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Full text of "Das persönliche Eherecht des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich"

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Das 

persönliche 
Eherecht des 
Entwurfs eines 
bürgerlichen ... 



Rudolf Leonhard, 
Juristische 
Gesellschaft, ... 




- Jte prrfänlid)c f ljmd)t ^ 

f ntarfs eines hurgerli^eti ®ffe|6u^r5 für lins Srutfdjr $eid). 



@tn SSortrag 

gehalten in 6er 3unfttfd?en (Scfellfc^aft 311 Jranffurt a. 211. 

am 21. Januar 1895 

öon 

Dr. it. t'ioitljin i), 

gjrofeftot in Sföarburg. 



©onberabbrucf aus bem 2tr<$tö für SBürßetlidjeö 9tedjt. 




ebrudt bei SuliuS ©ittcnfclb. 

1895. 



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BK200' 



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gernt fitßtjratlj fe<mlf<ir& 

311 (Brünberg in Sdjlejten 
an feinem adjtftgften (Belmrtstage 

6en IHärj ^895 

in Derefyrung unb Ctebe 

überreicht 
von 

feinem Heften. 



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MAY 12 1921 



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I 




§ tft eine glü<flicf)e gügung, ba& id) einen familien^ 



red)tlid)en Sluffafc bem älteften @(iebe meiner eigenen 
gamilte rotbmen fann ah" Einern Sage, an bem Äinber 
unb ©nfel mit ifjm ben Stbfd^Iufe eines geitabfdjnitteS 
feiern, ber 311m gröfeeften Steile einer erfolgreichen Pflege 
be3 SWed)te§ gemibmet mar. 5D?öge iljm biefer Sag augleid) 
3um beginne einer nod) redjt langen frieblidjen unb 
freubeooHen £eben3bauer merben. 

SRarburg, im Februar 1895. 



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£3 ift eine befonnte $f)atfad)e, bafj ber toidjtigere 3tt>eig 
»fyclierjen SebenS nid)t bem bebeutfameren Steile be3 eljetidjen SRedjteS 
>ntfpritf)t, toielmefn* ba$ perfönlidje @f)ercd)t gegen ba$ e^eltd^e ©fiter* 
redjt 5urücfftet)t. 2öo cd ftdj um bie ©runbfäfce be8 3 u f ammen ^ e ^ en ^ 
fcon SKann unb grau fjanbett, ba fct)citern bte SBefeljIe bc3 ©efefc* 
geberä unb bte 3&mng3mtttel be$ $Rid)ter3 nur aUju leidet an einem 
unübertmnbtidjen Söiberftanbe ber (Ratten. SBie bie gelehrten grie* 
[ijifdjcn ©fla&en in ber Jfrtcdjtfdjaft römiföer £albbarbaren it)re 
Kbfjängigfeit toorncljmlid) baburdj milberten, ba& fic ü)re Herren 
nrjogen, fo ift ba8 $auprmittcl gegen bie ©efafyren be8 (jöuSlidjen 
Unfriebenä bie 93olf3er$tef)ung, unb neben ifyr ftefjen bte ©ebote ber 
Religion, ber ©ittlid)fett unb be3 StnftanbeS, bie ßetyrmeifter ber 
Srnmdtfencn. 3)aS bürgerliche ©efefebucr) toermag bagegen ein toer* 
nünftige« gamilienlebcn nidjt ju erzeugen, fonbern nur ju unter* 
itüfccn, inbem c3 gefefcnribrige SBeftrcbungen, infotoeit bte« möglich ift, 
burd) ©egengeroid)te au$$uglcidjen fudjt. $er SDfcifter bc$ ©til$ 
jeigt ftd) alfo aud) im (Sfjercdjtc nornefmtlid) in bem, mag et toetfe 
oerfdjtneigt, unb bte Süden be$ ©cfcfcbudjcS bienen ujm mefjr 3um 
Jtufjme, als fein 3n^alt. tiefer befct)rdnft ftdj fomit in ber jtoeiten 
roic in ber erften ßefung be3 <£nfamrf8 auf bie üblichen ©efefcgebungä* 
jtete: 3)em matrimonium nasciturum, ba« im SBerlöbnifebertrage 
liegt, toirb ein fdjroadjer <5d)ufc gemährt, ben (5l)efd)liefjungen finb 



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2 ßeon&arb. 

hetlfame <5d)ranfen cntgcgengcftcHt ; bie ehemännlichen unb bic c^c= 
fraulichen Befugniffe mcrbcn nur in einigen ^auptbejichungen geregelt, 
unb fcf}ltcf}lich ftnb für bie ©orbebingungen unb bie golgen ber @f>c* 
trennung SBorfdjriften erlaffcn. 

STn ber <Bpi$c bed gamilienrechtS ftanb in ber erften Scfung 
ein fiberrafdjenber ©afc: „Durd) ba3 Sßcrlöbnifj roirb eine SBerbinb* 
lichfett ber Verlobten jur ©cfjlie&ung ber (£t)e nicht begrünbet". 
(1. ßefung § 1227.) .^icrju bemerftc ein Surift in einer befanm 
ten 3 cl ' tim & oa & „nicht" auf einem Drucffcfjler ju berufen 
freute. Snbeffcn gar fo toertet>rt war bie angefochtene SBeftimmung bod) 
rool)l nicht. (Sin ®cfe(jbuch fann fefjr mot)( eine SBerbinblichfctt als 
JRedjtSpflidjt ablehnen, beren ©ültigfeit naef) ben (Geboten ber <Sitt* 
lidjfcit unb beä 2lnftanbe3 anerfannt ober batjingeftedt bleiben joll. 

Uebrigenä tft fogar Dom ©tanbpunfte ber ©etoiffenSpflidjten 
bie greit)eit bc3 S3erlö6nifebrudt)eä ber richtigen Anficht nach 
jtuar $u üerroerfen, aber bennod) feineStoegS böüig finnloä. $3e 
fanntlidj finb manche ber 2tfeinung, bafc ba r too in einem SBer* 
lobten tt)ät)renb be$ SßrautftanbeS ernftlid)e 3 we ^f cl Darüber auf; 
ftetgen, ob fid) mirflid) ba$ §erj junt ^>cr$en finben roerbe, bie $luf* 
löfung bc8 SBcrlöbniffeä einer unglücflidt)cn @h c Dorschen fei. 3a 
felbft bei bem getoiffenlofen Treubruche eines Verlobten rieten leicht* 
finnige SRathgebcr an ben üerlaffenen Xtytll bic ÜJ?at)nung, ben Unju* 
Derläffigen laufen ju laffen, meil er beä Qovtö nicht roertt) fei. 

^luf einen fo lajen ©tanbpunft hat ftdj nun freilief) nicht ein* 
mal bie erfte Sefung beS (£ntnmrfc8 gefteüt. Obmot)l ftc nämltd) 
bic SBerbtnblidjfeit beä SBerlöbniffeS oerneintc, untcrfdjieb fie bod) 
begrünbete unb grunblofe $luflöfungen biefed Vertrages, ein Unter« 
fdjieb, beffen Durchführung in beiben Sefungen bem richterlichen 
(grmeffen übcrlaffcn mirb, unb fnüpfte an ben grunblofen Sörucf) be$ 
(Sh^erfprcchenä 9^achtheile an. @o erhielt bie fcheinbar fdjufclofe 
ßufage boch eine mittelbare redjtlidje gürforge. Diefe ift ihr auch 
in ber jroeiten Sefung nicht entzogen roorben, in ber bie Sßflidjt jur 
(Erfüllung be8 SBcrlöbnifcoertrageä roeber oerneint noch ausgebrochen 
ift. S^ach bem SBorbilbc be& prätortfehen (SbiftS rebet hier (§ 1203) 
ber ©efefcgeber nicht bon $Redt)tcn, fonbern nur üon Älagen, 
unb fdjneibet ben Brautleuten bloS ben gerichtlichen Slnfprud) auf 
ghefchltejung ab. Daneben tft au* ben 2Wotiöen ber erften Sefung 



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Da3 perfönltd&e <5$eted)t. 3 

in bcn Xejt ein ©afc aufgenommen roorben, oon bem man roof)l 
befürchten mochte, bag er in ber neuen gaffung minber felbftber* 
ftänbtidj erfdjeinen werbe, als in ber alten: bie Ungültigfeit einer 
$ertrag3ftrafe, bie ein SBerlöbnife fiebern foll. (§ 1203 ?(bf. 2.) 

33etbe fiefungen fennen bic Pflicht, roegen grunblofen SBerlöbnifc 
brudjeS bem anbern Steile unb beffen (Altern bic Ausgaben ju er* 
fefcen, bie lebiglkf) im §inblicfe auf bie erhoffte t£h e gefcf)chen finb. 
($ 1204, erfte fiefung 1228.) SDieä ift ieboet) in ber jtüeiten 
fiefung auf angemeffene Slnfc^affungen bcfcfjränft Horben. GS wirb 
alfo unmöglich fein, einen fluchtocrbädjtigen ©räutigam burd) bie 
golbene Stffcl einer foftfptcligcn übermäßigen Stuäftattung fcftju^alten, 
rote bieg nad) bem SBortlaute ber erften fiefung meüeid)t ju befürch* 
ten war. 

Sn einem befonbern galle foU nach ber neuen gaffung beS 
®cfefcbucf)e$ bei grunblofem $Berlöbnif}brucf)c beä Bräutigams bie 
23raut noch aufcerbem ein 5lnred)t auf eine billige (Sntfdjäbiguug 
Robert, nämlich bann, wenn fte ihm ben 93etfd)Iaf geftattet hat. 
(§ 1206.) §icrnad) ift bie im erftcren (Sntrourf e gänjlid) ver- 
worfene $)efloration$flagc im jrociten roenigftcnS ju ©unften ber 
braute roieberhcrgeftellt roorben. OTerbingS fprid)t baä ©efefc nid)t 
öon ber Oerführten jungfräulichen SBraut, fonbern oon ber bisher 
unbefcholtenen. 3ungfräulid)feit unb Unbefcholtenheit beefen ftet) aber 
nur in ber föcgel, nicf>t unbebingt. 2)aS 9?ect)t „tjaftet" alfo aud) 
^ier „an ber 2tuf$cnfeite", jebenfaÜS um bcn u n er q uicf liefen 93eroeiS* 
füf)rungen auSjurocichen , bic in ben Üftotioen ber erften fiefung 
jct)r ftarf betont finb. (93b. IV ©. 915.) dagegen läßt fiel) 
root)l nichts einroenben, cS ift aber fraglich, ob biefe Defloration^ 
flage nodj zeitgemäß ift. ©ie trägt oorncfjmlicf) Unfttten bcS vierten 
StanbeS, einer SBorrocgnahme ber ehelichen ©cfchlcdjtSgcmeinfchaft, 
[Rechnung unb pafjt barum nidjt ju ber neueren ©leid)f)eit aller 
DfachtSgen offen oor bem ©efefce, bie $u bem €>trcben Inntorängt, 
überall ba, roo cS nötf)ig fc^eint, bic unteren klaffen auf ben 
|ittlid)cn ©tanbpunft ber höheren ^ u ergeben. ©cfät)rltdt) ift freilief) 
Da3 gehalten an ber abfterbenben (SntfchäbigungSflage ber Verführten 
iBraut boefj roohl nicht fo fer)r r roie cS bie 2Kotive ber erften 
fiefung (33b. IV ©. 916) annahmen; benn eine Verlobte, bie fidt) 

au« Hoffnung auf einen folcfjen ?ln[pruch baju beftimmen laffen 

l* 



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4 



ßeonljarb. 



fönnte, ihre ^re preisgeben, würbe motu* in ber föegel nid)t met)r 
öiel preiszugeben haben, unb ein Bräutigam, ber fid) burd) feine 
Scheu üor einer berartigen Silage an feine SBraut feffeln liege, ben 
©df)ufc beä töcchteS nicht Oerbienen. 

So mirb man benn btefe SBorfdjrift ber feiten ßefung mit ber 
Hoffnung erbulbcn tonnen, bajj ein atlmäfjlidjeä $Imuachfen beS all* 
gemeinen (£ljrgefüt)l3 recf)t balb ihr 9lnroenbung3gebict befeittgen möge. 

$a3 SKecht ber gormen unb ber §inberniffe ber Qrtyefrfjttefeung 
ift in beiben ßefungen bcS @ntrourf3 nur ein Slbbilb be3 gcltenben 
SReictjSrcc^teS mit menigen jjufäjen. (§§ 1209 ff., erfte ßefung 
§§ 1231 ff.) $er grofcc Stampf, toeldjer ber flirre biefeä ©ebiet 
entzogen fyat, ift fdjon früher auägcfochtcn morben, unb mir motten 
hoffen, bafe er nid)t bei ber 93eratl)ung beä bürgerlichen ©cfe&bucr)e$ 
auf's Sßeuc entbrennen mirb. 

$)te fteigenben Sd)tt>ierigfeiten ber ©rünbung eines ehelichen 
^au^^altcg t)at bie bcftet)enben Sdjranfen ber befannten ßebenörcgel 
,r3wng gefreit tyat niemanb gereut", nod) um ein ßlcine« erhöhen 
laffen. ©tjemänner, beren ^auS^errUd)Ieit buref) einen Sormunb 
getrübt merben fann, f ollen in 3 u * u nft ntd)t mehr borfommen. 
(§ 1209.) yiityt mefjr mit jmanjig ,3at)ren, fonbern erft oon 
ber SBoUjätjrigfeit ab foü in 3 u ^ un f^ Der Bräutigam feine fpätere 
Scben8gcföl)rtin jum StanbeSamte führen bürfen. $)icfc SBorfchrtft 
ift ein Seitenftücf einer Steigerung ber et)clict)en SHteräfdjranfen, bie 
uon ber jmeiten ßefung au« ber erften übernommen ift. (§ 1211, 
erfte ßefung § 1238, «bf. 1.) fcie Xod)ter, bie fich gegen ben 
SSiüen be$ SBaterS ober ber berroittroeten 2ttutter oerehelictjen 
roiH, mirb auf ba$ fünfunb^manjigfte ßcbenäjafn: oertröftet, muß atfo 
ju ber bisher gültigen SBartejeit nod) ein ferneres ,3 a h r hinzulegen. 
SBenn alfo auch b* c ^oct)tcr früher tjetrot^en barf, als ber Sot)n, 
fo foü fie fidj bod) in ßufunft utdt)t früher, alä er, oon bem ©ängek 
banbe ber elterlichen SBeöormunbung loSlöfcn bürfen. (S 1214, 
anberS § 1238 Slbf. 3 ber erften ßefung.) 

(Sin gortfdjritt liegt barin, bafj in ber jroeiten ßefung be8 (£nt* 
murfc$ bie actio de supplendo consensu in einen Antrag bei bem 
SBormunbfchaftSgerichte umgemanbelt toirb. (§ 1214, anbcrS erfte 
ßefung § 1238, 3.) ^n ber tyat twnbelt cS fich ba, mo baä 
Äinb bem SBater ober ber 9Hutter bie oerfagte (Simoifligung jur 



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3)a§ perfönlt#e @t>ered)t. 



5 



(5t)c bor ©eridjt abnötigen will, weniger um bie SBeugung eine* 
red)tSwibrigen Verhalten*, al* um eine befreienbc obertoormunbfdjaft* 
liehe $h at gegenüber ber mangelhaften $Rcd)tSnu*fibung einer unteren 
23euormunbung&3nftonj. 

Sfteu ift ber <Süfo, bafe eine nichtige ober anfechtbare (£t)c burdj 
einen mieberljolten $rüuung*üft geseilt werben fonn, ohne bofj 
eä nött)ig ift r fic junächft buref) einen 9fitcr)terfpruc^ oufjulöfen. 
(§ 1215.) $)iefe Abwehr äberfläffiger görmlichfeiten erinnert in 
angenehmer Söeifc an ^uftiniün* befannte SJto&regeln gegen jmed* 
lofe Umfd)mcifc. dagegen bürfte noch in zwölfter ©tunbc ber 
SRothftift gegenüber einer neuen ©onberbeftinjmung am Sßlü&c fein, 
bie ju ©unften ber t)etrotr)Sluftic)cn ©otten ber SBerfdjolIcncn ertaffen 
ift. ©djon nach ocr «ften Sefung fonn ber für tobt ©rflärte, wenn 
er heimfehrt, biefe (Srflärung flagenb anfechten unb baburd) einen 
©otten f)i noc ™, c t"* neue ©he abjufctjltcfeen. £)a* foü* nunmehr 
bann wegfallen, Wenn feit bem $obc3erflärung8urthci(e jehn 3af)re 
abgelaufen ftnb. (§ 1215.) $>icfc eigenthümliche usucapio liber- 
tatis mürbe freilich fo feiten in groge fommen, büß c§ fich 
Schwerlich lohnte, ba3 ©cbächtnifc bc* dichter* unb be* SBolfe* mit 
ihr ju belüften, ©otlte fie jebod) ber töritif nidjt jum Opfer fallen, 
fo mog un* ber ©ebonfe tröften, in ihr ein 23emci*ftüd bofür ju 
ermerben, bofc SRedjtSneucrungen ohne jmingcnbe ©rünbe nicht getroffen 
werben follen. 

9ftinbcr frreng muß man über eine anberc Neuerung benfen, 
beren Stfothwenbigfeit freilich gleichfalls nicht ou&er 3 roc *M ftcl)t. 
@S ift ba* ein (Shehinbernifc , ba^ man furjwcg al* üu&erehe* 
liehe ©ehwägcrfdjüft in gerober ßinie bezeichnen fünn. (§ 1216 
W6f. 2.) $>er Slbfdjeu, ben bie 53lutfchanbe unter $erfd)Wägcrten 
in gerober ßinie erwedt, erftredt fich oUerbing* üuf jebe unerlaubte 
gefdjlechtlichc SBerbinbung jweicr in geraber Sinic üerwünbtcn Männer 
ober grauen mit einer unb bcrfelben britten Sßerfon. 2tfan benfe 
etwa an eine SRutter, bie il)rc Tochter an ihren ©cliebten ucrfuppclt, 
ober an einen (Sohn, ber ettoa au* SBcrmögcnärüdfichten bie 93eu 
fchläferin feine* Söater* ()ctratt)et. $)erortige wtbcrnütfirltd)e SSer* 
btnbungen finb jebod) fcr)r feiten. $>a, wo fie offen &u Sage liegin 
mürben, werben fie faum gewogt. SBo fie aber oerborgen bleiben, 
ba ift e* fraglich, ob e* flug ift, Unfauberfeiten. beren anfterfenbe 



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6 



tfeontyarb. 



Äraft gefährlicher ift, als it)re SBertufchung, an ba$ $age$lidjt ju 
jichen. SStcXlctd^t wäre auet) it)nen gegenüber ber (Srunbfafc am 
^ßlafce geroefen: quieta non movere. 

SReu ift, bafe bie Slbwefenhcit ber 6eiben XrauungSjeugen bei 
ber (Sl)efd)licfjung au« einem trennenben (Sfjefjinbermffe in einen 
blo&en SluffchicbungSgrunb oerroanbclt ruorben ift, b. h- audj in 
3ufunft fallen bie 3 cu 9 cn 5 u 9^ogcn werben, müffen aber nietjt 
äugejogen fein, bamit bie (Sl)e gelte. (§§ 1226, 1227. Slnberä 
erftc Sefung 1248, 1249.) 9)can fönntc wof)l bie grage aufroerfen, 
ob tyn nic^t eine halbe 9)?a&regel öorliegt. $ie beiben 3 eu 9 cn / 
mehrfach neben einer Urfunb^erfon, j. 33. einem SRotare ftugejogen 
werben, f inten befanntlicf) oft genug ju roerthlofen ©tatiften hinab. 
$ro(bem fönnen unb foflen fic einem rrjohlöcrftänblichcn Qtotdt 
bienen; beim i()r 3 eu 9 n i& ift möglicher SBcife fpätcrlun fclbft gegen 
Behauptungen ber UrfunbSperfon alö SBerüciSmtttel öerroerthbar. 
Opicr^u bemertte bem SSerf affer ein granffurter Sßrafttfer, baj) 
bei einem ihm befannten ©tanbeSamte eine Qt\t lang alle ©he* 
fehüefjungcn nach veralteten, merthlofen gormularen protofoüirt 
roorben finb, unb bafj bort bie ©ültigfeit aller biefer ^rauungSafte 
einzig unb allein burdb bie 9luSfagc ber 3 cu Ö cn feftgefteHt werben 
fonntc.) 95knn nun bie Parteien nacf)läffig genug finb, auf bic 
3"Mchung ber 3 cu Ö en ä u Oermten, fo fctjneiben fie ftd) in ba$ 
eigene gleifd), unb e3 mürbe hart fein, fic für biefc Sftachläfftgfett in 
eigener Sache burdj bic ftichtigfeit beä ©efchäftSafteS büßen ju 
laffen. £>ie8 pafet auef) auf bie (£hefd)lic&ungen. SDamit ift aber 
fct)r mo()l uercinbar, ba& ben ©tanbeSbcamten bic gefefclidje Pflicht 
auferlegt mirb, für eine $ontrole burrf) 3 cu 9 cn M&f* h u fargen. 

Me Sßorfdjriftcn, bie ben ehelichen 3 u f*anb regeln, ohne bem 
©ntcrred)tc anzugehören, finb als „Sßirfungen ber (Sf)*" äufammen* 
gestellt. (§ 1253 ff., jmeitc ßefung 1272 ff.) 3n ihnen jeigt bie 
jroeitc ßefung bic ©puren ber (Sntwirfelung, bic mit ber höhten 
SUteröftufe bie ©chufcbebürftigfeit ber JJrau gegenüber bem 9ftannc 
minbert unb baljer feine fechte mehr unb mehr fchmälert. 3)er S3ci- 
namen 3 u f*iiuan3 „legislator uxorius" fommt mehr ober weniger 
jebem ©efefcgeber ju, ber auf bem Söobcn eine« entmiefetten ©taatS; 
tuefenä ftcht. ©ct)on nach Dem älteren Entwürfe barf bie JJrau 
beu ehemännlichen Slnorbnungen trogen, fobalb fie fidj als ein 9Wifr 



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Ü)a3 persönliche (S&ered&t. 



7 



brauch fetneä 9ftcd)teö barftelleu. (§ 1273, 2.) 3n bem neueren 
barf fie unter bcr gleichen SBorauSicfcung fogar bie öcbenSgemcin* 
fdjaft auffünbigen, ofjne ba& c£ flu einer eigentlichen ©Reibung 
fommt. (§ 1253. Slnbcrä § 1272 ber erften Sefung.) $a* 
rau$ werben fich bann freilief) 3 u ftö n bc entmicfcln, tote fie ber 
fanonifdjen separatio a toro et mensa eigentümlich maren, @tjen, 
btc red)tlid) fortbeftcrjen r thatfächlicf) aber aufgclöft finb, rote fie 
uon SWartin Öuttjcr al£ „gemalte ober geträumte @fjen" mifr 
bittigt mürben. 

$lucf) mo bie grau bei bem 9Jtonne bleibt, oerfagt ifjr ber @nt* 
tourf einen 93eiftanb gegen feine unbegrünbeten SBcfetjIe nidjt. SSiel» 
mehr foll in einigen gäflen jum ©djufce ber grau ber $auätt)rann 
üom OberoormunbfchaftSgerichte unterbrüeft merben; fo namentlich, 
toenn er bie SBoUmacfjten bcr grau in ihrem häuslichen SSirfungS* 
freife in ungebührlicher SBeife befchränft (§ 1257) ober einem Sßcr* 
trage, in bem fie gegenüber einem dritten perfönlid)e Seiftungen 
übernimmt, nicht juftimmen faun ober ungebührlicher SBetfe nicht 
juftimmen mill. (§ 1258.) S)amit ift bie ehemännliche gürforge 
in einigen ^auptjmeigen unter obrigfeitliche Slufficht geftettt unb 
infotoeit uerftaatlicht. $er ©ntmurf ift i)kx fich^Iich mit bem 
tropfen fo^ialiftifchen DelcS gcfalbt morben, ben einige Krittler an 
bcr erften fiefung burchtoeg öermi&t hatten. 

Sluch ba, mo ber SWann aus guten ©rünben ed nicht bulben 
null, bafj feine grau fid) einem dritten ju öcrfönlicf)en Stiftungen 
uerbinbet, barf er nach ber jmeiten Sefung berartige Sufagen, *>\t 
fic hinter feinem SRücfeu ober gegen feinen Söiflen gemacht hat, nicht 
mehr anfechten, fonbern nur fünbigen, freilich ohne au eine ftfin* 
bigungSfrift gebunben ju fein. (§ 1258. $lnbera bie erfte 
öefung § 1277, 2.) $)arau$ folgt, bafe ber eigenmächtiger SEBeife 
abgesoffene Vertrag ber ©attin roenigftcnS fo lange SRedjte 
gemähren unb Pflichten auflegen mirb, big bcr SKaun ihn auffünbigt, 
eine SBorfchrift, bie barum bcbenflidj ift, meil fie bie grauen jutoeilcn 
ba^u oeranlaffen fann, foldjc $Recf)t8gcfchäfte ihrem SHanne ju ucr* 
heimlichen. 

2öa3 ba« (Snbe ber @he betrifft (§ 1440 ff.), fo ift ber 
(Sntmurf in feinen Ausnahmen t>on bem ©runbfafce ber Unauf* 
löSltchfeit bcS Gtjebunbeft ftrenger, als es baS prcu&ifche Sanbrccht 



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8 



ßeon&arb. 



mar, bcffcn freier ©tanbunft ü)m manchen ©egner verfdjafft hatte. 
$u3 biefem ©runbfafce ergab jtdj aud) bie SRothtvenbigfcit, bie ben 
(£t)cfchlie&ungen eigentümliche Skljanblung ber 9fodjtigfcit au[ 
recht ju erhalten. (§ 1229 ff. 3n biefem 9tccht3$iocige mu&tc 
auch bie GivilVrocefjorbnung umgeftaltct werben.) SBenn es erft 
einmal ben ©atten verwehrt ift, freiwillig auScinanber get)en, fo 
muf$ irjnert auch bie üttöglichfcit abgef tf)nittcn werben, unter bem 
trügeriferjen SBorwanbe ber Ungültigfeit it)rcr <$f)e ot)ue 2Beiterc£ 
bem @^ebanbc $u entfdjlüpfcn. 2)aju fommt, bafj ber SBcftanb einer 
<£r)c nicht bloä für bie (hatten von rechtlicher SBebeutung ift, fonbern 
auet) für Diele anbere. $arum verlangt bie $Rccr)t8ftcherheit, bafe 
bie ©iltigfeit einer Trauung roett met)r allem ßweifel enthoben 
werbe, alö ber Scftanb eines anbern SRechtSgefctjäftö. Saturn barf 
nur ber 9ücr)ter über bie 9ttd)tig£cit ber tefytn enbgiltige föntfdjeibung, 
treffen, nict)t bie Partei. (§ 1235 § 688 SReicrjäcivilprocefiorbn.) 
SBiä ber fRtc^tcr fein S&ort gefvrodjcn t)at, liegt eine rechtliche 
©ebunbenheit ber ©atten Vor, bie fie buret) bie einfache £ert>or- 
hebung beä StfangelS ber (Sr)e nicht Von fich abftreifen fönnen. 
(Ausnahmen fiche in §§ 1236, 1252.) S)arum hat feit ber Seit 
bcö fanonifct)cn Rechtes bie thatfäct)licr) abgefchloffene @h e felbft 
ba, wo UngültigfeitSgrünbc Vorliegen, eine vorläufige ©ebunbent)cit 
jur golge, unb mit bem SGBorte „nichtige (St)*" bezeichnet man feitbem 
in ber Siegel nicht mehr einen @h e ftf)* u 6 ohne alle unb jebe reetjt* 
liehe ©hcfolgen, fonbern eine Vorläufige eheliche ©ebunbenheit, bie 
oon Anfang an unb mit rücfwirfenber Äraft auflösbar ift. 3)ie 
#auptfcr}wieriafeit beftcht aber hierbei barin, biefe nicht Völlig traft* 
lofe, aber boct) nichtige @h c üon bloßen SSorbcreitungähanbtungcn 
ober bloä verfuct)ten @h e W^ e 6 uw Ö en abjufonbcrn, bei benen auch 
nicht einmal eine nichtige (£t)c $u ©tartbc fommt, fonbern überhaupt 
noa) gar feine föpfchlit&ung unb barum auch Mo* vorläufige 
©ebunbentjeit vorliegt, ©cmöhnlicr) fietjt man bar auf, ob ein äufeer* 
lieh fehlerfreier XrauungSaft vorliegt ober nicht, unb nimmt im unteren 
gafle auch nicht einmal eine nichtige @h e at * öorhanben an. 2lnber£ 
ber (Entwurf, ber in beiben ßefungen auch c ^ ne f ou D e ®t>cfct)Iiegung al6 
niä)tig bezeichnet, bie nicht in einer gefefclicfjen gorm abgefchloffen ift, 
bei ber alfo fogar ber äufjcre 5£^at6eftanb ber (5h* 9Rängcl aufroeift, 
ohne jeboch bie auä biefem ©runbe erfolglofen @h*n ben übrigen 



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$>aS perfönltdje <S&ere$t. 



9 



nötigen (Styen glctdtöufteflen. (§ 1230; erfte fiefung § 1250, 1.) 
$)urd) biefe SBerroenbung bcS 2BorteS „nichtig** roirb ber ofmefjin 
nidjt flare Unterfdjieb jroi|c^cn bem matrimonium omnino non per- 
fectum unb bem matrimonium nullum, menn audj nierjt tocrttHfdjt, 
jo bod) nodj unflarcr gemacht. $>ic 93crl)anblungen, bie auf eine 
(£he abfielen, aber nid^t einmal 51t einem fcfjlerlofen £rauungSafte 
Einfuhren, bleiben oft fo fct)r in itjrer Gnttroitfelung ftetfen, bafc man 
fic aud) nidjt einmal als formlofc @f)cfd)lie{jungen bqcidjncn fann. 
3J?an benfe 5. S8. an einen blo&en Eintrag ber ^Brautleute bei bem 
StanbcSamte auf geftfe^ung bcS cnbgtltigen SrauungStcrminS, ber 
etwa irriger Sßeife oon bem ©camten als (Jrflärung bcS (£f)cfcr)luffcS 
aufgefaßt toorben ift. 9ftan benfe etma ferner an eine Trauung, bei 
ber ber ©tanbcSbeamtc fict) buret) einen unfähigen (Srfa^mann hat 
vertreten laffcii. £>icr ift mof)l baS, roaS bem 3lftc fet)lt, mcfjr als 
eine 6(oge gorm. (£S fann alfo, oon befonberen 93cfttmmungcn ab* 
gefefjcn, l)ier nid)t eine megen gormmangclS nichtige (Styc angenommen 
toerben, fonbem eS liegt gar feine (Stje oor. 9ttan benfe ferner an 
Xrauungen, bei benen felbft bic oorläufigen befolgen unmöglich 
unb unbenfbar finb, 33. an bie (Sf)efd)lic&ung eines 3HäbdjenS 
mit einer als SWann öerfleibcten grau, roic fic in SöcettjoucnS gibelio 
beiibfictjtigt mirb. @oll bieS eine nichtige (£l)e fein, ober gar feine? 
Unb roenn cS eine nichtige @f)c fein foll, fann man bann it)rc Unüolk 
fommcnrjeit als gormmangel bezeichnen? ©oldjen S^fcln l)atte 
freiließ bie erfte fiefung infomeit it)rc praftifdje ©pifce abgebrochen, 
als fic beftimmt, bafe bie bic rocgen gormmangelS nichtig ift, 
cbenfo berjanbelt werben foU, mie bic gar ntcrjt abgefdjloffene @f)e, 
alfo anberS, als bie aus einem anbern ©runbc nichtige (Slje, fo bafe 
eS fjicrnad) nidt)t fo fcfjr barauf anfam, bie roegen gormmangels 
nichtigen @t)en oon ben gar nidjt oorr)anbencn $u unterfdjetben. 
StteS foll aber nach ber feiten Scfung nur unter ber SBebingung 
gelten, bafe bie an einem gormmangel leibenbe @fje nicr)t in baS 
|>ciratf)Srcgifter eingetragen ift. (§ 1235.) $ie eingetragene form* 
lofe ^efcr)Hegung fofl oielme^r menigftcnS inforocit als geseilt 
gelten, als fie nicht mct)r als gar nicr)t abgcfdjloffen angefeljen 
toerben, fonbem burdj biefclben oortäufigen folgen ausgezeichnet fein 
foU, bie fonft nichtigen (Sfjen eigentümlich finb. (£S erfc^cint alfo 
ipentgftenS aunädtft fo, als ob für baS ©ebict ber eingetragenen 



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10 



ßeon&arb. 



(£f)en bic megen gormmangelS nichtigen noct) immer Don ben ganj 
unb gor nicrjt abgcfdjloffcncn @t)en untcrftfjicben merben müffcn ; bemt 
bafj eine etma au« $Bcrfet)en ofjne jebcS 3"tf) un 59ctf)ciltntcn 
eingetragene (£t)e buret) bie Eintragung bie oorläufige Straft einer 
nichtigen (5t)e erhalten foll, ift toentgftcnS nic^t auSbrücflicr) 6efttmmt 
unb famt aus ber Deutung bcS SBorteö „nichtig" nid)t ofyxc Sßcitcreä 
entnommen toerben. 

2Bir tjaben alfo in beiben Sefungcn jmei Birten Don 9c*icf)tigfeit 
bergen oor unS: cinerfett^ (Sr)en ofync alle unb jebc golgen, b. t). 
bic megen gormmangclS nichtigen (nact) ber feiten ßefung nur, 
roenn fic nict}t trofcbem eingetragen finb), anbererfeitS bie auS anberen 
©rünben nichtigen, benen ftet) nact) ber jtrjciten Sefung bie toegen 
gormmangelä nichtigen unb trofcbem eingetragenen (£t)en anfdjliefjen. 
Sencn @tjcn fehlen auet) btc oorläufigen SRcdjtSfolgen ber Trauung, 
biefe finb mit it)ncn auSgeftattet. 

$)icfe $)oppelbcutigfeit beS SßorteS „nict)tig M tjängt mit einer 
Unflart)cit jufammen, bie fict) aucr) fonft in ber $Redjt3lct)re an ben 
SftidjtigfeitSbegriff ant)cftet. (SS tjanbclt fict) babei äunäctjft nur um 
einen SBortftrcit, ber aber einen prafttfetjen ^intergrunb t)at, roeil 
bic Deutung Oon ©efefceSmorten in grage f Ic ^- t)errfct}enbf 
2et}re behauptet, bafj baS nichtige ©efdjäft überhaupt redjtlict) ntdjt 
oort)anben ober, mag auf baffelbe tunauSläuft, nur fct)einbar öop 
tjanben ift. (£S ift bicS eine Sftemung, üon ber aud) ttjrc ©egner 
münfetjen, bafj fie mat)r fein mödjtc; benn, menn btc nichtigen 
©efdjäfte mtrflict) nict)t für bie SRcctjtSorbnung cjiftircn, fo mürben 
mir unS ü6er it)re 93et)anblung nidjt ben SÜopf aerbredjen müffen. 
$)ie ermähnte $lnfict)t (ogl. für bie (£t)c 9Ricr)ter*$)ooe, Ätrcr)en* 
rect)t § 285, granfc £ef)rbua) bcS IHrdjenrecfjtS § 139. 
51. 231. II, 1, § 933 — ogl. ferner für bie allgemeine 9tect)t& 
gcjct)äftSlef)re aflitteiS in ben 3at)rb. f. $ogm. 23b. 28 ©. 86: 
„lieber eines finb alle einig: nichtig ift baSjenige föectjtSgcfdjäft, 
mclcfjeS für bie 8tect)tSorbnung ntctjt ejifttrt") t)ängt {ebenfalls mit ber 
3n>eibeutigfeit beS römifa)cn SSorteS „nulhis" jufammen. Sn abjef* 
tiüifcfjer SBcrmcnbung tjeifet eS in ber SRegel fo oiel mie fein 93. 
nulla emptio r)cif$t „fein SJauf"), Sßräbifat geroöfuilicr) fo ötcl rote 
„nichtig" b. f). fef)lcrr)aft ($. 93. haec emptio nulla est.) 
ift bieS namentlict) mict)tig für bic ßet)rc Oom Sßutattotitcl, ogl. 



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$)a§ perfönltcfce Grfjerecfct. 



11 



bcS VerfafferS ©djrift: „3)er 3rrtf)um bei nichtigen Verträgen" II 
©. 296 ff.) Sn biefem leiteten ©inne entfprid)t eS e6cnjo lote 
unfer bcutfdjeS „nichtig" ben AuSbrütfcn inanis ober vitiosus unb 
bejieljt ftd) auf 3ttenfcr;en ober $inge, bie nidjtS taugen, aber bennoer) 
öortjanben finb. @o ift beim aud) eine nichtige (Srflärung eine 
fold)e, bie ju tf)rem nid)* taugt. Sei if)r ift immer ber 

^fyatbeftanb einer Acufccrung öorfyanben, jutoeilen fogar eine flftectjts* 
folge, immer aber fehlen babei bie in if)r angeorbneten folgen. 
9Dftt ber VenoedjSlung ber Ridjtejiftenj unb ber 2Eangel* 
fjaftigfeit Rängen auet) bie ©djnrierigfciten jufammen, bie man um 
nötiger Söeife ber (übrigens nur bei jtoeifeitigen Verträgen benl* 
baren) Annahme einer relatioen (b. f). nid)t allen gegenüber ^ßlafe 
areif enben) Ungültigfeit in ben 3Beg ftellt (RcgelSbcrger fjat fidr) erfreu* 
lidjertocife in ber 3rrtf)umSlcf)re baju cntfdjloffen, fie anjuneljinen, 
Sßanbcftcn I. ©. 526; eS fann if)m Übrigend nidjt zugegeben roerben, 
ba& ber Verf. bicfcS AuffafceS oon feinem ©tanbpunft ilnn barin 
nitf)t folgen fann; wer oielmefjr bie grage nad) ber 2öefentlid)feit 
beS SrrtfjuntS für eine Auslegungsfrage fyelt, ber mirb mit tilotty 
toenbigfeit jur Annahme gebrängt, ba{j nur eine foldje Vertragspartei, 
bie burcr) ben 3rrtfjum gefepbigt ift, fid) auf ttjn berufen barf; 
beim bieS ergiebt jebc Auslegung, bte ex fide bona gefd)ierjt. Ver* 
ftcfyt man unter Nullität nur baS Ausbleiben ber angeorbneten 
©ejcr)äftSfolgen, fo fann man aucr) oon einer relatioen Nullität ba 
reben, wo biefc gofgen nur befttmmten Sßerfoncn gegenüber auS* 
bleiben. SSo übrigens ein roefcntlidjcr 3rrt(jum au einem Vertrage 
f)infüf)rt, ber beiben feilen unertoünf d)t ift, ba roirb natürlich oon 
einer bloS einfeitigen (relatioen) Ungültigfeit beS ©efcrjäftS nierjt bie 
Rebe fein fönnen.) 

$ic oben gegebene VegrtffSbcftimmung ift freilief) ju eng für bie (Sfye* 
fctjlüffe unb bie Urteile, beren Ridjttgfcit befanntlicr), rote fct)ou oorf)er 
ertoärjnt mürbe, eine geroiffe oorlänfige Rechtsfolge mdt)t auSfd)liejjt. 
3)ic nichtige (£t}c ift ba^cr feineSroegS eine Qftjc ol)ne bie angeorbneten 
Rechtsfolgen. Vielmehr ift fie eine @f)e mit bloS üorläufigen ef)c* 
lidfjen Rechtsfolgen; allerbingS nad) bem (Snttourfe nietjt mit allen 
foldjen folgen, dritten fann nämlia) bie Ricrjtigfeit unb aucr) bie 
An fecr)t barfeit einer (H) c bann entgegengehalten roerben, toenn fie 
biefen Langel fannten unb bennoer) im $inblitfe auf ben Veftanb 



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12 



ßeon&arb. 



ber @h* mit einem ber ©atten ein <55efcf>äft abfcf)loffen, ober gegen 
$it ein Urteil erroirften. (§§ 1236, 1252, erfte ßefung 1258 unb 
1270.) Das foE auch bann gelten, roenn eine gerichtliche Ungül; 
tigfeitSerflärung bei biefem ©efchäftSabfchluffe noch nid)t öorliegt. - 
DieS ift aber eine Ausnahme, fonft foUen nach ocm Entwürfe 
tigfeit unb $nfecf)tbarfeit ber (5f)c nur burch befonbere Älagt 
gcltenb gemacht werben. (§§ 1235, 1249, erfte ßefung 1252 unb 
1266. § 588 föcichScimtyrojefeorbn.) Die nichtige ©he ift alfo naä 
bem (Smtrourfe fein nichts unb ohne einen getoiffen $h QI & e ftanb unbenf- 
bar. 2öa8 mir bei foldjen (£t)cn immer öorau^ufe^en hoben, bag finb bie 
(Srflärungen, um beren 9?id)tigfeit ober ©ntfräftbarfeit e3 fich hanbelt; 
beim eine (Sntfräftung ift unbenfbar ol)ne einen ®egcnftanb, ber 
entfräftet roerben fofl. (Sine Slnorbnung ber (£r)efotgcn burch bic bei 
bem (Shcfchlie^ungSafte tt)ätigen ^ßerfonen, alfo burch bic 93raut> 
teilte unb ben @tanbe$beamten, mtiffen mir bafjer atö begrifflich 
9J?erfmatc ber gültigen, rote ber nichtigen (Sf) c öorauäfeUert 
(§ 1226) unb fönnen ba, roo eine biefer l£rflärungen fehlt, aueö 
nicht einmal eine nichtige @t)c annehmen. Da« fehlen biefer (fr 
Körungen ift alfo ftrenge genommen mehr, als ein bloßer gornv 
mangel ber ^tjefctjliegung, e$ ift bie Hbroefenhcit eine« ^rjatbcftnnb* 
merfmals. DteS ergiebt fich au3 ber SBebcutung, ben ba8 SBort 
nichtig bei ©h*fchtte&ungen Vernünftiger SBcifc allein haben fann. 

Die Aufgabe ber Sßrarjä unb ber SBiffenfchaft roirb cd fein, 
bic£ fcftäufteOen ; bie $raft, roclche ba$ (SJefcfc ber Eintragung in ba* 
SRegifter beilegt, fann nicht barüber hinweghelfen. 3m Uebrigen ift 
e8 aber fetjr oerftönbig, an btefe Eintragung bie ^Bermuthung ju 
tnüpfen, baß alle görmlief)feiten bei bem $rauung$aftc gemährt finb, 
unb bie trofcbem formlofe Sh^^^nng oorläufig roirfen 511 laffen, 
bis eine 9ftcf>tigfctt3flagc aße ihre folgen roegräumt. 3a fclbft eim 
SBermuthung bafür, baß bei ber eingetragenen @h c auc *) °i c 5 ur 
Trauung nötigen brei Srflärungcn abgegeben roorben finb, ließe p4 
rechtfertigen. 2öar)rfct)cinlicc> mar e3 fogar bic Slbficht ber SBerfaffet 
ber jtociten ßefung, fie aufstellen ; benn e8 ift nicht unmöglich, bot 
fie auch ba, roo fie oon einer 9?ichtigfeit roegen gormmangelä reben, 
ungenauer Sßcife auch folche eingetragene @h en , bei beneu bie erfor* 
berlichen Erflärungcn gar nicht erfolgt finb, mitbegeichnen rooÜten. 
2Bar;rfcr)einlict) roürbc man alfo baS ®cfcfcbuch in ihrem ©inne au«* 



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3)a<3 perföniidje ^crcc^t. 



13 



legen, Kernt man bieg öorauSfcfcte unb ben ©a|j oufftcUte: „2Benn 
eine (£l)e in ein §eirot^8regifter eingetragen ift, fo wirb Ocrmutljct, 
ba& ihr eine formgültige @^efa)üe6ung vorangegangen ift. SMcfe 
$crmutf)ung fann nur burdj eine befonbere SRichtigfeitäflage befeitigt 
»erben." 2)ann würbe bie Eintragung einet gar nicht abgcfdjloffenen 
£t)c aHerbingS bie SBebcutung eines nichtigen Ehefchlic&ungSaftcä 
erlangen. SebenfallS würbe e8 erwünfdjt fein, wenn ba8 ©cfejjbud) 
fiö) über biefen Sßuntt nod) flarer äufjerte, als e8 gefd)chcn ift. 

$>ic Eintragung foß aber in ber ^weiten ßefung noch weitere 
golgen ^aben. SKach itjrcr SBorfdjrift wirb bie wegen gormmangelä 
nichtige, aber bennoch eingetragene @f)e bura) ein aehnjährigeä 3 Utf 
fammcnleben ber ©arten Dötlig geseilt. (§ 1230, ein Seiten* 
ftüef bc3 neuen § 815.) 3)icfe SBeftimmung enthält eine ganj neue 
eigenthümltdje Erfifcung ber (Gattin of)ne titulus unb bona fides, 
ober richtiger eine gefefcltdje ErmerbSfrift für ehemännlidje 92ed)te, 
bic mof)l fctjttjerUct) einem allgemeinen SBebürfniffe entfpridjt, aber 
boa) auch anbcrerfeitS um ber <ScItcnt)cit ttjrer 5lnwenbung willen 
feinen gro&en ©apaben anrieten wirb. (£ier, wie fonft, ift Wohl 
baS UnterfdjcibungSmerfmal jroifc^en ber Verjährung unb ber gc* 
glichen SBefriftung barin $u feljen, ba& jene einen ohnehin wahr* 
fet)einltcr)en 9ftceht3$uftanb unanfechtbar macht biefe einen neuen ab« 
fidjtlid) erzeugt.) 

SBenn bie zweite ßefung unter ben nichtigen Etjen auch 
nod) bie @r)efc^ltegung mit einer bewu&tlofcn Sßartci ^eroorljebt 
($ 1231), fo Ijat man babet ficr)crlid^ nicht ohnmächtige Brautleute 
in'S 2tuge gefajjt; benn ein ohnmächtiger 9Ecnfch fann überhaupt 
Qua} nicht einmal ben äußeren (Schein eineä ©cfchäftSabfdjluffeS vor« 
jMen. Vielmehr erfcheinen bic hhpnotifirten Opfc* einer ©uggeftion 
bem ®cfefcgebcr oorgefchmebt ju h aDcn - ^ 3J?itglieber ber tfom* 
mijfion höben tytx gewiff ermaßen einen befannten SKünchener ©fanbaU 
projefe oorau3geaf)nt. Vielleicht ift auch an finnloS betrunfene ©raut* 
[cute gebacht worben. ©er Vcrfaffer uermag übrigen« nicht ein^u* 
iet)cn, warum man nicht biefe Salle genau ebenfo be^anbelt hat, wie 
)ie er5tt)ungcnen Sljcn, benen fie burdjauS ähnlich finb. 90?an 
oürbe fich auch bei ihnen mit bloßer Slnfccfjtbarfcit ber ©h* fetjr 
uoht f)abcn begnügen tonnen. 

£>aj$ baS @h c ^ nDerni 6 Dcg Qfytitüäß ein StichtigfcttSgrunb 



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14 



ße onfcarb. 



(impedimentum dirimens) fein foK (§ 1234), läfjt fid^ Wohl rec^t* 
fertigen; benn ba, wo eine (ätye wegen (Ehebruchs getrennt rootben 
tft, ift bie ©cfafn; befonberS gro&, bafe bic beiben <St)cbredjer if)te 
unerlaubten ^Beziehungen bor bem ©tanbcSbcamten buref) betrug 
ucrtufcf)en, weil auf bem SBcgc beS Verbrechens bcfanntlidi jebe böje 
$t)at fortjeugenb 93öfcS ju gebären pflegt. 

Sieben ben SfttdjtigfeitSgrünben ftc^en bic ©rfinbe ber Unan- 
fechtbarfeit. (§§ 1238 ff.) @S liege fidj wof)l boran zweifeln, 
ob ber Unterfd)tcb jroifc^cn nichtigen unb anfechtbaren ©efdjäften 
bei ber @[)e angebracht war. $)aS 2tterfmal, an baS man it)n fonft 
anjufnüpfen fud)t unb bem auch bte allgemeinen $8orfchriften be$ 
Entwürfe« (§§ 110 * ff., erfte Sejung §§ 108 ff.) entfprechen, 
fcheint t>tcr ^u oerfagen, ba ja auch ber nichtige Qshcbunb nur burdj 
eine befonbere (Srflärung feiner Äraft töflig beraubt werben fann, 
Währcnb fonft nur anfechtbare ©efchäfte, nicht aber nichtige, eine 
üorläufige ©filtigfeit ihres Inhaltes genießen. 2Cudt) baS retatio 
nichtige ©efdjäft mufj, wenn cS mirftich ein folcfjcö tft, unb nicht 
bloS ein anfed)tbareS, ber Partei, ber gegenüber cS nicht ©tid) 
hält, ohne gültigen Snhalt bleiben unb gwar auch °f) nc oa 6 biefc 
Partei eS nöthig fyat, c ^ nc befonbere Anfcd)tungSerflärung abzugeben. 
$)iefe (Srflärung ift ja eben (oon (Sh*n unb Urteilen abgefchen) baS 
Shnnjeidjen ber Anfechtbarfeit. £>ic Anficht SßinbfdjeibS, ber fidj 
kittete (a. a. O. ©. 108 ff.) anfdjlicfjt, oerwifdjt boflfommen bal 
UnterfchcibungSmerfmal ber relatiocn Sftichtigfeit unb ber §Infcct)t- 
barfeit, ba fie auch bie rclatioe Üftichtigfeit oon einer Anfed)ttmg& 
erflärung abhängig macht. — SGBer 93. aus einem offenbar nichtigen 
©efdjäfte flagt, wirb beim Ausbleiben beS ©egnerS abgewiefen 
((£.$.0. § 296, 2), wer aus einem bloS anfechtbaren ©efdjäfte älage 
erhebt, bewirft bie Verurteilung beS abwefenben ©cgnerS. gäHe Uoit 
fo berfduebener JÖehanblung barf man alfo nicht öerweajfeln. £ier 
nach ift bie 9cid)tigfeit ber @h* in ber föcgel nur eine gefteigerte 
Anfechtbarfeit OJJHttetS in ben bogm. 3af)rb. 93b. 28 @. 164 
jählt fie gerabeju jur Anfechtbarfeit, in Sßibcrfpruch mit ber IRcbc- 
weife ber ©efe&eStejte, »gl. bort @. 116 ff. Aehnlid) SBenbt, $am 
beften ©. 166), ihre Anfechtbarfett aber immer nur eine geminberte 
S«ichtigfeit. SnSbcfonbere ift bie #eilbarfeit beS ©efdjäfteS fein ffenn^ 
jeid&en ber Anfechtbarfeit, ba auch nichtige <§fytn, namentlich bie 



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3>a§ pcrfönttd&e <S$ered)t. 



15 



Sfjen ber ©efdjäftSunfäfjigen burdj IBeftöttgung heilbar fein foQcit. 
§ 1231, 2. Sie biel öerbreitetc Hnnaljme, ba& Unfjeilbarfeit ein 
,logifd)e8 «ßoftulat" ber 9iid)tigfeit ift (ügl. 5. 23. üKiticiS a. a. D. 
5. 110), fjängt mit ber oben gerügten $8erroeä)3lung bc3 SWtd^töor* 
»anbcnfeinS unb ber StJa'djtigtcit jufammen. 9ftid)tig ift freilief), baß 
»er ©efefcgeber baju geneigt fein roirb, bei bcfonberS fdjlimmen Un* 
ülttgfeitSfäHen Unfjeilbarfeit bcS Langels anjunefjmen.) £icr, roic 
onft ift ber ©inn beä GcgenfafceS ber beiben Birten mangelhafter 
&efd)äfte ein ganj befonbercr. Smmcr beutet er auf eine größere 
»ber geringere ©tärfc beS Langels f)in. SBorin ober bie ©renj* 
treibe 5tutfcr)en beiben ©tärfegraben ju fefjen ift, roorin alfo ber 
Interfdjicb jrDifctjen s Jttrf)tigfcit unb 5lnfcdjtbarfcit liegen foü, baS 
ann nur in jebem gallc bcfonberS beftimmt werben, in bem biefe 
luöbrficfe ertoätjnt werben. (5)cr SBerfaffer r)at bieS näf)er auS* 
icfür)rt in einer <Sd)rift £)er 3rrtl)um bei nichtigen Verträgen @. 
m ff., 313 ff., ügl. hierzu StfitteiS in ben 3af)rb. f. fcogmatif 
3b. 28 ©. 85 ff., befonberä ©. 106.) So ift eä aud) bei ber (£f)e. 
Der (Sntnmrf fud)t t)icr burd) ba3 3Bort „ §tn f cd) t barfeit " einen (Sr- 
a fc b u fc^affen für ben Sludbrucf „Ungültigfeit", ben bie SReidjä* 
rtotlproje&orbnung nad) bem Sßorbilbe beS prcu&ifdjcn 8anbrcd)t8 ber 
Ria)tigfcit entgegenftedt. (£3 f)ängt bicS ficrjcrlid) bamit jufammen, 
>afe in ber erften Sefung bc3 (SntnmrfS baS SBort llngültigfcit in 
)cn allgemeinen 93orfd)riften einen Gattungsbegriff bejeidmete (öud) 1, 
titel 7 ber erften ßefung), ber URidjtigfeit unb flnfed)t barfeit um» 
afjte in Slnlctjnung an bie 6cfanntc SRebetocife SöinbfdjeibS, bie fict) 
eit einiger $t\t allgemeiner Slncrfennung erfreut. ($Bgl. j. 93. 
Wittei«, 3at)rb. f. 3)ogmatif, 93b. 28 ©. 85 ff. „$ur Scf)re uon 
)cr Ungültigfeit ber SRed)t«gcfd)äftc".) $n ber jmeiten ßefung ift 
nan baöon mieber abgegangen, mafjrfdjeinlidj rocil nad) feiner SluS* 
irudfSart baS anfechtbare ®cfd)äft nid)t ungültig ift, fonbern erft 
n golge ber $lnfed)tung ungültig mirb. $)te Slnfcdjtbarfeit ift 
lifo f)iernad) nur eine SBorftufc ber Ungültigfeit. 3fjr ©cgen* 
q$ jur 9ßid)tigfeit roirb jebod) in Hnlctynung an bie bisherigen 
Sorfd)riften über UngültigfeitSflngcn unb SftidjttgfeitSflagen befyan* 
Kit. (§ 1249, 2. SBir werben und alfo in 3 u f un f* nad) euicm 
icuen tarnen für ben Gattungsbegriff umaufefjen ^aben, ber 9ftd)tig* 
Wt unb «nfed)tbarfcit in fidj fdjlic&t, unb hier ftatt, mic bisher, 



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16 



tteon&arb. 



oon Ungültigfeit öielmehr oon SDtongelhaftigfeit, Unooflfommcnbeit 
u. bergt, reben mtiffen.) 92act) § 592 ber SReichäctoilprojefjorbnung ift 
bic UngültigfeitSflage bie Silage auf Anfechtung einer @h« au3 irgtnb 
einem ©runbe, welcher nict)t oon Slmtdroegcn geltcnb gemacht »erben 
fann. ©o auch nach bem Entwürfe, ber fict) tjierüber aflcrbina$ 
nur in einer $tnmerfung burd) einen 3 u f a 6 S ur Siöilprojefeorbnang 1 
äu&ert. (©gl. b. Slnm. ju § 1236 u. t)ierju 2tftttei3 a. a. D. @. 116.i 
(53 ift ^iernac^ zweifelhaft, ob nid^t bie Auäbrucfe „Stocfytigfeit" 
unb „Slnfecht&arfett" im erften öudje be8 (Entwurfes ganj anbei« 
begriffe bezeichnen, alä im feierten unb ob eä möglich ift, für beibe 
öüd^er einheitliche SegriffSbeftimmungen ber nichtigen unb ber an> 
fccfjtbarcn ©cfdjäftc ju gewinnen. $)a tuir jeboef) annehmen muffen, 
bog bie ©pradje eines ©efefcbuctjea im 3 toc if c l öon SGBiOer(prüc6cn j 
frei ift, fo werben mir mit 9tucfftcr)t auf bie 33cfonbert)citen ber 
folgenber 9Jca&en befiniren fönnen: 3m (Sinne beä ©ntwurfd ift ftm 
fcd)tbarfcit einc$ ©efcfjäftS btejenige SDto ngcltjaftigfcit feinet 
Inhalt«, bie lebiglict) oon ber SßillenSerfldrung eine* ber 
^Beteiligten abfängt, SKicr) tigfeit aber eine folctje, bie auc% 
noch QU f önbere SBeifc tjerborgefehrt werben fann. 

§ragt man nunmehr nact) ben einzelnen gätlen, in benen eint 
Silage wiber ben Skftanb einer (St)e oon SlmtS wegen möglich ift, je 
wirb man auf eine (Safuiftif berwiefen. Setbe SHaffcn oon Stje« 
mangeln werben aufgezählt. (§§ 1230 ff., 1239 ff.) $er afo 
gemeine ©cbanfe beä preufjifcfjen ßanbrccr)t3, ba3 Sßichtigfcit unb 
Unheitbarfeit be3 @hcmangcl3 als ein« behanbelt («. 8.SR. H 1, 
§ 934 (946)), ift aufgegeben. (Sä giebt öielmehr im (Sntwutft 
neben ben unheilbaren SRidjtigfcitäf allen unb ben immer teil- 
baren 9tnfecr)tbarfeiten noch eine britte Älaffc: bic gäHe h e M flrfr 
SRict)rigfett. ©o bei ben @h en oer ©efchäftöunfähigen, alfo ber (Seifte* 
franfen unb ber ßinber unb ben Trauungen bemufjtlofer Sßerfonen. 
(S 1231, 2.) §ier fann bie (5r)e bon Amts wegen angegriffen 
werben unb boch ift fie burch SBeftätigung tyilbax. (£8 liegt barin 
wohl ber ©ebanfe, baß bei folctjen ©hebünbniffen ber ©taat jroar 
ein Sntereffe baran fyat, ju ©unften ber gefa)äf tdunfö^igen ober bcnwjjt 5 
lod gewefenen Partei einzugreifen, um ihr (Sfjebanb ju jerrei^en, 
bafe er a$ ihnen aber boch nicht oermehren rotö, in gefchäftSfähtgan 
3uftanbe ober mit flarem SBewufjtfein ben Langel ihrer @h« Z u ^ 



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2>a§ perfimltdje <Sf>ered&t. 



17 



fettigen. £a3 Nichtige mürbe mof)! gctoefen fein, bei berartigen (5^en 
bic 3eit ber ^efc^äftdunfö^tgfeit oon ber foäteren $e\t, in ber fie 
befetttgt ift, abjufonbern unb öor mtebererlangtcr ©cfc^äftdfä^tgfeit 
Midjtigfeit, nachh« aber Anfechtbarfeit ber (£t) c anzunehmen. $>a* 
burdj mürbe man ben naheliegcnben 3 u f anuncn h an 9 jmifchen ber 
üßiehtigfeii unb ber Unrjeilbarfeit ber @^e gewahrt haben. 

$)te cinjelnen AnfcdjtungSgrünbe betreffen gfäfle, in benen bie 
(hffärungen ber f)ctratf)enbcn Parteien entmeber ofnie bie erforberlidje 
ÜRebcncrflärung eine« dritten geblieben finb (§ 1239) ober ifjnen 
in golge eine« unertoünfe^ten ©celenjuftanbeS beffen, oon bem fie 
ausgeben, ein Langel anflebt (fog. SBiflenSmängel). (§§ 1240 
big 1243.) 

$)ie fetjlenbe 3 u f^ mmull Ö dritter ift ba, mo fie als crforbcrlict) 
borgefa)ricben ift, fein allgemeiner 9?icf)tig,feitS* ober AnfedjtungSgrunb, 
namentlich ntct)t bie fet)Icnbc 3uftimmuug beS 33aterS ober ber 
SJtotter. ©ie ift, moburd) befannte ©treitigfeiten befeitigt finb, ein bloS 
auffchiebenbcS ^e^nbernife. (üttotiöe 53b. IV. ©. 30.) 9ßan 
toirb in ber Siegel in bem Pflichtgefühle unb ber SBorfidjt beS ©tanbeS* 
beamten eine genügenbe ©ernähr bafür finben, bafc biefe 3uftiiumungS* 
rechte nicht oerlegt werben. S3ci ber (5f)efchltefjung beS Oöllig 
©efehäftdunfähigen fommt bie 3 u f^ mmun Ö oc ^ gefejjlichcn $er* 
treterS nicht in grage; biefer Aft ift nichtig, mag ber Vertreter 
auftimmen ober nicht (§ 1231, 1.) 2öof)l aber oermag fie bie 
^efchliefeung beS in ber ©efchäftSfähigfeit SBcf chränften , j. ©. 
eines entmünbigten SSerfdjmcnberS (ogl. üttottoe I, ©. 149), jur 
gültigen ju machen. (§ 1244.) S3ei ber @h e cmer folgen Sßerfon 
liegt nun aflerbingS bie Gefahr nahe, ba& bie 33efchränfung 
ber ©efcha'ftSfäljigfeit beträglicher SBeife bem ©tanbcSbeamtcn Oer* 
fa)n)iegen toirb. SBenigftenS mürbe biefer ©efichtspunft erflären, 
roarum ber ©nrrourf f)kt in bem SRangel ber 3 u fti mmun 9 ta" 
blofceS auffdjiebenbeS @r)er)tnbermg erblicft, fonbern einen Anfechtung«« 
grunb. $>abur<h roirb allerbingS mertrofirbiger SBeife ba« SBoüroort 
beS SßormunbeS wichtiger als baö beS SBaterS ober ber SRutter, 
namentlich nach ber jtoetten Sefung, bie bem übergangenen Vertreter 
felbft ba« Anfechtungsrecht giebt, baS bic erfte Scfung ihm oerfagte. 
(fefte Sefung § 1261, 4, jtoeite fiefung 1246, 2.) 

Sticht &u oertoechfeln mit biefem fechte beS Vertreters ift eine 

Seonftarb, Ca« petfBnlt$< g&erri&t. 2 



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18 



ßeon^arb. 



IBefugnifj, bie anfechtbare ©fyefrfjliejjuug auet) botin anzugreifen, toernt 
il)t Langel nic^t gcrabc barin tag, bafj feine bormunbfehaftliche 3«' 
ftimmung fehlte, fonbern in einem anbeten Umftanbe. $ie ift t^tn 
auch in ber jtoeiten ßefung berfagt. (§ 1246, 1, erfte ßefung 
8 1266. SlnbcrS § 573 a (£.$.0. in II unter Slnm. 1 &u § 1236 ! 
für @f)en ©efchäfteunfäfnger.) @r wirb alfo namentlich audj bann 
bie (5t)c nicht anfechten fönnen, wenn ein anfechtuug«bcrechtigtfr 
®atte erft nach ber (gfyefdjliefeung feine üollc ©eftfjäftöfäfjigteit t>er= { 
ioren t)at, 5. 8. al« JBcrfchwenber entmünbigt roorben ift- 5)et 
©unfrf) ber hatten, jufammen gu bleiben, wiegt ^ter fdjwerer, al$ 1 
bie ?(nfic^t eine* $ormunbe« über bie $ngemeffenl)eit biefe« 2Bunfä>8. 

2öo ber Sßormunb ftatt be« üttünbcl« eine @h* anfechten barj, 
ba foH feine ©äumnifj biefem nicht bie golgen einer Verjährung ju* \ 
jief)en. (§ 1248.) 

Snfoweit ber fe^lenbe beitritt be« Söormuube« ju bem Trainings 
afte bie anfechtbar macht, fann feine SBcftätigung fie feilen 
Verweigert er biefe ohne ©runb, fo fann ftatt feiner ba» Vormund 
fd)aft«gcricht fie vornehmen. $ic Weckte biefer öehörbe finb alfo 
auch in biefem fünfte gefteigert. (§ 1244.) 

3n ber &et)anbtung ber 3öiflcn«mängel finb namentlich bie 
3$orfcr)rtften über Srrthum unb betrug bei ©hefchltefeungen in bei 
gwetten ßefung umgeftaltet worben. 6« tjöii^t bic« bamit gufatnmen, 
bafc auch im erften SBud)c be« Entwurf« ba« allgemeine $crtra«,*recf)i 
be« 3rrthum3, »eil e« in ber erften ßefung ftanb, eine burdjgreifenbe 
Hbänbtrung erfahren hat. gür ba« (Sprecht, wie für bie 58er 
träge überhaupt ift ba« 2SiHen«boa,ma weggefallen. (<$egen biefee 
Dogma richten fid) bie Ausführungen be« SBerfaffer« in ben $kr 
hanblungen be« Deutfchen Sutiftentage«, 93b. III @. 40 ff., ogt. aud) 
©chlojjmann, ber Vertrag, ©. 80 ff.) Seine ©egner, bie in ihm 
bie Ginget - ütteft Uebel« ber $ortrag«lchre fehen, athmen erleichtert 
auf unb nur ein bange« Gefühl mifcht fidj in ihre greubc, bie ©orge, 
bafe bie Anhänger ber ju gafle gebrachten ßehre fie üicUcicht boch 
noäj ht zwölfter ©tunbc wieber in ba« ©cfefcbud) r)tnembrtri9eti 
föirnten. Die Söefcittgung be« genannten Dogma« geigt fich barin, 
bafc jeber ©ertrag, beffen Snhalt burch gegenfeitige jufrimmenbe ®r» 
flärungen bef eftigt ift, wegen 3rrthum« niemals nichtig, fonbern 
nur anfechtbar fein fofl. (Breite ßefuna, § 94.) Damit ift freilich 



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$>a§ perfönltcfce (S&erecftt. 



19 



feineäroegä gefagt, bafj cö in 3 u * un U toef entließen ,3rrtl)ümer 
mefjr geben nrirb, b. r). feine foldje, bic mer)r als blofcc SlnfedjtungS* 
arünbe finb, »eil fic ben SBertragSfdjlufe überhaupt nicf|t ju ©tanbc 
foimnen laffen. Sluct) in gutunft toirb ber Srrttjum unter Umftänben 
ben Srjatbeftanb beä 33er trag$fct)l uff e8 im (Entfielen l)inbern ober 
boef) ein 33croeiägrunb bafür fein, bafj ein folc^cö §inbernij$ vorliegt. 
So 5. 33. bann, wenn au3 Srrtljum beibe Parteien gang ocrfd)iebenen 
^ertragänormen juftimmen, fo ba& e§ alfo ju jroei einanber ent* 
jpre^enben 3öiHcn3erflärungen überhaupt nicf>t fommt. ©0 etwa* 
ift audj bei (S()cfcr)liejsungen möglich (Sbenfo toirb ba fein Vertrag 
benfbar fein, ujo bie irrenbe Partei gtuar bem Vertrage juftimmt, 
aber nur unter einer 33ebingung, bic unerfüllt ober aufgefallen ift, 
mag nun bie 33ebingung auäbrütflidj gcfteUt fein ober ju ben ftiU* 
jajtpeigenb feftgcfefctcn VcrtragSbeftanbtfjeilen gehören, benn ber auf« 
brüeflietjen (Srflärung foll bie buret) nactjtüetebare 33erfet)r8fitte fttü* 
jdjtoeigenb gefegte Vertrag« norm burc^toeg glcictjfterjcn, bei 33cbingungen 
ebenfo gut, »ie bei anberen 33eftanbtt)eilen beS 33ertrag$in|)alte$. 
So 33., toenn eine Oergolbete ©aetje uon einem Käufer, ber biefen 
tyren 3 u f tanD nidji fennt, unter ber ©ebingung gefauft ift, bafj fie 
\>on cdjtem ©olbe fei. §ier fetjlt cd für ben üorltegenben gall über* 
f)aupt an einer juftimmenben (Srflärung, bie abgegebene Gcrflärung 
ftimmt ber 33crtrag8gültigfeit oielmerjr nia^t ju. 3)er Umftanb, ba^ 
ber Srrenbe bie 33ebingung für erfüllt tyiclt, fann baran nichts änbem. 
Plus est in re quam in existimatione mentis. tiefer SrrttjumSfall 
fann freilief) bei (Jljefdjliefjungen nicr)t oorfommen, ba biefe ©efdjäfte 
öebingungen nietjt julaffen. ^ebenfalls mirb aber auet) in 3 u ft* n ft 
ber Srrttjum bie Urfadje cine$ oöüig crfolglofen, nietjt bto3 anfeetjt* 
baren $ertrag$fcr)luffc§ ba fein, roo neben ir)m feine ßuftintmungf 5 
erttärunfl ju bem oon ber anbern Vertragspartei anerfannten 33er* 
trag&ntjalte ftetjen toirb. 

S)ie3 ift aroar nicr)t auSbrücHicr) gefagt, folgt aber mit ftotl)* 
wenbigfeit barauS, bafc &u jebem 33ertrag8int)alte, roenn er gültig 
fein foH, jtoei auf ifjn gerichtete (Srflärungen gehören müffen. 
(3roeUe ßefung § 116.) 3" folgen göHcn leuchtet bie 333efentlidjfcit 
beö Sittfyuraä, b. t). feine Sraft, einen crfolglofen 33ertrag3}djlu6 
nad) fiefy 511 jieljcn, au£ bem ©iuiic ber abgegebenen (SrHärung Ijeruor. 

$nber$ ba, tt)o ber 3rrenbc bcbingungSloS bem 33ertragäinl)alte 

2* 



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20 



juftimmt, aber burd) einen 3rrtt)um getrieben, beffen 2ßefentlid)leit 
eine innere, äußerlich ntc^t erfennbar gemalte ift. Auch ^ter tonn 
bie Abtoefcnheit beS 3rrtl)iunS für ben Srrenben innerlich eine unw 
lä&lidje SBorbebingung ber ®efd)äftSgültigfcit fein, ober, rote man $u 
fagen pflegt, feinen innern ®cfchäftSttHtIen audfc^Iiegen. 3ft pt 
jeboet) nidt)t ju einer erfennbaren ®filtigfctt3bebingung be$ ©efdjafträ 
geworben, roaS fie, tute gefagt, bei (£()efd)üe^ungen überhaupt nid)t 
roerben fann, fo foll natf) ber jtueiten ßefung grunbfäfclid) ber (Sinn 
ber toaf)rnet)mbaren (Srflärung bem innern ©ebanfen tt)reö Urrjeber* 
oorge^cn, b. (). baS ©cfd)äft 311 ©tanbc fommen. 2Bot)l aber ift 
f)tcr aus nafjeliegenbcn ©rünben beS SttitleibS bem Srrcnben ein 
AnfcdjtHngSredjt gemährt, aber nur unter brei SBorauSfefcungen : 

1) *Dcr Srrcnbe muß bie anbere Vertragspartei entfdjäbigcn. (§ 97.) 
Nation fann bei ö^efd^liefeungen ftrenge genommen feine Sftcbe fein 
3>cr 8d)aben, ben jemanb baburdj erleibet, ba& mtber fein Qmoarten 
feine (£()e aufgetöft ttrirb, (äfet fid) nid)t in ®elb auSbrütfcn. Xxoty 
bem ift im (5f)ercc§te biefer ©ebanfe bodj jum AuSbrude gcfommcit. 
$enn gelungenen ober burd) ben 3rrtf)um beS anbem Xfyciiti ent 
täufchten (Ratten merbett in üermögenäredjtUcfyer ^infidjt bie Siebte 
eines unfdmlbig ©efdHebenen gemährt (§§ 1237, 1252); eint 
eigenartige, aber glütf liehe cntfprccf)cnbe Anroenbung beS ©c^eibung^ 
rcd)tS auf bie ©runbfäfce ber Anfechtung, bei ber ftdjcrtid) baS alte 
Snftttut be$ matrimonium putativum als SBorbtlb gebient f)al 

2) SRur ein foldjer ^rrt^um giebt Anfechtungsrechte, beffen tfo 
n)cfent)cit für ben 3rrenbcn eine unerläßliche SBorbcDingung bei 
<3fcfd)äftSgüItigfett mar, unb nia)t ein blofjeS SUcotio. (3)afj ein 
blo&eS irriges 9J?otiu nicht Anfcchtungggrunb fein fann, ift aß-- 
befannt. Aber nicht einmal bie fog. condicio sine qua non fyai 
biefc Söcbeutung. Htfan unterfchetbe roof)t bie ,condicio sine qua 
errana non contraxisset* Oon ber ,condicio qua deficiente errans 
contractum valere nolebat'. Stur bie lefctere ift innerliche ©ültigfeitfr 
bebingung.) SBorauSfefcungen, bie einen ©efchäftSabfdjlufj nur w 
anlaffcn, aber beren fpätcr erfannte Unrichtigfett biefen Abfd)lufe 
nicht als uuermünfeht erfd)einen laffen, fönnen feine Anfechtung^ 
grftnbe fein. 2öer 93. burch bie irrige Annahme beS Samens eineä 
Kaufmanns oeranlaftt mar, ihm eine Söaarc abzunehmen, ohne ba6 
tl)m hinterher bei Aufflärung beS 3rrtf)umS ctmaS baran liegen fonnte, 



» - « 

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25a3 perf önltdje (Sljeredjt. 21 



ob er fie öon biefem bejog ober öon einem anbeten, wirb fein §ln= 
fed£)tung«red)t erlangen fönnen. 2tud) bic« ift nidjt ganj flar au«* 
aefprodjen, ber (Sntmurf (§ 94) rebet fc^IanftocQ öon ©rflärungen, 
bie ofjne Srrttjum (bei üerftänbigcr SBürbigung be« gallc«) nidjt 
abgegeben morben mären; e« entfprtd|t aber tooljl bem ©inne ber 
$orfd)rift unb mufj aud) für (£f)cfcf|liej3ungcn gelten. 2öo bie 2tuf= 
Härung eines Srrtfyum« bem Srrcnben fetnerlct fdjmerjlidfjc (5nttäu= 
|cf)ung berettet, ba liegt ein Sebürfnifj bc« ©djufceä gegen bie golgen 
bog 3rrtl)um8 überhaupt nid&t bor. 

3) üftad) bem (Sntmurfc mu6 ber Srrtlmm, um SlnfedjtungSgrunb 
jw merben, nid)t blo« ein foldjer fein, beffen rechtzeitige Mufflärung 
ben ^rrenben Dom SBertragäabfdjluffe ^urüdgeljalten Ijaben mürbe, 
c£ roirb ferner oerlangt, bafj biefe 3urüdf)altung ,M\ öcrftänbiger 
3öürbigung be« gafle«" gcfd)ef)en fein mürbe. 2öo alfo ber Srrcnbc, 
über feine falfcfje SBorauSfefcung aufgeflärt, ficr) jmar öon bem ®e* 
fd)äftSabfd)luffc ferngehalten t)aben mürbe, aber nur au« unüerftän* 
bigen (£rmägungen, ba foll fein ©d)u$bcbürfnij3 gegenüber ben golgen 
feinet 3rrtf)um« ber gefefclidjen ?lnerfennung nidjt toertf) fein. @o 
l- 33. roenn ein abergläubtfdjer ÜJ?enfct) üon einem ÜÄietfj&üertragc 
jurüeftreten roifl, tueil fidj l)erau«ftellt, bafc bie ©trafeennummer bc« 
£>aufc«, um ba« e« fidt} tjanbelte, bie $a\)l 13 aufroeift. £icr mürbe 
ifm bie Äenntnig ber mafjren ©abläge öom ©ertrage jurüdljalten, 
aber nid)t aus einer oerftänbigen Sßürbigung be« gafle«, fonbern 
au« Unöernunft. (3)ie« 93eifpiel ftammt oon $ölber, Slrcftö 
f. cio. *ßrarj« 93b. 80 ©. 38.) 9tfur ber für üernünftige ßeute 
erl)eblid)e 3rrtf)um foll ein 2lnfecl}tung«grunb fein. 

tiefer ©cbanfe ift audj auf ba« @f)erecf)t angemanbt morben, 
unb jroar fcr)on in ber erften Sefung, bereu allgemeiner ©ertrag«- 
fcr;re er nodj fremb mar, auf bie ©orfdjriften über Xäufdjung 
(S 1259, 1 ber erften Sefung), in ber jmeiten audj auf biejenige 
über ben 3rrtf>um, ber pcrfönlidjc ©igenfdfjaften ober SSerl)Sltntffe 
bes anbern ©atten betrifft. (§ 1241.) Wur ift t>ier bie« <Sr= 
forbernifj nod) öerfdjärft roorben. ($« foU tjicr nid|t blo« barauf 
anfommen, ob eine oerftönbige Sßürbigung ber ©ad) läge ben 
Sxrenben oon feiner (Srflärung abgalten mufjte, fonbern audj barauf, 
ob eine oerftänbige Sßürbigung be« Qtotdcä ber @ f) e ben gleichen 
®inbrud auf if)n ju machen geeignet mar. fernen mir j. 53. an, 



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22 Öeonljarb. 

baß ein n>o§lf)abenber 2Rann Icbiglidj aug ©clbgicr ein armeg Wtä 
djcn heiraten roifl, mcil er fic für reuf) ^äli, fo ift bag, mag il)m 
bei fcrfenntnifj feineg Srrthumg einen SRficftritt uom Söcrlöbniffe bei> 
wehren foü, nid)t fotoohl eine oerftänbige SBürbigung ber Sachlage, 
fonbetn Dietmar eine Oerftänbige ober bcffcr eine öcrnünftige SRücffify 
auf ben fttoed unb bie Söebcutung ber (£f)e, ober, mag beinahe baffelbe 
jagen mill, bie fchulbtge SRücffidjt auf btc SDicnfdientTjßrbe feiner 53raut 
3nbem bie jmeitc ßefung berartige ,3rrt^ümer in Ijö^erem 2Ha&c, 
als bie erfte, aug bem Streife ber S(nfedjtungägrünbe augfdj liefet, legt 
fie nicf)t mcf)r ben ©chroerpunft unrichtiger 2Beife in bie Partei* 
nriinfdje, fonbern in bie 9*ücffid)t auf bie 9tadjtf)eile, bie eine jebe 
S^etrennung mit ficf> bringt. 3nbem fie ferner auf bie oerftänbige 
Söürbigung beg 3roccfeg oer ®h c ^intoeift, üertraui fic bie %b$m\ 
jung beg Äreifcg ber Srrttyümer, btc $ur Anfechtung berechtigen jollen, 
bem (Srmeffen beg SRichterg an (3nfofcru entf priest bie jnKite 
Sefung burdjaug ben SBunfchen, bie beg SBcrfafferg Gutachten in ben 
SBertjanblungen beg XX. 3)eutfchen Suriftentagcg, 93b. 3 ©. 96 au^ 
gebrochen fyat); benn bag, mag jemanb bei gemiffen Ocrftänbigen 
(grtoägungen t^uu ober unterlaffen mürbe, fann boef) ficf>erUch nicht 
anberg beftimmt merben, alg burdt) freie richterliche (Jntfcheibung. 
9£ur in einem fünfte fct)ctnt ber (Sntrourf noch immer nicht ba$ 
^id)tige getroffen $u höben. (£g fommt mohl rocit weniger barauj 
an, mag ber 3rrenbc einftmaU oor bem $crtraggfthluffe bei bem 
gortfaüe feiner (Sinbilbung gebacht fyabtn mürbe unb benfen burfte, 
fonbern auf bag, mag er j c t , bei ber (Sntbecfung feincg ^rrthum*, 
billiger SBeife benfen unb oerlangen barf. Sft ein (Sh^bunb einmal 
eingegangen, fo h a * f*ro« ßerrci&ung befanntlich in ber SRcgcl 
(namentlich für ben meibltchen $h cu 0 0U! unheiloollften ^olgeu. SBentt 
ung überliefert mirb, bag in früherer Qtit cme l Q J c ^ßrajtg $lnfccf) 
tungen oon @h cn gu(icg , meil bie grau nicht orbentlich fodien 
tonnte ober nicht bag erhoffte Vermögen bejaft ($)ie 93emeigfteHcn 
finben ftch in beg SSerfafferg ©du*ift: S)cr Srrthum bei nichtigen 
Verträgen, VI ©. 417, Anm. 1), fo liegt bag SBerlefcenbe biefer 
9£cd)tfprechung f bie glüeflicher SEÖeife oeraltet ift, nicht barin, bafc 
fie etwa nicht genug barauf achtete, mag ber enttäufchte QJattc 
Oor ber @t}c berftänbiger SSeife mohl fyätit befchlie&cn fallen, 
fonbern barin, ba& fic ihm nach ber Trauung geftattete, bic 



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2)a$ perfönli^e (*t)eredjt. 



23 



wi^ttgftcu föüdfftdjten auf feine grau feinen AnfechtungSgelüften 
unterjuorbnen. (£8 foflte baljer ber 3rrtf>um bei @^en nur 
bann als Anfedjtungägrunb gelten, wenn er bei feiner Auf* 
flärung bem 9rid)ter wichtig genug erfdjeint, um bie 
$ ad) t heile ber @^etrcnnung aufzuwiegen, hiernach würbe 
nicr>t blo§ baä richterliche (Jrmeffen ben entfd)eibenben Anschlag 
geben, wie e3 ba3 auch nach bem Entwürfe tr)ut r fonbern e3 würbe 
^gleich ein üeitftern üorhanben fein, nad) bem man fidj rieten fann 
unb jugleic^ eine gormcl, bie ber 3Bürbe unb ber ©ebeutung ber 
$f)e Rechnung trüge unb bie (Safuiftif bcS (Sntwurfcä bei Säufdjung 
unb bei Mofecm Srrthumc entbehrlich machen fönnte. 3n biefer 
ßofuifttf zeigen ftd) bie Ueberrefte eine* alten SRothftanbeä ber 3rr= 
ttnimSlchre. Sei ber allgemeinen SBertragSlehre ift fie befeitigt, wir 
finben bort nicht mehr bie altmobifc^c ßitanei oom error in persona, 
in re, in negotio, in substantia. SBo^l aber §at bie zweite Scfung 
bei ber (£f)e S u fdjarffinnigen Unterfdjcibungcn beä beachtenswerten 
Dorn gleichgültigen ^rrtfmme begriffen, in benen nid)t auf bie 93e= 
beutung be$ Sorthums für bie ^Sarteimünfche, fonbern auf ben (Segen* 
ftanb, über ben fid) eine Partei zufälliger Söeife geirrt fyat, öerfehlter 
Seife ein ©ewidjt gelegt Wirb. (3n biefem fünfte bie frühere ßefjre 
^um gafl gebraut z« h a ^ cn / W e * n Vcrbienft 3i Ic l monn 'S, 
ttQl. be* SBerf. ©d)rift: £er 3rrtt)um u. f. W. II, ©. 566.) 3nfo* 
fem enthält fogar bie zweite Sefung einen SRütffchritt gegen bie erfte. 
($gl. erfte Ecfung § 1259, 2.) 3Barum man z« ber (Safuiftif 
in ber ©eftimmung ber erheblichen Srrthfimer z^rürfgefehrt ift, liegt 
freilich auf ber £anb. 9Wan wollte bie Anfechtung ber @t)cn toegen 
Srrthumä erfchweren im Vergleiche zu ber Anfechtbarfeit anberer 
Verträge aus bem gleichen ©runbe. W\d)t alle ©rünbe, bie ferner 
genug wiegen, um einer Äöd)in ben Süenftoertrag aufzufünbigen, 
bürfen %\xt SBerftofjung einer Öebcnägefährtin berechtigen. Um bie 
Sctjfla einer fo weit gehenben Anfechtbarfeit ber ($hen Z u »ermeiben, 
oerfällt nunmehr ber Entwurf in bie (£r)art)6bid einer (Safuiftif, bie 
beSfjalb entbehrlich ift, weil bie oorher genannte gormcl ade ihre 
Säße Odllig miteinfchlie&t. $icfe ©afuiftif ift aber auch gefährlich, 
weil ftch an fie eine gülle oon (Streitfragen anzufefcen oermag. 

<§in 3rrthum fofl nämlich (abgefehen oon bem gaüe ber $äu* 
fchuttfl) in oier gällen ein Anfed)tung$grunb fein : 



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24 fieon^orb. 

a) SBcntt ber Srrcnbc nid)t roufjtc, bafj eS fidj um eine (£t)c< 
f^ltegung hanbelte. (§ 1240.) wirb babet jebcnfaflS 
oorauägefefct , bog er trofcbcm eine (Srflärung abgegeben 
t)at, au« ber feine Unfenntnife nicht erfichtlid) mar. 2Bar fte 
erfichtltd), fo enthielt nach allgemeinen $lu$legung$regcln biete 
Sleufeerung ihrem €>inne nact) feinen ^Beitritt jum ©^efd^tuffc, 
bermrfte alfo nietjt einmal eine anfechtbare @f)e, fonbern ein 
gänälict)eä TOfjglticfen be$ @^efc§(uffed. $)afj in bem genannten 
gaHe ein beachtenSmerthcr error in negotio oorltegt, mürbe 
aber fidjcrlicr) nact) jeber Anficht angenommen »erben mfiffen. 

b) SBenn ber Srrenbe ^mar mu&te, bafj e$ fidj um eine ßt> 
fdjliefjung t)anb(e, aber bei feiner ©rflärung nicht mufetc, bag 
fie auf eine ©ejefc^tiefeung gerichtet mar. (§ 1240 cit.) tiefer 
gaU mirb mit 9ted)t bem foeben ermähnten gleichgeftellt. 

c) S3ei Sßerf onent>ermecr)8lungen ift bie Anfechtung ber 
(St)« erlaubt. (§ 1241.) Auer) ^ cr 9 e 9 en * on n fid) f« n 
SBiberfprudj ergeben. 3ebc (Sfjefdjliejjung foll auf ben be* 
fonberen (Sigenfct)aften be3 anbern ^r)cilg beruhen. $er 
bloße ©ebanfe einer gungibilität ber $eiratt)§iöünfche reiben 
ftrebt ber SKenfdjcnroürbe. $)arum r)at auch baS fanonifdje 
9fiect)t biefen ,3rrthum a ^ erheblich anerfannt. 

d) $)cr SßerfonenbermectjSlung gleichgeftellt ift ber 3rrtt)um über 
fo(d)e pcrfönlidje (Sigenfdjaften ober foldje perfönlidt)e SBer* 
tjältniffe beä anbern ©atten, bie ben ^[nenben bei Äenntnifc 
ber ©abläge unb bei oerftänbiger SBürbigung be« gmetfeä 
ber (Sfje üon ber @r)efchUegung abgehalten fyabtn mürben. 
(§ 1241 cit.) 

$af? bie foeben ermähnte 93ebingung ben entfeheibenben Sßunft 
niä)t trifft, mürbe fchon htt&orgchobcn. Ob cd überbteä glücfliö) 
mar, ba3 SBort „SBerhältniffe" fytx in bie ©efefceSfpradje einzufügen, 
mufe bcjmcifelt merben. ©efanntlict) ^aften bie ^Ser^ältniffc ber 
SKenfchen unb ber $)tnge nicht an ber Aufjenmelt, fonbern »erben 
burch bie oerbinbenbe Äraft be3 $)enfen$ r)crgeftcQt. ©ebanfenreidje 
$öj)fe feiert faft überall Sßerhältniffc, gebantenarme faft nirgenbä. 
(Sine einheitliche Rechtspflege mirb fid) auf einem foldjen begriffe 
fdjmerltcr) aufbauen laffen. $arum ift bie ftaffung be3 (Snlmurfä 
hmtfchtlidj ber Säufchung gtücflicher, als r)infia)tlich be* Srrth"^ 



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$)a§ perfönlidje (3tyeredjt. 



25 



ohne Säufdjung. 3)er getäufchte ©atte barf fict) unter ben ange= 
beuteten 93ebtngungen auf ben Srrthum über alle möglichen Umftänbe 
berufen, nidt)t bloS auf ben Srrthum über @igenfcr}aften unb 33er* 
t)ältniffe. (§ 1242.) 3n biefer Unter Reibung liegt aKerbingS auch 
»ieber ein nötiger ©ebanfe. (Gegenüber einem betrügeriferjen 
ober bc3 SBelrugeS tunbigen (Stjcgenoffen tft eine rüdtftdjtSlofere 
ßerreifjung be3 gesoffenen SSanbeS geftattet, al3 gegenüber einem 
rebltdjen. dagegen läfjt fid) ntctjtS einroenben. Ob eS aber ein 
glfi(flia)er 2lu$brutf für biefen ©ebanfen mar, jmtferjen Umftänben 
einerfeitö unb (Sigenfdjaften ober 5Scrt)äItntffen anbererfeitö ju unter- 
treiben, ba§ ift bie Srage. Sei einer allgemeinen gormcl, bic ben 
föicrjter ermächtigt, in jebem gafl bie ©ärmere beä SlnfechtungSgrunbeä 
gegen bie Sftachtheilc ber (S^ctrennung abjumägen, mürbe bie betrüg* 
liehe 4>anblung8roeife be3 einen ©atten ftdjerlidj niemal« überfein 
merben unb immer in'3 ©erntet faden, ohne bafj ju befürchten Wäre, 
bafc mir bie ücrfdjrounbenen ©heferjeibungen megen mangelnber @igen* 
fct)aflen auf bem ©ebicte ber ßocrjfunft ober unzulänglicher SBermögenä* 
üerpltniffe mieber aufleben fäf)en. 

Die errungene (Stye ift nicht minber anfechtbar al3 jebeö anbere 
errungene ©efdjäft unb jmar in beiben Sefungen (§ 1243, erfte 
Öefung 1259, 1); benn bei ihr erferjeint jebe SBergemalttgmtg, 
noch Derlefccnber, als nnberSroo. 3n ber näheren öe^anblung ber 
9lnf ecr) tu ngSf lagen finben fid) Unterf ctjiebe ätotfehen nichtigen unb 
anfechtbaren (£l)en, beren ^Berechtigung jroeifelfyaft ift, benen aber 
ber gemeinfame ©ebanfe ju ©runbe liegt, baft eine (5t)e, beren SDcangel 
nietjt einmal oon 2lmt3 megen aufgebeeft merben fann, eine ^öt)ere 
2ebenSfraft befifcen foll, als eine nichtige. @3 finb bieg folgenbe 
$orfdjriften : 

1. $)a3 Anfechtungsrecht ift an fürjere griften gebunben, alö 
bie SKtchtigfcitäflage. (§ 1247.) 

2. (Sine SRüclnahme ber AnfecrjtungSflage ^erfrört bic rechtliche 
SBcbcutung beg Älagegrunbeä, anberä bie iRücf nähme ber 
WchtigfeitSflage. (HWotiöc *u § 1268 ber erften Sefung 
IV, @. 98. § 579 9tetch«cibi4)roäc6orbnung.) 

3. ©ttrbt ber AnfechtungSgegner, fo oerliert bie nichtige @h e 
alle unb jebe Äraft ohne 2öeitere3 (§ 588 ber SReichS* 
cioilprojegorbnung, § 1235 be3 (£ntttmrfä, smeite fiefung). 



Di 



fciefc SSorf^rift ift sticht unbebenflich, weil fie bie flechte 
fid^eit gefät)rbet), bie anfechtbare nur bann, »en» bem 
SRactjlaßgerichte gegenüber in öffentlich beglaubigter gorm bie 
Slnfec^tung erflärt ift. (§ 1250.) 
4. $)er ®atte eines SBerfchoUenen, ber nad) beffen $obe3erflärung 
eine neue nichtige (£ljc eingebt, fällt bei ber 9cücEe§r bee 
erften (Satten ohne SBeitcreä in bie frühere ^Be^iehung jurärf. 
©ine anfechtbare neue (£l)e bleibt bagegen junächft beftehen. 
(1464 9lbf. 3.) 

(£8 mag baf)in geftellt bleiben, ob e$ ftdj nicht einteilten würbe, 
in aßen biefen fünften bie gäüc ber heilbaren Sftichttgfeit mit ber 
Slnfedjtbarfeit auf eine ßinie %u ftellen, natürlich nur oon bem 
$luaenbli<fe ab, Don bem bie (£t)cn heilbar ftnb. 

Unter ben ©djeibungdgrünben t)ut nach belanntcn kämpfen bie 
®etftc3franfhcit fidt> mieber einen Sßlafc errungen, jeboef) foll fie nia)t 
unter allen Umftänben ein ©djeibungSgrunb fein, oielmehr nur bann 
ben anbern Xtycil jur (S^ctrcnnung berechtigen, menn fie met)r als 
brei 3at)rc bauert; — oieQeic^t ift ^ter baran gebaut, baß in be- 
fonberä ferneren gölten in biefer 3eit regelmäßig ber $ob ben Stranfen 
unb feineu hatten crlöft. Slußerbem muß bieS Hebel, um bem anbern 
©arten ein ©d)eibung§recf)t ju geben, einen foldjen @hrab erreicht 
^aben, baß bic geiftige ©emetnfetjaft ^mifetjen ben (Regatten aufgc* 
hoben, auch i coc ^uöftct)t auf SBieberherfteHung beffelben au&ge 
fchloffen ift. (§ 1464.) $er Sluöbruct „geiftige ©emeinfehaft'' 
ift teiber feineäroegS unzweifelhaft. üWan Eann babei an ben geiftigen 
SBerfchr benfen, ber befanntlich fct)r häufig auch ns >ä) burch ^tiefe 
auä ber Srrcnanftalt aufrecht erhalten roirb, aber auch an ba$ 6iöt>er 
Oorhanbene gegenfeitige SBerftänbniß ber (Satten für ihre ©tgenart 
$)ie lefcterc Deutung mürbe bie ©djeibungen gar ju fet)r erleichtern. 
3Ran foüte root)! beffer burch är$tliehe$ Gutachten feftftellen, ob üon 
ber Stuflöfung ber @hc eine «eitere ©chäbigung beä ©emüth^uftanbe^ 
be8 Äranfen ju befürchten fein mürbe ober nict)t. ©oldje Befürchtung 
müßte baä ©ct)cibunggrecht ausfließen. (Sine Trennung ber @h c * 
gatteu mürbe aber fogleidj Don bem beginne ber Äcanfheit ab ju^u 
taffen fein, bamit nicht erblich belüftete Jtmber erzeugt roerben. $)ie 
$ra£& mirb bie« in .ßufunft unter & cm ©efidjtöpunfte betoirfen 
fönnen, baß in einem folchen gafl« ein SJüßbrauch ber 9kct)te beS 



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27 



geiftdtfranlen 90c*anne3 toortiegt, wenn er bie gortfefcung be$ ehelichen 
^ufammenlebenS begehrt, bie Trennung Don ber gctfteSfranfen grau 
wirb tf>r 3Wann auch ofme richterliche §tlfe bemirfen fönnen. 

SBon geringer 23cbeutung ift bie Slbfurjung ber SBerjährungSjeit 
jür ©djjcibungSflagen öon bretfjig Sohren auf jclm. 

£ic oermögenärctf)ilichett golgen ber ©Reibung finb näher in 
&cr jmeiten Sefung geregelt, boch fann bie« nur im ßufammenhange 
mit bein er)eHd^en <Mterrea)te erörtert »erben. (Srwähnt foE ^ier 
nur werben, bafj ber wegen ©etfteafranffjeit gcfcf)iebene (Satte Don 
&em anbern %fyt\l benfelben Unterhalt verlangen fann, ben ber an 
einer (Efjefchetbung fcf)ulbige (Satte bem unfdjulbigen gewähren mufj 
% 1477), eine SBeftimmung, bie fidjerltch ju billigen ift. 

$ie SBorfdjrift, bafj bie SBiebcrannahme beS gamiliennamenS ber 
tyulbigen grau auferlegt werben fann unb ber unfdjulbigen er* 
aubt wirb, ift eine fef)r erwünfcf|te (Srgänjung ber erften ßefung. 
§ 1478.) 

Sei ber S8ertt)cilung ber Äinber unter bie gefdjiebenen hatten 
inb bem, wie wir fa§en r in ber jweiten Sefung mit nieten neuen 
öefugniffen auägeftatteten $ormunbfc§aftägericf)te entfe^eibenbe 93c- 
timmungen anöertraut. (§ 1479.) 

$)ie jweite ßefung Ijat bie oorläufige ©Reibung in gewiffen 
Saßen, bie in ber erften als ©Reibung üon Xifdj unb S3ett be* 
ieta)net mar (§ 1444 ff. ber erften ßefung), wieber befeitigt. 
Bohl aber foll in ber (Surilprojejjorbnung beftimmt werben, bafj auf 
Untrag beä ©chetbungSflägerS unb ba, wo eine SluSföhnung $u er* 
joffen ift, baS ©cheibungäoerfahren auajufefcen ift unb jwar auf 
)öa)ften« jwei 3a(jre. (©ieije bie Slnm. ju § 1463. §Xuct> 
)ic erfte ßefung fannte biefe oorläufige Trennung neben ber ©d)ei* 
mng oon $ifdj unb SBett § 1462.) %uti) bie ©Reibung öon Stifch 
mb SBett im erften Entwürfe foQte nichts anbereä fein, at8 eine 
ilofje SBorftufe ju ber fpäter nachfolgenben Trennung oom 
)anbc. (@rfte Öefung § 1445.) $)arum pafjte ber althergebrachte 
Rame nicht auf eine foldje oorläufige unoollfommene Trennung. 
tyev licfje er fidt), wie fdjon oorfjer angebeutet würbe, ba anwenben, 
do in 3 u fanft ba3 eheliche 3ufammenlebcn wegen äRifjbrauchS ber 
l)emännticl)en 9&ed)te aufgehoben werben wirb, ohne bafj bie (Stje 
ortfäflt. (@ict)e oben ©. 7.) $)ie alterthämliche ^Bezeichnung 



28 



fieonljarb. 



ift jebocf) mit Stecht auch bort öermieben korben. Styre braftifche 
gärbung toertefct ba8 feinere (Smpfinben ber ©egenmart, ju bereit 
©itten fte ttidt)t mehr pafjt. 

S3et ber Shtflöfung ber @f)en ber ^erfchollenen ift ein gafl ge* 
regelt, mit bcm ftcf) neuere Dichtungen befctjäftigt hoben, bie £eim* 
fetjr be3 ©atten, beffcn ehelicher SebenSgefäljrte fict) injmifc^en anber^ 
meitig öerfyeirattjet hat. §ier mirb bem conjux binubus ein 2Baf)lred)t 
jmifdjen bem älteren unb bem neuen G^egenoffen gegeben. (5r barf, 
wenn er n>ill, ju feiner erften Neigung jurüeffc^ren , muft aber 
bann ben jroeiten (Regatten burd) ©eroährung eines Unterhaltes 
entfcfyäbigen, fofern biefer ntdtjt bei ber Trauung mufete, bafj fein 
Vorgänger noct) am Seben mar. (§ 1484.) $ie SBeftimmung 
hat ctmaS anfpree^enbed; man mirb fict) aber freilich erft an ben 
©ebanfen gewönnen muffen, bafj c$ in 3"*unft ®h cn geben foH, bei 
benen ber eine $f)eil früher üorübergetjenb in einem ßwifc^enjuftanbe 
mit einem dritten uerfjeiratfyet mar. 

3urürfblicfenb muffen mir feftfteflen, bafj bie jmeite Sefung in 
einem ©ebiete, baä ferjon in ber erften im ©rofjen unb ©an^en recht 
mol)l gelungen mar, noch err}cblict)c SBerbefferungen angebracht h at - 
3ft auc^ mandjeä noch weiterhin berbefferungSfälng unb anberefc fogar 
jur einfachen Sßcgftreichung geeignet, fo mürbe boch auch gegenüber 
ber jmeiten Öefung, mie gegenüber ber erften, eine unöeränberte 
nähme beä SöerfeS {ebenfalls ein geringereg Uebel fein, als bie gänä* 
liehe ©ermerfung. 





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