daher  schon  von  Nutzen, 
dass  man  den  Sinn  festzustellen  sucht,  in  welchem  A  und  u>  , 

56* 


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864  P.  Drude. 

durch  die  Schicht  verändert  werden,  da  man  dadurch  wenig- 
stens in  Stand  gesetzt  ist,  zu  heurtheilen,  wie  ein  Spiegel 
behandelt  werden  muss,  um  eine  möglichst  kleine  Ober- 
ttächenschicht  zu  haben,  und  da  man  so  entscheiden  kann, 
welche  von  den  berechneten  Werthen  für  n  und  x  der  Wahr- 
heit am  nächsten  kommen. 

Aus  der  ersten  der  Formel  (30)  folgt,  wenn  man  die 
Werthe,  welche  Q  und  5  annehmen,  falls  eine  Oberflächen- 
schicht fehlt,  mit  Q  und  6'  bezeichnet: 

L 

sin  Q  +  2"  J (\  -  a)  dl 
coa  Q     cos  Q        sin  Q  o 


<32)        T  =    g   '        S    ~  S 

Da  nun  ist1): 

cos  Q         l  ein  Q  x 

so  lehrt  Formel  (32),  dass  der  durch  Beobachtungen  aus 
Reflexion  und  Luft8)  gewonnene  Werth  von  n(l+x*)  nahezu 
richtig,  dass  dagegen  x  zu  gross,  also  n  zu  klein  berechnet 
sein  wird. 

Aus  Formel  (20)  folgt,  wenn  diejenigen  relativen  Schwä- 
chungen und  Verzögerungen,  die_  ohne  Oberflächenschicht 
stattfinden  würden,  mit  tgi/f  und  2  bezeichnet  werden: 

(33)  tg^^-tg^O-^is^J^.-jf-: 

0 

Da  u  klein  ist,  so  ist  es  gestattet,  a'2sin*qp  neben  cos2qp  —  </ 
fortzulassen. 
Setzt  man: 

a  =  a}  +  ialf        u  =  a  +  «V, 

und  bezeichnet  Brechungs-  und  AbsorptionscoSfficient  der 
Oberflächenschicht  mit  n  und  x,  so  ist8): 

1  -je»  2x 
a  ~  »*  (l  +  x V»     a  ~~  »'  (l  +  x*)»  * 


1)  P.  Drude,  Gött.  Nachr.  11.  p.  285.  1888.  Wied.  Ann.  86. 
p.  544.  1889. 

2)  Es  ist  dann  jedenfalls  «  <1. 

3)  P.  Drude,  Wied.  Ann.  82.  p.  616.  1887. 


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Oberflächenschichten.  885 

Wir  wollen  voraussetzen,  dass  die  Oberflächenschicht 
nur  mässig  absorbire,  sodass  xs  neben  1  zu  vernachlässigen 
sei.  Durch  Trennung  des  Reellen  und  Imaginären  gewinnt 
man  dann  aus  Formel  C33): 

i  .    —  [  .      4n  CO«  ur  MUsop 

•r{«1'(i-»»ai)"'Ti_2x»'<* 

-  [(  ÜS^  -  «,][«,'(»'-  1)+  £  (1-«,. !«)]}«</], 

«      ^/     4  n  coa  <f>  sin  *</ 

~"  i    (co8fi/«  —  a,i*  +  a,'*" 

+  al'«(»,-l)  +  2",'(l-«1n*)}^. 

Es  ist  a,  bei  stark  absorbirenden  Körpern,  z.  B. 
Metallen,  entweder  eine  sehr  kleine  positive  oder  eine  nega- 
tive Zahl.  Ferner  ist,  wenn  man  die  Beobachtungen  in  Luft 
anstellt,  sehr  wahrscheinlich  n  >  1.    Bei  kleinem  x  ist  also: 

(l  -  n'ay'"1  -2*nV>«> 


Da  a,'  stets  positiv  ist,  coa'y.  —  a,  für  nicht  sehr 
grosse  Einfallswinkel  ebenfalls,  so  zeigt  die  letzte  der  For- 
meln (34),  dass  für  diese  A  durch  die  Oberflächenschicht 
stets  verkleinert  wird. 

Diejenige  Behandlung  eines  stark  absorbirenden  Körpers, 
welche  bei  nicht  sehr  grossen  (<  70n)  Einfallswinkeln  die  grösste 
relative  Verzögerung  ergibt,  ist  also  als  eine  solche  anzusehen, 
welche  dem  Körper  die  kleinste  Oberflächenschicht  belässt  und  die 
richtigsten  Constanten  «, ,  x,  liefert. 

Es  sei  daran  erinnert,  dass  die  Formeln  stets  für  die  in 
gewisser  Weise  willkürliche  Annahme  gelten,  dass  bei  senk- 
rechter Incidenz  die  relative  Verzögerung  den  Werth  ny  bei 
streifender  den  Werth  0  besitzt. 


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886 


P.  Drude. 


Discussion  der  Wirkung  einer  durchsichtigen 
Oberflächenschicht.  —  Die  Betrachtungen  knüpfen  an 
die  Formeln  (34)  an.  Es  ist  dort  x  =  0  zu  setzen.  Da  aber 
tgi/-  durch  die  Beobachtung  nicht  direct  geliefert  wird,  son- 
dern 2y>,  so  soll  die  erste  der  Formeln  (34)  dementsprechend 
umgeformt^  werden.  Dazu  dient  die  Bemerkung,  ^ass,  wenn 
tg \p=  tg  y(l  +  S)  ist,  2u>  durch  dieGleichung  2y/«2 \p  +  Jsin2^< 
gegeben  wird. 

Es  soll  ferner  berücksichtigt  werden,  dass  al  und  a1/ 
kleine  Zahlen  sind,  sodass  n2aY  neben  1  und  n2^/2  neben 
Oj  zu  vernachlässigen  sei. 

Man  erhält  so  aus  (34): 


o 


fiächenschicht  erzeugten  Zuwachse  von  2y  und  A  mit  D2t/» 
und  DA,  so  lehren  die  Formeln  (35)  sofort  Folgendes: 

Da  klein  gegen  1  ist,  so  ist  für  kleine  Einfallswin- 
kel DJ  weit  grösser  als  D2i/>.  Mit  wachsendem  Einfallswinkel 
wachsen  DA  und  D2i//  und  für  einen  Einfallswinkel,  dessen 
Cosinus  von  der  Grössenordnung  wie  Val  ist,  werden  sie 
von  der  Ordnung  1/Ya1}  d.h.  sie  erreichen  hier  ihre  Maxima 
und  werden  von  gleicher  Grössenordnung. 

Für  kleine  Einfallswinkel  ist  D2tp  sehr  klein  und 
negativ,  für  grössere  ist  es  grösser  und  positiv,  sodass  im 
wesentlichen  D2v>  positiv  ist.  Der  Verlauf  von  DA  ist  ein 
verschiedener,  je  nachdem  a^O,  d.h.  x,^l  ist.  In  ersterem 
Falle  ist  es  für  kleinere  Einfallswinkel  negativ,  für  cosay —  a^ 
ist  es  0,  für  grössere  Einfallswinkel  positiv.  Ist  ax<  0.  wie 
bei  allen  bis  jetzt  beobachteten  Metallen,  so  ist  DA  stets 
negativ. 


0 


Dabei  folgt  aus  (20),  dnss  ist: 


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Oberfläckenachichten. 


887 


Für  streifende  und  senkrechte  lncidenz  ist  sowohl  D2y/ 
als  DJ  gleich  Null. 

Es  soll  jetzt  untersucht  werden  die  Lage  und  Grösse 
eventueller  Maxima  von  D2t^  und  DJ.  In  diesem  Falle, 
da  es  sich,  wie  wir  vorhin  sahen,  nur  um  grosse  Einfalls- 
winkel handelt,  kann  man  die  Formel  (35)  für  D2t//  ein- 
facher schreiben,  indem  man  /i'cos'qr  neben  1  fortlässt. 

Aus  (36)  folgt  nun: 

rfsin2y  =2  8inVtgVVV+<»i',-»       j VV+  a,  '  +  tf,)  (1  +co»'y)tg,y 
o>  (•mVtgVV«iVal,*+l)»  VK'+fl/^inVtgV^siÄVtgV  +1 ' 

Berücksichtigt  man  dies,  so  folgen  die  Werthe  von  <jp, 
für  welche  D2ii<  ein  Maximum  erreicht,  aus  der  Gleichung: 

2    (Va,*  -f  ff,'*  +  «,)  (1  4-  cos*  r/ )  sin  *  (f  tg*  fjr   .  sin*  <?  tg*  <jr>  \al  %  +  a  x '  *  —  1 

(a,*  H-ff,'*)  Bin4 qr>  tg1«?  -  2a,  sin1  v  tg1^  +  1  sin* <jp  tg'v       *  +       +  1 

[(cos* <jp  —  a, )*_+  a, [2cos'y  -  sin* +  4  coa' qp  sin'    («o»1  <F  -  « i ) ft 
+  (cos9  ff  -  ax )■  +  ff ,  »  ~ 

Setzt  man  nun  cos2«/-  =3  und  vernachlässigt  d  und  höhere 
Potenzen  neben  1,  so  gewinnt  man  für  <5  die  cubische 
Gleichung: 

(38)  6*  +  a*^1'  +  J*  ~  4tfl  +  *fl»'  +  V  -  J  VV  +  <,3=  0. 

Setzt  man  Va^-Ha,'*  =6,  so  kann  man  diese  Gleichung 
in  der  Form  schreiben: 

(39)  +  i     (d -  a, )  +     -  Ä«) (*  ^  + )  -  0 . 

Ueber  die  Wurzeln  dieser  Gleichung  kann  man  geomet- 
rischen Aufschlu8S  erhalten,  wenn  man: 

(»  +  }*')  }(A  -  «,)  (a>  -  **)  =  x 

setzt  und  in  ein  Coordinatensystem,  dessen  Abscissenaxe  die  S 
repräsentirt,  die  Werthe  von  y  und  x  einträgt.  Die  Schnitt- 
punkte der  Curven  x  und  ;/  geben  die  Wurzeln.  Es  ist 
nun  b  >  a,  man  erhält  demnach  Curven  von  der  Gestalt, 
wie  sie  in  Fig.  8  und  Fig.  9  gegeben  sind,  d.  h.  stets  und 
nur  einen  positiven  Wurzelwerth  d,  d.  h.  einen  Einfalls- 
winkel, für  den  D2i^  ein  Maximum  erreicht.  Die  Wurzel  <5 
muss  zwischen  a  und  b  liegen. 

Die  Grösse  dieses  Maximums  ist  in  derselben  Annäherung, 
wie  wir  sie  bisher  benutzt,  gegeben  durch: 


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888 


F.  Drude, 


(40)  l)2v=C      -VAifL       .-___L  , 

wo  C  eine  reelle  Constante  bedeutet. 

Aus  der  Formel  (85)  ergibt  sich  ferner  die  Lage  der 
Maxima  von  DJ  durch  Differentiation  nach  (p.  Setzt  man 
cos*<p  mt  t,  so  erh&lt  man  in  der  angewandten  Näherung 
für  e  die  cubische  Gleichung: 

(41)  *>  -  fll «»  -  (V  +  SO  «  +  fll  (V  +  O  =  0. 
Man  kann  sie  in  der  Form  schreiben: 

(c  +  «,)(€  -  o,)«  +  «/'  («,  -  30  =  0. 
Setzt  man: 

(6  +  #»,)  (e  -  a,)3  =  * ,       <2(3«  -  a,)  »  y 

und  wendet  die  im  Vorigen  benutzte  graphische  Methode 
an,  so  erkennt  man  aus  den  Fig.  10  und  11,  dass  für  ax  >  0 
zwei  positive  Wurzeln  €,  für  ^  <  0  nur  eine  existirt.  Im 
ersteren  Falle  erreicht  also  DJ  für  zwei  Einfallswinkel  ein 
Maximum,  resp.  Minimum,  im  letzteren  Falle  nur  für  einen. 
Die  Grössen  derselben  werden  gegeben  durch: 

(42)  D^--.c.?^>r4?-..- 

Vergleichung  mit  Beobachtungen.  —  Es  können 
D2v  und  DJ  beobachtet  werden  an  solchen  natürlichen 
Spaltung8fläehen,  die  sich  im  Laufe  der  Zeit  von  selbst  mit 
einer  Obertiächenschicht ,  vielleicht  durch  Oxydation  oder 
Adsorption  von  Gasen,  bedecken.  Es  hat  sich  als  wahr- 
scheinlich herausgestellt1),  dass  frische  natürliche  Spaltungs- 
flächen frei  von  einer  Oberflächenschicht  sind,  sodass  man 
also  bei  ihnen  die  ursprünglichen  Werthe  qr>  und  A  kennt. 

Ich  habe  früher')  bei  Mittheilung  der  Beobachtungen 
über  Reflexion  des  Lichtes  am  Antimonglanz  angegeben,  in 
welcher  Weise  sich  2  t//  und  J  mit  der  Zeit  änderten.  Ich 
hatte  damals  diese  Untersuchungen  noch  nicht  angestellt 
und  habe  dort  gesagt,  dass  sich  diese  Veränderungen  erklären 
lassen  durch  Wachsen  der  Absorption sconstan ten  x,  während  « 

1)  P.  Drude,  Gött  Nachr.  11.  p.  283.  1*88  und  Wied.  An«.  Stf. 
p.  542.  1889. 

2)  P.  Drude,  Wied.  Ann.  34.  p.  489.  1888. 


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Okerflär.hensch  ich  ten. 


S«9 


constant  bleibt.  In  der  That  erhält  man  dadurch  dieselben 
Formeln  für  D2i/>  und  DJ  wie  hier.  Diese  Erklärung  ist 
aber  bedeutend  weniger  wahrscheinlich,  als  die  hier  gegebene. 
Bei  allen  absorbirenden  Körpern  nämlich,  die  ich  bis  jetzt 
beobachtet  habe,  ändert  sich  A  nur  in  dem  einen  Sinne,  es 
ist  aber  nicht  einzusehen,  weshalb  nur  auf  x  ein  Einfluss 
ausgeübt  werden  sollte  und  auf  n  nicht,  und  zwar  nur  in 
dem  einen  Sinne,  dass  *  yergrössert  würde.  Dagegen  bietet 
die  Annahme  einer  Oberflächenschicht  von  geringem  Ab- 
sorptionsvermögen nichts  Unwahrscheinliches,  sowohl  für  die 
Veränderungen,  welche  sich  mit  der  Zeit  von  selbst  voll- 
ziehen, als  auch  für  künstliche  durch  Poliren  her?orgerufene. 

Selbst  wenn  das  Absorptionsvermögen  der  Oberflächen- 
schicht zu  berücksichtigen  wäre,  so  ändert  sich  nach  dem 
p.  885  Gesagten  J  stets  nur  in  einem  Sinne,  sodass  die 
Erklärung  jener  Aenderungen  durch  Oberflächenschichten 
wohl  ausser  Zweifel  steht.  Das  Gleiche  gilt  für  die  im  I.  Theil 
mitgetheilten  Beobachtungen  am  Steinsalz  und  Bleiglanz. 

Streng  genommen  sind  die  hier  entwickelten  Formeln 
deshalb  nicht  auf  den  Antimonglanz  anwendbar,  weil  hier 
die  Voraussetzung  gemacht  ist,  dass  das  Medium  isotrop  sei. 
Indessen  zeigen  die  Formeln  (3)  und  (4)  der  eben  citirten 
Abhandlung1),  dass  für  grosse  Einfallswinkel,  mit  denen  wir 
es  hier  nur  zu  thun  haben,  die  Gesetze  der  Reflexion  in 
der  ersten  rcsp.  zweiten  Hauptlage  annähernd  die  gleichen 
sind,  als  ob  ein  isotropes  Medium  mit  den  dort  bezeichneten 
Constanten  ß  resp.  a  reflectire.  Dabei  bezeichneten  die 
Hauptlagen  diejenigen  Lagen  der  rcflectirenden  Krystall- 
fläche,  in  denen  ihre  Symmetrieaxen  parallel  und  senkrecht 
zur  Einfallsebene  standen.  In  beiden  Fällen  soll  also  in 
den  hier  abgeleiteten  Formeln  für  d  =  ax  +  die  dort 
gegebenen  Werthe  von  ß,  resp.  a  substituirt  werden. 

lieber  die  Grösse  von  DJ  und  D2i/j  verweise  ich  auf 
die  citirte  Arbeit.  Ich  habe  in  Fig.  12  und  13  die  Werthe 
graphisch  dargestellt,  die  Figuren  unterscheiden  sich  von 
den  bei  der  früheren  Arbeit  gegebenen  nur  dadurch,  dass 
auch  DJ  in  Geraden  anstatt  in  Wellenlängen  ausgedrückt 
ist.    Die  beobachteten  Werthe  sind  durch  X  und  0  markirt. 

1)  P.  Drude,  1.  c.  p.  bid. 


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P.  Drude. 


Ein  Blick  auf  die  Figuren  12  und  13  genügt,  um  die 
Resultate  der  Discussion  der  p.  886  aufs  vollständigste  be- 
stätigt zu  finden.  Es  gilt  für  beide  Hauptlagen  die  Relation 
Oj  >  0.  Hinsichtlich  der  Werthe  von  D2i/;  sei  bemerkt,  dass 
die  Theorie  für  kleine  Einfallswinkel  negative  Werthe  ver- 
langt, während  sie  in  Fig.  12  und  13  Null  sind.  Indessen 
nach  den  Werthen  der  Tabellen  VII  und  VIII  der  citirten 
Abhandlung1)  hat  in  der  That  D2y  anfangs  negative  Werthe, 
bis  ungefähr  ^«50°,  aber  sie  sind  so  klein,  wie  ja  auch 
die  Theorie  verlangt,  dass  ich  sie  nicht  für  genügend  sicher 
bestimmt  halte  und  daher  in  den  Figuren  nicht  angedeutet 
habe. 

Aus  Formel  (35)  folgen  die  Werthe  von  y ,  für  welche 
DJ  verschwindet,  zu: 

Vl  -  77°  SO',      V,  -  79v  0', 

(die  angehängten  Indices  sollen  sich  auf  die  erste,  resp.  zweite 
Hauptlage  beziehen),  nach  (41)  nimmt  DJ  Maximal  werthe 
an  für: 

s  75°  0'  und   79°  35',       <ya  -*  77°  33'  und   80°  13', 
und  erreicht  in  ihnen  die  Werthe  (nach  (12)): 

D  Ax «  -  C .  0,72  und  +  C .  0,50 ;  D  ät  =  -  C .  1 ,2 1  und  +  C.  0,95. 

Nach  (38)  nimmt  2\p  Maximalwerte  an  für: 
<fx  =  77°  15',       cf%  =  78°  55', 
und  zwar  sind  dieselben  nach  (40): 

D2y,  =  C.0,22,       D2y/8  C.0,26. 

Alles,  auch  die  relativen  Verschiedenheiten  der  beiden 
Hauptlagen,  findet  sich  in  den  Figuren  12  und  13  bestätigt 
nur  hinsichtlich  der  Grösse  der  Maximalwerthe  kommen 
einige  numerische  Abweichungen  vor,  die  aber  unerheblich 
sind,  und  auf  deren  Grund  ich  nicht  weiter  eingehe. 

Ich  habe  in  letzter  Zeit  auch  an  natürlichen  Spaltungs* 
flächen  von  Tellurwismuth  eine  Veränderung  mit  der  Zeit 
wahrgenommen.  Bei  ihm  ist  x>l,  d.h.  o,<0,  daher  bieten 
diese  Beobachtungen  ein  ergänzendes  Beispiel  zu  dem  vorigen. 

Auf  die  Bestimmung  der  Constanten  ist  im  Anhaug 


1)  P.  Drude.  1.  c.  p.  504. 


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Oberfläch  ensch  ichien. 


891 


näher  eingegangen.  Aus  den  dort  angegebenen  Beobach- 
tungen folgt: 


Folgende  Tabelle  gibt  die  Differenzen  von  A  und  2  wf 
wie  sie  an  einer  Fläche  sechs  Tage  nach  der  Spaltung  beob- 
achtet wurden,  gegen  die  ursprünglichen  Werthe  derselben 
frischen  Flache: 

ff  30°       35"       55°       ß0°       65°       70°       75°  80° 

-DJ  4«.)'  1°25'  2°  38'  3°  51'  5°  4'  5°  59  74 12  9°  12' 
D2y       -2       -21'      -9'     -22         7'     1°  0'    1°30'    2°  4 

Diese  Werthe  sind  in  Fig.  14  dargestellt.  Nach  For- 
mel (38)  erreicht  D2w  sein  Maximum  für  tp  «  70"  43',  nach 
(41)  DJ  für  9  =  77° 35'.  Nach  den  Formeln  (42)  und  (40) 
betragt  das  Verhältniss  der  Werthe  D/f:D2i^  für  <f  =80°: 


Nach  der  Beobachtung  roüsstc  dies  grösser  sein,  die 
Abweichung  kann  durch  eine  geringe  Absorptionsfähigkeit 
der  Oberflächenschicht  erklärt  werden;  denn  nach  Formel  (34) 
wird  dadurch  D2tp  verkleinert,  DJ  vergrössert  —  Im  übri- 
gen stimmt  der  Verlauf  der  Curve  der  Fig.  14  völlig,  mit 
dem  für  den  Fall  Oj  <  0  theoretisch  sich  ergebenden  Resultat. 

Ich  habe  schliesslich  auch  am  Blei  Veränderungen  mit 
der  Zeit  beobachtet.  Dieselben  sind  aber  zu  bedeutend,  als 
dass  man  auch  hier  noch  voraussetzen  könnte,  dass  die  Dicke 
der  Oberflächenschicht  gegen  die  Wellenlänge  klein  sei.  Ich 
will  hier  nur  bemerken,  dass  DJ  und  D2y>  ganz  ähnlich 
verlaufen  wie  beim  Tellurwismuth. 

Für  Blei  ist  n  =  1,78,  nx  =  3,15,  x  =  1,77,  d.  h.  ax  <  0. 
Daher  muss  sich  Blei  analog  wie  ersteres  Mineral  verhalten. 
Auf  die  Bestimmung  der  hier  angegebenen  Constanten  hoffe 
ich  an  einer  anderen  Stelle  näher  eingehen  zu  können. 

Reflexion  an  einer  einzigen  homogenen  dicken 
Schicht.  —  Dies  Thema  ist  in  einer  Arbeit  des  Hrn.  Voigt1) 
jüngst  behandelt.  Ich  gebe  die  Resultate,  obgleich  dieser 
Fall  nicht  unter  den  der  Oberflächenschichten  zu  rechnen 

Ii  W.  Voigt,  Wied.  Ann.        p.  76.  1888. 


ax  =  -0,0170 


«/  =  +  0,0336. 


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892 


F.  Dm  dt  . 


ist,  da  endliche  Dicke  angenommen  wird,  trotzdem  hier  noch 
einmal  an,  weil  sie  sich  mit  Leichtigkeit  aus  den  aufgestellten 
Formeln  ableiten  lassen,  und  zwar  durch  Anwendung  von 
zulässigen  Vernachlässigungen  in  einer  fur  die  Rechnung 
höchst  bequemen  Form.  Die  Endresultate  sind  demnach 
nicht  identisch  mit  den  Voigt'schen,  sind  vielmehr  als  An- 
näherungen zu  betrachten,  die  aber  für  Beobachtungen  an 
absorbirenden  Mitteln  Gültigkeit  besitzen.  Ich  hoffe,  dem- 
nächst die  Formeln  praktisch  verwerthen  zu  können. 

Das  Formelsystem  (9)  liefert,  wenn  nur  eine  Zwischen- 
schicht vorhanden  ist: 

Ii 


(43, 


»,t, 


1  -  A*e 


Hieraus  folgt  durch  Elimination  von  A, : 

(44)  A.*  -  ß*  -  r°:i  +  ^  ' 

■*  —    *i  »i 

Diese  Formel  gilt  noch  völlig  streng  und  umfasst  alle 
Fälle,  auch  z.  B.  den  dreier  durchsichtigen  Medien.  In  die- 
sem Falle  hat  sie  die  bekannte  Gestalt.  *)  Formel  (44)  zeigt 
somit,  dass  durch  Einführung  der  complexen  Schwächungs- 
verhältnisse r  die  bekannte  Formel  auch  auf  absorbirende 
Medien  auszudehnen  ist. 

Wir  wollen  nun  die  Annäherung  eintreten  lassen,  dass 
aljaQ  und  «2/ao  geKen  1  zu  vernachlässigen  seien.  Dieser 
Fall  bezieht  sich  demnach  auf  die  Reflexion  an  einem 
Metall,  welches  von  einem  anderen  Metall  überdeckt  ist. 
Es  hat  sich  bis  jetzt  stets  herausgestellt,  dass,  selbst 
wenn  die  Constante  a  des  Metalls  verhältnissmässig  gross 
ist,  d.  h.  klein  (etwa  gleich  10),  die  Unsicherheit  der 
Beobachtungen  grösser  als  die  hierdurch  bedingte  Un- 
genauigkeit  ist.    Für  durchsichtige  Medien  wäre  allerdings 

l)  W.  Voigt,  I.  c.  p.  84. 


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Oberflächenschichte».  893 

jene  Annahme  unzulässig,  da  in  diesem  Falle  aja0=^lln2  ist 
wo  n  den  Brechungsexponenten  bedeutet. 

Nach  den  Formeln  (8)  wird  so,  falls  «,/«0  und  utj  vt% 
wieder  mit  «,  und  u%  bezeichnet  werden: 

f   $  _  C08  (J)  -  V^l  CO«  <f>  V  «,  -  l 

r  ,  _  V^m  -  V«,      r  p  =  V  ^  -  \  ~t 
Es  ist  also  r12  vom  Einfallswinkel  unabhängig.  SeUt 


man : 


v«!  +  V«,  v«,  +  y«;  * 

so  liefern  die  Formeln  (43),  da  ru'  =  -  r,/  ist: 


(45) 


1  +  A0*      1  +  r0*    1  +  z      co*<f  l+j 
I-Ao  ~~  l-x~  ^ 

1  -  A/       1  -        1  +  *  '       1  1  - 


0,1 

Setzt  man: 

sin  J,  tg  2  I/-,  =  tg  Q. ,         sin  Av  tg  2  \pv  ->  tg  ^ , 
cos    tg  sin  2     =  cos        cos     sin  2      =  cos  /J, , 

so  wird  (cf.  p.  881  Formel  (26)): 

1  +  A0'_    eiQ»        1  +  A/_  e1«* 

l  -  ad-  =  tg  i>;  i  -  a0"  "  tg  4  p/ 

Nach  Formel  (45)  sind  also  Q  und  tg  J  /* .  cos  y  con- 
stante,  von  <jp  unabhängige  Grössen,  gerade  wie  bei  der  ein- 
fachen Reflexion  an  einem  Metall.  Die  Abhängigkeit  dieser 
constanten  Grössen  von  der  Dicke  lx  der  zwischenliegenden 
Metallschicht  ergibt  sich  sofort,  wenn  man  in  dem  in  (45) 
auftretenden  complexen  Factor  (l-f;r)/(l—  .r)  das  Reelle  und 
Imaginäre  trennt 

Für  die  relativen  Schwächungen  und  Verzögerungen  ge- 
winnt man  aus  (44)  ebenso  die  Gleichung: 


1)  Durch  Maltiplicatiou  dieser  beiden  Gleichungen  ergibt  eich  eine 
von  beiden  Metallen  unabhängige  Relation,  cf.  oben  p.  880. 


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894 


P.  Drude. 


(4tf) 


Hier  ist  P  und  Q  analog  detinirt  wie  bei  den  absoluten 
Schwächungen  und  Verzögerungen.  Es  sind  also  auch  hier 
Q  und  5  =  tg^Psin  (p  tg<p  constante,  von  tp  unabhängige 
Grössen,  analog  wie  wir  oben  p.  881  es  für  eine  unendlich 
dünne,  aber  sonst  ganz  willkürliche  Obertiachenschicht  con- 
statirt  haben. 

Die  Abhängigkeit  des  Q  und  S  von  der  Dicke  lx  ergibt 
sich  auch  hier  in  einfacher  Weise  durch  den  Factor  (1  —  -f  x). 
Es  ist  dies  zur  Vergleichung  mit  der  Beobachtung  höchst 
geeignet,  da  Q  und  S  als  Mittel werthe  aus  Beobachtungen 
für  mehrere  Einfallswinkel  zu  erhalten,  und  alle  Rechnungs- 
operationen höchst  einfach  sind,  genau  so,  wie  bei  der  Re- 
flexion an  einem  einzigen  Metall. 

Ich  hoffe,  demnächst  Beobachtungen  hierüber  angeben 
zu  können. 

Der  bequemen  Uebersicht  halber  fasse  ich  die  wichtigsten 
Resultate  hier  noch  einmal  kurz  zusammen: 

Unter  Oberflächenschicht  wird  eine  durchsichtige  oder  absor- 
birende  Schicht  verstanden ,  deren  optische  Constanten  eine  ganz 
beliebige  stetige  oder  unstetige  Function  der  Dicke  sind,  und  deren 
Gesammtdicke  gegen  die  Wellenlänge  klein  ist 

1)  Für  die  Wirkung  einer  Oberflächenschicht  auf  die  reflec- 
tirten  Amplituden  und  Phasenverzögerungen  ist  eine  Formel  auf- 
gestellt, sodass  sich  die  Wirkung  berechnen  lässt,  wenn  man  die 
optische  Natur  der  Oberflächenschicht  vollständig  kennt 

2)  Bei  der  gewöhnlichen  sowohl  wie.  der  Totair eflection  an 
durchsichtigen  Medien  werden  nur  die  Phasenverzögerungen  durch 
eine  (durchsichtige)  Oberflächenschicht  beeinflusst 

3)  Bei  absorbirejiden  Medien  kann  man  durch  Beobachtuno 
beider  absoluten  Phasenverzögerungen  und  Schwächungen  die  Wir- 
kung der  Oberflächenschicht  eliminiren.  Durch  alleinige  Beob- 
achtung der  relativen  Phasenverzögerung  und  Schwächung  kann 
man  dies  nicht,  weder  durch  Variation  des  Einfallswinkels,  noch 
durch  Beobachtung  in  verschiedenen  Flüssigkeiten. 


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Oberflächenschichten 


895 


4)  Setzt  man  Jest,  dass  bei  streifender  Incident  die  relative 
FhasenverzÖgerung  den  Werth  Null  habe,  so  wird  dieselbe  bei  ab- 
iorbirenden  Körpern  für  massig  grosse  Einfallswinkel  durch  eine 
Oberflächenschicht  stets  verkleinert. 

o)  Die  am  Antimonglanz  und  Tellurwismuth  beobachteten 
Aenderungen  der  relativen  Phasenverzögerung  und  Schwächung 
mit  der  Zeit  lassen  sich  vollständig  durch  die  Wirkung  einer 
durchsichtigen  Oberflachenschicht  erklären. 

Anhang. 

Bestimmung  der  optischen  Constanten  des  Tel- 
lurwi8muths.  —  Es  wurde  mir  durch  die  Güte  des  Hrn. 
Prof.  Dr.  Liebisch  ein  Exemplar  aus  Deutsch-Pilsen  in 
Ungarn  von  ca.  l/i  °*cm  Grösse  zur  Verfugung  gestellt,  wel- 
ches ausgezeichnet  spaltete.  Da  aber  die  Flächen  kleine 
Unebenheiten  zeigten,  so  erwies  sich  homogenes  Licht,  selbst 
im  Sauerstoffgeblase,  ab  zu  schwach,  und  es  musste  mit 
"Sonnenlicht  beobachtet  werden.  Es  war  dies  zulässig,  indem 
bei  richtiger  Einstellung  ein  dunkelvioletter  Streifen  im  Ge- 
sichtsfelde erschien,  der  roth  und  blau  gesäumt  war.  Die 
Beobachtungsmethode  war  sonst  die  frühere. 

Das  Tellurwismuth  ist  hexagonal,  es  spaltet  nach  der  Basis. 
Es  galt  sonach  für  die  optischen  Constanten  a  und  yt  welche 
sich  auf  die  zur  Hauptaxe  senkrechte  und  parallele  Rich- 
tung beziehen,  die  Formel1): 


(47) 


V a  cos  q>  4-  Vi  —  o  ain*^  ^  coe  q>  —  V«  V1  —  f  ain'y 
^j»      Va  cos  9  —  Vi  —  o  sin*<7>  coaqp  +  Vo  Vi  —  f  «n'qp 


Macht  man  wieder  die  durch  die  Beobachtung  noch  zu 
bestätigende  Annahme,  dass  a  und  y  so  klein  seien,  dass 
ihr  Quadrat  gegen  1  zu  vernachlässigen  sei,  so  wird: 

1  + 1'  l  \ 

(48)  -S-w*  sin?  tg?  Va[\  +  l«sin>). 

Nach  früher2)  gegebenen  Formeln  ist: 

1)  P.  Drude,  Wied.  Ann.  32.  p.619.  1887. 

2)  P.  Drude,  Wied.  Ann.  32.  p.  615.  1887. 


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896  P.  Drwlr. 

np  cos 2yt  8in2t!'8iuJ  «•  v 

K4  ~  I  -  sin  2  u>  cos  J        I  —  8in2  i/;  cos  A  ~~  tg  }  P ' 

wo  Q  und  /*  wie  in  dem  I.  Theil  der  „OberHächenschich- 
ten"  definirt  sind,  d.  h.: 

sin  A  tg  2 1/»  =  tg  Q,       cos  A  sin  2 1/7  =  cos  P. 

In  erster  Annäherung,  d.  h.  mit  Vernachlässigung  Ton 
a  und  y  ge8en  l>  stimmt  also  die  Formel  (48)  mit  der  für 
Metalle  gültigen1)  überein,  ob  die  durch  Formel  (48)  gege- 
bene zweite  Annäherung  durch  die  Genauigkeit  der  Beob- 
achtungen zu  erreichen  möglich  ist,  hängt  davon  ab,  ob  sich 
in  den  beobachteten  Q  und  5,  wo  =  tg  J/*sin  <p  tgy  ist, 
•eine  der  Formel  (48)  entsprechende  systematische  Aenderung 
mit  tf  ergibt  oder  nicht.  Im  ersteren  Falle  kann  man  dann 
u  in  zweiter,  /  in  erster  Näherung  berechnen. 

Folgende  Tabelle  enthält  die  Beobachtungsresultate: 

,f            30°           35°           40°           4ö°  M)°  55° 

2y  86°  43  85°  34'  83°  50'  8'J"   9'  79°  30  77°  8' 

n-J  5   14        7  28  10  18  18  31  17  84  22  38 

logtgQ  0,1414  0,2243  0,2188  0,2292  0,2117  0,2266 

\ogS  0,7314  0,7243  0,7103  0,7128  0,7061  0,7071 

60°           65°           70»  75°  80° 

2y         73°  52'  70°  20  66°   4'  01°   1  60°  36' 

n-d      28  33  3ti  38  48  25  «5  36  n-19°12 

logtgQ    0,2181  0,2227  0,2267  0,2156  0,2413 


V 


Ü       0,7124       0,7168       0,7175       0,7212  0,b755 


Es  zeigt  sich  keine  systematische  Aenderung  von  Q 
und  5  mit  (p.  Daher  ist  es  nur  möglich,  Vct  oder  vielmehr 
y a  (\ -\- \{u  —  y))  ia  erster  Näherung  zu  berechnen.  Dass 
die  zweite  Näherung  nicht  gelingt,  liegt  an  der  Grösse  von 
S,  d.  h.  der  Kleinheit  von  a,  sodass  die  p.  895  gemachte 
Annahme  auch  hier  noch  berechtigt  ist. 

Da  es  sich  nur  um  die  erste  Näherung  handelt,  so  ist 
J(a  —  y)  gegen  1  zu  vernachlässigen,  d.h.  aus  der  berechne- 
ten Constanten  Ya  findet  man  den  Brechungs-  und  Absorp- 
tionscoefticienten  n  und  *  gerechnet  für  eine  Richtung  senk- 
recht zur  Hauptaxe. 


HP.  Drude,  Gott.  Nachr.  11.  p.  284.   1888.    Wied.  Ann.  36. 

p.  543.  188!). 


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Oherflächenschichten.  897 

Nach  den  im  I.  Theil  der  „Oberflächenschichten"  gege- 
benen Formeln  finden  sich  als  Grenzwerthe: 

n,  =2,666        n,,  =2,716 
n,*,  ==  4.440       »s*,-  4,359 
als  wahre  Werth?  der  Constanteii  des  Tellur  trismuths  fur  weisses 
Licht: 

n  =  2,70;    nx  =  4,39:    x  =  /  fi3:         =  2tf,22. 
Phys.  Inst,  zu  Göttingen,  December  1888. 


IX.    lieber  die  Veränderlichkeit  der  specifischen 
Wärme  des  Quecksilbers  mit  der  Tempertttur; 
von  Julius  Mil  thai  er. 


Einleitung. 

Regnaul t1)  fand  nach  der  Mischungsmethode  für  die 
mittlere  specifische  Wärme  des  Quecksilbers  zwischen  0°  und 
100°  den  Werth  0,03332.  Die  Abhängigkeit  derselben  von 
der  Temperatur  suchte  er  nach  der  Erkaltungsmethode  zu 
bestimmen;  jedoch  die  Fehlerquellen  dieser  Methode  bewirk- 
ten, dass  die  berechneten  Zahlen  zu  klein  wurden.  Reg- 
nault*) erhielt  nämlich: 

c\a  =  0,0282 ,    cj«  -  0.0283 ,    c»  =  0,0290 : 

wenigstens  aber  scheint  aus  diesen  Zahlen  zu  folgen,  dass 
die  specifische  Wärme  des  Quecksilbers  mit  der  Temperatur 
zunimmt.  Ausgedehntere  Untersuchungen  in  dieser  Richtung 
wurden  nach  der  Misch ungsraethode  von  Dulong  und  Petit5) 
angestellt.    Sie  fanden  folgende  Werthe: 

c01M  =  0.0330 ,    <v,<w  =  0,0350 , 

d.  h.  nach  ihren  Messungen  wächst  die  mittlere  specifische 
Wärme  des  Quecksilbers  für  100°  etwa  um  3  Proc.  Dagegen 
beobachtete  Winkelmann4)  eine  Abnahme  der  specifischen 

1)  Regnault,  Pogg.  Ann.  öl.  p.  237.  1840. 

2)  Regnault.  Pogg.  Ann.  «2.  p.  79.  1844. 

3)  Dulong  u.  Petit,  Journ.  de  lecole  polytcchn.  11.  p.  22ß.  1820. 

4)  Winkelmann,  Pogg.  Ann.  K>9.  p.  152.  ls7f». 
Ann.  d.  Phy«.  a.  Chem.  N.  F.  XXXVI.  ;>7 


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J  Milt/mler, 


Wärme  mit  der  Temperatur  und  gab  dafür  die  Formel:  die 
wahre  specifische  Wärme  des  Quecksilbers  bei  /°  ist: 

nt  =  0,03B6  -  0,0669/, 
also  die  mittlere  zwischen  0°  und  /°: 

c0'=:  0,0336  -  0,0635/. 
Pettersson1)  bestreitet  diese  Aenderung,  jedoch,  wie  mir 
scheint,  mit  Unrecht.    Er  giebt  nämlich  folgende  Zahlen: 

,■»  =  0,033266,  <f  «  0,033  262,  cf  =  0,033  300,  <f  =  0,033  299. 

Die  grösste  vorkommende  Abweichung2)  beträgt  in  Proc. 
des  Werthes  c08  angegeben  nur  0,36  Proc;  nun  sind  die 
Beobachtungen  nach  seiner  eigenen  Angabe3)  bis  auf  0,65 
Proc.  genau,  also  kann  aus  den  obigen  Zahlen  nur  ge- 
schlossen werden,  dass  bei  einer  Genauigkeitsgrenze  von  0  65 
Proc.  die  mittlere  specifische  Wärme  des  Quecksilbers  in 
dem  Intervall  von  0°  bis  36°  unveränderlich  ist,  und  nicht, 
wie  Pettersson  will,  dass  dieselbe  wenn  auch  nur  in  sehr 
geringem  Maasse  mit  der  Temperatur  zunimmt. 

Ich  habe  zur  Entscheidung  dieser  Frage  neue  Ver- 
suche nach  der  Methode  der  Mischung  angestellt.  Die  Ar- 
beit zerfällt  in  zwei  Theile:  im  ersten  werde  ich  die  Instru- 
mente und  Apparate,  die  ich  gebraucht,  beschreiben,  ins- 
besondere den  neuen  Erhitzungsapparat;  im  zweiten  Theile 
werde  ich  untersuchen,  bis  zu  welcher  Genauigkeit  iqh  die 
specifische  Wärme  beobachten  kann,  und  die  Resultate  der 
Beobachtungen  angeben. 

I.    Beschreibung  der  Apparate. 

Die  Bestimmung  der  specitischen  Wärme  des  Quecksilbers 
geschah  nach  der  Mischungsmethode:  das  Calorimeter  enthielt 
Quecksilber  von  der  Zimmertemperatur;  in  dieses  wurde 
Quecksilber,  welches  auf  Temperaturen  zwischen  100°  und 
200°  erhitzt  war,  geschüttet.  Die  Erhitzung  des  Quecksilbers 
erfolgte  in  einem  neu  construirren  Apparat  Bei  der  Con- 
struction desselben  waren  hauptsächlich  zwei  Punkte  im  Auge 
zu  behalten:  einmal  musste  der  Apparat  die  Erhitzung  auf 

1)  Pettersson,  Journ.  f.  prakt.  Chem.  N.  F.  24.  p.  146.  1881. 

2)  Pottersson,  1.  c.  p.  147.  Nr.  V. 

3)  Pettersson,  1.  c.  p.  143. 


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Speci/uche  Wärme  von  Quecksilber.  899 


hohe  Temperaturen,  jedenfalls  über  100°,  gestatten,  und  es 
inuBäte  möglich  sein,  die  Temperatur  des  erhitzten  Queck- 
silbers willkürlich  zu  ändern;  sodann  musste  der  Apparat, 
um  eine  möglichst  genaue  Bestimmung  der  Erhitzungstempe- 
ratur zu  sichern,  so  eingerichtet  sein,  dass  der  zu  erhitzende 
Körper  sich  in  einem  von  allen  Seiten  gleichmassig  erwärm- 
ten Raum  befindet,  eine  Forderung,  die  von  allen  bis  jetzt 
construirten   Erhitzungapparaten  nur  der  Neumann'sche 
Dampfapparat  erfüllt.  Der  Regnault'sche  Erhitzungsapparat 
dagegen  ist  in- dieser  Beziehung  mangelhaft:  die  deshalb  gegen 
ihn  erhobenen  Einwürfe  sind  neuerdings  auch  von  Velten1) 
in  vollem  Umfange  bestätigt  worden.    Es  wurde  daher  der 
neue  Apparat  ähnlich  construirt,  wie  der  Neumann'sche, 
welcher  von  Pape2)  gemiu  beschrieben  ist.  Die  Erhitzung  findet 
bei  dem  neuen  Apparat  aber  nicht  durch  Dampf,  sondern  durch 
Wärmeleitung  in  Kupfer  statt,  was  die  Anwendung  höherer 
Temperaturen  als  100°  und  die  willkürliche  Veränderung  der- 
selben  innerhalb  weiter  (irenzen  gestattet.    Der  Apparat 
wurde  von  dem  Mechaniker  des  Instituts  Prill  angefertigt 
und  ist  nachstehend  in  natürlicher  Grösse  gezeichnet.  Die 
Theile  desselben  sind  folgende:  Ein  äusserer  an  beiden  En- 
den offener  Hohlcylinder  A  A  mit  doppelter  Wandung  aus 
starkem  Kupferblech;  die  Wände  desselben  sind  durch  vier 
zwischengelegte  kupferne  Hinge  aa  von  quadratischem  Quer- 
schnitt verbunden.  Im  Innern  des  Hoblcylinders  liegen  genau 
innerhalb  der  Ringe  ua   vier  fast   ebenso   dicke  kupferne 
Ringe  ßß.  In  dieselben  hinein  passt  ein  innerer  Hohlcylinder 
BBy  welcher  an  einem  Ende  mit  doppeltem  Boden  C,  sonst 
aber  mit  einfacher  Wandung  versehen  ist  und  in  der  Mitte 
seines  Mantels  eine  ovale  Oeffnung  w  hat.  Der  Hohlcylinder 
BB  und  die  Ringe  ßß  sind  schwach  conisch  geformt,  damit 
beim  Hineinschieben   ein   fester  Schluss  ermöglicht  wird. 
Innerhalb  dieses  Hoblcylinders  BB  befindet  sich  das  eben- 
falls kupferne  Aufnahraegefäss  DD'  des  zu  erhitzenden  Queck- 
silbers. Dasselbe  ist  cylindrisch,  doch  ist  ein  Theil  des  Man- 
tels aufgebogen  und  so  geformt,  dass  er  in  die  ovale  Oeff- 
nung to  hineinpasst.    An  die  beiden  Enden  des  Aufnahme- 

1)  Veiten.  Wied.  Ann.  «1.  p.  37.  1884. 

2)  Pape,  Pogg.  Ann.  120.  p.  351  1863. 

57' 


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»00 


J.  Milthaler. 


gefässes  sind  starke  rechtwinklig  gebogene  Kupferstreifen  yy 
angenietet  Durch  vier  Schrauben  dd,  welche  die  Kupfrr- 
streifen  yy  mit  dem  Cylindermantel  BB  verbinden,  und  deren 
Köpfe  in  denselben  versenkt  sind,  um  das  Ineinanderschieben 
der  beiden  Hohlcylinder  nicht  zu  hindern,  wird  das  Auf- 
nahmegefass  DD'  im  Innern  des  Hohlcylinders  festgehalten. 


■I  A 


Das  eine  Ende  D'  des  Aufnahmegefasses  hat  eine  kreisförmige 
Oeffnung,  durch  welche  das  in  einer  Kupferhülse  k  mit  As- 
best dicht  befestigte  Stabthermometer  T  hineingesteckt  wird. 
Der  innere  Hohlcylinder  wird  an  seinem  offenen  Ende  durch 
einen  hineinschiebbaren  Boden  C  mit  doppelter  Wandung, 
welcher  mit  einer  Oeffnuog  für  das  Thermometer  versehen 
ist,  geschlossen;  an  dem  anderen  Ende  C  des  Hohlcylinders 
befindet  sich  ein  stabförmiger  Ansatz  E  von  quadratischem 
Durchschnitt,  auf  den  eine  Kurbel  aus  Messing  aufgeschoben 
werden  kann,  mit  welcher  man  den  inneren  Hohlcylinder  um  1 80° 
dreht.  Damit  bei  dieser  Drehung  das  im  A ufnahmegefäss  befind- 
liche Quecksilber  in  das  darunter  geschobene  Calorimeter  ans- 
tiiessen  kann,  ist  in  den  Mantel  des  äusseren  doppelten  Cy- 
linders ein  von  unten  bis  nach  der  Mitte  sich  hinziehender 


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Specifuche  Wärmt  von  Quecksilber 


901 


Ausschnitt  £2  von  etwa  90°  gemacht  worden,  dessen  Breite 
ein  wenig  mehr  betragt,  als  die  der  Oefinung  <a.  Die  Ringe 
ßß  und  der  Theil  des  Cylinder  mantels  B&,  welcher  von 
ihnen  berührt  wird,  ist  sorgfältig  polirt  und  wurde  ausserdem 
öfter  mit  angefeuchtetem  Graphitstaub  dünn  bestrichen,  um 
die  Reibung  bei  der  Drehung  des  inneren  Cylinders 
möglichst  zu  verringern.  Wenn  derselbe  dann  mit  Hülfe 
der  Kurbel  nicht  zu  schnell  und  ganz  stetig  gedreht  wird,  so 
findet  bei  dem  Hineinfallen  des  erhitzten  Quecksilbers  in  das 
Calorimeter  absolut  kein  Herausspritzen  von  Quecksilber- 
tröpfchen statt  Um  den  äusseren  Hohlcylinder  greifen  zwei 
starke  kupferne  Arme,  die  sich  zu  einem  34  cm  langen  Kupfer- 
stabe mit  quadratischem,  2  cm  dickem  Querschnitt  vereinigen. 
Derselbe  dient  zur  Zuleitung  der  Wärme  und  ist  etwa  in 
der  Mitte  und  am  Ende  zwischen  je  zwei  starken,  etwa  2  cm 
breiten  Eisenplatten,  welche  durch  Schrauben  zusammenge- 
halten werden,  befestigt.  Zwischen  die  Eisenplatten  und  den 
Kupferstab  sind  starke  Scheiben  Asbest  und  ausserdem  noch 
1  cm  dicke  Schieferstücke  gelegt.  Dieselben  haben  den 
Zweck,  die  Nebenableitung  der  Wärme  zu  verhindern,  und 
erfüllen  denselben  so  gut,  dass  die  Eisenplatten  selbst  bei 
den  stärksten  Erhitzungen  des  Kupferstabes  nur  mässig  warm 
wurden.  Die  beiden  unteren  Eisenplatten  haben  je  einen 
dicken,  cylindrischen  Fortsatz,  welcher  in  je  eine  Klemme 
passt.  Die  beiden  Klemmen  sind  auf  Stativen,  welche  durch 
Schraubenzwingen  auf  dem  Tisch  festgehalten  werden,  ver- 
schiebbar. Diese  Art  der  Aufstellung  des  Apparates  bietet 
verschiedene  Vorzüge:  zunächst  besitzt  das  System  eine  grosse 
Starrheit  und  Festigkeit,  sodass  auch  bei  mehrmaligem, 
schnellen  Herumdrehen  des  inneren  Hohlcylinders  nicht  die 
geringsten  Schwankungen  eintreten;  sodann  ist  der  Platz  un- 
ter dem  Erhitzungscylinder  vollkommen  frei  und  gestattet 
ein  bequemes  Herunterschieben  des  Holzkastens,  in  dem  sich 
das  Calorimeter  befindet;  endlich  kann  der  Kupferstab  mit 
dem  Hohlcylinder  verschieden  hoch  gestellt  und  dadurch  die 
Fallhöhe  des  zu  erhitzenden  Körpers  geändert  werden.  Da 
das  Kupfer  vom  Quecksilber  angegriffen  wird,  so  durfte  das 
Aufnahmegefäss  nicht  aus  blankem  Kupfer  bestehen;  ea 
wurde  daher  vor  dem  Einsetzen  in  den  inneren  Hohlcylinder 


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902 


J.  Milthuler. 


mit  Salpetersäure,  in  der  Kupfer  aufgelöst  ist,  bestrichen 
und  dann  erhitzt;  dadurch  bildet  sich  eine  mattschwarze 
Oxydschicht  auf  dem  Kupfer,  welche  sich  gegen  Quecksilber 
nicht  netzend  verhält.  Durch  mehrmalige  Anwendung  des 
obigen  Verfahrens  konnte  immmer  eine  ganz  gleichmässige 
Oxydschicht  erzielt  werden.  In  diesem  Falle  wurde  das 
Kupfer  auch  nach  einer  Reihe  von  Versuchen,  in  denen  das 
Quecksilber  bis  zu  200°  erhitzt  wurde,  nicht  angegriffen. 
Sollte  durch  Verletzung  der  Oxydschicht  doch  an  einer 
Stelle  Amalgamirung  eintreten,  so  ist  es  leicht,  durch  Lö- 
sung der  vier  Schrauben  öd  das  Aufnah  in  egefass  aus  dem 
inneren  Cylinder  herauszunehmen',  durch  Ausglühen  das 
Quecksilber  zu  entfernen  und  eine  neue,  gleichmässige  Oxyd- 
schiebt  herzustellen.  Zur  Erhitzung  des  im  Aufnahmegefass 
befindlichen  Quecksilbers  bis  auf  150°  genügte  ein  Bunsen- 
brenner, welcher  unter  dem  Zuleitungsstabe  etwa  in  der 
Mitte  zwischen  dem  Hohlcylinder  und  der  ei  sten  Befestigung 
stand.  Zur  Erzielung  höherer  Temperaturen  waren  zwei 
Bunsenbrenner  nöthig:  der  eine  behielt  seine  frühere  Stelle 
bei,  der  andere  war  etwa  in  der  Mitte  zwischen  beiden  Be- 
festigungen aufgestellt.  Um  von  den  Flammen  den  Luftzug 
abzuhalten,  waren  zu  beiden  Seiten  der  Zuleitungsstange 
dünne  Bretter  aufgestellt.  Die  Temperatur  wurde  durch 
Stellen  des  Gashahnes  und  für  kleine  Aenderungen  durch 
Verschieben  der  Brenner  unter  dem  Kupferstabe  regulirt. 
und  zwar  so  genau,  dass  bis  auf  einen  Grad  die  gewünschte 
Erhitzungstemperatur  erreicht  werden  konnte.  Die  Constanz 
der  Temperatur  trat  nach  einer  Stunde  ein,  wenn  man  keine 
Aenderung  an  den  Brennern  während  der  Erhitzung  vor- 
nahm, wurden  dagegen  die  Brenner  verschoben,  oder  der 
Gaszufluss  geändert,  so  dauerte  es  1V2  bis  2  Stunden.  War 
Constanz  eingetreten,  so  wurden  bis  unmittelbar  vor  dem 
Hineinwerfen  des  erhitzten  Quecksilbers  in  das  Calorimeter 
Temperaturablesungen  von  2  zu  2  Minuten  gemacht.  Die 
folgenden  Beobachtungen,  welche  ich  ganz  willkürlich  heraus 
greife,  werden  zeigen,  zwischen  welch'  engen  Grenzen  die  Er- 
hitzungstemperatur schwankte.  (Vgl.  hierzu  die  Tabelle  der 
Beobachtungen  im  zweiten  Theil.) 


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Specifische  Wärme  von  Quecksilber. 


903 


0  Miu.  183,3°  138,7°  ,  179,2°  i  184,2°  126.f>°  194,»°  127,1° 

2     „  183.3  138,6  179,3  i  181,2  126,5  194,9  127,0 

4     -  183,4  13M,7  179,2  '  184,2  126,5  195,0  126,9 

»i  183,5  185,9  179,2  •  184,3  126,6  195,2  126,8 

*     »  183,6  138.8  179,3  184,2  126,«  195,2  126,8 

1U  183.5  138,0  179.4  .  184,2  126,6  195,2  126,8 

Diese  Tabelle  zeigt,  dass  innerhalb  10  Minuten  die 
Erösste  Schwankung  0,8°,  die  kleinste  0,1°  beträgt;  ferner, 
daas  während  zwei  Minuten  die  grösste  Schwankung  0,2°, 
die  kleinste  0,0°  ist,  ja  dass  in  mehreren  Fällen  die  Tem- 
peratur sogar  innerhalb  eines  Zeitraumes  von  vier  Minuten 
vollkommen  constant  blieb,  ^.usserdem  beweisen  diese  Er- 
gebnisse, dass  es  möglich  ist,  durch  eine  ähnliche  Anordnung, 
wie  bei  dem  obigen  Apparat,  nämlich  durch  Ineinander  - 
schalten  von  kupfernen  Kammern  einen  Raum  herzustellen, 
in  welchem  die  Temperatur  während  einiger  Zeit  mit  grosser 
Genauigkeit  constant  bleibt,  was  für  manche  Zwecke,  z.  B. 
zur  Vergleichung  der  Quecksilberthermometer  mit  dem  Luft- 
thermometer, besonders  bei  höheren  Temperaturen,  nöthig 
ist.  Es  scheint  jedoch  die  Anwendung  der  vorzüglichen 
Wärnieleitung  des  Kupfers  zur  Construction  von  Apparaten 
nach  der  obigen  Methode  bis  jetzt  selten  stattgefunden  zu 
haben;  am  bekanntesten  sind  wohl  die  Versuche  Fizeau's1) 
mit  ähnlichen  Apparaten  über  die  Ausdehnung  der  Körper 
durch  die  Wärme,  auf  welche  auch  Maxwell  in  seinem 
Buch:  „Theorie  der  Wärme"2),  hinweist. 

Das  Calorimeter  ist  ein  cylindrischea  Gefäss  von  7  cm 
Durchmesser  und  7,7  cm  Höhe.  Als  Material  wurde  Kupfer 
gewählt,  weil  -bei  der  guten  Wärmeleitungsfähigkeit  desselben 
anzunehmen  ist,  dass  selbst  in  der  kurzen  Mischungszeit  das 
ganze  Gefass  die  Maximumstemperatur  angenommen  hat,  und 
daher  der  in  die  Rechnung  einzuführende  Quecksilberwerth  des 
Calorimeters  genau  zu  bestimmen  ist.  Da  die  specifische  Wärme 
des  Kupfers  etwa  dreimal  so  gross  als  die  des  Quecksilbers 
ist,  so  musste  sehr  dünnes  Blech  angewandt  werden:  das 

1)  Fizeau,  Pogg.  Ann.  119.  p.  103  1863  und  12*.  p.  572.  1866. 

2)  Ueberaetxt  ron  Auerbach  $  77. 


904 


J.  Milthaltr 


von  mir  benutzte  ist  nur  0,13  mm  dick,  sodass  das  Calori- 
meter nur  31,51  g  wiegt.  Um  dem  Gefass  Festigkeit  zu 
geben,  wurde  der  obere  Rand  zweimal  umgelegt,  und  ebenso 
der  Boden  rund  herum  mit  einem  Falz  versehen.  So  wurde 
es  möglich,  mit  Hülfe  zweier  kreuzförmig  übereinander  ge- 
legter Stücke  Gurtenbandes,  welche  als  Trage  dienten,  das 
Calorimeter,  trotzdem  dasselbe  durchschnittlich  3450  g  Queck- 
silber enthielt  (siehe  die  Tabelle  im  zweiten  Theil),  leicht  zu 
hantiren.  Bei  den  ersten  Vorversuchen  mit  diesem  Calori- 
meter zeigte  sich  eine  unerwartete  Erscheinung:  es  war 
schwierig,  das  Temperaturmaximum  genau  zu  beobachten, 
weil  der  Anstieg  der  Temperatur  und  ebenso  das  Sinken 
derselben  plötzlich  und  ruckweise  erfolgte.  Eine  weitere 
Untersuchung  dieser  Erscheinung  ergab,  dass  mehrere  Tem- 
peraturmaxima  entstanden:  die  Temperatur  stieg  sehr  schnell 
an,  um  ebenso  schnell  bis  zu  einer  gewissen  Stelle  zu  fallen, 
dann  erhob  sie  sich  sehr  langsam  wieder  bis  zu  einem 
zweiten  Maximum  und  sank  von  da  langsam  und  stetig; 
ausserdem  war  die  Lage  der  Maxima  und  die  Schnelligkeit 
des  Anstieges  von  der  Art  des  Hühl  ens  abhängig.  Die 
Ursache  für  diese  Unregelmässigkeiten  sind  jedenfalls  Strö- 
mungen im  Innern  der  Quecksilbermasse :  das  erhitzte  Queck- 
silber iällt  nämlich  beim  Hineinschütten  nicht  senkrecht  in 
das  Calorimeter  hinab,  sondern  in  schiefer  Richtung  genau 
auf  das  Thermometergefass,  sodass  dasselbe  zunächst  mit 
heissem,  dann  mit  kaltem  Quecksilber  und  nach  Ausgleichung 
der  Temperatur  wieder  mit  wärmerem  in  Berührung  kommt. 
Um  diese  Strömungen  vom  Thermometer  abzuhalten,  wurde 
vor  demselben  in  dem  Calorimetergeiäss  ein  Schirm  aus 
eben  jenem  dünnen  Kupferblech  wie  das  Calorimeter  be- 
festigt. Er  war  durch  zwei  von  ihm  ausgehende  schmale 
Streifen  an  die  Wand  des  Calorimeters  genietet;  doch 
stand  er  selbst  da,  wo  er  derselben  am  nächsten  kam,  immer 
noch  cm  von  ihr  ab,  sodass  durch  Bewegung  des  Rührers 
eine  starke  Circulation  zwischen  dein  Quecksilber,  welches 
sich  in  dem  von  dem  Schirm  abgegrenzten  Theile  des  Calori- 
metergefässes  befand,  und  der  Quecksilbermasse  in  dem 
übrigen  Räume  hervorgerufen  werden  konnte.  Der  Schirm 
hat  eine  gewellte  Form,  um  die  Strömung  des  gegen  ihn 


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Specifische  Warme  von  Quecksilber. 


fallenden  erhitzten  Quecksilbers  nach  beiden  Seiten  abzu- 
lenken und  dadurch  zu  verhindern,  dass  ein  Theil  desselben 
direct  durch  den  breiten  Spalt  zwischen  dem  Schirm  und 
der  Wand  des  Calorimeters  an  das  Thermometergefäss 
gelangt.  Nach  Anbringung  dieses  Schirmes  in  dem  Calori- 
meter war  der  Gang  des  Thermometers  vollkommen  regel- 
mässig, ganz  unabhängig  von  der  Art  des  Rührens  und  in 
der  Nähe  des  Maximums  sehr  langsam,  sodass  dasselbe  mit 
der  grössten  Genauigkeit  beobachtet  werden  konnte. 

Der  Rührer  besteht  aus  einer  kreisförmigen  Scheibe 
aus  demselben  dünnen  Kupferblech,  in  welche  Löcher  aus- 
geschlagen sind;  die  Ränder  derselben  sind  nicht  gerade 
gehämmert,  sondern  stehen  gelassen,  um  dem  Rührer  mehr 
Steifigkeit  zu  verleihen.  An  die  Scheibe  sind  vier  1  mm 
dicke  Drähte  genietet  und  die  Enden  derselben  in  einem 
«luadratischen  Holzrahmen  befestigt,  welcher  als  Handhabe 
des  Rührers  dient.  Um  Amalgamirung  zu  vermeiden,  ist 
sowohl  das  Innere  des  Calorimetergefässes  als  auch  der 
Rührer  auf  die  oben  angegebene  Methode  „schwarz  ge- 
brannt". Das  Gewicht  des  Rührers  wurde  vor  seiner  Be- 
festigung in  dem  Holzrahmen  bestimmt:  es  beträgt  5,99  g; 
Gefäss  und  Rührer  zusammen  wiegen  also  37,50  g.  Nimmt 
man  die  mittlere  specifische  Wärme  des  Kupfers  zwischen 
15°  und  30°  gleich  0,09233  nach  Bede1)  an  und  die  speci- 
fische Wärme  des  Quecksilbers  innerhalb  derselben  Grenzen 
gleich  0,03327  nach  Pettereson  und  Hedelius2),  so  beträgt 
der  Quecksilberwerth  der  gesammten Kupfermasse  103,97g. 
Dies  Gewicht  repräsentirt,  wenn  man  die  geringe  Masse  des 
Thermometerglases,  welche  mit  dem  Quecksilber  in  Berührung 
kommt,  vernachlässigt,  die  gesammte  Calorimetercorrection. 
Da  in  dem  Calorimeter  sich  durchschnittlich  3450  g  Queck- 
silber befanden,  so  beträgt  der  Quecksilberwerth  des  Ge- 
lasses und  Rührers  nur  lfM  des  ganzen  Gewichts,  wodurch 
der  Fehler  der  Calorimetercorrection  möglichst  klein  ge- 
macht wird. 

Das  Calorimetergefass  befindet  sich  in  einem  starken, 

1)  Physichem.  Tab.  v.  Landolt  u.  Börnstein  p.  178. 

2)  Pettersson  u.  Hedelius»,  Journ.  f.  prakt.  Chem.  N.  F.  24. 
p.  142.  1881. 


J.  Mtl/haler. 


mit  Grin"  versehenen  Hdzkasten  von  16  cm  Länge.  16  cm 
Breite  und  11  cm  Höre;  es  steht  in  demselben  auf  vier 
hölzernen  Ständern,  deren  oberer  Theil  keilförmig  geformt 
ist.  Zur  Verminderung  des  Wärmeverlustes  durch  Strahlung 
sind  die  Innenwände  des  Kastens  mit  Stanniol  beklebt.  Dir 
Kasten  wird  mit  Hülfe  von  Leitschienen  an  die  passende 
Stelle  unter  den  Erhitzungsapparat  geschoben;  an  der  hinteren 
Querschiene  ist  eine  Feder  angebracht,  um  den  Rückstoss 
bei  etwaigem,  zu  starken  Herunterschieben  des  Kastens  zu 
mildern.  Zur  Beobachtung  der  Temperatur  diente  ein 
mehrere  Jahre  altes  Einschlussthermometer  aus  Jenaer  Glas, 
dessen  Scala  mit  einer  Theilung  in  Vio0  versehen  ist. 
Der  Nullpunkt  dieses  Thermometers  wurde  während  zweier 
Monate  fast  täglich  beobachtet,  und  die  Correctionen  in 
Bezug  auf  das  Luftthermometer  waren  durch  mehrere  Beob 
achtungsreihen  genau  bestimmt.  Das  Thermometer  war 
durch  Pfropfen  in  einer  Messinghülse  befestigt,  welche  auf 
dem  Deckel  des  Holzkastens  angeschraubt  war,  sodass  es 
zugleich  mit  dem  Deckel  abgehoben  werden  konnte.  Die 
Temperatur  des  erhitzten  Quecksilbers  wurde  mittelst  zweier 
Stabthermometer  beobachtet,  von  denen  das  eine  von  100° 
bis  150°,  das  andere  von  150°  bis  200°  reicht;  beide  Thermo- 
meter, ebenfalls  aus  Jenaer  Glas,  waren  in  mehreren  Beob- 
achtungsreihen mit  dem  Luftthermometer  verglichen. 

II.   Genauigkeitsgrenze  und  Resultate. 

Zur  Bestimmung  der  speeifischen  Wärme  nach  der 
Mischungsmethode  sind  zwei  Wägungen  und  drei  Temperatur- 
ablesungen nöthig.  Sei: 

/>,,  Tu  c  das  Gewicht,  die  Temperatur  und  die  zu  be- 
stimmende speeifische  Wärme  des  erhitzten  Körpers; 

/>,  t,  C  das  Gewicht,  die  Temperatur  und  die  der 
Messung  zu  Grunde  gelegte  speeifische  Wärme  der  Flüssig- 
keit im  Calorimeter; 

7t  der  Flüssigkeitswerth  des  Calorimeters  und  der  Neben- 
theile,  d.  h.  das  Product  aus  dem  Gewicht  derselben  mit 
ihrer  speeifischen  Wärrae.  bezogen  auf  die  Mischflüssigkeit, 
ferner     =       n.  und 


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Specifische  Wörme  von  Quecksilber.  907 

&  die  nach  der  Mischung  entstandene  Maximumstem- 
peratur im  Calorimeter,  so  gilt,  unter  der  Voraussetzung, 
dass  die  beiden  specifischen  Wärmen  in  den  beobachteten 
Intervallen  unveränderlich  sind,  folgende  Formel: 

ft  (r,  -  9) 

Setzt  man  noch  C  —  1 ,  d.  h.  nimmt  man  die  speci- 
fische Wärme  der  Flüssigkeit  im  Calorimeter  als  Einheit  an, 
so  wird: 

Durch  Differentiation  erhält  man  hieraus  den  Fehler 
des  Resultates  dcf  ausgedrückt  durch  die  einzelnen  Elementar- 
fehler dPt  dpiy  dr,  drAt  d&: 

dc=  1  (^-;)^~  *(!L-')dPl-*i  1  )rfT 

ft  U  -<>/        Pi*\n-#f  tl  p\ 

P  (,<>  -        ,  P  U,  -  i)     ,  a 

P\  ('i  1       ft  ('i  - 

Aus  der  Tabelle  der  Beobachtungen  in  der  zweiten 
Hälfte  dieses  Theiles  entnimmt  man  folgende  Durchschnitts- 
werte für  Pf  p] ,  r,  rlf  (fr  —  r): 

/>,  =  126  g,     />  =  3450  g,         ist  nach  Theil  I  =  103,97  g, 
also  P  =  p-\-n  etwa  —  3550  g; 

r  =  20°,  und  bei  einer  Erhitzung  bis  auf: 

(130°    loi    ,<>       \  |3,7(» 
T»  ~  \  180°  1       T)  ~~  \  5.3°  * 

Bei  Einsetzung  dieser  Werthe  erhält  man: 
rfc=0,ü027  4P- 0.00750 dp,  -  {«J«  rfr  -  {»g J  rfr,  +  {»J Jrf# . 

Um  den  Fohler  de  des  Resultates  als  Zahl  darzustellen, 
muss  man  die  Grösse  der  einzelnen  Elementarfehler  kennen: 
dp  setzt  sich  aus  zwei  Fehlern  zusammen:  1)  dp,  dem  Wä- 
gungsfehler  des  kalten  Quecksilbers  im  Calorimeter,  welcher 
sehr  klein  «0,01  g  ist,  und  2)  dn,  dem  Fehler  bei  der 
Bestimmung  des  Quecksilberwerthes  des  Calorimeters  und 
Rü lirer 8,  welcher  bedeutend  grösser,  etwa  0,7  g  ist;  dP  ist 
also  0,71  g;  ferner  ist  dpx1  da  sich  pl  als  Differenz  der  Ge- 
wichte des  Calorimeters  vor  und  nach  der  Mischung  ergibt, 
etwa  =»0,025  g,  endlich  rfr=0,01°,  rfr,  etwa  =0,3°,  rf#=0?015°. 


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908 


J.  MilthaUr. 


Folglich  ist: 


0,0040 
0,0028  * 


Hieraus  ist  zunächst  ersichtlich,  class  der  Einfluss  der 
Wägungsfehler  dP  und  dpl  sehr  gering  ist,  im  Verhältniss 
zu  dem  der  Fehler  bei  den  Temperaturbestimmungen,  ferner, 
dass  das  Resultat  hauptsächlich  von  dem  Fehler  der  Maxi- 
mumstemperatur beeinflusst  wird,  und  endlich,  dass  die  Fehler- 
wirkungen der  Temperaturbestimmungen  auf  das  Resultat 
bei  wachsender  Erhitzungstemperatur  abnehmen.  Nimmt  man 
den  ungünstigsten  Fall  an,  dass  nämlich  die  einzelnen  Be- 
obachtungsfehler solche  Vorzeichen  erhalten,  dass  alle  Glie- 
der positiv  oder  alle  negativ  werden,  so  kann  selbst  bei  der 
niedrigeren  Erhitzungstemperatur  drx  =  130°,  de  höchstens 
±  0,0097  werden ,  d.  h.  die  Bestimmung  der  speeifischen 
Wärme  ist  in  der  vorliegenden  Arbeit  bis  auf  1  Proc.  genau. 

Damit  die  einzelnen  Elementarfehler  die  oben  angegebe- 
nen Werthe  nicht  übersteigen,  ist  es  nöthig,  sowohl  an  der 
Maximumstemperatur  &,  als  auch  an  der  Anfangstemperatur  r 
des  Calorimeters  Correctionen  anzubringen.  Die  erste,  d&t 
wird  hervorgerufen  durch  den  Wärmeverlust  des  Calorimeters 
während  der  Mischung;  derselbe  wurde  nach  Regnault's 
Methode  bestimmt:  es  wurde  die  Zeit,  welche  vom  Hinein- 
schütten des  erhitzten  Quecksilbers  in  das  Calorimeter  bis 
zum  Eintritt  der  Maximumstemperatur  vertloss,  in  Theile 
zerlegt,  und  für  jeden  Theil  einzeln  der  Wärmeverlust  unter 
Annahme  der  Proportionalität  desselben  mit  dem  Temperatur- 
überschuss  berechnet.  Die  zweite  Correction  A  r  wird  dadurch 
veranlasst,  dass  das  Calorimeter  bei  dem  Hinunterschieben 
unter  den  Erhitzungsapparat  Wärme  aufnimmt.  Diese  Wärme- 
menge wurde  dadurch  geschätzt,  dass  man  das  Calorimeter 
so  lange  unter  dem  Erhitzungsapparat  stehen  Hess,  bis  eine 
messbare  Temperaturerhöhung  eingetreten  war,  und  daraus 
die  Wärmezunahme  für  die  wenigen  Secunden  ableitete,  welche 
sich  das  Calorimeter  unter  dem  Erhitzungsapparat  befand. 
Anstatt  diese  Correction  an  der  Anfangstemperatur  r  an- 
zubringen, kann  man  sie  auch,  da  es  bei  der  Berechnung 
der  speeifischen  Wärme  nur  auf  die  Differenz  (&—r)  ankommt, 
mit  der  ersten  Correction  für  die  Maximumstemperatur  & 


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Specißsche  Wärme  von  Quecksilber.  909 


▼ereinigen,  sodass  die  Gesammtcorrection  3  =  A&  —  Ax  wird. 
Auf  diese  Weise  sind  die  Zahlen  S  der  siebenten  Spalte  der 
folgenden  Tabelle  berechnet.  Fügt  man  zu  den  dort  angegebe- 
nen Zahlen  noch  den  Quecksilberwerth  des  Calorimeters  und 
Rührers  103,97  g,  so  hat  man  alle  zur  Bestimmung  der 
specifischen  Wärme  nöthigen  Zahlen. 


10. 

u. 


1.  'i  125,73g!  126,8°  3402.75p  20,78°  I  24,38°  [  +0,010°  1  -0,0,156 

2.  ;|  124,77  I  188,5  3897,74  20,4»  !  25,94   1  +0,018  -0,0,156 

3.  126,03  ,152,6  3425,77  19,70  24,20  +0,012  -0,0,117 

4.  !j  125,15  !  187,3  3489,57  18,99  24,53  +0,019  -0,0,113 

5.  i  128,18  138,6  3388,99    .  20,49  1  24,58  +0,011  -0,0,164 

6.  124,84  199,1  3534,17  19,87  25,68  +0,020  -0,0,111 

7.  '  12«,54  131,1  3395,69  19,34  23,18  +0,010  -0,0,117 

8.  125,58  j  179,4  3494,84  19,85  25,0«  +0,018  -0,0,144 

9.  !  127,37  119,7  ;  8534,68  j  19,95  23,28  +0,009  -0,0,104 
125,27  18*,2  3458,03  20,56  I  25,96  +0,0lH  -0,0,159 
125,94  142,4  3509,90  20,26  24,28  +0,011  -0,0,166 

12.  il  124,93  I  192,2  3539,f>0  20,84  26,36  +0,019  -0,0,149 

13.  '126,42  !  122,4  3427,81  19,78  23,27  +0.009  —0,0,133 

14.  126,04  ,  180,2  3548.42  19,95  25.14  +0,018  — 0,o,l64 

15.  ,  126,88  126,6  3408,33  19,65  23,32  +0,010  '  -0,0,125 

16.  126,07  175,0  3518,84  19,34  24,44  +0,018  -0,0,146 

17.  i  126,20  141,0  3438,68  19,04  ,  23,17  +0,011  -0,0,108 

18.  !  125,09  j  195,2  3473.03  19,24  25,03  +0,020  -0,0,132 

19.  |126,81  j  181,9  (3443,59  18,74  i  22.58  i  +0,010  j  -0,0,128 

20.  125,90  184,9  '3540,70    .  19,36  24,74  +0,019  -0,0,148 

21.  125,97  126,8  3434,17  20,59  24,17  +0,010  -0.0,161 

Es  wurde  aus  diesen  Zahlen  nicht  die  specifisehe  Wärme 
des  Quecksilbers,  sondern  direct  der  Coefficient  der  Ver- 
änderlichkeit derselben  mit  der  Temperatur  berechnet.  Da 
nämlich  die  Aenderungen  der  specifischen  Wärme  beim 
Quecksilber  sehr  gering  sind,  so  darf  man  dieselbe  als  lineare 
Function  der  Temperatur  ansehen;  setzt  man  noch  die  spe- 
eifische  Wärme  bei  0°  =  1,  so  schreibt  sich  die  am  Anfang 
dieses  Theiles  benutzte  Formel  folgendermassen: 

Pl  0,  (1  +  «r,)  -  .9-  (1  +  a  ,*)]  =         (1  +  a  fr)  -  r  (1  +  *r)], 

woraus  sich  ergibt: 

Die  nach  dieser  Formel  berechneten  Wertlie  von  <*, 
welche  in  der  achten  Spalte  der  obigen  Tabelle  stehen,  sind 
zunächst  sämmtlich  negativ,  d.  h.  die  speeifische  Wärme  des 
Quecksilbers  nimmt  mit  wachsender  Temperatur  ab;  sodann 


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Ji  MiUhtiler. 


weichen  sie  erst  in  der  fünften  Decimalstelle  von  einander  ab, 
was  in  Einklang  steht  mit  den  am  Anfang  dieses  Theiles 
genlachten  Angaben  über  die  Grosse  und  den  Einfluss  der 
einzelnen  Beobachtungsfehler,  endlich  rechtfertigen  sie  die 
obige  Annahme,  dass  die  specifische  Wärme  des  Quecksilbers 
eine  lineare  Function  der  Temperatur  sei.  Nach  meinen 
Beobachtungen  ist  also  die  mittlere  specifische  Wirme  des 
Quecksilbers  zwischen  0°  und  t°,  c0',  die  specifische  Wärme 
bei  0°  «  1  gesetzt: 

c0«=  1  -0,03138/. 

Nach  den  sehr  genauen  Untersuchungen  von  Pettersson 
und  Hedelius1)  ist  die  mittlere  specifische  Wärme  des  Queck- 
silbers zwischen  0°  und  5°,  bezogen  auf  die  specifische  Wärme 
des  Wassers  bei  0°: 

cj=  0,033  266. 

Daraus  folgt  für  die  mittlere  specifische  Wärme  des  Queck- 
silbers, die  specifische  Wärme  des  Wassers  bei  0°  als  Einheit 
genommen: 

c0<  =  0,033  266  -0,0546f, 

also  für  die  wahre  specifische  Wärme  des  Quecksilbers  bei  /°: 

0,033  266  -0,0692*, 

wo  der  Coefficient  u  «  —  0,0592  gültig  ist  für  das  Tempera- 
turintervall von  0°  bis  200°.  Hierdurch  werden  die  Beob- 
achtungen Winkelmann's3)  bestätigt,  nach  welchen  die 
specifische  Wärme  des  Quecksilbers  mit  wachsender  Tem- 
peratur abnimmt;  allerdings  ist  der  von  ihm  gefundene 
Coefficient  a  =  -  0,0669  kleiner  als  der  aus  meinen  Beob- 
achtungen berechnete;  allein  der  Unterschied  beider  CoSffi- 
cienten  liegt  innerhalb  der  durch  die  Beobachtungsfehler 
gegebenen  Grenze  der  Unsicherheit;  die  Formel  Winkel- 
mann's nämlich,  bezogen  auf  die  specifische  Wärme  bei  0° 
als  Einheit,  würde  lauten: 

c0'=  1  -0,03105*. 
Die  obige  Formel  erklärt  auch  die  schon  in  der  Ein- 
leitung erwähnten  Beobachtungen  von  Pettersson3);  denn 

1)  Pettcrsaon  u.  Hedelius,  Journ.  f.  prakt  Chem.  N.  F.  24. 
p.  135.  1881. 

2)  Winkelmann,  Pogg.  Ann.  15».  p.  152.  1876. 

3)  PettersBon,  Journ.  f.  prakt  Chem.  N.  F.  24.  p.  146.  1881. 


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Sptcißsche  Wärmt  von  Quecksilber.  911 

nach  derselben  ist  die  speeifische  Wärme  des  Quecksilbers 
bei  einer  Genauigkeitsgrenze  von  0,5  Proc.  in  dem  Intervall 
von  0°  bis  36°  unveränderlich,  und  zwischen  10°  und  30°  ist 
sie  es  sogar  bei  einer  Genauigkeitsgrenze  von  nur  0,25  Proc. 

Zu  demselben  Resultat,  dass  die  speeifische  Warme  des 
Quecksilbers  mit  wachsender  Temperatur  abnimmt,  gelangt 
auch  Naccari1),  dessen  ganz  kürzlich  veröffentlichte  Beob- 
achtungen mir  erst  nach  Einsendung  meiner  Arbeit  an  die 
Redaction  der  Annalen  für  Physik  und  Chemie  bekannt 
wurden;  der  von  ihm  angegebene  Coefficient  der  Veränder- 
lichkeit ist  ein  wenig  kleiner  als  der  von  Winkelmann 
gefundene. 

Die  vorliegenden  Untersuchungen  unternahm  ich  auf  An- 
regung des  Hrn.  Prof.  Pape.  Für  die  gütige  Unterstützung, 
die  mir  derselbe  durch  seinen  freundlichen  Rath  während 
des  Verlaufs  der  Arbeit  zu  Theil  werden  Hess,  spreche  ich 
demselben  meinen  innigen  Dank  aus. 

Königsberg  i.  Pr..  Physikal.  Inst,  der  Universität,  den 
18.  Nov.  1888. 


X-    Veber  die  Isothermen  ein  iff  er  MUfehunt/en  von 
sehwefliyer  Silur e  und  Kohlensäure; 
von  Ad.  Blttmeke, 

(Hlcriu  Tftf.  X  Flg.  Ii-10  i 

In  meiner  letzten  Arbeit2)  theilte  ich  eine  Reihe  von 
Zahlen  mit,  welche  indirect  beweisen,  dass  die  Dämpfe  eines 
Gemisches  von  schwefliger  Säure  und  Kohlensäure  sich  nicht 
wie  die  gesättigten  Dämpfe  einer  einheitlichen  Flüssigkeit 
verhalten.  Die  Constatirung  dieser  Thatsache  ist  deswegen 
von  Bedeutung,  weil  bei  Ermittelung  des  Nutzeffectes  von 
Kältemaschinen  die  Spannung  der  Dämpfe  der  in  denselben 
verwendeten  Flüssigkeiten  zur  Bestimmung  der  Temperaturen 
benutzt  wird. 

1)  Naccari,  Mem.  delta  R.  Accadcrnia  di  Torino.  Adunanza  «lel 
17  tiiuguo  1888. 

2)  Ad.  Blümckc,  Wied.  Ann.  34.  p.  10.  1888. 


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912 


A.  Illümcke. 


Bei  Maschinen,  die  mit  einer  einheitlichen  Flüssigkeit 
arbeiten,  ist  das  wenigstens  vom  theoretischen  Standpunkt 
aus  gerechtfertigt;  hat  man  es  aber  mit  einer  Maschine  zu 
thun,  welche  ein  Flüssigkeitsgemisch  enthält,  so  muss  man 
sich  vorher  vergewissern,  ob  die  Dampfspannung  von  der 
Temperatur  allein  und  nicht  auch  vom  Volumen  abhängig 
ist;  namentlich  dann,  wenn  derartige  Messungen  zur  Prüfung 
des  zweiten  Hauptsatzes  der  mechanischen  Wärmetheorie 
dienen  sollen. 

In  der  vorliegenden  Arbeit  habe  ich  nun  zwei 
Mischungen: 

die  eine  von  ungefähr     1  Vol.  S02  auf  1  Vol.  C02, 
die  andere  von  ungefähr  3  Vol.  SOs  auf  7  Vol.  C02 
etwas  eingehender  untersucht 

Ich  bediente  mich  dabei  des  C ail letet 'sehen  Apparates. 
Da  häutig  (behufs  Abkühlung  und  leichterer  Condensation), 
plötzliche  Druckverminderungen,  bei  welchen  in  einem  Luft- 
manometer der  Quecksilberfaden  zerrissen  wäre,  vorgenom- 
men wurden,  so  verwendete  ich  ein  Bourdon'sches  Metall - 
manometer,  welches  mit  Hülfe  der  Verflüssigungsdrucke  der 
schwefligen  Säure  und  der  Kohlensäure  geprüft  wurde.  Es 
zeigte  sich,  dass  seine  Angaben  um  ±  0,5  Atra.  falsch  sein 
konnten;  aber  selbst  wenn  der  Fehler  fünfmal  so  gross 
gewesen  wäre,  so  würde  doch  diese  Genauigkeit  für  den 
vorliegenden  Zweck  weitaus  hinreichend  sein.  Uebrigens 
würde  eine  Druckbestimmung  bis  auf  ein  Millimeter  Queck- 
silber durch  den  Umstand  illusorisch  werden,  dass  beim 
Comprimiren  immer  Gas-,  bezw.  Flüssigkeitstheilchen  an 
den  Rohrwandungen  hängen  bleiben,  sodass  die  Zusammen- 
setzung des  Gemisches,  wenn  auch  nur  um  sehr  geringfügige 
Beträge,  geändert  wird. 

Als  Compressionsrohre  benutzte  ich  theils  vonDucretet 
in  Paris  bezogene  von  der  bekannten  Form,  theils  von 
J.  Gr  ein  er  in  München  hergestellte,  welche  einen  etwas 
weiteren  Durchmesser  im  oberen  Theil  hatten. 

Um  die  Rohre  bequem  calibriren  zu  können,  war  eine 
Theilung  auf  ihnen  angebracht. 

Vor  dem  Einbringen  der  Gase  wurden  sie  auf  das 
sorgtältigste  getrocknet.  Die  Füllung  geschah  in  der  Weise 


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Gemische  von  C02  und  S02 


913 


(siehe  Fig.  15),  dass  an  den  Haken  mittelst  eines  Stückes 
Kautschukschlauch  ein  Glasrohr  angesetzt  wurde,  welches 
mit  dem  Druckrohr  zusammen  ein  communicirendes  Rohr 
bildete;  dann  wurde  so  viel  Quecksilber  eingefüllt,  dass  für 
das  zuerst  einzubringende  Gas  (schweflige  Säure)  der  ent- 
sprechende Raum  übrig  blieb. 

Um  die  Luft  soviel  wie  möglich  zu  verdrängen,  liess 
man  durch  das  angesetzte  Glasrohr  mehrere  Stunden  lang 
schweflige  Säure  durchströmen,  worauf  die  Spitze  des  Druck- 
rohrs zugeschmolzen  wurde.  Hierauf  wurde  der  Haken  des 
Druckrohrs  unter  Quecksilber  gebracht  und  der  Kautschuk 
mit  einer  blanken  Scheere  unter  dem  Quecksilber  durch- 
geschnitten. Die  Kohlensäure  wurde  dann  in  einfacher 
Weise  eingebracht,  indem  man  sie  aus  einem  dünnen  Glas- 
rohr ausströmen  Hess,  welches  in  den  Haken  gesteckt  wurde; 
ist  der  Druck  stark  genug,  so  dringen  immer  einige  Blasen 
in  das  Druckrohr  ein. 

Die  schweflige  Säure  sowohl  wie  die  Kohlensäure  waren 
fabrikmässig  hergestellt,  enthielten  aber  keine  nachweisbaren 
Mengen  permanenter  Gase. 

Die  Temperaturen  wurden  mittelst  eines  Wasserbades 
bei  13°  C.  constant  erhalten,  mittelst  Aetherdampfes  bei 
34°  C,  mittelst  Alkoholdampfes  bei  76°  C. 

Ich  glaube,  dass  es  mir  in  sehr  hohem  Grade  gelungen 
ist,  die  Gase  frei  von  incompressiblen  Beimengungen,  nament- 
lich von  Luft,  in  den  Apparat  zu  bringen,  denn  dieselben 
Hessen  ohne  jede  Schwierigkeit  Siedeverzüge  und  Ver- 
flüssigungsverzüge zu.  Um  Missverständnissen  vorzubeugen, 
bemerke  ich  hier  Folgendes:  Ist  ABCDEFG H  die  „theo- 
retische", AB CEGH  die  empirische  Isotherme  eines  Körpers, 
so  bezeichne  ich  das  Verweilen  auf  der  Strecke  CD  als 
Siedeverzug,  das  Verweilen  auf  der  Strecke  GF  als  Ver- 
flüssigungsverzug (siehe  Fig.  16). 

Dass  Siedeverzüge  durch  vorsichtiges  Erwärmen  von 
recht  reinen  Flüssigkeiten  herbeigeführt  werden  können,  ist 
längst  bekannt. 

Bei  Mischungen  von  Kohlensäure  und  Wasser  fand  ich, 
dass  durch  sehr  behutsames  Vermindern  des  Druckes  bei 

Ana.  <L  Pbv».  u.  Chem/.  N.  P.  XXXVI.  58 


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914 


A.  Blümcke. 


constanter  Temperatur  übersättigte  Lösungen  entstehen 
können.1) 

Bei  den  Mischnngen  von  S02  und  CO.,  lässt  sich  diese 
Erscheinung  bei  Druckverminderung  in  überraschend  leichter 
Weise  herbeiführen. 

Beispielsweise  gelang  es  mir,  die  Mischung  von  1  Vol.  SO. 
+ 1  Vol.  C02  noch  flüssig  zu  erhalten  unter  folgenden  Drucken : 

13°        13,1  ^     13,4°     13,5"     16,5°  C. 
Druck:    38,1       87,4       38,!)       41,9       42,0  Atm. 

Der  Druck  der  vollständigen  Verflüssigung,  welcher  nur 
in  der  langwierigsten  Weise  genau  zu  ermitteln  wäre,  lag 
bei  13°  C.  ungefähr  bei  44  Atm. 

Die  zweite  Mischung  von  3  Vol.  S02  auf  7  Vol.  CO, 
(Druck  der  vollständigen  Verflüssigung  bei  13°  ca.  48  Atm.) 
konnnte  noch  flüssig  erhalten  werden  bei: 

12°        13°        13,4°  C. 
Druck:    35  43  44  Atm. 

Am  schönsten  war  die  Erscheinung  bei  einer  zu  Vor- 
versuchen dienenden  Mischung  von  ungefähr  56  Proc.  SO* 
auf  44  Proc.  C02.  Diese  hatte  einen  Verflüssigungsdruck 
von  nahe  35  Atm.  bei  13°;  sie  konnte  noch  flüssig  sein 
unter  19  Atm.  Druck.  Besonders  günstig  scheint  mir  bei 
diesen  Versuchen  der  Umstand  gewesen  zu  sein,  dass  das 
schon  öfters  benutzte  Rohr  oben  keine  Verengung  mehr 
besass,  wie  man  sie  absichtlich  zum  leichteren  Zerschmelzen 
anbringt,  und  sich  auch  noch  beim  Zuschmelzen  aufgebläht 
hatte,  sodass  der  Hohlraum  oben  ohne  jede  Spitze  endete. 

Dass  es  sich  hier  wirklich  um  einen  Siedeverzug  handelt, 
geht  daraus  hervor,  dass  beim  freiwillig  erfolgenden  Unter- 
brechen desselben  der  Druck  um  2 — 3  Atm.  stieg. 

Die  geringe  Volumenänderung  beim  Siedeverzug  wurde 
nicht  bestimmt. 

Was  die  Verttüssigungsverzüge  anlangt,  so  sagt  Max- 
well2) darüber: 

„Das  Dasein  dieser  Unsicherheit  in  den  Bedingungen 
der  Condensation  ist  zwar  sehr  wahrscheinlich,  jedoch  durch 

1>  Ad.  Blümcke,  Wied.  Ann.  23.  p.414.  18S4.  Siehe  auch  Ram- 
say u.  Young.  Phil.  Mag.  i5)  23.  p.  458.  1887. 

2)  Maxwell,  Theorie  der  Wärme;  übersetzt  von  Dr.  F.  Auerbach 
p.  125.  " 


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Gemische  von  CO.,  und  S02. 


<Ü5 


Versuche  noch  nicht  festgestellt,  wie  das  hinsichtlich  der 
Schwankungen  in  den  Bedingungen  der  Verdampfung  der 
Fall  ist.  Thomson  ist  der  Ansicht,  dass  man  diesen  Theil 
der  isothermischen  Linie  ermitteln  könne,  indem  man  die 
durch  die  rapide  Ausdehnung  des  Dampfes  in  einem  mit 
einer  Dampfhülle  versehenen  Kessel  erfolgende  Condensation 
der  Untersuchung  unterzieht." 

VanderWaals  drückt  sich  betr.  des  Theils  GF(Fig.  15) 
der  Isotherme  folgendermaassen  aus: 

„Kann  der  vom  Dampfe  ausgeübte  Druck  grösser  sein, 
als  der  gewöhnlich  mit  Maximalspannung  bezeichnete?  Die 
Beantwortung  dieser  Frage  ist  schwieriger,  doch  gibt  es 
einige  Gründe,  die  uns  auch  diese  bejahen  lassen."  >) 

Ich  finde,  dass  sich  diese  Frage  am  einfachsten  durch 
das  Experiment  beantworten  lässt. 

Dass  Luft  mit  Wasserdampf  übersättigt  werden  kann, 
wenn  keine  Staubtheilchen  sich  in  derselben  befinden,  zeigen 
die  Versuche  von  Coulier,2)  Aitken3)  und  Kiessling.4) 

Ich  erhielt  Verflüssigungsverzüge  sehr  leicht.  Um  bei 
diesen  Versuchen  keine  Siedeverzüge  zu  bekommen,  hatte  ich 
einen  Platindraht  mit  rauher  Bruchfl&che  in  das  Druckrohr 
gesteckt.  Die  betr.  Rohre  hatten  einen  lichten  Durchmesser 
von  8  mm  im  oberen  Thsile  und  endeten  in  einer  Capillare 
von  5  cm  Länge,  in  der  der  gebogene  Draht  von  selbst  haf- 
ten blieb. 

Die  Verflüssigungsverztige  gelangen  mir  am  besten  mit 
der  Mischung  von  1  Vol.  S03  +  1  Vol.  C02  bei  76°  C,  mit 
der  anderen  bei  34°  C. 

Bei  der  ersteren  konnte  ich  bei  niederen  Temperaturen 
überhaupt  nichts  beobachten,  weil  die  Verflüssigung  im  un- 
teren Theile  des  Apparates  erfolgte.  Bei  den  Versuchen  bei 
76°  0.  verlief  die  Erscheinung  in  folgender  Weise:  Das  Ge- 
misch blieb  beim  Comprimiren  gasformig,  bis  die  Spitze  des 

1)  Viin  der  Waala,  lieber  die  Continuitat  des  flüssigen  und  gas  for  in. 
Zustaudes.    Uebersetzt  von  Dr.  Fr.  Roth  p.  90.  1881. 

2)  Coulier,  Journ.  de  Pharm,  et  de  Chim.  (4)  22.  p.  165.  1S7Ö. 
:\)  Aitken,  Nature  23.  p.  lt>5  u.  3*4.  lö»l. 

4)  Kiessling,  Abhandl.  des  nntunv.  Ver.  Hamburg- Altona.  3.  Abth. 
1884.    Siehe  auch  K.  v.  Heimholt/.  Wied.  Ann.  27.  p.  50*.  1886. 

5s* 


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916 


A.  Blümcke. 


Platindrahtes  unter  dem  Quecksilber  verschwand,  dann  bil- 
dete sich  ein  Ring  von  Flüssigkeit  über  dem  Quecksilber, 
und  der  Druck  sank  um  0,2  At. 

Bei  der  zweiten  Mischung  liess  sich  die  Erscheinung  bei 
34  °C.  noch  mit  Sicherheit  constatiren;  nur  war  die  Druck- 
verminderung zu  klein,  um  bei  dem  betr.  Manometer  beob- 
achtet werden  zu  können. 

Bei  76°  müssen  bei  dieser  Mischung,  soweit  ich  die 
Drucke  steigern  konnte  (nur  70  At  wegen  der  Schwäche  des 
Rohres),  die  beiden  Isothermen  sehr  dicht  bei  einander  ver- 
laufen; ich  sah  wohl,  dass  beim  Comprimiren  keine  Verflüs- 
sigung eintrat,  aber  die  Druckunterschiede  zwischen  „theo- 
retischer" und  empirischer  Isotherme  lagen  nicht  ausserhalb 
der  Grenze  der  Beobachtungsfehler. 

Bei  reiner  Kohlensäure  und  reiner,  schwefligen  Säure 
konnte  ich  beide  Phänomene,  wenn  schon  weit  schwieriger, 
beobachten;  indess  wird  ihr  Eintreten  durch  den  Zusatz  des 
anderen  Gases  sehr  erleichtert. 

Es  ist  leicht  einzusehen,  warum  bei  Mischungen  das 
Uebergehen  von  der  „theoretischen"  zur  empirischen  Iso- 
therme nicht  60  plötzlich  und  heftig  vor  sich  geht,  wie  bei 
einem  einheitlichen  Körper.  Es  muss  nämlich  nicht  nur  der 
Aggregatzustand  sich  ändern,  sondern  auch  beim  Siedeverzug 
das  Mischungsverhältniss  des  flüssigbleibenden,  beim  Ver- 
flüssigungsverzug dasjenige  des  gasförmig  bleibenden.  Dazu 
kommt  noch,  dass  die  theoretische  Isotherme  sich  nur  sehr 
allmählich  an  die  empirische  anschliesst  (s.  Figur  17,  18,  19). 

Beim  Siedeverzug  verläuft  der  Uebergang  verhältniss- 
mässig  schnell.  Wären  im  Apparat,  namentlich  im  Manometer, 
keine  lufterfullten  Räume,  so  würde  die  Druckänderung  gross 
(siehe  die  mitgetheilten  Zahlen)  sein;  da  aber  infolge  des 
Nachgebens  der  Luft  das  Volumen  sich  vergrössern  kann,  so 
steigt  der  Druck  nur  entsprechend  dem  sich  herstellenden 
Volumen. 

Beim  Verflüssigungsverzug  wird  wahrscheinlich  im  ersten 
Moment  die  schweflige  Säure  allein  flüssig,  und  es  vergeht 
sehr  lange  Zeit,  bis  sich  dieselbe  mit  Kohlensäure  sättigt; 
namentlich  in  engen  Röhren. 

Die  Gemische  haben  geringere  Dichte  als  flüssige  SOr 


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Gemische  txm  Cö2  und  SO... 


917 


Ich  hatte  nie  hinreichend  Zeit  und  Heizflüssigkeit,  um 
das  Eintreten  der  normalen  Verhältnisse  abzuwarten.  Da- 
gegen war  ein  Annähern  an  dieselben  sehr  wohl  bemerkbar. 

Mir  scheinen  die  leichte  Herstellbarkeit  und  Messbarkeit 
dieser  Zustände  keine  ganz  unbrauchbare  Stütze  der  v.  d. 
Waals'schen  Ansicht  zu  sein. 

Da  beim  Oomprimiren  der  Gemische  immer  eine  lange 
Zeit  vergeht,  bis  sich  der  flüssig  gewordene  Theil  im  Maxi- 
mum der  Sättigung  befindet,  so  stellte  ich  alle  Versuche  zur 
Ermittelung  der  empirischen  Isotherme  bei  abnehmenden 
Drucken  an.  Ich  verflüssigte  entweder  (bei  den  niederen 
Temperaturen)  das  Gemenge  ganz  und  fing  die  ßjobachtung 
nach  aufgehobenem  Siedeverzug  an  oder  setzte  dasselbe  län- 
gere Zeit  einem  20  bis  30  At.  stärkeren  als  den  Anfangsdruck 
aus.  Die  Beobachtungen  selbst  boten  keine  Schwierigkeiten. 

Die  folgenden  Zahlen  habe  ich  durch  graphische  Inter- 
polation aus  den  zahlreichen  unter  sich  gut  stimmenden  Ver- 
gehen erhalten. 

(Siehe  Tabelle  auf  nächster  Seite.) 

„Theoretische"  Isothermen. 


29  "0 

Mischung 

ol°o 

Mischung 

Vol. 

Druck  1 

Vol. 

Druck 

0,052 

19.5 

0,0316 

34,6 

0,060 

17,4 

0,040 

28,8 

0,070 

15,0 

0,050 

23,ii 

0,080 

13,2 

0,060 

20,2 

0.085 

12.4 

0,070 

17,7 

In  der  Figurentafel  sind  die  Ergebnisse  in  der  üblichen 
Weise  (Drucke  als  Ordinaten,  Volumina  als  Abscissen)  dar- 
gestellt. Die  empirisch  ermittelten  Theile  der  „theoretisch en<- 
Isotherme  sind  punktirt. 

Leider  lässt  sich  nicht  viel  mehr  über  die  Ergebnisse 
sagen,  als  was  man  durch  den  blossen  Anblick  der  Curven 
sieht.  Sie  stehen  in  Einklang  mit  dem,  was  v.  d.  Waals1) 
darüber  sagt.  Die  geistreichen  Betrachtungen  Duhem's2) 
auf*  dieselben  anzuwenden,  ist  wegen  Mangels  der  nöthigen 
Daten  nicht  wohl  thunlich. 

1)  v.  <l.  Waals,  1.  c.  i>.  144. 

2)  Duh cm,  Journ.  de  j>hy».  7.  p  158.  IN?*. 


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A,  Blümckr. 


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GCL2. 


  G 


Gemische  von  CO*  und  SO, 


Am  merkwürdigsten  scheint  mir  der  Verlauf  der  Iso- 
thermen bei  den  höheren  Temperaturen,  man  sieht  an  den 
Curven  keinerlei  Anzeichen  für  den  Beginn  der  Condensation, 
vielmehr  sehen  dieselben  auf  dem  ganzen  Verlaufe  den  Iso- 
thermen der  permanenten  Gase  sehr  ähnlich.  Als  wichtigstes 
Resultat  aber  möchte  ich  noch  betonen,  dass  die  Isothermen 
kein  der  V'olumenaxe  parallele».  Stuck  besitzen,  dass  es  also  nicht 
erlaubt  ist,  die  Spannung  der  Dämpfe  der  Gemische  von  schwefli- 
ger Säure  und  Kohlensäure  zu  Temperaturbestimmungen  zu  be- 
nutzen,  wenn  nicht  das  Volumen  auf  das  genaueste  bekannt  ist. 

Bs  haben  deshalb  die  bisherigen  Messungen  an  Kälte- 
maschinen, welche  mit  derartigen  Gemengen  gefüllt  sind,  so 
werthvoll  sie  für  den  Praktiker  sein  mögen,  meiner  Meinung 
nach  flir  die  Wissenschaft  wenig  Werth. 

Ich  werde  diese  Untersuchungen  fortsetzen,  namentlich 
werden  mich  die  Zusammensetzung  der  Mischungsverhältnisse 
des  flüssigen  und  gasförmigen  Theiles,  sowie  deren  speeifische 
Gewichte  beschäftigen.  Zu  diesem  Zwecke  sind  die  nöthigen 
Einrichtungen  an  meinem  schon  früher  benutzten  und  be- 
schriebenen Apparate  bereits  angebracht.  Ausserdem  ist 
derselbe  mit  drei  durch  Ventile  absperrbaren  Eisenttaschen 
verbunden,  um  den  Einfluss  der  Volumenvergrösserung  kennen 
zu  lernen.  Die  noch  nicht  zum  Abschluss  gelangten  Ver- 
suche erstreckten  sich  bislang  auf  Mischungen  von  geringem 
C02-Gehalt.  Qualitativ  gaben  sie  kein  anderes  Resultat,  als 
die  oben  beschriebenen. 

Schliesslich  erlaube  ich  mir  die  Bemerkungen1)  des  Hrn. 
Raoul  Pictet  auf  meine  letzte  Arbeit8)  folgendermassen  zu 
beantworten: 

1)  Ich  konnte  unmöglich  annehmen,  dass  bei  der  Be- 
stimmung der  chemischen  Zusammensetzung  ein  Spielraum 
von  1  bis  40  Proc.  gelassen  war,  da  Hr.  Pictet  auf  p.  9 
seiner  Brochüre  folgende  Tabelle  mittheilt: 

l)  R.  Pictet,  Wied.  Ann.  34.  p.  734.  1888. 
2i  A.  Blümcke,  Wied.  Ann.  34.  p.  10.  1888. 


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920 


A.  Riümcke. 


Zusammen- 

i 

Zusammen- 

btede- 

UDt'illllfV 

'  f Amnoi-attir 

lüiiipii  tiiur 

Ont  Tiinrr 
BCl/ilII^ 

t  ein jk  raun 

-71°C. 

co9s. 

-12°C. 

-54 

colss4 

-  9.5 

-41 

<xvs6 

-  8.« 

C,0O,;S 

-26 

C0MS. 

-  s 

C048 

-19 

-7,5 

CO-S, 

-15 

8.1%  CO, 

Wenn  die  Verbindung  C04S  (Siedepunkt  -19°0.)  statt 
40,8  Proc.  auf  100  Theile  der  Mischung  nur  ungefähr  1  Proc. 
C03  enthält,  was  für  eine  Zusammensetzung  sollen  dann  die 
noch  folgenden  haben? 

2)  Der  theoretisch  berechnete  Druck  von  8  Atm.  bezieht 
sich  auf  eine  Flüssigkeit  von  der  Zusammensetzung  S02+C02; 
nachdem  durch  die  Versuche  Rilliet's  und  von  mir  die  Zu- 
sammensetzung als  eine  andere  gefunden  war,  musste  der 
theoretische  Druck  für  diese  neue  Zusammensetzung  berech- 
net werden,  um  mit  dem  experimentell  gefundenen  verglichen 
werden  zu  können. 

3)  Die  Abweichungen  von  den  Resultaten  des  Hrn. 
R.  Pictet,  welche  ich  bezüglich  der  Spannkräfte  der  von 
mir  untersuchten  Probe  der  „Flüssigkeit  Pictet"  zwischen 
0  und  30°  gefunden  habe,  sind  allerdings  gering;  dagegen 
tinde  ich  bei  50°  C.  eine  Differenz  von  ungefähr  1,5  Atm. 
Uebrigens  glaube  ich  mit  aller  Deutlichkeit  gesagt  zu  haben, 
dass  nach  meinen  Versuchen  die  beiden  fraglichen  Curven 
sich  bis  ungefähr  100°  C.  nicht  schneiden,  während  Hr.  R. 
Pictet  behauptet,  sie  schnitten  sich  bei  ungefähr  25°  C. 

4)  Bei  meinen  Versuchen  mit  dem  C ail letet' sehen 
Apparate  war  das  Gas  in  einem  cylindrischen  Rohr  von 
45  cm  Länge  eingeschlossen,  welches  oben,  um  das  Zuschmel- 
zen  zu  erleichtern,  eine  ungefähr  1,5  cm  lange  Capillare  hatte; 
unten  hatte  es  den  bekannten  hakenförmigen  Ansatz.  Ich 
comprimirte  bei  allen  Versuchen  nur  so  weit,  bis  die  erste 
sichtbare  Verflüssigung  eintrat.  Dabei  war  das  Volumen  bei 
den  höchsten  Temperaturen  (ca.  100°  C.)  ungefähr  der  zwan- 
zigste Theil  von  demjenigen  im  Normalzustande;  nicht  etwa 
der  dreihundertste  oder  vierhundertste.  Der  Fehler,  der 
durch  Spuren  von  Luft  entstehen  kann,  ist  also  nicht  im 


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Gemische  von  CO.,  und  SOr  921 

entferntesten  so  gross,  als  Hr.  R.  Pictet  meint  Ausser- 
dem habe  ich  nicht  nur  mit  dem  Cailletet'schen,  sondern 
auch  mit  meinem  Apparate  gearbeitet  und  übereinstimmende 
Resultate  gefunden. 

5)  Daes  ich  Abweichungen  von  den  Resultaten  Reg- 
nault'8  constatirte,  ist  sehr  richtig;  aber  da,  wo  eine  Ab- 
weichung von  Regnault  statt  hat,  besteht  eine  Ueberein- 
stimmung  mit  den  Resultaten  Sajo tschewsky 's.  Diese 
Uebereihstimmung  dürfte  Hr.  R.  Pictet  nicht  hinlänglich  in 
Betracht  gezogen  haben.  Im  übrigen  dürfte  eine  Abweichung 
von  Regnault  umso  weniger  ins  Gewicht  fallen,  als  es  sich 
hauptsächlich  um  das  Schneiden  der  fraglichen  Spannkrafts- 
curven  handelt,  und  etwaige  Beobachtungsfehler  bei  beiden 
Versuchsreihen  in  gleicher  Weise  sich  geltend  gemacht  hätten, 
da  immer  dasselbe  Manometer  und  dasselbe  Thermometer 
benutzt  wurden. 

Ich  habe  späterhin  noch  eine  Reihe  von  Versuchen  mit 
dem  Cailletet'schen  Apparate  ausgeführt,  welche  alle  gegen 
ein  Schneiden  der  beiden  Curven  sprechen.  Ich  legte  dabei 
namentlich  Werth  darauf,  dass  zuerst  die  reine  schweflige 
Säure  untersucht,  und  darauf  die  Flüssigkeit  Pictet  aus 
derselben  schwefligen  Säure  durch  Zusatz  von  Kohlensäure 
hergestellt  wurde.  Ich  habe  dazu  sowohl  käufliche,  als  auch 
von  mir  selbst  hergestellte  schweflige  Säure  und  Kohlensäure 
genommen.  —  Ferner  habe  ich  mit  meinem  Apparate  folgen- 
den Versuch  gemacht: 

Derselbe  wnrde  mit  einer  Mischung  von  stärkerem  Pro- 
centgehalt als  die  Flüssigkeit  Pictet  gefüllt,  hierauf  die 
Temperatur  auf  50°  C.  gebracht  und  constant  erhalten.  Als- 
dann Hess  ich  in  kleinen  Portionen  Gas  entweichen.  Dabei 
entströmt,  wie  der  Schwimmer  zweifellos  erkennen  lässt,  vor- 
wiegend C02;  es  entsteht  also  eine  immer  mehr  der  reinen 
S02  sich  nähernde  Füssigkeit.  Der  Druck  war  anfanglich 
weit  höher,  als  der  der  reinen  schwefligen  Säure.  Wenn  nun 
ein  Schneiden  der  betreffenden  Spannkraftscurven  stattfände, 
so  müsste  nothwendig  der  Druck  unter  den  der  schwefligen 
Säure  hinabsinken,  und  zwar  um  1,5  Atin.  Bei  der  betreffen- 
den Temperatur  entspricht  einer  solchen  Druckdifferenz  an 


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022 


A.  Blümche. 


meinem  Manometer  eine  Verschiebung  des  Quecksilberfadens 
um  ungefähr  3  cm,  d.  i.  eine  Grösse,  welche  mir  unmöglich 
entgehen  konnte.  Ich  kam,  bis  das  ganze  Rohr  leer  war, 
nur  bis  an  den  Druck  der  schwefligen  Säure,  niemals  tiefer. 

Schliesslich  habe  ich  infolge  eines  gütigen  Rathes  des 
Hrn.  L.  Gr  ätz  folgenden  Versuch  mit  einem  Differential- 
manometer gemacht: 

Zwei  kleine  Eisenflaschen  von  ca.  600  ccm  Inhalt  wur- 
den durch  ein  gläsernes  U-Rohr,  welches  zur  Hälfte  mit 
Quecksilber  gefüllt  war,  verbunden.  Die  eine  war  mit  käuf- 
licher schwefliger  Säure  halb  gefüllt,  die  andere  enthielt  die 
gleiche  Menge  derselben  schwefligen  Säure  und  eine  kleine 
Menge  Kohlensäure.  Ich  suchte  durch  mehrmaliges  Füllen 
und  Wiederentleeren  der  Manometerröhren  mit  Gas  die  Luft 
möglichst  zu  entfernen.  Beim  Beginn  der  Versuche  bestand 
bei  0°  in  beiden  Flaschen  eine  solche  Druckdifferenz,  dass 
das  Quecksilber  in  den  Schenkeln  des  Manometers  eine 
Höhendifferenz  von  10,5  cm  hatte.  Bei  50°  C.  hatte  dieselbe 
nicht  nur  nicht  abgenommen,  sondern  war  auf  11,5  cm  an- 
gewachsen. Es  sprechen  also  auch  diese  Versuche  gegen 
ein  Schneiden  der  Curven. 

Endlich  bemerke  ich  noch,  dass  nach  den  Untersuchun- 
gen der  Herren  J.  Kalcher  und  Schrabetz  der  Dampf 
der  Flüssigkeit  Pictet  an  Kohlensäure  reicher  ist,  als  die 
Flüssigkeit  selbst;  es  enthält  nämlich  der  Dampf: 

J  SO,    S>7,87  Proc.  |  SO,    97,11  Proc. 

1  CO,     2,12     »  |  CO,     2,88  „ 

die  Flüssigkeit: 

j  SO,    99,06  Proc.  |  SO,    98,97  Proc. 


4   \  CO,     0,94     „  11    {  CO,     1.08  „ 

Ich  habe  eine  Eisenflasche  gefüllt  mit  einer  fünfprocen- 
tigen  Mischung,  sodass  dieselbe  nahezu  ganz  voll  war.  Hier- 
auf wurde  dieselbe  in  einem  Wasserbade  auf  50°  C.  erhitzt 
und  drei  Proben  Dampf  entströmen  lassen,  welche  über 
Quecksilber  aufgefangen  wurden. 

Hr.  Gerdeissen,  Assistent  des  Hrn.  Prof.  v.  Miller, 
hatte  die  Liebenswürdigkeit,  die  Proben  zu  analysiren. 


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Gemische  von  C()2  und  SO. 


023 


Die  erste  enthielt:  51  Proc.  CO,  49  Proc.  SO, 
die  zweite:  40 

die  dritte:  38  »  n 


Ich  war  anfangs  über  diese  Zahlen  sehr  überrascht;  aber 
das  starke  Ansteigen  der  Isothermen  der  Gemische  für  kleiner 
werdende  Volumina  einerseits,  ferner  der  Umstand,  dass  die 
Kohlensäure  sich  bei  50°  C.  weit  oberhalb  der  kritischen 
Temperatur  beiindet,  lassen  sie  weniger  befremdlich  er- 
scheinen. 

Es  ist  also  wohl  als  bewiesen  anzunehmen,  dass  auch 
bei  50°  C.  der  Dampf  der  Flüssigkeit  Pictet  mehr  C02  ent- 
hält als  die  Flüssigkeit  selbst;  woraus  ohne  weiteres  nach 
dem  Gesetz  von  Konowalow1)  folgt,  dass  sie  einen  stärke- 
ren Druck  als  reine  S02  haben  muss. 

München,  im  Januar  1889. 


XI.   lieber  Adsorption  und  Condensation 
von  Kohlensäure  an  blanken  Glasflächen; 

von  IT,  Krause. 

Auszug  aus  der  gleichbetitclten  Inauguraldissertation  des  Verfassers. 

(Hleria  Tar.  X  Flg.  20— 22.) 

Den  Ausgangspunkt  nachstehender  Arbeit  bildet  eine 
Bemerkung  von  Warburg  und  lhmori2)  in  dem  Aufsatz: 
„Ueber  das  Gewicht  und  die  Ursache  der  Wasserhaut  bei 
Glas  und  anderen  Körpern".  Dieselbe  lautet:  „Es  wäre 
hiernach  interessant,  zu  wissen,  ob  alkalifreies  Glas  messbare 
Quantitäten  Kohlensäure  adsorbirt."  In  der  Abhandlung 
wird  nachgewiesen,  dass  es  möglich  ist,  durch  Kochen  Glas 
an  seiner  Oberfläche  ärmer  an  Alkali  zu  machen,  und  dass 
das  Alkali  es  ist,  welches  die  Bildung  von  Wasserbeschlag 
hervorbringt,  resp.  befördert.  Es  galt  die  Frage  zu  beant- 
worten, ob  und  wie  weit  der  Verlauf  der  von  Bunsen3)  be- 

1)  Konowalow,  Wied.  Ann.  14.  p.  48.  1881  u.  Planck,  Zeitschr. 
f.  phys.  Chem.  2.  p.  408.  1888. 

2)  Warburg  u.  Ihmori,  Wied.  Ann.  27.  p.  481.  1886. 
H)  Bunsen,  Wied.  Ann.  20.  p.  545.  1883. 


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924 


H.  Krause. 


obachteten  Gasadsorption  an  blanken  Glasflächen  in  Ab- 
hängigkeit von  der  an  der  Oberfläche  derselben  wirksamen 
Schicht  freien  Alkalis  zu  bringen  sei.  Ich  beabsichtigte  dem- 
nach, die  Versuche  Buns  en's  mit  frischen  und  dann  mit 
gekochten  Fäden  zu  wiederholen. 

Die  Analyse  des  Glases,  welche  unter  gütiger  Leitung 
des  Hrn.  Prof.  Doebner  von  Hrn.  Hofmann  ausgeführt 
wurde,  ergab:  Kieselsäure  70,10;  Eisenoxydul  5,75;  Kalk 
2,56;  Kali  20,86  Proc.  Das  specifische  Gewicht,  als  Mittel 
aus  5  zwischen  13,0  und  13  6°  C.  angestellten  Versuchen, 
war  s  =  2,4168  ±  0,0J. 

Ich  untersuchte  ebenfalls  wie  Bun  sen  2000  einzelne 
Fäden  mit  dem  Mikroskop  und  fand,  dass  auf  1  g  1447,7 
Fäden  von  1  m  Länge  gingen,  welchen  eine  Mantelfläche 
von  0,084  730  qm,  ein  Querschnitt  von  0,0e83  qm,  sowie  ein 
Volumen  von  0,41377  ccm  zukommt.  Die  Controle  durch 
Zählung  und  Wägung  eines  Gebindes  ergab  als  Gewicht  der 
1447,7  Fäden  1,0033  g,  tine  jedenfalls  zufriedenstellende 
Uebereinstimmung.  Die  mit  siedendem  Wasser  behandelten 
Fäden  erlitten  an  ihrer  Oberfläche  einen  Substanzverlust  von 
0,462  Proc,  welcher  nach  der  vom  Hrn.  Dr.  Baumert 
freundlichst  übernommenen  Untersuchung  Kalk,  Kieselsäure, 
Blei,  eine  Spur  von  Kohlensäure  und  Alkalien  enthielt.  Mit 
Berücksichtigung  dieses  Verlustes  berechnete  ich  die  Mantel- 
oberfläche für  1  g  gekochter  Fäden  auf  0034  926  qm;  der 
Querschnitt  war  nicht  merklich  verändert. 

Um  bei  Vergleichung  der  Versuche  den  Einfiuss  von 
Druck  und  Temperatur  eliminiren  zu  können,  wurden  beide 
zu  gleicher  Zeit  in  zwei  vonBunsen1)  beschriebenen  Appa- 
raten angestellt.  Betreffs  Füllung  der  Beobaehtungsinstru- 
lnente  mit  Gas.  Evacuirung  mittelst  Quecksilberluftpumpe. 
Trocknung  u.  s.  w.  verweise  ich  auf  die  Originalschrift2); 
nur  sei  hervorgehoben,  dass  der  obere  Theil  des  Apparates 
jedesmal  unter  Trocknung  mit  Phosphorsäureanhydrid  bis 
zum  harten  Anschlag  ausgepumpt  wurde,  sich  also  darin  be- 
findliches Gas  nicht  mehr  nachweisen  liess;  ferner,  dass  die 

1)  Bunscn,  Wied.  Ann  20.  p.  550.  18?:-{. 

2)  Krause,  Inauguraldiss.  Halle  lsSs1. 


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Adsorption  von  CO.,  nn  Glas. 


925 


in  den  ersten  Minuten  und  Stunden  stattfindende  Conden- 
sation einer  besonderen  Beachtung  unterzogen  wurde.  Die 
GesammtoberHäche  der  frischen  Fäden  (inc).  der  inneren 
Röhrenwandung)  betrug  für  alle  drei  Versuche  4,3448  qm, 
für  die  gekochten  4,3206  qm.  Bei  dem  ersten  Versuch  war 
das  Volumen  des  eingelassenen  Gases  bei  den  frischen  und 
gekochten  Fäden  87,013,  resp.  85,956  ccm;  bei  dem  zweiten 
Versuch  59,390,  resp.  58,600  ccm;  bei  dem  dritten  Versuch 
57;604,  resp.  58,797  ccm. 

Auf  Taf.  X  Fig.  20  sind  die  Resultate  der  Condensation  für 
alle  drei  Versuche  graphisch  dargestellt.  Bei  dem  Auspumpen 
war  nur  bei  Versuch  I  abgedunstete  Feuchtigkeit  an  der 
Phosphorsäure  zu  bemerken.  Bei  dem  zweiten  und  dritten 
Versuch  zeigte  sich  während  des  E?acuirens  immer  wieder 
neues  Gas,  welches  sich  jedenfalls  an  den  frischen  Fäden, 
welche  stets  während  der  Zurüstungen  zu  einem  neuen  Ver- 
suche im  oberen  Theile  des  Apparates  luftdicht  abgeschlossen 
waren,  condensirt  hatte  und  nun  bei  dem  verminderten 
Druck  loslöste.  Diese  Erscheinung  war  nicht  oder  nur  in 
geringem  Maasse  an  den  gekochten  Fäden  zu  bemerken. 

Aus  dem  I.  Versuch  konnte  folgender  Schluss  gezogen 
werden: 

a)  Es  findet  an  beiden  Arten  von  Fäden  eine  Conden- 
sation statt,  bei  den  frischen  schneller  als  bei  den  gekochten; 
es  waren  in  26  Tagen  0,944,  resp.  0,512  ccm  Gas  condensirt. 

b)  Die  Condensation  ist  besonders  lebhaft  in  den  ersten 
Minuten  und  am  ersten  Tage.  In  70  Minuten  waren  0,449, 
resp.  0,158  ccm,  in  24  Stunden  0,633,  resp.  0,276  ccm  Kohlen- 
säure condensirt. 

c)  Nach  etwa  15  Tagen  scheint  das  Maximum  der  Ver- 
dichtung bei  den  frischen  Fäden  erreicht  zu  sein;  bei  den 
gekochten  geht  dieselbe,  wenn  auch  äusserst  langsam,  noch 
vorwärts. 

Aus  dem  II.  Versuch  ergab  sich  entsprechend: 
ad  a)  und  b):    Es  findet  ebenfalls  bei  den  frischen  Fä- 
den   eine    Condensation    statt,   jedoch    etwas  langsamer; 
äusserst  gering  ist  dieselbe  an  den  gekochten.    Es  wurde 
Gas  verdichtet: 


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026  //.  Krause. 

in    1  Stunde    0,386,  resp.  0,023  ccm. 
v  24  Stunden  0,600    „     0,065  >• 
»  12  Tagen     0,777     „    0,083  . 

Durch  Versuch  III  wurde  das  eben  angeführte  Resultat 
vollständig  bestätigt.  Der  Grund  der  Condensation  ist  in 
allen  Fällen  in  dem  Vorhandensein  von  Wasser  an  der  Gas- 
oberHäche  zu  suchen,  welches  sich  bei  den  frischen  Fäden 
selbst  durch  wiederholtes  scharfes  Auspumpen  unter  Anwen- 
dung von  Phosphorsäureanhydrid  bei  gewöhnlicher  Lufttempe- 
ratur nicht  entfernen  Hess. 

Ich  ging  nun  dazu  über,  die  Versuche  in  ähnlicher  Weise 
anzustellen,  wie  Bun  sen  in  seiner  späteren  Arbeit1),  indem 
ich  durch  Erhitzen  über  500°  den  Fäden  jede  Spur  von 
Feuchtigkeit  nahm.  Bun  sen  hat  in  der  betreffenden  Ab- 
handlung nachgewiesen,  dass  „an  der  völlig  von  Feuchtigkeit 
befreiten  Glasfläche  gar  keine  nachweisbare  langsame  Con- 
densation stattfand''.  Er  beschreibt  den  Versuch  wie  folgt: 
„Um  die  Fäden  vollkommen  auszutrocknen,  werden  sie,  nach- 
dem ihre  Feuchtigkeit  schon  zuvor  grösstentheils  entfernt 
war,  in  dem  aufrecht  in  der  Wanne  stehenden  Barometer 
selbst  mittelst  des  aufgestülpten  Thermostaten  mehrere  Stun- 
den lang  auf  505°  C.  erhitzt  erhalten,  während  ein  dicht  unter 
den  erhitzten  Fäden  austretender  Strom  von  völlig  trockner  Koh- 
lensäure durch  das  vom  Quecksilber  der  Wunne  abgesperrte  Baro- 
meterrohr geleitet  wurde."  Es  könnte  hierbei  während  der 
Abkühlung  schon  eine  Adsorption  des  Gases  an  der  Gas- 
oberHäche  stattgefunden  haben,  und  es  schien  deshalb  zweck- 
mässig, den  Versuch  so  einzurichten,  dass  das  Gas  erst  nach 
der  Trocknung  und  Abkühlung  mit  den  Fäden  in  Berührung 
gebracht  wurde.  Die  Trocknung  wurde  mit  dem  von  B Un- 
sen2) beschriebenen  Thermostaten  vorgenommen.  Bei  der 
Bestimmung  der  einzelnen  Temperaturen  durch  das  Luft- 
thermometer bleibt  zu  bemerken,  dass  dasselbe  nicht  mit 
Wasser,  sondern  mit  Quecksilber  abgeschlossen  und  nach 
Abkühlung  in  einer  gewöhnlichen  Quecksilberwanne  neben 
einem  sorgfältig  ausgekochten  Barometerrohr  vertical  aufge- 

1)  Bimsen,  Wied.  Ann.  24.  p.  321.  1885. 

2)  Hunacn,  Wied  Ann.  24.  p.  323.  188"). 


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Adsorption  von  C02  an  Glas.  927 


stein  wurde.  Die  Messungen  erfolgten  mittelst  eines  Genfer 
Kathetometers.  Die  sechs  Flammen  des  Thermostaten  er- 
zielten unter  einem  Wasserdruck  von  10  mm  eine  Hitze  von 
531 0  C. 

Eine  genau  gewogene  Menge  Fäden  wird  in  den  Kopf 
einer  sorgfältig  calibrirten  Barometerröhre  b  (Fig.  21)  ein- 
geführt, dann  dieselbe  mit  dem  Kautschukstopfen  ö,  welcher 
eine  doppelte  Bohrung  hat,  fest  verschlossen.  In  der  einen 
befindet  sich  ein  rechtwinklig  gebogenes  Röhrchen  C,  welches 
an  dem  einen  Ende  bei  d  zugeschmolzen,  am  anderen  offen 
ist;  in  der  anderen  Bohrung  steckt  das  U-förmig  gebogene, 
mit  einem  Hahn  /  versehene  Rohr  G,  welches  durch  Trocken - 
Vorrichtungen  zur  Quecksilberluftpumpe  führt.  Der  untere 
Theil  von  ä,  sammt  Kautschukstopfen  u.  s.  w.  ist  tief  in  das 
Quecksilber  der  Wanne  eingetaucht  und  dadurch  luftdicht 
abgeschlossen.  Während  der  Dauer  der  Erhitzung  bei  531 0 
wird  das  Rohr  luftleer  gepumpt,  dann  nach  Abkühlung  das 
Capillarrohr  C  abgebrochen,  sodass  sich  jetzt  das  Rohr  zur 
Barometerhöhe  mit  Quecksilber  füllt  Nach  Entfernung  des 
Stopfens  wird  das  Instrument  in  der  Wanne  vor  dem  Ka- 
thetometer  neben  dem  Barometerrohr  aufgestellt.  Die  Mes- 
sung und  Einfilllung  der  sorgfältig  getrockneten  Kohlensäure 
geschieht  mit  einem  Füllrohr,  dessen  sich  auch  Bunsen1) 
bediente. 

A.    Frische  Fäden. 

Erster  Versuch:  Im  Rohr  waren  15,040  g  Fäden, 
welche  eine  Oberfläche  von  1,2744  qm  darboten;  hierzu 
kommt  der  0.0118  qm  betragende  obere  Theil  der  inneren 
Röhrenwandung.  Während  des  Erhitzens  und  Evacuirens 
zeigte  sich  an  der  Phosphorsäure  der  Trockenröhre  Feuch- 
tigkeit, und  Loslösung  von  Gas  war  bemerkbar.  Es  bildete 
sich  jetzt  merkwürdiger  Weise  in  der  Röhre  ein  Beschlag 
von  rothbrauner  Farbe,  und  zwar  an  der  Stelle,  welche 
zunächst  aus  dem  Eisenrohr  hervorsah.  Um  denselben  zu 
entfernen,  wurde  diese  Stelle,  wie  überhaupt  die  ganze  Röhre, 
mit  einem  Bunsenbrenner  stark  erhitzt,  bis  das  Destillations- 

1)  Bunsen.  Wied.  Ann.  *24.  p.  3H'-\  1885. 


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928 


H.  Krause. 


product  verschwunden  zu  sein  schien.  Wie  beim  Abheben 
des  Thermostaten  sich  später  herausstellte,  befand  sich  noch 
rothbrauner  Beschlag  am  oberen  Ende  der  Röhren  wandung. 
Wasser  konnte  derselbe  unmöglich  sein.  Als  nach  zwei 
Stunden  ein  ziemlich  harter  Anschlag  erzielt  wurde,  konnte 
Hahn  f  geschlossen,  die  Flammen  gelöscht  und  die  Spitze  d 
abgebrochen  werden.  Im  Rohr  zurückgebliebene  Luft  war 
nicht  nachweisbar.  Bezeichne  nun  V  das  aus  dem  Füllrohr 
nach  dem  Baroraetermessrohr  b  eingeleitete  Gesammtvolumen 
Gas,  v  das  an  b  alsdann  abgelesene  Volumen,  demnach 

V  -  v  das  eventuell  an  der  Glasoberiläche  adsorbirte  Gas. 

Zunächst  ist  F=  2,500  ccm;  V-v  =  0,045  ±  0,002  ccm. 
(  Mittel  aus  fünfzehn  an  zwei  Tagen  gemachten  Beobachtungen 
bei  einer  Temperatur  von  21,00  bis  21,93°  C.  und  62,42  bis 
63,35  mm  Druck.)  Dies  Resultat  kann  jedoch  keinen  An- 
spruch auf  Genauigkeit  machen,  da  der  Meniscus  mit  einem 
Filz  von  Glasfaden  bedeckt  und  eine  scharfe  Einstellung 
unmöglich  war.  Es  wurde  von  neuem  Gas  eingeleitet. 
Gesammtvolumen  V  =  4,913  ccm ;  V  —  v  =  0.046  ±  0,001  ccm. 
^Mittel  aus  zwei  an  demselben  Tage  gemachten  Ablesungen 
bei  21,74°  und  107,31  mm  Druck.)  Die  Einstellung  war 
jetzt  genauer. 

Zweiter  V ersuch  mit  denselben  frischen  Fäden : 
Nachdem  zehn  Minuten  ausgepumpt  und  erhitzt  war,  löste 
sich  Gas  von  der  Glasoberfläche.  Das  Evacuiren  wurde 
fortgesetzt  wie  früher.  Ein  Destillationsproduct  war  nicht 
bemerkbar;  jedoch  war  nach  Abschluss  0,004  ccm  Luft  in  b 
zurückgeblieben.  Eingelassenes  Gas  (incl.  Luft)  V=  1,985 ccm; 

V  -  v  =  0,014  ±  0,002  ccm.  (Mittel  aus  zehn  an  zwei  Tagen 
angestellten  Beobachtungen  bei  20,69  bis  22,81°  C.  und 
52,59  bis  53.22  mm  Druck.)  Danach  neues  Gas  zugeleitet. 
Gesammtvolumen  F  =  4,255 ccm;  V  —  v  =  0,027  +  0,001  ccm. 
(Mittel  aus  dreizehn  an  vier  Tagen  angestellten  Beobachtungen 
bei  20,05  bis  21,56°  C.  und  95,82  bis  96,51  mm  Druck.) 

Ich  übergehe  vorläufig  die  Erklärung  des  gefundenen 
Resultates,  bemerke  jedoch  in  Uebereinstimmung  mit  Bun  sen, 
dass  von  einer  nachweisbaren  langsamen  Condensation  nicht 
die  Rede  sein  kann. 


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Adsorption  von  C03  an  Glas. 


929 


Nun  führte  ich  Wasser  in  einem  Kügelchen  in  den 
Raum  ein,  in  welchem  sich  Fäden  und  C02  befanden.  Dabei 
ist  zu  berücksichtigen,  dass  dasselbe  einen  Theil  des  Gases 
absorbiren  wird.  Dieser  wurde  nach  der  in  den  gasomet- 
rischen  Methoden  von  Bunsen1)  angegebenen  Formel  be- 
rechnet und  angenommen,  dass  noch  das  ganze  Volumen 
des  Wassers,  welches  sich  im  oberen  Räume  in  feinen 
Tropfen  niedergeschlagen  hatte,  als  solches  vorhanden  sei. 
Die  Art  der  Versuchsanordnung  machte  es  im  Gegensatz 
zu  Bunsen  möglich,  die  Tension  des  IVasserdampfes  bei  t° 
in  Millimetern  gesondert  zu  bestimmen  und  heim  Druck  in  Ab' 
rechnung  zu  bringen.  Die  jetzt  gefundenen  Resultate  sind  in 
Tub.  I  zusammengefa8st;  die  um  22.  bis  24.  Juli  angeführten 
Zahlen  sind  Mittel  aus  je  zwei  Beobachtungen. 

Tabelle  I. 

Den  21  Juli  1887.    II1'  45'.    Zugahe  von  0,174.«)  g  Wasser. 


=  t 

life 

>  e-j 

IT.* 
?E 

(•»•in 

36,629 
36,629 
36,575 
36,535 
36,508 
36,441 
36,373 
36,306 
36.252 
36,288 
36,198 
36,171 
30,090 
36,009 
34,617 
34,617 
34,15« 
3 1,424 


1)  R.  Bunsen,  Gasom.  Meto.  p.  219 

Ann.  d.  Pfcjrt.  o  Cbem.  N.  P.  X&XYJ. 


A 

t 

s 

i 

Zeit 

mV. 

*  a 

4, 
TS 

• 

Tag 

u. 

Stunde 

f  * 
*»  • 

h 

/°C. 

21.  Juli  12h10' 

85,91 

20,19 

l 

12  20 

85.79 

20,21 

3. 

12  30 

85,48 

20,36 

4. 

12  40 

85,40 

20,29 

5. 

12  50 

85,14 

20,31 

6. 

2  15 

82,44 

21,18 

1: 

2  SO 

82,27 

20,95 

2  45 

81.74 

20,89 

3  — 

81,52 

20,82 

10. 

3  15 

81.47 

20,79 

11. 

3  30 

80,99 

20,79 

12. 

3  45 

80,82 

20,77 

13. 

4  15  80,46 

20,57 

14. 

4  45 

80,11 

20,41 

15. 

22.  Juli 

73,59 

19,19 

16. 

23. 

»' 

67,72 

1  19.81 

17. 

24. 

»' 

64,73 

21,14 

18. 

25. 

61/58  ,  21,42 

- 


11- 

~  r. 
^  — 


r-r 


i>  c*  m  !  cem 


8,855 
3,849 
3,828 
3,821 
3,806 
3,66S 
3,654 
3,628 
3.612 
3,609 
3,584 
3,574 
3,553 
3,529 
3.131 
2,875 
2,700 
2,590 


0,400 
0,406 
0,427 
0,434 
0,449 
0,587 
0,601 
0,627 
0,«43 
0,646 
0,671 
0,(581 
0,702 
0,726 
1,123 
1,380 
1,556 
1,665 


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0,018 
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0,018 
0,017 
0,017 
0,017 
0,017 
0,017 
0,017 
0,017 
0,017 
0,017 
0,015 
0,014 
0,013 
0,013 


TT 

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0 


s 

Z 


rem 

0,382 
0,388 
0,410 
0,416 
0,431 
0,570 
0,584 
0,610 
0,626 
0,629 
0,654 
0,H64 
0,686 
0,709 
1,108 
1,366 
1,513 
1 ,652 


59 


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930 


H.  Krause. 


Es  sind  folglich  mit  Abrechnung  des  früher  eventuell 
adsorbirten  Gasvolumens  von  0,027  ccm  nach  Einführung 
von  Wasser  an  der  1,28620  qm  betragenden  Glasoberfläche 
am  ersten  Tage  1,084,  am  zweiten  0  258,  am  dritten  0,175 
und  am  vierten  0,108;  in  vier  Tagen  also  von  4,228  ccm  C03 
1,625  ccm  condensirt  worden.  Die  Verdichtung  ist  am  ersten 
Tage  bei  weitem  am  grössten  und  besonders  sofort  nach 
Einführung  des  Wassers.  Der  Verlauf  ist  auf  der  bezüg- 
lichen Curve  Fig.  22  graphisch  dargestellt.  Das  Glasrohr 
hatte  während  des  Erhitzens  und  Auspumpens  keine  die 
Grenzen  der  Beobachtungsfehler  überschreitende  Volumen- 
veränderung erlitten. 

B.   Gekochte  Fäden. 

Erster  Versuch:  In  ein  neues,  sorgfaltig  calibrirtes 
Rohr  wurden  15,265  g  gekochte  Fäden  eingeschoben.  Die- 
selben repräsentiren  (incl.  der  inneren  Wandung  von  0,01291  qm) 
eine  Glasoberfläche  von  1,30915  qm.  Nachdem  zehn  Minuten 
lang  ausgepumpt  und  erhitzt  war,  trat  die  früher  beobachtete 
Erscheinung  ein,  dass  sich  Gas  loslöste;  ebenso  war  Feuch- 
tigkeit im  Trockenrohr  bemerkbar.  Ein  Destillationsproduct 
kam  hier  nicht  zum  Vorschein;  im  Messrohr  war  keine 
Luft   zurückgeblieben.     Eingelassenes  Kohlensäurevolumen 

V  =  2,822  ccm;  V  -  v  =  0  014  ±  0,001  ccm.  (Mittel  aus  acht 
an  zwei  Tagen  angestellten  Beobachtungen  bei  23,41  bis 
24,64°  C.  und  65,03  bis  65,18  mm  Druck ) 

Zweiter  Versuch  mit  denselben  gekochten 
Fäden:  V—  2,283  ccm  (incl.  der  im  Rohr  zurückgebliebenen 
Luft  von  0,008  ccm);  V-  v  =  0,029  ±  0,001  ccm  (Mittel 
aus  sechs  an  zwei  Tagen  angestellten  Beobachtungen  bei 
26,21  bis  26,97°  C.  und  55,72  bis  56,13  mm  Druck).  Dann 
wurde    Gas    nachgefüllt.     Gesammtvolumen     V  —  4,152; 

V  -  v  =  0,050  ±  0,002  ccm  (Mittel  aus  sechs  an  zwei  Tagen 
angestellten  Beobachtungen  bei  25,19  bis  27,69°  C.  und  88,70 
bis  89,21  mm  Druck).  Jetzt  wurde  in  gleicher  Weise  wie 
früher  Wasser  zugegeben.  Die  Resultate  stehen  in  Tab.  IL. 
Die  vom  2.  August  bis  6.  September  angeführten  Zahlen 
sind  Mittel  aus  mehreren  Beobachtungen. 


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Absorption  von  COt  tin  Glas.  931 


Tabelle  IL 

Pen  l.  August  1887.    llh20'.   Zugabe  von  0,071)0  g  Wasser. 


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Tag  u.  Stunde 

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cem 

cem 

cem 

1. 

1.  Aug.  2h85' 

79,99 

26,13 

i 

89,096 

3,755 

0,397 

2. 

2  50 

79,86 

26,19 

39,096 

3,748 
3  740 

0,404 

■  _ 

8. 

3  5 

79  71 

'26  32 

39  096 

0  412 

4. 

3  20 

79,68 

26,34 
22,  W 

39,096 

3,738 
3,589 
3,5-'0 

0,414 

0,007 

_ 

5 

2.  „ 

77,77 

37,985 

0,563 

0,556 

6. 

3.  „ 

76,64 

21,65 

37,674 

0,632 
0,717 

0,625 

7. 

5.  » 

75,61 

20,25 

37,100 

3,435  1 

" 

0,710 
0,737 

8. 

6.  „ 

75,03 

20,29 

37,100 

3,408 

0,744 

»» 

9. 

8.  „ 

72,91 

22,56 
18,48 

37,817 

3,348 

0,804 

»» 

0,797 

10. 

26.  „ 

«8,76 

36,910  1 

3,127 

1,025 

i 

»» 

1,018 

11. 

27.  >» 

68,59 

19,81 

37,039 

3,121 

1,031 

1,024 

12. 

30.  » 

67,59 

21,17 

37,255 

3,074 

3,058 

1,078 

0,006 

1,072 

13. 

1 .  September 

67,26 

21,19 
20,35 

37,248 

1,094 

»T 

1,088 
1,138 

14 

6.  •» 

64,88 

87,877  , 

3,008 

1,144 

>» 

»  t 

Das  Wasser,  welches  noch  am  1.  September  in  der 
Kugel  bemerkbar  war,  schien  am  6.  September  verschwunden 
zu  sein.  Das  Vorhandensein  von  Wasserdampf  liess  sich 
jedoch  durch  einen  am  9.  September  angestellten  Abkühlungs- 
versuch mit  Aether  (—  13°  C.)  nachweisen. 

Es  ist  mit  Abrechnung  des  früher  eventuell  adsorbirten 
(iasvolumens  —  0,053  cem  zu  Folge  der  letzten  Ablesung  — 
nach  Einführung  von  Wasser  an  der  1,30915  qm  grossen 
Oberfläche  am  ersten  Tage  0,500,  am  zweiten  0,074,  am 
dritten  und  vierten  Tage  zusammen  0,083,  in  vier  Tagen 
also  0,657  von  4,152  cem  Gas  verdichtet  worden.  Der  Ver- 
lauf der  Condensation  ist  Fig.  22  graphisch  dargestellt. 

Fassen  wir  nun  —  auf  die  Frage  einer  anfanglichen 
Condensation,  welche  Bun  sen  entgangen  sein  konnte,  soll 
sofort  eingegangen  werden  —  die  durch  die  letzte  Art  der 
Versuche  gewonnenen  Resultate  zusammen,  so  ist  zunächst 
das  von  Bunsen  gefundene  Resultat  bestätigt: 

Wenn  von  der  Oberfläche  der  Fäden  jede  Spur  von 
Feuchtigkeit  entfernt  ist,  was  durch  Erhitzung  bis  531 0  und 
Auspumpung  mittelst  der  Quecksilberluftpumpe  unter  An- 

59* 


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//.  Krause. 


wendung  von  Phosphorsäureanhydrid  geschehen  kann,  so 
findet  bei  den  frischen,  wie  bei  den  gekochten  Faden  keine 
merkbare  Condensation  statt. 

Ferner  sind  wir  zu  folgendem  Schluss  berechtigt: 
Nach  Zugabe  von  Wasser  tritt  sofort  die  Verdichtung 
ein,  und  zwar  ist  dieselbe  anfänglich,  d.  h.  in  den  ersten 
Minuten,  eine  lebhafte.  Hierbei  zeigte  sich  aber  wieder  der 
Unterschied  zwischen  den  frischen  und  gekochten  Fäden, 
indem  bei  den  ersteren  die  Condensation  viel  schneller  vor 
sich  geht,  als  bei  den  letzteren.  Bei  den  frischen  Fäden 
wird  in  einem  Tage  genau  so  viel  Gas  condensirt,  wie  bei 
den  gekochten  erst  nach  einem  Monat. 

Es  bandelte  sich  nun  darum,  zu  untersuchen,  ob  der 
anfängliche  Verlust  wirklich  einer  Adsorption  zuzuschreiben 
ist.  Dus  Zweckmässige  war  jedenfalls,  den  gleichen  Ver- 
such mit  dem  leeren  Rohr  anzustellen. 

C.    Leeres  Rohr. 

Erster  Versuch:  Derselbe  wurde  ganz  ebenso  wie 
frilher  mit  den  Fäden  angestellt,  sodass  ich  wohl  die  Einzel- 
heiten übergehen  kann;  nur  sei  hervorgehoben,  dass  hierbei 
niemals  die  Erscheinung  von  sich  ablösendem  Grase  beob- 
achtet wurde.  V=  3,134  ccm;  V  —v  —  0,027  ±  0,002  ccm 
(Mittel  aus  sechs  an  drei  Tagen  angestellten  Beobachtungen 
bei  16,45  bis  17,00°  C.  und  57,53  bis  60,70  mm  Druck). 
Dann  Gas  nachgefüllt.  ^=5,565  ccm;  V—  v = 0,052 ± 0,003  ccui 
(Mittel  aus  vier  an  zwei  Tü^en  angestellten  Beobachtungen 
bei  14,18  bis  15,48°  C.  und  96;04  bis  96,71  mm  Druck). 

Zweiter  Versuch:  Derselbe  gab  ebenfalls  eine  Differenz 
V-v  =  0,029  ±0,001  ccm  (Mittel  aus  vier  an  zwei  Tagen 
angestellten  Beobachtungen  bei  12,48  bis  13,06°  C.  und  64.12 
bis  66,30  mm  Druck). 

Vergleichen  wir  nun  die  Resultate  bei  Anwesenheit  mit 
frischen  und  gekochten  Glasfäden,  sowie  bei  dem  leeren 
Rohr,  so  ergibt  sich  daraus,  dass  das  scheinbar  ver- 
schwundene Gasvolumen  nicht  an  der  Oberfläche  der  Fäden 
adsorbirt  sein  kann.  Auch  aus  einer  Abweichung  der 
Kohlensäure  vom  Boyle'scben  Gesetz  —  hierzu  wurden  be- 


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Adsorption  von  COt  an  Glas. 


933 


sondere  Untersuchungen  angestellt  —  konnte  eine  Erklärung 
dafür  nicht  hergeleitet  werden.  Es  ist  somit  der  Schluss 
berechtigt,  dass  von  einer  mit  den  verfügbaren  Htilfsmitteln 
festzustellenden  anfänglichen  Adsorption  nicht  die  Rede  ist 
Ich  will  dazu  noch  bemerken,  dass  beim  Einfüllen  einige 
Gasblasen  an  der  Wandung  der  Röhre  hängen  blieben,  die 
nicht  nach  dem  oberen  Theile  der  Röhre  hinaufgebracht 
werden  konnten;  ferner,  dass  nur  der  die  Fäden  enthaltende 
obere  Theil  der  Röhre  auf  531°  erhitzt  werden  konnte. 
Es  wäre  immerhin  möglich,  dass,  wenn  auch  der  übrige 
Theil  der  Röhre  mit  einem  Bunsenbrenner  erwärmt  worden, 
doch  an  der  inneren  Röhrenwandung  eine  minimale  Wasser- 
schicht haften  geblieben  wäre,  welche  ihrerseits  eine  freilich 
wohl  als  gering  anzunehmende  Condensation  des  Grases  beim 
U  eberfüllen  hätte  bewirken  können.  Oder  sollte  vielleicht 
Kohlensäure  beim  Durchgang  durch  das  Quecksilber  absor- 
birt  werden? 

Ich  schliesse  hiermit  diesen  Theil  der  Arbeit  und  gehe 
-zu  folgender  Erörterung  über.  Aus  den  zuerst  angestellten 
Versuchen  ergab  sich,  dass  es  leichter  gelang,  die  mit  sie- 
dendem Wasser  behandelten  Fäden  als  die  frisch  gesponne- 
nen zu  trocknen.  In  Bezug  auf  diese  Thatsache  schien  es 
nicht  uninteressant  zu  sein,  den  schon  von  Bunsen  ange- 
stellten Versuch  über  das  bei  verschiedenen  Temperaturen 
auf  den  Fäden  noch  festgehaltene  Wasser  in  gleicher  Weise, 
einmal  mit  den  frischen,  dann  mit  den  gekochten  Fäden,  zu 
wiederholen.  Ich  verweise  hierbei  auf  die  betreffende  Ab- 
handlung Bunsen's1),  der  ich  mich  fast  genau  angeschlossen 
habe,  sowie  auf  meine  Originalmittheilung. 2)  In  dem  Appa- 
rat mit  den  frischen  Fäden  waren  17,908  g,  in  demjenigen 
mit  den  gekochten  14,065  g  eiogeschlossen.  Die  ersteren 
repräsentiren  eine  Oberfläche  von  1,5174  qm.  die  letzteren 
eine  solche  von  1,1945  qm. 

Die  Trockeuresultate  sind  in  Tab.  III  zusammengestellt. 


1)  Bunsen,  Wied.  Ann.  21.  p.  :<26.  1885. 

21  Ii.  Krause,  Inauguraldia*.  Halle  1888.  p.  74. 


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934 


//.  Krause. 


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Trocknung 

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Trocknung 

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gewichte 
zunahtne 

= 


Stunden  der 
Trocknung 

Gewiebtazu- 
§  nähme  bei  d. 


- 


einzeln.  Stund. 


Gewichtem- 
3  nähme  b  einer 
;  "    const.  Temp. 


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Geaammt- 
gewichte 
zunahm«' 


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1 

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CO 

TT 

CT 


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Adsorption  von  CO,  tin  Glas. 


935 


Das  mithin  auf  den  Fäden  zurückgehaltene,  bei  den  be- 
treffenden constanten  Temperaturen  nicht  verdampfbare 
Wasser  ist  aus  Tab.  IV  zu  ersehen. 

Tabelle  IV. 


n\  Gekochte  Fäden 
14,065  g 


7,5 
•247 
:m 
427 

502 


mg 

18,71 

5,63 
3,65 
0,94 
0,(MI 


bi  Frische  Fäden 
17,908  g 


c)  Gekochte  Fädon 
auf  1 7,908  g  umgerech. 


6,2 
247 
361 
427 
502 
531 


mg 

29,34 
15,04 
10,18 
4,54 
0,77 
0,00 


r,5 


247 
3ü  I 
427 

502 


mg 

23,82 
7,17 
4,65 
1,20 
0,00 


Es  wird  demnach  nach  der  allmählich  erhöhten  Trock- 
nung bei  t°  auf  den  Fäden  noch  eine  Wasserschicht  sich 
befinden,  deren  Höhe  bei  0°  C.  K  =  <7/«1  sein  wird,  wenn  g 
das  noch  nicht  verdunstete  Wasser  und  a2  die  Überfläche 
vorstellt.  Die  vergleichende  Zusammenstellung  hierüber  steht 
in  Tab.  V. 

Tabelle  V. 

Höhe  der  Wasserst  hi  cht  für  frische  und  gekochte  Fäden  bei  4°  C. 

nach  Trocknung  bei  t*  C. 


Temp. 
/•  C. 

7 

247 

:m 

427 

502 
531 


Frische  Fäden    Gekochte  Fäden 


hx  —  mm 

0,0«  1934 

0,0S991 

0,05671 

0,0,299 

0,0,51 

0,0, 


hz  -  mm 


0,0«  1566 
0,0S471 

0,05305 

0,0,79 

0,0. 


Aus  den  Resultaten  ergibt  sich,  dasa  die  schon  früher 
gemachte  Beobachtung,  die  Trocknung  der  Fäden  betreffend, 
vollauf  bestätigt  wird:  Die  frischen  Fäden  haben  das  Ver- 
mögen, die  auf  ihrer  Oberfläche  befindliche  höhere  Wasser- 
schicht hartnäckiger  festzuhalten  als  die  gekochten. 

Die  bei  den  einzelnen  Versuchen  der  Arbeit  gewonnenen 
Hauptresultate  lassen  sich  in  gedrängter  Form,  ohne  jede 
Zahlenangabe,  schliesslich  dahin  aussprechen: 

I.  Hei  Abwesenheit  von  Wasser  findet  an  blanken  Glas- 
flächen, mögen  dieselben  alkalihaltig  oder  durch  Behand- 


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936 


//.  Krause. 


lung  mit  siedendem  Wasser  an  ihrer  Oberfläche  selbst  alkali- 
arm  gemacht  worden  sein,  überhaupt  keine  Condensation 
oder  merkliche  Adsorption  des  zugeleiteten  und  dadurch  mit 
den  betreffenden  Flächen  in  Berührung  gebrachten  Gases 
statt,  und  zwar  weder  im  ersten  Augenblick ,  was  über 
Bunsen's  Resultat  hinausgeht,  noch  im  Laufe  der  Beobach- 
tungszeit 

II.  Wird  den  von  Feuchtigkeit  vollständig  befreiten 
Fäden  Wasser  zugeführt,  so  stellt  sich  sofort  eine  Verdich- 
tung des  Gases  an  der  Glasoberfläche  ein,  und  zwar  ist  die- 
selbe an  der  alkalireicheren  Oberfläche  hei  weitem  stärker, 
als  an  der  alkaliärmeren.  In  beiden  Fallen  ist  die  Conden- 
sation in  den  ersten  Minuten  eine  lebhafte.  (Da  auch  die 
gekochten  Fäden  Adsorption,  resp.  Condensation  zeigten,  ist 
hiermit  die  von  Warburg  und  Ihmori  aufgeworfene  Frage 
beantwortet.) 

III.  Die  auf  der  alkalireichen  Oberfläche  von  Glasfäden 
zurückgehaltene,  bei  den  betreffenden,  successive  erhöhten 
Temperaturen  nicht  verdampf  bare  Wassermenge  ist  grösser 
als  bei  denjenigen  Glasfäden,  welchen  durch  Behandlung  mit 
siedendem  Wasser  an  der  Oberfläche  Alkalien  entzogen 
worden  sind.  Ferner  gelingt  es  in  kürzerer  Zeit,  namentlich 
bei  niederen  Temperaturen,  die  Feuchtigkeit  durch  Trocken- 
strom von  den  gekochten  Fäden  zu  entfernen. 

Vorstehende  Arbeit  wurde  auf  Vorschlag  des  Hrn.  Prof. 
Dr.  Dorn  unternommen,  welchem  ich  für  die  Hülfe,  die  er 
mir  dabei  mit  Rath  und  That  gütigst  zu  Theil  werden  Hess, 
auch  an  dieser  Stelle  den  ergebensten  Dank  ausspreche. 

Mit  weiteren,  sich  daran  anschliessenden  Untersuchungen 
über  andere  Substanzen  bin  ich  beschäftigt. 

Halle  a.  S.,  Physik.  Laboratorium. 


Berichtigungen. 

I.M.  Planck.)  p.  632  Z.  IS  v.  u.  lies  p.  630  statt  566. 

»»  635  t,  3  v.  o.    n    »  630  »  566. 

„  635  >,  17  v.  o.            631  „  567. 

»  639  »  4  v.  u.  m    »  635  „  571. 

»  641  »  3  v.  u.   n    t»  636  572. 


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